„C/1858 L1 (Donati)“ – Versionsunterschied
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{{Infobox Komet
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}}
'''C/1858 L1 (Donati)'''
== Entdeckung und Beobachtung ==
Am Abend des 2. Juni 1858 entdeckte [[Giambattista Donati]] in [[Florenz]] mit einem [[Fernrohr|Teleskop]] einen unscheinbaren Kometen. Die Nachricht über die Entdeckung verbreitete sich schnell unter den europäischen [[Astronom]]en, aber in den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] erfolgten noch am 30. Juni und 7. Juli unabhängige Entdeckungen. Die Helligkeit des Kometen nahm beständig zu, aber Anfang August wurde der Komet in der [[Abenddämmerung]] zunächst immer schwieriger zu beobachten.
Mitte August verbesserte sich die Beobachtungssituation wieder und der Komet wurde zu dieser Zeit auf eine [[Scheinbare Helligkeit|Helligkeit]] von 4,5
Im September begann sich auch ein [[Komet#Schweif|Schweif]] zu entwickeln, der von 1
[[Datei:William Turner of Oxford 1859 Donati's Comet.jpg|mini|links|240px|William Turner: ''
Nach dem Periheldurchgang entwickelte der Komet neben dem gekrümmten Staubschweif auch einen geraden Plasmaschweif von immer größerer Länge, die am 6. Oktober 40° betrug. Auch der Staubschweif erreichte am 11. Oktober zur Zeit der größten Annäherung des Kometen an die [[Erde]] eine solche Länge, während seine Breite 10 bis 16° erreichte. Danach nahm die Schweiflänge rapide ab und erreichte am 17. Oktober gerade noch 5°.
Der Komet wurde auch von zahlreichen Entdeckern, Reisenden und Abenteurern rund um die Welt gesehen. [[David Livingstone]] beobachtete den Kometen während seines Aufenthalts in [[Mosambik]] und beschrieb die Reaktion der Eingeborenen auf den Anblick. [[James Hector]] beobachtete den Kometen am 11. September auf einer Expedition in [[Kanada]] und [[Francis Leopold McClintock]] am 14. September auf einer [[Arktis]]-Expedition.<ref name="ggn">A. Gasperini, D. Galli, L. Nenzi: ''The worldwide impact of Donati’s comet on art and society in the mid-19th century.'' In: ''The
Ab Mitte Oktober konnte der Komet schließlich bevorzugt von der [[Südhemisphäre]] aus beobachtet werden, aber seine Helligkeit betrug gegen Ende Oktober nur noch etwa 4
Der Komet erreichte am 7. Oktober eine
== Auswirkungen auf den Zeitgeist ==
[[Datei:William Dyce - Pegwell Bay, Kent - a Recollection of October 5th 1858 - Google Art Project.jpg|mini|240px|William Dyce: ''Pegwell Bay, Kent
Donati war nach Ansicht vieler Zeitgenossen einer der beeindruckendsten und schönsten Kometen (wenn auch nicht der spektakulärste) des [[19. Jahrhundert]]s.<ref name="dajs" /> Der äußerst helle Komet hatte einen anmutig geschwungenen Schweif und inspirierte etliche [[Gemälde]], [[Lyrik]] und [[Satire]], insbesondere in [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] und [[Frankreich]]. In Fernost lassen sich insbesondere Einflüsse auf die Gesellschaften in [[Siam]] und [[Japan]] feststellen.
Der Komet Donati war ein echtes [[Massenmedien|Medienereignis]] zu seiner Zeit und war während September und Oktober 1858 häufig in den Nachrichten. [[Zeitung]]en und populäre [[Zeitschrift|Magazine]] berichteten über die Faszination und Aufregung, die die Erscheinung des Kometen in der europäischen Gesellschaft auslöste. Sie lieferten auch astronomische Informationen, während satirische Magazine sich über die Kometen-[[Ekstase]] lustig machten, die Großbritannien und Frankreich überzog. Der Komet hinterließ auch Eindrücke in den Werken oder Tagebüchern von Schriftstellern wie [[Charles Dickens]], [[Nathaniel Hawthorne]] und [[Jules Verne]].
Unter den vielen Gemälden, die durch das Erscheinen des Kometen beeinflusst waren, ist [[William Dyce]]s eindringliche Meditation über die Zeit ''Pegwell Bay, Kent
Auch [[William Turner of Oxford|William Turner]] aus [[Oxford]], ein guter Beobachter von Naturphänomenen, schuf mit ''Donati’s Comet'' ein überwältigendes Werk, das Kurzlebigkeit und Zeitlosigkeit in sich vereint.
