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Bahnstrecke Ungerhausen–Ottobeuren

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Ungerhausen–Ottobeuren
Strecke der Bahnstrecke Ungerhausen–Ottobeuren
Streckennummer (DB):5412
Kursbuchstrecke (DB):405e (1963)
404k (1946)
Streckenlänge:10,717 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Maximale Neigung: 16,67 
Minimaler Radius:240 m
Strecke
von Memmingen
Dienststation / Betriebs- oder Güterbahnhof
0,000 Ungerhausen 615 m
Abzweig geradeaus und ehemals nach rechts
Anschluss Fliegerhorst Memmingerberg
Abzweig ehemals geradeaus und nach links
nach Buchloe
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
2,090 Westerheim 608,2 m
Bahnhof (Strecke außer Betrieb)
6,820 Hawangen 627,3 m
Brücke über Wasserlauf (Strecke außer Betrieb)
9,000 Schinderbächlein
Brücke über Wasserlauf (Strecke außer Betrieb)
9,900 Westliche Günz
Kopfbahnhof Streckenende (Strecke außer Betrieb)
10,717 Ottobeuren 653,6 m

Quellen: [1]

Die Bahnstrecke Ungerhausen–Ottobeuren, nach der Westlichen Günz auch Günztalbahn genannt, war eine Nebenbahn in Bayern. Sie verband Ungerhausen, wo sie von der Bahnstrecke Buchloe–Memmingen abzweigte, mit Ottobeuren.

Die Gemeinde Ottobeuren strebte seit Mitte des 19. Jahrhunderts den Anschluss an das Schienennetz an.[2][3] Während des Baus des Abschnitts KaufbeurenKempten der Ludwig-Süd-Nord-Bahn bemühte man sich in einem ersten Versuch erfolglos um eine Bahnstrecke von Memmingen über Ottobeuren und Obergünzburg nach Günzach, wo man die Bahnstrecke Buchloe–Lindau erreicht hätte.[2][3]

Etwa ein Jahrzehnt später, bei der Projektierung der als Illertalbahn bezeichneten Bahnstrecke Kempten (Allgäu)–Neu-Ulm, versuchte man Einfluss auf die Trassierung zu nehmen.[2][3] Zusammen mit anderen Gemeinden wurden ab März 1858 mehrere Gesuche an die bayerische Regierung gerichtet, die neue Strecke über Ottobeuren zu führen.[4] Der Plan scheiterte an den Geländeverhältnissen, da man bereits bei Dietmannsried das Illertal hätte verlassen müssen,[2][3] aber auch daran, dass nicht zuletzt wegen der Illerflößerei die traditionellen Handelsbeziehungen entlang des Illertals Richtung Ulm verliefen, aber nicht so sehr Richtung Augsburg.[4] Die Illertalbahn wurde im südlichen Abschnitt am 1. Juni 1863 eröffnet, wobei die Streckenführung im Illertal über Grönenbach und Woringen gewählt wurde.

Ein weiteres Jahrzehnt später, während der Planung der Bahnstrecke Buchloe–Memmingen, versuchte die Gemeinde Ottobeuren im Januar 1871 erfolglos, anstelle der beiden Bahnhöfe in Sontheim und Ungerhausen nur eine einzige Station in Westerheim errichten zu lassen.[5] Bei der Ablehnung des Gesuchs aus Gründen der Wirtschaftlichkeit wurden stattdessen bessere Straßenverbindungen zu den neuen Bahnhöfen in Aussicht gestellt.[5] Der öffentliche Betrieb dieser Hauptbahn begann am 1. Mai 1874.[6]

Nachdem mit Fertigstellung dieser Verbindung der Bau von Hauptbahnen in der Region erkennbar abgeschlossen war, fand man sich in Ottobeuren in den Folgejahren zunächst damit ab, keinen Eisenbahnanschluss erhalten zu haben.[2]

Projektierung und Genehmigung

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Nachdem alle bisherigen Bemühungen erfolglos waren, bat die Gemeinde Ottobeuren am 2. Juni 1891 in einer Petition darum, eine Stichbahn ab Ungerhausen auf eigene Kosten projektieren zu dürfen.[2] Bereits zwei Wochen später, am 17. Juni 1891, erging eine entsprechende Konzession, die die Erstellung eines generellen Planes gestattete, gleichzeitig jedoch die etwaige Erbauung auf Staatskosten explizit nicht in Aussicht stellte.[2][3] Umgehend beauftragte daraufhin die Gemeinde die Kemptener Bauingenieure J. Widmann und A. Telorac mit der Planung einer Lokalbahn.[2][7]

