FFU Kunstholz wurde in den 1970er Jahren in Japan entwickelt.
Das Haupteinsatzgebiet von FFU Kunstholz ist die Eisenbahn, wo es als Schwelle mit sehr langer Lebensdauer, hoher Beanspruchbarkeit und Resistenz gegen Flüssigkeiten eingesetzt wird und sich auszeichnet. Darüber hinaus wird FFU Kunstholz im Bauwesen im Bereich von Kläranlagen, Tunnelbau, Ankerwänden und im Bereich von Wasserbauten verwendet. Im Bereich der Bahntechnik ergibt die Summe der Brücken-, Weichen- und Tunnelprojekte, an denen im Zeitraum seit 1985 bis 2010 FFU Kunstholzschwellen eingebaut wurden, eine Gleislänge von mehr als 1030 km, dies auf Trassen von LRT Systemen und Gleisanlagen der Vollbahnen mit Achslasten mit bis zu 36 t. Zu berücksichtigen ist, dass die Längen der einzelnen Projekte (Brücken, Weichen, Tunnel) sich in Größenordnungen von 10m bis 500m darstellen.
Überwiegend wurden in diesem Zeitraum FFU Kunstholzschwellen am Hochgeschwindigkeitsnetz des Shinkansen und bei den Regionalen Eisenbahnen und Metros in Japan eingesetzt. Seit 2004 werden FFU Kunstholzschwellen bereits bei Projekten in Österreich und Deutschland eingebaut.
In den USA steht die FFU Kunstholzschwelle vor der Zulassung für Achslasten bis zu 40 t.
In weiteren Ländern wie z.B. Korea, Brasilien, Australien steht die FFU Kunstholzschwelle vor der Zulassung für Achslasten von bis zu 65t.
Warum wurde FFU Kunstholz entwickelt ?
Aufzeichnungen der Japanischen Eisenbahnbetreiber zeigten in den 1970er Jahren, dass ca. 70% ihrer eingesetzten Holzschwellen aufgrund von Verwitterung (Verfaulen, Zerfall) auszutauschen waren.
Die Vorgaben der Bahngesellschaften an die Technologie der neu zu entwickelnden Bahnschwelle waren: • gleiche positive Materialeigenschaften wie Holzschwellen • einfache Handhabung und Verarbeitung analog Holzschwellen • Verwendung der vorhandenen Befestigungselemente Bahn • wesentlich höhere Lebenserwartung als Holzschwellen • frei von Verfaulen bzw. Zerfall aufgrund von Witterungseinflüssen • wesentlich höhere Witterungsbeständigkeit als Holzschwellen • annähernd gleiches spezifisches Gewicht wie Holzschwellen
In Zusammenarbeit mit den Japanischen Bahnen erforschte der japanische Kunststoffspezialist SEKISUI in den 1970er Jahren ein Material, welches sämtliche oben angeführten Anforderungen erfüllte. Das hierbei neu entwickelte Material wird als FFU (Fiber reinforced Foamed Urethane) Kunstholz bezeichnet.
Geschichtliche Entwicklung
Auszeichnungen
1978 erhielt SEKISUI für diese Technologieentwicklung den Preis der "Generaldirektion der Agentur für Forschung und Entwicklung" Japans. Ebenfalls wird der „Okouchi Memorial Grand Technology Prize“ für ausgezeichnete Industrielle Leistung aufgrund der Entwicklung von FFU Kunstholz an SEKISUI verliehen.
1979 erhielt SEKISUI den „Deming Prize“ für die umfangreiche und hochwertige Qualitätskontrolle des Unternehmens.
Testphase
1980 wurden in Zusammenarbeit mit dem „Railway Technical Researche Institute“ und der Japanischen Eisenbahn zwei Versuchsstrecken mit Eslon Neo Lumber FFU ausgerüstet.
Im Kanmon Tunnel der Sanyo Hauptstrecke wurden im Bereich km531+680 bis km531+700 74 Stück FFU BI-Block Kunstholzschwellen in Fester Fahrbahn installiert.
Auf der Eisenbahnbrücke über den Miomote Fluss der Uetsu Strecke km61+294 bis km61+316 kamen 18 Stück FFU Brückenhölzer aus Kunstholz zum Einsatz.
