NELL ZINK
Avalon
Übersetzt von Thomas Überhoff
Würde Aschenbrödel in unserer Zeit im sonnigen Kalifornien leben, so sähe ihr Leben wohl ungefähr so aus wie das der Heldin von Nell Zinks neuem Roman: Weil ihre Mutter sich in einen buddhistischen Ashram verabschiedet hat, als das Mädchen zehn war, wächst die bildhübsche Bran beim Ex der Mutter und dessen Familie auf. Von Kindesbeinen an gewöhnt, ohne Entlohnung im Betrieb der Stieffamilie arbeiten zu müssen, erwartet die junge Frau wenig vom Leben und erträgt es stoisch, dass alle anderen aufs College gehen, während sie selbst in bitterer Armut an ihre White-Trash-Umgebung gefesselt bleibt. Aber da dies gewissermaßen ein satirisches Märchen ist, oder auch eine Persiflage auf den „American Dream“, öffnen sich dann doch noch wundersame Möglichkeiten – alternative Welten, in denen auch ein Ostküsten-Prinz vorkommt, der allerdings einer arabischen Prinzessin versprochen ist. Um eine alternative Welt Wirklichkeit werden zu lassen und um mit den abgefahrenen Fantasy-Storys, die sie schreibt, eine erfolgreiche Drehbuchautorin zu werden, muss Bran erst noch lernen, für sich selbst einzustehen… Man möchte dieser unnachahmlich lakonischen Icherzählerin jedenfalls alles Glück der Welt dafür wünschen. (kgr)
Cinderella, ironisch umgekrempelt: Ein armes, hübsches Mädchen sucht den American Dream in Kalifornien.
ROWOHLT, 272 Seiten, 24 Euro
STÉPHANIE COSTE
Der Schleuser
Übersetzt von K. Triebner-Cabald
Dieses Buch tut weh, denn es schildert schonungslos das brutale Geschäft der Schleuser, die täglich Flüchtende in provisorischen Schlauchbooten auf das Mittelmeer hinausschicken – eine Fahrt ins Ungewisse. Ihr Geschäft ist die Hoffnung. Verstörend ist, dass hier aus der Perspektive des Schleusers selbst erzählt wird, der – das Gewissen mit Alkohol und dem Rauschmittel Khat betäubt – seine Geschäfte an der libyschen Küste abwickelt. In einer rückblickend erzählten Parallelhandlung erfahren wir, dass der Schlepper Seyoum selbst einst als Kind aus seiner Heimat Eritrea geflüchtet ist und dabei scheinbar alles verloren hat: seine Eltern, sein Zuhause, seine große Liebe Madiha. „Geh ohne mich und vergiss mich“, schrieb sie ihm, und von allen Arten des Kummers hatte Seyoum an diese eine nicht gedacht. Ohne Liebe stürzt er in einen Abgrund aus Unmenschlichkeit, Gewalt und Verrat. Bis er mit dem letzten Konvoi Geflüchteter durch die Sahara, die er nach Lampedusa verschicken soll, noch einmal seiner eigenen dramatischen Vergangenheit begegnet. Coste, die selbst im Senegal und in Djibouti gelebt hat, zeichnet