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Ber.

ANL 28 143 -157


(2004) Der treffende Ton* Ratgeber

für das

*Mit freundlicher Genehmigung der


Kohtes Klewes Bonn GmbH Texten in
Kaiserstraße 31-37
53113 Bonn
Text und Konzept:
Corinna Wehlen
Bildnachweis der PR-
stone
Duales System Deutschland AG
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck,
auch auszugsweise, nur mit
Genehmigung des Herausgebers Redaktion

Vor-Wort

Jede anständige Publikation enthält eines – doch im Grunde genommen steht in einem
Vorwort selten etwas Wesentliches. Meist handelt es sich um eine umständlich formulierte
Inhaltsangabe mit einer Art Rechtfertigung der Publikation. Noch häufiger langweilt sich der
Leser von Vorworten zu Tode. Deshalb in aller Kürze: Die folgenden Seiten sind für
Praktikanten, Trainees, Volontäre, „werdende“ Texter, Berater (Briefen und Beurteilen von
Texten) und Sprach-Interessierte gedacht. Zum Einlesen, Auffrischen, Auswendiglernen und
Beherzigen. Über alles Weitere gibt das Inhaltsverzeichnis Aufschluss.
Viel Spaß bei der Lektüre!

Für Eilige: Lesen Sie mindestens die „17 Gebote“.

Inhalt 1 Wissens-Wert
Die „17 Gebote“ 144
2 Anders-Artig
Die PR-Redaktion 148
3 Viel-Seitig
„Zielgruppen“ und „Tonalities“ 149
4 Form-Vollendet
Die Textarten 152
5 Kunst-Voll
Die Headline 154
6 Schwung-Voll
Die Tricks gegen Langeweile 155
7 Einfalls-Reich
Die neue Idee 155
8 All-Täglich
Die Tipps für die Routine 156
Checkliste für Berater: richtig briefen 157

143
1 Wissens-Wert
1 Das Wichtigste zuerst! Die „17 Gebote“
Lassen Sie die Bombe platzen: Der Leser möchte sofort wissen,
worum es im Text geht. Den ersten Hinweis darauf sucht er in der
Überschrift, den zweiten gleich im ersten Satz, mindestens jedoch im
ersten Absatz. Leser schätzen es dagegen wenig, sich durch ein
sätzelanges „Problembewusstsein“ durchlangweilen zu müssen,
bis endlich die Information, die „Lösung“, die Botschaft des Kunden
sich offenbart. Falls Sie Informationen in Ihrem Text unterbringen
müssen, die im Namen des Kunden nicht fehlen dürfen, die aber keinen
Nachrichtenwert besitzen, bauen Sie solcherlei am besten in Nebensätze
ein – oder in das hintere Ende des Textes.

2 Alles klar!?
Schreiben Sie nichts, was Sie nicht verstanden haben und einem Dritten
nicht erklären könnten. Das heißt auch: Übernehmen Sie nichts,
was Sie nicht verstehen. Ein Beispiel: Sie haben Informationsmaterial
erhalten und lesen darin von einem „integrierten innovativen
Maßnahmenkatalog“. Bitte hüten Sie sich davor, eine solche Leerformel
selbst zu schreiben. Denn, was damit gemeint sein soll, können Sie
faktisch ja gar nicht verstanden haben, weil es schlicht nicht ausgesagt
wurde. Um welche Maßnahmen handelt es sich genau? Was ist daran
innovativ? Und was ist wo integriert (was bedeutet „integriert“ in
diesem Zusammenhang, lässt es sich ohne dieses bürokratisch klingende
Fremdwort sagen?)? Bitte schreiben Sie die Antworten auf diese Fragen
in Ihren Text. Oder schreiben Sie gar nichts davon. Aber schreiben Sie
nichts, was nichts aussagt. Verbannen Sie außerdem Fremdwörter aus
Ihrem Text. Ersetzen Sie Fremdwörter durch ein passendes deutsches
Wort oder, falls das Wort unverzichtbar ist, erklären Sie es. Dies gilt
selbstverständlich nicht für inzwischen „eingedeutschte“ Wörter wie
„Computer“ oder „Ticket“. Selbstverständlich ist in diesem Fall nicht
viel – denn für jeden Leser ist etwas anderes selbstverständlich. Für Sie
mag das beispielsweise die Bedeutung von „Printmedien“ sein;
empfehlenswert ist es jedoch, statt-dessen von „Zeitungen“,
„Zeitschriften“, „Broschüren“, „Flugblättern“ oder „Rundschreiben“
zu schreiben!

Verbannen Sie Fremdwörter aus Ihrem Text!


3 Alles ist relativ! Mehr über gute Beziehungen zwischen Worten:
Es gilt, wie gesagt, Fremdwörter zu vermeiden – das ist relativ Der Bonner General-Anzeiger veröffentlichte
schwierig, wie schon einfache Beispiele zeigen, doch nun mehr über die am 17. April 1999 folgende Meldung:
Nach Zeugenaussagen stürzte das
Relation: Dinge wie Worte stehen in einem Verhältnis, einer Beziehung Sportflugzeug brennend ab
zueinander. Wir bewerten Dinge und Worte selten allein, sondern fast
immer im Zusammenhang mit diesem Verhältnis. Aus diesem Grund ist Bitburg (dpa). Beim Absturz eines Sportflugzeuges in
es besonders wichtig, Worte mit der richtigen Satzstellung zu wählen. Rheinland-Pfalz sind gestern abend vier Menschen
Wer die Beziehungen von Wörtern untereinander nicht beachtet, kann ums Leben gekommen. Nach Zeugenaussagen war
die Piper Arrow 4 brennend in der Nähe von
Missverständnisse verursachen – das kann natürlich nicht das Ziel von Zendscheid (Kreis Bitburg-Prüm) in einen Wald
Öffentlichkeitsarbeit (Fachwort!) sein. gestürzt und zerschellt. Die Maschine sei teilweise
ausgebrannt, berichtete die Polizei. Nach ersten
Hinweisen kam die Maschine aus den Niederlanden.
4 Lieber das Gute!
Schreiben Sie positiv statt negativ. Geben Sie „einfach“ den Vorzug vor Dieses Ereignis ist sicher tragisch – besonders tragisch
erscheinen die Umstände: Kaum hatten Zeugen ihre
„nicht schwer“. Schreiben Sie „möglich“ anstelle von „nicht Aussagen gemacht, stürzte das Flugzeug brennend ab
ausgeschlossen“ oder „anziehend“ statt „unwiderstehlich“, „erstaunlich“ … Dieses Missverständnis ist eines zu viel, und es lässt
statt „unglaublich“. Dies gilt besonders für Werbetexte und Produkt- sich auch vermeiden. Beispielsweise hätte es auch
PR-Texte. Die Unterschiede sind nur fein, doch sie wirken in der heißen können „Sportflugzeug (bei Bitburg) abgestürzt“.
Summe einfach positiver –und möglicherweise unbewusst. Der Umstand, dass Zeugen offenbar das brennende
Flugzeug abstürzen sahen, kann auch im Fließtext und
mit einer anderen Satzstellung genannt werden.
5 Immer aktiv! Rheinische Post, 8. April 1999:
Formulieren Sie aktiv. Das Passiv ist ausgesprochen bürokratisch, Duisburg (dpa). Zwei kostbare Paradieskraniche haben
und es verwischt noch dazu die Tatsachen. Das Subjekt, die handelnde Unbekannte Diebe aus dem Duisburger Zoo gestohlen.
Person, versteckt sich (in diesem Fall: wird versteckt). Beispiele kennen Wie der Tierpark gestern berichtete, wurde eine
Sie aus Ihrem beruflichen Alltag: „Die Teilnehmer werden gebeten, Belohnung von 500 Mark für Hinweise zur
Wiederbeschaffung der seltenen Vögel ausgesetzt.
rechtzeitig vor Veranstaltungsbeginn zu erscheinen.“ Wer bittet hier (…)1
genau? Warum dann nicht lieber: „Bitte erscheinen Sie rechtzeitig vor
Beginn der Veranstaltung.“ Seltene Vögel müssen es schon sein, die so etwas tun!