1985 nach einer Versuchsdauer von 5 Jahren wurden Kunsthölzer von obigen Projekten ausgebaut und untersucht. Die Untersuchungsergebnisse zeigten keine "Alterung" des Kunstholzes. Die Werte waren sehr gut. FFU Kunstholz wurde bei JNR als Standartschwelle eingeführt.
1991 Railway Technical Research Institute führte weitere Untersuchungen an Schwellen der beiden Versuchsprojekte durch. Der Bericht zeigte auf, das es keine erkennbare Alterung von FFU Kunstholz gab. Weitere Staatliche und private Eisenbahngesellschaften begannen FFU Kunstholz auf Ihrer Schieneninfrastruktur einzusetzen.
1996 wurden vom Railway Technical Research Institute FFU Kunsthölzer, der obigen Versuchsstrecken ausgebaut und ein weiteres Mal untersucht. Im Zuge dieser Untersuchungen wurden an den ausgebauten Schwellen 100 Millionen Lastwechsel durchgeführt. Dies bedeutet theoretisch bei 20 stündigem Bahnbetrieb je Kalendertag, dass je Stunde ca. 275 Achsen über diese Schwelle rollen. In anderen Worten entspricht dies einer praktischen Belastung von einem Zug mit 28 Achsen alle 6 Minuten über einen Zeitraum von 50 Jahren. Die Lebenserwartung der FFU Kunstholzschwelle wurde damit nur angedeutet, da unterschiedliche Bahnbetreiber unterschiedliche Zugfrequenzen haben. Bei diesem Versuch wurde gezeigt, dass der Wert für die Biegebeanspruchung von FFU Kunstholz nach 100 Millionen Lastwechseln ungefähr dem einer neuen und somit ungebrauchten Buchenholzschwelle entspricht.
Einsatz in den Bahnnetzen
Seit 1985, nach einer praktischen Versuchsdauer von 5 Jahren, werden FFU Kunstholzschwellen von der Japanischen Eisenbahn als Standartprodukt im Bereich von Brücken, Weichen, Tunnels sowohl im Schotterbett als auch in der Festen Fahrbahn eingebaut.
2002 Einsatz von FFU Kunstholz beim Neubau der Shinkansen Kyushulinie und Tohokulinie.
2004 wird die Kunstholzschwelle erstmals in Europa von den Wiener Linien bei der Zollamtsbrücke eingebaut.
2005 erfolgt der erste Einsatz am Netz der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) in Wien.
2008 Einbau der ersten Weiche mit FFU Kunstholzschwellen im Chempark Leverkusen.
2009 Einbau von Brückenhölzern in Folge der Zulassung von FFU Kunstholz an der Eisenbahnbrücke über die Save in Belgrad, Serbien.
2010 Im Frühjahr statten die Hamburger Hochbahnen die erste Weiche auf Ihrem Streckennetz mit FFU Kunstholz aus.
Zulassungen in Europa
2004 Österreich
2008 Serbien
2009 EBA Zulassung in Deutschland
Normierung
2007 JIS E 1203 "Synthetic sleepers -Made from fiber reinforced foamed urethane" Definition von FFU Kunstholz durch den Japanischer Industrie Standard (JIS)
Technologie
FFU Kunstholz besteht aus endlosen Glasfasersträngen und Polyurethan.
Herstellungsverfahren
FFU Kunstholzschwellen werden nach dem Pultrusions- oder Strangziehverfahren hergestellt.
Hierbei werden endlose Glasfaserstränge mit einem Polyurethansystem getränkt und der Verbund bei erhöhter Temperatur durch aushärten erwirkt. Der Herstellungsprozess wird durch ein Ziehwerkzeug in Gang gehalten, welches das fertige FFU Kunstholz Profil aus dem Härtungswerkzeug zieht. Hierdurch wird eine gleichbleibend hohe Qualität ermöglicht. Die so erzeugten porenfreien FFU Kunstholz Rohlinge werden auf Standardlängen von 12m geschnitten. Grundsätzlich erlaubt dieses Produktionsverfahren die Herstellung von Schwellen in beliebiger Länge.
