„Oktanzahl“ – Versionsunterschied
[gesichtete Version] | [gesichtete Version] |
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Tinux (Diskussion | Beiträge) Die 4 letzten Textänderungen wurden verworfen und die Version 209938254 von Aka wiederhergestellt.: Vergleich Referenzgemisch mit Kraftstoff ist so richtig, leider etwas kompliziert formuliert. Markierung: Manuelle Zurücksetzung |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
(35 dazwischenliegende Versionen von 24 Benutzern werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 1:
[[Datei:OctaneStds.png|320px|mini
Die '''Oktanzahl''' definiert ein Maß für die negative Zündungswilligkeit und steht damit für die [[Klopffestigkeit]] eines [[Ottokraftstoff]]es bzw. [[Motorenbenzin]]s. Der Zahlenwert der ''Oktanzahl bis 100'' gibt an, wie viel %-Volumenanteil zündhemmendes [[2,2,4-Trimethylpentan|Isooktan]] C<sub>8</sub>H<sub>18</sub> (ROZ = 100) sich in einer Mischung mit zündwilligem [[n-Heptan|''n''-Heptan]] C<sub>7</sub>H<sub>16</sub> (ROZ = 0) befinden muss, damit diese die gleiche Klopffestigkeit (in einem Prüfmotor nach ROZ oder MOZ) aufweist wie der zu prüfende Kraftstoff. Zum Beispiel würde eine Oktanzahl von ROZ = 95 (umgangssprachlich: 95 Oktan) eines [[Motorenbenzin|Benzins]] bedeuten, dass dessen Klopffestigkeit einem Gemisch aus 95 Vol.-% Isooktan und 5 Vol.-% ''n''-Heptan entspricht.
== Allgemeines ==
Es gibt viele Stoffe, wie einige [[Aromaten]], [[Erdgas]] und [[Flüssiggas]], die eine Oktanzahl größer als 100 aufweisen. Messtechnisch sind diese jedoch schwer zu erfassen, da das Referenzsystem mit Isooktan nur bis zur Oktanzahl 100 definiert ist. Oktanzahlen größer als 100 müssen daher [[Extrapolation|extrapoliert]] werden. Die ''Oktanzahl über 100 ROZ''/MOZ entspricht der Oktanzahl einer Mischung aus ''iso''-Oktan und [[Tetraethylblei|Tetraethylblei (TEL)]]; dabei ist die Oktanzahl des Gemisches einem bestimmten Volumenanteil an TEL im ''iso''-Oktan zugeordnet. Diese Zuordnung erfolgt nach der in DIN 51756 Teil 1 festgelegten Tabelle. Sie kann nicht, wie bei der Oktanzahl bis 100, direkt aus dem Mischungsverhältnis des Bezugskraftstoffes abgelesen werden. In diesem Zusammenhang wird auch der Begriff Blendoktanzahl verwendet; in der Luftfahrt eher die Leistungszahl, letzter angegeben als zweiteiliger „Bruch“ wie beispielsweise 115/145, welches bedeutet, dass der hier verwendete Kraftstoff bei [[Leanen|magerem Gemisch]] eine Leistungszahl von 115, bei fettem Gemisch eine Leistungszahl von 145 besitzt.
[[Datei:Zuendtemperatur-ROZ.svg|
Isooktan ist klopffest, ''n''-Heptan verursacht schnell das sogenannte [[Klopfen (Verbrennungsmotor)|Klopfen]] beim [[Motor]]. Grund dafür ist, dass das ''n''-Heptan unkontrolliert schon beim Verdichtungsvorgang durch die [[Verdichtungswärme]] im [[Zylinder (Technik)|Zylinder]] zündet. Isooktan kann stark verdichtet werden, ohne dass es zur [[Selbstzündung]] kommt. Beim [[Ottomotor]] soll das Benzin-Luft-Gemisch durch einen Zündfunken gezündet werden und mit definierter Flammfront abbrennen (bei der Weiterentwicklung des Ottomotors mit [[Homogene Kompressionszündung|homogener Kompressionszündung]] entfällt teilweise der Zündfunken).
Zeile 17 ⟶ 18:
Im internationalen Bereich wird statt der Abkürzung „Z“ für „Zahl“ durchweg der Buchstabe „N“ für das englische ''number'' verwendet. Aus ROZ wird dadurch RON – die anderen Bezeichnungen ändern sich entsprechend.
