„Paranal-Observatorium“ – Versionsunterschied

[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Paepse (Diskussion | Beiträge)
VISTA: Update für 4MOST
 
(10 dazwischenliegende Versionen von 10 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 21:
Außer den Teleskopen und dem VLTI-Laboratorium, die sich auf dem Plateau des Berges befinden, gibt es unterhalb des Gipfelbereichs noch ein Kontrollgebäude. Alle Teleskope und das VLTI werden von dort aus einem gemeinsamen Kontrollraum gesteuert, damit sich nachts niemand im Teleskopbereich aufhalten muss.
 
Die Unterkünfte befinden sich in einem 200 m tiefer gelegenen Basislager, etwa 52 km von den Teleskopen entfernt. Vom ursprünglichen Lager, das aus [[Wohncontainer]]n aufgebaut war, werden Teile noch genutzt, die meisten Unterkünfte befinden sich nun aber im Ende 2002 fertiggestellten – auch ''Residencia'' genannten – [[ESO Hotel]]. Das ESO Hotel ist halb in den Berg gebaut und in Beton in rötlicher Farbe gehalten, der es optisch mit der Wüste verschmelzen lässt. Darin sind Unterkünfte, Verwaltung, Kantine, Entspannungsräume, ein kleines [[Schwimmbecken]] und zwei Gärten, die sowohl dem Raumklima des ESO-Hotels als auch dem seelischen Wohlbefinden dienen, untergebracht.
 
Drei weitere feste Gebäude im Basislager dienen als Lager und Sporthalle (Warehouse), als Wartungshalle für Teleskope und Instrumente sowie zur regelmäßigen Beschichtung der [[Hauptspiegel]] der Teleskope mit [[Aluminium]] (Mirror Maintenance Building, MMB), und als zusätzliche Büros für Ingenieure und Techniker. Für Notfälle gibt es eine ständig besetzte Unfallstation, einen Rettungswagen, einen [[Hubschrauberlandeplatz]] direkt am Basislager und eine kleine [[Start- und Landebahn]] am Fuß des Berges. Außerdem unterhält das Observatorium eine kleine [[Feuerwehr]]. Die Konstruktion der Gebäude und Teleskope ist so ausgeführt, dass eine Weiterführung des Betriebes auch nach schweren [[Erdbeben]] möglich ist.
Zeile 42:
[[Datei:Paranal opendome.jpg|mini|Antu, eines der vier Unit-Teleskope. Einen Größenvergleich ermöglichen die drei daneben stehenden Astronomen.]]
[[Datei:Eso-paranal-16.jpg|mini|Aufnahme im Inneren der geöffneten Kuppel eines Unit-Teleskops. Das Teleskop (rechts) ist zum Zenith gerichtet: Oben der Sekundärspiegel (M2), darunter [[Spiegelteleskop#Tubus|Serruier-Tubus]], links davon, am Nasmyth-Fokus das Instrument ISAAC]]
Das '''Very Large Telescope''' (VLT) ist ein aus vier [[Teleskop|Einzelteleskopen]] bestehendes [[Astronomie|astronomisches]] Großteleskop, dessen Spiegel zusammengeschaltet werden können. Das VLT ist für Beobachtungen im sichtbaren Licht bis hin zum mittleren [[Infrarot]] ausgerichtet. Die Teleskope können mit Hilfe des VLT Interferometer (VLTI) zur [[Interferometrie]] zusammengeschaltet werden.
 