144
Bevorzugen Sie die Tätigkeitswörter, die Verben,
und zwar die bildhaften:

6 Kein Fachchinesisch!
klirren Manches Fremdwort mag Ihnen nicht wie eines vorkommen.
Schließlich gibt es Fremdwörter, aber auch deutsche Wörter, die einem

plärren begrenzten Personenkreis sehr geläufig sind. Für PR-Consultants


(Achtung, Fachwort) wären dies zum Beispiel: „Botschaften
kommunizieren“, „briefen“, „konzeptionelles Denken“,
„Maßnahmenplanung umsetzen“, „strategischer Ansatz“,
sausen „zielgruppenspezifisch“, „Meinungsbildner“, „Deadline“,
„initiativ Beraten“, „Umweltkommunikation“ (Kommunikation mit der
Umwelt? Siehe „Umweltverschmutzung“, „Umweltprobleme“) usw.
sägen 7 Keine Reihenhäuser!
Bauen Sie nicht zusammen, was nicht zusammengehört. Zum Beispiel
hämmern Hauptwörter: „Umweltkommunikation“ besteht aus zwei Hauptwörtern
– Und Sie wissen von diesen beiden aneinander geklebten Wörtern im
Grunde nicht, was sie aussagen. Kommunikation mit der Umwelt?
fliegen Kommunikation Über die Umwelt? Kommunikation mit Hilfe oder
durch die Umwelt? Ebenfalls aneinander gereiht sind zwei Hauptwörter
in „Schornsteinfeger“, „Dachdecker“ oder „Feuerwehrmann“ (letzteres

jaulen Beispiel enthält sogar drei Hauptwörter), allerdings werfen sie hier
keine Fragen auf. Dagegen das Beispiel „Weltgesundheitsorganisation“.
Wird hier die Gesundheit der Welt organisiert? Natürlich nicht.

zappeln Anschaulich sind auch Schöpfungen Wie „Atomausstieg“ oder


„Atomkonsens“. Dass hier weder der Ausstieg aus Einem oder mehreren
Atomen, noch die Einigkeit über ein oder mehrere Atome zum
Ausdruck kommen soll, liegt auf der Hand. Was, bitte, soll Sich ein
fahren Schüler unter diesen Begriffen vorstellen?
Ein Missverständnis ist programmiert.

rennen 8 Viele Tu-Wörter!


Verben erzeugen Bilder im Kopf der Leser. Abstrakte Verben wirken
dagegen Umständlich und unklar: stabilisieren, thematisieren,
schleichen funktionieren, integrieren, instrumentalisieren (Fremdwörter), aber auch
beinhalten, bewirken, haben, tun, sein, erfolgen, durchführen, erstellen
etc. Verzichten Sie auch auf Adjektive – es sei denn, sie sind notwendig,
jagen um etwas zu beschreiben oder unterscheiden, zum Beispiel „der große
Mann“, „der kleine Mann dagegen … „Weshalb schreibt einer wohl im
„schulischen Bereich“ anstatt „in der Schule/in Schulen“? Warum

schlagen schreibt einer von einem „integrativen Charakter“? Also von einer
Sache, die den Charakter hat, irgendwo integriert zu sein?
Was für ein Unsinn.

trösten 9 Lieber Sonne, Mond und Sterne!


Nehmen Sie nicht jedes Hauptwort – so manches verdient seinen Ruf
spielen nicht: Schaffung, Durchführung, Erstellung, Einrichtung (nicht die
Möbel, auch nicht das Mobiliar), Darstellung, Umsetzung,
Positionierung, Ausgestaltung, Optimierung, aber auch Gegebenheit,

etc. Planmäßigkeit, Anfälligkeit, Offenheit, ferner Initiative, Offensive usw.


Wie sehr bieten dagegen Turm, Strand, Winter ein Bild von den Dingen an.

10 Nicht doppelmoppeln!
Ehrlich entbehrlich … Dies meint Zweierlei: Streichen Sie zum einen Tautologien, also
„Der beliebteste Blähkörper ist das Adjektiv – das Fügungen, die einen Sachverhalt doppelt wiedergeben, zum Beispiel
‘Drangeworfene’, nach dem lateinischen Ursprung,
das Eigenschaftswort. Im Satz heißt es je nach
„tiefe Schlucht“, „hoher Berg“ (ein niedriger Berg hieße „Hügel“),
Funktion oder Herkunft Attribut, Prädikat, Adverb, „weißer Schimmel“, „schwarzer Rabe“, „alter Greis“, „neu renoviert“.
Partizip – eine grammatische Unterscheidung ( … ), Wiederholen Sie sich zum anderen auch nicht, indem Sie immer wieder
die für die Stilfrage unerheblich ist. Anders als neue Worte für denselben oder mindestens den gleichen Gedanken
Füllwörter wie dann, gar, ja, nun, natürlich, wohl,
selbstredend, die sich leicht aus jedem Text tilgen
finden: Jemand arbeitet „hart, schwer und unermüdlich“, überall
lassen, richten Adjektive Schaden an: Sie spreizen, „glitzert und glänzt“ es, er tut es „nie und nimmer“, für „immer und
blähen und verwischen, sie provozieren ewig“, ich lege Wert auf „Ihre höchstpersönliche“ Stellungnahme,
Doppeldeutigkeit und Widersinn.“ 2 etwas lässt sich „drehen und wenden“ etc. Oft sind Wiederholungen
dieser Art durch „und“ verbunden; Autoren oder Redner erhoffen sich
dadurch mehr Nachdruck für ihre Aussage – tatsächlich entlarven sie
vielmehr einen Mangel an Argumenten, Struktur oder Stil.

145
Achten Sie darauf, dass zusammengehörige
Satzteile zusammenstehen:
Nicht gut:
11 Nicht übertreiben! „Herr Friedrichs blühte sichtlich, ohne auch nur
eine einzige von seinem Arzt ausdrücklich
Geizen Sie mit Superlativen! Nur sehr selten ist die höchste Steigerung empfohlene Tablette eingenommen zu haben, auf.“
eines Adjektivs oder Adverbs angemessen; in den meisten Fällen ist der Besser:
Superlativ widersinnig, und er wirkt darüber hinaus überheblich. „Herr Friedrichs blühte sichtlich auf – ohne auch
Zum Beispiel: „äußerste/höchste Verschwiegenheit“. Das Wort nur eine einzige Tablette eingenommen zu haben,
die ihm sein Arzt ausdrücklich empfohlen hatte.“
„Verschwiegen-heit“ duldet im Grunde keine Steigerung. Entweder ist
eine Person verschwiegen oder nicht. Niemand ist ein bisschen, mehr
oder weniger verschwiegen, verschwiegener oder äußerst verschwiegen.
Grammatisch betrachtet sind zwar viele Superlative korrekt, stilistisch
gesehen ist jedoch davon abzuraten. „Das größte Vergnügen“, „die
schönste Verpackung“, „die beste Geschenkidee“, „die reinste
Verschwendung“ (geht es „reiner“ als rein?) – je mehr gesteigerten
Einsatz Sie bringen, desto weniger zeigen Sie Stil. Texte wirken „billig“.

12 Keine Allgemeinheiten!
Nennen Sie das Kind beim Namen, und vermeiden Sie Abstraktionen.
„Wer eine Amsel nicht von einer Meise unterscheiden kann, ist natürlich
froh, dass es das Wort „Vogel“ gibt. 3 Oder nehmen wir ein Beispiel aus
dem Agentur-Alltag: „Wir nutzen die relevanten uns zur Verfügung
stehenden Instrumente der Medien-Arbeit“ – diese Formulierung wirkt
auf manche ungleich stärker als „Wir schicken Pressemitteilungen an
Journalisten, besuchen Redaktionen, bauen Journalistenkontakte auf
und pflegen diese“. Die Frage ist: Warum?! Schließlich wird jeder Text
verständlich, der anschaulich und konkret, aber eben nicht abstrakt ist.

13 Immer hübsch einfach!


Vermeiden Sie Schachtelsätze. Bilden Sie stattdessen neue Sätze,
setzen Sie ein Semikolon, einen Gedankenstrich oder Doppelpunkte.
Auch „Bullet-Points“ oder andere Aufzählungszeichen gliedern Ihren
Text und machen ihn dadurch verständlich.

14 Keine Partei ergreifen!


Achten Sie darauf, in Ihren Formulierungen nicht zu werten!
Beispiel: „In der Metallindustrie droht ein Streik.“ 4 Die Frage stellt
sich, für wen ein Streik in der Metallindustrie eine Bedrohung darstellt.
Der Autor dieses Satzes ist entweder gedankenlos oder parteiisch; seine
Interessen werden deutlich – und damit wird der Text weniger objektiv.
Weniger objektiv bedeutet weniger glaubwürdig.
Und um Glaubwürdigkeit geht es in erster Linie in der PR-Redaktion.