Am 29. August 1891 übersandte der Ottobeurer Bürgermeister Kimmerle die zwischenzeitlich durch die Ingenieure ausgearbeiteten Planunterlagen, die bereits die Streckenführung durch das Günztal über Westerheim und Hawangen vorsah, an das zuständige Bayerische Staatsministerium des königlichen Hauses und des Äußern.[2] Die Bauabteilung der Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen stand dem Entwurf jedoch äußerst kritisch gegenüber und mutmaßte in einer Stellungnahme, dass eine derartige Bahnstrecke noch nicht einmal die Betriebskosten erwirtschaften könne.[2][3] Auch die Stadt Memmingen legte mit Schreiben von Oberbürgermeister Karl Scherer an die Kammer der Abgeordneten vom 28. Dezember 1891 Einspruch gegen das Projekt ein und verlangte stattdessen die direkte, aber kostspieligere Trassenführung nach Memmingen über Benningen.[2][4]

Um der Angelegenheit Schwung zu verleihen, schrieb am 4. Januar 1894 der neu gewählte Ottobeurer Bürgermeister Frey an das Münchener Staatsministerium, argumentierte für eine positiv einzuschätzende wirtschaftliche Prognose und ersuchte erfolglos um Aufnahme des Bauvorhabens in das nächste Lokalbahngesetz.[2][3] Im Folgejahr wurde ein weiteres Gesuch nach München gesandt, in dem zum ersten Mal vorgeschlagen wurde, die Züge nicht in Ungerhausen enden zu lassen, sondern bis Memmingen weiter zu führen.[2] Mit diesem Vorschlag konnten die Memminger Bedenken ausgeräumt werden.[2]

In Vorbereitung der gesetzlichen Grundlage für den Bau wurde am 2. August 1895 in Westerheim eine Interessentenversammlung einberufen.[2] Dort erklärten sich die anliegenden Gemeinden Westerheim, Hawangen und Ottobeuren bereit, die aus einem Bahnbauprojekt erwachsenden Anforderungen zu erfüllen.[2] Insbesondere stimmte die Gemeinde Ottobeuren zu, gegenüber dem Eisenbahnärar für die gesamten Grunderwerbskosten in Höhe von etwa 32.400 Mark[8] zu haften.[2] Allerdings äußerte vor allem Bürgermeister Seeberger aus Hawangen auch Bedenken hinsichtlich der geplanten Lage der eigenen Haltestelle – über einen Kilometer in östlicher Richtung vom Ortskern entfernt.[2] In Folge der letztlich erfolgreichen Versammlung wurde am 17. Juni 1896 schließlich die Finanzierung der Lokalbahn per Gesetz genehmigt,[2][3] und es wurden 462.600 Mark[9] für den Bau vorgesehen.[10]

Bau und Eröffnung

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Erst ein gutes Jahr nach Beschluss des Lokalbahngesetzes wurde am 23. Juli 1897 die Eisenbahnbausektion Marktoberdorf beauftragt, ein Detailprojekt für die Bahnstrecke auszuarbeiten.[2] Nach der Ernte wurde mit den Vermessungs- und Absteckungsarbeiten begonnen, sodass der Verlauf der zukünftigen Bahnstrecke nun im Gelände sichtbar wurde.[2]

Dadurch erhielten die Bedenken in Hawangen hinsichtlich der Lage des Bahnhofes neuen Auftrieb.[2] Am 15. Januar 1898 schlug Bürgermeister Seeberger vor, die Bahnstrecke neu zu trassieren und durch das sogenannte Krebsbachtal zu führen, also von Ungerhausen direkt nach Süden, westlich der bis dahin geplanten Trasse.[2][3] Dies hätte erlaubt, den Hawangener Bahnhof in direkter Ortsnähe zu errichten, hätte dafür aber Westerheim den Bahnanschluss genommen.[2] Die Bahnbausektion Marktoberdorf untersuchte den Vorschlag und kam zu dem Ergebnis, dass die Krebsbachtal-Variante technisch zu bevorzugen wäre.[2][3]

