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ADB:Freiesleben, Johann Karl

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Artikel „Freiesleben, Johann Karl“ von Wilhelm von Gümbel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 339–340, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Freiesleben,_Johann_Karl&oldid=- (Version vom 11. Dezember 2024, 22:13 Uhr UTC)
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Freiesleben: Johann Karl F., königl. sächs. Oberberghauptmann, geb. 14. Juni 1774 in Freiberg, gest. 20. März 1846 in Nieder-Auerbach im Voigtlande. Einer Bergmannsfamilie entsprossen entwickelte sich in dem Knaben unter den Eindrücken des in seiner Geburtsstadt so regen Bergbaus schon frühzeitig die Neigung zum Studium der Bergwerkswissenschaft. Noch Gymnasiast, verfuhr F. in den Schulferien seine ersten Häuerschichten. Nach vollendeten Gymnasialstudien trat er 1790–92 an die Bergakademie über, wo er an Werner, der ihn schon früher angeregt und unterstützt hatte, einen mächtigen Gönner gewann. Obwohl etwas älter als v. Buch und v. Humboldt, trat er doch mit diesen, als sie nach Freiberg auf die Akademie kamen, in nähere Beziehung und machte mit v. Buch seine erste größere wissenschaftliche Reise durch Sachsen und Thüringen, dann mit dem ihm nahe befreundeten v. Schlotheim durch den Thüringer Wald. Berichte über die Reiseergebnisse erschienen im bergmännischen Journal (II. Bd. 1792) und in Lempe’s Magazin Bd. 10. Als A. v. Humboldt dann Freiberg besuchte, gab Werner ihm F. als Begleiter auf die Gruben mit und so entwickelte sich zwischen beiden ein sehr inniges Verhältniß, welches auf einer gemeinsamen Reise (1791) im böhmischen Mittelgebirge sich zu einer dauernden Freundschaft gestaltete (Bericht über diese Reise im Bergm. Journal 1792, Bd. I). Von 1792–95 widmete sich F. dem Studium der Rechtswissenschaft in Leipzig und verband mit diesem Aufenthalt Ausflüge an den Harz. Außer einer kleinen Notiz über das schillernde Fossil von Baste am Harz (sog. Bastit) publicirte er über diese Reise eine erste größere Arbeit: „Bergmännisch mineralische Beschreibung des Harzes“, 2 Bde. 1795, in der mineralogische und technische Schilderungen in den Vordergrund treten.

Von besonders wichtigem Erfolge war eine mit A. v. Humboldt 1795 unternommene Reise in die Alpen, nach Savoyen und in den schweizer Jura. Dabei gelangten beide Forscher bei Vergleichung der schweizer Gesteine mit den thüringischen zu dem Resultate, daß der Kalk im südlichen Deutschland und im schweizer Jura – daher Jurakalk genannt – wegen seiner zahlreichen Höhlen der Rauchwacke im Mansfeldischen, der Alpenkalk aber dem dichten Zechstein entsprechen müsse, wie dies F. in seiner „Neuen Classification der Gebirge“, 1801 (Sch. d. Berl. Ges. naturw. Freunde III.) weiter ausführte. Daher schreibt es sich, daß man dieser obwohl durchaus unrichtigen Auffassung ganz allgemein selbst bis in die neuere Zeit huldigte.

Von dieser Reise 1796 zurückgerufen erhielt F. eine Anstellung als Bergamtsassessor in Marienberg, dann 1799 als Bergmeister in Johanngeorgenstadt und 1800 als Director der Mannsfeldischen Bergwerke mit dem Titel eines Bergcommissionsrath in Eisleben. In dieser Zeit fand F. wenig Muße zu wissenschaftlichen Arbeiten, die jedoch nie ganz ruhten (Beiträge zu v. Humboldt’s [340] Werk über die unterirdischen Gasarten zur Naturgeschichte der Mineralgänge, Moll’s N. Jahrb. 16). Im Mannsfeldischen entfaltete er in gleicher Richtung große Thätigkeit auf praktischem Gebiete durch Verbesserung des Kupferhüttenprocesses, durch Anlage von Stollen und Schächten, auf wissenschaftlichem Felde aber durch jene Untersuchungen, über deren Ergebnisse er sein bedeutendstes Werk „Beiträge zur Kenntniß des Kupferschiefergebirgs“, 1807–1815 publicirte. Es ist dies eine grundlegende Monographie über diese Formation, wie wir sie vollständiger, mehr ins einzelne eingehend und allseitig erschöpfend von wenig anderen Gebirgsgebieten besitzen.