15 Schön durchhalten!
Bleiben Sie innerhalb eines Textes bei dem Stil (der Tonality), den Sie
gewählt haben. Haben Sie sich beispielsweise in der Headline für eine
direkte Anrede entschieden („Sammeln Sie Punkte!“), sollten Sie auch
im Fließtext bei der direkten Ansprache bleiben oder diese zumindest
aufgreifen. Oder: Wenn Ihr Fließtext einen seriösen, konservativen
Grundton aufweist, dürfen darin zwischendurch keine Einwürfe wie
„ganz einfach!“ oder „Kein Problem!“ vorkommen.
Solche Formulierungen passen besser zu einer „jüngeren“ Tonality.

16 Nicht Erbsen zählen!


Sprache muss nicht immer genau sein, sondern treffen. 5 Sie kennen den
Ausruf „Alle Mann an Deck!“ Selbstverständlich laufen dann auch die
Frauen. Dennoch gibt es Menschen (auch Kunden), die einen solchen
Ausdruck nicht für „richtig“ halten, und stattdessen lieber formulieren:
„Alle unter Deck befindlichen männlichen und weiblichen Personen
haben sich nach oben zu begeben.“ Bitte überzeugen Sie Kritiker dieser
Art davon, dass bekannte und überlieferte, eingefleischte, verständliche
Worte angemessen sind, auch dann, wenn sie nicht haargenau formuliert
werden. Sie müssen nicht immer jede Einzelheit nennen, um eine
Aussage über das Ganze zu treffen. Eine „Putzfrau“ putzt nicht nur,
sie wischt, feudelt, schrubbt und wäscht auch, klopft Teppiche,
bügelt usw. Dennoch weiß jeder, was mit „Putzfrau“ gemeint ist.
Und das auch schon lange, bevor es die „Raumpflegerin“ gab.

146
„Nichts dazugelernt seit 1931“ 7
Aus Fritz Gerathewohl, „Technik und Ästhetik des
Rundfunkvortrags“ (1931): Wir warnen Sie auch
davor, unangebracht substantivische an Stelle 17 Nie schwafeln!
verbaler Konstruktionen zu gebrauchen: Verzichten Sie auf das, was Wolf Schneider „bürokratisches Geschwätz“
„nach Instandsetzung der Bauten“, „aus Gründen
der Zugänglichmachung eines Gebäudes“, „beim nennt. 6 Dabei verbinden sich stilistische Nachlässig- oder
Unterbleiben einer Inangriffnahme des Projektes“. Absichtlichkeiten zu einem unverständlichen Buchstabenbrei:
Passivkonstruktionen, Substantivierungen, Abstraktionen,
Schachtelsätze, Wiederholungen und Unsinnigkeiten. Weil solcherlei
dort besonders oft zu finden ist, möchte der Autor den Begriff
„Konzeptsprache“ nennen – obgleich bürokratisches Geschwätz auch
in Konzepten nicht sonderlich nützlich ist. Wie kann ein unverständlich
formuliertes Konzept überzeugen oder gar verkaufen? Beliebte Worte
sind: „im Bereich“, „im Rahmen“, „Gebiet“, „Sektor“, „Raum“ (neue
Wirtschaftsräume erschließen), „Ebene“, „erfolgen“, „durchführen“,
„instrumentalisieren“. „Im Rahmen der Maßnahmenplanung zur
Vorbereitung der Durchführung eines Veranstaltungsprojektes bitten
wir Sie um Ihre Unterstützung.“ Solche Sätze haben durchaus ihre
Vorzüge –schließlich zwingen sie den Leser, sich zu konzentrieren.
An derlei Sprache gewöhnt, ist es auch fast unmöglich, einfache Sätze
zu bilden. Alle „Bereiche“, „Rahmen“ und „Räume“ sollten von der
sprachlichen Bildfläche ver-schwinden, wenn es sich nicht um solche
von Bildern oder Häusern handelt.

Die „17 Gebote“

1 Das Wichtigste zuerst! 2 Alles klar!? 3 Alles


ist relativ! 4 Lieber das Gute! 5 Immer aktiv!
6 Kein Fachchinesisch! 7 Keine Reihenhäuser!
8 Viele Tu-Wörter! 9 Lieber Sonne, Mond und
Sterne! 10 Nicht doppelmoppeln! 11 Nicht
übertreiben! 12 Keine Allgemeinheiten!
13 Immer hübsch einfach! 14 Keine Partei
ergreifen! 15 Schön durchhalten! 16 Nicht
Erbsen zählen! 17 Nie schwafeln!

147
2 Anders-Artig
Die PR-Redaktion
Vergessen Sie alles, was Sie bisher über das Schreiben gehört haben.
In einer PR-Redaktion ist alles anders – anders als in einer
Zeitungsredaktion oder einer Werbeagentur, zum Beispiel. Sie werden
das schnell feststellen, wenn Sie hier einen Text verfassen sollen.
Denn: Anders als im Journalismus geht es in der PR-Redaktion nicht
darum, Tatsachen und Meinungen möglichst objektiv darzustellen.
Es geht auch nicht darum, Produkte möglichst verkaufsfördernd
zu präsentieren – dafür ist ja die Werbung zuständig.
Die Herausforderung bei der Arbeit in einer PR-Redaktion besteht
darin, der Öffentlichkeit die Vorzüge und Leistungen des Kunden
zu vermitteln.

Hier brauchen Sie viel Einfühlungsvermögen.


Heute schreiben Sie vielleicht eine Pressemitteilung als Pressechef eines
Kaffeerösters, morgen bringen Sie eine Rede als Vorstandsvorsitzender
einer in Sachen „Umwelt“ aktiven Aktiengesellschaft zu Papier,
und übermorgen verfassen Sie als Wirtschaftsjournalist einen
Hintergrundartikel über die Geschichte einer Zigarettenmarke.
Sie liegen richtig, wenn Sie vermuten, dass Sie für jede Rolle einen
anderen Sprachstil wählen müssen.

Die Ausnahme ist die Regel.


Die meisten Besonderheiten bei der Arbeit eines PR-Texters zeigen
sich erst in den kleinen Dingen: „Kundeninteressen“ sind die vielen
Kleinigkeiten, die verflixt viel Ärger bereiten können, wenn man sie
nicht beachtet. So schreibt zum Beispiel Kunde B.A.T. (Lucky Strike)
in allen Pressemitteilungen konsequent „Cigaretten“ statt „Zigaretten“.
Oder: Die Duales System Deutschland AG verbündet sich mit allen
Entsorgungsunternehmen in Deutschland, indem sie diese stets
„Entsorgungspartner“ nennt. Müll ist bei Veröffentlichungen im Namen
des Dualen Systems nicht „Müll“, sondern bestenfalls „Abfall“,
vorzugsweise jedoch „Wertstoff“.
Warum diese Ausnahmen von der Regel? Nun: B.A.T. möchte das
englischamerikanische Lebensgefühl, das dem Unternehmen
verständlicherweise am Herzen liegt, eben auch in die Sprache
einbringen. Und das Duale System spricht nicht gern von „Müll“,
weil der ja in die (Rest-)Mülltonnen kommt – und nicht in die gelben
Tonnen des Dualen Systems, die übrigens bei Veröffentlichungen
„Gelbe“ Tonnen geschrieben werden. In die Gelben Tonnen gelangen
wiederum Abfälle, die noch verwertet werden können –deshalb
„Wertstoffe“. Alles klar? Die Regeln der Rechtschreibung oder des
Journalismus werden auf diese Weise schon manches Mal außer Kraft
gesetzt, ob Sie es wollen oder nicht.

Eitel dürfen Sie nicht sein.


In einer PR-Redaktion schreiben Sie nicht unter Ihrem eigenen Namen.
Es sind stets andere Namen, die unter Ihren Artikeln stehen – wie der
Name des Presseprechers des XY-Unternehmens, der Name eines
Journalisten oder der des Bundesumweltministers.
Sie sind gewisser-maßen Auftragsschreiber, Ghostwriter oder
unbekannter Dichter, wie Sie mögen. Deshalb müssen Sie sich beim
Schreiben Ihrer Texte nicht nur in die Leser hineinversetzen,
was Aufgabe genug ist, sondern auch in die Person, deren Identität Sie
vorübergehend angenommen haben.
Das Duale System spricht nicht gern von „Müll“,
weil der ja in die (Rest-)Mülltonnen kommt – und nicht
in die gelben Tonnen des Dualen Systems,
die übrigens bei Veröffentlichungen „Gelbe“ Tonnen
geschrieben werden. In die Gelben Tonnen gelangen
wiederum Abfälle, die verwertet werden können
– deshalb „Wertstoffe“.

