„Fluch des Gewinners“ – Versionsunterschied

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=== Idee ===
 
Die Idee des Fluchs des Gewinners kam erstmals 1971 in einem wissenschaftlichen Aufsatz von E. C. Capen, R. V. Clapp und W. M. Campbell auf.<ref name="Thaler_192_193">Thaler, R. H. (1988): ''Anomalies – The Winner’s Curse'', ''Journal of Economic Perspectives'', Vol. 2, Nr. 1, S. 192/193</ref> Die drei Ingenieure hatten Unternehmen beobachtet, die im [[Golf von Mexiko]] nach Öl bohrten. Diese hatten sich einen bestimmten [[Ertrag]] erhofft und auf Basis dessen Ölbohrrechte für ein Gebiet ersteigert. Obwohl sie viel Öl und Gas in dieser Gegend gefunden hatten, machten sie nicht so viel [[Gewinn]] wie erhofft. Basierend auf dieser Beobachtung formulierten sie folgende Idee: Die Ausgangssituation ist, dass [[Wettbewerb (Wirtschaft)|Wettbewerb]] in Form einer [[Verdeckte Auktion|verdeckten Auktion]] zum Verkauf von Patentrechten herrscht. In dieser Situation sage uns nun der gesunde Menschenverstand das Folgende: Der Gewinner dieser [[Versteigerung]] sei derjenige, welcher den Wert der abzubauenden Rohstoffe am meisten überschätze. Daraus folge, dass der Gewinner nicht nur gewinne – sondern potenziell die [[Kosten]] der Ersteigerung nicht durch spätere Einnahmen decken könne oder seinen Gewinn schmälere. Capen und seine Kollegen fanden außerdem heraus, dass die einzelnen Bieter entweder zu hoch oder zu niedrig bieten, im Durchschnitt könnte das Gebot allerdings dem wahren Wert des zu ersteigernden Objekts entsprechen.<ref>Capen, E. C. / Clapp, R. V. / Campbell, W. M. (1971): ''Competitive Bidding in High-Risk Situations'', ''Journal of Petroleum Technology'', Vol. 23, S. 641ff.</ref>
 
=== Definition ===
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Unter welchen Bedingungen ist es nun wahrscheinlich, dass der Fluch des Gewinners auftritt? Bazerman und Samuelson identifizieren zwei Faktoren, die sich auf die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß des Fluchs des Gewinners auswirken. Der erste Faktor ist der Grad der [[Unsicherheit]] über den Wert des zu versteigernden Gutes. Je größer diese Unsicherheit ist, desto größer ist die Varianz der Schätzungen des Wertes der Bieter. So gibt es beispielsweise bei der Versteigerung eines Ein-Dollar-Scheins keine Unsicherheit über den Wert und es würde keine Gebote über einem Dollar geben. Bei einem Glas mit etwa 100 Pennys, wobei die genaue Anzahl den Bietern nicht bekannt ist, ist die Unsicherheit höher und es gibt eine größere [[Varianz (Stochastik)|Varianz]], was die Möglichkeit des Fluchs des Gewinners bietet. Eine Möglichkeit, dem Fluch vorzubeugen, wäre nun, mit steigender Unsicherheit das eigene Gebot zu verringern. Wenn ein Bieter diese Reduktion des Gebots nicht vornimmt, obwohl Unsicherheit herrscht, erhöht das die Wahrscheinlichkeit und das Ausmaß des Fluch des Gewinners. Der zweite Faktor ist die Zahl der Bieter. Wenn sich die Anzahl der Bieter erhöht, wird sich die Spannweite der Schätzungen und Gebote auch erhöhen. Auch in diesem Fall gilt: Wenn sich die Anzahl der Bieter erhöht, sollten die Bieter ihr Gebot verringern, um der erhöhten Wahrscheinlichkeit des Überbietens entgegenzuwirken.<ref name="Bazerman_622"/>
 
Bazerman und Samuelson haben 1983 ein Auktions[[experiment]] mit MBA Studenten an der [[Boston University]] durchgeführt. Das zu versteigernde Objekt war ein Einmachglas voller Münzen. Den Studenten war nicht bekannt, dass der Wert der Münzen jedes Glases acht Dollar betrug. Nun mussten die Studenten geheime Gebote abgeben und das höchste Gebot würde das Glas gewinnen. Der Durchschnitt aller abgegebenen Gebote betrug 5,13 Dollar, was unter dem wahren Wert von 8 Dollar liegt, es lag also eine systematische Unterschätzung vor. Trotzdem lag das durchschnittliche Gewinnergebot bei 10,01 Dollar, was einen durchschnittlichen Verlust des Gewinners von 2,01 Dollar bedeutet.<ref name="Thaler_192_193"/> Obwohl die Bieter sich dessen bewusst sind, dass Unsicherheit herrscht, zeigt das Experiment, dass sie das in ihren Geboten nicht ausreichend berücksichtigen. Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass sie ihre Gebote nicht mit der größer werdenden Anzahl an Bietern anpassen.<ref>Bazerman, M. H. / Samuelson, W. F. (1983): ''I Won the Auction but Don’t Want the Prize'', ''The Journal of Conflict Resolution'', Vol. 27, Nr. 4, S. 631</ref>
 
Kagel und Levin haben 1986 ein weiteres Experiment durchgeführt, bei welchem sie herausfanden, dass der Fluch des Gewinners bei großen Gruppen eher auftritt als bei kleinen Gruppen, weil die Subjekte aggressiver in großen Gruppen bieten. Diese Ergebnisse wurden für die [[Erstpreisauktion]] und die [[Zweitpreisauktion]] gezeigt.<ref>Thaler, R. H. (1988): ''Anomalies – The Winner’s Curse'', ''Journal of Economic Perspectives'', Vol. 2, Nr. 1, S. 195</ref>
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=== Ölfeldversteigerungen ===
Die Ölfeldversteigerungen – untersucht von Capen, Clapp und Campbell – wurden oben bereits erwähnt. Jahre nachdem Capen et al. ihre Idee vorgestellt haben, haben andere Forscherteams die Situation evaluiert. [[Empirische Evidenz]] für den Fluch des Gewinners bei den Ölfeldversteigerungen im Golf von Mexiko liefern sowohl Mead, Moseidjord und Sorensen im Jahr 1983, als auch Hendricks, Porter und Boudreau 1987.<ref>Thaler, R. H. (1988): ''Anomalies – The Winner’s Curse'', ''Journal of Economic Perspectives'', Vol. 2, Nr. 1, S. 197f.</ref>
 
=== UMTS-Auktion in Deutschland ===