Budapester Beiträge Zur Germanistik 2012 68
Budapester Beiträge Zur Germanistik 2012 68
Budapester Beiträge Zur Germanistik 2012 68
Forschungsstand
Forschungsstand
Zusammengestellt von
Elisabeth Knipf-Komlósi, Maria Erb und Márta Müller
Budapest 2012
Reihe herausgegeben von Prof. Dr. Elisabeth Knipf und Prof. Dr. Karl Manherz
ELTE Germanistisches Institut
Budapest 2012
Ungarn gilt heute als ein einsprachiges Land, in dem jedoch Reste von Minder-
heiten leben.
Von den in Ungarn registrierten dreizehn Minderheiten (Kroaten, Serben,
Rumänen, Ruthenen, Slowaken, Deutsche, Ukrainer, Griechen, Sinti und Roma,
Polen, Bulgaren, Slowenen) ist die deutsche Minderheit eine der zahlenmäßig
bedeutendsten und mit einer mehrhundertjährigen Vergangenheit eine der his-
torisch tradiertesten.
Als verhältnismäßig kompakte Siedlungsgebiete werden auf dem Territorium
des historischen Ungarn (vor 1919, heute auf dem Territorium von Österreich,
Ungarn, Serbien, Kroatien, Rumänien und in der Slowakei) folgende betrachtet:
- das Ofner Bergland mit der Umgebung von Budapest (Budai Hegyvidék),
- das Schildgebirge (Vértes),
Die nationalen und ethnischen Minderheiten lebten und leben heute noch zum
überwiegenden Teil in Streu- und Mischsiedlungen. Die Tatsache, dass keine der
Minderheitengruppen über abgrenzbare, einheitliche Gebiete verfügte, hat his-
torische Ursachen. Die internen soziopolitischen Faktoren des 20. Jahrhunderts,
die mit der eintretenden Industrialisierung verbundene Mobilität der Bevölke-
rung, die innere Migration vom Land in die Stadt, haben diese Zerstreutheit der
Minderheiten noch verstärkt.
Laut Angaben der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen aus dem
Jahre 2001 lebt die Mehrheit der Minderheitenbevölkerung in ländlichen Ge-
meinden und Dörfern. Ihre Zahl ist einer kontinuierlichen Abnahme ausgesetzt.
Die ethnische Zusammensetzung dieser Ortschaften war keineswegs homogen.
Besonders im Süden Ungarns, aber auch an der Westgrenze, gab und gibt es
heute noch Ortschaften, in denen neben der ungarischen Bevölkerung auch ein
beachtlicher Anteil deutscher und slawischer Minderheit lebt. Es kommt aller-
dings nur noch ganz selten vor, dass in einem Dorf eine Minderheit die Bevölke-
rungsmehrheit bildet; in den meisten Fällen geht es um mehrheitlich ungarisch-
sprachige Dörfer mit einem kleineren Bevölkerungsanteil einer oder mehrerer
Nationalitäten. Im Übrigen ist für die Minderheitenbevölkerung in Ungarn im All-
gemeinen, so auch bei den Deutschsprachigen – besonders nach dem Zweiten
Weltkrieg –, teils als Zeichen ihres Assimilationswillens, die Exogamie charakte-
ristisch geworden.
Zugehörigkeit
zur dt. 62.233 30.824 11.310 - 8.640 2617 302.198
Minderheit
Bindung zur dt.
88.416 - - - - - -
Kultur
Dt. im
Familien- und 53.040 - - - - - -
Freundeskreis
1 Dieses Kapitel wurde übernommen aus: Manherz, Karl/Wild, Katharina (2002): Zur Sprache und
Volkskultur der Ungarndeutschen. (Ungarndeutsches Archiv 3.) Budapest: ELTE Germanistisches
Institut. 65-69.
10
'Druck'.)
