Verdinglichung

Verkürzung menschlicher Beziehungen auf deren Warenaustausch
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Verdinglichung bedeutet allgemein Vergegenständlichung und kommt ursprünglich von verdingen im Sinne von seine Arbeitskraft verkaufen.[1]

Bei Hegel und Karl Marx wird der Ausdruck zur Bestimmung der Entfremdung zwischen Menschen verwendet.

In der marxistischen Theorie bezeichnet er das behauptete Phänomen, dass in der kapitalistischen Gesellschaft gesellschaftliche Verhältnisse (beispielsweise das Verhältnis einer individuellen Arbeitsleistung zur gesellschaftlichen Gesamtarbeit) in der Form von Dingen in Erscheinung treten würden, denen eine Eigengesetzlichkeit, das „automatische Subjekt“, innewohne, die vom Menschen nicht mehr gestaltbar sei (nach Marx als Teil des „Warenfetischismus“ oder allgemeiner des „Fetisch-Verhältnisses“ des warenproduzierenden Systems). Die Summe der Verdinglichungsphänomene heiße demnach Ideologie.

Verdinglichung sei die kapitalistischen Gesellschaften innewohnende Tendenz, alles und jeden zum Gebrauchs-, Verbrauchs- und Tauschobjekt, also zur Ware zu machen, insbesondere auch Menschen und ihre Beziehungen miteinander (vor allem in Form ihrer Arbeitskraft, so als „Humankapital“, aber auch nicht-materiell als Idole, z. B. Popstars).

Theoretiker der Verdinglichung sind unter anderem

Der Mensch erfährt sich als Sache und Ware innerhalb der

„Totalisierung des Verdinglichungszusammenhangs, aus dem das Humanum, das lebendige Du und Wir verschwunden ist. Und dann ist es nur ein kleiner Schritt, dass der Mensch sich selbst wie ein Ding gegenüber dessen Herrn erkennt, mit dem ihm ein verdinglichtes Verhältnis verbindet. So nimmt das gesellschaftliche Verhältnis der Menschen selbst (...) für sie die phantasmagorische Form eines Verhältnisses von Dingen" an.“

Karl Marx, Das Kapital[2]

Auch die Wertkritik um Robert Kurz als jüngere Spielart marxistischer Theorie (Postmarxismus) stellt die Verdinglichung und Entfremdung ins Zentrum ihrer Untersuchungen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Arnim Regenbogen, Uwe Meyer: Wörterbuch der philosophischen Begriffe. Meiner, Hamburg 2005: Verdinglichung.
  2. zitiert nach Norbert Brieskorn, Michael Reder: Sozialphilosophie. Komplett-Media, München 2011, ISBN 978-3-8312-0379-6, S. 32