Triclosan

organische Verbindung, Desinfektionsmittel, chlorierter Kohlenwasserstoff

Triclosan, das zur chemischen Stoffgruppe der polychlorierten Phenoxyphenole gehört, ist ein antimikrobieller Wirkstoff, der in einer breiten Palette von Bedarfsgegenständen, kosmetischen Präparaten und Desinfektionsmitteln als Biozid und Konservierungsstoff eingesetzt wird.

Strukturformel
Strukturformel von Triclosan
Allgemeines
Freiname Triclosan
Andere Namen
  • 5-Chlor-2-(2,4-dichlorphenoxy)-phenol
  • TCS[1]
  • 2,4,4′-Trichlor-2′-hydroxydiphenylether
  • 5-Chlor-(2,4-dichlorphenoxy)phenol
  • CH-3565
  • Lexol 300
  • Irgasan DP 300
  • Ster-Zac
  • TRICLOSAN (INCI)[2]
Summenformel C12H7Cl3O2
Kurzbeschreibung

weißer, kristalliner Feststoff[3]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 3380-34-5
EG-Nummer 222-182-2
ECHA-InfoCard 100.020.167
PubChem 5564
ChemSpider 5363
DrugBank DB08604
Wikidata Q408646
Arzneistoffangaben
ATC-Code

D09AA06

Wirkstoffklasse

Mikrobizid

Wirkmechanismus

Destabilisierung der Biomembran von Bakterien, Pilzen und behüllten Viren

Eigenschaften
Molare Masse 289,53 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[4]

Schmelzpunkt

55–60 °C[4]

Siedepunkt

> 280 °C (Zersetzung)[4]

Löslichkeit
  • praktisch unlöslich in Wasser[4]
  • mäßig in Natronlauge[3]
  • löslich in vielen organischen Lösungsmitteln[3]
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[5] ggf. erweitert[4]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 315​‐​319​‐​410
P: 273​‐​302+352​‐​305+351+338[4]
Toxikologische Daten

3700 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[6]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Verwendung

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Triclosan wird vor allem in Arzt- und Zahnarztpraxen sowie in Krankenhäusern eingesetzt, um die Übertragung von Krankheitskeimen zu verhindern. Desinfektionsmittel gehören zur Hauptgruppe 1 der Biozid-Produkte (Anhang V der ehemaligen Richtlinie 98/8/EG bzw. aktuell der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 (Biozid-Verordnung)). Triclosan ist gegen Bakterien, Pilze und/oder behüllte Viren wirksam. Triclosan wird deswegen in Kosmetikartikeln, wie zum Beispiel Zahnpasta, Deodorants und Seifen eingesetzt, ebenso in Haushaltsreinigern und Waschmitteln. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät jedoch vom Einsatz zur Desinfektion im Haushalt, z. B. in Reinigungsmitteln, ab, da durch die geringe Konzentration von Triclosan in den Reinigern eine Resistenzbildung von Bakterien zu befürchten sei, die durch Kreuzresistenz (ähnliche Wirkungsmechanismen) auch auf Doxycyclin oder Ciprofloxacin übergreifen könne.[7]

Überblick über die Verwendung von Triclosan:

  • Bestandteil von Desinfektionsmitteln für den professionellen Einsatz in Arztpraxen und Krankenhäusern.
  • In Konzentrationen von 1 % bis 3 % als Arzneistoff zur Behandlung von infektiösen Hautkrankheiten in rezepturmäßig in der Apotheke hergestellten Cremes (z. B. 1 % in anionischer hydrophiler Creme, einer Standardrezeptur im DAC). Cremegrundlagen mit nichtionischen Emulgatoren, wie etwa die Basiscreme DAC, sind ungeeignet, da die Stabilität der Zubereitung beeinträchtigt sein kann.
  • Wirkstoff in kosmetischen Präparaten und Zahncremes. Triclosan besitzt antiseptische und remanent desodorierende Eigenschaften, daher Einsatz als desodorierender Zusatz in festen Seifen und Flüssigseifen (Einsatzkonzentration: 0,2–0,5 %), Deo-Sprays (0,2 %) und Deodorants (bis zu 0,3 %). In antiseptischen Seifen und chirurgischen Handdesinfektionsmitteln auf Alkoholbasis kann die verwendete Konzentration 0,2–2 % betragen.[8]
  • Konservierungsmittel in kosmetischen Präparaten. In Deutschland beträgt die zulässige Höchstkonzentration für diese Anwendung gemäß Kosmetikverordnung 0,3 %.[9]
  • Matratzenbezüge, Sport- und Funktionstextilien, Schuhe, Teppiche, Kunststoff-Schneidebretter u. ä. werden teilweise mit Triclosan behandelt und als besonders „allergikergeeignet“ oder „frisch duftend“ beworben. Oft ist das an Namen wie Ultra-Fresh, Amicor, Microban, Monolith, oder Bactonix erkennbar. Der Einsatz von Triclosan in Textilien ist umstritten, da die natürliche Hautflora angegriffen wird.[10][11]

Exposition

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Nachweis von Triclosan im Urin von Schwangeren