148
3 Viel-Seitig
„Zielgruppen“ und „Tonalities“
Da ist er ja schon: der Fachjargon; in der PR-Redaktion wird er Ihnen
noch öfter begegnen. Aus Ihren Texten können Sie ihn jedoch verbannen.
„Zielgruppe“ ist nicht nur eine Vokabel aus der Zunftsprache der
Kommunikationsfachleute – sie bezeichnet auch diejenigen Personen,
die Ihren Text lesen, verstehen und glauben sollen. Deshalb ist es
ausgesprochen hilfreich, möglichst viel über diese Menschen zu wissen.
Wie alt sind sie? Wie denken, leben und fühlen sie? Was wissen sie über Ihr
Thema? Und vor allem: Welche Sprache sprechen sie? Natürlich werden
Sie keine konkreten Antworten auf diese Fragen erhalten – doch es hilft
bereits, sich darüber Gedanken zu machen. Am besten versuchen Sie, sich
diese Personen bildlich vorzustellen. Auf diese Weise verlieren Sie beim
Schreiben auch nicht aus den Augen, wer Ihren Text verstehen soll. Der
Hinweis mag ungewöhnlich erscheinen: Doch es ist nicht der Kunde.

Journalisten
In vielen Konzepten von PR-Agenturen erscheinen zwei Arten von
Journalisten: so genannte Wirtschaftspresse-Journalisten und so genannte
Publikumspresse-Journalisten. Manches Mal findet man auch Fachpresse-
Journalisten als Zielgruppe in Konzepten. Zwar wünschen Journalisten
verschiedener Ressorts auch verschiedene Informationen. Doch in
einem Punkt ist Journalist gleich Journalist: Er erwartet verständliche,
aktuelle, belegbare Informationen – und dabei das Wichtigste zuerst.
Klarer Fall: Pressemitteilungen müssen sachlich Dieser Umstand wird in Agenturen häufig vernachlässigt, deshalb wird
formuliert werden. Andernfalls landen sie schnell
im Papierkorb des Journalisten. er hier betont: Ein und dieselbe Pressemitteilung gelangt in der Regel
an verschiedene Journalisten, die für verschiedene Medien arbeiten.
Deshalb muss zum Beispiel eine Pressemitteilung neutral, das heißt
sachlich (nicht langweilig) formuliert werden.
Der Journalist soll nämlich die Möglichkeit haben, den Pressetext in Stil
und Umfang an „sein“ Medium anzupassen! Viele Kunden wünschen
sich hingegen eine Pressemitteilung „peppig“ formuliert – dies ist
schlicht unsinnig, wenn die Pressemitteilung an mehr als ein Medium
versandt wird. Schließlich sind die stilistischen Unterschiede schon
innerhalb einer Sparte der Medien (zum Beispiel Wirtschaft) sehr groß.
Würde eine Pressemitteilung im Stil des Mediums X verfasst, träfe sie
den Ton von Medium Y bereits nicht mehr. Im Übrigen ist es fraglich,
ob Medium X dies überhaupt schätzen würde. Außerdem erhöht eine
sachlich formulierte Pressemitteilung – und eben nicht der gewünschte
„peppige“ Text – die Glaubwürdigkeit. Möglicherweise landet ein
unsachlicher Pressetext schneller im Papierkorb des Journalisten, als es
dem Kunden lieb ist. Denn: Für einen Journalisten bedeutet es mehr
Mühe, einen unsachlichen und stilistisch geprägten Text für sein
Medium umzuschreiben, als einen neutralen Text, der schlicht der
Reihe nach die Tatsachen liefert.
Wortwitz – oder das, was Kunden gern „Pep“ nennen – ist an anderer
Stelle besser einsetzbar: in der Werbung, zum Beispiel, aber auch in
Verbraucherbroschüren oder anderen Texten, die jedenfalls keine
Pressemitteilungen werden sollen.
Eine Unterteilung in verschiedene Journalistengruppen ist zwar in
bestimmten Fällen sinnvoll, nicht aber für das Verfassen von
Pressemitteilungen, Hintergrundartikeln und sonstigen Texten, die an
Printmedien oder Nachrichtenagenturen versandt werden.
Von den Ausnahmefällen handelt Kapitel 4.
Neben „Sachlichkeit“ sind natürlich „Information“ bzw. „Aktualität“ oder
„Nachrichtenwert“ wichtige Stichwörter für die Zielgruppe „Journalisten“.
Angenommen, das Duale System akzeptierte statt gelben Säcken ab
sofort nur noch grüne Säcke, dann wäre dies eine Nachricht. „Zu Ostern
erblühen Osterglocken“ ist dagegen keine Nachricht. Daraus wäre zu
folgern, dass Pressetexte nur dann an die Redaktionen verschickt werden,
wenn sie eine echte Nachricht enthalten. Der Alltag in der PR-Redaktion
sieht jedoch anders aus: Hier hagelt es täglich Kundenaufträge für
Pressemitteilungen, ohne dass es einen Neuigkeitswert oder Aufhänger
gäbe. Dann ist es Ihre Aufgabe, einen Aufhänger zu finden – und zwar
für die Botschaften, die der Kunde veröffentlicht wissen will. So kommt
es vor, dass Sie das Kundenthema zunächst in einen anderen themati-
schen Zusammenhang einbetten müssen, damit die Pressemitteilung
einen Anlass („Aufhänger“) hat. Noch immer gilt das ungeschriebene
Gesetz: „Sprich nur dann, wenn Du auch etwas zu sagen hast.“ Oft ist
hier jedoch der Wunsch (des Kunden) der Vater des Gedankens – Sie
verfahren dann am besten wie beschrieben.

149
„Sprich nur dann, wenn Du
auch etwas zu sagen hast.“

Verbraucher Unbekannte Größe: So verschieden wie die


Verbraucher sind die Worte, die sie treffen.
So viel ist klar: Jeder ist ein Verbraucher, Journalisten wie Handwerker, Aber alle verstehen einfache Worte.
Hausfrauen wie Ärztinnen, junge, alte, gebildete, weniger gebildete
Menschen – größer und vielfältiger kann eine Zielgruppe gar nicht sein.
Ebenso vielfältig ist auch die Sprache, an die jeder einzelne Verbraucher
gewöhnt ist – oder an die er sich gewöhnen möchte. Sie können sich
vorstellen, dass es nahezu unmöglich ist, mit einem Sprachstil
(neudeutsch: Tonality) alle Vebraucher zu erfreuen. Bedenken Sie allein
die Herausforderung, für Frauen und Männer einen gemeinsamen
Sprachcode zu finden. Es gibt nur zwei Wege aus dem Dilemma:
Sie bringen möglichst viel über Ihre Zielgruppe in Erfahrung und
grenzen sie auf diese Weise ein. Oder – und dieser Weg führt immer
zum Ziel – Sie schreiben verständlich. Das heißt: Sie gehen von dem
Wissensstand und Wortschatz eines durchschnittlichen 14-jährigen
Kindes aus und wählen den Sprachstil entsprechend. Es mag nach einer
leichten Aufgabe aussehen; im Redaktionsalltag zeigt es sich jedoch,
dass viele sich schwer tun, einfach zu schreiben.
Auf jeden Fall sollten Sie nicht von sich auf andere schließen. Was für
Sie verständlich ist, kann durchaus für andere schwer verständlich bis
unverständlich sein.

