Archiv: Rezensionen zu Literatur und Film

Freitag, 28. März 2025

Einwurf: Warum mich der Light Novel Vorstoß in Deutschland weiterhin nicht vom Sockel haut

 


Erst einmal muss ich in diesem Einwurf, der mit seiner Überschrift provokant anmuten lässt, etwas klarstellen um gleichzeitig auch mal etwas die Brisanz aus den Segeln zu nehmen: Dieser Einwurf könnte auch als etwas egoistisch angesehen werden, denn hier geht es mir nicht um den allgemeinen Stand des Marktes rund um japanische Light Novel Lizenzen in Deutschland, sondern viel mehr spielt hier mein persönlicher, ganz eigener Geschmack mit. Und zudem ist mir durchaus bewusst, wie schwer es auch ist, Lizenzen an Land zu ziehen. Ich hatte bereits in den Jahren, wo der Blog hier sehr aktiv war, zahlreichen Kontakt zu deutschen Manga Verlagen wie Carlsen Manga und Tokyopop. Außerdem ganz kurz, als noch keine einzige Lizenz bekannt war, hatte ich auch Kontakt zu dem auf Light Novels spezialisierten Verlag Dokico. Meine besten Wünsche dem netten Team gegenüber, die ich im Jahr 2022 hier auf "Am Meer ist es wärmer" geäußert habe, sind weiterhin ernst gemeint und ich wünsche dem Verlag noch viel Erfolg auf seinen weiteren Wegen: Artikel: Dokico geht in Deutschland an den Start (vom 27.10.24)

Aber ich bin weniger irgendein Typ, der über das Thema journalistisch und wissenschaftlich schreibt als viel mehr ein Typ, der Konsument dieses Themas ist. Und hier habe ich diverse Probleme, Verlangen, Sehnsüchte (sucht euch einen Begriff aus). Erst einmal müssen wir etliche Jahre zurückreisen. Es gab schon vor rund 20 Jahren und immer mal wieder danach Versuche deutscher Verlage, Light Novels in Deutschland zu vermarkten. Ganz prominent fällt mir hier zum Beispiel noch Tokyopop ein, die es mit einer echt schönen Ausgabe zu Kinos Reise probiert haben. Die deutschsprachige Veröffentlichung fand ein jähes Ende, weil die Verkäufe einfach nicht dem großen Aufwand gerecht wurden, so eine Reihe kleiner Romane über mehrere Ausgaben, direkt übersetzt aus dem Japanischen, weiter zu veröffentlichen. Persönlich sagte man mir damals "Um einen Gewinn zu machen, da müssten wir dann einen Band für 20 Euro oder mehr anbieten". Selbstverständlich ist hier die Inflation nicht mitgerechnet, als ich die erhältlichen Bände erworben habe, was wirklich viele Jahre her ist und der Titel bereits zu diesem Zeitpunkt Out of Print war.

Während es in Deutschland nicht klappte, etablierten sich in den USA, wo es ganz andere Möglichkeiten gibt, viele Verlage, die sich entweder ausschließlich auf Light Novels spezialisieren wie der J-Novel Club oder etablierte, große Manga-Verlage wie Yen Press, Seven Seas oder Vertical - letzterer natürlich auch zahlreiche andere Romane von japanischen Belletristik-Schriftstellern in seinem Programm hat. In Deutschland näherte man sich den Light Novels in den letzten Jahren auch wieder an. Erneut fungiert Tokyopop hier als eine Art Pionier, bringt aber teilweise wirklich nur die ganz bekannten Titel wie Sword Art Online und Overlord (Einfach mal als Beispiel, um zwei sehr prominente Titel zu nennen). Meines Wissens (man möge mich korrigieren, wenn ich hier komplett falsch liege) setzt Tokyopop bei einigen Titeln auf kostengünstigere Übersetzungen und greift auf vorhandene englische Übersetzungen zurück. Egmont hat mit Titeln wie den Romanen von Makoto Shinkai auch noch den ein oder anderen prominenten Vertreter im Programm. Altraverse bedient die Fans mit Solo Leveling, Goblin Slayer und vermutlich der bekanntesten Lizenz "Meine Wiedergeburt als Schleim in einer anderen Welt".

Überraschend dürfte aktuell sein, dass es in Deutschland noch keine Lizenz zu "Die Tagebücher der Apothekerin" gibt, eine Reihe, die trotz ihrer Popularität hier lediglich als Manga-Adaption verfügbar ist. Dennoch, was populäre Reihen angeht, so hat man auch in Deutschland mittlerweile überraschend viele Titel, auch wenn es immer noch ein Bruchteil von dem ist, was man in den USA vorfindet. Und auch dort gilt, viele Reihen interessieren mich nicht. Besonders der Isekai-Wahn ist an mir vorbeigerauscht wie eine Corvette bei Höchstgeschwindigkeit. Wie schon erwähnt, all das ist meckern auf sehr hohem Niveau, denn ich tue mich bekanntermaßen auch schwer mit neuen Serien, egal ob das Manga, Anime oder Light Novels sind. Für mich besteht das meiste heutzutage aus Reihen, die einen so langen Titel haben, dass ich ihn mir nicht einmal merken kann und der Inhalt dieser ganzen Serien sich kaum voneinander unterscheiden. Irgendwo bin ich dann doch vermutlich in der Anime-Kultur der frühen 90er kleben geblieben!

Mit Dokico haben wir in Deutschland einen neuen Verlag, der sich fast ausschließlich der Veröffentlichung von Light Novels verschrieben hat (man veröffentlicht zudem auch einige Manga-Lizenzen). Und relativ schnell hatte man sich auch festgelegt, was man gerne veröffentlichen möchte. Eher kürzere Reihen mit einem Schwerpunkt auf Slice of Life, Romance und Drama. Das war eine Info, die ich aber erst las, nachdem ich meine Lizenzwünsche da gelassen habe und so weit das Thema des Verlags verfehlt habe, dass ich mich letztendlich nicht trauen würde, euch diese Wünsche hier offen zu nennen! Ein bisschen Selbstachtung muss sich Herr Aufziehvogel bewahren. Das größte Problem, was sich darauf aber, zumindest meiner Meinung nach, ergeben hat, ist dann doch ein recht festgefahrenes Programm von bestimmten Genres. Und dennoch finden sich auch Titel im Programm, von denen man eigentlich erstmal nichts wissen wollte: Isekai (was aber auch im Programm nicht Überhand nimmt). Ich habe nun abgewartet, bis der Verlag sich etabliert hat und da muss ich nun einfach sagen, vielleicht bin ich mit Männlich, 38 auch gar nicht die angepeilte Zielgruppe. Als jemand, der so ein Projekt gerne unterstützen möchte, saß ich vor einiger Zeit überraschend unbeeindruckt vor dem Programm, bei dem mir die meisten Titel nicht einmal irgendwas sagten und es auch auf diversen Seiten wie MyAnimeList relativ wenig Infos gibt, die mir weiter helfen. Ja, zum einen holt man sich hier tatsächlich Lizenzen ins Boot, die weniger bekannt sind und eben nicht diesen großen, globalen Hype besitzen, obwohl man mit Titeln wie Arifureta und 7th Timeloop auch deutlich prominentere Titel im Programm hat. Auch positiv hervorzuheben ist natürlich, dass der Verlag mehrere Editionen anbietet von Taschenbuch-Formaten über teurere Hardcover-Ausgaben, die es exklusiv im Webshop von Dokico gibt. Zu einigen Titeln, leider nicht zu allen, werden auch E-Books angeboten. Auch werden anscheinend sämtliche Light Novels direkt aus dem Japanischen übersetzt, was natürlich ein riesiger Pluspunkt ist.

Doch für "Probiere ich einfach mal aus" sind die Preise mit teilweise 20 Euro für ein Taschenbuch auch einfach zu pikant, es dann wirklich einfach mal auszuprobieren (Leseproben verschaffen hier nicht die gewünschte Hilfe bei der Entscheidung). Und dennoch habe ich es getan mit "The Ashes of My Flesh and Blood is the Vast Flowing Galaxy" von Yuyuko Takemiya und einer wundervollen Cover-Illustration des begnadeten Inio Asano. Da mich die Story ein kleines bisschen an "Heaven" von Miko Kawakami erinnert hat (ein Roman, schwer zu verdauen aber einfach auch herausragend gut geschrieben), habe ich mal zugegriffen. Leider konnte sich die Geschichte um den Oberschüler Kiyosumi sich bei mir noch nicht entfalten, möchte dem Roman zu einem späteren Zeitpunkt aber nochmal die Chance geben, sich entfalten zu können.