Für den 7. Mai 1898 wurde daher in Ungerhausen eine neue Versammlung der Anliegergemeinden einberufen.[2] Dort bestand der Ottobeurer Bürgermeister Frey darauf, die Bahnstrecke auf der ursprünglich geplanten Trasse auszuführen, und führte an, dass Ottobeuren nur dafür die Grunderwerbskosten garantiert habe.[2] Sowohl Ottobeuren als auch anderen Günztalgemeinden wie Westerheim und Günz an der Günz war daran gelegen, die zum Notariats- und Amtsgerichtsbezirk Ottobeuren gehörenden Orte über die neue Bahnstrecke besser mit dem zuständigen Verwaltungszentrum zu verbinden.[2] Die Gemeinde Ungerhausen sprach sich ebenfalls gegen das Krebsbachprojekt aus, da die Zerschneidung landwirtschaftlicher Nutzflächen befürchtet wurde.[2]

Schließlich wurde der Vorschlag aus Hawangen fallengelassen, und man kehrte im Oktober 1898 endgültig zur Günztaltrasse zurück.[2][3] Nachdem am 10. Februar 1899 das Staatsministerium seine Zustimmung zum Baubeginn abgegeben hatte, starteten am 15. Mai 1899 die Bauarbeiten.[2][3] Ausführendes Unternehmen der Erd- und Gleisbettungsarbeiten war die Bauunternehmung Müller & Kollmus aus München, die von acht sich bewerbenden Firmen den Zuschlag erhalten hatten.[2] Der Streckenbau konnte Ende Juli 1900 abgeschlossen werden, obwohl ein Hochwasser der Günz am 17. Januar 1900 den neu errichteten Bahndamm stellenweise fortspülte.[2][3]

Nach Abschluss weiterer Arbeiten erfolgte am 15. Oktober 1900 die technische Inspektion, die jedoch auch durch politische Prominenz begleitet wurde.[2][3][11] Dies diente der Gemeinde Ottobeuren als Anlass für aufwändige Eröffnungsfeierlichkeiten.[2][3][11] Das Programm sah einen Festzug zum Bahnhof vor, dort dann den Empfang der Ehrengäste, gefolgt von einem Festdiner und abschließend ein Feuerwerk.[11][12] Die eigentliche Eröffnung einige Tage später verblasste dagegen fast, sah aber immerhin noch Sonderzüge vor.[2][11]

Am 22. Oktober 1900 wurde mit täglich sechs Zugpaaren der öffentliche Reise- und Güterzugverkehr aufgenommen,[11] ein für damalige Verhältnisse sehr dichter Fahrplan. Es verkehrten später aber nur noch täglich vier bis fünf Zugpaare. Die meisten Züge fuhren durchgehend bis zum und ab dem Bahnhof Memmingen und bedienten dabei auch die beiden Haltepunkte von Eisenburg und Schwaighausen, die an der Hauptbahnstrecke lagen.

Nach Ende des Ersten Weltkrieges kam es im Jahr 1919, wie bei anderen Lokalbahnen, wegen Kohlenmangels zu Einschränkungen beim Betrieb.[13] Im Unterschied zu anderen Lokalbahnstrecken sind in den 1920er Jahren jedoch keine winterlichen Betriebseinstellungen wegen Schneeverwehungen bekannt, da die Strecke über weite Abschnitte durch den nahen Wald geschützt war.[13]

Während des Zweiten Weltkriegs war Ottobeuren Lazarettort.[13] Verwundete wurden auch per Bahn transportiert, teilweise in Krankentransportzügen.[13] Die Bahnanlagen der Strecke überstanden den Krieg trotz der Nähe zum Fliegerhorst Memmingerberg ohne Schäden.[13]

In den 1960er Jahren verkehrten werktags zehn Zugpaare, die meisten davon als Triebwagen. Alle Züge führten nur die zweite Klasse.

Anlässlich der 1200-Jahr-Feier des Klosters Ottobeuren wurde 1964/65 die Strecke saniert.[3][14] Dabei wurde vor allem in Westerheim sogar das Gleis zur Entschärfung einer engen Kurve neu trassiert, wofür die Haltestelle erheblich umgebaut werden musste.[3][14] Dadurch konnte die Höchstgeschwindigkeit angehoben werden.[3][14]

Obwohl 1967 das Angebot noch auf 14 Zugpaare erweitert worden war, wurde am 1. Oktober 1972 zunächst der Personenverkehr eingestellt. Danach gab es noch vereinzelt IC-Sonderzüge aus München zu den Konzerten in der Ottobeurer Basilika, Pilger-Sonderzüge sowie von Ottobeurer Bürgern organisierte Gesellschaftssonderfahrten.

