„Attentat auf Alfred Herrhausen“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Alfred Herrhausen (Foto 3 Wolf P. Prange).jpg|mini|Alfred Herrhausen]]
Am 30. November 1989 wurde [[Alfred Herrhausen]] in [[Bad Homburg vor der Höhe|Bad Homburg]] in unmittelbarer Nähe seines Wohnhauses durch ein [[Attentat|Sprengstoffattentat]] ermordet. Der wirtschaftlich und politisch äußerst einflussreiche 59-jährige [[Vorstandsvorsitzender|Vorstandssprecher]] der [[Deutsche Bank|Deutschen Bank]] befand sich auf der morgendlichen Fahrt zu seinem in [[Frankfurt am Main]] gelegenen Büro. Herrhausen verblutete noch am Tatort, sein Chauffeur überlebte den Anschlag verletzt.
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Deutschen Bank, dessen eigener Sicherheitsdienst aus ehemaligen Polizeibeamten bestand. Für Herrhausens Villa, für das Umfeld und für die Fahrtstrecke war das [[Hessisches Landeskriminalamt|Hessische Landeskriminalamt]] in Wiesbaden zuständig. Es setzte dafür ein Mobiles Einsatzkommando ein. Dieses bestand aus einem Sondereinsatzkommando und aus einem Präzisionsschützenkommando. Das Mobile Einsatzkommando des Landeskriminalamtes war auch in Observation ausgebildet und zu dessen Aufgaben zählte, terroristische Gewalttäter bei der Ausspähung gefährdeter Personen zu ergreifen. Als Weisung galt für diese Spezialisten das so genannte „Fahndungskonzept 106“, kurz „K 106“, ein 1986 vom Bundeskriminalamt eingeführtes Sicherheitskonzept. Nach diesem Sicherheitskonzept sollten verdächtige Personen beobachtet werden. Außerdem mussten an den Fahrstrecken Baustellen, Grabungen und die Verlegung von Kabeln besonders überprüft werden.<ref>[[Paul Kohl (Schriftsteller)|Paul Kohl]]: ''„Wir wissen definitiv, wer die Täter waren.“ Das Attentat auf Alfred Herrhausen. Rekonstruktion einer Spurenverwischung.'' Feature, Co-Produktion DLF/SR/SFB/WDR, Sendetermin 7. Januar 1997, 19:15 Uhr {{Webarchiv|url=http://www.deutschlandfunk.de/wir-wissen-definitiv-wer-die-tater-waren-pdf.media.a0dea96bd83a5a81872a1580000e214b.pdf |wayback=20150924053620 |text=(Manuskript, PDF, 97 kB, S. 4–5); }} [https://www.youtube.com/watch?v=LLUj3cEWCfQ Tonaufzeichnung] bei [[YouTube]].</ref> In einer Sicherheitsanalyse der Strecke von Bad Homburg nach Frankfurt wurde in besonderem Maße betont, dass der Seedammweg, der Ort des späteren Attentats, aufgrund seiner Straßenführung und baulichen Gegebenheiten ein klares Sicherheitsdefizit aufwies. Der Seedammweg führte als relativ enge Passage am östlichen Rand des Bad Homburger Kurparks vorbei, wobei die Straße hier zusätzlich an der Bushaltestelle für das Kaiserin-Friedrich-Gymnasium bzw. die nahe gelegene Taunus-Therme künstlich verengt wurde. Dadurch mussten Fahrzeuge nochmals ihre Geschwindigkeit reduzieren.<ref>Friederike Sattler: ''Herrhausen. Banker, Querdenker, Global Player.'' Siedler, München 2019, S. 622.</ref><ref>[https://www.spiegel.de/politik/wir-koennen-jeden-erledigen-a-d5bff091-0002-0001-0000-000013496228 ''»Wir können jeden erledigen«''] Der Spiegel, Ausgabe 49/1989 vom 3. Dezember 1989</ref>
 
