Schallplatte

analoger Tonträger für Schallsignale
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Eine Schallplatte ist eine runde, meist schwarze Scheibe zur analogen Tonaufzeichnung. Die Schallsignale sind in einer spiralförmigen, zum Mittelpunkt der Platte verlaufenden Rille gespeichert, deren Auslenkung der Schallamplitude entspricht. Üblicherweise wird sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite der Schallplatte aufgezeichnet. Bei der Aufzeichnung werden aus physikalischen Gründen die Höhen angehoben (Preemphasis) und die Tiefen abgeschwächt, bei der Wiedergabe muss der Frequenzgang wieder rückentzerrt werden. Dazu gibt es eine genormte Kennlinie nach RIAA. Zum Entzerren verwendet man einen Entzerrvorverstärker oder einen speziellen Tonabnehmer. Kristallabtastsysteme benötigen keinen zusätzlichen Entzerrvorverstärker, da sie den Frequenzgang durch ihre physikalischen Eigenschaften von sich aus entzerren.

Geschichte der Schallplatte

Vorgeschichte

Datei:His Masters Voice.JPG
His Master's Voice

Vorläufer der Schallplatte war der theoretisch zuerst von Charles Cros beschriebene, 1877 von Thomas Alva Edison unabhängig von Cros erneut erfundene und zum Patent angemeldete Phonograph. Die Töne wurden dabei auf einem Wachszylinder mit wendelförmiger Tonspur gespeichert, wobei das Prinzip der Amplitudenauslenkung zunächst unmittelbar akustisch ohne elektrische Umwandlung genutzt wurde.

Charles Sumner Tainter

Bereits im Jahre 1880 erkannte der US-amerikanische Physiker Charles Sumner Tainter, dass viele technische Nachteile der Edison'schen Walzen beseitigt werden könnten, wenn man die Tonspur spiralförmig in die Oberfläche einer flachen, runden Scheibe eingravieren würde. Tainter entwickelte den Prototypen eines entsprechenden Aufnahmeapparats und stellte einige bespielte Wachsplatten her, gab die Versuche aber infolge technischer Probleme nach kurzer Zeit wieder auf. Tainters Wachsplatten befinden sich heute im Smithsonian Institute in Washington; sie gelten als die ersten Schallplatten der Welt.

Emil Berliner

Unabhängig von Tainter, der seine Ideen nicht publiziert hatte, gelangte im Jahre 1887 der Erfinder und Industrielle Emil Berliner bei seinen Versuchen mit dem Edison-Phonographen zu einem ähnlichen Verbesserungskonzept. Er hatte sich mehrere Jahre lang mit dem Edison-Phonographen befasst und früher als Edison selbst erkannt, dass die Zukunft der Tonaufzeichnung in erster Linie im Unterhaltungsbereich lag. Als Geschäftsmann sah er in der fehlenden Vervielfältigungsmöglichkeit der Wachswalzen den entscheidenden Schwachpunkt des Phonographen und verwendete seine Zeit und Mühe vorrangig auf die Lösung dieses Problems.

1887 gelang ihm der entscheidende Durchbruch seines Erfinderdaseins: er konstruierte ein Gerät, dass die Schallwellen nicht wie bei Edisons Phonographen in vertikale, sondern in horizontale Bewegungen einer Nadel umsetzte; diese mechanischen Schwingungen ließ er in eine dick mit Ruß überzogene Glasplatte einritzen. Nach chemischer Härtung des Rußes war er in der Lage, auf galvanoplastischem Wege ein Zink-Positiv und von diesem ein Negativ der Platte anzufertigen, das als Stempel zur Pressung beliebig vieler Positive genutzt werden konnte – die Schallplatte war erfunden. Am 4. Mai 1887 wurde Berliner für seine Idee das US-Patent No. 372,786 erteilt.