Die genossenschaftlichen Lagerhäuser in Westerheim und Hawangen, ein Baustoffhandel in Ottobeuren und gelegentliche Holzverladungen hielten den Güterverkehr aufrecht.

Daneben engagierte sich ein Eisenbahnverein für den Erhalt der Strecke und führte dazu Transferfahrten in einem Inspektionsfahrzeug durch.

Stilllegung und Nachnutzung

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Nachdem auch der Güterverkehr am 1. Juni 1996 eingestellt wurde, erfolgte am 1. Oktober 1996 die Gesamtstilllegung. Im April und Mai 2002 wurde das Gleis abgebaut.[15][16]

Ende Juli 2009 wurde mit dem Umbau zum Bahntrassenradweg begonnen. Nach Abschluss der Arbeiten wurde dieser am 14. November 2009 eröffnet.[17] Der Radweg ist insgesamt gut 8,5 Kilometer lang, wovon allerdings nur etwa 7,2 Kilometer auf der ehemaligen Bahntrasse verlaufen. Insbesondere in der Nähe Ottobeurens verläuft der Weg über schon länger bestehende Straßen und erreicht erst in der Nähe des Schinderbächleins den alten Bahnkörper, dem er dann bis Westerheim folgt.

Die Bahnstrecke zweigte in Ungerhausen von der Hauptbahn Buchloe–Memmingen ab.[3][14][18] Nach Verlassen des Bahnhofes folgte sie zunächst als südlich gelegenes Parallelgleis dem Streckengleis der Hauptbahn über etwa 1,5 Kilometer nach Osten.[3][14][18][19] In diesem Bereich hatte das Gleis auf freier Strecke zunächst ein Gefälle von bis zu 1:200 (5 ‰).[20]

Am Ortsrand von Westerheim trennten sich die Strecken dann, und das Ottobeurer Gleis wandte sich in südliche Richtung in das Günztal hinab.[3][18] Hier wuchs das Gefälle auf den Höchstwert von 1:60 (16,67 ‰) an,[21] bevor nach weiteren ca. 600 Metern der Bahnhof von Westerheim erreicht wurde.[3][14][18][19] Dessen Gelände liegt 7 Höhenmeter unterhalb von Ungerhausen und war die tiefstgelegene Betriebsstelle der Strecke.[21]

Anschließend folgte die Trasse der westlichen Talseite und verlief einerseits zwischen dem Ungerhauser Wald im Westen und andererseits den Mäandern der Westlichen Günz und dem Hundsmoor im Osten bis zum Bahnhof von Hawangen.[3][14][18] Der gut 4,7 Kilometer lange Abschnitt wies einige Kurven auf und stieg kontinuierlich um insgesamt 19 Höhenmeter an.[21]

Dieser landschaftliche Charakter zwischen Wald und Bachauen blieb der Strecke auch im nachfolgenden letzten Streckenabschnitt bis nach Ottobeuren für etwa 2,0 Kilometer zunächst weiter erhalten, bevor das Waldgebiet verlassen wurde.[18] An dieser Stelle weitet sich das Tal und die Kulisse Ottobeurens mit den Türmen der Basilika beherrscht die Landschaft.[18] Im weiteren, etwas weniger kurvigen Verlauf folgten die beiden einzig nennenswerten Brückenbauten, zunächst die kleinere Überquerung des Schinderbächleins (Lage) und kurz vor dem Streckenende die größere Brücke über die Günz (Lage).[18]

Schließlich wurde knapp 3,9 Kilometer hinter Hawangen, gut 10,7 Kilometer hinter Ungerhausen, der Endbahnhof in Ottobeuren erreicht.[3][14][18] Dieser ist die höchstgelengene Betriebsstelle und befindet sich weitere gut 26 Höhenmeter oberhalb Hawangens, die in praktisch kontinuierlicher Steigung überwunden wurden.[21]

Betriebsstellen

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Der Bahnhof Ungerhausen (Lage) liegt gut einen Kilometer außerhalb des Ortes im Norden.[19] Er wurde zusammen mit der Bahnstrecke Buchloe–Memmingen erbaut, am 1. Mai 1874 eröffnet[6] und dann um 1900 im Zuge der Errichtung der Ottobeurer Bahnstrecke erweitert.