Am Donnerstagmorgen des 30.&nbsp;November 1989 verließ Herrhausen sein Wohnhaus im Ellerhöhweg in Bad Homburg, um sich von seinem Chauffeur in seiner mit der höchsten Widerstandsklasse (B6/B7) gepanzerten [[Mercedes-Benz Baureihe 126|Mercedes S-Klasse]] ins Büro der Deutschen Bank nach Frankfurt am Main fahren zu lassen.<ref>Friederike Sattler: ''Herrhausen. Banker, Querdenker, Global Player.'' Siedler, München 2019, S. 619.</ref> Nur in wenigen hundert Metern Entfernung von seinem Wohnhaus nach einer Fahrzeit von etwa drei Minuten detonierte um 8:34 Uhr im Seedammweg ({{Coordinate|text=ICON0|name=Ort des Attentats auf Alfred Herrhausen|NS=50.2241|EW=8.6325|type=landmark|region=DE-HE}}) zwischen [[Wicker-Gruppe#Taunus-Therme|Taunus-Therme]] und [[Seedammbad]] eine technisch höchst raffiniert konstruierte [[Bombe]], die sich auf einem präparierten Fahrrad am Straßenrand befand. Herrhausen, der im Fahrzeug auf dem rechten Rücksitz (hinter dem Beifahrersitz) saß, kam bei dem technisch präzise ausgeführten [[Attentat]] ums Leben, sein Chauffeur wurde durch das GeschoßGeschoss verletzt.<ref>Eine Rekonstruktion der Ereignisse findet sich bei Matthias Kliem (Hrsg.): ''Das Herrhausen-Attentat in Bad Homburg. Zeitzeugen berichten.'' Societäts-Medien, Frankfurt am Main 2011, insbesondere S. 13 f. Bei Andres Veiel: ''Black Box BRD.'' DVA, Stuttgart, München 2002, S. 9, wird als Tatzeit 8:37 genannt.</ref><ref>[https://www.spiegel.de/politik/deutschland/herrhausen-mord-neue-theorie-ueber-die-herkunft-der-bombe-a-1005698.html ''ARD-Film präsentiert neue Theorie zum Herrhausen-Mord.''] Der Spiegel (online), 29. November 2014; abgerufen am 5. Oktober 2024</ref>
 
== Attentat ==
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=== Zweites Bekennerschreiben ===
Am 4. Dezember 1989 erhielten drei [[Nachrichtenagentur]]en ein weiteres Selbstbezichtigungsschreiben – datiert auf den 2. Dezember 1989 – in dem sich die RAF detaillierter zum Mord an Herrhausen bekannte:<ref name="Bekennerschreiben">[http://www.black-box-brd.de/bekennerschreiben.html Bekennerschreiben.] In: ''Black-Box-BRD.de''.</ref> „Am 30. 11. 1989 haben wir mit dem Kommando‚Kommando Wolfgang BeerBeer‘ den Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, hingerichtet,; mit einer selbstgebauten Hohlladungsmine haben wir seinen gepanzerten Mercedes gesprengt.“ Die Hinrichtung wurde mit Herrhausens Spitzenstellung innerhalb der Deutschen Bank begründet, durch deren Geschicke sich „die Blutspur von zwei Weltkriegen und millionenfacher Ausbeutung ziehe“. Die Bank sei zu einem Symbol für Macht und Herrschaft geworden und unter Herrhausens Regie zur europaweit größten Bank aufgestiegen, die im Zuge der Maueröffnung Anfang November 1989 bereit sei, „nun auch die Menschen in Osteuropa wieder dem Diktat und der Logik kapitalistischer Ausbeutung zu unterwerfen.“ RAF-Experten fiel umgehend die im Bekennerschreiben verwendete einfache Sprache auf, die sich in [[Antiimperialismus|antiimperialistischen]] Phrasen erschöpfte und damit im starken Kontrast zur technischen Perfektion der Attentatsdurchführung stand.