Jede Zielgruppe
Ganz gleich, welche Zielgruppe Sie ansprechen wollen, eine Regel gilt
für alle: Schreiben Sie verständlich! Auch dann, wenn Sie glauben, Ihr
Text wirke dann weniger anspruchsvoll und erzeuge keinen Respekt.
Leider glauben das viele Kunden und Kundenberater. Dabei ist das
Gegenteil richtig: Wesentlich anspruchsvoller ist es, ein verschachteltes
und mit Fremdwörtern und Leerformeln überfüttertes Satz-Monster
in eine allgemein verständliche Aussage zu verwandeln. Schwer
verständliche Sätze beeindrucken nicht – sie verärgern nur!
In zahlreichen Pressemitteilungen und Zeitungsartikeln werden die
Leser mit schwer verständlichen bis nichts sagenden Sätzen
konfrontiert. Sie sind gezwungen, einen Satz dreimal zu lesen, um et-
was Inhalt daraus zu ziehen – und das nicht aus Mangel an Intellekt.
In der Folge lesen viele Leser einfach nicht weiter! Literaturempfehlungen:
Ludwig Reiners: Stilfibel (1951)
Wolf Schneider: Deutsch für Profis/Deutsch
Wie Sie verständlich schreiben für Kenner 9
Verständlich zu schreiben gelingt besser, wenn Sie bestimmte Dinge
nicht schreiben. Kapitel 1 zeigt Ihnen dazu einige Einzelheiten.
„Um kurze Sätze schreiben zu können, muss man erst gearbeitet haben.
In langen Sätzen bleibt die Unwissenheit des Autors leichter verborgen
– ihm selbst und dem Leser. Der lange Satz ist im Journalismus meist
eine Zuflucht für den, der sich eine Sache nicht erarbeitet hat. Kurze Sätze
kann man nicht schreiben, wenn man nicht genau Bescheid weiß.“ 8

Sprachstilrichtungen/Tonarten/Tonalities
Natürlich gibt es zahllose verschiedene Tonalities (um die gelernte
Vokabel auch anzuwenden) und ebenso viele Bezeichnungen für die
einzelnen Tonalities. Allein unter der Tonality „pfiffig“ versteht fast
jeder Schreiber und Leser etwas anderes. Deshalb werden hier nur
einige genannt, beispielhaft und als Anregung gedacht.
Wie gesagt: Es sind zunächst die Zielgruppe, das Ziel und auch der
Absender entscheidend für die Stilrichtungen, die Ihnen demnach zur
Wahl stehen. Wichtig ist, dass Sie der ausgewählten Tonality von
Anfang bis Ende des entsprechenden Textes treu bleiben. Wenn die Das Bild ist nicht neu, aber es trifft noch immer den
Leser von Anzeigenblättern wie „Kölner Wochenspiegel“ (also Sachverhalt: Der Köder (der Text) muss dem Fisch
Verbraucher) Ihre Zielgruppe bilden, ist es zum Beispiel falsch, (der Zielgruppe) schmecken – und nicht dem Angler
(dem Berater oder Kunden). Doch bevor der Köder
von einem „innovativen Maßnahmenkatalog“ 10 zu schreiben. dem Fisch schmecken kann, muss der Fisch den
Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass vermutlich „ein Katalog Köder erfassen (verstehen).
mit innovativen Maßnahmen“ gemeint ist – und nicht ein Also: Verständlichkeit ist der Anfang von allem …

150
Warum Frieda Fröhlich ist,
wie sie heißt …

…weil sie jetzt öfter gern zu Hause bleibt.


Denn Mustermann-TV bringt
Unterhaltung ins Programm –
aus dem Kino auf den Bildschirm.
Mit Spaß, Spannung und Spaghetti.
In Farbe. Täglich. Fernsehen ganz nah.
Anzeige für Kunde „Mustermann TV“ mit Darstellung
einer 50er-Jahre-Szene: Junge Frau sitzt in
Unterwäsche und mit Lockenwicklern im Haar
vergnügt am Wohnzimmertisch, eine Spaghettigabel
in der Hand, Fernsehflimmern im Hintergrund.

„innovativer Katalog mit Maßnahmen“, wie es dort steht. Besser wäre


es, Sie könnten genaue Angaben darüber machen, welche Maßnahmen
von wem zu welchem Zweck ergriffen werden sollen.
„Innovativer Maßnahmenkatalog“ sagt nicht nur nichts aus – die Worte
passen auch nicht zu der „einfachen“ Tonality, die für
Verbraucher häufig gewählt wird.
Tonality „werblich“
Für Werbemittel wie Anzeigen, die durchaus von den Mitarbeitern einer
Full-Service-PR-Agentur (Fachjargon) getextet und produziert werden,
gibt es selbstverständlich verschiedene Tonalities: Auch hier kann der
Sprachstil zum Beispiel „konservativ“, „zurückhaltend“, „frech“,
„forsch“, (scheinbar) „sachlich“, „witzig“ oder „jung“ sein –
abgesehen von vielen weiteren Möglichkeiten kommen auch gemischte
Formen vor. Es ginge zu weit, an dieser Stelle Beispiele für alle
Tonarten aufzuführen. Die meisten Anzeigen richten sich an Verbraucher
(Sie erinnern sich an die Mindestanforderung). Für Werbetexte gelten
ganz andere Regeln als für journalistische Texte – „Regel“ bedeutet in
diesem Fall „Erlaubnis“. Es ist erlaubt, Sätze mit „Und“ beginnen zu
lassen. Es ist ebenfalls erlaubt und sogar erwünscht, Adjektive zu
benutzen. Und diese Adjektive dürfen werten und beeinflussen.
Außerdem dürfen Sie einen Punkt setzen, auch wenn ihm kein
vollständiger Satz vorangegangen ist.

Höchstpersönlich oder doch distanziert?


Ob Sie die persönliche (direkte) Ansprache nutzen oder nicht, sollten
Sie sich für jeden Text gut überlegen. Die direkte Ansprache hat Vor-
und Nachteile – mit ihrer Hilfe können Sie schneller auf den Punkt
kommen; deshalb wurde sie auch für diesen Leitfaden gewählt.
Darüber hinaus erleichtert sie den Lesefluss, stellt eine Verbindung zum
Persönliches: Leser her, bezieht ihn ein in den Lesefluss und führt ihn ein wenig.
• Erleben Sie die Vielfalt … Doch die persönliche Ansprache kann auch schnell zu „intim“ oder
• Wussten Sie schon, dass …
• Komm’ ’rein …
aufdringlich wirken. Üblich ist sie in der Werbung, im Direktmarketing
• Dein Spaß wird … bzw. der Kunden-akquisition – und empfehlenswert für
• Schnapp’Dir das … PR-Broschürentexte oder Anzeigen mit der Zielgruppe „Verbraucher“.

151
4 Form-vollendet
Die Textarten

Textarten gibt es viele: angefangen bei den einzelnen journalistischen Ein Beispiel dafür, wie Sie es nicht machen sollten:
Formen wie Bericht, Reportage, Feature, Kommentar, über Leitartikel, 12. Mai 1999 - ots -
Editorial bis zur Glosse oder Rede und noch mehr. Vorstellen werden Bayerische Verhältnisse bei Famila
wir Ihnen hier nur die „gängigen“ Arten – diejenigen, die Sie in der Kiel (ots) – Während die gesamte bundesdeutsche
Lebensmitteleinzelhandelslandschaft gebannt auf
PR-Redaktion vermutlich oft zu Papier bringen werden. Für alle die Mehrweg-Quote der Nacherhebung für 1997,
übrigen Textformen werden Sie, je länger Sie sich mit dem Schreiben die von der Verpackungsverordnung gefordert wird,
beruflich oder privat beschäftigen, bald ein feines Gespür entwickeln, starrt wie die Rheinbewohner bei Hochwasser auf
wenn Sie es nicht bereits haben. die Pegelstände, wartet Famila in Kiel mit einer
Getränke-Mehrweg-Quote auf, die bislang nur in
Pressemitteilung Bayern erreicht wird.
Das Beste kommt immer zu Beginn: Wenn Ihnen jemand eine Wie schon 1997 erreichte Famila auch 1998 eine
Mehrweg-Quote von 85 %, und zwar über alle
Geschichte erzählt, wollen Sie doch zuerst die Hauptsache, Getränkesorten hinweg. Die staatlich verordnete
das Ergebnis, die Neuigkeit erfahren – also das, weshalb die Geschichte Quote liegt bei 72 %.
überhaupt erzählt wird. Erst, wenn Sie dies interessiert, wollen Sie mehr Dieses Ergebnis zeigt, dass bei einem
wissen: Wie hat sich alles zugetragen? Wer war noch dabei? Wie konnte entsprechenden
ökologischen Engagement, für das Famila
es dazu kommen etc.? Ebenso verhält es sich mit dem Aufbau einer schon immer bekannt war, viel in Sachen
Pressemitteilung. Abgesehen von der Überschrift, die in Kapitel 5 Umweltschutz
behandelt wird, muss die eigentliche Nachricht, der „Knaller“, zu erreichen ist.
die Neuigkeit, im ersten Satz stehen. Innerhalb des ersten Absatzes „Wir sind stolz auf dieses hervorragende Ergebnis,
muss der Journalist (für den Sie ja schreiben – und nicht für den das nur möglich wurde durch einen weit gehenden
Verzicht auf die Bewerbung von Getränken in
Kunden) Antworten auf seine wichtigsten Fragen finden: Was ist Einwegverpackungen“, so Jochen Lahrtz,
passiert? Wer hat etwas getan oder wird etwas tun? Wann? Wo? Geschäftsführer
Warum wurde etwas getan (mit welchem Ziel)? Wie geschah etwas der Famila in Kiel.
(auf welche Weise, nähere Umstände)? Von welcher Quelle stammt die Ansprechpartner:
Information? Diese sieben Ws müssen Sie in Kurzform im ersten Ab- Hanno Schleising
Famila Handelsmarkt Kiel GmbH & Co.KG
satz beantworten. Alte Weide 7-13, 24116 Kiel,
Weitere Einzelheiten sollten Sie erst in den folgenden Absätzen nennen Tel.: 0431/1696-189, Fax: 0431/1696-129
–und zwar nach dem Prinzip der abnehmenden Wichtigkeit. Der Grund: e-Mail: schlei@bela.de
Verschiedene Journalisten räumen unseren Pressemitteilungen auch Internet: www.famila-nordost.de
verschiedene Stellenwerte ein; was dem einen fünf Zeilen wert ist, nimmt Das obige Beispiel enthält nicht nur unzählige
bei dem anderen möglicherweise zwei Spalten ein. Also sollen die Formfehler – es zeigt auch, wie sich ein schlechter
Journalisten, die nur eine kurze Meldung aus unserer Pressemitteilung Stil auf die Glaubwürdigkeit eines Unternehmens
auswirken kann.
machen wollen, unsere Mitteilung „von hinten wegstreichen“ können.

