Flugzeugkaverne

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Vor dem Tor des Vorstollens steht eine Mirage IIIRS, Flugplatz Buochs
Außer Dienst gestellte Kampfflugzeuge der Albanischen Streitkräfte vom Typ Shenyang F-6 in der Flugzeugkaverne in Gjadër
Flugzeugkaverne auf dem Militärflugplatz Shahe in China, heute Chinesisches Luftfahrtmuseum
Einfahrt in die bis 1991 aktive Flugzeugkaverne Željava, Europas größte Flugzeugkaverne, die einem Atomangriff standhalten sollte

Eine Flugzeugkaverne ist ein kavernenartiger Flugzeughangar zur Unterbringung von Kampfflugzeugen, der nicht nur wie ein normaler Hardened Aircraft Shelter durch die oberirdische bauliche Ausführung in Beton und Stahl, sondern insbesondere durch die unterirdische Bauweise sowie durch den umgebenden Berg gegen Feindeinwirkung geschützt ist.

Während des Zweiten Weltkriegs begannen verschiedene Luftstreitkräfte (Italien, Japan, Schweden und die Schweiz) neuartige Flugzeugschutzanlagen in Betrieb zu nehmen. Nebst den ungepanzerten Flugzeughangars, welche meist noch aus Holz bestanden, und den sogenannten Boxen (einer Art Garage, in welche das Flugzeug durch ein Tor auf der Hinterseite einfahren und die es durch ein Tor auf der Vorderseite wieder verlassen konnte), begann man mit dem Bau von gehärteten Flugzeugunterständen. Diese bestanden aus einer zumindest 20 cm massiven Stahlbetonhülle und waren zu Tarnzwecken mit Gras und Bäumen überwachsen. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges konnten erste Erfahrungen, wie sich massivste Flächenbombardements und der Einsatz von Atombomben auf die Stahlbeton-Schutzbauten auswirkten, ausgewertet werden. Daraufhin entstand eine neue Generation von Schutzbauten, die Flugzeugkavernen. Sie wurden in tunnelbauartiger Weise tief in den Fels getrieben und mittels verwinkelten Eingängen vor dem Explosionsdruck von Kernwaffen geschützt.

Die unterirdischen Flugzeugunterstände beherbergen nebst den Hangars für Kampfflugzeuge auch noch weitere Räume, um den Flugbetrieb aufrechtzuerhalten. Dazu gehören Stromerzeugungsaggregate zur autarken Stromversorgung, für jeden Sektor eine Lüftungszentrale mit Klimaanlage (welche beim Einsatz von atomaren, biologischen oder chemischen Kampfstoffen deren Eindringen in die Anlage verhindert), Treibstoff-, Munitions- und Ersatzteillager für den unabhängigen Betrieb der Kampfflugzeuge.

Ein separater Kommandostollen ist mittels gepanzerter Schleusentüren ABC-sicher erbaut. Dort befinden sich die Flugleitung, Einsatzbesprechungsräume, Sanitäts-, Küchen-, Aufenthalts- und Schlafräume für die Piloten und einen Teil der Mannschaften, Ersatzteillager, Werkstätten, Nachrichtenauswertung, und eine Kommunikationszentrale.

Eine Kaverne ist derart ausgerüstet, dass sie den Flugbetrieb in vollem Umfang 24 Stunden am Tag unter ABC-Bedrohungen durchführen kann. Dies ohne von außen mit Kerosin, Waffen, Strom oder Wasser versorgt zu werden. Der Flugbetrieb könnte ohne Versorgung von außen über einen Zeitraum von zumindest einem Monat aufrechterhalten werden. Dies ist auch der geschätzte Zeitraum, nach dem nach einem Einsatz von Kernwaffen die Umgebung wieder ohne tödliche Verstrahlung betreten werden kann. In der Kaverne sind sämtliche Reparaturen inklusive Triebwerkswechsel an den Flugzeugen möglich.