FFU Kunstholz ist ein künstlich hergestellter Werkstoff, der aufgrund der qualitativ hochwertigen Produktion konstante Festigkeitseigenschaften aufweist. Gegenüber von Holz bedeutet dies eine weitaus höhere Sicherheit des Materialverhaltens in der Praxis und erlaubt, aufgrund der wesentlich besseren technischen Kennwerten eine weitaus bessere Optimierung des Querschnittes.
Technische Kennwerte
Umfangreiche Untersuchungen waren eine Voraussetzung für die Genehmigung des EBA zur Betriebserprobung von FFU Kunstholz am Netz der Deutschen Eisenbahnen. 16 FFU Kunstholzschwellen mit den Abmessungen b/h/l = 26/16/260cm wurden den Versuchen unterzogen. Die Untersuchungen sind vom Lehrstuhl und Prüfamt für Verkehrswegebau, Prof. Freudenstein, der TU München in Anlehnung an die gültigen Normen durchgeführt worden. Diese Untersuchungen wurden am 19.9.2008 positiv abgeschlossen. Folgende Untersuchungen wurden durchgeführt: • Scherenhebelschwingversuch
• Zugkraft in Schwellenschraube
• Ausziehversuch Schwellenschraube
• Schlagversuch
• Elektrischer Widerstand
• Statische Prüfung in Schwellenmitte
• Ermüdungsprüfung in Schwellenmitte
• Statischer Druckversuch
• Statische Durchbiegung bei R = RT und R = -10°C
Scherenhebelschwingversuch
Dieser Versuch wurde mit dem Scherenhebelschwinger der TU München durchgeführt.
Das dafür verwendete Schienenstück wurde gemäß DIN EN 13481-3 um 15 mm abgefräst. Die dynamische Steifigkeit der Zwischenlage entsprach einer Federziffer > 200 kN/mm. Im Versuch betrug die Oberlast 140 kN, die Unterlast 10 kN und die Belastungsfrequenz 3 Hz. Damit entsprach diese Versuchsbelastung einer Dauerschwellbelastung der Schwelle im Betriebsgleis durch eine Radsatzlast von 225 kN. Tab. 1 zeigt die Auslenkung der Schiene gegenüber der Schwelle nach 3 Millionen Lastspielen bei Raumtemperatur. Erfahrungsgemäß liegen diese Werte im zulässigen Bereich.
In einer zusätzlichen Versuchsphase wurden weitere 1,28 Mio. Lastspiele bei einer auf 48°C erhöhten Temperatur aufgebracht. Die gemessenen Werte waren von der gleichen Größenordnung wie jene bei Raumtemperatur. Daraus kann gefolgert werden, dass das mechanische Verhalten des Systems von erhöhten Temperaturen weitgehend unbeeinflusst ist.
Zugkraft in den Schwellenschrauben
Hierzu werden im Schaft von 2 Schwellenschrauben an 2 gegenüberliegenden Seiten Aussparungen eingefräst und dort Dehnsmessstreifen eingeklebt. Anschließend werden die Schrauben in einem zentrischen Zugversuch geeicht, womit bei Registrierung der auftretenden Dehnungen eine Zuordnung der entsprechenden Zugkräfte möglich ist. Wie sich die Zugkraft in den Schwellenschrauben in Abhängigkeit von Andrehmoment und Zeit verhält, geht aus Tab. 2 hervor.
Ausziehversuch Schwellenschrauben
Beim Ausziehversuch wird eine zentrische Zugkraft in die Schwellenschrauben eingeleitet und mit Hilfe einer zwischengeschalteten Druckmessdose registriert. Die Versuche wurden an allen 8 Schwellenschrauben einer Kunstholzschwelle durchgeführt. Die Last wurde kontinuierlich bis zum Auszug der Schraube gesteigert.
Es ergab sich mit 61 kN eine wesentlich höhere Ausziehkraft als bei Holzschwellen, bei denen die TU München im Jahr 1997 im Ausziehversuch nur 35 kN gemessen hatte.