Die älteste bis heute erhaltene Berliner-Schallplatte ist ein am 25. Oktober 1887 von Berliner selbst angefertigtes Zink-Positiv. Der Öffentlichkeit wurde das neue Aufzeichnungsverfahren erstmals in einem Bericht der Zeitschrift „Electrical World“ vom 12. November 1887 vorgestellt; die frühesten zu Demonstrationszwecken angefertigten Zinkplatten hatten einen Durchmesser von 28 cm und bei etwa 30 UpM eine Spieldauer von vier Minuten. In den folgenden Monaten entwickelte Berliner in Zusammenarbeit mit dem Techniker Werner Suess sein Verfahren weiter, indem das rußbeschichtete Glas durch eine mit Wachs überzogene Zink- oder Kupferplatte ersetzte. Nach der Gravur der Schallrille in die Wachsschicht wurde die Platte einem Säurebad ausgesetzt, das die noch mit Wachs bedeckten Teile der Platte nicht angriff, die freigelegten Rillen aber in das Metall einätzte, so dass nach Entfernung des Wachses eine haltbare metallene Ur-Platte entstand, die zur Herstellung der Pressmatrizen verwendet werden konnte.

Am 16. Mai 1888 präsentierte Berliner ein erstes funktionsfähiges Gerät, das er der zeittypischen Vorliebe für Graecizismen folgend „Grammophon“ nannte, den Wissenschaftlern des Franklin Institute in Philadelphia. Im August 1888 begann er erstmals, die eigentlich von Anfang an vorgesehene Vervielfältigung seiner Zinkplatten durch Pressen der Negative in weiches Material zu erproben. Zunächst verwendete er als Pressmasse Zelluloid, das er unmittelbar vom Erfinder dieses Werkstoffs, John W. Hyatt, bezog und das sich bald als technisch ungeeignet erwies. Von den als „Hyatt Disks“ bekannten ersten experimentellen Zelluloidplatten sind nur sehr wenige Exemplare erhalten geblieben.

Im Juli 1889 kam Berliner aufgrund materialkundlicher Versuche zu dem Schluss, dass vulkanisiertes Hartgummi als Pressmaterial die günstigsten Eigenschaften aufweise, und erachtete seine Erfindung für ausgereift genug, um den Beginn der Serienproduktion einzuleiten. Er ging auf Investorensuche, stieß aber bei der US-amerikanischen Industrie auf wenig Resonanz. Daher reiste er im August 1889 nach Deutschland, um das Grammophon potentiellen Interessenten vorzuführen. Am 26. November 1889 demonstrierte er das Gerät den staunenden Experten der Berliner „Elektrotechnischen Gesellschaft“, die ihn sofort als Mitglied aufnahm.

Serienfertigung

Von diesem Erfolg ermutigt entschloss er sich Ende 1889, die Serienfertigung der Platten zunächst auf eigene Rechnung in die Wege zu leiten. Die renommierte Spielwarenfabrik Kämmer & Reinhardt in Waltershausen / Thüringen, fertigte für ihn – vermutlich ab Juli 1890 – sehr einfache Grammophone mit Handkurbelantrieb und entwickelte auch eine sprechende Puppe mit Miniatur-Grammophon im Rumpf. Die passenden Platten wurden bei zwei deutschen Firmen in Auftrag gegeben: einer der beiden Hersteller war die „Rheinische Gummi- und Celluloidfabrik“ in Mannheim; von der anderen ist nur das bislang nicht entschlüsselte Firmenkürzel „GFKC“ bekannt. Hergestellt wurden Platten mit 8 cm Durchmesser für die Sprechpuppe und 12,5 cm Durchmesser für das Grammophon; zumindest teilweise kamen dabei wohl in den USA entstandene Matrizen zur Verwendung. Die Pressungen waren in Gummi-, Zelluloid- und Zink-Ausführung erhältlich, wobei nicht bekannt ist, inwieweit Zelluloid und Gummi zu einander in zeitlicher Abfolge standen; die Zinkplatten wurden offenbar gegen Aufpreis verkauft.

Diese ersten Serienschallplatten der Welt waren von so minderwertiger Klangqualität, dass Zettel mit dem vollständigen Text der jeweiligen Aufnahme auf die Plattenrückseite geklebt wurden, damit der Käufer den Inhalt der Platte nachvollziehen konnte. Insgesamt wurden 1889-90 in Deutschland etwa 25.000 Platten gepresst, von denen heute weltweit nur noch sehr wenige Exemplare bekannt sind. Die einzige erhaltene Berliner-Sprechpuppe befindet sich im Puppenmuseum der Stadt Waltershausen. Kurzzeitig wurden die deutschen Berliner-Produkte auch nach England exportiert; das Geschäft mit dem unausgereiften System erwies sich aber als wenig lukrativ, weshalb Berliner 1891 die Fertigung einstellen ließ und in die USA zurückkehrte.