Die Nebenbahn begann im Gleis 3, welches südlich der Hauptbahnstrecke angelegt worden war.[22][20][23] Die Reisenden konnten den zugehörigen Schüttbahnsteig über einen niveaugleichen Übergang erreichen.[22] In einem weiteren, noch südlicher liegenden Gleis 4 – eigentlich ein Anschlussgleis – begann die Anschlussbahn zum Fliegerhorst Memmingerberg.[22]

Der Bahnhof wurde im Jahr 1900 anlässlich der Errichtung der Ottobeurer Bahnstrecke mit einem mechanischen Stellwerk ausgestattet und verfügte seither über Ein- und Ausfahrsignale.[2][22][24] Die entsprechenden Bayerischen Eisenbahnsignale waren die einzigen Formsignale der ganzen Nebenbahnstrecke, da die anderen Betriebsstellen nur mit Trapeztafeln gesichert waren.[21] Das zugehörige Ungerhausener Einfahrsignal B wurde allerdings nicht durch ein Vorsignal angekündigt.[22] An seinem Standort stand auch kein Vorsignal für die im weiteren Verlauf liegenden Ausfahrsignale Richtung Memmingen.[22] Der Bahnübergang im östlichen Bahnhofskopf war als einziger im Verlauf der Strecke durch Bahnschranken gesichert.[21] Um 1954 war im östlichen Bahnhofskopf ein Weichentrapez zwischen dem Streckengleis der Hauptbahn und dem der Nebenbahn vorhanden, so dass auch aus Ottobeuren kommend in alle drei Bahnhofsgleise eingefahren werden konnte.[22]

Im Jahr 1977, nach Einstellung der Personenverkehrs, wurde die Anlage vereinfacht, sodass seither aus dem Ottobeurer Gleis nur noch das Bahnhofsgleis 3 direkt erreichbar war.[20] Seither ersetzten auch ein Relaisstellwerk und H/V-Lichtsignale die ursprüngliche Ausstattung von 1900.[20][25] Bis zur Stilllegung und dem Rückbau der Strecke blieb die Anlage mit Blick auf die Lokalbahn im Wesentlichen unverändert.[23]

Solange die Ottobeurer Bahnstrecke in Betrieb war, war Ungerhausen ein wichtiger Umsteigebahnhof. Nach Ende des regelmäßigen Reisezugverkehrs endete auch bald die Bedienung der Station Ungerhausen im Personenverkehr, die Anlage besteht als Betriebsbahnhof jedoch weiter.

Seit einer Gleiserneuerung in den 2000er-Jahren verfügt der Bahnhof nur noch über die Gleise 2 und 3, während alle anderen Anlagen entfernt wurden.[26] Noch 2014 war Gleis 3 als letzter Rest der Lokalbahnstrecke von Ungerhausen nach Ottobeuren kilometriert, das Gleis 2 dagegen von Buchloe her.[26] Zwischenzeitlich wird der Bahnhof durch das Elektronische Stellwerk am Bahnhof Memmingen ferngesteuert.[27] Das Empfangsgebäude befindet sich in Privatbesitz.

Der Bahnhof Westerheim (Lage) befand sich im Westen des namensgebenden Ortes.[3][14] Dort stand zunächst ein typisch bayerisches Agenturgebäude, das aber noch vor Einstellung des Personenverkehrs anlässlich der Streckensanierung 1964/65 durch einen gemauerten Unterstand ersetzt wurde.[3][14] In der Nähe befand sich die Bahnhofsrestauration „Gasthof Weidhofer“. An einem einstmals beidseitig angebundenen Nebengleis war eine Ladestraße vorhanden, von dem aus ein weiteres Stumpfgleis das Lagerhaus der örtlichen Darlehenskasse anschloss. Am Rand der Anlagen betrieb ein Sägewerk eine kurze Rollbahn.

Heute (Stand 2024) existiert in Westerheim nur noch das verfallende Lagerhaus der Darlehenskasse. Das lange freigehaltene Bahnhofsplanum wurde seit 2019 durch mehrere Wohnhäuser überbaut.[28] Der Radweg wird in diesem Bereich außerhalb der ehemaligen Bahntrasse auf dem leicht östlich parallel verlaufenden „Bahnweg“ geführt.

