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Das [[Frankreich|französische]] '''baccalauréat''' [{{IPA|ba.ka.lo.ʁea}}] (informelle Kurzform '''bac''' oder '''bachot''') entspricht dem deutschen [[Abitur]] (allgemeine Hochschulreife) beziehungsweise der österreichischen und schweizerischen [[Matura]]. Genau genommen wird es, obwohl Abschluss der Sekundarstufe einer schulischen Ausbildung, in Frankreich, Rumänien, Algerien, Marokko und Tunesien auch als erster [[akademischer Grad]] verstanden; der Prüfungskommission sitzt jeweils ein Universitätsprofessor vor.
 
== UnterschiedlicheDrei Typen des BaccalauréatBaccalauréats ==
Es gibt drei verschiedene Typen des ''baccalauréats'':
 
1)=== ''Baccalauréat général'' (an einem [[lycée]] erworben):===
==== Alter Modus ====
Bis 2020 drei ''filières'' (Fachrichtungen), von denen der Schüler eine wähltwählte: Literatur und Philosophie (Bac L – littéraire), Naturwissenschaft (Bac S – scientifique), Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Bac ES – économique et social).
 
==== Neuer Modus ====
Bis 2020 drei ''filières'' (Fachrichtungen), von denen der Schüler eine wählt: Literatur und Philosophie (Bac L – littéraire), Naturwissenschaft (Bac S – scientifique), Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Bac ES – économique et social).
Seit 2021 gibt es 12 Hauptfächer, aus denen der Schüler in der ''première'' (Jahrgangsstufe 11 von insgesamt 12 Jahrgangsstufen der Schulausbildung) zunächst drei ''spécialités'' à vier WochenstundenStunden wöchentlich wählt und in der ''terminale'' (Jahrgangsstufe 12) eine derdavon dreiwieder abwählt, sodass für die beiden verbleibenden fortan je sechs WochenstundenStunden wöchentlich zur Verfügung stehen. Als Hauptfächer werden angeboten (Stand 2020):<ref>{{Internetquelle |url=httphttps://www.horizons21.fr/ |titel=Horizons 21 - Construisez vos choix de spécialités au lycée |abruf=2020-10-16}}</ref><ref>https://lycee-henri4.com/wp-content/uploads/2020/11/BAC_presentation_terminales_2021.pdf, aufgerufen am 6. März 2022.</ref>
 
Seit 2021 12 Hauptfächer, aus denen der Schüler in der ''première'' (Jahrgangsstufe 11 von insgesamt 12 Jahrgangsstufen der Schulausbildung) zunächst drei ''spécialités'' à vier Wochenstunden wählt und in der ''terminale'' (Jahrgangsstufe 12) eine der drei abwählt, sodass für die beiden verbleibenden je sechs Wochenstunden zur Verfügung stehen. Als Hauptfächer werden angeboten (Stand 2020):<ref>{{Internetquelle |url=http://www.horizons21.fr/ |titel=Horizons 21 - Construisez vos choix de spécialités au lycée |abruf=2020-10-16}}</ref>
# Kunst
# Biologie-Ökologie
# moderne Sprachen, Literatur undLiteraturen, Fremd- und Regionalkulturen (darunter Englisch und, je nach Region, zugelassene Regionalsprachen wie Bretonisch, Okzitanisch, Korsisch etc.)
# Digital- und InformatikwissenschaftenInformationswissenschaften
# Ingenieurwissenschaften
# Literatur, Sprachen und Kultur der AntiqueAntike
# Literatur und Philosophie
# Mathematik
# Physik und Chemie
# Geschichte und Erdkunde, Geopolitik und Politikwissenschaften
# Biologie und Geowissenschaften (Sciences et vie de la Terre)
# Wirtschafts- und Sozialwissenschaften.
 
Daneben besteht in den beiden letzten Jahrgangsstufen der ''tronc commun'', (ein gemeinsamer, von allen Schülern besuchter Fächerkanon), der 15 bis 16 Stunden wöchentlich umfasst und folgende Fächer enthältvorsieht:
# Französisch in Jahrgangsstufe 11, Philosophie in Jahrgangsstufe 12;
# Geschichte-Geographie;
# Gemeinschaftskunde (''enseignement moral et civique'' (Gemeinschaftskunde);
# zwei moderne Sprachen;
# Sport;
# Naturwissenschaften.<ref>https://www.letudiant.fr/bac/bac-general-programme-specialites-et-matieres-communes.html, aufgerufen am 1. März 2022.</ref>
# Naturwissenschaften.
 
