Evangelisch-Lutherische Kirche in Lübeck
Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Lübeck (Evangelisch-lutherische Kirche im Lübeckischen Staate bis 1937) war eine Landeskirche im Deutschen Reich. Dabei handelte es sich um die Kirche der Hansestadt Lübeck, die bis 1937 ein selbständiges Land des Deutschen Reiches war und dann ein Stadtkreis der preußischen Provinz Schleswig-Holstein wurde.
1948 war die Evangelisch-Lutherische Kirche in Lübeck Gründungsmitglied der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und gehörte auch zur Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD).
Zum 1. Januar 1977 vereinigte sich die Evangelisch-Lutherische Kirche in Lübeck mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Hamburgischen Staate, der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schleswig-Holstein der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Eutin und dem Kirchenkreis Harburg der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers zur Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche.
Geschichte
BearbeitenBereits 1163 war die Stadt Lübeck Sitz eines Bistums geworden. Ab 1530 wurde die Reformation nach lutherischem Bekenntnis eingeführt, so dass Lübeck über Jahrhunderte eine protestantische Stadt war. Das Gebiet der Stadt und das Kirchengebiet waren identisch. Später entstand auch eine reformierte Gemeinde, die jedoch nicht zur Landeskirche von Lübeck gehörte.
Die Verwaltung der Kirche in Lübeck und das Landesherrliche Kirchenregiment lagen bis 1918 beim Senat als Kollegium. 1895 hatte die Kirche eine Kirchenverfassung erhalten. Es wurde neu ein Kirchenrat als Leitungsgremium eingerichtet, der zunächst unter dem Vorsitz des Senators Heinrich Alphons Plessing stand. Diese Kirchenverfassung wurde 1921 in der Weise erneuert, dass der Senat auf das Kirchenregiment verzichtete. An der Spitze der Kirche stand fortan der von der Landessynode gewählte Senior, der ab 1934 den Titel „Bischof“ erhielt. Dieser übte die geistliche Leitung im Benehmen mit der Kirchenleitung aus. Die Landessynode wurde von den Gemeinden bestellt. Die Verwaltungsbehörde der Kirche war die Bischofskanzlei in Lübeck.
Bei den Kirchenwahlen 1933 gewannen die Deutschen Christen die Mehrheit. Der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lübeck war einer von sieben evangelischen Bischöfen bzw. Landeskirchenpräsidenten, die am 17. Dezember 1941 die „Bekanntmachung über die kirchliche Stellung evangelischer Juden“ unterzeichneten:
„Die nationalsozialistische deutsche Führung hat mit zahlreichen Dokumenten unwiderleglich bewiesen, daß dieser Krieg in seinen weltweiten Ausmaßen von den Juden angezettelt worden ist. Sie hat deshalb im Innern wie nach außen die zur Sicherung des deutschen Lebens notwendigen Entscheidungen und Maßnahmen gegen das Judentum getroffen. Als Glieder der deutschen Volksgemeinschaft stehen die unterzeichneten deutschen evang. Landeskirchen in der Front dieses historischen Abwehrkampfes, der u. a. die Reichspolizei-Verordnung über die Kennzeichnung der Juden als der geborenen Welt- und Reichsfeinde notwendig gemacht hat, wie schon Dr. Martin Luther nach bitteren Erfahrungen die Forderung erhob, schärfste Maßnahmen gegen die Juden zu ergreifen und sie aus deutschen Landen auszuweisen. Von der Kreuzigung Christi bis zum heutigen Tage haben die Juden das Christentum bekämpft oder zur Erreichung ihrer eigennützigen Ziele mißbraucht und verfälscht. Durch die christliche Taufe wird an der rassischen Eigenart eines Juden, seiner Volkszugehörigkeit und seinem biologischen Sein nichts geändert. Eine deutsche evangelische Kirche hat das religiöse Leben deutscher Volksgenossen zu fördern. Rassejüdische Christen haben in ihr keinen Raum und kein Recht. Die unterzeichneten deutschen evangelischen Kirchenleiter haben deshalb jegliche Gemeinschaft mit Judenchristen aufgehoben. Sie sind entschlossen, keinerlei Einflüsse jüdischen Geistes auf das deutsche religiöse und kirchliche Leben zu dulden.“[1]
Mit der Fusion von 1977, bei der sie insgesamt 31 Gemeinden umfasste, wurde die Evangelisch-Lutherische Kirche in Lübeck als Propstei (heute Kirchenkreis) ein Teil des neu umschriebenen „Sprengels Holstein-Lübeck“.
Superintendenten der Lübeckischen Kirche
Bearbeiten- 1532–1548: Hermann Bonnus
- 1553–1567: Valentin Curtius
- 1575–1600: Andreas Pouchenius der Ältere
- (1611) Christoph Butelius[2] (gewählt, vor Antritt des Amtes verstorben)
- 1613–1622: Georg Stampelius
- 1624–1643: Nikolaus Hunnius
- 1646–1671: Meno Hanneken
- 1675–1683: Samuel Pomarius
- 1689–1698: August Pfeiffer
- 1702–1728: Georg Heinrich Götze
- 1730–1767: Johann Gottlob Carpzov
- 1771–1774: Johann Andreas Cramer
- 1779–1796: Johann Adolph Schinmeier
Danach wurde das Amt nicht mehr besetzt; die Leitungsaufgaben wurden durch den jeweiligen Senior des Geistlichen Ministeriums wahrgenommen.