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Forscher haben im Urin von Schwangeren sowie im Nabelschnurblut Triclosan nachweisen können. Die Forscher weisen auf den Einsatz von Triclosan in vielfältigen Produkten hin und die weitverbreitete Exposition gegen diese Substanz.[12] Eine kanadische Studie, veröffentlicht im April 2015, berichtet zudem über eine verminderte Fruchtbarkeit (längere Zeit bis zur Schwangerschaft) von Frauen, bei denen Triclosan-Werte von ≥71.7 μg/l im Urin nachgewiesen wurden.[13]

Anreicherung in Zahnbürsten

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In einer Studie wurde 2017 gezeigt, dass Triclosan sich in beträchtlichen Mengen in den Kunststoffborsten von Zahnbürsten anreichern kann. Dies war bevorzugt der Fall bei Zahnbürsten mit dünnen, weichen Borsten. Nach einem Wechsel auf eine triclosanfreie Zahnpasta wurde das gespeicherte Triclosan nach und nach wieder aus den Borsten freigesetzt. Eine ähnliche Anreicherung bei anderen Produkten wurde nicht ausgeschlossen.[14][15]

Toxikologie

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Triclosan bioakkumuliert in aquatischen Organismen, einschließlich Meeressäugern.[16] Vermutlich ist es ein endokriner Disruptor.[16] Triclosan steht im Verdacht, verschiedene Störungen beim Menschen zu verursachen, etwa eine Abnahme der Fertilität, eine Senkung des Body-Mass-Indexes, eine Abnahme von Gewicht, Größe und Kopfumfang bei Neugeborenen, eine Erhöhung des Risikos für Fehlgeburten, eine Erhöhung des Risikos für Asthma und Allergien sowie eine Erhöhung der Blutwerte für Marker von oxidativem Stress und für das Schilddrüsenhormon Triiodthyronin.[17] Vermutlich fördert Triclosan im Menschen das Wachstum von Tumoren der Leber und Entzündungen der Leber.[16] Das Risiko für eine Ausbildung bakterieller Resistenzen gegen Triclosan ist gering, allerdings überwiegen die gesundheitlichen Risiken den Nutzen, da die antimikrobielle Wirkung beim Händewaschen nur geringfügig besser ist als ohne.[18] Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2018 kommt jedoch zum Ergebnis, dass die bisherige Datenlage aufgrund methodischer Mängel und begrenzter Vergleichbarkeit der veröffentlichten Studien keine abschließende Beurteilung der Toxizität von Triclosan erlaubt.[19]

Umweltverhalten

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Umwandlung durch Sonneneinstrahlung

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Methyltriclosan

Unter Sonneneinstrahlung können sich aus Triclosan polychlorierte Dibenzodioxine und Dibenzofurane bilden. Das wiesen japanische Wissenschaftler 1988 in einem Experiment mit einer sonnenbestrahlten triclosanhaltigen Socke nach, worauf Triclosan für die biozide Ausrüstung von Textilien in Japan verboten wurde.[20] Triclosan kann im Abwasser zu Methyltriclosan methyliert werden, welches eine längere Halbwertszeit in der Umwelt aufweist.[1]

Verunreinigung von Gewässern

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Ein deutsch-slowakisches Forscherteam schätzt ein, dass Triclosan Platz sechs der problematischsten Stoffe in Europa belegt.[21]

Regulierung

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Die FDA stuft Triclosan als Bestandteil von antibakteriellen Handseifen als überflüssig ein und fordert Hersteller zur Änderung der Zusammensetzung auf.[22] Die Überschrift der Information zu Handseifen mit Triclosan lautet bei der FDA: „Antibacterial Soap? You Can Skip It – Use Plain Soap and Water“.[23] Im September 2016 wurde von der FDA die Verwendung von Triclosan in Seife und Flüssigseife in den USA verboten.[17]

Triclosan wurde 2012 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Triclosan waren die Besorgnisse bezüglich hoher (aggregierter) Tonnage sowie der Gefahren ausgehend von einer möglichen Zuordnung zur Gruppe der PBT/vPvB-Stoffe und als potentieller endokriner Disruptor. Die Neubewertung fand ab 2012 statt und wurde von den Niederlanden durchgeführt.[24]

Zum Schutz der Korallenriffe ist im Südseestaat Palau seit Januar 2020 die Einfuhr, der Vertrieb und die Verwendung von Triclosan-haltigen Sonnenschutzmitteln unter Strafe verboten.[25][26]

Handelsnamen

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  • Irgasan

Präparate

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Fertigarzneimittel (Kombinationspräparate)

Acne Crème Widmer/ -Gel/ -Lotio (CH), DuoGalen (D), InfectoCortiSept (D)

Waschlotionen/Kosmetika

Rutisept (D), Cliniderm (CH), Procutol (CH)