Mit Hilfe der adaptiven Optik ist es an den Teleskopen des ''Very Large Telescope'' (insbesondere mit dem Instrument NACO) gelungen, die Auflösung des Hubble-Weltraumteleskops (HST) zu übertreffen. Der Vorteil des HST lag seit Anfang der 1990er Jahre darin, dass seine Aufnahmen im Gegensatz zu erdgebundenen Teleskopen durch keine störende [[Erdatmosphäre|Atmosphäre]] zusätzlich verschlechtert werden. Mit Hilfe [[Adaptive Optik|adaptiver Optik]] <!--und [[Aktive Optik|aktiver Optik]] hat nichts mit Atmosphäre zu tun--> konnte diese Beeinträchtigung aber mittlerweile im Wellenlängenbereich des Nah-Infrarotlichts nahezu kompensiert werden, so dass heutige VLT-Aufnahmen im Nah-Infraroten (1 bis 5&nbsp;µm Wellenlänge) Hubble-Bildern mit [[Auflösungsvermögen]] von unter 0,1[[Bogensekunde|"]] zum Teil in nichts nachstehen. Im sichtbaren Spektralbereich ist das bislang noch nicht möglich, da die Korrektur der atmosphärischen Störungen mittels adaptiver Optik schneller, als es derzeit technisch möglich ist, erfolgen müsste. Mit dem VLTI werden nochmals deutlich höhere Auflösungen im Bereich von Millibogensekunden erreicht.
 
=== Die Optik der Unit-Teleskope ===
Zeile 220:
Neben den UTs können vier kleinere, ausschließlich für das Interferometer bestimmte Teleskope eingesetzt werden, die sogenannten Auxiliary-Teleskope („Hilfsteleskope“, ATs) mit einem 1,8 Meter durchmessendem Zerodur-Hauptspiegel. Sie wurden in den Jahren 2004 bis 2006 installiert. Aufgrund des kleineren Hauptspiegels genügt bei diesen zur Bildstabilisierung bei gutem Seeing eine einfache [[Adaptive Optik|Tip-Tilt-Korrektur]] (STRAP). Um sie darüber hinaus einsetzen zu können, wird das ab den Jahren 2016–2017 verfügbare einfache adaptive Optik System NAOMI genutzt. Die markanteste Eigenschaft der ATs ist, dass sie bewegt und auf insgesamt 30 Stationen installiert und so für Interferenzmessungen mit bis zu 200&nbsp;m Abstand verwendet werden können. Dazu sind die AT-Stationen mit Schienen verbunden. Das Licht wird in unterirdischen Tunneln von den Stationen zu den Delay-Lines geleitet. Der Vorteil der Idee, das VLTI sowohl mit den UTs wie mit den ATs betreiben zu können, liegt darin, dass das Auflösungsvermögen wesentlich vom Abstand der Teleskope bestimmt wird, die Leistungsfähigkeit beim Messen lichtschwacher Objekte aber vom Teleskopdurchmesser. Für viele wissenschaftliche Fragestellungen sind die Objekte hell genug, um sie alleine mit den ATs zu messen. Die UTs können dann für andere Forschungsprogramme verwendet werden. Nur für die Interferometrie schwacher Objekte sind die UTs notwendig.
 