Mein eigentliches Ziel, den Verlag auf seiner Reise auch zu begleiten, ist so für mich gar nicht umsetzbar, was ich als Fan/Leser natürlich schade finde. Und dennoch möchte ich hier den Verlag gar nichts ankreiden, außer, dass man sich vielleicht zu schnell auf gewisse Themengebiete festgefahren hat. Angebot und Nachfrage bestimmen ein Programm und ein so dominierendes Genre wie Isekai-Fantasy kann schlicht und ergreifend nicht ignoriert werden. Das gleiche gilt für Titel aus dem Genre Romance und Comedy. Dass ein Verlag sich hier seine eigene Nische aufbauen möchte, ist dementsprechend auch nachzuvollziehen und damit scheint man sich auch eine treue Fanbase aufgebaut zu haben. Der kleine, quengelnde Junge in mir schreit aber "Was ist mit mir? Hallo Leute, ich bin auch noch da und würde euch gerne etwas von meinem Geld überlassen". Während ich es weiterhin nicht wagen würde, die Lizenzwünsche zu nennen, die ich ursprünglich mal an den Verlag weitergereicht habe, denke ich mir, es würde da aber andere Reihe geben, die eigentlich wie für Dokico gemacht sind. Reihen wie "The Empty Box and Zeroth Maria" oder, ein Knaller, dessen Lizenz-Verkündung beinahe schon surreal anmuten würde: Violet Evergarden. Besonders letztere Reihe, die natürlich als Anime weltweit riesige Erfolge feierte, mutet fast schon realitätsfern an, denn bis heute gibt es ja noch nicht einmal eine englische Ausgabe. Oder sich vielleicht doch mal ins Science-Fiction-Genre wagen und Legend of the Galactic Heroes (Ginga Eiyū Densetsu) zu lizensieren, sofern sich eine Chance ergibt. Doch bevor das hier in den wirren Fieberträumen um Lizenzwünsche ausartet: All das waren natürlich nur Beispiele von Titeln, die mich ausflippen lassen würden. Ich habe gerade deshalb so hoch ins Regal gegriffen, weil besonders solche Titel einfach nicht wirklich realistisch sind, sonst hätten sie vor Jahren vermutlich schon andere Verlage gebracht, bevor es Dokico überhaupt gab. All diese Lizenzwünsche nun an einen einzigen Verlag abzuwälzen, der sich auf Light Novels spezialisiert hat, ist natürlich mit keiner Silbe meine Absicht.

Am Ende besteht mein lamentieren über das Light Novel Programm deutscher Verlage aus purem Egoismus, weil einfach wenig für mich dabei ist. Und daher muss man auch einfach mal die etwas abgedroschene Weisheit "It's simply not for you" dann auch so hinnehmen. Aber wer weiß, vielleicht bringt das jammern am Ende doch mal was und in den nächsten 1-2 Jahren hauen die Verlage aus dem Nichts dann auch mal Lizenzen raus, die mich nicht nur vom Sockel hauen, sondern gleichzeitig auch noch dafür sorgen, dass die Kinnlade den Boden berührt.

Aber eines ist am wichtigsten: Wer diesen Beitrag hier, aus welchen Gründen des heiligen Algorithmus auch immer, entdeckt und euch diese hier angesprochenen Reihen interessieren: Unterstützt deutsche Verlage wie Tokyopop, Altraverse, Dokico und viele mehr. Denn nur so wird dieser Markt auch fortbestehen und die Verlage können sich noch weiter hervorwagen, was neue Lizenzen angeht.


Aufziehvogel

Dienstag, 25. März 2025

Phantastische Tierwesen: Ein phantastisches Missverständnis

 


Dieser Artikel enthält zahlreiche Spoiler zu Phantastische Tierwesen 1-3


Hier an dieser Stelle bitte das bekannte "Ah Shit, here we go again" Meme von Carl Johnson aus GTA San Andreas einsetzen. Denn die Phantastischen Tierwesen wurden sicherlich internetweit schon genug debattiert. Doch dieses dreiteilige Missverständnis wird durch die nahende Harry Potter Serienumsetzung von HBO noch einmal in ein anderes Licht gerückt. Auch wenn Warner die Reihe nie offiziell abgesägt hat, so ist es relativ unwahrscheinlich, dass man sich dieser Filmreihe noch einmal annehmen wird, wo der volle Fokus nun wieder auf Harry Potter liegt. Und so wirkte man in der Wizarding World von J.K. Rowling Magie. Bei den Phantastischen Tierwesen wurden auf magische Weise aus 5 geplanten Filmen, 3 realisierte Filme und ließ die nicht erzählten Abenteuer und auch das Ende dieser gar nicht mal so bedeutungslosen Storyline um Dumbledore und Grindelwald zum sterben zurück.

Nachdem ich auf meinem Blog schon den Abwärtstrend von Mittelerde sowie den geistigen Verfall des Star Wars Franchise unter die Lupe genommen habe, möchte ich mich zumindest einmal der Wizarding World widmen. So habe ich in den vergangenen Tagen "Grindelwalds Verbrechen" und "Dumbledores Geheimnisse" nachgeholt. Was bei mir haften geblieben ist, sind allen voran viele Fragezeichen. Bevor ich auf die Filme einzeln eingehen werde, möchte ich kurz ein paar Worte darüber verlieren, woran es, meiner eigenen Ansicht nach, haperte. Es fängt bereits beim Titel der Filme an. Newt Scamander und sein Buch "Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind" sind in den Büchern, mehr aber noch in den Filmen, Randbemerkungen. Die Filmtitel sind schwer zu merken und gehen nicht leicht von der Zunge. Nur wenig deutet, besonders noch beim ersten, titelgebenden Film, darauf hin, dass wir es hier direkt mit einer Story zu tun haben, die überraschend eng mit etlichen Ereignissen in der Harry Potter Timeline verknüpft ist. Mit den späten 20er Jahren hat man sich ebenfalls für eine Zeit entschieden, die (zumindest bei mir und ich könnte mir vorstellen, bei vielen anderen auch) nicht sofort auf Gegenliebe stößt. Ein vielleicht etwas persönlicher Sargnagel: Wir haben es hier mit Prequels zu tun. Ich hasse Prequels. Ich hasse sie aus berechtigten Gründen. Sie sind teilweise Gift für einen etablierten Kanon und sorgen für Überschneidungen und Widersprüche. Auch hier tritt die Trilogie nicht selten in unangenehme Prequel-Fallen. Und das vielleicht größte Problem: Die Geschichten sind einfach nicht wirklich überzeugend geschrieben. Es fehlt den Filmen an echten Höhepunkten und mit Newt Scamander hat man einen Protagonist, der im Verlauf der Trilogie zu einem Nebendarsteller in seiner eigenen Filmreihe wird. Schon im ersten Film könnte man meinen, Newt, der hier sehr schrullig aber liebenswert von Eddie Redmayne verkörpert wird, bekommt nicht die Aufmerksamkeit, die diese Figur eigentlich verdient.

Am Ende finden wir nun eine Trilogie vor, der von Beginn an eine klare Richtung fehlte. Ähnlich wie bei Fluch der Karibik wirkt Phantastische Tierwesen so, als hätte man niemals über Teil 1 hinausgedacht. So fühlen sich Teil 2 und Teil 3, die eine zusammenhängende Geschichte erzählen, deutlich abgekapselt von Teil 1 an. Dies macht die Probleme der besagten anderen beiden Teile aber nicht geringer. Charaktere werden vernachlässigt, der Plot selbst fühlt sich überladen an und hat doch erstaunlich wenig zu erzählen und der große Kampf zwischen Dumbledore und Grindelwald endet mit einer Knallerbse anstatt mit einem richtigen Feuerwerk. Hauptverantwortlich für diese massiven narrativen Probleme dürfte hier J.K. Rowling selbst sein. Sie kann überzeugende Charaktere schreiben. Sie kann furchtbar lange Bücher schreiben, etwas, was aber zeitgleich auch ihre große Stärke als Autorin ist. Rowling kann allen voran lang und ausgiebig anstatt kurz und bündig. Dass sie eher kürzere Stories nicht wirklich beherrscht, hat sie bereits beim Bühnenstück zu "Harry Potter und das verwunschene Kind" unter Beweis gestellt. Zur Verteidigung des Bühnenstücks muss ich sagen, ich kenne bis Heute nur das Bühnenstück in schriftlicher Form und fand die Story aber auch die Charaktere absolut grauenhaft und furchtbar geschrieben. Man könnte beinahe meinen, Rowling habe hier nicht selbst Hand angelegt sondern einfach nur ihren Namen dafür hergegeben. Aber dem ist nicht so, gleiche Probleme im Aufbau von Plot und Charaktere zeigt sie auch bei "Phantastische Tierwesen", wo sie nahezu hauptverantwortlich für die Geschichte war. Rowlings Geschichten sind meistens lang und ausführlich, davon profitieren ihre Charaktere und unzählige kleine Geschichten innerhalb ihrer magischen Welten. Ein Grund, wieso die Harry Potter Filme kaum zufriedenstellend adaptiert werden konnten (und spätestens ab Band 4 jeder Film zwei Teile benötigt hätte). Etwas, was die kommende TV-Serie nun besser machen möchte und bereits die einzig valide Option bei Rowlings nicht minder bekannter Strike-Krimireihe ist, wo die Bücher gerne mal weit über 500 Seiten umfassen (teilweise deutlich mehr) und kaum filmisch umgesetzt werden könnten, ohne massive Abstriche machen zu müssen (und bereits die BBC-Serie kaum mit dem Umfang der Bücher umzugehen weiß).