<ref name="Sattler 2019 626-628"/> Bundesinnenminister [[Wolfgang Schäuble]] äußerte am 7. Dezember 1989 Zweifel an der Echtheit dieses Bekennerschreibens: „Die Substanz des Täterschreibens steht in einem Gegensatz zur Schwere und technischen Perfektion des Anschlags. Dieses Schreiben bleibt deutlich hinter dem Niveau früherer Selbstbezichtigungen und gegenüber Äußerungen von RAF-Häftlingen zurück.“<ref>[[Paul Kohl (Schriftsteller)|Paul Kohl]]: ''„Wir wissen definitiv, wer die Täter waren.“ Das Attentat auf Alfred Herrhausen. Rekonstruktion einer Spurenverwischung.'' Feature, Co-Produktion DLF/SR/SFB/WDR, Sendetermin 7. Januar 1997, 19:15 Uhr {{Webarchiv|url=http://www.deutschlandfunk.de/wir-wissen-definitiv-wer-die-tater-waren-pdf.media.a0dea96bd83a5a81872a1580000e214b.pdf |wayback=20150924053620 |text=(Manuskript, PDF, 97 kB, S. 9); }} [https://www.youtube.com/watch?v=LLUj3cEWCfQ Tonaufzeichnung] bei [[YouTube]].</ref> Zudem handelte es sich bei dem Sprengsatz, wie es ausdrücklich im Bekennerschreiben hieß, nicht um eine „selbt gebaute„selbstgebaute Hohlladungsmine“, sondern um eine mit üblicherweise nur für militärisch verwendeten TNT-Sprengstoff beschichtete Kupferplatte, die sich nach der Zündung zu einem panzerbrechenden Projektil formt.<ref name="Sattler 2019 626-628"/>
 
Das Bundeskriminalamt sah in dem Bekennerschreiben hingegen Parallelen zu einer Äußerung [[Eva Haule]]s aus dem November 1988 und einem veröffentlichten Brief [[Helmut Pohl]]s vom November 1989, weshalb es davon ausging, dass dieses Schreiben maßgeblich von damals inhaftierten RAF-Mitgliedern bestimmt worden sei: „Die RAF-Köpfe sitzen alle drinnen.“<ref>[[Butz Peters]]: ''Tödlicher Irrtum. Die Geschichte der RAF.'' Argon, Berlin 2004, S. 655 f.</ref> Auch spätere Aussagen der ehemaligen RAF-Mitglieder [[Birgit Hogefeld]],<ref>[[Gerd Rosenkranz]]: [http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8799444.html ''Wir waren sehr deutsch.''] In: ''[[Der Spiegel]]'', 13. Oktober 1997 (Gespräch mit Birgit Hogefeld).</ref> [[Christian Klar]]<ref>[[Thorsten Schmitz]]: [http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/2581/ ''Klar-Text.''] Gespräch mit Christian Klar vom 25. April 1997. In: ''[[Süddeutsche Zeitung]]'', wieder veröffentlicht in Heft 11/2007 des SZ-Magazins.</ref> und Eva Haule<ref>Eva Haule: {{Webarchiv |url=http://archiv.political-prisoners.net/home.php?id=468&lang=de&action=news |text=''Zum Artikel von Jürgen Elsässer in der jw vom 22./23. 9. 2007'' |wayback=20160916103849}}. Leserbrief. In: ''[[Junge Welt]].'' 4. Oktober 2007. Online in: ''Political-Prisoners.net.'' Der Brief wird aufgegriffen bei [[Dirk Banse]], [[Sven Felix Kellerhoff]]: [https://www.welt.de/kultur/history/article13023421/Das-Geheimnis-um-das-letzte-toedliche-RAF-Attentat.html ''Das Geheimnis um das letzte tödliche RAF-Attentat.''] In: ''Die Welt'', 1. April 2011; [[Petra Terhoeven]]: ''Die Rote Armee Fraktion. Eine Geschichte terroristischer Gewalt.'' C. H. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-71235-7, S. 105.</ref> weisen die Tat der RAF zu.