Kavernenstandorte weltweit

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Albanien Albanien

  • Flugzeugstollen Gjadër (Lezha-Zadrima; LAGJ)
  • Flugzeugstollen Kuçova (Berat; LAKV)

China Volksrepublik Volksrepublik China

  • Flugzeugstollen Anqing (An Ching)
  • Flugzeugstollen Beijing Shahezhen (Datang Shan)
  • Flugzeugstollen Changzing
  • Flugzeugstollen Cha-su-Chi
  • Flugzeugstollen Chifeng
  • Flugzeugstollen Daishan
  • Flugzeugstollen Dezhou (Jiugucheng)
  • Flugzeugstollen Feidong
  • Flugzeugstollen Fuxin
  • Flugzeugstollen Guiping Mengshu Air Base (Mengxu)
  • Flugzeugstollen Huairen
  • Flugzeugstollen Jining (ZSJG)
  • Flugzeugstollen Jingyuan (Dalachi)
  • Flugzeugstollen Jinzhou Xiaolingzi (ZYJZ)
  • Flugzeugstollen Jiyuan (Chi-yüan)
  • Flugzeugstollen Leiyang südwest
  • Flugzeugstollen Pulandian
  • Flugzeugstollen Ranghe Zen
  • Flugzeugstollen Rugao
  • Flugzeugstollen Suzhou west
  • Flugzeugstollen Taihe
  • Flugzeugstollen Urumqi süd (Ürümqi)
  • Flugzeugstollen Xinzhou Wutaishan (ZBXZ)
  • Flugzeugstollen Xuzhou Daguozhang
  • Flugzeugstollen Yantai Südwest (ZSYT)
  • Flugzeugstollen Yinchuan (Xincheng)
  • Flugzeugstollen Yiwi (Yiwu)
  • Flugzeugstollen Yongning
  • Flugzeugstollen Zhangjiakou (ZBZJ)
  • Flugzeugstollen Zunhua
  • Flugzeugstollen Zunyi (ZUZY)

Finnland Finnland

  • Flugzeugstollen Jyväskyla (Tikkakoski; EFJY)
  • Flugzeugstollen Kuopio (Rissala; EFKU)
  • Flugzeugstollen Rovaniemi (EFRO)

Iran Iran

  • Flugzeugkaverne Oghab 44 (Adler 44) südöstlich von Taskuye

Italien Italien

Kroatien Kroatien

Bosnien und Herzegowina Bosnien und Herzegowina

Montenegro Montenegro

  • Flugzeugstollen Sipcanik (Podgorica; LYPG)

Norwegen Norwegen

Schweden Schweden

Schweiz Schweiz

Serbien Serbien, Kosovo Kosovo

  • Flugzeugstollen Slatina (Pristina; LYPR)

Korea Nord Nordkorea

  • Flugzeugstollen Hoemun
  • Flugzeugstollen Hwangju
  • Flugzeugstollen Hyon-ni
  • Flugzeugstollen Kaechon
  • Flugzeugstollen Koksan
  • Flugzeugstollen Kuum ni
  • Flugzeugstollen Kwail
  • Flugzeugstollen Puckchang
  • Flugzeugstollen Pyongyang International Airport/Sunan (ZKPY)
  • Flugzeugstollen Sunchon
  • Flugzeugstollen Taetan
  • Flugzeugstollen Toksan
  • Flugzeugstollen Wosan

Taiwan Taiwan

Vietnam Vietnam

Flugzeugkavernen in der Schweiz

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In zeitgenössischen Dokumenten heißen diese Anlagen Flugzeugstollen, Stollenanlagen, Kavernenanlagen, Felskaverne oder als Gesamtanlage Kavernenstützpunkte.[1][2] In einem Dokument der armasuisse von 2008 zur Erhaltungswürdigkeit der Anlagen wurde ein Militärflugplatz, bei dem die Führungseinrichtungen und die Flugzeuge in Flugzeugkavernen/Flugzeugstollen unter Fels geschützt sind, als Kavernenflugplatz bezeichnet, im Gegensatz zur Bezeichnung Feldflugplatz mit dezentralisierten Schutzbauten für Flugzeuge.[3]

Die Flugzeugkavernen und -stollen der Schweizer Luftwaffe sind Ausdruck der Schweizer Reduitstrategie. Es mussten neue Flugplätze in Betrieb genommen werden, da viele der zuvor genutzten Flugplätze außerhalb des Reduits lagen. Nebst Splitterschutz-Unterständen wurden während des Zweiten Weltkriegs bei einigen Kriegsflugplätzen Tunnel (sogenannte Retablierstollen) zum Abstellen der Flugzeuge während kleinerer Reparaturen in die Berge getrieben; Reparaturen waren zuvor unter Zelten durchgeführt worden. In den Tunnels gab es genug Platz, um einmotorige Jagdflugzeuge wie die Messerschmitt Bf.109E oder nach dem Krieg die P-51D „Mustang“ darin abzustellen.