Schlagversuch
Wie sich Schwellen bei schlagartiger Belastung infolge einer Entgleisung von Eisenbahnfahrzeugen verhalten, wird durch einen Schlagversuch geprüft, dies gemäß den technischen Lieferbedingen der DB „Spannbetonschwellen – Grundsätze für Bemessung, Bauart und Zulassungsverfahren“. Demnach sind an jeder Prüfschwelle die Schlagprüfungen I und II durchzuführen. Hierbei schlägt ein 500 kg schwerer Fallkörper mit spurkranzförmiger Schneide aus 75 cm Höhe zweimal je Prüfung auf die Kante einer um 30° geneigten Schwelle. Bei der Schlagprüfung I liegt die Aufschlagstelle 25 cm neben einer Schienenmitte in Richtung Gleisachse. Bei der Schlagprüfung II liegt sie in 15 cm Entfernung vom Schwellenende, also im äußeren Bereich.
Die Schlagprüfung wurde an 3 Schwellen ohne Bohrlöcher für Schwellenschrauben durchgeführt. Die verursachten Schäden der Prüfung beschränkten sich bei Schlagprüfung I auf einen engen Bereich (9 cm) am Ort der Impulsbelastung. Die Fasern wurden hier bis zu einer Tiefe von 25 mm durchtrennt. Die Verformung der Oberfläche am Einschlagpunkt zeigte lediglich die Form des Spurkranzes (siehe Abbildung). Das Verhalten der Kunstholzschwelle ist vergleichbar mit dem von Schwellen aus Naturholz. Die FFU-Kunstholzschwellen zeigten keinerlei Verwölbung oder Verdrehung infolge der Schlagbelastungen. Somit blieb auch die Spurweite konstant.
Elektrischer Widerstand
Der elektrische Widerstand der Schwelle wurde zwischen zwei 50 cm langen, auf der Kunstholzschwelle montierten Schienenabschnitten der Type UIC 60 gemessen. Die Schwelle war zum Boden hin elektrisch isoliert und wurde aus 4 Düsen über einen Zeitraum von 2 Minuten beregnet. Es wurde eine Wechselspannung mit 30 V/50 Hz an den Schienenstücken angelegt. Die Versuche wurden an aufeinander folgenden Tagen durchgeführt, so dass der Kunstholzkörper zwischen den einzelnen Messungen immer abtrocknen konnte. Die zugrunde liegende DIN EN 13146-5 fordert als Mittelwert aus drei Messungen einen Mindestwiderstand R33 ≥ 5 kΩ. Die Untersuchung ergab R33 = 71,9kΩ für den elektrischen Widerstand von FFU-Kunstholz. Somit wird der zulässige Mindestwert mit sehr großer Sicherheit eingehalten.
Statische Prüfung in Schwellenmitte
Um das Verhalten der FFU-Kunstholzschwelle unter Biegebeanspruchung zu untersuchen, wurde ein statischer Versuch in Schwellenmitte in Anlehnung an DIN EN 13230-2 durchgeführt, mit einer Stützweite entsprechend dem Schienenmittenabstand von 1 500 mm. Die Breite der Lastplatte betrug 100 mm. Die anfängliche Prüfkraft von 20 kN wurde anschließend in Stufen von 5 kN gesteigert und dabei die Durchbiegung der Kunstholzschwelle mit 4 Messuhren aufgezeichnet. Bis zu einer Last von 240 kN (dies entspricht einer Biegezugspannung von 74 N/mm2 an der Unterseite der Schwelle) wurde kein Riss in der Biegezone festgestellt. Auf Basis der gemessenen Durchbiegung wurde der E-Modul der Kunstholzschwelle bei Biegebeanspruchung mit ca. 7.000 N/mm2 ermittelt. Analog zu diesem Versuch wurde eine Holzschwelle aus Buche mit den gleichen Abmessungen untersucht. Beim gleichen Versuchsaufbau versagte die Buchenholzschwelle bei einer Last von 80 kN in der Biegezugzone.
