Als Religionsstifter bezeichnen die vergleichende Religionswissenschaft und populärer Sprachgebrauch überlieferte Personen, die aktiv oder passiv den Anstoß zur Bildung einer neuen Religion gegeben haben sollen. Diese Bezeichnung wird traditionell auf die Wirkungsgeschichte bezogen, also auch dann beibehalten, wenn die historische Existenz der Person fraglich ist. Als Stifter sogenannter Weltreligionen gelten (in zeitlicher Reihenfolge):
- Zarathustra für den Zoroastrismus (18. bis 17. Jahrhundert v. Chr.)
- Mose für das Judentum (um 1200 v. Chr.)
- Laozi (Lao-Tse) für den Daoismus (ca. 6. Jahrhundert v. Chr.)
- Siddhartha Gautama für den Buddhismus (ca. 6. Jahrhundert v. Chr.)
- Mahavira für den Jainismus (ca. 4. Jahrhundert v. Chr.)
- Jesus Christus bzw. Paulus von Tarsus für das Christentum (1. Jahrhundert n. Chr.)
- Mani für den Manichäismus (216 bis 277)
- Mohammed für den Islam (6. bis 7. Jahrhundert)
- Guru Nanak für den Sikhismus (15. Jahrhundert)
- Baha’u’llah für das Bahaitum (1817 bis 1892)
Der Hinduismus kennt für viele einzelne Schulen, z. B. Vedanta oder vishnuitische, shivaitische und Shakta-Schulen Religionsstifter. Bekannte Religionsstifter des Hinduismus sind z. B. Shankara, Madhva und Chaitanya.
Die Bezeichnung als Religionsstifter ist in vielen Fällen umstritten und deckt sich nicht unbedingt mit dem Selbstverständnis der so genannten Personen, die sich vielfach lediglich als Reformer einer bestehenden Religion verstanden. So sehen Buddhisten Siddhartha Gautama als einen Wiederentdecker der Buddhaschaft, nicht als deren Begründer. Laozi vertrat keine neue Religion, sondern eine Philosophie. Jesus von Nazaret sah sich als der den Juden gesandte Messias; die Grundlagen des Christentums, das ihn nach seinem Tod als Menschheitserlöser verehrte, entwickelte erst Paulus.[1] Und Mohammed wird im Koran nicht als Begründer oder Stifter des Islam, sondern als der wichtigste und letzte Prophet eines seit Beginn der Menschheit existierenden Monotheismus dargestellt.
Bisweilen wird das Fehlen von Religionsstiftern (etwa in der Theologischen Realenzyklopädie) als Abgrenzungsmerkmal der mündlich überlieferten ethnischen Religionen angeführt.
Literatur
- Peter Antes (Hg.): Große Religionsstifter. Zarathustra, Mose, Jesus, Mani, Muhammad, Nanak, Buddha, Konfuzius, Lao Zi. Beck, München 2001, ISBN 3-8289-4887-1
- Gustav Mensching: Leben und Legende der Religionsstifter. Moses, Jesus, Mohammed, Zarathustra, Buddha, Konfuzius, Laock. Holle, Darmstadt 1955
- Hans-Joachim Schoeps: Die großen Religionsstifter und ihre Lehren. List, München 1967
- Walter Vogel: Die Religionsstifter. Marix, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-86539-937-3
- Karl-Heinz Golzio: Who's who der Religionsstifter. Kreuz, Stuttgart 2002, ISBN 3-7831-2106-X
- Monika und Udo Tworuschka: Die großen Religionsstifter. Buddha, Jesus und Muhammad – ein Vergleich. Metzler, Stuttgart 2018, ISBN 978-3-476-04776-2
Einzelbelege
- ↑ Hans Conzelmann: Geschichte des Urchristentums, 4. Auflage, Göttingen 1978, S. 1