Am 23. April 1889 gründete er die American Gramophone Co., die die Verwertung seiner Erfindung übernehmen sollte, aber nach kurzer Zeit zusammenbrach. Die folgenden zwei Jahre verbrachte Berliner damit, das Grammophon technisch zu verbessern; er ließ von einem New Yorker Uhrmacher einen Federantrieb entwickeln, der sich allerdings als nicht praxistauglich erwies, und engagierte einen Techniker namens Edward L. Wilson, der für ihn ein Grammophon mit Münzmechanik konstruierte.

Erst im April 1893 wagte Berliner zusammen mit den Brüdern Fred und Will Geisberg, die zuvor schon bei Columbia tätig gewesen waren, eine neue Firmengründung: es entstand die „United States Gramophone Company“ mit Sitz in Washington, D.C. (1205 G Street NW), die die Erfindung kommerziell verwerten sollte und an die er seine Patente abtreten musste. Die Firma produzierte einige wenige Grammophone und Schallplatten aus „Vulcanite“ beziehungsweise Hartgummi, geriet allerdings bald in finanzielle Schwierigkeiten.

1895 gelang es Berliner, eine Gruppe von Investoren aus Philadelphia für seine Erfindung zu begeistern; es kam zur Gründung der „Berliner Gramophone Company“, deren Anteile allerdings nur zum kleineren Teil Berliner selbst gehörten; die „United States Gramophone Co.“ bestand allerdings parallel dazu als Inhaberin der Patente weiter. Das neue Unternehmen eröffnete in Baltimore (109 North Charles Street) eine Fabrik nebst „show room“ und begann mit der Fertigung von Geräten und Tonträgern.

Der Durchmesser der Platten wurde 1894 auf 17.5 cm festgelegt; bis zum Herbst 1894 verließen etwa 1000 Grammophone und 25.000 Platten die Fabrik. Berliner veröffentlichte die erste gedruckte Bestellliste der verfügbaren Aufnahmen; das Unternehmen bot neben den handbetriebenen Grammophonen auch zwei Luxusmodelle mit Elektromotoren an. 1895 änderte man den Plattendurchmesser auf 17.5 cm; im gleichen Jahr erhielt Berliner nach langen juristischen Auseinandersetzungen jenes US-Patent für sein Horizontalschrift-Aufnahmeverfahren, dessen Existenz später die jahrzehntelange monopolartige Position der Firma Victor auf dem nordamerikanischen Plattenmarkt begründen sollte.

Die Umsätze der Firma waren zunächst bescheiden, da die potentiellen Kunden in Berliners primitivem, handkurbelbetriebenem Grammophon noch immer eher ein Kinderspielzeug als ein ernstzunehmendes Unterhaltungsgerät sahen. Angeregt durch entsprechende Entwicklungen auf dem Phonographen-Sektor beschäftigte sich Berliner erneut mit dem Gedanken, seine Geräte mit Federmotoren auszustatten. Er beauftragte den Mechaniker Eldridge R. Johnson aus Camden City, mit der Entwicklung und Serienfertigung eines passenden Federwerks, dessen Markteinführung 1896 erfolgte und dem Produkt tatsächlich zu einer enormen Umsatzsteigerung verhalf. Im Oktober 1896 gab Berliner die Verwendung von Hartgummi als Plattenmaterial auf und ersetzte die Substanz durch eine von der Duranoid Co., Newark, New Jersey, hergestellte Pressmasse, die im wesentlichen aus Schellack bestand und deren Einführung Klangqualität und Haltbarkeit der Platten enorm verbesserte – die Schellackplatte war geboren.

Im gleichen Jahr engagierte Berliner den Werbefachmann Frank Seaman, dessen Aufgabe es sein sollte, den Vertrieb der Berliner-Produkte zu übernehmen. Seaman gründete unter dem Namen „National Gramophone Company“ ein eigenes Unternehmen und schloss mit der Berliner Gramophone Company einen auf fünfzehn Jahre Laufzeit ausgelegten Vertrag, der ihm die Exklusivrechte am Vertrieb aller Berliner-Erzeugnisse sicherte. Seamans brillante Werbekampagnen machten das Grammophon binnen kürzester Zeit weltweit bekannt und ließen die Verkaufszahlen der Platten und Geräte förmlich explodieren – im Geschäftsjahr 1898 konnte Berliner bereits 713.753 Schellackplatten absetzen. Berliners Erfindung lag nun in den Händen dreier von einander unabhängiger Firmen: die „United States Gramophone Company“ hielt noch immer die Patente, die „Berliner Gramophone Company“ produzierte Platten und Abspielgeräte; die „National Gramophone Company“ kontrollierte die Vermarktung.