Das VLTI sah sein ''[[Erstes Licht|First Light]]'' am 17. März 2001. Damals waren zwei 40-cm-[[Siderostat]]e und ein Testinstrument installiert. Seither wurden zwei wissenschaftliche Instrumente und zahlreiche Unterstützungssysteme in das System integriert. Der wissenschaftliche Betrieb wurde im September 2003 mit dem ersten Instrument, dem MIDI, aufgenommen. MIDI bedeutet ''„'''MID'''-infrared '''I'''nterferometric instrument“''. Es arbeitet bei Wellenlängen um 10&nbsp;µm und kann das Licht zweier Teleskope kombinieren. Die Zielsetzung des MIDI ist weniger das Erzeugen von Bildern mit hoher Auflösung, als die Bestimmung der scheinbaren Größe und einfacher Strukturen der beobachteten Objekte. Die Aufnahme von Bildern ist prinzipiell mit dem zweiten Instrument, AMBER, möglich. AMBER ist der ''„'''A'''stronomical '''M'''ultiple '''BE'''am '''R'''ecombiner“''. AMBER vereint die [[Strahlengang|Strahlengänge]] von zwei bis drei Teleskopen. Das Gerät arbeitet im nahen Infrarotbereich zwischen 1 und 2&nbsp;µm. Allerdings wird auch dieses Instrument zunächst für Aufgaben wie die räumlich höchstaufgelöste Spektroskopie genutzt werden. Ein dediziert für höchstauflösende Bilder spezialisierter Interferometer befindet sich seit Oktober 2010 am „Besucher-Fokus“ des VLTI, der für kurze Instrumentenprojekte gedacht ist. Das ''„'''P'''recision '''I'''ntegrated '''O'''ptics '''N'''ear-infrared '''I'''maging '''E'''xpe'''R'''iment“'' (PIONIER) wurde von der Universität Grenoble gebaut und installiert und hat seit der Inbetriebnahme unter anderem Bilder von Mehrfachsternsystemen erstellt.<ref>{{Webarchiv|url=http://ipag.osug.fr/twiki/bin/view/Ipag/Projets/Pionier/WebHome |wayback=20170311110929 |text=PIONIER-Website |archiv-bot=2022-12-25 14:23:31 InternetArchiveBot }}</ref><ref>[http://www.eso.org/public/news/eso1148/ ESO Press Release 1148: ''Vampire Star Reveals its Secrets'' (7. Dezember 2011)]</ref> GRAVITY, seit Anfang 2016 im Betrieb,<ref>{{Internetquelle |autorwerk=information@eso.org |url=https://www.eso.org/public/news/eso1601/ |titel=First Light For Future Black Hole Probe - Successful commissioning of GRAVITY at the VLTI |sprache=en |abruf=2022-12-31}}</ref> misst mithilfe einer präzisen Laser-Metrologie astrometrische Abstände mit einer Genauigkeit von etwa 10&nbsp;µas (Mikrobogensekunden) und kann auch hochauflösende Bilder im Nahinfrarotbereich aufnehmen.<ref>[http://www.eso.org/sci/facilities/develop/instruments/gravity.html GRAVITY], eso.org</ref> MATISSE, das Anfang März 2018 sein erstes Licht gesehen hat, erstellt Bilder und Spektren im thermischen Infrarot und wird MIDI ablösen.<ref>[http://www.eso.org/sci/facilities/develop/instruments/matisse.html MATISSE], eso.org</ref><ref>[https://www.eso.org/public/germany/news/eso1808/ ''Das MATISSE-Instrument sieht sein erstes Licht am Very Large Telescope Interferometer der ESO.''] eso.org, 5. März 2018.</ref> Beide neuen Geräte können routinemäßig alle vier Großteleskope miteinander verbinden.
 
Die gleichzeitige Kombination aller acht Teleskope, also der vier UTs und vier ATs, ist theoretisch möglich. Tatsächlich wird die Anzahl der gleichzeitig nutzbaren Teleskope aber durch zwei Faktoren begrenzt. Erstens sind von den acht geplanten Verzögerungsleitungen derzeit nur sechs realisiert, zweitens können die bestehenden Instrumente höchstens vier Strahlengänge gleichzeitig kombinieren.
Zeile 236:
 
VISTA war ursprünglich ein nationales [[Vereinigtes Königreich|britisches]] Projekt, aber mit dem Beitritt Großbritanniens zur ESO und der Entscheidung, VISTA auf Paranal zu bauen, haben Astronomen weltweit Zugang zu diesem Teleskop erhalten.
 
Der Umbau des Teleskops für den optischen 4MOST-Spektrografen erforderte eine neue Korrektor-Optik mit einem Sichtfeld von 2,5°. Dies wird ab 2025 die Durchführung von spektroskopischen Durchmusterungen erlauben und über 5 Jahre mehr als 20 Millionen Spektren aufnehmen.<ref name="eso4most">{{cite web |url=https://www.eso.org/sci/facilities/develop/instruments/4MOST.html | title=4MOST development web site}}</ref>
 
=== NGTS ===
Zeile 254 ⟶ 256:
 