Das eigentlich verwunderliche ist bei Newt Scamanders Abenteuer, wie fremd sich Rowling in ihrer eigens geschaffenen Welt anscheinend fühlt. Ihr gelingt es kaum, die Welt der Magie außerhalb von Hogwarts greifbarer für uns zu machen. Immer wieder versuchen es die Filme, was ihnen visuell auch gelingt. Und hier liegen die eigentlichen Stärken der Filme. Die Optik. Mit David Yates und einem eingespieltem Team schafft man es eigentlich in allen 3 Filmen etwas bildgewaltiges auf die Leinwand zu zaubern. Der Einsatz von CGI ist hier leider deutlich höher mittlerweile als es noch bei Harry Potter der Fall war, wo es immer wieder auch überzeugende praktische Kulissen gab, aber dennoch schafft man es bei allen 3 Filmen um die phantastischen Tierwesen, ein überzeugendes Gesamtpaket abzuliefern wenn es um Spezialeffekte geht. Aber das alleine reicht halt nicht, um die Fans bei Laune zu halten. Man wünscht sich auch eine gut erzählte Geschichte. Besonders, da es sich hier um eine weit zurückreichende Vorgeschichte handelt. Man wünscht sich lose Enden, die endlich verknüpft werden. Dies gelingt keinem der drei Filme so richtig und das ist, so hart muss ich sein, fast schon peinlich. Und all das rechtfertigt letztendlich auch keine 5 Filme. Dabei hatte besonders Rowling die Chance, ihre Wizarding World außerhalb des Harry Potter Kanons sinnvoll zu erweitern, mehr Geschichten aus diesem Universum zu erzählen.


Hier ein paar kurze Impressionen zu den jeweiligen Filmen:


Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind

 
Beinahe 10 Jahre ist es schon wieder her, als der erste Teil der Trilogie in die Kinos kam. Angesiedelt ist die Geschichte um den Magie-Zoologen Newt Scamander im Jahr 1926 in New York. Die Geschichte wird von Großbritannien in die Magiewelt der Vereinigten Staaten verlegt. Auch haben wir es mit einem Cast an Erwachsenen zu tun, nicht mehr mit Kindern und Jugendlichen. Stilistisch ist der aus den Harry Potter Filmen etablierte Stil (allen voran der von Yates geprägte Stil) hier sofort erkennbar, aber rein erzählerisch könnten die Filme nicht weiter auseinanderliegen. Der erste Film legt noch einen größeren Fokus auf Newt Scamander und seiner Suche nach gefährdeten magischen Tierwesen. Ebenfalls bahnt sich auch die Geschichte des Menschen (in diesem Falle ein sogenannter No-Maj oder ganz klassisch ein Muggel) Jacob Kowalski an, der durch einige unglückliche Zufälle rund um Newt Scamander in die Welt der Magie gerät und sich dort in die Hexe Queenie verliebt. Und genau als das sehe ich die Geschichte dieser Trilogie an. Phantastische Tierwesen ist weder die Story von Newt, Credence oder der Fehde zwischen Dumbledore und Grindelwald. Es ist die Geschichte zwischen Jacob und Queenie, die einen zentralen Punkt einnimmt und tatsächlich sogar eine der Höhepunkte aller drei Filme ist. Und genau das sollte nicht der Fall sein. Diese Geschichte hätte man mit Teil 1 abschließen können, wo diese Liebesgeschichte nach dem Showdown des Films ein rührendes, passendes Ende erhält, welches filmisch auch noch ziemlich gut umgesetzt wurde. Jacob wird vom magischen Regen einmal geduscht und verliert sämtliche Erinnerungen an die magische Welt und somit auch an Queenie. Dass man es dabei nicht einfach belassen konnte, ist einer von vielen Fehlern, die sich Rowling und die Drehbuchautoren hier geleistet haben.

Die Geschichte rund um den magiebegabten Credence Barebone mutet interessant an und könnte vielleicht für kommende Filme sehr spannend sein. Zumindest mag man sich dies noch denken, wenn man Teil 1 schaut und noch nicht die anderen beiden Teile gesehen hat. Colin Farrell als Graves (der eigentlich von Beginn an Grindelwald in einer anderen Gestalt ist) liefert eine solide Darstellung ab, die Figur und das Geheimnis hinter ihr, aber auch ihr Wert als Gegenspieler des Films, bleibt eher blass.

Und das hat sich für mich auch durch den gesamten Film gezogen. Ich habe damals das Screenplay vor dem Film gelesen und bis auf ganz wenige Details hat der Film das Drehbuch zu 100% umgesetzt. Dort gab es nicht mehr zu entdecken mit der Ausnahme einiger weniger Details zu Jacob. Mit anderen Worten bedeutet das für mich aber auch: Der Film plätschert zu häufig einfach so vor sich hin. Ein richtiges Momentum wird selten aufgebaut, die Charaktere bleiben alle flach. Von allen 3 Filmen hat Teil 1 noch das actionreichste Finale, was an sich schon unglaublich ist, dass die Reihe hier praktisch schon das gesamte Pulver verschossen hat. Und ein paar Sekunden bekommt man dann auch noch Johnny Depp als Grindelwald zu Gesicht, was man sich aber auch genau so gut hätte sparen können. Es war halt mal wieder so eine "Stecken wir Johnny in ein komisches Kostüm und packen etwas Make-Up drauf, färben ihm die Haare und schauen, was er daraus macht". Spoiler zu Teil 2: Er hat relativ wenig aus der Rolle gemacht, da Grindelwald für die restlichen beiden Teile viel mehr ein Plot-Device als ein vielschichtiger Charakter ist, der er eigentlich sein sollte. Da kann Johnny Depp nicht viel für, denn auch Mads Mikkelsen, der ihn in Teil 3 ersetzt hat, konnte der Rolle nicht viel mehr verleihen, auch, wenn er der Figur eine Eleganz verleiht, die Johnny Depp einfach nicht rüberbringen konnte. Aber auch Mads Mikkelsen ist kein richtiger Zauberer und kann eine Rolle nur so gut spielen, wie es die Autoren zulassen. Aber hier drifte ich nun etwas zu weit ab, denn zu den anderen beiden Teilen komme ich nun.



Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen

Einige Monate sind seit dem Vorfall des ersten Teils vergangen.

Von allen 3 Filmen vermutlich der Teil, der am meisten Story bietet und die meiste Substanz mit sich bringt, verliert Grindelwalds Verbrechen sich sehr schnell in über-komplizierte Subplots, die dadurch entstehen, dass man zu viele neue Charaktere in die Geschichte einbaut. Zeitgleich möchte man aber immer noch weitere Brücken zu Harry Potter schlagen. Teilweise, weil Rowling wohl wirklich vor hatte, hier einige Lücken zu schließen die in den Büchern und Filmen damals häufiger angesprochen wurden, teilweise aber auch einfach, um Nostalgiegefühle zu wecken. Es gibt ein Wiedersehen mit Hogwarts und ein paar bekannten Gesichtern wie einer jungen Minerva McGonagall. Ganz nett, aber ihr kurzer Auftritt ist nicht mehr als ein Gimmick. Solche Momente hat der Film oft. Der Film hat immer mal wieder Momente, wo der Zuschauer an Harry Potter erinnert werden soll und wenn es lediglich ein Name ist, der genannt wird wie zum Beispiel Leta Lestrange. Die wird doch bestimmt noch sehr wichtig für den Rest dieser Saga, so wie sie diesen Charakter aufbauen, oder? Seid nicht so ungeduldig und wartet mal das Ende des Films ab. Viel wichtiger aber: Der bereits jetzt legendäre Magier und Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste, Albus Dumbledore, wird vorgestellt. Und da baut man erstmals die besagte Fehde und den Blutschwur zwischen Dumbledore und Grindelwald auf. Jude Law hat mir hier zu meiner Überraschung als Dumbledore ziemlich gut gefallen. Schauspielerisch kann man kaum wem vom Cast vorwerfen, nicht das allermeiste aus den Figuren rausgeholt zu haben. Erstmals wird aber auch mehr als eindeutig, dass Dumbledore von Grindelwald nicht nur fasziniert war, sondern sich auch in ihn verliebt hat. Dumbledores sexuelle Orientierung war aber auch schon lange vor den Filmen ein Thema, was man hier relativ behutsam, ohne aufgezwungen zu wirken, in die neuen Filme mit aufgenommen hat. Das größte Problem des Films selbst bleibt Grindelwald. Er bleibt blass, tritt kaum in Erscheinung. Warum wird Grindelwald so gefürchtet? Wir haben es hier mit einem der gefährlichsten dunklen Magier der Neuzeit zu tun und der Film selbst betitelt sich ja auch noch "Die Verbrechen von Grindelwald". Doch nur selten wirkt Johnny Depp als finsterer Zauberer furchteinflößend, wirkt mit seinen wasserstoffblonden Haaren und den verschiedenen Augenfarben eher befremdlich als böse.