Ermüdungsprüfung in Schwellenmitte
Das Verhalten der Kunstholzschwelle bei wiederholter Belastung wurde durch einen Ermüdungsversuch untersucht, wie bei der statischen Prüfung mit einer Stützweite von 1 500 mm. Die Lasteinleitung erfolgte über eine 100 mm breite Gelenkstütze. Die Last wurde zunächst bis 100 kN aufgebracht. Anschließend erfolgte der Ermüdungsversuch mit folgender Belastung: Oberlast Po = 86 kN, Unterlast Pu = 21,5 kN, Frequenz f = 2 Hz. Das maximal erzeugte Biegemoment von 30 kNm entspricht dem Prüfmoment für Weichenschwellen gemäß DBS 918 143, was bedeutet, dass außerordentlich kritische Prüfbedingungen vorliegen. Während der Ermüdungsprüfung von 2,5 Mio. Lastspielen konnte keine Beschädigung an der Kunstholzschwelle festgestellt werden. Die elastische Durchbiegung nach 2,5 Mio. Lastspielen war nur um 0,4 mm größer als zu Versuchsbeginn. Die Verformung während des gesamten Dauerversuches verlief nahezu konstant, es traten also keine Ermüdungserscheinungen auf. Auch bei der gemessenen Dehnung konnte kein Unterschied nach 2,5 Mio. Lastspielen festgestellt werden. Abschließend wurde die Kunstholzschwelle bis zu einer Last von 175 kN, entsprechend einer Biegezugspannung von 56 N/mm2, belastet. Risse traten nicht auf.
Ermüdungsprüfung unter dem Schwellenauflager
Die Ermüdungsdruckprüfung unter dem Schienenauflager erfolgte in Anlehnung an die DIN EN 13230-2 (Spannbetonschwellen) mit einem Auflagerabstand von 600 mm. Die Lasteinleitung erfolgte über die Rippenplattenbefestigung mit komplett montierter Schienenbefestigung. Für den Dauerversuch wurde eine Stützpunktkraft von 150 kN gewählt. Damit wurden ungünstige Randbedingungen, wie schlechte Gleislage, geringe lastverteilende Wirkung der Schiene, steife Auflagerung sowie hohe dynamische Zuschläge bei einer statischen Radsatzkraft von 250 kN erfasst. Während der Ermüdungsprüfung mit 2 Mio. Lastspielen konnte keine Beschädigung an der Kunstholzschwelle festgestellt werden. Die elastische Durchbiegung nach dem Dauerversuch mit 2 Mio. Lastspielen ist um 0,2 mm größer als davor.
Statischer Druckversuch
Um das Verhalten der Kunstholzschwelle unter Vertikallast zu untersuchen, wurde die Schwelle auf einer ebenen Unterlage eingebaut und über eine Rippenplatte mit komplett montierter Schienenbefestigung eine vertikale Druckkraft als Stützpunktkraft in die Schiene eingeleitet. Bis zu einer Last von 150 kN konnte keine plastische Verformung festgestellt werden. Bei einer Last von 300 kN ist eine plastische Verformung von maximal 0,8 mm gemessen worden. Wie unter Punkt „Ermüdungsprüfung unter dem Schienenauflager“ gezeigt, beträgt für eine Radsatzkraft von 250 kN die Stützpunktkraft unter ungünstigen Randbedingungen nur 150 kN.
Statische Durchbiegung bei T=RT und T = -10°C
Die Versuche wurden bei Raumtemperatur und bei -10 °C mit einem Auflagerabstand von 1,0 m und einer Prüfkraft von maximal 200 kN durchgeführt. Für die Untersuchung bei tiefen Temperaturen waren die Kunstholzschwellen zuvor über 2 Tage bei -20°C in einer Klimatruhe gelagert worden. Die Versuchsergebnisse bestätigten, dass das Verformungsverhalten der FFU-Kunstholzschwellen unter Biegemomentbeanspruchung nur gering von der Temperatur abhängig ist. Die Kunstholzschwelle zeigte keine Versprödung bei tiefen Temperaturen. Ein Vergleich der Verformungen der ersten und dritten Belastung zeigt keine signifikante Veränderung. Dies lässt darauf schließen, dass die Fasern auch bei tiefen Temperaturen unter der aufgebrachten Biegebeanspruchung nicht brechen.