Senioren des Geistlichen Ministeriums
Bearbeiten- –1574: Peter Christian von Friemersheim (St. Jakobi)
- 1574–1595: Georg Bart (St. Aegidien)
- 1596–1601: Gerhard Schröder (St. Petri)
- 1602–1614: Joachim Dobbin (Dom)
- 1614–1621: Heinrich Menne (St. Aegidien)
- 1621–1622: Johann Stolterfoht (St. Marien)
- 1622–1625: Hermann Wolff (St. Jakobi)
- 1625–1653: Adam Helms (St. Petri)
- 1653–1661: Gerhard Winter (St. Jakobi)
- 1661–1679: Daniel Lipstorp (Dom)
- 1679–1683: Heinrich Engenhagen (St. Jakobi)
- 1685–1688: Johann(es) Reich(e) (St. Aegidien)
- 1688–1700: Bernhard Krechting (St. Marien)
- 1700–1704: Thomas Honstedt (Dom)
- 1704–1706: Georg Ritter (St. Petri)
- 1706–1710: Johann Peter Stein (St. Aegidien)
- 1710–1719: Christoph Wendt (Dom)
- 1719–1743: Jacob von Melle (St. Marien)
- 1743–1751: Balthasar Gerhard Hanneken (Dom)
- 1752–1759: Heinrich Scharbau (St. Aegidien)
- 1759–1767: Georg Hermann Richerz (St. Jakobi)
- 1767–1787: Adde Bernhard Burghardi (St. Petri)
- 1787–1788: Peter Hermann Becker (St. Jakobi)
- 1788–1795: Bernhard Heinrich von der Hude (St. Marien)
- 1796–1829: Johann Heinrich Carstens (Dom)
- 1829–1846: Hermann Friedrich Behn (St. Petri)
- 1846–1892: Johann Carl Lindenberg (St. Aegidien)
- 1892–1909: Leopold Friedrich Ranke[3] (St. Marien)
- 1909–1914: Heinrich Lindenberg (St. Jakobi)
- 1914–1919: Johannes Becker (St. Marien)
Sowohl Hermann Friedrich Behn wie auch Johann Carl Lindenberg wurden vom Senat der Hansestadt Lübeck mit dessen höchster Auszeichnung des Senates, der Gedenkmünze Bene Merenti, geehrt.
Senioren beziehungsweise Bischöfe der Lübeckischen Kirche
Bearbeiten- 1919–1933: Johannes Evers, Senior (St. Marien)
- 1934–1945: Erwin Balzer, Bischof
- 1948–1955: Johannes Pautke, Bischof
- 1956–1972: Heinrich Meyer, Bischof
- 1972–1977: Karlheinz Stoll, Senior (Dom)
Gesangbücher
Bearbeiten- Lübeckisches Gesangbuch ebst Anfügung eines Gebeth-Buchs... Lübeck: Wiedemeyer
- 1726 Digitalisat
- 1729 Digitalisat; Gebetbuch Digitalisat
- Neues Lübeckisches Gesangbuch, zum öffentlichen Gottesdienste und zur häuslichen Andacht auf Verordnung Eines Hochedlen Hochw. Raths ausgefertiget von dem Lübeckischen Ministerio; Lübeck, 1790, neue Auflage ab 1821
- 1790 Digitalisat
- Lübeckisches evangelisch-lutherisches Gesangbuch für den öffentlichen Gottesdienst und die häusliche Andacht, auf Verordnung Eines Hohen Senates ausgefertigt durch das Ministerium; Lübeck, 1859
- Gesangbuch der Evangelisch-lutherischen Kirche im Lübeckischen Staate – Einheitsgesangbuch der Evangelisch-lutherischen Landeskirchen in Schleswig-Holstein-Lauenburg, Hamburg, Mecklenburg-Schwerin, Lübeck, Mecklenburg-Strelitz, Eutin, Lübeck; eingeführt 1930
- Evangelisches Kirchengesangbuch – Ausgabe für die Evangelisch-lutherischen Landeskirchen Schleswig-Holstein-Lauenburg, Hamburg, Lübeck und Eutin, Hamburg; ab 1950/53?
Literatur
Bearbeiten- Die Pastoren der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lübeck seit der Reformation. In: Kirchliches Amtsblatt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lübeck 1950, Nr. 1, Beilage
- Wolf-Dieter Hauschild: Kirchengeschichte Lübecks. Christentum und Bürgertum in neun Jahrhunderten. Lübeck: Schmidt-Römhild 1981, ISBN 3-7950-2500-1
- Konrad Dittrich: 850 Jahre Kirche in Lübeck. Lübeck: Schmidt-Römhild 1993, ISBN 978-3-7950-3210-4
- Wolf-Dieter Hauschild: "Suchet der Stadt Bestes": neun Jahrhunderte Staat und Kirche in der Hansestadt Lübeck. Hrsg. von Antjekathrin Graßmann und Andreas Kurschat, Lübeck: Schmidt-Römhild 2011, ISBN 978-3-7950-5200-3
- Hansjörg Buss: "Entjudete" Kirche. Die Lübecker Landeskirche zwischen christlichem Antijudaismus und völkischen Antisemitismus (1918-1950). Schöningh, Paderborn 2011, ISBN 978-3-506-77014-1
Fußnoten
Bearbeiten- ↑ Joachim Beckmann (Hg.): Kirchliches Jahrbuch für die evangelische Kirche in Deutschland 1933–1944, 60. bis 71. Jg., Bertelsmann, Gütersloh 1948, 2. Aufl. 1976, S. 460; nachgedruckt in: Günter Brakelmann, Martin Rosowski (Hg.): Antisemitismus. Von religiöser Judenfeindschaft zur Rassenideologie. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1989. ISBN 3-525-33560-1. S. 108.
- ↑ Eintrag im Rostocker Matrikelportal; GND=124598390
- ↑ trat auf eigenen Wunsch zurück