Berliner expandierte durch Gründung ausländischer Tochtergesellschaften, als deren wichtigste im Jahre 1898 die britische „Gramophone Company“ entstand; diese gründete ihrerseits als Tochter-Tochterunternehmen die „Deutsche Grammophon-Gesellschaft“ mit Sitz in Hannover, geleitet erneut von Berliners Bruder Joseph. Das zunächst sehr erfolgreiche unternehmerische Konzept sollte sich für Berliner bald als fatal erweisen, denn Seaman, der als wenig vertrauenswürdiger Charakter galt, war angesichts der enormen Gewinne, die in Berliners Kassen flossen, mit seinem langfristigen Vertrag unzufrieden. Er begann 1898 heimlich mit der Herstellung seiner „Zonophone“, die technisch lediglich Plagiate der Berliner-Geräte darstellten. Seaman bot Berliner an, er möge künftig die Zonophone kaufen und unter seinem Namen vertreiben lassen. Berliner lehnte dies empört ab, zumal er den Vertrag mit Johnson nicht gefährden wollte und Seaman allgemein misstraute; überdies waren die Zonophone von schlechterer Qualität als die bisherigen Berliner-Erzeugnisse. Seaman wertete die Ablehnung Berliners als Aufhebung seines Vertrags, benannte seine Firma in „United Talking Machine Company“ (UTMC) um und begann auf eigene Rechnung Platten und „Zonophone“ zu fertigen. Berliner verklagte Seaman wegen Vertragsbruchs; Seaman nahm daraufhin vertrauliche Verhandlungen mit dem Walzenhersteller Columbia auf, der die Patente an den Erfindungen von Bell und Tainter hielt. 1899 erhob Columbia auf Seamans Betreiben Klage gegen Berliner mit der Begründung, die Berliner-Patente von 1887 seien unter Verletzung älterer Bell&Tainter-Patente erteilt worden und damit nichtig.

Die komplizierten juristischen Auseinandersetzungen, in die auch Eldridge Johnson verwickelt war und in denen der von Columbia engagierte Star-Anwalt Philipp Mauro eine entscheidende Rolle spielte, endeten für Seaman erfolgreich, was dazu führte, dass Berliner ab dem 25. Juni 1900 die Verwendung des Namens „Gramophone“ in den USA verboten war und er auch sonst für sein amerikanisches Unternehmen keine Zukunft mehr sah. Er löste seine Firmen auf, verkaufte alle seine US-amerikanischen Patente an Eldridge Johnson, mit dem er sich wieder versöhnt hatte, und übersiedelte nach Montreal. In den folgenden Jahrzehnten leitete er sehr erfolgreich die kanadische Niederlassung seines Imperiums und nahm auch maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der aus seiner britischen Filiale entstandenen Gramophone Company; nebenbei beschäftigte er sich mit aeronautischen Problemen und war an der Entwicklung eines der ersten brauchbaren Hubschrauber beteiligt.

Entstehung der Schallplattenindustrie

Der große kommerzielle Erfolg der Berliner-Schallplatte und der relativ schlechte patentrechtliche Schutz der Erfindung ermunterten ab etwa 1900 vor allem in Europa zahlreiche Unternehmer, die Produktion eigener Schallplatten und Abspielgeräte aufzunehmen. Binnen weniger Jahre entwickelte sich so ein äußerst innovativer, schnelllebiger Industriezweig, als dessen Zentren London, Paris, Hannover, Berlin und Wien galten. Preiswerte Grammophone einfacher Bauart kamen in vielfältigen Formen auf den Markt und ließen die Schallplatte zu einem auch für die Unterschicht erschwinglichen Unterhaltungsmedium werden. Bis 1914 entstanden alleine in Deutschland etwa 500 konkurrierende Schallplattenmarken. Technische Verbesserungen ließen die Klangqualität stetig steigen; allmählich begannen sich auch große Musiker wie Enrico Caruso, Nellie Melba und Hermann Jadlowker für das Medium Schallplatte zu interessieren und verhalfen mit ihren Einspielungen den Plattenkonzernen zu beträchtlichen Gewinnen. Besonders das zunächst eigenständige, später vom Konzern des schwedischen "Schallplattenkönigs" Carl Lindström übernommene Label Odeon tat sich mit technischen Innovationen hervor und brachte die ersten großformatigen Platten (25, 27 und 30cm Durchmesser) sowie die ersten doppelseitigen Pressungen auf den Markt.