Wie schon erwähnt verliert der Film sich in zu viele Sub-Plots. Natürlich baut man hier die Beziehung von Jacob und Queenie weiter aus, die hier zu einem tragischen Höhepunkt zum Ende des Films wird. In Vergessenheit gerät hier praktisch die komplette Charakterentwicklung von Credence, den man ja auch noch irgendwie im Film unterbringen musste und der dann irgendwie nach Teil 1 in Paris bei einer Zirkustruppe gelandet ist und sich, aus heiterem Himmel, mit einem Schlangenmaledictus namens Nagini angefreundet hat, die ebenfalls von dieser magischen Zirkustruppe als Attraktion missbraucht wird. Und hier muss man keine Bauklötzchen zählen um zu wissen, dass diese attraktive junge Frau einmal die Weggefährtin eines anderen, noch einmal deutlich gefährlichen dunklen Magiers, werden wird. Ein Charakter, der hier ebenfalls relevant und prominent aufgebaut wird, nur um in Teil 3 keinerlei Erwähnung mehr zu finden. Doch Credence ist das größere Problem. Was hat Rowling nur mit dem Jungen, hier gespielt von des in Kontroversen geratenen Ezra Miller, vor? Irgendwie muss man diese Figur doch sinnvoll in diese verstrickte Geschichte mit zu vielen Charakteren einbauen können. Und vielleicht haben J.K. Rowling und die Drehbuchautoren eine Lehrstunde bei J.J. Abrams (auch ein Zauberer, der gerne mit billigen Tricks arbeitet, um uns zu verzaubern, nur um von eigentlichen Schwächen abzulenken) genommen. Wenn Abrams aus Rey eine Palpatine machen kann, dann kann Rowling aus Credence auch einen Dumbledore machen. Als es Grindelwald endlich gelingt, das Vertrauen von Credence zu erlangen, offenbart dieser ihm in einem österreichischen Märchenschloss, Aurelius Dumbledore zu sein. Was hier nach einer geschickten Lüge und Manipulation seitens Grindelwald klingt, erweist sich im dritten Teil leider als ideenlose Realität.

Und irgendwo ist auch noch Newt am Start. Aber dessen Rolle ist in dem Film kaum von Bedeutung. Zwar möchte man seine Kindheitsfreundin Leta irgendwie als Love-Interest für ihn aufbauen (obwohl diese mit Newts Bruder Theseus verlobt ist und Newt eigentlich unsterblich in Tina, Queenies Schwester, verliebt ist), aber auch das will nicht so recht gelingen. Unter all den vielen Charakteren, die man größtenteils neu eingebaut hat, geht Newt irgendwie unter. Die Autoren wissen im gesamten Film nicht viel mit ihm anzufangen, obwohl er durchgehend präsent ist. Der Showdown, der mit einigen Überraschungen und dem Tod von Leta endet (den ihr Verlobter Theseus in Teil 3 schon wieder vergessen hat), verpufft beinahe als laues Lüftchen. Wurde in Teil 1 noch ein großes Spektakel zum Ende hin geboten, schwächelt Grindelwalds Verbrechen hier schon lange, bevor die Namen im Abspann über die Leinwand laufen.

Doch jetzt, wo Dumbledore endlich an das Objekt für den Blutschwur gekommen ist und diesen endlich brechen kann, steht einem epischen Kampf im dritten Film nichts mehr im Wege, oder? Oder?



Phantastische Tierwesen: Dumbledores Geheimnisse


Zeitlich ist der Film mittlerweile im Jahr 1932 angekommen, es ist also wirklich viel Zeit seit den Ereignissen des zweiten Teils vergangen. Dumbledores Geheimnisse wirft den Zuschauer relativ schonungslos in die Geschichte, indem wir mit ansehen müssen, wie ein mystisches chinesisches Wesen namens Qilin zwei Jungtiere gebärt und Newt aus genau diesem Anlass China besucht. Doch die Szene wird durch das auftauchen von Credence, der nur komplett Grindelwald verfallen ist, sowie seinen Schergen in ein Blutbad verwandelt, als die Mutter der Jungtiere ermordet wird und eines der Qilin-Babys von Credence entführt wird. Newt entdeckt bei der sterbenden Mutter aber, dass diese tatsächlich Zwillinge zur Welt gebracht hat. Hier darf dann in einer rührenden Szene auch endlich mal wieder Newt glänzen, der, nach wie vor, richtig gelungen von Eddie Redmayne gespielt wird. Die Qilin-Jungtiere werden zu einem wichtigen Plot-Device für so ziemlich den gesamten Film. Daher darf sich der Zuschauer dann auch drauf freuen, wenn Grindelwald, mittlerweile gespielt von Mads Mikkelsen, das gekidnappte Jungtier umbringt und später zu einem Zombie verzaubert. Das alles wird überraschend grafisch dargestellt, verfehlt seine Wirkung nicht und hätte ich, ehrlich gesagt, nicht gebraucht. Doch hier wird erstmals untermauert, wie skrupellos Grindelwald ist, auch, wenn seine Motivationen weiterhin schwer für uns greifbar sind, da die Filme ihn einfach nicht überzeugend aufgebaut haben. Mads Mikkelsen ist und bleibt für mich einer der herausragendsten Darsteller, die wir hier in Europa haben. In den großen Big Budget Produktionen verheizt man Mads Mikkelsen gerne als stereotypischen Bösewicht (Ausnahme ist hier noch Le Chiffre in Casino Royale, wo der Däne eine erinnerungswürdige Performance abgeliefert hat). Bei Dumbledores Geheimnisse durfte er sich etwas mehr entfalten, aber viel mehr als "Spiel ein bisschen die Rolle so, wie du Hannibal Lecter damals gespielt hast aber bitte als PG-13 Version" dürfte es als Regieanweisungen auf nicht gegeben haben. Ja, Mads Mikkelsen verleiht dem Charakter deutlich mehr Tiefe als Johnny Depp dazu in der Lage war. Auch wirkt Grindelwald gerissener und furchteinflößender, als es noch im Vorgänger der Fall war. Aber man darf sich auch hier keine Illusionen machen, die Beweggründe für Grindelwalds Handlungen sind schwer greifbar und die komplette Beziehung zu Dumbledore hat man auch nie ordentlich aufgebaut. Da helfen kleine Mini-Montagen aus der Jugend beider mächtiger Zauberer auch nicht weiter. Alleine daraus hätte man vermutlich eine Mini-Serie machen können. Aber die Probleme hatten bereits die Harry Potter Filme, wichtige Schlüsselmomente aus dem Buch, massiv wichtige Kapitel also, zu kleinen Mini-Montagen umzubauen.

Doch davon abgesehen hat mich die erste Filmhälfte ziemlich begeistert. Besonders in dem Moment, als es für die Charaktere nach  nach Berlin ging (wo dann auch Oliver Masucci als ICW-Obermotz Anton Vogel in Erscheinung tritt), war ich ein wenig an einen echten Spielberg-Blockbuster (als er noch solche gemacht hat) erinnert. Alles im Film ist pompös in Szene gesetzt und man bekommt auch mal einen besseren Einblick auf das Innenleben der Magiewelt. Zumindest etwas mehr, als man es bei Newts Abenteuer in den USA geschafft hat, uns diese Welt außerhalb von Hogwarts mal näher zu bringen. Das war ne lange Zeit gutes, solides Blockbuster-Kino. Doch ich wurde hier, ohne es zu merken, verzaubert. Nicht von J.J. Abrams sondern von J.K. Rowling und David Yates Ich habe mich von der Optik und Inszenierung ködern lassen. Was in Wahrheit nur darüber hinwegtäuschen soll, dass der Film eigentlich keine wirkliche Story, einen Plot, interessante Charaktere und ein echtes Ziel besitzt. Aber wir können uns ja noch immer auf einen epischen Showdown zwischen Dumbledore und Grindelwald freuen.

Am meisten Charakterentwicklung ist einmal mehr von Jacob zu sehen. Der einstige Comic-Relief-Charakter formt sich immer weiter zu einem heimlichen Helden. Dumbledores Pläne, die Charaktere durch die Weltgeschichte zu schicken ergeben keinen Sinn mit Ausnahme der geklonten Koffer, nehmen aber einen großen Platz der Handlung ein. Irgendwo will man dann auch noch die Brücke zwischen Albus und seinem Bruder Aberforth (der hier richtig gut von Richard Coyle gespielt wird) schlagen, ein Verhältnis, welches sich im letzten Harry Potter Buch und Film als deutlich kompliziert erwies. Aber kaum etwas davon wird irgendwie befriedigend oder zufriedenstellend in Szene gesetzt oder aufgelöst. Der Film wirkt besonders in den Szenen zwischen den beiden Dumbledore-Brüdern, als würden ganze Handlungsstränge fehlen, einfach aus dem Film geschnitten sein und es gibt diesmal keine Bücher, wo man diese verlorenen Handlungsstränge nachschlagen kann.