Die Gesamtnoteim nachAbiturzeugnis demausgewiesene BaccalauréatGesamtnote besteht zu 60 % aus den Ergebnissen a) der ''épreuves finales'', d. h. der Prüfungen in Jahrgangsstufe 11 in Französisch und demjener Hauptfach''spécialité'', dasdie am Ende dieser Jahrgangsstufe abgewählt wird, und b) der Prüfungsergebnisse aus Jahrgangsstufe 12 in den beiden verbliebenen Hauptfächern''spécialités'' sowie im Fach Philosophie und einem mündlichen Vortrag. Weitere 40 % der Gesamtnote ergeben sich aus Prüfungen in Nebenfächern, die sich über die beiden letzten Jahrgangsstufen verteilenverteilt abzulegen sind (''contrôle continu''), und einem ZeugnissdurchschnittZeugnisdurchschnitt dieses Zeitraums.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.education.gouv.fr/le-nouveau-baccalaureat-3098 |titel=Le nouveau baccalauréat |abruf=2020-10-16 |sprache=fr}}</ref>
 
Durch die Abwahl eines Faches in Jahrgangsstufe 12 entfällt z.&nbsp;B. im Vergleich zum früheren Baccalauréat z(Bac S, s.&nbsp;B o.) die Möglichkeit, Mathematik, SVT und Physik-Chemie zu erlernen (bac S)belegen. Als Alternative für das Hauptfach Mathematik bieten sichwerden nun zwei Optionen angeboten: ''maths complémentaires'' (Ergänzungskurs Mathematik für Schüler, die einen anderen Schwerpunkt wählen) und ''maths expertes'' (fortgeschrittene Mathematik).
 
Neu ist seit der Reform von 2021 auch die reformierte mündliche Prüfung, ''le grand oral'', die in Jahrgangsstufeden Jahrgangsstufen 11 und 12 vorbereitet wird. Ausgesucht wird ein Thema, das sich auf eineine oder beide Hauptfächer''spécialités'' bezieht und in der Prüfung in einem fünfminütigen Vortrag präsentiert und danach 15 Minuten mit einerder Prüfungskommission besprochendiskutiert wirdwerden muss.
 
2)=== ''Baccalauréat technologique'': ===
Zur Wahl stehen acht Fachrichtungen wie z. B. Hotelwesen, medizinische und soziale Berufe, Laborberufe.
 
3)=== ''Baccalauréat professionnel'': ===
Zur Wahl stehen mehr als 50 Fachrichtungen von Kunststoffgießerei über Automechanik bis Einzelhandelskaufmann.
 
Der Bildungsforscher [[Rainer Bölling]] beschreibt das französische Abitur folgendermaßen:
 
== Einschätzung in der Bildungsforschung ==
Der Bildungsforscher [[Rainer Bölling]] beschreibtbeziffert das französische Abitur folgendermaßen:
:„Hinter diesem nationalen Ereignis steht ein gewaltiger organisatorischer und finanzieller Aufwand. 2011 wurden 166.866 Prüfer in 4.737 Examenszentren aufgeboten, um 654.548 Kandidaten zu examinieren. 4.880 Aufgaben waren für die verschiedenen Prüfungen erstellt worden, rund vier Millionen Arbeiten mussten korrigiert werden. Die Kosten beliefen sich auf 83,10 Euro pro Kandidat, insgesamt auf etwa 54,4 Millionen Euro.“<ref name="rb">Rainer Bölling: Frankreichs Zentralabitur ist kein Vorbild für Deutschland. In: FAZ Nr. 64 / 15. März 2012, S. 8</ref>
 
Die Vergleichbarkeit der Noten im französischen Baccalauréat, einem Zentralabitur mit für das ganze Land festgelegten Prüfungsthemen, sieht Bölling kritisch:
 
:„[Der] Eindruck [der Vergleichbarkeit der Noten] schwächt sich […] bei einem Blick auf den Korrekturvorgang deutlich ab. Da es keine landesweit gültigen Bewertungsvorgaben und keine Zweit- oder gar Drittkorrektur gibt, hängt das Ergebnis je Fach von nur einem Prüfer ab. Und da kann es große Bewertungsunterschiede geben. So wurden 2006 und 2007 in einem Test drei Schülerarbeiten der Fachrichtung ES von dreißig Lehrern für Wirtschaftskunde unabhängig voneinander beurteilt. Bei einer Arbeit reichten die Bewertungen von 5 bis 16, bei einer anderen von 8 bis 18 von 20 Punkten.“<ref name="rb" />
 
