[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
K Auszeichnungsfehler korrigiert | Helfer gesucht
K typo, form
 
(13 dazwischenliegende Versionen von 12 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1:
Ein '''Eigenreflex''' ist ein [[Reflex]], der einen Effekt in demselben [[Organ (Biologie)|Organ]] hervorruft, das zuvor gereizt worden ist. Paradigmatisch wird in der [[Neurophysiologie]] damit meist der Muskeleigenreflex (MER) gemeint, der ausgelöst durch eine Muskeldehnung über die Ia-[[Afferenz]]en über nur eine [[Synapse]] (''monosynaptisch'') auf das alpha-[[Motoneuron]] im [[Rückenmark]] verschaltet ist und über die [[Efferenz]]en (motorische Nerven) zu einer sichtbaren Zuckung des zuvor gedehnten Muskels führt.
 
== Beurteilung ==
Das Ausmaß der Reflexantwort hängt von dem Erregungszustand des Motoneurons und der funktionellen Integrität der am Reflexbogen beteiligten Strukturen ab. Der Erregungszustand eines Motoneurons wird unter anderem durch [[Rückenmark#Wichtige absteigendeAbsteigende Bahnen|absteigende, motorische Bahnsysteme]], die [[Tiefensensibilität]] und segmentale [[Interneuron]]e beeinflusst. Nach einem [[Schlaganfall]] kann es daher zu einer Steigerung der Muskeleigenreflexe in den betroffenen Muskelgruppen kommen ([[Spastik]]). Dann löst z. B. die Dehnung eines Muskels auch in funktionell benachbarten Muskelgruppen Reflexzuckungen aus, das heißt, es werden auch [[Fremdreflex]]e klinisch erkennbar. Schädigungen im [[Reflexbogen (Physiologie)|Reflexbogen]] selbst, zum Beispiel durch eine [[Neuritis]] oder durch mechanische Schäden, führen dagegen typischerweise zu einer Abschwächung des Muskeleigenreflexes.
 
Selbst der klassische monosynaptische Muskeleigenreflex folgt daher nicht einem mechanisch unveränderten Ablauf, sondern ist zum Beispiel durch Lernen, Aufmerksamkeit und willkürliche Vorspannung zu beeinflussen. Eigenreflexe sind, im Gegensatz zu [[Fremdreflex]]en, ''nicht'' [[Habituation|habituierbar]] – es erfolgt durch Wiederholung also keine Abschwächung oder Ausbleiben der Reflexantwort.
 
== Eigenreflexe ==
EinigeEs folgen einige in der [[Neurologie|klinisch -neurologischen Diagnostik]] benutztebenutzten Muskeleigenreflexe. In der folgenden Aufstellung weist der Begriff ''Betroffene Nervenbahnen'' auf die Nerven hin, die den Reiz aufnehmen und den Effekt auslösen. Dabei werden die Hirnnerven, wie üblich, in römischen Zahlen dargestellt, die Abkürzungen C (Hals), Th (Brust), L (Lende) und S (Kreuz) weisen auf die entsprechenden [[Spinalnerv|Rückenmarksnerven]] hin.
 
=== Achillessehnenreflex ===
Zeile 13:
* auch Triceps-surae-Reflex, ASR
* Auslösung: Dehnung des [[Musculus triceps surae]]; diagnostisch durch leichten Schlag auf die angespannte [[Achillessehne]].
* Effekt: Kontraktion des Musculus triceps surae, Streckung ([[Plantarflexion]]) des [[Sprunggelenk]]s.
* Betroffene Nervenbahnen: S1 und zum Teil auch S2 sowie [[Nervus tibialis]]
 
Zeile 19:
* auch ADR
* Auslösung: Schlag auf die Adduktorensehnen unmittelbar proximal des Ansatzes am ''Epicondylus medialis femoris'' (Innenseite des Oberschenkelknochens am Kniegelenk).
* Effekt: [[Adduktion]] des Beins in der Hüfte.
* Betroffene Nervenbahnen: L2, L3, L4, [[Nervus obturatorius]]
* Kommentar: Bei gesteigertem Reflex reagieren beide Beine auf eine einseitige Auslösung.
 
=== Bauchdeckenreflex ===
* Auslösung: Feste Auflage der Finger auf die Bauchmuskulatur und Schlag auf die Fingerrücken.
* Effekt: Kontraktion der Bauchmuskulatur auf der gleichen Seite (ipsilateral)
* Betroffene Nervenbahnen: Th6-L1
Zeile 37:
=== Bizeps-femoris-Reflex ===
* Auslösung: Schlag auf die Sehne des [[Musculus biceps femoris]] bei leicht gebeugtem Knie.
* Effekt: leichte Beugung des Knies.
* Betroffene Nervenbahnen: L5 und [[Nervus ischiadicus]]
 