Nach Errichtung des Königreichs Westfalen kehrte F. 1808 nach Freiberg zurück, blieb aber bis zu seinem Tode Deputirter der Mannsfelder Gewerkschaft. In Freiberg beschäftigte sich F. als Beisitzender des Oberberg- und Hüttenamtes vielseitig mit Organisation und Verbesserungen im Berg- und Hüttenfach, und wurde mit vielen technischen Aufträgen, insbesondere mit der Leitung verschiedener staatlichen und gewerkschaftlichen Hüttenwerke betraut, z. B. jener zu Pleitz, der Blaufarbwerke zu Wolfsgrün, der Saline zu Teuditz und Kötschau, der Porzellanmanufactur etc. Auch fiel ihm, als dem hierzu berechtigsten Schüler nach Werner’s Tode 1813 die Sichtung von dessen wissenschaftlichem Nachlaß zu. Nach seiner Beförderung zum Bergrath übernahm er auch die Beaufsichtigung der wissenschaftlichen Sammlungen in Freiberg. Die Universität Marburg ehrte ihn 1817 durch Verleihung des Doctortitels und 1828 die Akademie der Wissenschaften in Berlin durch die Ernennung zu ihrem Correspondenten. Als 1838 Oberberghauptmann von Herder starb, trat F. an dessen Stelle und damit an die Spitze des sächsischen Montanwesens, in welcher Stellung er bis 1842 eine rastlose segensreiche Thätigkeit entwickelte. 1842 nahm F. seine Entlassung und erhielt als Anerkennung für seine ausgezeichneten Dienstleistungen das Comthurkreuz des Civilverdienstordens. Auf einer Geschäftsreise erlag er auf dem Messingwerke Nieder-Auerbach 1846 einer kurzen Krankheit. In den letzten Jahren seines Lebens, wo ihn das Dienstliche sehr spärlich in Anspruch nahm, verwendete F. die ihm gegönnte Muße hauptsächlich zur Vervollständigung seiner Sammlung, über deren Bestand er unter dem Titel: „Beiträge zur Mineralkenntniß von Sachsen“ seit 1817 ein critisches Verzeichniß gab. Letzteres wurde, nachdem er seine Sammlung nach Moskau verkauft hatte, von dem ihm befreundeten Fischer von Waldheim bearbeitet und ins Französische übersetzt publicirt (1827). Ferner verfaßte F. noch eine „Systematische Uebersicht der Litteratur in Mineral-, Berg- und Hüttenkunde“ (1822) und begann seit 1820 eine fortlaufende Publication „Magazin für die Oryctographie von Sachsen“ in freien Heften, eine der wichtigsten Quellen für die Mineraltopographie dieses Landes. Darin ist von besonderer Wichtigkeit eine Abhandlung über die sächsischen Erzgänge, welche als eine seiner letzten wissenschaftlichen Arbeiten (1843–45) gelten kann. Die Verdienste Freiesleben’s, als eines der begabtesten und kenntnißreichsten Schüler Werner’s, für die Wissenschaft bestehen hauptsächlich darin, daß F. am rührigsten mithalf, die Ansichten des großen Meisters in seinen Schriften wieder zu geben und in weiteren Kreisen zu verbreiten. Die Kenntniß der Flötzgebirgsbildungen hat F. im Werner’schen Sinne wesentlich erweitert, vervollständigt und vertieft, so wie durch die genaue Schilderung der geschichteten Gesteine in Thüringen und im Mannsfeldischen diese gleichfalls zum Ausgangspunkt des Vergleichs mit den Bildungen in anderen Gegenden erhoben. Man kann deshalb F. geradezu als Schöpfer und Begründer des stratographischen Theils der Geognosie für das nördliche Deutschland bezeichnen.

Voigt, Neuer Nekrol. d. D. XXIV. 191. Berg- und Hüttenm. Zeitg. 1846. Nr. 31. Poggendorff’s Biogr. I. 796.