Der Bahnhof Hawangen (Lage) befand sich östlich außerhalb des Dorfes. Dort wurde ebenfalls ein Agenturgebäude errichtet, das bis zum Ende des Personenverkehrs bestand.[3] An der Haltestelle befand sich ein in beiden Richtungen angebundenes Nebengleis, an dem ein Lagerhaus der Raiffeisen-Kasse lag.[3]

Nachdem im November 2023 das Lagerhaus der Raiffeisenkasse abgerissen wurde,[29] existieren in Hawangen keine Hochbauten aus Zeiten der Eisenbahn mehr. Im Sommer 2024 wurde das bis dahin freigehaltene Bahnhofsplanum überbaut mit einer Straße zur Erschließung eines zukünftigen Neubaugebietes.

Am Bahnhof Ottobeuren (Lage) befand sich ein größeres Empfangsgebäude mit einem Bahnsteiggleis. An mehreren Nebengleisen waren eine Güterhalle, Laderampen und auch eine Lokomotiv-Remise eingerichtet worden. Daneben hatte sich im Bahnhofsareal außerdem die BayWa mit einem eigenen Lagerhaus angesiedelt, und auch ein Sägewerk war durch eine kurze Feldbahn angebunden.

In Ottobeuren ist das ehemalige Bahngelände weitgehend überbaut worden. Die Remise war bereits mit Ende des Dampfbetriebs überflüssig und wurde bereits lange vor Stilllegung abgerissen. Das Empfangsgebäude ist dagegen in ein privates Wohnhaus umgebaut worden, und in der Güterhalle hat sich der Eisenbahnverein niedergelassen.

Fahrzeugeinsatz

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Die ersten zugeteilten Lokomotiven waren die zwei D VI „Grünten“ und „Iller“,[3] aber spätestens seit 1902 versahen vorwiegend D VII den Dienst. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges verkehrten zudem D IX und GtL 4/4 auf der Strecke. Letztere dominierten als Baureihe 98.8 von 1945 bis 1953 den Zugverkehr. Ihnen folgte in diesem Jahr die Baureihe 98.18, unterstützt von Lokomotiven der Baureihe 98.10.

Mitte der 1950er Jahre verkehrte kurze Zeit die Baureihe 70.0 auf der Strecke, der von 1955 bis 1957 die Baureihe 98.17 folgte. Ihren Platz übernahmen die Baureihe 64 sowie Uerdinger Schienenbusse der Baureihe VT 95.

Den bis Ende der 1960er Jahre eingesetzten GmP zog eine V 100, um 1968 unterstützt durch die Dampflokomotiven der Baureihe 50 aus dem Bahnbetriebswerk Lindau.

Nach Einstellung des Personenverkehrs wurden für den verbliebenen Güterverkehr Lokomotiven der Baureihen 211 und 260 eingesetzt.

Im Rahmen der Konzert-Sonderzüge gelangte mindestens einmal eine VT-601-Einheit nach Ottobeuren, ansonsten wurde als Triebfahrzeug die Baureihe 218 mit je einer Lokomotive an jedem Zugende benutzt, da der Bahnhof Ottobeuren zum Umsetzen zu kurz war.

Im Juli 1974 zog die 86 346 einen Dampfsonderzug aus Krumbach nach Ottobeuren. Am 30. April 1990 erreichte eine dreiteilige Schienenbus-Garnitur der Baureihe 798 Ottobeuren, 1995 die 75 1118 und zuletzt 1996 die 64 289.