Brandversuch
Sehr häufig wird die Frage des Brandverhaltens, der Entflammbarkeit von FFU Kunstholz gestellt. FFU Kunstholz ist porenfrei. Für das Entflammen ist das Überschreiten der Entflammungstemperatur erforderlich. Ein Weiterbrennen der FFU Kunstholzschwelle erfolgt nur, wenn die, für das Brennen erforderliche Temperatur, von außen, immer aufrecht erhalten wird.
Spezifisches Gewicht
FFU 74 Kunstholz hat ein spezifisches Gewicht von 740 kg/m3.
Anfertigung und Bearbeitung
Maßanfertigung im Werk
Auf Wunsch des Auftraggebers können bereits im Werk FFU Kunstholzschwellen und FFU Brückenhölzer aus Kunstholz in Millimeter-Genauigkeit vorproduziert werden. Sie werden somit an die vor Ort anzutreffenden und gewünschten Situationen angepasst. Einige dieser millimetergenauen Voranfertigungen im Werk sind in Tabelle 3 aufgelistet.
Der Auftraggeber übergibt für die Fertigung die genauen Abmessungen, Formen der FFU Kunstholzschwellen, am besten in Form von Plänen. Die entsprechend dieser Vorgaben im Werk angefertigten Kunstholzschwellen werden eindeutig gekennzeichnet und können hierdurch an der Baustelle an geplanter Stelle eingebaut werden.
Bearbeitung vor Ort
Die Herstellung von Bohrlöchern für die Verankerung der Schienenbefestigung mittels Schwellenschrauben erfolgt mit handelsüblichen Bohrwerkzeugen. Ebenso erfolgt das Einschneiden, das Abschneiden, das Aus-/Abfräsen und das Stemmen analog zum Holzwerkstoff. Aufgrund des hohen Anteils an Glasfaser wird empfohlen, Werkzeuge (Bohrer, Sägeblätter) in WIDEA Qualität zu verwenden, da anderen Falls die Schärfe der Werkzeuge sehr rasch verschlissen ist. Besteht die Möglichkeit die Bohrwerkzeuge selbst zu schärfen, so sind Stahlbearbeitungwerkzeuge wie HSS ebenfalls sehr gut geeignet.
Selbstverständlich sind wie bei der Bearbeitung von Holzschwellen alle gültigen Arbeitsvorschriften einzuhalten. Der hohe Anteil von richtungsorientierten Glasfasern erfordert eine Bearbeitung, sodass die Temperatur der Schneide-/Bohrwerkzeuge kleiner dem Schmelzpunkt der Glasfasern ist. Andernfalls kommt es zu einem Verkleben der Werkzeuge. Wie ist das im Konkreten zu bewerkstelligen? Durch eine minimale Reduktion der Umdrehungs-/Vorschubgeschwindigkeit bei der Bearbeitung des FFU Kunstholzes ist dies sicher zu gewähren. Nachdem es bei der Entwicklung von FFU Kunstholz technisch gelungen ist, die Struktur des Holzes nachzubilden, weist FFU gegenüber Holz „keine Poren“ auf. Es liegt ein sehr homogener hochwertiger Werkstoff vor, der "kein" Wasser aufnimmt. Diese annähernd porenfreie Homogenität erfordert es den Durchmesser der Bohrlöcher, für z.B. Schwellenschrauben, nach Vorgaben des Herstellers anzufertigen.
Reparaturmethoden
Sollte es im Zuge der Arbeiten vor Ort oder durch Veränderung der tatsächlichen Situation gegenüber der geplanten Situation vorkommen, dass Bohrungen am falschen Platz erstellt wurden oder soll die Kunstholzschwelle später an einem anderen Ort eingesetzt werden, so gibt es zwei unterschiedliche sehr einfache Reparaturmethoden.
Bei der einen Methode wird in das zu verändernde Bohrloch ein wenig Kunstharz eingefüllt. Anschließend ein FFU Kunstholzdübel eingeschlagen. Innerhalb von 4 h kann z.B. etwas versetzt die neue Bohrung an der gleichen Stelle gebohrt werden.