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. a b Walter Böhmer, Thorsten Bernhardt, Heinz Rüdel, Martin Müller, Andrea Wenzel: Retrospektives Monitoring von Triclosan und Methyl-Triclosan in Brassenmuskulaturproben der Umweltprobenbank. Fraunhofer IME, 2004, im Auftrag des Umweltbundesamtes Deutschland, abgerufen am 9. Juni 2013.
  2. Eintrag zu TRICLOSAN in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 16. September 2021.
  3. a b c Eintrag zu Triclosan. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 15. Mai 2014.
  4. a b c d e f Eintrag zu CAS-Nr. 3380-34-5 in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 26. Juni 2016. (JavaScript erforderlich)
  5. Eintrag zu Triclosan im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. August 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  6. Eintrag zu Triclosan in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM), abgerufen am 17. August 2021. (Seite nicht mehr abrufbar)
  7. Triclosan nur im ärztlichen Bereich anwenden, um Resistenzbildungen vorzubeugen. (PDF; 123 kB) Bundesinstitut für Risikobewertung, Stellungnahme Nr. 030/2006 des BfR vom 8. Mai 2006.
  8. Eintrag zu Triclosan in der Consumer Product Information Database, abgerufen am 29. November 2008.
  9. Anlage 6 zu § 3a der Kosmetik-Verordnung, Nr. 25. Code P 647, siehe Blaue Liste.
  10. Uta-Christina Hipler, Peter Elsner: Biofunctional Textiles and the Skin. Karger Medical and Scientific Publishers, 2006, ISBN 978-3-8055-8121-9, S. 12.
  11. Gang Sun: Antimicrobial Textiles. Woodhead Publishing, 2016, ISBN 978-0-08-100585-9, S. 9.
  12. Pregnant women and fetuses exposed to antibacterial compounds face potential health risks. American Chemical Society, 10. August 2014, abgerufen am 6. Dezember 2014.
  13. Maria P. Vélez, Tye E. Arbuckle, William D. Fraser: Female exposure to phenols and phthalates and time to pregnancy: the Maternal-Infant Research on Environmental Chemicals (MIREC) Study. In: Fertility and Sterility. Band 103, Nr. 4, 2015, S. 1011–1020.e2, doi:10.1016/j.fertnstert.2015.01.005, PMID 25681860.
  14. Triclosan reichert sich in Zahnbürsten an – Experiment enthüllt unkontrollierte Akkumulation und Abgabe des Desinfektionsmittels, auf scinexx.de vom 26. Oktober 2017.
  15. J. Han, W. Qiu, E. C. Campbell, J. C. White, B Xing: Nylon Bristles and Elastomers Retain Centigram Levels of Triclosan and Other Chemicals from Toothpastes: Accumulation and Uncontrolled Release. In: Environ Sci Technol. 25. Oktober 2017. PMID 29067803, doi:10.1021/acs.est.7b02839.
  16. a b c M. F. Yueh, R. H. Tukey: Triclosan: A Widespread Environmental Toxicant with Many Biological Effects. In: Annual review of pharmacology and toxicology. Band 56, 2016, S. 251–272, doi:10.1146/annurev-pharmtox-010715-103417, PMID 26738475, PMC 4774862 (freier Volltext).
  17. a b Lisa M. Weatherly, Julie A. Gosse: Triclosan exposure, transformation, and human health effects. In: Journal of Toxicology and Environmental Health, Part B. 20, 2017, S. 447–469, doi:10.1080/10937404.2017.1399306.
  18. C. A. Giuliano, M. J. Rybak: Efficacy of triclosan as an antimicrobial hand soap and its potential impact on antimicrobial resistance: a focused review. In: Pharmacotherapy. Band 35, Nummer 3, März 2015, S. 328–336, doi:10.1002/phar.1553, PMID 25809180.
  19. M. Goodman, D. Q. Naiman, J. S. LaKind: Systematic review of the literature on triclosan and health outcomes in humans. In: Critical reviews in toxicology. Band 48, Nummer 1, Januar 2018, S. 1–51, doi:10.1080/10408444.2017.1350138, PMID 28741979.
  20. T-Shirts mit Nebenwirkungen. In: NZZ.
  21. Triclosan gehört überwacht. UFZ, Pressemitteilung vom 26. Oktober 2012, abgerufen am 3. Mai 2015.
  22. Gesundheitsrisiko: Antibakterielle Seifen und Reiniger – Die US-Gesundheitsbehörde FDA (Food and Drug Administration) warnt vor Inhaltsstoffen in antibakteriellen Seifen und Haushaltsreinigern, auf: heute.at vom 2. September 2016. Englisches Original: FDA issues final rule on safety and effectiveness of antibacterial soaps, FDA vom 2. September 2016.
  23. Antibacterial Soap? You Can Skip It -- Use Plain Soap and Water. FDA, 2. September 2016, abgerufen am 6. Oktober 2016 (englisch).
  24. Community Rolling Action Plan (CoRAP) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA): Triclosan, abgerufen am 6. März 2022.Vorlage:CoRAP-Status/2012
  25. The Republic of Palau Bans Sunscreen Chemicals to Protect its Coral Reefs and UNESCO World Heritage site – International Coral Reef Initiative. In: icriforum.org. 4. November 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. März 2020; abgerufen am 20. Februar 2020 (englisch).
  26. Palau verbietet Sonnencremes, die Korallen vergiften. In: Spiegel.de, 1. Januar 2020, abgerufen am 24. Februar 2020.