Das Ungarische Mittelgebirge gliedert sich mundartlich in einen Ost- und ei-
nen Westabschnitt, die durch die Moorer Senke/Móri árok getrennt sind. Im
Norden liegt isoliert Deutschpilsen/Nagybörzsöny. Seine Mundart hat sich aus
südbairischen und ostmitteldeutschen Elementen entwickelt und bewahrt viele
archaische Züge (plut ‘Blut’, lib ‘lieb’, prot ‘breit’, äizn ‘essen’ u. a.). Am auf-
fallendsten ist der Wandel von w zu b bzw. von f zu w im Anlaut: belt ‘Welt’, welt
‘Feld’ usw. Die zweite Lautverschiebung ist nur teilweise durchgeführt bei p: im
Anlaut erscheint p als k (kfot ‘Pfaid’: ‘Hemd’), in anderen Stellungen finden wir
c
unverschobenes p wie im Mitteldeutschen (äipal ‘Apfel’, k eup ‘Kopf’). Anlauten-
des j erscheint zu dj affriziert (djor ‘Jahr’), s ist im Anlaut vor Vokal immer stimm-
haft (zis ‘süß’).
Der Ostabschnitt nördlich der Moorer Senke/Móri árok wurde von den bai-
rischen Mundarten des Ofner Berglandes gestaltet und ausgeglichen, an den
Rändern gibt es aber kleinere deutsche Sprachinseln: eine ostfränkische Mund-
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2 Jenő Kiss (2002: 392) spricht über „lebende synchrone Mundartwörterbücher” (übers. von E.K.-K.),
dessen Daten, Angaben die jeweilige Sprachkompetenz der Sprecher, den jeweiligen Sprachzustand
widerspiegeln.
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Obwohl diese Zahlen auf subjektiven Angaben der Befragten beruhen, veran-
schaulichen sie ganz klar und deutlich die gegenwärtige Sprachinselsituation:
die beachtliche Divergenz zwischen der Kompetenz der Muttersprache (Minder-
heitensprache) der ungarndeutschen Sprecher und ihrer (emotionalen) Bindung
an die durch die Familie, die Sprachgemeinschaft oder durch ein soziales Netz
weiter tradierte Kultur und die Werte der deutschen Minderheit3.
In Anbetracht dieser Faktorenkonstellation kann die gegenwärtige sprachli-
che Situation dieser Minderheit summierend anhand folgender Eckpunkte erläu-
tert werden:
3 Die Ursachen zur Erläuterung der genannten Fakten sind in der Fachliteratur mehrfach besprochen
worden (vgl. Wild 2003, Knipf 2011)
4 Die Wurzeln des Dialektabbaus gehen auf die Mitte des 20. Jahrhunderts zurück, als der Domänen-
und Funktionsverlust der deutschen Mundarten nach 1945 begonnen hat.
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2) Im Laufe des Sprachinseldaseins ist die Landessprache zur ersten und häufiger
gebrauchten Kommunikationssprache, zur funktional wichtigsten Sprache, avan-
ciert, welcher Umstand auch zu einer starken Archaisierung sowie zu einem Ero-
dieren, ja zu einem Verlust des genuinen Mundartwortschatzes führte. Als Iden-
tifikations- und Kommunikationssprache rückte die Landessprache in fast allen
Sprachgenerationen an die erste Stelle. Durch den allgemeinen Funktionsverlust
der Ortsdialekte sowie den kontinuierlichen und wachsenden Einfluss der un-
garischen Sprache auf den Sprachgebrauch dieser Gruppe kommt es verständli-
cherweise zu einer Sprachmischung, dessen natürliche Folge ein erhöhter Grad
von Code-Switching ist. Diese Phänomene gelten in vielen deutschen Sprach-
inseln, von Osteuropa bis Amerika, als die normale selbstverständliche Sprech-
weise von Minderheitensprechern. Der Wechsel der Sprachen ist ein Zeichen
mit semiotischer Funktion, einer indexikalischen Funktion, wodurch der Spre-
cher seine lokale und soziale Verortung, seine doppelte Identität, Einstellung
und/oder emotionale Bindung zu dieser Minderheit äußert.
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6 Erfasst wurden die nachtürkischen deutschen Sprachinselmundarten des historischen Ungarn, vie-
le der 135 Belegorte und der 10 Überlieferungsgebiete befinden sich aber innerhalb der heutigen
Staatsgrenzen des Landes.