PRESSEINFORMATION

Die Drachen wurden gezähmt


Mehr als xxx Zuschauer bei der x.ten Musterstädter
Drachenboot-Regatta/xyz-Boot erhielt Preis der Stadtwerke

Musterstadt, 22. Mai 2000

Mehr als xxx Zuschauer verfolgten bei strahlendem Sonnenschein die x. Musterstädter Drachenboot-Regatta, die seit 19xx jedes Jahr im xy-Monat unter
der Schirmherrschaft der Musterstädter Stadtwerke veranstaltet wird. Selbst der kurze Regenschauer, der die Zuschauer kurz vor der Siegerehrung über-
raschte, tat der Stimmung keinen Abbruch. Auch die Jüngsten kamen auf ihre Kosten: Hunderte von Luftballons, die an die anwesenden Kinder verschenkt
wurden, sorgten für ein Meer an Farbtupfern am Himmel über Musterstadt.

xx Teams mit insgesamt xxx Aktiven, die in chinesischen Drachenbooten um die Wette ruderten, kämpften um den Einzug in das große Finale. Als Sieger
ging das Boot der xyz-Schule hervor. Den zweiten Platz belegte das Team der xyz-Werke. Dritter wurde das Stadtwerke-Boot. Auf den weiteren Plätzen
folgten die xyz-Firma und die Mannschaft der xyz-Institution.

N.N., Titel/Funktion der Stadtwerke beglückwünschte die Gewinner der Regatta und überreichte den von den Stadtwerken gestifteten Wanderpokal, der vom
Musterstädter Künstler Name originell gestaltet wurde. Zwei „Drachen“ wehrten sich jedoch gegen ihre Zähmung und warfen die Ruderer kurzerhand in den
Musterstädter See/den Musterstädter xyz-Kanal. Tropfnass, aber unversehrt erreichten alle das rettende Ufer.

Bei Fragen wenden Sie sich bitte an: Name Adresse Durchwahl Fax des Pressesprechers

Beispielhaft: So könnte eine Pressemitteilung für


Publikumsmedien aussehen. Sie gleicht in Stil und
Aufbau eher einem fertigen Zeitungsartikel – ein
Service für die Publikumspresse.

152
Die sieben Ws
Literaturtipp:
Walther von LaRoche:
Was ist passiert?
Einführung in den praktischen Journalismus
List, München/Leipzig 1992. Wer hat etwas getan oder
wird etwas tun?
Wann?
Wo?
Warum wurde etwas getan
(mit welchem Ziel)?
Wie geschah etwas
(auf welche Weise,
nähere Umstände)?
Beispiel redaktioneller Beitrag für Materndienst:
Kosmetik fürs Auto
„Zeigt her eure Pferdestärken“ ist das Motto vieler
Von welcher Quelle stammt
Automobilisten auch in diesem Sommer. Damit der
Deutschen liebstes Kind bei Sonne richtig zur die Information?
Geltung kommt, braucht es ein gewisses Maß an
kosmetischer Pflege.
Während die einen mit Heckspoiler und HiFi-Sound
mehr Aufmerksamkeit für das Auto erregen, rücken „Redaktioneller“* Beitrag
andere ihren PKW mit Hilfe von Schwamm und Ein „redaktioneller Beitrag“ ist formal gesehen einfach ein Beitrag, der
Politur ins rechte Licht. Und wo schon ein wenig der in einer Redaktion erstellt wird. Wir versenden „redaktionelle Beiträge“
Lack ab ist, wird farblich nachgebessert. Auf diese als Themenangebot an die Medien. Damit der Beitrag sich gut in das
Weise sind die motorisierten Vierräder zwar reif für
die Straßenpromenade – doch nicht immer sind jeweilige Medium einfügt, orientieren Sie sich am besten in Stil und
solche Reinigungsrituale umweltgerecht. Form am jeweiligen Medium. Im Normalfall können Sie sich jedoch an
Grundsätzlich sollte das Auto in der Waschanlage einem klassischen Zeitungsbeitrag orientieren.
auf Hochglanz gebracht werden, denn dort läuft
das Wasser in einem geschlossenen Kreislauf.
Auch nach dem Gebrauch von Autoreinigungsmitteln Maternseite
lässt sich noch etwas für die Umwelt tun.
Gebrauchte Polierwatte gehört beispielsweise in den
Eine Maternseite ist eine im fertigen Zeitungslayout aufbereitete Seite
Restmüll, während die leere Cockpit-Spray- mit Texten, Fotos, Grafiken und Illustrationen. Die fertigen Seiten
Verpackung in die Gelbe Tonne oder den Gelben werden an Tageszeitungen, Anzeigen- und Wochenblätter geschickt.
Sack geworfen werden sollte. Reste von Das Layout, den Versand sowie die Dokumentation übernehmen so
Lackreinigern müssen dagegen als Sondermüll genannte Materndienste – wie AKZ, Standort-Presse, UTA oder
entsorgt werden. Der beste Umwelttipp in Sachen
Autopflege heißt jedoch: Gönne Deinem Auto eine Globus Press. Die Seiten werden zu festen Preisen gebucht; sie sind
Pause – lass es auch mal stehen! ausschließlich für Verbraucherthemen geeignet. Texte für Materndienste
werden wie ein redaktioneller Beitrag geschrieben (versetzen Sie sich
Beispiel Text für UTA: dafür in die Rolle eines Journalisten, der für sein Medium schreibt).
„Halt’die Welt im Gleichgewicht!“ Mehrere solcher Beiträge werden zusammen mit Fotos zu einer fertigen
Beim Autowaschen an die Kinder denken …
Was hat eine Autowaschanlage mit „nachhaltiger Zeitungsseite gestaltet. Noch wesentlich kürzer und einfacher werden
Entwicklung“ zu tun? Und: Was ist das überhaupt? die Texte für die UTA (Umwelt-Themen-Agentur) geschrieben.
Antwort: Wer sein Auto nicht zu Hause,
sondern in der Waschanlage auf Hochglanz bringt,
schont natürliche Ressourcen. Denn das Wasser Die Reportage
läuft in einem geschlossenen Kreislauf. Nachhaltige Die Reportage ist eine Sonderform des Berichts bzw. der Nachricht.
Entwicklung heißt, dass auch unsere Kinder noch
etwas davon haben – und nicht nach dem Motto
Sie ersetzt die Nachricht nicht, sondern ergänzt sie. Der Schreiber
„nach mir die Sintflut“ handeln. schildert, was er erlebt oder erfährt. Falls Sie gefordert sind, eine
Das Bundesumweltministerium fördert daher viele Reportage zu schreiben, beachten Sie die Dramaturgie: Hier gilt nicht
Pilotprojekte, bei denen neuartige das Prinzip der abnehmenden Wichtigkeit (wie bei der Nachricht).
Umwelttechnologien eingesetzt werden. Hier geht es um einen besonderen, meist konkreten und detaillierten
Aber auch jeder Einzelne kann etwas zum Schutz
der Umwelt tun. (uta)
Einstieg, an den sich dann das Allgemeinere anschließt. Bei einem
Umweltschutz – das kann jeder: Flugzeugabsturz könnte der Einstieg beispielsweise von der genauen
· Auto in der Waschanlage waschen Beschaffenheit des Flugschreibers handeln, der in den Trümmern
· Energiesparende Geräte und Lampen kaufen gefunden wurde. Auch Zitate werden häufig als Einstieg in eine
· Duschen statt Baden Reportage gewählt. 12
· Öffentliche Verkehrsmittel nutzen
· Fahrgemeinschaften bilden
· Motor an der Ampel abstellen Anmerkung: * Ein Beitrag hat selten die Eigenschaft, „redaktionell“ zu sein –
· Nicht über 20 Grad heizen er wurde höchstens in einer Redaktion verfasst …