In Deutschland wird gängig an den Tanksäulen für PKW neben der Kraftstoffbzeichnung auch die ROZ angegeben
{| class="wikitable"
Zeile 36 ⟶ 37:
| 88
|}
Siehe ausführlicher im Abschnitt [[
== Oktanzahl, Wirkungsgrad und
Die Erhöhung der Oktanzahl ging einher mit der Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren. Früher wurde das Rohbenzin/[[Naphtha]], so wie es bei der Primärdestillation anfällt, als Kraftstoff eingesetzt. Die nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] entwickelten Motoren
Die vermeintliche Lösung des Problems wurde 1922 von ''Thomas Midgley junior'' gefunden, der unter [[Charles Kettering]] bei [[General Motors]] tätig war – der Zusatz von [[Tetraethylblei]] zum Kraftstoff. Es wurde seitdem in den USA, und von 1936 bis 1996 in Deutschland Ottokraftstoffen Tetraethylblei zugesetzt.<ref>{{Internetquelle |url=https://news.un.org/en/story/2021/08/1098792 |titel=End of leaded fuel use a ‘milestone for multilateralism’ |werk=UN |datum=2021-07 |sprache=en |abruf=2024-04-26}}</ref><ref>{{Internetquelle |autor=Holger Wittich |url=https://www.auto-motor-und-sport.de/verkehr/weltweites-aus-fuer-verbleites-benzin/ |titel=WELTWEITES AUS FÜR VERBLEITES BENZIN Letzter Liter in Algerien vertankt |werk=auto motor und sport |datum=2021-08-31 |sprache=de |abruf=2024-04-26}}</ref> Das Blei verhindert unter anderem als Radikalfänger eine unkontrollierte Selbstentzündung des Kraftstoff-Luftgemisches bei der Verdichtung. Außerdem hat es eine Schmierwirkung für die Ventilsitze.
Um die Oktanzahl zu erhöhen, wurde ab 1924 in den USA, und von 1936 bis 1996 in Deutschland Ottokraftstoffen [[Tetraethylblei]] zugesetzt. Das Blei verhindert unter anderem als Radikalfänger eine unkontrollierte Selbstentzündung des Kraftstoff-Luftgemisches bei der Verdichtung. Außerdem hat es eine Schmierwirkung für die Ventilsitze. Weil Blei und seine Verbindungen giftig sind, wurde in der Bundesrepublik Deutschland ab 1971 der Bleigehalt des Benzins [[Benzinbleigesetz|gesetzlich]] begrenzt, zunächst auf 0,4 g/l, später auf 0,15 g/l. In den 1980er Jahren wurde zusammen mit den Abgas-Katalysatoren bleifreies Benzin eingeführt, weil die Bleizusätze die Katalysatoren unwirksam gemacht hätten. Schließlich wurde am 1. Januar 2000 verbleites Benzin in der [[Europäische Union|Europäischen Union]] generell verboten. Es gab kaum noch Fahrzeuge, deren Ventilsitze für [[Blei]] im Kraftstoff ausgelegt waren.▼
1922 war die giftige Wirkung von Bleiverbindungen schon bekannt, und es entzündete sich ein heftiger Streit darüber Mitte der 1920er Jahre in den USA. Letztendlich konnten sich die Industrie-Interessen jedoch durchsetzen, wobei fragwürdige, manipulative Methoden angewendet wurden.
{{Hauptartikel|Tetraethylblei}}
▲
{{Hauptartikel|Entwicklung der Ottokraftstoffe}}
Die unterschiedliche Oktanzahl der an den Tankstellen erhältlichen Kraftstoffe kommt durch die unterschiedliche Verwendung der in einer [[Erdölraffinerie]] produzierten Komponenten zustande. So enthält Superbenzin mehr hochwertige Komponenten als Normalbenzin. Die Herstellung hochwertiger Komponenten erfordert im Allgemeinen höhere Kosten, hochoktanige Benzinsorten sind deshalb teurer.