Die zweite Methode sieht das Vergießen des gesamten Bohrloches mit Kunstharz vor. Die Bearbeitung wie bei Methode eins beschrieben kann hier nach dem Aushärten des Kunstharzes bereits nach ca. 30 Minuten erfolgen.
Wiederverwendung von FFU Kunstholz
Aufgrund der Langlebigkeit von FFU Kunstholz gibt es bis dato (2010) keinen Rücklauf der eingebauten FFU Kunsthölzer. Wie ist das Konzept des Produzenten für FFU Kunstholz, welches am Ende seiner Lebensdauer entsorgt werden muss? FFU Kunstholz wird zur Gänze wiederaufbereitet und zur Herstellung von geringer wertigen Glasfaser Produkten mit z.B. orientierungslosen Glasfasern, verwendet.
FFU Kunstholz Produkte sind zu 100% recyclebar und bieten somit einen geschlossen Stoffkreislauf.
Einsatzgebiete Bauwesen
Die hohe Lebenserwartung, Resistenz gegen chemische Angriffe, das Fehlen von Wasseraufnahmefähigkeit, die immer vorhandene Formstabilität, das Eigengewicht analog zu Holz, die geringen Wartungsaufwendungen und daraus die sehr günstigen Life Cycle Costs veranlassen die Auftraggeber zum Einsatz von FFU Kunstholz in folgenden Bereichen des Bauwesens.
Bahn
Im Bereich der Eisenbahn wird FFU Kunstholz hauptsächlich als Bahnschwelle, Bedielung von z.B.: offenen Brücken und bei untergeordneten Eisenbahnkreuzungen eingesetzt.
Weichen
Die wesentlich höhere Lebenserwartung gegenüber Holzschwellen, ähnliches Verhalten wie Schwellen aus Holz im Falle einer Entgleisung, die einfache Montage durch die Formstabilität von FFU, dies alles auf die gewünschten Längen des Kunden (in Japan wurde eine Weichenschwelle mit einer Länge von 9,6 m eingebaut), der Vorzug der zimmermannsmäßigen Verbindung im Bedarfsfall, eine gegenüber der Betonschwelle wesentlich bessere Verzahnung mit dem Gleisschotter führte vor allem zum Einsatz von FFU Kunstholz bei Weichen in denen hohe Seitenführungskräfte und hohe Erhaltungskosten auftreten. FFU Kunstholz wird bei Weichen im Schotterbett oder im Bereich von Fester Fahrbahn z.B. mit Gummischuh verwendet. Die Längste Weiche des Shinkansen liegt auf FFU Kunstholzschwellen.
Eisenbahnbrücken
Die Ähnlichkeit des Verhaltens der FFU Kunstschwelle wie jenes der Holzschwelle auf Stahltragwerken, darüber hinaus die sehr lange Haltbarkeit bis zum 7 fachen der Liegedauer von Holzschwellen im Bereich von durch die Witterung an allen Seiten beanspruchten Schwellen, speziell bei Brücken über Gewässern, die Formstabilität, das vor Ort einfache Ausfräßen der Nietköpfe, Bohren und gegebenenfalls Anarbeiten der Bahnschwellen, das satte Aufliegen des FFU Kunstholzes auf den Stahlträgern, die hohe Ausziehkraft der Schwellenschrauben über große Zeiträume, die Porenfreiheit und somit das Fehlen von Wassereindringen/Wasseraufnahme haben als Resultat, das sämtliche Stahlbrücken der Shinkansen Linie mit FFU Kunstholz ausgerüstet wurden. Die die sehr lange Liegedauer von FFU Kunstholz und damit sehr günstigen LCC (Lebenszykluskosten) führten zum Einsatz von FFU an der Zollamtsbrücke in Wien. Dies war 2004 das erste Projekt mit FFU Kunstholz in Europa.
Bi-Blockschwellen
In Japan wird die Bi-Blockschwelle im Bereich von Fester Fahrbahn im Tunnel und im Stationsbereich eingesetzt.
Sonderprofile-Bahnschwellen
Bei den Wiener Linien werden im Bereich der Infrastruktur Unter- als auch Obertage FFU Kunstholzschwellen mit einer Höhe von nur 10cm eingebaut.
