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[[Datei:SABG MEFs.jpg|mini|(Oben) Primäre embryonale Fibroblastenzellen (MEFs) der Maus vor der Seneszenz, mit spindelförmiger Morphologie.<br />(Unten) MEFs, gealtert nach weiteren Passagen in Zellkultur. Die Zellen sind größer, flacher und exprimieren die Seneszenz - assoziierte β-Galaktosidase (SABG, blaue Bereiche), einen Marker für zelluläre Seneszenz.]]
'''Zelluläre Seneszenz''' ist ein Phänomen, bei dem [[Zelle (Biologie)|Zellen]] aufhören sich zu [[Zellteilung|teilen]]. In ihren bahnbrechenden Experimenten aus den frühen 1960er Jahren fanden [[Leonard Hayflick]] und Paul Moorhead heraus, dass normale menschliche fetale Fibroblasten in Kultur maximal etwa 50 Zellpopulationsverdopplungen erreichen, bevor sie altern <ref name="Cell 2007">M. Collado, M. A. Blasco, M. Serrano: ''Cellular senescence in cancer and aging.'' In: ''[[Cell (Zeitschrift)|Cell]].'' Band 130, Nummer 2, Juli 2007, S.&nbsp;223–233, {{DOI|10.1016/j.cell.2007.07.003}}, PMID 17662938 (Review).</ref><ref>{{cite book|last1=Hayat|first1=M|title=Tumor dormancy, quiescence, and senescence, Volume 2: Aging, cancer, and noncancer pathologies|date=2014|publisher=Springer|page=188}}</ref><ref>{{cite book|last1=Tollefsbol|first1=T|title=Epigenetics of Aging|date=2010|publisher=Springer|isbn=978-1-4419-0638-0|page=227}}</ref>. Dieses Phänomen wird als "replikative Seneszenz" oder [[Hayflick-Grenze]] bezeichnet. Hayflicks Entdeckung, dass normale Zellen sterblich sind, stürzte ein 60-jähriges Dogma in der Zellbiologie, das besagt, dass alle gezüchteten Zellen unsterblich sind. Hayflick fand heraus, dass die einzigen unsterblichen Kulturzellen Krebszellen sind <ref name=Shay2000>J. W. Shay, W. E. Wright: ''Hayflick, his limit, and cellular ageing.'' In: ''Nature reviews. Molecular cell biology.'' Band 1, Nummer 1, 10 2000, S.&nbsp;72–76, {{DOI|10.1038/35036093}}, PMID 11413492.</ref>. Die zelluläre Seneszenz wird häufig durch [[Tumorsuppressor]]-Mechanismen angestoßen, die inaktiviert werden müssen, um ein Fortschreiten in Richtung Seneszenz zu verhindern und dadurch eine Krebsentstehung zu ermöglichen. Durch die Überwindung oder Umgehung dieser Tumorsuppressor-Mechanismen entziehen sich Krebszellen der Kontrolle des Zellzyklus, was zu genomischer Instabilität und unkontrollierter Proliferation führt. MicroRNAs (miRNAs) haben sich als wesentliche Faktoren herausgestellt, die zur zellulären Seneszenz beitragen oder diese verhindern.<ref name="Cell 2017">M. Neault, F. Couteau u.&nbsp;a.: ''Molecular Regulation of Cellular Senescence by MicroRNAs: Implications in Cancer and Age-Related Diseases.'' In: ''International review of cell and molecular biology.'' Band 334, 2017, S.&nbsp;27–98, {{DOI|10.1016/bs.ircmb.2017.04.001}}, PMID 28838541 (Review).</ref>
 
== Zelluläre Mechanismen ==
Mechanistisch kann zelluläre Seneszenz durch eine Veränderung der DNA ausgelöst werden, die sich aus der Verkürzung der Telomere[[Telomer]]e bei jedem Zellteilungsvorgang ergibt. In diesem Spezialfall spricht man von replikativer Seneszenz. Zellen können jedoch auch unabhängig von der Anzahl der Zellteilungen zur Seneszenz gebracht werden, zum Beispiel über DNA-Schäden als Reaktion auf erhöhte [[reaktive Sauerstoffspezies]] (ROS), durch Aktivierung von [[Onkogen]]en und durch Zell-Zell-Fusion. Die Anzahl der alternden Zellen im Gewebe steigt während der normalen Alterung deutlich an.<ref name="pmid26646499"/>
Obwohl sich alternde Zellen nicht mehr vermehren können, bleiben sie metabolisch aktiv und nehmen im Allgemeinen einen immunogenen Phänotyp an, der u. a. aus einem pro-inflammatorischen Sekretom und der Hochregulation von Immunliganden besteht. Seneszenz-assoziierte [[β-Galaktosidase]] gilt zusammen mit [[CDK-Inhibitor 2A]] (CDKN2A) (''cyclin dependent kinase inhibitor 2A'', auch bekannt als p16) als guter Biomarker für zelluläre Seneszenz. Dies führt dennoch zu falsch positiven Signalen, da auch reifende Gewebe-Makrophagen seneszenz-assoziierte β-Galaktosidase zeigen, genauso wie T-Zellen CDKN2A exprimieren.<ref name="pmid26646499">B. G. Childs, M. Durik u.&nbsp;a.: ''Cellular senescence in aging and age-related disease: from mechanisms to therapy.'' In: ''Nature medicine.'' Band 21, Nummer 12, Dezember 2015, S.&nbsp;1424–1435, {{DOI|10.1038/nm.4000}}, PMID 26646499, {{PMC|4748967}} (Review).</ref>
Die DNA-Schadensantwort (''DNA Damage Response'', DDR) blockiert den Verlauf des Zellzyklus, bis Schäden, wie beispielsweise Doppelstrangbrüche (DSBs), repariert sind. Seneszente Zellen zeigen persistente Stellen mit [[DNA-Schaden|DNA-Schäden]], die resistent gegen endogene DNA-Reparaturaktivitäten zu sein scheinen. Seneszente Zellen in Kultur und im Gewebe von gealterten Säugetieren bewahren ihre DSBs, die mit DDR-Markern assoziiert sind. Es wurde vorgeschlagen, dass diese DSBs wichtige Treiber des [[Altern|Alternsprozesses]] sind.
 
== Rolle der Telomere ==
In letzter Zeit hat die Rolle der [[Telomer]]eTelomere bei der zellulären Seneszenz Interesse geweckt, insbesondere im Hinblick auf mögliche Nebenwirkungen des [[Klonen]]s. Mit jedem [[Zellzyklus]] verkürzen sich die chromosomalen Telomere sukzessiv, wodurch die Anzahl der Teilungen der Zelle begrenzt werden kann. Dieser Vorgang trägt zur Alterung bei. Die Telomerverkürzung verändert zum Beispiel auch die Mechanismen beim alternativen [[Spleißen (Biologie)|RNA-Spleißen]]. Dadurch werden [[Toxin]]e wie [[Progerin]] produziert, die einen Alterungsprozess durch Abbau und Funktionseinschränkungen von Geweben induzieren<ref name="pmid21670498">K. Cao, C. D. Blair, D. A. Faddah, J. E. Kieckhaefer, M. Olive, M. R. Erdos, E. G. Nabel, F. S. Collins: ''Progerin and telomere dysfunction collaborate to trigger cellular senescence in normal human fibroblasts.'' In: ''The Journal of clinical investigation.'' Band 121, Nummer 7, Juli 2011, S.&nbsp;2833–2844, {{DOI|10.1172/JCI43578}}, PMID 21670498, {{PMC|3223819}}.</ref>.
 
== Weitere Merkmale seneszenter Zellen ==