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B) Zum Lemmaansatz
Da das Lehngut eine besondere Gruppe der lexikalischen AusstaƩung der Mund-
artwortschätze darstellt, ist es angebracht, es bereits durch die typographische
Gestaltung der SƟchwörter auch opƟsch zu kennzeichnen und dadurch vom in-
digenen Wortgut zu unterscheiden. Zur Markierung dient die Kursivsetzung: csiz-
ma ’SƟefel’, csikós ’Pferdehirt’, kapor ’Dill’. Bei Hybriden wird nur das ungarische
KomposiƟonsglied kursiv gesetzt, das indigene dagegen steht steil: cirok besen
’Besen aus Faserhirse’, aƫch lekvár ’Aƫch-/Holundermarmelade’, gemeinde bika
’Gemeindestier’.
Weitaus komplizierter ist die Frage, in welcher Sprache „Deutsch vs. Unga-
risch“ sollen die Lemmaansätze erfolgen? Die Antwort darauf ist jedoch nicht
pauschal, sondern – nach Abwägung der Möglichkeiten bzw. der Vor- und
Nachteile – für die einzelnen, meistvertretenen Kategorien (Bezeichnungsent-
lehnung, Hybride, Lehnprägung) differenziert zu treffen. Wie dies bereits aus
obigen Beispielen hervorgeht, stehen beim sog. äußeren Lehngut (auch bei Hy-
briden) die ungarischen „Vorlagen“ der Lehnwörter als Stichwörter. Da die ein-
zelnen Ortsmundarten bei der lautlichen Einbettung jeweils ihre eigenen Laut-
gesetze geltend gemacht haben (s.w.o.), ist ein deutsch-dialektaler Ansatz nicht
möglich, als einzige Konstante und damit als Tertium comparationis erweist sich
daher das modellsprachliche Formativ. Zur Veranschaulichung sollen hier nur die
Ortsbelege für ung. bojtár ’Hirtenjunge’ stehen: puitaar, puitaa, poitaar, boitaar,
buitaar, buitr, wuitaar. Bei den zahlenmäßig weniger vertretenen Lehnprägun-
gen – überwiegend Lehnübersetzungen – dagegen besteht jedoch auch die
vertretbare Option eines deutschen Stichwortes, auf den Lehngutstaus weist die
Kursivsetzung hin: ausgeben ’vermieten’ < ung. kiad ’ds.’; gefülltes Kraut ’Kraut-
wickel’ < ung. töltött káposzta ’ds.’.
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7 Diese sind: Benkő et al. (1967), Ortutay et al. (1977/1982), Hadrovics (1985), Benkő et al. (1993/1995),
Lőrinczy et al (1979/2007).
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gekennzeichnet worden sind und aus denen – dank der oben erwähnten Vorar-
beiten – reichlich Belegmaterialien vorhanden sind.
Gewisse Vorarbeiten in Form von Forschungs- und Feldarbeit haben somit schon
längst ihren Anfang genommen: Die Untersuchungen von Hutterer und sei-
ner Schule im Plattensee-Oberland sowie in anderen Gebieten Ungarns, in der
Nachfolge von Hutterer die soziolinguistischen und folkloristischen Forschun-
gen von Karl Manherz (Budapest)8, die in den vergangenen drei Jahrzehnten in
der südlichen Branau von Katharina Wild fortgesetzt wurden. Selbst in unseren
Tagen werden diese Forschungen in allen drei großen Arealen ungarndeutscher
Mundartlandschaften weiter geführt.9
Erwähnenswert sind unbedingt jene Einzelarbeiten, wie das Glossar der
Mundart von Vaskút (Batschka)10 von Paul Schwalm (1979), die von Hans Gehl –
zwar nicht direkt zu den ungarndeutschen Mundarten, doch z.T. auch diese mit
inbegriffen – zu den Themenbereichen Bekleidungsgewerbe (1997), Baugewer-
be (2000), Landwirtschaft (2003) und donauschwäbische Lebensformen (2005)
gesammelten und zusammengestellten Wörtersammlungen und Glossare bzw.