  • Am 24. Januar 1911 kam der gegen 9 Uhr vormittags einlaufende Lokalbahnzug 3 nicht rechtzeitig zum Halten.[31][32] Die Lokomotive lief auf den Prellbock auf und entgleiste mit der Vorderachse.[31][32] Zwei Reisende wurden bei dem Zwischenfall leicht verletzt.[31][32]
  • Am 17. Dezember 1962 überfuhr der um 08:28 Uhr in Ottobeuren einlaufende Zug 8751 mit Lokomotive V 100 1151 den Beton-Prellbock am Streckenende.[12][31] Der allein im Führerstand anwesende Lokomotivführer hatte ungefähr 460 Meter zuvor bei etwa 35 Stundenkilometern Geschwindigkeit das Bewusstsein verloren, und die Sicherheitsfahrschaltung konnte eine Bremsung nicht mehr rechtzeitig auslösen.[12] Der Zug überfuhr die anschließende Staatsstraße[33] und kam dann etwa 20 Meter hinter dem Streckenende in einem Wäldchen beim Freibad zum Stehen.[12] Der hinter der Lok laufende Packwagen wurde beim Aufprall vollständig zerstört, als er von dem an dritter Stelle laufenden Personenwagen, einer Donnerbüchse, überfahren wurde.[12] Zugführer und Schaffner befanden sich in Erwartung der Ankunft bereits auf den Trittbrettern des Packwagens, konnten rechtzeitig abspringen und wurden dabei nur leicht verletzt.[12] Vier Reisende aus dem Personenwagen wurden ins Krankenhaus eingeliefert, ebenso der schwerer verletzte Lokomotivführer.[12] Die praktisch fabrikneue Lok wurde schwerer beschädigt, konnte später aber wieder instand gesetzt werden.[34]
  • Im Juni 1993 wurde ein Landwirt aus Hawangen schwer verletzt, als sein Traktor an einem unbeschrankten Bahnübergang von einem Güterzug erfasst und 60 Meter mitgeschleift wurde.[16]
  • Siegfried Baum: Ungerhausen–Ottobeuren. In: Wolf-Dietger Machel (Hrsg.): Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland. Weltbild Verlag GmbH, Sammelwerk Service, 1998, ISSN 0949-2143 (später: GeraNova Zeitschriften-Verlag, München).
  • Siegfried Baum: Schwäbische Eisenbahn. Die Verkehrsgeschichte der Lokalbahnen in Mittelschwaben. Verlag Wolfgang Zimmer, Eppstein im Taunus 1969.
  • Reinhold Breubeck: Die Eisenbahn in Mittelschwaben zwischen Iller und Wertach. Eisenbahnknoten Memmingen. Druck und Verlag Hans Obermayer GmbH, Buchloe 1999, ISBN 3-927781-18-5, Ungerhausen–Ottobeuren, S. 201–213.
  • Herbert Gschweicher, Gerhard Bäuml: Die Lokalbahn Ungerhausen–Ottobeuren. Eine kleine Chronik von gestern und heute. Hrsg.: Günztal-Museumsbahn-Verein e. V. 2. Auflage. Ottobeuren Mai 2005.
  • Reiner Schruft: Ungerhausen – Ottobeuren. In: Vergessene Bahnen. Abgerufen am 30. September 2024 (Zustand der Strecke im Mai 2007).
  • Chronik. Günztal-Museumsbahnverein e. V., abgerufen am 30. September 2024 (Sammlung historischer Fotos).

