Graf Szapary der Pflüger
Die Schmach.
(1682.)
Du schönes stolzes Ungarland,
Mit Wein gesegnet, Wald und Saaten,
Donaudurchfluthet und umspannt
Vom weiten Halbkreis der Karpathen,
Von Allen, die Du einst gebarst
Und zu des Ruhmes Glanz erhoben,
Strahlt Einer vor im reinsten Licht.
Dem Kranz, den ihm der Dichter flicht,
Ganz Ungarn stöhnt in Band und Haft
Der übermüthigen Osmanen;
Vergeudet ward des Landes Kraft,
Zerbrochen hingen seine Fahnen.
Noch schwerer lastete die Schmach
Der Knechtschaft auf den Magyaren.
Da mußte manches edle Blut
Mit hohem Sinn und Heldenmuth
Graf Szapary, an Tugend groß,
Des Feindes Uebermacht erlegen,
Erduldet doch das schlimmste Loos.
Er ziehet unter grimmen Schlägen
Am schweren Pflug des Hamsabeg
Zusammen mit des Fürsten Pferde.
Mit seinem Blute, seinem Schweiß,
Doch nie mit einer Thräne heiß,
Eh’ noch die Sonne ihre Bahn
Am Morgenhimmel hat begonnen,
Hat schon der tückische Osman
Dem Ritter neuen Schimpf ersonnen.
Von scharfem Peitschenstrang umschwirrt,
Verhöhnt, gestoßen und getreten,
Vor Durst und Hunger krank, der Held
Pflügt ohne Murren so das Feld
Der Türke wähnt den hohen Mann
Mit ausgesuchter Qual zu beugen,
Was Bosheit Scheußliches ersann,
Der Held erträgt’s mit stolzem Schweigen.
So denkt er still: Mein Herr und Gott
Warb auch verspottet und geschlagen
Und zürnte seinen Quälern nicht
Und hat mit heiterm Angesicht
Die Rache.
(1684.)
Geschlagen ist das Türkenheer,
Und Wien entsetzt vom tapfern Polen.
Der Ungar greift zur scharfen Wehr,
Der Türke wünscht beschwingte Sohlen.
Ist in der blut’gen Waizner Schlacht
Vom Kreuz der Halbmond überwunden. –
Den Hamsabeg, zur Flucht gewandt,
Hält eisern eine Ungarhand.
Batthianyi ist’s, der edle Graf,
Der Waffenbruder war dem Pflüger
Und in der Schlacht den Hamsa traf
Und glücklich fing den türk’schen Tiger.
„Mein edler Freund, den Buben sieh,
Der Schmach Dir gab viel martervolle!
Nun thu’ ihm, wie er Dir gethan!
Spann ihn mit Deinen Stieren an
Doch Szapary zum Türken spricht:
„Nicht also sei Dir zugemessen!
Ich geh’ mit Dir nicht in’s Gericht.
Was Du mir thatest, ist vergessen.
Frei bist Du! Nimm mein eignes Pferd
Und reite heim zu Deinen Brüdern!“ –
Der Beg steht lange wie versteint.
„Das thust Du Deinem ärgsten Feind,
Darauf der Christ: „Mein Meister sprach:
„Ihr sollet Eure Feinde lieben!
An denen, die mit Haß und Schmach
Euch kränkten, sollt ihr Wohlthun üben!“
Sein Kreuz begoß mit seinem Blut,
Da betet er zum höchsten Wesen:
„Vergib, o Vater, ihnen mild!
Ihr Sinn ist ja von Nacht umhüllt.“
„Zu spät, o Herr, kommt Dein Geschenk!
Verloren gab ich meine Sache.
Denn meiner Thaten eingedenk
Erzittert’ ich vor Deiner Rache.
Nahm als Gefangner ich mit Hast.
Schon greift der Tod mir nach dem Leben.
Doch sterbend, Christ, erkenn’ ich dies:
Der seine Feinde lieben hieß,
„O nimm mich auf in seinen Bund
Und laß als Christen fromm mich sterben!
Du gabst mir Deine Liebe kund,
Laß nun die seine mich erwerben!“ –
Das Kreuz am Schwerte dar ihm reicht
Und gießt, geschöpft aus naher Quelle,
Ihm auf das Haupt mit hehrem Wort,
Dem Glauben an den ew’gen Hort,
Der Sterbende umfaßt das Kreuz
Und küßt’s mit brünstigem Verlangen.
Des Todes Schatten hat bereits
Sein Haupt mit kaltem Hauch umfangen.
Dem Liebesspender zugekehrt
Und streckt ihm froh die Hand entgegen.
Und wie sie dieser weinend drückt,
Da wird er selig heimentrückt.