König [[Mongkut]] von Siam, ein Gelehrter, der astronomische Berechnungen durchführen konnte, beobachtete auch den Kometen und versuchte die [[Aberglaube|abergläubischen]] Befürchtungen seines Volks durch öffentliche Reden auszumerzen. Auch in Japan wurde der Komet umfassend beobachtet und sowohl als böses [[Omen|Vorzeichen]] gedeutet, da er in einer schwierigen Zeit erschien, als auch als ein Vorbote besserer Zeiten.<ref name="ggn" />
Der Komet inspiriert bis heute auch die Namensgeber von [[Pferderennen|Rennpferden]]. Ein in [[Irland]] gezogener [[Wallach]] wurde 2006 „Donatis Comet“ genannt.<ref>{{Internetquelle | url= http://www.the-racehorse.com/stats/horse/donatis+comet/10546/▼
== Wissenschaftliche Auswertung ==
Gegen Ende September 1858 begann eine neue Ära in der [[Kometenforschung]], als zum ersten Mal [[Fotografie|photographische Aufnahmen]] eines Kometen gemacht wurden. Dies gelang dem [[England|englischen]] [[Fotograf
[[Datei:KometDonatiZeich1858.jpg|mini|180px|Zeichnung der Koma des Kometen Donati]]
Ein besonderes Merkmal dieses Kometen, was nur teleskopisch gesehen werden konnte,
Eine mögliche Erklärung dafür konnte erst mit neuen Erkenntnissen über den Aufbau von Kometen in der zweiten Hälfte des [[20. Jahrhundert]]s gefunden werden. Man vermutet, dass an einer Stelle des Kometenkerns die relativ inaktive Oberfläche durch irgendeinen Vorgang aufgebrochen und dadurch tiefere Regionen freigelegt wurden. Durch die Rotation des Kometen wurde diese Stelle periodisch der Sonneneinstrahlung ausgesetzt und reagierte in dieser Zeit mit heftiger Ausgasung. Die sich wegbewegenden Gaswolken wurden durch die Rotation des Kometen zu Spiralarmen geformt und durch den [[Sonnenwind]] zu sich ausdehnenden Hüllen weggeweht. Der Astronom [[Fred Whipple]] errechnete ausgehend von diesen Beobachtungen eine Rotationsperiode des Kometenkerns von etwa 4 ½ Stunden. Diese Rotation wäre ungewöhnlich schnell und könnte irgendwann dazu führen, dass der instabile Kometenkern durch die [[Zentrifugalkraft|Fliehkräfte]] nach und nach auseinandergerissen wird.<ref name="dajs" />
Eine ausführliche Berechnung der [[Ellipse|elliptischen]] [[Umlaufbahn]] des Kometen erfolgte 1867 durch [[George William Hill]] aus 1819 Beobachtungsdaten. In jüngerer Zeit wurden durch [[Richard L. Branham, Jr.]] unter Verwendung von über 2000 Beobachtungsdaten zwischen Juni 1858 und März 1859 und unter Berücksichtigung der [[Bahnstörung|Störeinflüsse]] aller [[Planet]]en und weiterer moderner mathematischer Verfahren neue und verbesserte [[Bahnelement]]e für den Kometen und eine [[Umlaufzeit]] von etwa 1927 Jahren berechnet.<ref>R. L. Branham, Jr.: ''A new orbit for comet C/1858 L1 (Donati).'' In: ''Astronomische Nachrichten.'' Bd. 335, Nr. 2, 2014, S. 135–141, [[doi:10.1002/asna.201211837]]. Anmerkung: In der Originalschrift von Branham sind mehrere falsche Angaben gemacht. Für die ''Table 4'' ist eine falsche Epoche angegeben, der korrekte Wert muss hier lauten 2399960.5, in der ''Table 6'' sind völlig falsche Werte für Ω, i und ω angegeben. Die in ''Table 6'' angegebenen elliptischen Bahnelemente sind also insgesamt unbrauchbar, für Berechnungen sollte nur die ''Table 4'' mit der korrekten Epoche verwendet werden.</ref>
== Umlaufbahn ==
[[Datei:KometDonatiBahn.jpg|mini|links|240px|Komet Donati und Erdbahn 1858]]
Für den Kometen konnte aus
In der Nähe des absteigenden [[Knoten (Astronomie)|Knotens]] seiner Bahn bewegte sich der Komet um den 21. Oktober in geringem Abstand von nur etwa 700.000 km (0,0047 AE) zur Umlaufbahn der Venus, die diese Stelle ihrer Bahn nur etwa 7 Tage zuvor passiert hatte.