Und somit steuert der Film dann auch schon auf den Höhepunkt in Butan zu, wo sich unglaubliche Dinge ereignen. Grindelwald wurde von Anton Vogel in allen ihm zur Last gelegten Verbrechen frei gesprochen. Damit kommt Grindelwald seinem Ziel näher und kann nun selbst für den Vorsitz im ICW kandidieren. Leider wird dem Zuschauer ein detailreicherer Einblick in die politischen Machtverhältnisse der Magiewelt verwehrt, so, dass es ziemlich schwer für uns greifbar ist, wie diese Wahl genau abläuft und wie viel Macht dieser Vorsitzende bei seiner Ernennung dann tatsächlich auch besitzt. Da kommt dann das Qilin ins Spiel, was über magische Vorhersehung verfügt. Das Qilin entscheidet darüber, wer dieses Amt bekleiden darf. So verbeugt sich das Geschöpf vor der reinsten anwesenden Person, etwas, wie wir vorher im Film von Lally erklärt bekommen, ein äußerst seltenes Ereignis ist und schon lange nicht mehr passiert ist. Was den Ereignissen im Finale widerspricht. Niemand der Anwesenden wäre so rein, dass sich ein Qilin vor ihnen verbeugen würde. Zumindest habe ich das so verstanden, aber, wie erwähnt, die Filme haben sich nie besonders Mühe gegeben, irgendwas genauer zu erklären und hier haben wir kein 800 Seiten dickes Buch von Rowling, die diesen Details mehrere Kapitel widmen können. Hier kommt dann das geopferte Qilin von Grindelwald wieder zurück in die Handlung, welches er kurz vorher durch dunklen Zauber zurück ins Leben geholt, obwohl das Geschöpf nur noch eine leblose, manipulierte Hülle ist, die nach Grindelwalds Willen agiert. Er hat es von Anfang an so geplant und dafür brauchte er das magische Geschöpf.

In Butan fliegt der Schwindel dann aber überraschend schnell auf und Grindelwald und der korrupte Anton Vogel fliegen auf, als die Zwillingschwester des Qilin aus Newts Koffer gehüpft kommt (ich werde nun nicht auf das komplizierte Verwirrspiel mit den Koffern eingehen). Die Wahl wird wiederholt und dann tut das Qilin etwas, was absolut keinen Sinn ergibt und verbeugt sich vor Dumbledore. Da hätte ich es dem Film noch eher abgekauft, dass es sich vor den einzigen beiden wirklich reinen Seelen verbeugt, was entweder Newt oder Jacob wären. Jeder andere, erst recht Dumbledore und die Magie-Politiker, haben erstaunlich viel Dreck am stecken oder dunkle Geheimnisse. Alleine Dumbledores mehr als fragwürdige Vergangenheit in der Jugend mit Grindelwald würden ihn komplett diskqualifizieren, dass ein so magisches, heiliges Geschöpf ihn auswählen würde.

Aber das spielt ja auch keine Rolle, denn nun werden sich Dumbledore und Grindelwald endlich in einem längst überfälligen Kampf duellieren. Aber diesen Kampf gibt es nicht. Es gibt erneut eine Mini-Montage, die ein paar Sekunden andauert und es gibt einen kurzen Schlagabtausch der beiden mächtigen Zauberer.

Und Credence? Ja, der taucht auch noch auf und bestätigt noch einmal, dass Grindelwald alle hinter's Licht geführt hat. Irgendwie verkauft man uns dann auch noch, dass Credence, nun bekannt als Aurelius Dumbledore, der einzige Sohn von Aberforth Dumbledore ist, was dieser anscheinend schon lange wusste aber es ihn einfach nicht..... interessierte? Teil 2 hat hier irgendwas versucht aufzubauen, vielleicht müsste ich den Film noch einmal schauen, um dahinter zu kommen.

Je länger der Film andauerte, desto mehr verwandelte dieser sich in eine narrative Vollkatastrophe. Dass nach diesem erzählerischen Offenbarungseid bei einer Geschichte, die eigentlich eine menge Potential besitzt, die Leute hier nicht mehr nach zwei weiteren Fortsetzungen schreien, dürfte auch klar sein. Einen finalen Showdown zwischen Dumbledore und Grindelwald hat man wohl für einen weiteren Teil geplant. Somit enden Dumbledores Geheimnisse erneut, wie der Vorgänger, als Knallfrosch.

Am Ende kommt dann wenigstens die Main-Storyline zu einem glücklichen Ende. Jacob und Queenie finden endlich zueinander und heiraten. Tina, die man größtenteils aus dem Film geschrieben hat und man in den letzten Minuten von Teil 3 nochmal hergezaubert hat, ignoriert den vor sich dahin schmachtenden Newt fast komplett und somit geht auch die eigentlich ganz süße Beziehung, die sich in Teil 1 und Teil 2 anbahnte, den Bach hinunter.


Alle 3 Filme stehen sinnbildlich dafür, wofür viele neue Filme stehen, die auf mehrere Teile ausgelegt sind: Eine klare Vision und Richtung, in die eine Geschichte verläuft. Die gesamte Trilogie baut Plots auf, die zu nichts führen, führt Charaktere ein, die kurze Zeit später keine Rolle mehr spielen und baut Schicksale auf, die ebenfalls in zahlreiche Plot-Sackgassen führen. Die Rechnung wird am Ende gezahlt. Warner ist es nicht zu verübeln, die Reihe nicht fortzuführen. Und ich halte es für unwahrscheinlich, dass das je der Fall sein wird. Je nachdem, wie gut sich Rowlings Wizarding World als TV-Serie macht mit Harry Potter, könnte noch Hoffnung bestehen, die einstigen Ideen für die verbliebenen zwei Filme zu Phantastische Tierwesen irgendwie in einer TV-Serien, vielleicht einem Spin-Off, unterzubringen. Aber all zu große Hoffnungen sollte man sich da nicht machen. Die Chance hat man dann vielleicht auch bereits in insgesamt 3 Filmen sensationell verspielt.

Freitag, 17. Januar 2025

David Keith Lynch (1946 - 2025)

 



Wie beginnt man einen Abgesang auf einen Menschen zu schreiben, der mich, den Verfasser dieses Textes, weder kannte und somit nicht wusste, wie viel er mir gegeben hat. Oder eine ganz andere Frage: Wo beginnt man bei David Lynch überhaupt?

Am 15.01.2025 ist der amerikanische Filmemacher, der mit seinen Werken ganze Jahrzehnte prägte, verstorben. Erst vor einigen Monaten äußerte sich der Regisseur nach langer Abstinenz aus den Medien mal wieder selbst. Es waren traurige, bedrückende Worte, seinen trockenen Humor legte er aber auch da nicht ab. Für das rauchen, welches er fast sein ganzes Leben genoss, müsse er nun den Preis bezahlen. Zum Zeitpunkt dieser Worte hatte sich sein Gesundheitszustand bereits so rapide verschlechtert, dass er sein Haus nicht mehr eigenständig verlassen konnte.

Doch ein trauriger Nachruf auf David Lynch als Mensch wäre völlig deplatziert. Maximal würde er sich vermutlich darüber ärgern, dass das nun 5 Tage vor seinem 79. Geburtstag passiert ist. Was er uns aber hinterlassen hat, macht ihn und seinen Namen für immer unsterblich.

Mit Hollywood hat David Lynch allen voran in seinen letzten beiden Spielfilmen Mulholland Drive (2001) und Inland Empire (2006) abgerechnet. Spielfilme, so Lynch, hatte er da schon nicht mehr vor, zu drehen. Stattdessen wolle er sich nochmal einer TV-Serie widmen, was bereits mit Mulholland Drive gescheitert ist und der fertiggedrehte Pilotfilm stark erweitert und zu einem Kinofilm umgebaut wurde. 2017 dann die Sensation: In einem Serien-Event setzte Lynch Twin Peaks in einer dritten Staffel fort. Kontrovers, wundervoll gefilmt und mit einem Ende versehen, worüber noch lange diskutiert wurde. David Lynch machte das unmögliche möglich und holte einen großen Teil des Casts mit wenigen Ausnahmen zurück, entweder in größeren Rollen oder als kleine Cameos versehen. Diese dritte Staffel von Twin Peaks war zeitgleich auch ein Familientreffen, nicht nur was den Cast untereinander anging, sondern auch Millionen von Fans. Zeitgleich sollte es das letzte mal gewesen sein, dass die Darsteller noch einmal zueinander fanden und diese Serie zustande kam. Kurz nach den Dreharbeiten und wenige Jahre danach verstarben Warren Frost, Miguel Ferrer, Catherine E. Coulson, Peggy Lipton, Julie Cruise und Angelo Badalamenti, die beide den ikonischen Soundtrack der Serie geprägt haben. Nach diesem Revival gesellt sich nun auch Serienschöpfer David Lynch zur ewigen Ruhe. Diese Staffel sollte das Abschiedsgeschenk des großen Filmemachers sein.