== Berechtigung zum Studium ==
Alle diese Baccalauréats berechtigen zum Studium an einer französischen Hochschule beziehungsweise ''[[Grande école]]'', so die Theorie. Da das Baccalauréat als erster akademischer Grad gilt, kann es an französischen Universitäten keine Zulassungsbeschränkungen ([[Numerus clausus]]) geben. Die ''Grandes Écoles'' jedoch halten ''[[Concours (Auswahlverfahren)|Concours]]''&nbsp;– also Auswahlverfahren&nbsp;– ab, auf die man sich normalerweise nach dem Baccalauréat mit zwei Jahren in einer ''[[Classe préparatoire]]'' vorbereitet. Allerdings öffnen sich immer mehr ''Grandes Écoles'' für Bewerber, die keine akademische Vorbildung haben. Hier werden die ''acquis professionnels'' herangezogen, also der berufliche Werdegang des Bewerbers. Auch die Verwaltungs-Elitehochschule [[École nationale d’administration|ENA]] verfährtverfuhr nach diesem Muster.
 
== Anerkennung des Baccalauréats ==
{{Staatslastig|1=DE|Betrifft=Abschnitt}}
 
DasDie Frage der Anerkennung des französischen Baccalauréats in Deutschland ist komplex. Die [[Kultusministerkonferenz]] legte 1986 einen Katalog fest, dem ausländische Zeugnisse zu entsprechen haben, um in Deutschland als Hochschulreife anerkannt werden zu können (etwa sechs Fächer, davon zwei Sprachen, Mathematik, etwas Soziales usw.).
 
Allein das ''Baccalauréat général'' erfüllt alle diese Voraussetzungen und wird deshalb als uneingeschränkte allgemeine Hochschulreife anerkannt. Sowohl die ''Baccalauréats technologiques'' als auch die ''Baccalauréats professionnels'' qualifizieren in der Regel nicht uneingeschränkt für ein Studium an einer deutschen Hochschule.
 
== Das ''Baccalauréat'' in Belgien und Kanada ==
In Belgien und Kanada ist das Baccalauréat kein Sekundarschulabschluss, sondern ein [[akademischer Grad]], der nach einem mindestens dreijährigen Hochschulstudium verliehen wird (z.&nbsp;B. ''Bachelier ès Arts'', ''Bachelière en Sciences médicales''). Bereits im Mittelalter war das ''Baccalaureat'' eine Vorstufe der Doktorwürde, mit der die allgemein wissenschaftliche Vorbildung des Kandidaten festgestellt wurde.<ref>[[Conrad Brunner]]: ''Über Medizin und Krankenpflege im Mittelalter in Schweizerischen Landen'' (= ''Veröffentlichungen der [[Schweizerische Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften|Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften]].'' Band 1). Orell Füssli, Zürich 1922, S. 68.</ref>
 
== Begriffsunterschiede ==
Der französische Begriff ''Bachelierbachelier'' entspricht dem ''[[Gesellenprüfung|Gesellen]]'' in den Handwerksberufen beziehungsweise dem lateinischen ''[[Baccalaureus]]''. Der relativ neue akademische Grad heißt auch auf Französisch ''[[Bachelorbachelor]]'' oder wie schon zuvor der Abschluss nach drei Hochschuljahren ''licence''.
 
Das deutsche 'Wort ''Baccalaureat''' oder '''Bakkalaureat''' istbezeichnet hingegen einkeinen Schulabschluss, sondern einen (nur in wenigen Studienfächern üblichen) deutschen Hochschulabschluss, der zum Tragen des Titels ''[[Baccalaureus]]'' berechtigt. DasSo endet das theologische Baccalaureat endet mit dem Abschlussgrad des ''Baccalaureus Theologiae seu Divinitatis''; es ist mit einem ''Bachelor'' gleichwertig.
 
== Literatur ==
* Rainer Bölling, ''Das französische Zentralabitur – ein Modell für Deutschland?'' [httphttps://www.pedocs.de/volltexte/2016/12000/pdf/ZfPaed_2013_6_Boelling_Franzoesiche_Zentralabitur.pdf Zeitschrift für Pädagogik 59, 2013, S. 868–886]
* Martin Villinger, ''Bildungsreform in Frankreich'' [https://www.dfi.de/pdf-Dateien/Veroeffentlichungen/afa/afa33.pdf (Aktuelle Frankreich-Analysen, Nr. 33), Juli 2018]