Zeile 45:
* Effekt: Streckung der Finger D2-D4 (Zeige-, Mittel- und Ringfinger)
* Betroffene Nervenbahnen: C6, C7, [[Nervus radialis]] Ramus profundus
* Kommentar: Der BER zählt zu den tiefen Sehnenreflexen und ist in Sensibilität und Spezifität bezüglich der neurologischen Aussage dem Bizepssehnenreflex und dem Brachioradialisreflex leicht überlegen <ref>M.Ming-J.Juan Zhang, etCan-Zhan al.Zhu, Zong-ming Duan, Xiaolin Niu: ''Applying the Extensor Digitorum Reflex to Neurological Examination.'' In: ''[http://www.jstage.jst.go.jp/article/jnms/77/5/77_250/_articleJournal Jof Nippon MedMedical Sch]School.'' 2010Band Oct;77(, Heft 5):250, 2010, {{ISSN|1345-34676}}, S. 250–253, {{doi|10.1272/jnms.77.250}}.</ref>
 
=== Fingerbeugereflex ===
* auch Fingerflexorenreflex, Trömner-Reflex (benannt nach [[Ernst L. O. Trömner]]), Knips-Reflex, Kino-Reflex, Mayerscher Grundgelenkreflex, Hoffmann-Reflex
* Auslösung: Dehnung der Fingerbeugermuskeln; sicherste Auslösung (nach Wartenberg): Auf die locker gebeugten Finger des Patienten wird quer der Zeigefinger des Untersuchers gelegt und mit dem [[Reflexhammer]] auf den Zeigefinger geschlagen.
* Effekt: Die Finger werden gebeugt
Zeile 57:
* auch Masseter-Temporalisreflex, Unterkieferreflex
* Auslösung: Ein Reflexhammer-Schlag von oben gegen die untere Zahnreihe oder das Kinn, der den [[Musculus masseter]] und den [[Musculus temporalis]] dehnt.
* Effekt: Der Mund wird geschlossen.
* Betroffene Nervenbahnen: [[Nervus trigeminus]]
 
Zeile 64:
* ''auch'' Kniesehnenreflex, Quadrizepsreflex, PSR
* Auslösung: Kurzer Schlag auf die [[Patellarsehne]] bei gebeugtem Kniegelenk (zum Beispiel durch Überschlagen der Beine).
* Effekt: Der [[Musculus quadriceps femoris]] wird angespannt und dadurch das Bein im Kniegelenk gestreckt.
* Betroffene Nervenbahnen: L2, L3, L4 und [[Nervus femoralis]]
 
Zeile 70:
* Auslösung: Dehnen der Sehne des M. pectoralis major durch Druck gegen den Brustkorb und Schlag auf die Fingerrücken
* Effekt: [[Adduktion]] des Oberarms im [[Schultergelenk]]
* Betroffene Nervenbahnen: C5 - C8C5–C8
 
=== Pronatorenreflex ===
* auch Pronationsreflex
* Auslösung: Bei angewinkeltem Unterarm in Mittelstellung zwischen Pronation und Supination wird ein kurzer Schlag von innen nach außen auf den Processus styloideus radii ausgeführt.
* Effekt: Hand und Unterarm werden [[Pronation|proniert]].
* Betroffene Nervenbahnen: C6, C7, C8 und [[Nervus medianus]]
 
Zeile 81:
* auch RPR, Brachioradialisreflex
* Auslösung: Schlag auf das untere Drittel des Radius bei leicht gebeugtem Unterarm in Mittelstellung zwischen Supination und Pronation.
* Effekt: Beugung des Unterarms im Ellenbogengelenk durch Anspannung des [[Musculus brachioradialis]].
* Betroffene Nervenbahnen: C5, C6 und [[Nervus radialis]]
 
Zeile 91:
=== Tibialis-posterior-Reflex ===
* auch TPR
* Auslösung: Schlag gegen die Sehne des [[Musculus tibialis posterior]], also ober- oder unterhalb des inneren Knöchels (''Malleolus medialis'').
* Effekt: Der mediale Fußrand wird gehoben ([[Supination]]).
* Betroffene Nervenbahnen: L4, L5 und [[Nervus tibialis]]
* Kommentar: Der Reflex ist schwellennah und kann deshalb nicht immer ausgelöst werden. Bei Bandscheibenschäden im Lumbalbereich L4/L5 ist dieser Reflex ein wichtiger diagnostischer Hinweis, er kann jedoch nur im Seitenvergleich interpretiert werden.
 
=== Trizepssehnenreflex ===
* auch TSR, Taschenmesserreflex
* Auslösung: Beim angewinkeltemangewinkelten Unterarm wird auf die Sehne des [[Musculus triceps brachii]] kurz oberhalb des [[Ulna|OlekranonOlekranons]]s ein Schlag ausgeführt.
* Effekt: Der Unterarm wird gestreckt.
* Betroffene Nervenbahnen: C7, C8 und [[Nervus radialis]]
 
=== Zehenbeugereflex ===
* auch Rossolimo-Reflex,
* Auslösung: Der Untersuchende schlägt mit den Fingern kurz und heftig auf die Zehenbeeren.
* Effekt: Die Zehen werden gebeugt.
* Betroffene Nervenbahnen: S1/S2, [[Nervus tibialis]]
* Kommentar: Der Zehenbeugereflex kann normalerweise nicht ausgelöst werden. Tritt er auf, ist dies ein diagnostischer Hinweis auf eine Schädigung des zentralmotorischen Systems.
 
== Siehe auch ==
* [[Fremdreflex]]
* [[Reflexbogen (Physiologie)|Reflexbogen]]
Zeile 115:
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
[[Kategorie:Eigenreflex| ]]