Das Ausland. 1,2.1828 | |
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es ihm erlaubt wäre, zwischen dem Guthandeln und dem Gutsprechen seine Sorge zu theilen. (Bewegung.) Ohne Zweifel, meine Herren, habe ich mit lebhafter Dankbarkeit die Gunst empfangen, die Sie mir zugestehen, eine Gunst, um welche sich Bossuet und Montesquieu bewarben, und auf welche ich um so stolzer bin, als ich sie zugleich über die Camille-Jordan, die de Serre, die Foy verbreite, – diese edlen Gefährten, diese ruhmvollen Freunde, welche ein frühzeitiger Tod dem Vaterlande und Ihrer Wahl entzog. (Wiederholter langer Beifall.) Aber es handelt sich hier nicht um meine Person: so unvollkommen auch meine Ansprüche sind, Sie, meine Herren, haben durch eine nachsichtsvolle Fiction in denselben die Rechte der französischen Tribüne sehen wollen; mit dieser schließen Sie indem Sie mich wählen, im Namen der Wissenschaften einen feierlichen Bund.
Ein Besuch bei dem Krater des großen Vulkans von Kirauea.
Des andern Morgens, Mittwoch, den 29. bereitete sich unsere Gesellschaft in den Krater zu steigen. Eine von den wenigen Stellen, wo dieses möglich ist, war ganz nahe an unserer Hütte. Während der ersten 200 Schritte war der Weg steil, und verlangte, wegen der Lockerheit der Steine und Felsen, große Vorsicht bei jeder Bewegung. Eine leichte Berührung war hinreichend, um sie abzulösen und mit großer Gefahr für die schon voraus Gestiegenen hinabzustürzen. Die weitere Entfernung bis zu dem hervorstehenden Lava-Rande, gleichfalls noch ungefähr 200 Schritte, war mäßig steil und sicher, indem der Weg sich in ein altes Lavabett gewandt hatte, und in schiefer Richtung nach dem Vorsprung hinablief, auf den er mehr als eine viertel Meile westlich von der Stelle traf, von wo wir hinab zu steigen begonnen hatten. Hier angekommen, fanden wir die Zweckmäßigkeit der langen Stäbe und Stangen, mit denen wir uns versehen hatten, um damit die Sicherheit des Bodens zu untersuchen.
Jener Vorsprung ist gänzlich aus Schlacke und Lava gebildet, welche meistens durch das Feuer in einen morschen Zustand verwandelt, und überall von tiefen Spalten und Klüften durchschnitten ist, aus denen zum Theil Feuer herauf leuchtete, und Rauch und heißer Dampf aufstieg. Die ganze Oberfläche besteht aus einer schwarzen, glänzenden Rinde, welche vollkommen die zahllos mannigfaltigen gewundenen Gestaltungen der Lava beibehalten hat, aber so morsch war, daß sie wie Eis unter unsern Füßen brach, während das hohle Tönen unserer Fußtritte uns hinlänglich von der geringen Festigkeit der ganzen Masse überzeugte. An einigen Stellen, wo wir unsre Stöcke auf die Oberfläche stießen, gaben ganze Stücke nach, und zeigten uns dem Anscheine nach bodenlose Risse und Löcher. Diese waren indessen größtentheils zu klein, um gefährlich zu scheinen. Die Breite dieses Vorsprungs vermindert sich fortwährend, indem große Massen von seiner äußern Seite in den Krater hinunter fallen, und es ist wohl möglich, daß bei einer künftigen Erschütterung des Berges das Ganze in den Abgrund hinabstürzt.
Wir verließen nun die Schwefelbänke auf der östlichen Seite, und wandten uns an den nördlichen Felsen hin gegen Westen. Je weiter wir fortschritten, um so steiler wurden die Felsen zu unserer Linken, und stellten endlich nichts als eine kahle, senkrechte, ungeheure Wand von einer Höhe von 800 bis 1000 Fuß dar, an welcher gewaltige Steine und Felsblöcke scheinbar so lose hingen, daß sie bei der leisesten Bewegung herabzustürzen drohten. An vielen Stellen entwickelte sich von der Seite und der Höhe dieses Abhanges ein weißer, sich kräuselnder Dampf, an andern Orten waren braungelbe Lava-Ströme, die sich vom Gipfel bis zum Boden desselben herab erstrecken, in der Gestalt kleiner Cascaden, augenscheinlich erst vor nicht gar langer Zeit erstarrt. Bei jedem Schritte zog eine neue Erscheinung unsre Aufmerksamkeit auf sich, bis wir nach zwei Stunden, in denen wir nur ungefähr zwei engl. Meilen zurückgelegt hatten, an eine Stelle auf der westlichen Seite gelangten, wo der Rand mehrere hundert Fuß breit wurde, und nach dem Krater zu nicht senkrecht abbrach, sondern in ein Gerölle von zerbrochenen Lavastücken auslief, die über einander gestürzt, in wilder Verwüstung bis zum Boden des Kraters hinablagen. Hier sollte es, wie uns gesagt worden war, am leichtesten seyn, in den Grund hinab zu steigen; doch ohne einen Führer waren wir ungewiß, welchen Weg wir einschlagen sollten, als wir einige Herren, welche uns vorausgeeilt waren, wieder zurückkehren sahen. Diese suchten uns auf das dringendste zu bewegen, nicht weiter vorzudringen; doch ihre lebhaften Vorstellungen von den Schwierigkeiten und Gefahren des Weges bestärkten nur unsern einmal gefaßten Entschluß; und da wir wußten, daß der Krater von dieser Stelle aus schon besucht worden war, so schritten wir vorwärts, ungeachtet der Weigerung des Führers, weiter mit uns zu gehen. Der Weg hinab war so gefährlich, als er uns dargestellt worden war; doch durch die Vorsicht, mit der wir die Sicherheit jedes Schrittes untersuchten, gelang es uns nach Verlauf von zwanzig Minuten den Grund zu erreichen, ohne irgend einen Unfall von größerer Bedeutung, als daß wir uns die Hände ein wenig an den scharfen Lavastücken aufrissen, an denen wir zuweilen genöthigt waren uns anzuhalten. Etwa auf dem halben Wege hinabwärts begegneten wir einem Insulaner, der auf der entgegengesetzten Seite hinabgestiegen, und nun auf dem Rückwege begriffen war. Außer seiner großen Ermüdung war er stark von einem Fall gequetscht, und sagte: es sey unten „ino, inoroa – hawahi o Debelo,“(sehr, sehr schlecht, der Ort des Teufels.) Er war nur durch das Versprechen einer reichlichen Belohnung zu vermögen, wieder mit uns umzukehren.
Es ist schwer zu sagen, ob Gefühle des Staunens oder des Schreckens bei uns vorherrschend waren, als wir
: Das Ausland. 1,2.1828. Cotta, München 1828, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Das_Ausland_(1828)_104.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)