Nach den Bahnelementen von Branham und ohne Berücksichtigung [[Bahnstörung#Nicht-gravitative Kräfte|nicht-gravitativer Kräfte]] hatte die Bahn des Kometen einige Zeit vor seiner Passage des inneren [[Sonnensystem]]s eine [[Exzentrizität (Astronomie)|Exzentrizität]] von etwa 0,9963 und eine [[Halbachsen der Ellipse|Große Halbachse]] von etwa 156 AE, so dass seine Umlaufzeit bei etwa 1940 Jahren lag. Der Komet könnte demnach bereits im [[Altertum]] um das Jahr −83 (Unsicherheit ±1,5 a) erschienen sein. Durch die Anziehungskraft der Planeten, insbesondere durch einen relativ nahen Vorbeigang am [[Saturn (Planet)|Saturn]] im März 1858 in etwa 7 ⅓ AE und am [[Jupiter (Planet)|Jupiter]] im September 1858 in etwa 4 ¾ AE Distanz, wurde seine Bahnexzentrizität auf etwa 0,9960 und seine Große Halbachse auf etwa 143 AE verringert, so dass sich seine Umlaufzeit auf etwa 1720 Jahre verkürzt. Wenn er um das Jahr 2718 den sonnenfernsten Punkt ([[Aphel]]) seiner Bahn erreicht, wird er etwa 42,9 Mrd. km von der Sonne entfernt sein, fast 287-mal so weit wie die Erde und 9 ½-mal so weit wie [[Neptun (Planet)|Neptun]]. Seine Bahngeschwindigkeit im Aphel beträgt nur etwa 0,11 km/s. Der nächste Periheldurchgang des Kometen könnte möglicherweise um das Jahr 3577 (Unsicherheit ±1,3 a) stattfinden.<ref>{{Internetquelle |autor=A. Vitagliano |url=http://www.solexorb.it/ |titel=SOLEX 12.1 |sprache=en |abruf=2020-07-09}}</ref>
== Meteorschauer auf der Venus ==
Die Umlaufbahn des Kometen kommt der Umlaufbahn der Venus bis auf etwa 700.000 km nahe. Dies ist nach derzeitigem Wissensstand die geringste Entfernung, bis zu der sich ein „Großer Komet“ der Umlaufbahn eines der inneren Planeten annähert. Staubpartikel des Kometen, die sich entlang seiner Umlaufbahn bewegen, könnten also regelmäßig starke [[Meteorstrom|Meteorschauer]] auf der Venus verursachen – immer dann, wenn diese etwa alle 225 Tage eine bestimmte Stelle ihrer Bahn durchläuft. Die [[Meteor]]e dringen dann mit einer Geschwindigkeit von etwa 72 km/s auf der Nordhemisphäre des Planeten am Morgenhimmel in dessen [[Venus (Planet)#Atmosphäre|Atmosphäre]] ein.<ref>A. A. Christou: ''Annual meteor showers at Venus and Mars: lessons from the Earth.'' In: ''Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.'' Bd. 402, Nr. 4, 2010, S. 2759–2770, [[doi:10.1111/j.1365-2966.2009.16097.x]] ([https://academic.oup.com/mnras/article-pdf/402/4/2759/4910934/mnras0402-2759.pdf PDF; 628 kB]).</ref><ref>A. A. Christou, J. Vaubaillon: ''Numerical Modeling of Cometary Meteoroid Streams Encountering Mars and Venus.'' In: ''Meteoroids: The Smallest Solar System Bodies.'' Conference Proceedings, 2011, S. 26–30 ([https://ntrs.nasa.gov/api/citations/20110016623/downloads/20110016623.pdf PDF; 183 kB]).</ref>
== Der Komet in der Lyrik ==
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</poem>
<div style="margin-left:10em">''Alexander J. D. D’Orsey''</div>
<poem lang="fr" style="margin-left:2em">
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Mystérieux navire au sillage de flamme,
Tu glisses dans les airs sans boussole et sans rame:
…
Oh! parmi les mortels, qui nous fera connaître
La nature, le fond, l’essence de ton être?
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<div style="margin-left:10em">''Henri Calland''</div>
In der „Novelle in Versen“ des Dichters [[Paul Heyse]] von 1858 „Die Hochzeitsreise an den Walchensee“ beginnt der „Dritte Gesang“ mit den Zeilen
== Weblinks ==▼
<poem style="margin-left:2em">
* [http://www.friedensblitz.de/sterne/schumacher/Donati/Donati.html Weitere Abbildungen des Kometen]▼
Im Jahr des Heils und jenes Prachtkometen,
Der uns gereift des Achtundfünz’gers Blüte,
Wagt schüchtern nur ein Lied hervorzutreten,
Das nicht vom Hauch des jungen Weines glühte.
</poem>
Daran schließt sich die sogenannte „Ode an das Bockbier“ an.
== Trivia ==
▲Der Komet inspiriert bis heute auch die Namensgeber von [[Pferderennen|Rennpferden]]. Ein in [[Irland]] gezogener [[Wallach]] wurde
== Siehe auch ==
* [[Liste
* [[Großer Komet]]
▲== Weblinks ==
▲* [http://www.friedensblitz.de/sterne/schumacher/Donati/Donati.html Weitere Abbildungen des Kometen]
== Einzelnachweise ==
<references />
{{Normdaten|TYP=g|GND=1191500810|VIAF=315161648}}
{{DEFAULTSORT:Donati C/1858 L1}}
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