Mit David Lynch ist ein weiteres Stück amerikanische Filmgeschichte von uns gegangen. Dabei wäre Hollywood auf ihn mehr angewiesen denn je, bröckelt die Fassade von Tinseltown doch viel zu sehr und schon seit einigen Jahren. Lynch eckte immer wieder an. Im Mainstream sah er sich nie (siehe das ganze Debakel rund um Dune), umso schwerer wurde es, für zahlreiche Projekte Geldgeber zu finden. Unter seiner Regie gelangten Schauspieler wie Kyle MacLachlan und Laura Dern zur Größe. Immer wieder kehrten etablierte Darsteller zu Lynch zurück, wenn er gerufen hat. Es wäre schön gewesen, wenn er im Zeitalter des Streamings noch ein letztes großes Projekt auf die Beine gestellt hätte, noch einmal allen gezeigt hätte, wie unkonventionelle Filmkunst geht.

Filmemacher wie David Lynch gibt es nur noch wenige. Aber dafür sind sie aktuell äußerst erfolgreich wie der griechische Regisseur Giorgos Lanthimos und Robert Eggers, aber auch ein Brandon Cronenberg, der vielleicht so wie kein anderer den Indie-Sprit von David Lynch derzeit verkörpert. Doch so wie diese aufgezählten Filmemacher alle eigenständig sind, so war, ist und wird es für immer David Lynch sein. In den nächsten Jahren wird sein Werk vermutlich relevanter denn je werden. Vielleicht, aber auch nur vielleicht, färbt etwas davon auf den Zeitgeist der aktuellen Filmlandschaft ab. Zu wünschen wäre es uns Filmliebhabern, aber auch dem Erbe von David Lynch, allemal.

Sonntag, 24. November 2024

Gladiator II parodiert die Zuschauer

 





Gladiator II

Regie: Ridley Scott
Darsteller: Paul Mescal, Denzel Washington, Pedro Pascal, Joseph Quinn, Connie Nielsen
Genre: Monumentalfilm, Sandalenfilm
FSK: 16


Diese Filmbesprechung könnte potentielle Spoiler zu den Filmen Gladiator und Gladiator II beinhalten.


Wenn es ein Film schafft, mich noch einmal kurz aus dem Blogger-Ruhestand zu holen, dann müssen die Alarmglocken aber schrillen. Und sie schrillen in diesem Falle lauter, als ich es für möglich gehalten hätte. Ich hatte schon bei der ersten offiziellen Ankündigung von Gladiator II kein gutes Gefühl. Den Reveal-Trailer mit der furchtbaren Musik brandmarkte ich als "Gladiator für die Gen-Z". Zudem wirkten die gezeigten Szenen, als ob man hier einfach nur noch einmal das Original neu verfilmen wollte. Doch solche Promo-Trailer wollen meistens genau darauf abzielen. Und es ging ja auch schon einmal gut, nämlich mit Blade Runner. Legendärer Streifen von Ridley Scott, benötigte keine Fortsetzung, aber bekam mit Blade Runner 2049 eine. Es war die Fortsetzung, die eigentlich keiner brauchte aber vom Kanadier Denis Villeneuve so herausragend gut umgesetzt wurde, dass diese sehr eigenständige Fortsetzung sich zu den besten Filmen mauserte, die ich seit seinem Release im Jahr 2017 gesehen habe. Der Unterschied zu Gladiator II: Hier war Ridley Scott wieder selbst am Werk (selbst von Alien lässt er mittlerweile die Finger und überließ bei Romulus Fede Álvarez das Ruder, was zwar in keinen kreativen, dafür aber unterhaltsamen Film mündete). Was beim kontroversen Prometheus für mich damals noch wundervoll geklappt hat (der Film ist nämlich keine 1:1 Kopie von Alien), ging dann mit Alien: Covenant schon wieder in die Hose. Erste Stimmen wurden lauter, der Altmeister hätte allmählich seinen Zenit überschritten. Obwohl die britische Regielegende langsam auf die 90 zugeht, scheint er dies noch nicht so zu sehen. Zugegeben, Scott sieht fit aus und wirkt sicherlich nicht wie ein Mann, der das Alter des Ruhestands schon mehrfach überschritten hat. Neuere Filme wie The Last Duel, House of Gucci und auch Napoleon habe ich mir gar nicht erst angesehen, obwohl besonders The Last Duel noch auf meiner Liste steht und als "sehenswert" gilt.

Und nun ist es also passiert, nach langem hin und her und einem verworfenem Drehbuch von Nick Cave, da könnte man beinahe schon sagen, Gladiator II habe sich 20 Jahre in der Entwicklung befunden. Und vielleicht wird sich der ein oder andere doch noch ärgern, dass das abenteuerliche Drehbuch von Nick Cave nie umgesetzt wurde. Denn es wäre allemal "unterhaltsamer" geworden als das, was wir nun mit der legitimen Fortsetzung bekommen haben.



Gladiator (2000)

Wir schreiben das Jahr 2000. Gladiator kommt in die Kinos. Ridley Scott ist 62 Jahre alt und sein letzter bekannter Film (Die Akte Jane) war ein kolossaler Flop. Scott war nicht unbedingt für epische Filme, ganz zu schweigen dem toten Genre rund um die Sandalenfilme, bekannt. Mit Alien und Blade Runner lieferte der Brite stattdessen herausragende Science-Fiction Filme ab. Doch Gladiator traf ins Schwarze. Das blutige R-Rated Epos um einen in Ungnade gefallenen römischen Kriegstribun spielte am Box Office weltweit Millionen ein, räume zahlreiche Oscars ab und katapultierte Schauspieler wie Russell Crowe und Joaquin Phoenix in den Olymp von Hollywood und reaktivierte zeitgleich die Karriere von Ridley Scott als einen gefragten Regisseur, der danach zahlreiche hochkarätige Projekte übernehmen sollte. Im Heimkino entwickelte sich Gladiator zu einem noch größeren Erfolg. Aus historischer Sicht machte man nie einen Hehl daraus, dass man hier lediglich etwas an der Oberfläche kratzte. Doch es war ein epischer Film mit herausragenden Darstellern (darunter ein begnadeter Richard Harris in eine seiner letzten großen Rollen), erinnerungsträchtigen Dialogen und Szenen, bildgewaltig und doch von einer blutigen Eleganz überzogen, die nur noch durch den einprägsamen Soundtrack von Hans Zimmer garniert werden mussten. Das neue Jahrtausend begann Hollywood mit einem Blockbuster-Höhepunkt.

Ein paar Monate nach dem Heimkino-Release erwarb ich als hoffnungsvoller Jugendlicher von 14 Jahren, der den Film offiziell noch gar nicht sehen durfte, die DVD. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass Ridley Scott für zwei meiner späteren Lieblingsfilme verantwortlich war, nämlich Alien und Blade Runner. Und ich kann mich noch genau so lebhaft dran erinnern, wie überwältigt ich von Gladiator damals war. In Sachen Bildgewalt hatte ich noch nichts beeindruckenderes gesehen und Gladiator hinterließ bis heute einen bleibenden Eindruck bei mir. Ein Film, der sicherlich keine Fortsetzung benötigte, da das meisterhaft in Szene gesetzte Finale alles erzählt hat, was es zu erzählen gab. Ein moderner Filmklassiker.



Gladiator II (2024)

Es ist November, es ist furchtbar kalt, dunkel und trostlos draußen. Gladiator II kam nach längerer Entwicklungshölle endlich in die Kinos. Ridley Scott ist mittlerweile 86 Jahre alt. Ich hingegen werde in wenigen Monaten 38, blicke kurz auf mein noch so hoffnungsvolles Ich mit 14 zurück und resümiere im Kinosaal mit einem überteuerten Kinobier über ein Leben, welches nicht so glatt verlaufen ist, wie sich mein noch unwissendes Teenager-Ich es sich damals vorgestellt hat. Doch viel Zeit zum resümieren bleibt nicht, denn durch besonderes Sponsoring benötigt das Kino nicht so viel Filmwerbung und der Film geht zügig los. Gladiator II beginnt mit einer Schlacht, als die Römer mit ihrem Kriegshelden Marcus Arcacius (Pedro Pascal) in Numidien einmarschieren. Mehr als 16 Jahre sind seit dem Tod von Marcus Aurelius vergangen. Mit ihm ist auch der "Traum von Rom" gestorben (seid darauf gefasst, dass ihr mit den Worten "Rom" und "Traum" in euren Köpfen, nachdem ihr Gladiator II gesehen habt, einschlafen werdet). Das römische Reich befindet sich im Chaos und wird durch die zwei jungen Zwillingsherrscher Geta und Caracalla tyrannisiert. Die Bemühungen und letzten Worte des Maximus Decimus Meridius, Rom wieder der Demokratie zu überlassen, anscheinend dahin. Der mittlerweile erwachsene Sohn von Maximus, Lucius (Paul Mescal), von seiner Mutter Lucilla (Connie Nielsen) zu seinem Schutz aus Rom fortgeschickt, lebt unter dem falschen Name Hanno in Numidien und kämpft gemeinsam mit seiner Frau für die dortige Armee zum Erhalt der Unabhängigkeit der Stadt, die von den Römern unterworfen werden soll. Wie gut oder schlecht das ausgeht müsst ihr selbst erfahren oder, macht es euch ganz einfach, schaut euch den ersten Teil an, denn rund 2 Stunden wird nun noch einmal die Geschichte des Vorgängers erzählt. Von dessen erzählerischem Glanz und einprägsamen Charakteren ist nur nicht mehr viel übrig geblieben.

