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Wahre Geschichten von damals und heute
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eBook187 Seiten2 Stunden

Wahre Geschichten von damals und heute

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Über dieses E-Book

Karl Gengenbach schreibt seit 1997 humorvolle Geschichten. Hier ist sein 16. Buch – wahre Geschichten von damals und heute.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum22. Nov. 2016
ISBN9783743155930
Wahre Geschichten von damals und heute
Autor

Karl Gengenbach

Karl Gengenbach wurde 1945 in Pforzheim geboren. Seit 1997 schreibt er humorvolle und satirische Geschichten. Weitere werden folgen.

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    Buchvorschau

    Wahre Geschichten von damals und heute - Karl Gengenbach

    Allerletzte

    1. Der alte Hut

    Der liebe Gott sieht alles, der Zoll sieht noch mehr.

    Meine Lehre hatte ich in einer Stahlgroßhandlung. Damals gab es noch nicht den Ausdruck Azubi. Ich war einfach der Stift.

    Als Lehrling musste ich unter anderem auch Ausgänge machen. Mit dem Betriebsfahrrad fuhr ich zur Post und leerte das Postfach. Auf der Bank musste ich am Monatsende Lohngelder holen. Das waren immer einige Tausend Mark. Diese hatte ich in einer alten Aktentasche über den Lenker gehängt. So etwas wäre heute von einem Azubi undenkbar.

    Als Stahlgroßhändler bezogen wir auch Ware aus dem Ausland. Vorwiegend aus Schweden, aber auch aus der Schweiz. Kleinere Sendungen gingen über das Zollamt an der Durlacher Straße. Die musste ich entzollen.

    Der Firmeninhaber war Diplomingenieur und ging regelmäßig auf Reise. Dabei kam er auch öfter in die Schweiz.

    Eines Tages erhielten wir einen Anruf vom Zollamt. Dort sei ein Päckchen für meinen Chef angekommen. Eigentlich erwarteten wir keine Sendung und wussten nicht, was da ankommt. Ich schwang mich also auf das Fahrrad und radelte zum Zollamt.

    In der Halle waren 10 oder 12 Kabinen. Ich weiß es nicht mehr genau. In diesen Kabinen konnte man Sendungen entzollen. Allerdings waren nur zwei besetzt. Wenn die Kabine besetzt war leuchtete auf der Stirnseite eine rote Lampe. Bei den anderen Kabinen waren die Lampen ausgeschaltet.

    Vor den beiden Kabinen warteten schon zahlreiche Leute. Aus Erfahrung wusste ich, dass es nun Stunden dauerte, bis ich an die Reihe kam. Dazu hatte ich überhaupt keine Lust.

    Ich setzte mich auf eine freie Bank und beobachtete die leeren Kabinen. Plötzlich sah ich in einer Kabine einen Schatten. Aha, da war ein Beamter.

    Ich stand auf, ging zu der Kabine und klopfte. Dann trat ich ein. Der Beamte wollte zuerst nicht gestört werden, dann war er aber doch neugierig und fragte, warum ich hier bin.

    Ich gab ihm die Benachrichtigung und er ging davon um die Sendung zu holen. Nach kurzer Zeit kam er mit einem Päckchen und öffnete es. In dem Päckchen war ein alter, speckiger Hut, sonst nichts. Der Beamte nahm den Hut und schaute ihn genau an. Er schaute unter das Schweißband, aber da war nichts. Es war nur ein alter Hut. Dann kamen auch noch zwei Kollegen dazu und alle schauten den Hut an. Sie drehten und wendeten ihn, konnten aber nichts Verdächtiges finden und gaben mir schließlich das Päckchen. Zoll musste ich keinen zahlen.

    Ich lieferte den Hut im Büro ab. Dort war inzwischen ein Brief von einem Schweizer Hotel angekommen. Darin wurde uns mitgeteilt, dass der Chef den Hut im Hotel vergessen hatte. Der Hut würde separat an uns geschickt. Aha, das erklärte alles.

    Die Beamten im Zollamt haben sich sicher noch Tagelang Gedanken gemacht, was es mit dem alten Hut auf sich hat. Immerhin wurde durch den Hut ihre Routine unterbrochen. Was hatte ich daraus gelernt? In Zukunft wartete ich auf dem Zollamt nicht mehr stundenlang bis ich an der Reihe war, sondern wandte meine neue Taktik an.

    2. Der Heiermann

    Einst die beliebteste Münze, nun kommt er wieder, oder auch nicht.

    Als wir noch die Deutsche Mark hatten gab es den Heiermann. Das war das bekannte 5-Mark-Stück. Die älteren unter uns können sich noch gut an den Heiermann erinnern. Die Jugend wohl kaum. Woher der Name kam ist umstritten. Aber praktisch war das 5-Mark-Stück schon.

    In meiner Jugendzeit konnte man mit einem 5er in die Kneipe gehen und einige Biere trinken.

    Viele Jahre später reichte er nur noch für Zigaretten. In der Gaststätte hingen meistens zwei Zigarettenautomaten. Draußen vor der Tür und im Flur. Mit dem 5er konnte man ganz einfach jede Schachtel Zigaretten ziehen.