Entwicklung in den 1920er Jahren

Der Erste Weltkrieg ließ die Schallplattenproduktion weltweit stark zurückgehen, was primär durch den vorübergehenden Zusammenbruch des internationalen Handelsnetzes für Rohschellack bedingt war. Nach Kriegsende erholte sich die Schallplattenindustrie zunächst nur langsam; die Wirtschaftskrisen der 20er Jahre und auch die Entstehung der ersten Rundfunksender beeinträchtigten die Plattenabsätze weltweit erheblich. Ins Gegenteil verkehrte sich diese Entwicklung allerdings, als ab 1925 mehrere US-amerikanische, holländische und deutsche Firmen annähernd zeitgleich elektrische Aufnahmeverfahren präsentierten, die die alten akustisch-mechanischen Aufnahmeapparate binnen kurzer Zeit völlig verdrängten, die Kosten der Schallplattenaufnahme dramatisch reduzierten und die Klangqualität enorm verbesserten. Die Einführung der elektrischen Aufnahme ließ in Deutschland erneut eine große Zahl kurzlebiger kleiner Plattenfirmen entstehen, die technisch und musikalisch oft sehr experimentierfreudig waren. Das 1928 von dem Erfinderkollektiv Tri Ergon entwickelte Lichttonband erlaubte erstmals das Schneiden und Nachbearbeiten von Aufnahmen. Erste elektrische Plattenspieler kamen auf den Markt; die Musikbegeisterung der späten 20er Jahre garantierte den Schallplattenkonzernen ausgezeichnete Umsätze.

Die 1930er Jahre

Das Jahr 1933 brachte für die deutsche Schallplattenindustrie dramatische Veränderungen: zahlreiche bis dahin in jüdischem Besitz gewesene Unternehmen wurden in den ersten Jahren der NS-Diktatur enteignet und aufgelöst; gegen viele prominente Plattenkünstler, wie z. B. die Comedian Harmonists, ergingen aus "rassischen" und politischen Gründen Berufsverbote; die Einfuhr ausländischer Platten nach Deutschland war kaum mehr möglich. Bis 1939 reduzierte sich die Zahl der auf dem deutschen Markt präsenten Schallplattenmarken daher beträchtlich. Während des Zweiten Weltkriegs sollte nach dem Willen des NS-Regimes die Schallplattenproduktion durch ein groß angelegtes Altplatten-Verwertungssystem sichergestellt werden; tatsächlich brach ab etwa 1943 die deutsche Schallplattenproduktion trotzdem weitgehend zusammen. Nur für den Bedarf von Rundfunk und Kinos wurde bis zum Kriegsende weiterproduziert.

Nach dem 2. Weltkrieg

Nach 1945 nahmen die Schallplattenfabriken, soweit unzerstört geblieben, ihre Arbeit recht bald wieder auf, wobei zunächst die Schellack-Technik beibehalten wurde. Im Westen Deutschlands entstanden viele neue Plattenmarken, die besonders den neu entstandenen Bedarf nach US-amerikanisch geprägtem Swing und Jazz zu decken versuchten. In der sowjetischen Besatzungszone wurde die Schallplattenfabrikation dagegen als einer der ersten Industriezweige komplett verstaatlicht; es verblieb als einziger Plattenkonzern der VEB Lied der Zeit, später VEB Deutsche Schallplatten, mit den "Einheitslabels" Amiga, Eterna und Lied der Zeit.

In der Bundesrepublik und den meisten anderen westlichen Ländern wurde die Fertigung von Schellackplatten um das Jahr 1958 aufgegeben. Die DDR vollzog diesen Schritt im Jahre 1960.