Während des Kalten Kriegs wurden an sechs Standorten diese Tunnel zu Flugzeugkavernen ausgebaut. Zu Beginn des Kalten Krieges hatte Oberstdivisionär Rhiner im Jahr 1947 in einem Essay unter dem Titel "Brauchen wir eine Flugwaffe" die Frage aufgeworfen, ob angesichts von Fernwaffen und Lufttransport eine eigene Luftwaffe noch sinnvoll sei. In diesem Essay bejahte er diese Frage. Er hielt es für nötig, dass die Flugzeuge auf Flugplätzen dem Eingriff fremder Erdkämpfer durch Unterbringung in Kavernen entzogen würden.[4] Die Kavernenanlagen wurden nur zu Dienstzeiten der zuständigen Truppen betrieben, das heißt während der rund dreiwöchigen Wiederholungskurse der Flugplatzabteilungen. Auf den sogenannten Kriegsflugplätzen bestand in der übrigen Zeit des Jahres überhaupt kein Flugbetrieb (Ambri, Raron, Turtmann), auf den anderen Plätzen war die Kaverne nicht in Betrieb (Alpnach, Buochs, Meiringen). Die einzige Anlage, die nach dem Umbau ganzjährig dem Flugbetrieb dient, ist Meiringen.

Die Flugzeugkavernen bestehen aus separaten Stollen (Die Anlage von Ambri wich davon allerdings mit einem einfacheren Ausbau ab):

  • Im Stollen X (Xaver) finden 15 Flugzeuge Platz. Er ist talseitig durch ein Holz/Stahl-Verbundtor geschützt, dem in versetzter Position nach einem Vorstollen ein circa 50 cm dickes Stahlbetontor folgt. Dadurch wird eine direkte Beschussmöglichkeit ausgeschlossen. Der Flugzeugstollen ist durch einen Gang, der mit einer Halongaslöschanlage ausgerüstet ist, mit der Waffenkammer verbunden. In dieser werden Munition für die Sturmgewehre, Munition für Bordkanonen, Sprengbomben, Raketen, Lenkwaffen sowie Täuschkörperpatronen (Düppel- und Leuchtfackel) nebst diversen Sprengbolzen für Schleudersitze und Waffenaufhängungen gelagert.
  • An den mittigen Kommandostollen grenzt ein zweiter
  • Flugzeugstollen Y (Yvonne). Er ist baugleich dem Stollen X und fasst ebenfalls 15 Flugzeuge.
  • Hinter den Stollen befinden sich die Treibstofftanks.

Die Flugzeuge werden in den Stollen mittels Krananlagen an die richtige Position gebracht.

Die Kaverne Meiringen wurde für 120 Millionen Schweizer Franken an die F/A-18 angepasst. Es wurde zusätzlich der Stollen Z gebohrt, welcher im Gegensatz zu den anderen Stollen über keine Kräne an der Decke verfügt. Die Stollen Y und Z sind mit Quergängen verbunden, in welchen zusammen mit in den Stollen integrierten Nischen zehn bis zwölf F/A-18 abgestellt werden können. Die beiden Vorstollen für Y und Z sind ebenfalls vor den Panzertoren mit einer Querverbindung für die Flugzeuge durchfahrbar. Zudem unterscheidet sich die Kaverne in Meiringen noch durch ihren eigenen Zugang zum Munitionsstollen in der Nähe des Stollen X. Ursprünglich wurde dieser Stollen für die A-7G Corsair II gebaut.

Mit der Armeereform XXI wurden die Kavernen in Alpnach, Ambrì, Raron und Turtmann geschlossen. Buochs wurde zur Reservebasis bestimmt, die inaktiv ist, aber jederzeit wieder betrieben werden kann. Meiringen ist der einzige noch benutzte Kavernenflugplatz.[3] Die Flugzeugkaverne des Flugplatzes Turtmann gilt als beispielhaft im Originalzustand erhalten.[5]

Eingesetzte Flugzeugtypen

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Grundsätzlich wurden aus dem Stollen Kampfflugzeuge eingesetzt.