Ridley Scott selbst ist für klare Worte bekannt. Mit britischer Nüchternheit erklärte er im Vorwort zum Extended Cut von Gladiator damals, dass diese neue Filmfassung nicht seine bevorzugte Fassung ist und auch kein Director's Cut sei, der Director's Cut existiere aber und sei die Kinofassung. Mutig von Universal damals, dies so stehen zu lassen. Eine erweiterte Filmfassung, die der Regisseur sachlich, aber offen im Vorwort der neuen DVD kritisiert. In einem noch recht frischen Interview zu Gladiator II machte Scott hingegen keinen Hehl daraus, wieso der neue Film entstanden ist. Die kurze Erklärung würde man bei einem bekannten Song der schwedischen Band ABBA finden. Aber da wir hier gerne ausufern: Man sei sich der großen Popularität des Erstlings immer wieder bewusst geworden und wolle mit dem Sequel einen ähnlichen kommerziellen Hit erreichen. Vielleicht sogar ein Gladiator-Franchise? Scott stellte diesmal sogar selbst einen Extended Cut zum zweiten Teil in Aussicht, genau wie einen dritten Teil und stellte hier sogar Vergleiche zum Paten auf. Gladiator als Geldmaschine. Der Weg dahin ist geebnet, auch wenn Gladiator II gegen Wicked (immerhin ein Familienfilm mit deutlich größerer Reichweite als ein R-Rated-Epos) am Box Office keine Chance hat, so stellt das Opening-Weekend von Gladiator II aktuell den erfolgreichsten Release eines Films von Ridley Scott dar.

Während ich im letzten Absatz viel über Zahlen gesprochen habe, ist der Film aber selbst eine Nullnummer. Circa 70% des Films sind eine reine Nacherzählung des Originals. Dialoge, sogar komplette Szenen wurden größtenteils 1:1 nachgestellt. Das Star-Aufgebot an aufstrebenden Hollywoodstars und Veteranen wirkt wild zusammengewürfelt. Paul Mescal mit seinem Astralkörper hat eine Mimik, die den Anschein erweckt, als hätte er täglich vor Drehbeginn einen Zwischenstopp beim lokalen Weed-Store eingelegt. Dabei ist Paul Mescal trotz seiner schläfrigen Attitüde nicht das Problem des Films, glänzen kann dieser aber auch nicht und für einen Russell Crowe zu seinen Bestzeiten verbitten sich hier sämtliche Vergleiche. Pedro Pascal als müder Kriegstribun von Rom wirkt nicht nur in seiner Rolle müde, er wirkt auch an sich ausgezehrt von seiner Hollywood-Odyssee und den unzähligen Rollen, für die er zuletzt gecastet wurde. Die Rolle von Mescal und Pascal ergeben kombiniert ungefähr die Rolle des Maximus, oder zumindest so ähnlich hat man sich das anscheinend vorgestellt. Der sympathische Joseph Quinn (bekannt als Eddie Munson aus der immer noch aktuellen Stranger Things Staffel) als Imperator Geta ist sichtlich bemüht, nicht Joaquin Phoenix' Darbietung als Commodus aus dem Original zu kopieren, aber was kann Quinn schon ausrichten, wenn das Drehbuch ihn praktisch dazu verdammt, die gleiche Rolle zu spielen? Hier gab es für den aufstrebenden Darsteller relativ wenig Spielraum, sich zu entfalten und der Figur seinen eigenen Stempel aufzudrücken. Fast jeder einzelne Charakter in Gladiator II ist ein fragiles Gebilde, welches auf ikonischen Charakteren basiert, die der erste Teil etabliert hat. Sie wirken wie Abziehbildchen ohne eigenen Background.

Bleiben noch Veteranen wie die dänische Darstellerin Connie Nielsen, noch bekannt als tragische Figur aus Teil 1 sowie Denzel Washington. Nielsen wirkt trotz überraschend viel Screentime so, als wäre sie einzig und allein für den Gehaltsscheck am Set gewesen. Von ihr geht nichts aus, was man "Schauspiel" nennen könnte. Dafür geht Denzel Washington in seiner Rolle als farbiger Sklavenhändler umso mehr auf, was dem Film am Ende mehr schadet als nutzt. Washingtons Charakter Macrinus sprüht nicht vor Originalität und wirkt lange Zeit wie eine Kopie des Proximo (gespielt von dem großartigen Oliver Reed, der leider noch während der Dreharbeiten zum Erstling verstorben ist) mit einem Twist. Vorhin habe ich geschrieben, Gladiator II sei zu 70% eine Nacherzählung des ersten Teils. Doch die restlichen 30% versucht man, eine eigene Geschichte zu erzählen. Hier dachten sich die Autoren Scarpa und Craig, könne man Washingtons Charakter Macrinus noch zu einer Schlüsselfigur machen. Eine ganze Weile habe ich gedacht, hinter Macrinus stecke letztendlich ein gealterter Juba, im Originalfilm gespielt von Djimon Hounsou und in der letzten Szene zu sehen, was in der Tat ein zynischer und wirkungsvoller Twist gewesen wäre, das Original letztendlich aber noch mehr befleckt hätte. Der Original-Plot des Sequels, der letztendlich auf einen langweiligen, vorhersehbaren Showdown hinausläuft, reiht sich dann leider auch in die Ideenlosigkeiten des kompletten Films mit ein, obwohl man besonders aus den politischen Konflikte und der anschließenden Anarchie Roms gegen Ende des Films einiges hätte machen können, hätte man nicht die meiste Zeit damit verschwendet, Teil 1 nachzuerzählen und somit den letzten Abschnitt von Gladiator II völlig überhastet zu erzählen. Washingtons Charakter wirkt völlig überzeichnet und überspielt in einem Film, wo kein anderer Charakter wirklich glänzen kann. Vielleicht hätte die Rolle besser gepasst, wenn die Autoren in andere Charaktere nur halb so viel Aufwand gesteckt hätten. Somit wirkt Macrinus im Film völlig fehl am Platz. Wer eine ähnliche Performance von Denzel Washington sehen möchte, ist mit der modernen Interpretation zu Macbeth von Joel Coen deutlich besser bedient.

Was Scott sehr gut kann sind weiterhin epische Szenen. Doch auch hier kann der Film längst nicht so überzeugen wie es der Erstling tat. Zwar wirkte besonders der Einmarsch der Römer nach Numidien noch imposant, aber auch hier steckt im Gegensatz zu der Schlacht gegen die Germanen im ersten Teil wenig Wumms dahinter. Den Ausgang der Schlacht kann man ungefähr erahnen. Doch die Eröffnung des Films gehörte hier eindeutig noch zu den besseren Schlachtenszenen im Film, von denen es, zumindest gefühlt, auch deutlich zu wenige gibt bei einer Laufzeit von rund 150 Minuten, die größtenteils mit belanglosen, uninspirierten wie schlecht geschriebenen  Dialogen gefüllt wurden. Spätestens wenn die CGI-Paviane auftauchen, bekommt Gladiator II aber auch in dieser Hinsicht echte Probleme. Das sind miserable CGI-Effekte, wo ich mich die ganze Zeit frage, wieso das Studio für so etwas grünes Licht gibt. Wie so oft und im ganzen Film wirkt die Szene, als wolle man sich hier direkt an die Zuschauer rächen, sie mit so einem Schund regelrecht parodieren.
Das Set wirkt in Gladiator II deutlich limitierter und es machte die ganze Zeit den Anschein, als wolle man dies kompensieren, indem man sämtliche Szenen in der Post Production mit Effekten überladen hat. Die schönsten Szenen sind allerdings gelungen, wenn die Szenen nicht mit ebenjenen Effekten überladen sind und man echte Filmkulissen sieht. Da fallen mir besonders die abendlichen Szenen vor dem Kolosseum ein. Aber von diesen Aufnahmen gibt es leider viel zu wenige.