    Auch an jeder Straßenecke hing ein Automat. Deshalb hatte ich immer einige 5er in der Tasche. Heute sind die Zigarettenautomaten viel komplizierter, deshalb gehen viele Raucher gleich zur Tankstelle und holen sich dort ihre Marke.

    Es gab auch noch andere Bezeichnungen für das Geld. Der Hunni war natürlich der Hunderter und der Riese war ein Tausender. Den sah man aber selten. Das 50-Pfennig-Stück war der Fuchs.

    Fuchsen war eine beliebte Beschäftigung unter uns Jungen. Jeder hatte eine Handvoll Pfennige dabei. Dann warf jeder einen Pfennig gegen die Hauswand oder eine Mauer. Wer am nächsten lag gewann. Als wir älter waren und schon Geld verdienten machten wir das Spiel mit Markstücken. Manche taten es sogar mit dem 5er.

    Von der Großmutter hörte ich mal den Begriff Goldfuchs. Damit war das 20-Mark-Stück gemeint. Es enthielt 7,16 Gramm Feingold, also etwa eine viertel Unze. Bei den heutigen Goldpreisen wären das etwa 300 Euro gewesen. Dann gab es noch eine 5-DM-Silbermünze welche Silberadler genannt wurde.

    Mit Einführung des Euro verschwanden diese Münzen. Es gab keinen Heiermann mehr und auch keinen Tausender. Schade eigentlich. Aber es gibt Hoffnung. 2016 kam endlich wieder ein Fünfer auf den Markt. Die neue Fünf-Euro-Münze Planet Erde ist die erste Münze mit einem transparenten Kunststoffring. Wir bekommen jetzt also Plastikgeld. Die Entwicklung dieser Münze hat acht Jahre gedauert. Ob man damit allerdings Zigaretten ziehen kann ist fraglich. Die kosten inzwischen ja schon 6 Euro.

    Allerdings habe ich bisher noch keinen neuen 5er gesehen. Diese Münzen werden von Möchtegern-Sammlern gehortet und kommen erst gar nicht in den Umlauf. In 10 Jahren sind sie vielleicht 10 Euro wert, oder auch nicht. Vielleicht kann man sie dann noch als Chip für Einkaufswagen verwenden.

    3. Inflation und Währungsreform

    Das erste Opfer des Krieges ist stets die Wahrheit. Jeder verlor sein Erspartes und keiner verstand so richtig, was damals passiert ist.

    Neulich ärgerte ich mich mal wieder, weil die Preise für Lebensmittel klammheimlich gestiegen waren. Überall waren es um die 10 Cent mehr. Aber warum rege ich mich auf. Ich dachte an meine Großeltern, die bei der Inflation 1923 ihre gesamten Ersparnisse verloren. Wie fast alle Deutschen auch.

    Mein Großvater hatte den ersten Weltkrieg miterlebt, aber nie viel darüber erzählt. Über die Jahre von 1914 bis 1918 wollte er schon gar nicht reden. Aber manchmal erzählte er vom Jahr 1923, als die Inflation ihren Höhepunkt erreichte.

    Ich war noch ein kleiner Junge und konnte gerade mal bis 10 zählen. Alles darüber war für mich einfach viel. Großvater zeigte mir Geldscheine mit 1 Million Mark, mit 100 Millionen Mark ja sogar mit Milliarden und Billionen Mark. Mit diesen Zahlen konnte ich nichts anfangen. Ich hatte zwar schon italienische Geldscheine gesehen. Die hatten viel mehr Nullen als unsere und waren so groß wie ein Gästehandtuch. Erst viel später verstand ich, was der Großvater damals erzählte.

    Zu Kriegsbeginn 1914 waren die Preise für Lebensmittel noch ganz normal:

    Kartoffeln kosteten 15 Pfennig pro Kilo.

    Ein Ei kostete 8 Pfennig.

    Ein Liter Vollmilch 24 Pfennig.

    Ein Kilogramm Butter 2,60 Mark.

    Ein Kilo Roggenbrot 28 Pfennig.

    Und ein Dollar 4,20 Mark.

    Von Herbst 1922 an stiegen die Preise permanent an und die deutsche Mark sackte ins Bodenlose. Im November 1923 kostete der Dollar 4,2 Billionen Mark. Kaum, jemand begriff, was da geschehen war. Auch heute, drei Generationen später ist es nahezu unglaublich.

    Bereits im Juni 1923 kostete ein Ei anstatt 8 Pfennige nun schon 800 Mark.

    Ein Liter Milch (24 Pfennige) 1.440 Mark.

    Ein Kilo Kartoffeln (15 Pfennige) 5.000 Mark.

    Und der Dollar bereits 100.000 Mark.

    Eine Fahrt mit der Straßenbahn 600 Mark.

    Am 2. Dezember 1923 erreichte der Wahnsinn seinen Höhepunkt.