Oft wird [[Methyl-tert-butylether|Methyl-''tertiär''-butylether]] (MTBE) zur Erhöhung der Klopffestigkeit zugegeben, erlaubt sind bis zu 15 %vol. Wegen schlechter Abbaubarkeit in Wasser ist MTBE als wassergefährdend ([[Wassergefährdungsklasse|WGK]] 1 = schwach wassergefährdend) eingestuft. In etlichen Staaten der USA ist MTBE bereits wieder aus dem Benzin „verbannt“ worden.<ref>{{Webarchiv |url=http://tonto.eia.doe.gov/ftproot/service/mtbe.pdf
Heutzutage wird immer öfter [[ETBE|Ethyl-tertiär-butylether]] (ETBE) eingesetzt. ETBE bietet gegenüber MTBE aufgrund seines höheren Siedepunkts einige Vorteile und ist, da es unter anderem aus Bio-Ethanol gewonnen wird, als Kraftstoffkomponente steuerlich interessant. Wie MTBE hat auch ETBE den Nachteil, dass es sich im Grundwasser nur schlecht abbauen lässt.<ref>{{Literatur |Autor=Theodore L. Brown, Theodore L. Brown |Titel=Chemistry : the central science. |Auflage=9th ed. |Verlag=Prentice Hall |Ort=Upper Saddle River, NJ |Datum=2002 |ISBN=0-13-066997-0}}</ref>
== Geschichte ==
Zeile 59 ⟶ 65:
== Oktanzahlen ==
[[Datei:Gas Station Pump Five Octane Ratings.jpg|mini|Zapfsäule in den USA mit fünf Benzinsorten (Oktanzahl als AON angegeben)]]
In Europa wird an den [[Tankstelle]]n meist als „Zapfsäulen-Oktanzahl“ die ROZ („Researched Oktanzahl“) angegeben, in den USA dagegen meist die AON ''(Average Octane Number)''. Die AON
=== {{Anker|ROZ}} Researched ''(Erforschte)''
Die ROZ wird mit dem [[Einzylinder-CFR-Prüfverfahren]] ermittelt (auch RON Research Octane Number).
Sowohl die MOZ als auch die ROZ werden im [[Einzylinder-CFR-Prüfverfahren|CFR-Motor]] (veränderliches Verdichtungsverhältnis) durch Vergleich mit einem Bezugskraftstoff aus [[Isooktan]] (OZ = 100) und [[N-Heptan|Normalheptan]] (OZ = 0) ermittelt. Der Volumenanteil an Isooktan des Bezugskraftstoffes, der die gleiche Klopfintensität hat wie der zu prüfende Kraftstoff, ist dessen Oktanzahl. Die MOZ ist meist niedriger als die ROZ, da sie bei höherer [[Drehzahl]] und [[Gemischvorwärmung]] auf ca. 149 °C (300 °F) ermittelt wird.
Zeile 88 ⟶ 94:
! ROZ
! MOZ
! class="unsortable
|-
| [[
| data-sort-value="Heptan n" |Heptan, auch ''n''-Heptan
| align="right" |0
| align="right" |0
Zeile 102 ⟶ 108:
| align="center" | definitionsgemäß
|-
| [[
| data-sort-value="Butan n" | Butan, auch ''n''-Butan
| align="right" |93,4
| align="right" |90,1
| align="center" | <ref name="roempp">{{RömppOnline|Name=Oktanzahl|
|-
| [[Isobutan]]
Zeile 114 ⟶ 120:
|
|-
| [[
| data-sort-value="Pentan n" |Pentan, auch ''n''-Pentan
| align="right" |61,8
| align="right" |63,2
| align="center" | <ref name="roempp" />
|-
| [[Isopentan]]
Zeile 124 ⟶ 130:
| align="right" |92,3
| align="right" |90,3
| align="center" | <ref name="roempp" />
|-
| [[Neopentan]]
Zeile 138 ⟶ 144:
|
|-
| [[
| data-sort-value="Hexan n" |Hexan, auch ''n''-Hexan
| align="right" |24,8
| align="right" |26,0
| align="center" | <ref name="roempp" />
|-
| Isohexan
Zeile 148 ⟶ 154:
| align="right" |73,4
| align="right" |73,5
| align="center" | <ref name="roempp" />
|-
|
Zeile 178 ⟶ 184:
| align="right" |99
| align="right" |91