153
5 Kunst-Voll
Die Headline – oder schöner: Überschrift – ist der wichtigste Bestandteil
eines Textes. Sie entscheidet darüber, ob der Text gelesen wird oder eben
Die Headline
nicht. Sie entscheidet ebenfalls über den Gesamteindruck eines Textes,
besonders von Broschürentexten.
Zweierlei soll eine Überschrift leisten: erstens Aufmerksamkeit erregen
und zweitens andeuten, worum es geht. Um diese Ziele zu erreichen,
gibt es so viele Wege wie Tage im Jahr – und noch mehr. Allein deshalb,
weil verschiedene Tonalities zur Verfügung stehen. Erlaubt ist stilistisch im
Grunde alles; entscheidend ist immer das Ziel, welches Sie verfolgen.
Journalistisch betrachtet, ergeben sich jedoch auch Verbote: So sollten Sie
das Imperfekt in den meisten Fällen meiden. Nur zur Erinnerung: Das muss eine Überschrift leisten:
Das Imperfekt zeigt eine in der Vergangenheit liegende und abgeschlossene · Aufmerksamkeit erregen
· Andeuten, worum es geht
Handlung an: „Gestern war Opi bei uns zu Besuch. Er trug – wie immer
–seinen alten Schlapphut.“ Hat die Handlung dagegen Folgen für die
Gegenwart, wählen wir das Perfekt: „Opi hat mir ein Puzzle-Spiel
mitgebracht.“ (Und damit spiele ich heute noch).

„Doch nun hat sich in den letzten 13 Jahrzehnten das Imperfekt mehr und
mehr in die Überschriften der deutschen Presse eingeschlichen: ‘Jumbo
stürzte ab’. Und mit Verlaub: Das ist erstens ein Verstoß gegen Grammatik Beispiele für das Headline-System:
und Sprachgefühl (denn nun ist der Jumbo unten, und unser Entsetzen · nur Fragen
· nur Imperative
dauert fort) und zweitens geschriebenes Deutsch im schlechten Sinn des · nur Partizipien
Wortes: Überschriften wurden einst von Zeitungsjungen ausgerufen, und · nur Aussagen
dieser Charakter darf und soll getrost in ihnen weiterleben. ‘Jumbo stürzte · nur Alliterationen
ab’: das ruft kein Zeitungsjunge auf Erden, und wenn er es täte, hielte man · nur Adjektive / Adverben
ihn für verrückt. Auch der Redakteur wird es seiner Frau nicht so erzählen. · immer gleiche Anzahl von Wörtern
Nur das Partizip (Jumbo abgestürzt) oder das Perfekt (Schon wieder ist ein Oder für Fortgeschrittene:
Jumbo abgestürzt) wird allen dreien gerecht: dem Zeitungsjungen, der Frau · Headline immer in der einen Form wählen,
des Redakteurs und den Millionen Lesern oder Hörern.“ 14 · Subline immer in einer anderen.

Tipp 1 Beginnen Sie jeden Ihrer Texte mit der Headline – nicht mit dem Fließtext.
Wenn Sie sich so weit mit Ihrem Thema beschäftigt haben, um eine treffende und
ansprechende Überschrift zu schreiben, ergibt sich auch der Fließtext fast von allein.
Anders ist es, wenn Sie sich eine Headline überlegt haben, die Sie „einfach genial“ finden –
die aber wiederum nicht gut genug ist, um für sich selbst zu sprechen. Im Gegenteil:
Sie müssen sie möglicherweise erst noch erklären.
Es lohnt sich also wirklich, Zeit für eine gute Überschrift zu investieren.

Tipp 2 Entscheiden Sie sich für nur eine Aussage in Ihrer Headline,
das macht das Formulieren leichter.

Oft wünschen sich Kunden zwar mehrere Botschaften in der Überschrift,


etwa im Sinne von: „Großer Besucheransturm und umfassendes
Informationsprogramm – Tag der offenen Tür erfolgreich“. Wie erfolgreich
eine solche Überschrift samt Fließtext im Papierkorb des betreffenden
Journalisten landet, liegt auf der Hand.
In den Headlines für Broschürentexte muss es nicht immer nur sachlich
zugehen. Für Broschürentexte bietet sich ein Headline-System an, das heißt,
Sie suchen sich ein formales sprachliches Schema, das Sie in allen Kapiteln
oder Abschnitten der entsprechenden Broschüre anwenden.
Wenn Sie das einmal gewählte Headline-System innerhalb einer Broschüre
konsequent verfolgen, werden Sie sehen, dass Ihr Text insgesamt „runder“
wirkt und auch ist.
Auch der Rhythmus spielt bei Headlines eine Rolle. Vergleichen Sie einmal
zwei Varianten zum Thema „Euro“:
1. „Ohne Francs nach Orléans?“ und 2. „Nach Orléans ohne Francs?“
Sie müssten nun zu dem Schluss gekommen sein, dass die erste Version
besser ist. Zwei Gründe sprechen dafür: Zum einen hat Version 1 einen
eleganteren Rhythmus, und darüber hinaus beginnt das erste und letzte Wort
jeweils mit „O“. Diese beiden Tatsachen machen die erste Version „runder“
– und die Entscheidung leicht.

154
6 Schwung-Voll
Die Tricks gegen Langeweile
Kleine Schritte – große Wirkung:
So mancher Text erhält mit minimalen Änderungen
einfach mehr Schwung.
Folgende Mittel können helfen:

l Beginnen Sie mit einer knackigen Headline.


l Achten Sie auf einen „flotten“ Einstiegssatz und
einen ebensolchen Schlusssatz.
l Stellen Sie beispielsweise zum Einstieg eine
Frage.
l Oder setzen Sie eine provozierende These an den
Anfang, zum Beispiel „Kaffeetrinker sind doof“.
Dies ergab eine xy-Studie… „
l Wählen Sie Alliterationen (gleicher Anlaut
mehrerer aufeinander folgender Wörter) für den
Anfang: „Titel, Thesen, Temperamente“.
l Bauen Sie wohlformulierte, fettgedruckte
Zwischenüberschriften in Ihren Text ein –
sie gliedern den Text nicht nur, sie machen auch
neugierig auf das Folgende.
l Setzen Sie ein passendes Zitat an den Anfang.
l Nutzen Sie Doppelpunkte und Gedankenstriche,
wenn Sie keinen vollständigen Satz bilden
möchten – für mehr Tempo!

7 Einfalls-Reich
Die neue Idee
Wie schreibe ich das Gleiche in Grün? Diese Frage stellt sich in
einer PR-Redaktion besonders oft. Das Thema bleibt dasselbe,
doch eine neue Überschrift und ein neuer Text sind gefragt.
Versuchen Sie in diesem Fall, nicht gleich eine nahe liegende
Formulierung zu wählen. So, wie Sie für „Geld“ auch
„Zahlungsmittel“, „Bargeld“, „Bares“, „Heller und Pfennig“,
„Müde Mark“, „Kröten“, „Mäuse“ „Kohle“ etc.sagen können,
haben Sie auch in jedem anderen Fall eine große Auswahl, sich auf
verschiedene Weisen auszudrücken. Ein „guter Umsatz“ lässt sich
auch als „Klingeln in der Kasse“ beschreiben.
Es hilft außerdem, an das Gegenteil dessen zu denken, was Sie
ausdrücken wollen. Auf andere Gedanken kommen Sie garantiert,
wenn Sie sich die ganze Situation oder das Umfeld vor Augen
halten: Nehmen Sie typische Redewendungen auf, die mit der
Situation zusammenhängen. Sollen Sie zum Beispiel über eine
Aktion eines Kunden berichten, die an der Ostsee stattfand,
bieten sich alle Ausdrücke aus der Schifffahrt an. Denken und
schreiben Sie in Bildern, dann fällt Ihnen über kurz oder lang
etwas Neues ein.