Technische Fortschritte nach der Schellack-Ära

Vinyl - Single - LP

Bereits in den Anfängen der Schallplattenherstellung hatte es - etwa in Großbritannien durch Nicole Records - erfolglose Versuche gegeben, das teure Naturprodukt Schellack durch preiswertere synthetische Kunststoffe zu ersetzen. Der Durchbruch auf diesem Gebiet gelang 1948 mit der Herstellung der ersten Schallplatten aus PVC (Polyvinylchlorid). Hiermit wurde nochmals eine deutliche Steigerung der Tonqualität als auch der Spieldauer möglich. PVC-Schallplatten können bei 33 1/3 Umdrehungen pro Minute (5/9 s-1) bis zu 45 Minuten Musik und Ton pro Seite speichern.

Stereo

Später wurde durch die Einführung der Stereo-Schallplatte eine weitere Steigerung der Hörqualität erzielt. Die Stereodekodierung erforderte ein spezielles Stereoabtastsystem: Statt bei der Wiedergabe nur die reine Seitwärtsbewegung des Tonabnehmers auszuwerten wurde Tiefen- und Seitwärtsbewegung zur Gewinnung des Tonsignals herangezogen. Hier konkurrierten kurze Zeit das sogenannte "+"- und das sogenannte "x"-System miteinander. Das "+"-System setzte weiterhin die Seitwärtsbewegung direkt in das Tonsignal eines Kanals, die Tiefenbewegung in die des anderen Kanals um - die Tonabnehmerbewegungen für ein Tonsignal nur für den linken, dann nur für den rechten Kanal beschrieben also ein "+". Das "x"-System, das sich später durchsetzte, setzte dagegen die Tonsignale beider Kanäle in um ±45° gegen die Senkrechte geneigte Schwingungen um und war so vollkompatibel zur Monoaufzeichnung.

Solche Mono- und Stereoschallplatten wurden Langspielplatten (LP = Longplay) oder Album genannt. Die Abtastnadeln waren jetzt keine Stahlnadeln mehr, sondern spezielle Saphire oder Diamanten. Darüber hinaus gab es die kleinen Singles, die bei 45 Umdrehungen pro Minute (0,75 s-1) abgespielt wurden (wodurch die Tonqualität etwas besser als bei LPs ist) und nur ein Lied pro Seite enthielten, sowie die mit gleicher Geschwindigkeit abgespielten, größeren Maxi-Singles (auch mit EP für Extended Play bezeichnet). Maxi-Singles enthielten typischerweise 2 Lieder pro Seite und hatten den Durchmesser einer Langspielplatte.

Als Sonderform sei hier noch die Urform der EP erwähnt, die einen Durchmesser von 25 cm (im Gegensatz zu den 30 cm der LP und 17.5 cm der Single) aufweist und bei ebenfalls 33 1/3 Umdrehungen pro Minute 15 bis 20 Minuten Spielzeit pro Seite bietet.

Totgesagte leben länger - Die Vinylplatte seit den 1980er Jahren

 
Die ABBA-LP Super Trouper mit Hülle und Inlay

Mit der Einführung der digitalen Compact Disc (CD), welche sich in der Fachsprache Audio-CD nennt, gingen 1983 die Verkäufe und Produktionszahlen von Schallplatten rasch zurück. 1990 wurden doppelt so viele CDs verkauft wie LPs. Anfang der 1990er verkündeten die wichtigsten Konzerne der Phonoindustrie gemeinsam den Tod der Schallplatte. Fortan wurde nur noch auf die Audio-CD beziehungsweise später die Audio-DVD und anderer Weiterentwicklungen gesetzt.

Dabei hält eine kleine Verbrauchergruppe der Schallplatte nach wie vor die Treue. Hierbei spielen unter anderem nostalgische Aspekte, aber auch individuelle ästhetische und technische Vorteile der Schallplatte gegenüber der CD, eine Rolle. Zahlreiche Musikliebhaber bevorzugen die Schallplatte wegen ihres angeblich "lebendigeren" und "wärmeren" Klangs. Möglicherweise liegt dieser Eindruck darin begründet, dass digitale Medien bei leisen Passagen deutliche hörbare Quantisierungsfehler erzeugen, die im Vergleich zum Rauschen und Knistern der Schallplatte vom menschlichen Gehör deutlich schwerer auszufiltern sind.

Auch unter den DJs, besonders in den Bereichen House, Techno, Hip Hop, Drum & Bass etc., ist die Schallplatte nach wie vor nicht nur aus ästhetischen Gründe beliebt, sondern weil sie sich zum Scratchen und Mixen, einer Technik des Zusammenführens einzelner Tracks (Musikstücke) eignet. Die Schallplatte wird dabei auf einem speziellen Plattenspieler von Hand abwechselnd in und gegen Abspielrichtung bewegt bzw. in die anderen Tracks gemischt.