| align="center" | <ref name="roempp" />
|-
| [[Toluol]]
Zeile 184 ⟶ 190:
| align="right" |124
| align="right" |112
| align="center" | <ref name="roempp" />
|-
| [[Xylol]]
Zeile 190 ⟶ 196:
| align="right" |120
| align="right" |102
| align="center" | <ref name="roempp" />
|-
| [[Xylol]]
Zeile 196 ⟶ 202:
| align="right" |145
| align="right" |124
| align="center" | <ref name="roempp" />
|-
| [[Xylol]]
Zeile 202 ⟶ 208:
| align="right" |146
| align="right" |127
| align="center" | <ref name="roempp" />
|-
| [[Ethylbenzol]]
Zeile 208 ⟶ 214:
| align="right" |124
| align="right" |107
| align="center" | <ref name="roempp" />
|-
| [[Ethanol-Kraftstoff|Ethanol]]
Zeile 214 ⟶ 220:
| align="right" |130
| align="right" |96
| align="center" | <ref name="roempp" />
|-
| [[MTBE]]
Zeile 220 ⟶ 226:
| align="right" |118
| align="right" |100
| align="center" | <ref name="roempp" />
|-
| [[ETBE]]
Zeile 226 ⟶ 232:
| align="right" |118
| align="right" |102
| align="center" | <ref name="roempp" />
|-
| [[Dicyclopentadien]]
Zeile 244 ⟶ 250:
{| class="wikitable"
|+
! width="25%"
! width="15%"
! width="10%"
! width="10%"
! width="10%"
! Anmerkung
|-
| Normal
| mindestens
Zeile 257 ⟶ 263:
| align="right" | 86,75
|
|-
| Super 95 E5
| mindestens
Zeile 264 ⟶ 270:
| align="right" | 90
|
|-
| Super 95 [[E10 (Kraftstoff)|E10]]
| mindestens
| align="right" | 95
| align="right" | 85
| align="right" | 90
| Kraftstoff mit bis zu 10 % [[Ethanol]]
|-
| SuperPlus 98
| mindestens
Zeile 277 ⟶ 283:
| align="right" | 88
| align="right" | 93
|
|-
|BP Ultimate Super
Zeile 292 ⟶ 298:
| align="right" | 94
|
|-
|[[Royal Dutch Shell|Shell]] V-Power 100+
| mindestens
Zeile 299 ⟶ 305:
| align="right" | 94
|
|-
|[[Aral]]/[[BP]] Ultimate102
| mindestens
Zeile 306 ⟶ 312:
| align="right" | 95
|
|-
|[[MoGas]]
| mindestens
Zeile 313 ⟶ 319:
| align="right" | 93
| Für Flugbetrieb zugelassenes Superbenzin
|-
|[[AvGas]] UL91
| mindestens
Zeile 319 ⟶ 325:
| align="right" | 91
| align="right" | 93,5
| Flugbenzin, unverbleit<ref name=":0">{{Internetquelle |autor= |url=https://www.flugplatz-schoenhagen.aero/fileadmin/dms/Mayer-Total.pdf |titel=Kraftstoffe für die allgemeine Luftfahrt |format=PDF |abruf=2019-12-11}}</ref>
|-
|[[AvGas]] 100LL
| mindestens
Zeile 327 ⟶ 333:
| align="right" | 115
| Standard-Flugbenzin, verbleit<ref name=":0" />
|-
|[[Autogas]]
|
| align="right" |
| align="right" |
| align="right" |
|
|-
|[[Erdgas]]
| mindestens
| align="right" | 130
|
|
| CNG<ref name="Aral"> https://www.aral.de/de/global/forschung/kraftstoffe/erdgas-als-kraftstoff.html</ref>
|- style="vertical-align:top"
| Ethanol [[Ethanol-Kraftstoff|E85]] (Kraftstoff mit 85 % [[Ethanol]])
| mindestens
Zeile 348 ⟶ 354:
|
|
|-
|[[Formel 1|Formel-1
| maximal
| align="right" | 102
Zeile 373 ⟶ 379:
* [http://motorlexikon.de/img.php4?fotos/gross/K/K208.jpg Historischer Zusammenhang zwischen Oktanzahl und erreichbarem Verdichtungsverhältnis]
* [http://www.faqs.org/faqs/autos/gasoline-faq Gasoline FAQ]
* François GARIN: {{Webarchiv |url=http://www.ensic.inpl-nancy.fr/DCPR/Louvain/Files/FORMULATIONS%20OF%20FUELS%20Avril%202005.ppt
== Einzelnachweise ==
|