Tiefbau
FFU Kunstholz findet außerhalb des Einsatzes bei den Bahnen Verwendung im Bereich von Kläranlagen, Ankerwänden, Anfahrschächten, Schiffsbau, Wasserbau, Brückenbau, Kabeltrassen, Hausbau und Schiffsbau. Im weiterem soll ein Einblick in die Verwendung von FFU Kunstholz im Bauwesen erfolgen.
Tunnelbau
FFU Kunstholz kommt in Japan unter der Produktbezeichnung SEW im Bereich von Anfahrschächten im Stollen/Tunnelbau als auch im Bereich von Abzweigungen innerhalb des Stollen/Tunnelsystems zum Einsatz. Durch die Verwendung von FFU im Bereich des Anfahrprofiles Stollen/Tunnel werden die Bohrwerkzeuge der Tunnelbohrmaschine wesentlich geschont. Die Erschütterung in der örtlichen Umgebung von Start- bzw. Zielschacht wird hierdurch spürbar reduziert. Das Durchdringen der Baugrubensicherung mittels Tunnelbohrmaschine erfolgt frei von Verzahnungen, Erschütterungen und sämtlichen Nebenerscheinungen, die normalerweise bei der Durchdringung von schwerbewehrten Baugrubensicherungen (z.B. Schlitzwänden) auftreten. Im Bereich von Verbindungsstollen kann z.B. bei der Verwendung von Tübbingen temporär FFU Kunstholz die Lastableitung übernehmen. Bei der Herstellung des Verbindungsstollens wird die FFU Kunstholzschicht durchbohrt und der Verbindungsstollen hergestellt.
Ankerwände
Die sehr guten technischen Kennwerte führten zur Verwendung von FFU Kunstholz als Ankerplatten im Bereich von Böschungssicherung mit Ankerwänden. Die Ankerplatten aus FFU Kunstholz verteilen die Ankerkraft an das anstehende Gelände und bietet den Ankerköpfen Sicherheit für die Einleitung der Ankerkräfte in den tragfähigen Bodenformationen.
Bei einem Raumgewicht von 740 kg/m3 FFU Kunstholz liegt gegenüber Ankerplatten aus Stahlbeton ein sehr hoher Gewichtsvorteil für sämtliche Transportaktivitäten bis zur Einbaustelle vor. Die langfristige Witterungsbeständigkeit, die porenfreie FFU Struktur, damit einhergehend die Schadenfreiheit durch Wasser jedweder Art, bietet einen weiteren Vorteil für die Verantwortlichen von Böschungssicherungen in Hinblick auf langfristig sichere Funktion und Unterhaltskosten der Ankerwand. Auf Wunsch können die Ankerplatten in Form und Farbgebung an die Bedürfnisse der Auftraggeber optimal angepasst werden.
Kläranlagen
FFU Kunstholz wird im Kläranlagenbau als Abdeckung für Desodorierungsbecken, Klärbecken, im Bereich von Inspektionsgängen, als Schaufeln im Bereich des Flockulator, als Türen und Belüftungsgitter, im Bereich der Wehranlage und an weiteren Bereichen wo die verwendeten Materialen einen hohen Angriff durch die Abwässer ausgesetzt sind verwendet.
Einzelnachweise
• Kunstholz für den Gleisbau, Günther Koller. EI-Eisenbahningenieur April 2008
• Forschungsbericht Nr. 2466 vom 19.09.2008, Lehrstuhl und Prüfamt für Verkehrswegebau Univ. Prof. Dr.-Ing. S. Freudenstein
• Ein Werkstoff, der Weichen stellt, Clemens Bretschneider, Bodo Blume, Heinz Holschke, Thortsen Eschmeier, Alp Sarici. EI-Eisenbahningenieur März 2009
• Schwellen aus FFU -Kunstholz in Europa, Günther Koller. EI-Eisenbahningenieur Juli 2009
• Prospekt Eslon Neo Lumber FFU, SEKISUI
• Verarbeitungrichtlinien SEKISUI
Weblinks
• Sekisui Chemical Co., Ltd. - [1]
• koocoo consulting - [2]
• Gleisbauwelt - [3]
• Gleisbaublog - [4]
• Gleisbaublog - [5]