In den letzten Jahren ist die Zahl der verkauften als auch neu veröffentlichten Langspielplatten und Singles, ausgehend von einer niedrigen Bezugs-Anzahl, geringfügig gestiegen.

In Europa, mit England, werden heute jährlich rund 15'000'000 Schallplatten gefertigt. Die Schallplatte ist also noch lange nicht tot.

Sonderformen

Vertikalschriftplatten
Ab etwa 1900 nutzten verschiedene Hersteller, darunter vor allem der französische Konzern Pathé, das sogenannte Vertikalschriftformat. Die Aufzeichnung erfolgte hier nicht durch seitliche Ausschläge, sondern durch eine Auf-und-ab-Bewegung. Als Tonabnehmer fungierte keine Nadel, die die Tiefenunterschiede der Rille schnell zerstört hätte, sondern eine winzige, beweglich gelagerte Saphirkugel, die sich rollend durch die Rille bewegte. Systeme dieser Art blieben besonders in Frankreich und den USA bis in die 20er Jahre populär.
Ungewöhnliche Plattendurchmesser
Neben den Standard-Plattenformaten mit 25 cm und 30 cm Durchmesser gab es in der Schellack-Ära eine Vielzahl anderer kommerziell verwendeter Plattendurchmesser. Die kleinsten Serienplatten der Schellack-Ära waren, sieht man von Werbe- und Spielzeugplatten ab, die amerikanischen "Durium Junior"-Pressungen aus dem Jahre 1930 mit einem Durchmesser von 10,2 cm. Als die größten Serienplatten gelten die gewaltigen "Pathé Concert"-Pressungen aus der Zeit vor 1914, die einen Durchmesser von 50 cm aufwiesen.
Ungewöhnliche Materialien
Im Verlauf der ersten siebzig Jahre der Schallplattenherstellung gab es immer wieder Versuche, den teuren, schwer zu beschaffenden Rohstoff Schellack durch andere, billigere Materialien zu ersetzen. Die britische Firma Nicole Records präsentierte kurz nach 1900 Schallplatten aus einem mit Zelluloid beschichteten Fasermaterial. Wenig später erschienen bei Zonophone in Berlin die ersten "klingenden Postkarten" mit aufgeklebten Schallfolien aus Zelluloid. Die Stahlnadeln der Grammophone zerstörten diese Tonträger allerdings sehr schnell, weil dem verwendeten Zelluloid die nötige Abriebfestigkeit fehlte. Der britische Neophone-Konzern fertigte um 1906 vorübergehend Platten aus Pappe, die mit einem wachsartigen Trägermaterial überzogen waren und gewisse Probleme in Sachen Hitzebeständigkeit aufwiesen. In den 20er Jahren produzierte das in Berlin ansässige Unternehmen Metallophon Schallplatten aus lackiertem Stahlblech - die Vorzüge dieses Konzepts waren eher begrenzt, die Umsätze offenbar auch. Vor allem in der Studiotechnik wurden in den 40er Jahren Schallplatten aus beschichtetem Glas eingesetzt. Das kurioseste jemals zur Plattenherstellung verwendete Material dürfte allerdings Schokolade gewesen sein - um 1910 präsentierte der Süßwarenhersteller Stollwerck seine Schallplatten, die tatsächlich aus Schokolade gepresst waren, bekannte Kinderlieder enthielten und nach dem - nur wenige Male möglichen - Abspielen aufgegessen werden konnten.
Ungewöhnliche Formen und Farben
Vor allem im Bereich der Rockmusik, dem Rap und der elektronischen Musik werden Schallplatten angefertigt, die sich durch ihr Aussehen von der Standardplatte abheben. So sind z.B. die sog. picture vinyls recht verbreitet, die aus gefärbtem oder transparentem PVC bestehen. Auch Grafiken und Bilder werden auf die Schallplatte gedruckt. Diese Platten erscheinen oft in einer limitierten Auflage und haben einen hohen Sammlerwert. Eine weitere Variante sind die sog. shape vinyls. Anders als gewöhnliche Schallplatten sind diese nicht rund, sondern können die ausgefallensten Formen haben.
Frühe Langspielformate
Die ersten Versuche mit Mikrorillen-Formaten, die eine längere Spieldauer der Schallplatte ermöglichen sollten, unternahm der britische Tontechnik-Pionier Michaelis bereits im Jahre 1906. Sein Unternehmen Neophone produzierte 25cm-Platten mit einer Laufzeit von etwa 12 Minuten. 1929 präsentierte Thomas Alva Edison als eine seiner letzten Erfindungen eine Langspielplatte mit extremer Mikrorille (siehe Diamond Disc), die bei 80 U/min und 24cm Durchmesser eine Laufzeit von mehr als zwanzig Minuten pro Seite (!) aufwies. Die Platte konnte nur mit einem speziellen Diamant-Abnehmer wiedergegeben werden und war einen halben Zentimeter dick, um jegliche Flexibilität zu beseitigen. Die Empfindlichkeit der Mikrorillen, deren Wände schon durch normales Berühren der Platte beschädigt werden konnten, verhinderte jeden kommerziellen Erfolg des Systems, das nur einige Monate lang auf dem Markt blieb.
 