Ende der 90er Jahre von Konrad Gerescher (1999) eine Sammlung zum Wort-
8 Die Feldforschungen von Manherz (1978) auf dem Heideboden und Westungarn. Hierher zu rech-
nen sind auch die volkskundlichen und musikhistorischen Forschungen von Prof. Karl Vargha in den
1960er und 1970er Jahren in Pécs und in der Branau.
9 Vgl. dazu Knáb (1994) Nadwar, Knipf in der Süd-Batschka (Baja und Umgebung), Erb (2005-06) Tarján,
Brenner (2008-09) Westungarn, Müller (2011) Werischwar.
10 Schwalm (1979).
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Die Makrostruktur des WUM besteht aus drei Teilen: Das erste Kapitel erläutert
grundlegende Informationen zum Aufbau des Wörterbuchs sowie der Wortar-
tikeltypen, die für die effektive und ökonomische Handhabung des WUM nötig
sind. Dieses Kapitel geht darauf ein, nach welchen Kriterien die Lemmata im
WUM aufgenommen und geordnet wurden, bzw. nach welchen Lemmatypen
das dialektale Material kategorisiert werden konnte. Um die Benutzung erleich-
tern zu können, wird der Artikelaufbau der vier Lemmatypen mit Beispielartikeln
veranschaulicht. Anhand dieser Musterartikel werden die Merkmale der in den
Wörterbucheinträgen komprimiert gespeicherten grammatischen Angaben,
Zusatzangaben (z.B. zu den Informationskategorien Stil, Alter, Sachbereich), Be-
deutungsangaben, Lautungsangaben (z.B. Lautschrift und Lauttabelle mit Be-
legbeispielen), volkskundlichen Kommentare, etymologischen Angaben sowie
die Merkmale des Verweisapparats detailliert erklärt. Ebenfalls im ersten Teil
sind die Verzeichnisse der in den einzelnen Wörterbucheinträgen benutzten
Abkürzungen und Symbole, der Ortssiglen sowie der exzerpierten Quellen zu
finden. Desgleichen sind im ersten Teil die kurzgefasste Siedlungsgeschichte der
Ungarndeutschen (mit Karten über die Siedlungsräume bzw. Verbreitung der
deutschen Mundarten in Ungarn) sowie ein Unterkapitel, das die sprachlichen
Besonderheiten der ungarndeutschen Mundarten darstellt, untergebracht.
Diesen Benutzungshinweisen schließt sich der zweite Teil, das eigentliche
Wörterbuch, d.h. das Verzeichnis der Wörterbuchartikel an, welchem Verzeichnis
der dritte Teil des WUM, der Nachspann, bestehend aus einem Belegregister und
der Liste der Publikationen zum WUM folgt.
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Exzerpiert und digitalisiert werden in erster Linie die hand- und maschinenge-
schriebenen Zettel des Zettelkatalogs im Ungarndeutschen Forschungszentrum
(ELTE/Budapest), ferner Dissertationen und Beiträge, die sich auf eine Beleg-
sammlung stützen oder volkskundliche Themen aus dem Alltag dieser Sprach-
gemeinschaft (z.B. Tracht, Tischtraditionen, Wendepunkte des menschlichen Le-
bens, Weinbau, Ackerbau, Feiertage rund um das Kirchenjahr etc.) behandeln.