=== Ablauf der Beobachtungen ===
[[Datei:Potw1239aVery Large Telescope against a beautiful twilight on Cerro Paranal.jpg|mini|hochkant=1.8|Die für die bevorstehende Nacht geöffneten Teleskope auf dem Paranal-Plateau]]
Am Teleskop befinden sich immer ein Ingenieur, der „''Telescope and Instrument Operator''“ (TIO), und ein Astronom, der „''Nighttime Astronomer''“ (NA) der ESO. Im Service-Mode entscheidet der NA anhand der Beobachtungsbedingungen, welche OBs mit Aussicht auf Erfolg ausgeführt werden können, und führt die Beobachtungen zusammen mit dem TIO durch, der für das Teleskop und den technischen Ablauf verantwortlich ist. Nachdem die Daten gespeichert sind, entscheidet der NA, ob sie den Anforderungen des Antragstellers entsprechen oder ob der OB wiederholt werden muss. Für die größtenteils aus den ESO-Mitgliedsländern stammenden, auf Paranal tätigen Astronomen bestimmt auf der anderen Seite nicht die eigene wissenschaftliche Arbeit, sondern vielmehr das Abspulen von „Serviceprogrammen“ den Arbeitsalltag.<ref>{{Internetquelle |autor=Peter Prantner |url=http://news.orf.at/stories/2153248/2153234/ |titel=„Galileo hätte es geliebt“ |titelerg=Europas Astronomie-Flaggschiff in Chile |werk=orf.at |datum=2012-11-29 |abruf=2013-04-03}}</ref>
 
Zeile 269 ⟶ 271:
 
== Wissenschaftliche Ergebnisse ==
Seit dem Beginn des wissenschaftlichen Betriebs des VLT am [[1. April]] [[1999]] wurden bis 2005 über 1000 Artikel in [[Peer-Review|anerkannten]] Fachzeitschriften veröffentlicht, die auf Daten vom Paranal-Observatorium basieren. Zu den wichtigsten Ergebnissen zählen:
 
* Die ersten direkten Bilder eines [[Exoplanet]]en wurden mit dem VLT gemacht. Zwar ist nicht ganz sicher, ob diese Ehre [[GQ Lupi|GQ Lupi b]] oder dem Planeten [[2M1207]]b gebührt, aber beide Bilder stammen von NACO.<ref>[http://www.eso.org/public/news/eso0428/ ESO Press Release 23/04: '' Is This Speck of Light an Exoplanet?'' (10. September 2004)]</ref><ref name="eso1205">[http://www.eso.org/public/news/eso0515/ ESO Press Release 12/05: ''Yes, it is the Image of an Exoplanet'' (30. April 2005)]</ref><ref>[http://www.eso.org/public/news/eso0511/ ESO Press Release 09/05: ''Is this a Brown Dwarf or an Exoplanet?'' (7. April 2005)]</ref>
Zeile 295 ⟶ 297:
:: Ausgabe 104, Juni 2001: [http://www.eso.org/sci/publications/messenger/archive/no.104-jun01/messenger-no104.pdf VLTI First Fringes] (PDF; 2,7&nbsp;MB)
:: Ausgabe 120, Juni 2005: [http://www.eso.org/sci/publications/messenger/archive/no.120-jun05/messenger-no120.pdf The VLT Survey Telescope] (PDF; 8,1&nbsp;MB)
* {{Literatur |Autor=G. Hüdepohl |Titel=Very Large Telescope - 25 Jahre VLT |Verlag=Kosmos Verlag Stuttgart |Datum=2023 |ISBN=978-3-440-17803-4}}
* {{Literatur |Autor=G. Monnet |Hrsg=Sandro D’Odorico |Titel=Overview of the VLT instrumentation |Sammelwerk=Optical Astronomical Instrumentation |Band=3355 |Nummer=2 |Ort=Bellingham, Washington |Datum=1998 |ISBN=0-8194-2802-7 |DOI=10.1117/12.316742 |bibcode=1998SPIE.3355....2M}}
* {{Literatur |Autor=A. Glindemann |Hrsg=H. Lacoste |Titel=The VLTI and Its Subsystems |Sammelwerk=Proceedings of GENIE – DARWIN Workshop – Hunting for Planets |Nummer=SP-522 |Ort=Noordwijk |Datum=2003 |ISBN=92-9092-832-8 |bibcode=2003ESASP.522E...5G}}