Aretino-Schellackplatte, ca. 1907-14, 2 Eurocent zum Größenvergleich in der Mitte
Platten mit atypischen Mittellöchern
Ein besonders in den USA vor 1914 verbreitetes Phänomen waren Schallplatten mit besonders großen Mittellöchern. Plattenhersteller wie Aretino und Busy Bee versuchten auf diesem Gebiet eigene Standards zu setzen; Hintergrund waren keine technischen Überlegungen, sondern bloße Vermarktungsstrategien. Ungewöhnlich kleine Mittellöcher, die aus einer vom westlichen Standard abweichenden Industrienorm resultierten, waren dagegen ein Merkmal sowjetischer Schallplatten aus den 20er und 30er Jahren.
Platten mit konstanter Lineargeschwindigkeit
Der Weg, den die Nadel beim Abspielvorgang auf der Platte zurücklegt, wird durch den spiralförmigen Verlauf der Schallrille von Umdrehung zu Umdrehung kleiner. Da bei konventionellen Platten die Drehzahl des Plattentellers stets konstant bleibt, sinkt die Geschwindigkeit der Nadel relativ zur Plattenoberfläche vom äußeren Rand der Platte bis zum inneren kontinuierlich ab. Diese Veränderung ist unter bestimmten Umständen akustisch wahrnehmbar. Um das Phänomen zu beseitigen, wurde seit den 20er Jahren mit Platten experimentiert, die durch permanente Anpassung der Drehzahl eine konstante Lineargeschwindigkeit aufwiesen. Jedoch musste jedes Abspielgerät mit einer speziellen Vorrichtung ausgerüstet und justiert werden. Eine dieser Vorrichtungen war in den USA der sog. "World Disc Record Controller". Durchgesetzt haben sich solche Systeme nie.
Schallplatten als digitale Datenträger
Ähnlich wie auf Magnetbandkassette (Datasette) können digitale Computerdaten theoretisch auch auf Schallplatten aufgezeichnet werden. De facto wurde diese Möglichkeit nur selten genutzt; die einzige in größerer Stückzahl produzierte Datenschallplatte war eine Pressung des DDR-Jugendradios DT64, die Software für den Kleincomputer HC900 enthielt.
Dubplates
Dubplates sind spezielle als Einzelstück gefertigte Schallplatten. Sie werden von DJs verwendet insbesondere um neue Musikstücke beim Publikum zu testen. Dubplates bestehen aus einer mit Azetat beschichteten Aluminiumplatte. Sie werden nicht mittels einer Matrize gepresst sondern direkt geschnitten. Das Azetat ist relativ weich, so dass eine Dubplate sich nur wenige Male abspielen lässt.
Final Scratch
Mit Final Scratch kann man digitale Audiodateien (z.B. MP3s) mit Hilfe spezieller Vinyl-Matrizen abspielen. Dazu wird die relative Bewegung der Nadel in der Rille einer speziellen Platte von einer Software registriert und umgerechnet, so dass damit die Abspielgeschwindigkeit und -richtung der Audiodateien gesteuert werden kann. So ist es möglich, beispielsweise MP3s (fast) wie echte Vinylplatten zu scratchen und zu mixen. Benutzt wird es hauptsächlich von DJs.

Siehe auch