Die systematische und wissenschaftlich fundierte Erforschung der deutschen
Minderheit begann erst am Anfang des 20. Jahrhunderts, dementsprechend
reicht die Reihe der bisher verzettelten bzw. in dieser Hinsicht noch ausstehen-
den Beiträge in die 1900er Jahre zurück. Durch das Exzerpieren von Arbeiten,
die vor 1945 entstanden sind, ist gewährleistet, dass in der Datenbank Materi-
al aufgenommen wird, das aus heute schon völlig madjarisierten Ortschaften
stammt wie im Ungarischen Mittelgebirge den Siedlungen Ißzimmer/Isztimér
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Lemmatypen
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Zum ersten Lemmatyp gehören die Mundartwörter, die von ihren heutigen stan-
darddeutschen Äquivalenten formal nicht oder – z.B. wegen verschiedener Laut-
veränderungen (wie Metathese oder Apokope) – in verschwindend geringem
Maße abweichen, wobei ihre Bedeutungen den Bedeutungen der standarddeut-
schen Äquivalente entsprechen, z.B. Moang ’Morgen’, taunkn ’danken’, woam
’warm’. Zu diesem ersten Lemmatyp gehören auch die dialektalen Komposita,
bei denen bestimmte Konstituenten (meistens die Grundwörter) mit den dem-
entsprechenden Konstituenten in ihren standarddeutschen Äquivalenten über-
einstimmen, andere Konstituenten (meistens die Bestimmungswörter) mit den
entsprechenden Konstituenten in ihren standarddeutschen Äquivalenten aber
nicht. Die mit den standarddeutschen Äquivalentenkonstituenten formal nicht
übereinstimmende Konstituente gehört aber zu demselben Bedeutungsfeld wie
die dementsprechende Konstituente in dem standarddeutschen Äquivalent, wie
die Konstituenten alt und groß im Falle der Bezeichnungen (fränk.) Altvadr und
(st.dt.) Großvater.
Ebenfalls dem ersten Lemmatyp sollen die Mundartwörter zugeordnet wer-
den, die weder in ihrer Form noch in ihrer Bedeutung von den standarddeut-
schen Äquivalenten abweichen, wohl aber in ihren grammatischen Eigenschaf-
ten (z.B. in Genus, Numerus, Deklination oder Konjugation) wie der Butter ’die
Butter’ (Genus), die Better ’die Betten’ (Pluralform).
Der zweite Lemmatyp umfasst die Mundartwörter, deren mindestens eine
Bedeutung vom standarddeutschen Äquivalent abweicht wie Fledermaus
’Schmetterling’, aber auch ’Fledermaus’, bled ’blöd’, aber auch ’abgenutzt’ und
Diwane ‘Diwan‘, aber diwane auch ‘plaudern‘.
Der dritte Lemmatyp schließt die sog. echten Dialektwörter im engeren Sin-
ne ein, die auch in Ungarn arealtypisch, nur in bestimmten Dialektregionen er-
hebbar sind. Diese Dialektwörter werden in der heutigen deutschen Standard-
sprache mit einer anderen Lautkette bezeichnet; meistens verfügen diese Dia-
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Mikrostruktur
Die primäre Funktion der Mikrostruktur besteht darin, die Informationen, die
„links an die Lemmagestaltangabe adressiert” sind (Wiegand 1989: 425), in der
Form des Wörterbuchartikels zu organisieren. In Anbetracht dessen, dass unter
den Lemmata des WUM Sprachdaten verschiedener (bairisch-österreichischer,
fränkischer, hessischer, pfälzischer, fuldischer) Mischmundarten subsumiert wer-
den, welche Sprachdaten wegen ihres spezifischen Sprachinselcharakters sowohl
von der standarddeutschen Leitform (bzw. von dem standarddeutschen Stich-
wort) als auch voneinander vorzugsweise in Lautung, Morphemstruktur und Se-
mantik abweichen können, ist es nicht verwunderlich, dass die gezwungenerma-
ßen provisorisch-theoretische Festlegung der obligatorischen und fakultativen
Informationsklassen sowie deren Abfolge im WUM die mit den größten Anstren-
gungen verbundene Etappe der bisherigen Wörterbucharbeit darstellte.
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15 Aufgrund der Landkarte Die Deutschen in Ungarn. Landkarte mit den deutschen Ortsnamen (2004). Bu-
dapest: Neue Zeitung Stiftung.