Geld, Müde Mark, Bares, Mäuse, Kohle, Bargeld,


Zahlungsmittel, Kröten, Heller und Pfennig
155
8 All-Täglich
Die Tipps für die Routine

Stellen Sie sich Ihre Zielgruppe bildlich vor. Damit


bestimmen Sie automatisch die Tonalität für den Text.
Beginnen Sie mit der Überschrift. Wenn Sie es geschafft
haben, die Hauptaussage Ihres Textes als Überschrift zu
formulieren, fließt der Fließtext leichter aus der Feder.
Gliedern Sie Ihren Text. Überlegen Sie sich, in welcher
Reihenfolge Sie bestimmte Inhalte vermitteln möchten.
Hier gibt es keine allgemeingültige Regel – alles hängt
vom Ziel des Textes ab. Bauen Sie ein Text-Gerüst,
versehen Sie es mit Überschriften und Inhaltsangaben,
und fassen Sie die Aufgabenstellung kurz zusammen.
Dieses „Re-Briefing“ können Sie sich vom Kunden zur
Sicherheit freigeben lassen. Erzählen Sie die Geschichte
Ihrer Freundin: Stellen Sie sich das zumindest vor
– so bleiben Sie bei der logischen Reihenfolge.
Achten Sie auf die Form. Verärgern Sie niemanden durch
ein schlecht gestaltetes Textmanuskript, das womöglich
Rechtschreibfehler enthält.

Verlieren Sie niemals den Spaß bei der Arbeit!

Denken Sie darauf herum. Denken Sie erst nach,


schreiben Sie dann Ihren Text. Und das Wichtigste:
Prüfen Sie sich selbst! Sind Sie mit dem Ergebnis
hundertprozentig zufrieden? Oder meinen Sie, das
Ergebnis sei lediglich „okay“? Dann arbeiten Sie so
lange daran, bis Sie selbst bei 100 Prozent Zufriedenheit
angelangt sind. „Quälen Sie sich.“ Nur dann haben
Sie eine Chance, überdurchschnittliche Ergebnisse
zu erzielen.
Geben Sie niemals auf. Korrekturen vom Kunden
bedeuten nicht zwangsläufig, dass Sie Fehler gemacht
haben. Denken Sie daran: Über Geschmack lässt sich
nicht streiten. Korrekturschleifen gehören zum
Redaktionsalltag; oft haben sich zwischen dem
Briefinggespräch und Ihrem Abgabetermin Fakten
geändert – das erfordert natürlich Änderungen.
„Verlieben“ Sie sich nicht in Ihre Texte.
Beharren Sie nicht auf Formulierungen, die Sie
persönlich „genial“ finden, wenn Sie die einzige Person
sind, die das so sieht. Machen Sie mal den
„Putzfrauen-Test“. Wenn Sie sich nicht sicher sind,
ob Ihr Text verständlich ist, fragen Sie einfach einige
außenstehende Personen, ob sie ihn verstehen
– und überarbeiten Sie ihn gegebenenfalls.

156
Checkliste für Berater:
richtig briefen
- Bevor Sie (als Berater) sagen, was Sie wollen,
sagen Sie, an wen Sie sich richten wollen: Wer ist die
Zielgruppe? Bitte grenzen Sie möglichst genau ein.
- Was wollen Sie erreichen oder bewirken
(welches Ziel)?
- Erst jetzt ist es interessant, was genau geplant ist
(welche Maßnahme)? Auf welche Art, unter welchen
Umständen wird etwas geschehen, worüber
geschrieben werden soll (weitere Einzelheiten)?
- Wann ist etwas geplant?
- Wo wird es stattfinden (genaue Angaben)?
- Aus welchem Anlass geschieht etwas?
- Wer ist daran beteiligt?
- Welche Personen müssen oder dürfen nicht genannt
werden?
- Haben Sie alle Vor- und Zunamen, Titel, Funktionen
der zu erwähnenden Personen zusammengestellt?
- Kennen Sie die korrekte Firmierung der beteiligten
Unternehmen?
- Soll der Text neben dem genannten Ziel weitere
Informationen oder Botschaften enthalten?
Quellen
1 Die Meldung hatte folgende Überschrift:
- Gibt es Begriffe oder Aussagen, die nicht genannt
„Sind die Kraniche im Paradies?“ werden sollen?
2 Schneider, Wolf: Deutsch für Profis,

Goldmann, München 1999, S. 48 3


- Bitte vergessen Sie nicht: Der Text soll nicht Sie oder
3 Schneider, Wolf: Deutsch für Kenner, den Kunden ansprechen. Er soll bei der Zielgruppe
Piper, München 1996, S. 78
4 Vgl. Schneider, Deutsch für Profis, S. 20 etwas bewirken.
5 Vgl. Schneider, Deutsch für Profis, S. 50
6 Vgl. Schneider, Deutsch für Kenner, S. 40
- Bitten Sie den Texter, ein „Re-Briefing“ zu erstellen.
7 Schneider, Deutsch für Profis, S. 46 Es enthält die Aufgabenstellung sowie Überschrift
8 E.A. Rauter: Vom Umgang mit Wörtern,
und Textstruktur mit Inhaltsangabe. Lassen Sie das
München 1980
9 Ludwig Reiners: Stilfibel, 1951. „Re-Briefing“ vom Kunden freigeben.
Wolf Schneider: Deutsch für Profis,
Goldmann, München 1999.
- Bitte lesen Sie die „17 Gebote“.
Schneider: Deutsch für Kenner,
Piper, München 1996.
10 Siehe Schneider: Deutsch für Kenner,

Kapitel „Halbseidene Strumpffabrikanten“


11 Geistiges Eigentum des Autors
12 Siehe auch: Walther von LaRoche:

Einführung in den praktischen Journalismus,


List, München 1975
13 Hier irrt selbst Wolf Schneider, auf den der Autor

niemals etwas kommen lassen würde, einmal.


Denn es müsste richtig heißen: „ … hat sich in
den vergangenen Jahrzehnten … „, die letzten
sind es ja nicht …
14 Schneider: Deutsch für Profis, S. 48

Ansprechpartner:
Ralf Langen
ECC Kohtes Klewes
Sonnenstraße 17
80331 München
Tel.: 089/59042-120
E-mail: Ralf.Langen@ecc-group.com

157
Berichte der ANL
28 (2004)

Herausgeber:
Bayerische Akademie für Naturschutz
und Landschaftspflege (ANL)
Seethaler Str. 6
D - 83406 Laufen
Telefon: 0 86 82 /89 63-0,
Telefax: 0 86 82/89 63-17 (Verwaltung)
0 86 82/89 63-16 (Fachbereiche)
E-Mail: poststelle@anl.bayern.de
Internet: http://www.anl.bayern.de

Die Bayerische Akademie für Naturschutz


und Landschaftspflege ist eine dem
Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums
für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz
zugeordnete Einrichtung.

Schriftleitung und Redaktion:


Dr. Notker Mallach, ANL

Für die Einzelbeiträge zeichnen die


jeweiligen Autoren verantwortlich.

Die mit dem Verfassernamen gekennzeichneten


Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung des
Herausgebers bzw. des Schriftleiters wieder.

Die Zeitschrift und alle in ihr


enthaltenen einzelnen Beiträge sind
urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwendung außerhalb der
engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes
ist ohne Zustimmung der AutorInnen
oder der Herausgeber unzulässig.

Erscheinungsweise:
Einmal jährlich

Dieser Bericht erscheint im März 2005

Bezugsbedingungen:
Siehe Publikationsliste am Ende des Heftes

Satz: Fa. Hans Bleicher, 83410 Laufen


Druck und Bindung: Lippl Druckservice,
84529 Tittmoning
Druck auf Recyclingpapier (100% Altpapier)

ISSN 0344- 6042


ISBN 3-931175-75-8

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