Beim Soundtrack übernahm Harry Gregson-Williams von Hans Zimmer. Hier war von vornherein damit zu rechnen, dass Gregson-Williams diese Klasse wohl unmöglich erreichen kann (und Zimmer diese Qualität wohl selbst nicht mehr erreichen würde). Ich kann über den Soundtrack kaum was positives oder negatives sagen, da der Score für mich praktisch nicht existent war. Im Hintergrund dudelte etwas und gelegentlich war mal ein Arrangement zu "Now We Are Free" zu hören. Doch hätte ein prägnanterer Soundtrack die Qualität des Films nochmal steigern können? Auch das bezweifle ich.



Fazit:

Wüsste man nicht, dass es echte Aufnahmen zu den Dreharbeiten gibt und ebenso echte Menschen an dem Film mitgewirkt haben, würde ich behaupten, eine Maschine wurde so lange mit dem Erstling gefüttert, bis diese Maschine das Script zu Gladiator II ausgespuckt hat (wobei natürlich durch den Autorenstreikt nicht auszuschließen ist, dass eine KI hier beim Writing mitgewirkt hat). Es fehlt dem Film zu jeder Sekunde an Seele und Passion. Er wirkt plastisch und künstlich, geißelt seine Zuschauer zudem alle paar Minuten mit peinlichen Referenzen zum Original und lutscht das Zitat mit "Irgendwas von Roms Traum" so dermaßen aus, als würde man eine Auster so lange schlürfen, bis sich nichts mehr in der Schale befindet. All den Charakteren im Film war es nicht vergönnt, eine eigene Identität oder Geschichte zu haben. Gladiator II wirkt von Minute 1 wie ein schlechtes Theaterstück, was ein großartiges Theaterstück vergebens versucht nachzuspielen. Gladiator II ist natürlich kein Einzelfall, diese seelenlosen Sequels serviert uns Disney zum Beispiel seit Jahren. Aber ich würde sogar noch so weit gehen und sagen, selbst ein Rise of Skywalker und Indiana Jones 5 bieten hier, so schlecht die Endprodukte auch sind, noch "irgendwas" an. Dass man mich dazu bekommen hat, so etwas mal zu sagen, hätte ich nicht mehr erwartet.

Das interessante an Gladiator II spielt sich außerhalb des Films ab. Er scheint trotz sämtlicher mauer Kritiken mit all seinen Dreistigkeiten durchzukommen. Und damit hätte Gladiator II sein Ziel auch schon erreicht. Traut man Scotts Worten, ist Gladiator II nur mit der Intention entstanden, den Zuschauern das Geld aus den Taschen zu ziehen. Jetzt kann man trocken sagen, dass das schon immer die Intention hinter Hollywood bzw. generell hinter der Filmproduktion war.  Aber hier muss ich zumindest etwas abwinken. Die Studios wollen natürlich ihr Return of Investment. Aber hinter Filmen steckt so oft auch Passion, Leidenschaft und Hingabe. Das sind alles Zutaten, unter denen zum Beispiel das Original entstanden ist. Sollte Ridley Scott ernst machen, könnte einem hier das nächste Franchise bevorstehen mit Sequels, Prequels und TV-Serien. Ein tatsächlich düsterer Trend. 
Den Traum von Rom wird man in Gladiator II sicherlich nicht finden, aber erst recht nicht findet man hier den Traum des Filmemachens.

Mittwoch, 2. Oktober 2024

Einwurf: Der aktuelle Status von "Am Meer ist es wärmer" und: Wo ist eigentlich Georg Krätschmer?

 



Nun ist meine Grabesrede zu Star Wars The Acolyte auch schon wieder über 2 Monate her. Ich erkenne einen klaren Trend und bemerke konstant, wie mir stets die Motivation fehlt, mich weiterhin neuen Beiträgen auf "Am Meer ist es wärmer" zu widmen. Und das schreibe ich sogar ganz ohne Wehmut. Bereits 2020 kündigte ich ein temporäres Ende für den Blog an und kehrte einige Zeit später unter neuem Motto zurück: Ich schreibe nur noch, wenn mir danach ist und ich ein gutes Thema habe. Vier Jahre später: Ich habe einige gute Themen, finde aber kaum noch Zeit und/oder Motivation, diese auch schriftlich umzusetzen. Und ich mache mir da auch nichts vor: Als Blogger ist der Aufziehvogel auf seiner kleinen Insel (wenn auch nicht mehr ganz allein) schon relativ analog unterwegs. Ich habe sowohl den Instagram als auch den TikTok Trend verschlafen und trotz mehrfacher Versuche leider nie den Draht zu diesen für einen Blogger imminent wichtigen Plattformen gefunden. Ein Blogger, der monatlich einige Beiträge schreibt, reicht nicht mehr aus um viele Menschen zu erreichen. Man muss präsenter sein, verrückte und raffiniert geschnittene Videoclips kreieren. Irgendwie auf sich aufmerksam machen. Aber genau das ist "Am Meer ist es wärmer" nicht und wird es niemals sein. Die fehlende Motivation, den Blog fortzusetzen rührt aber aus rein persönlichen Gründen. Ich blicke auf fast 15 Jahre bloggen über Bücher, Filme und Gott und die Welt zurück. Ich wurde von einer heute ziemlich bekannten Person des öffentlichen Lebens beinahe verklagt als diese noch eher unbedeutend war, habe eine menge interessante Menschen kennengelernt, interviewt, genervt und dauerhaft meinen Horizont erweitert. All das war "Am Meer ist es wärmer" in all den Jahren für mich. Und das bedeutet längst nicht, dass die Reise hier nun endgültig endet. Der Blog bleibt bestehen und sofern mich wieder etwas sehr interessiert, werde ich hier darüber schreiben. Mit Lavandula habe ich auch weiterhin tatkräftige Unterstützung auf dieser kleinen Insel. In den kommenden Tagen wird von mir sogar nachträglich noch eine Rezension zu "Mein drittes Leben" von Daniela Krien erscheinen. Nur wird es halt nicht weitergehen, wie es bisher der Fall war (die unzähligen Comebacks mit eingeschlossen).

Aber zieht sich der Kerl denn nun endgültig zurück und macht nichts mehr? Nein! Ich werde stattdessen wieder Dinge machen, die mir Freude bereiten und die zu den Anfängen meiner Blogger-Karriere zurückgehen und teilweise noch weiter zurückreichen als dieser Blog. Mit "Kannibalismus unter Intellektuellen" werde ich demnächst ein lang geplantes, aber letztendlich neues Projekt ins Leben rufen (nicht zu verwechseln mit einem alten Schreib-Projekt namens "Kannibalismus unter Fischen"). Dort wird dann nur noch über Gott und die Welt geplaudert, über kurioses und seltsames und Heimat-Hassliebe versprüht. Wieder unbeschwert und ungezwungen über Themen schreiben zu können, die mir gefallen und ich mich mit meinem Stil nicht abgenutzt fühle.

Und ja, dann ist da ja auch noch Georg Krätschmer. Der Schorsch ist nun seit genau einem Jahr ein ständiger Begleiter von mir. Ursprünglich als dumme Idee gedacht und als ein Special zu Halloween 2023 geplant, ist die Idee zu etwas deutlich größerem herangewachsen. Georg Krätschmer wird ein zentraler Punkt in meiner ersten eigenen Geschichte seit vielen Jahren sein. Und erstmals wird es sich nicht um eine Kurzgeschichte handeln. Die Geschichte sind die Früchte meiner neuen Philosophie, einfach wieder drauf loszuschreiben. Ohne darauf zu achten, ob es wem gefällt, provoziert oder ganz einfach unzumutbar ist. Eine Geschichte, deren eigenen Ausgang ich sehr lange nicht kannte und nicht einmal wusste, ob aus diesen losen Puzzlestücken jemals etwas ganzes wird. Für diese Geschichte werde ich nicht meinen längst geschlossenen Blog "Typewriting - Erase your Head" reaktivieren, sondern auch dafür einen neuen Blog erstellen. Wann das sein wird, wird sich zeigen müssen, ob ich diese Geschichte dann auch jemals zu einem Ende bringen werde (steht aber eindeutig auf der Agenda ganz oben!). In der kommenden Woche plane ich, eine kleine Leseprobe der Geschichte auf "Am Meer ist es wärmer" zu veröffentlichen. Dort werde ich auch erstmals den Titel der Geschichte bekanntgeben.

Und all das wird völlig ungezwungen und entspannt im laufe der Zeit entstehen. Ob alles so wird, wie ich das geplant habe, kann mir aktuell nur meine Kristallkugel verraten, die aber gerade Wartungsarbeiten über sich ergehen lassen muss. Mit diesen Vibes möchte ich mich dann auch verabschieden und mich zeitgleich bei allen Lesern bedanken, die seit 2011 irgendwie diese kleine Insel hier angesteuert haben. Es ist kein Abschied, aber es ist Zeit, eine langjährige Serie zu beenden und das Sequel zu starten. Denn heute geht doch bekanntlich nichts ohne Teil 2, oder, Baby?



Aufziehvogel am 02.10.2024