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17 Pm: Pußtawam/Pusztavám; Gt: Gant/Gánt; Wr: Werischwar/Pilisvörösvár; Pl: Pohl/Nagypall; Ra: Rat-
ka/Rátka; Schf: Schwabendorf/ Kőszegfalva; Getz: Geschtitz/Geßtitz/Gestitz/Várgesztes; OB: Ofner
Bergland/Budai hegyvidék; Ög: Ödenburg/Sopron;
18 Hbn: Heideboden/Mosoni-síkság; Wr: Werischwar/Pilisvörösvár; Gt: Gant/Gánt; Wigsch: Wigatsch/
Wikatsch/Bikács; Jg: Jerking/Jirking/Györköny; Getz: Geschtitz/Geßtitz/Gestitz/Várgesztes; Ra: Rat-
ka/Rátka; Ög: Ödenburg/Sopron; OB: Ofner Bergland/Budai hegyvidék;
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alt Adj. 1. nicht mehr jung: oidj, ööidje älter (Ek)21, oid (Gt ), ald (Bn, Bz),
elde älter (Sl), öüdast ältest (Getz). Ra: Wan unzen Hevrkot än Noaan wel
mach, noch lester än alde Man ti Fraa schtevrp. Wenn unser Herrgott
einen Narren will machen, noch lässt er einem ~en Mann die Frau sterben
(Bz). 2. eine bestimmte Zeit vorhanden, im Gebrauch befindlich: aus
dem altem Hus, aus dem ~en Haus (Getz); aldi Waikade, ~er Weingarten
(Bn) 3. abw. bei Schimpfwörtern: ojdi Khuuə, ~e Kuh; ojda Pouk, ~er
Bock; ojdä Knäip, ~er Kneip, ojdä Schepərə, ~e Mannsperson. Ra: än
alde Pok komer es Tantse nimi (schwevr) paikepreng. Einem ~en Bock
kann man das Tanzen nicht mehr (schwer) beibringen (Bz). → -gebacken,
-gevätterisch, -wein. öreg, régi.
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blöd Adj. 1.a dumm, töricht: pleed (Wr)26, bled (Gara), pleedi Kua ~e Kuh
(Wr) bleder Kel ~er Kerl (Gara) 1.b geistig behindert: Der hot in dr Schul
net kenne lenne, der war a bissl bled Der hat in der Schule nicht können
lernen, der war ein bisschen ~ (Gara) 2. schüchtern, schamhaft, sehr
zurückhaltend: Nemm dr narnoch a Stickl, sai net so bled! Nimm dir nur
ein Stückchen (Kuchen), sei nicht so ~! (Gara) 3. abgenutzt, zerschlissen
(Kleid, Tuch): Des kannscht wegwerfe, des is jo schun so bled, der vrreißt
bal Das kannts du wegwerfen, das ist ja schon so abgenutzt, der zerreißt
bald (Gara). buta, ostoba, bárgyú, félkegyelmű, félénk, félszeg, foszladozó,
kopott.
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bojtár S m ‘Hirtenjunge’ puitaar (Marka) 1940, (Taur, Scheng, Lr, Ng, Kk,
Si, Nr) UDSA I.2. 294, puitaa (Af, SW, Hau, Hg) UDSA, poitaar (Erbn,
Wel) UDSA, (Hß, At, Matz) UDSA 1.2. 294, boitaar (Pua, Deug) UDSA,
(Paln, Ked) UDSA I.2. 294, buitaar (Pn, Atscha) UDSA, (Ad, Wigsch,
Mesch) UDSA I.2. 294, buitr (Haau) 1935, wuitaar (Ißr) 1906, (Ern)
UDSA. Etym: < ung bojtár, (dial) buitár ’Hirtenjunge’; Urspr im Ung
umstr: 1. Innere Entwickl; 2. Lw aus dem Dt (Bair-öst): wacher, woχTə(r),
wachtære ’Wächter’; Aus dem Ung auch ins Slowak, Rum und Serbokr
(EWUng 118; Hadr 151; Tam 134f). → Klein-, Groß- Halters-, Schaf-;
Halter, Halterbub, Haltersknecht, Haltergesell, Hüter, Knecht, Kuhhalter,
Sauhalter, Schafhalter, Schafler, Schafhirt, Schafknecht, Schäfer.
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8 Literatur
Ágel, Vilmos/Paul, Rainer/Szalai, Lajos (Hgg.) (1986): Beiträge zur historischen Lexikographie.
Budapest. 111-12 (= Budapester Beiträge zur Germanistik 15)
Benkő, Loránd (et al) (1967): A magyar nyelv történeti-etimológiai szótára.
(=Historisch-etymologisches Wörterbuch der ungarischen Sprache) Budapest.
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