    1 Ei (8 Pfennig) 320 Milliarden Mark

    1 Liter Milch (24 Pfennig) 360 Milliarden Mark

    1 Kilo Kartoffeln (15 Pfennig) 90 Milliarden Mark

    1 Kilogramm Butter (2,60 Mark) 5,6 Billionen Mark.

    1 Kilo Roggenbrot (28 Pfennig) 470 Milliarden Mark.

    1 Fahrt mit der Straßenbahn 50 Milliarden Mark

    Das Porto für einen Inlandbrief betrug 420 Milliarden Mark.

    Und 1 Dollar kostete 4,21 Billionen Mark.

    Aus dieser Zeit gibt es einige Beispiele. Eine Familie verkaufte ihr Haus und wollte nach Amerika auswandern. Schon am Hamburger Hafen reichte das Geld nicht mehr für die Überfahrt, ja nicht einmal mehr für das Bahnticket nach Hause.

    Ein anderes Beispiel. Ein Cafe-Besucher trank zwei Tassen Kaffee zum Preis von je 5.000 Mark. Als er die Rechnung erhielt standen darauf 14.000 Mark. Begründung er hätte beide Tassen gleichzeitig bestellen sollen. Zwischen der 1. und 2. Tasse ist der Preis auf das Doppelte angestiegen.

    Da wollten Leute ins Theater und hatten ein paar Hundert Millionen Mark dabei. Das Geld reichte aber nicht, denn die Preise an der Abendkasse waren inzwischen auf 1 Milliarde Mark gestiegen.

    Als der Dollar dann bei knapp 4,2 Billionen Mark stand musste die deutsche Regierung handeln. Am 15. November begann die Ausgabe der Rentenmark mit einem Umtauschkurs von einer Rentenmark zu einer Billion Mark. Aus den Kriegsschulden des Deutschen Staates von 164 Milliarden Mark waren nun 16,4 Pfennige geworden. Diese Kriegsschulden hatte der Staat bei seinen Bürgern, denn er hatte den Krieg mit Kriegsanleihen finanziert. Der Deutsche Staat war eindeutig der Gewinner und seine Bürger waren die Verlierer. Auch alle Besitzer von Sachwerten wie Immobilien gehörten zu den Gewinnern.

    Verlierer waren diejenigen, die über Ersparnisse verfügten, aber keine Sachwerte besaßen. Ihr über das ganze Leben angespartes Geld war plötzlich nichts mehr wert.

    Die deutschen Sparer hatten ihr gesamtes Vermögen verloren. Dazu gehörten auch meine Großeltern. Sie waren Verlierer.

    Die Inflation fand im November 1923 durch die Einführung der Rentenmark ein Ende. Am 30. August 1924 wurde dann wieder die goldgedeckte Reichsmark eingeführt. Nun folgten die Jahre des Wirtschaftsbooms. Diese Jahre zwischen 1924 und 1929 nannte man auch die goldenen Zwanziger Jahre.

    Jetzt konnten meine Großeltern wieder anfangen zu sparen, bis der nächste Krieg kam. Der zweite Weltkrieg. Trotzdem hatten sie bis 1948 einige Reichsmark zur Seite gelegt. Dann kam die Währungsreform. Am 20. Juni 1948 hatte die Reichsmark ausgedient. Einen Tag später war die neue DM das einzige Zahlungsmittel. Jeder Bürger bekam ein Kopfgeld von 40 DM bar ausgezahlt. Die alte Reichsmark wurde anschließend im Verhältnis 1:10 umgetauscht. Das bedeutete, für 10 Reichsmark bekam man 1 DM.

    Die Sparguthaben wurden abgewertet auf 10 % der ursprünglichen Summe. Über Nacht wurden so die kleinen Sparer ihres Vermögens beraubt. Meine Großeltern gehörten wieder dazu. Die Hälfte des Geldes wurde außerdem auf einem Festgeldkonto blockiert. Davon wurden später noch einmal 70 % gestrichen. Letzendlich blieben dem Sparer nur noch etwa 6,5% von seinen Ersparnissen. Allerdings wurde das Kopfgeld von 40 DM angerechnet, so blieb dem Sparer effektiv nichts mehr übrig. So verloren meine Großeltern nach 1923 zum zweiten Mal ihr gesamtes Vermögen.

    Nach dem Stichtag füllten sich die Schaufenster der Geschäfte plötzlich wieder mit Waren. Wo diese auf einmal herkamen wusste keiner. Die Schwarzmarktgeschäfte waren vorbei und Hamsterfahrten auf das Land ebenfalls.

    Fazit: Nicht Geld, Gold, Edelsteine oder Kunstwerke, allein Grundbesitz ist sicher.

    Immerhin blieb uns die DM bis 1. Januar 2002 und verschwand wieder, als der Euro kam. Und wieder wurden unsere Ersparnisse halbiert. Wie lange lassen wir uns das noch gefallen?

    Würde dasselbe wie 1923 auch heute passieren, hätte der deutsche Staat anstatt 2,0 Billionen Euro Schulden nur noch 2,0 Euro Schulden. Vielleicht ist das der einzige Weg, um von den gigantischen Schulden herunterzukommen. Wer weiß, welche Pläne bei der Regierung schlummern?

    Ich werde mich auf jeden Fall nach einem Grundstück oder einer Immobilie umsehen. Mir ist

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