Getestet in Kavernen, aber nicht beschafft

Nach dem Ende ihrer Funktion dienten die Stollenanlagen der Einlagerung von Armeematerial, so der BAe Hawk in Buochs, der Alouette III in Alpnach oder überzähliger Schützenpanzer in Raron.

Doppelunterstand Typ U-80 in Mollis. Der Unterstand ist nicht in den Fels hinein gebaut, sondern davor.

Auf Anordnung des Armeekommandos aus dem Jahr 1942 waren auf den Flugplätzen insgesamt 152 betonierte Bogenunterstände vom Typ U-43 gebaut worden. Darin passten ein bis zwei Flugzeuge, auch noch solche vom Typ D.H.100 „Vampire“, bei den nach vorne offenen Unterständen handelte sich jedoch mehr um einen Splitterschutz.

Die neueren Unterstände wurden ab 1968[6] als Flugzeugbunker ausgeführt (Typ U-43/68) und wurden beim Typ U-80[6] vergrößert und paarweise zusammengebaut – oft zur besseren Nutzung der Rollwege mit einem weiteren Unterstand in unmittelbarer Nähe und bei Gebirgsflugplätzen das Gelände ausnutzend. Beide Kammern beherbergen neben den zwei bis vier Flugzeugen auch noch Mannschaftsräume, einen Dieselgenerator, ein Ersatzteillager oder eine Küche. Die Mannschaftsräume sind dank Schleusen ABC-sicher. Die ans Gelände angelehnten Flugzeugunterstände, zum Beispiel beim Flugplatz Mollis oder St. Stephan, sind keine Kavernen, auch wenn sie umgangssprachlich so bezeichnet werden. In Mollis und auf dem Militärflugplatz Ulrichen wurden auch Helikopter in den Unterständen untergebracht, bei den Super Puma wurden dabei ein Teil der Rotorgelenke ausgehängt, damit sie nicht zu hoch hingen.

In einem eingeschobenen Nebensatz (" - eventuell mit Startbahnen aus dem Berg heraus - ") skizzierte Oberstdivisionär Rhiner 1947 einen Gedanken, mehr als nur die Standplätze eines Flugplatzes in den Berg zu verlegen.[4] Dieselbe Idee von startenden Flugzeugen aus dem Berg wurde später eine Urban Legend und wird als solche im Jubiläumsbuch der Schweizer Luftwaffe als wörtlich "Märchengeschichte" erwähnt.[6]

Commons: Flugzeugkaverne – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Online-Zugang: Archivplansuche (Schweizerisches Bundesarchiv)
  2. Laurent F. Carrel (Hrsg.): Schweizer Armee heute und in Zukunft. 13. Auflage ergänzt. Ott, Thun 1998, ISBN 3-7225-6853-6
  3. a b Manfred Hildebrand: Übersicht über die Entwicklung und den Ausbau der Schweizer Militärflugplätze. (PDF) In: Militärische Denkmäler im Bereich der Luftwaffe. Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, 2008, S. 11, 34, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. Juli 2012; abgerufen am 26. August 2014: „Als Kavernenflugplatz wird ein Militärflugplatz bezeichnet, der über einen geschützten (unter Fels) Kommandoposten verfügt und bei dem die Flugzeuge (von zwei Fliegerstaffeln) in Flugzeugkavernen unter Fels geschützt sind.“
  4. a b Oberstdivisionär Rhiner: Brauchen wir eine Flugwaffe, Allgemeine schweizerische Militärzeitung, Band 93 (1947), Heft 1, S. 6
  5. Das Inventar historisch bedeutender Luftwaffen-Infrastruktur (Memento vom 12. November 2014 im Internet Archive) skynews.ch
  6. a b c Uno Zero Zero – Ein Jahrhundert Schweizer Luftwaffe. Aeropublications, Teufen/ZH 2013, ISBN 978-3-9524239-0-5, S. 259/260, Abschnitt "Mythos Kaverne"; Text Englisch: "The myth that everyone is guaranteed to hear is that Swiss combat aircraft could take off directly from the caverns".