Einzelnachweise

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  1. Deutsche Reichsbahn (Hrsg.): Amtliches Bahnhofsverzeichnis 1944 der Deutschen Reichsbahn, der Böhmisch-Mährischen Bahnen, der Privatbahnen sowie der Kleinbahnen mit Güterverkehr und der Ostbahn. Gültig vom 1. Juni 1944. S. 307, 887 (wiki-de.genealogy.net).
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak Baum: Schwäbische Eisenbahn. Geschichtliches zum Bau der einzelnen Bahnlinien: Ungerhausen–Ottobeuren, S. 54–58.
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac Breubeck: Eisenbahnknoten Memmingen. S. 201–213.
  4. a b c Paul Hoser: Die Geschichte der Stadt Memmingen. Vom Neubeginn im Königreich Bayern bis 1945. Band 2, ISBN 3-8062-1316-X, Die Illerbahn, S. 411 (Insbesondere Fußnote 88).
  5. a b Thorsten Marr, Antje Scherner: Der Neubau des Pasinger Bahnhofs und die Bahnlinie von München nach Memmingen (1869–1875). In: Pasinger Fabrik (Hrsg.): Ein Jahrhundert wird mobil! Von Pasing nach Augsburg, Memmingen, Starnberg und Herrsching. Vier Bahnlinien und ihre Bahnhöfe von 1839 bis heute. Buchendorfer Verlag, München 1994, ISBN 3-927984-33-7, Projektierung der neuen Route, S. 43.
  6. a b Marr, Scherner: Der Neubau des Pasinger Bahnhofs… Die neue Linie und ihr Nutzen, S. 55 ff.
  7. Widman und Telorac waren kurz zuvor bereits bei der Erweiterung der Mechanischen Baumwollspinnerei und -weberei in Kempten tätig.
  8. Kaufkraftbereinigt heute etwa 273.941 EUR.
  9. Kaufkraftbereinigt heute etwa 3.962.780 EUR.
  10. Gesetz, die Herstellung von Bahnen lokaler Bedeutung betreffend. In: Gesetz- und Verordnungs-Blatt für das Königreich Bayern. Nr. 26. München 18. Juni 1896, S. 256–258 (Volltext in der Google-Buchsuche [abgerufen am 17. September 2024]).
  11. a b c d e Eröffnung der Eisenbahnstrecke Ottobeuren–Ungerhausen, Festumzug. In: Ottobeuren macht Geschichte. Markt Ottobeuren, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  12. a b c d e f g Gschweicher, Bäuml: Die Lokalbahn Ungerhausen–Ottobeuren.
  13. a b c d e Baum: Ungerhausen–Ottobeuren.
  14. a b c d e f g h i j Baum: Schwäbische Eisenbahn. Schienen durch schwäbisches Land: Ungerhausen–Ottobeuren, S. 113–114.
  15. Zusatzbestimmungen zur Vorschrift für den Zugleitbetrieb für die Nebenbahn Ungerhausen–Ottobeuren. In: Ottobeuren macht Geschichte. Markt Ottobeuren, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  16. a b Stefanie Dodel, Thomas Hartmann: Chronik der Gemeinde Hawangen. Juni 2005, Der Bau der Bahnstrecke Memmingen – Ottobeuren, S. 19–23 (ottobeuren.de [PDF; abgerufen am 1. Oktober 2024]).
  17. Neuer Radweg wird eröffnet. Landratsamt Unterallgäu, 2. November 2009, abgerufen am 30. September 2024.
  18. a b c d e f g h i Reiner Schruft: Ungerhausen–Ottobeuren. In: Vergessene Bahnen. Abgerufen am 9. Oktober 2024.
  19. a b c Näherungsweise Messung auf Google Earth.
  20. a b c d Lageschema des Bahnhofs Ungerhausen, Ausschnitt aus einem Streckenband der Bahnstrecke Buchloe–Memmingen, ohne Maßstab, 1978 (Deutsche Bundesbahn)
  21. a b c d e f Baum: Schwäbische Eisenbahn. Die wichtigsten Einrichtungen und Daten von den Strecken: Ungerhausen–Ottobeuren, S. 96.
  22. a b c d e f g Lageplan des Bahnhofs Ungerhausen im Maßstab 1:1000, 1954 (Deutsche Bundesbahn); Längenangaben teilweise aus Google Earth nach Georeferenzierung des Lageplans anhand erhaltener Geländemerkmale
  23. a b Lageschema des Bahnhofs Ungerhausen, ohne Maßstab, 1995 (Deutsche Bahn)
  24. Ungerhausen (Bay). Arbeitskreis Stellwerk e. V., abgerufen am 22. September 2024 (Stellwerk von 1900).
  25. Ungerhausen (Bay) Uf. Arbeitskreis Stellwerk e. V., abgerufen am 22. September 2024 (Stellwerk von 1977).
  26. a b Lageplan des Bahnhofs Ungerhausen im Maßstab 1:1000, 2014 (Deutsche Bahn); veröffentlicht im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens für die Ausbaustrecke München–Lindau, PFA 7, Strecke 5360, km 37,5+78 – 38,4+78
  27. Memmingen. Arbeitskreis Stellwerk e. V., abgerufen am 24. September 2024 (Stellwerk von 2000).
  28. Historische Luftbilder auf Google Earth im Vergleich zu aktuellen Luftbildern im BayernAtlas, siehe geoportal.bayern.de. Abgerufen am 13. Oktober 2024.
  29. Lokschuppen und Betriebsgelände am Bahnhof Ottobeuren. In: Ottobeuren macht Geschichte. Markt Ottobeuren, abgerufen am 29. September 2024 (Bild vom Abriss).
  30. Neuartige Feldbäckerei bei Manöver in Ottobeuren. In: Ottobeuren macht Geschichte. Markt Ottobeuren, abgerufen am 30. September 2024.
  31. a b c d Eisenbahnunglück. In: Ottobeuren macht Geschichte. Markt Ottobeuren, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  32. a b c Ottobeurer Volksblatt. Nr. 11, 26. Januar 1911, S. 1.
  33. heute Langenberger Straße
  34. Fahrzeugportrait Deutz 57388. v100.de, abgerufen am 1. Oktober 2024.