Verschiedene: Die Gartenlaube (1858) | |
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wo man ihn auf einen mit Reisig bedeckten Schiebebock legte, diesen auf Stangen festband und so als Trage benutzte, welche von den Holzmachern aufgenommen ward. So schnell als möglich ging’s nun dem Forsthause zu, wohin der Förster vorauszueilen beschloß, um seine Familie auf das Ereigniß vorzubereiten. „Die Rosel besonders,“ – so flüsterte er dem mit einem alten Mantel bedeckten Kranken bedeutsam in’s Ohr, – „die könnte mir ja sonst des Todes erschrecken!“ Ein dankbares Lächeln und eine leise Kopfbewegung war die Antwort hierauf.
Seitdem verging mancher Tag in Schmerzen; aber als der Genesende endlich sein Lager im Hause des guten Alten verließ, um am Arme der Rosel, die ihn treulich gepflegt hatte, in der kleinen, mit Hirschgeweihen reizend verzierten Stube umherzugehen, bedurfte das Lächeln von damals keiner Erklärung mehr, und als es verlautete, daß Pirschmann mit der vielbewunderten und von aller Welt geliebten Rosel, der jüngsten Tochter des Försters, verlobt sei, da murmelte mancher derbe Jäger etwas von „Schwein“ und „Glück“ in den Bart, um in gewohnten Ausdrücken den Zusammenhang der unglücklichen Jagd mit dem jetzigen beneidenswerthen Gewinn des biedern Cameraden zu bezeichnen.
Schon in den ältesten Zeiten kannte man die höchst gefährliche Krankheit, die bei solchen Menschen auftritt, welche sich fortwährend mit der Bearbeitung und Verwendung des Bleies und dessen Verbindungen beschäftigen. Diese Krankheit nannte man wegen der sie begleitenden heftigen Leibschmerzen die Bleikolik oder auch, da sie insbesondere die mit Bleifarben sich beschäftigenden Maler und Anstreicher befällt, die Malerkrankheit. (Davon später).
Die Ursachen dieser Krankheit sind zweierlei Art: für’s erste wird sie veranlaßt durch das stetige Einathmen einer mit den Dämpfen und den staubigen Theilen des Bleies verunreinigten atmosphärischen Luft, wie sie in den Werkstätten, wo Blei verschmolzen oder sonst verarbeitet wird, immer enthalten ist; für’s andere kann sie aber dadurch hervorgerufen werden, daß die Arbeiter in solchen Werkstätten eine Verunreinigung der freiliegenden Körpertheile mit dem Staub des Bleies u. s. w. nicht füglich vermeiden können, wodurch theils eine Aufsaugung nach den innern Körpertheilen veranlaßt, theils aber auch durch die Hände eine Verunreinigung der davon befaßten Speisen verursacht wird.
Ganz ähnlich den Erscheinungen der Bleikolik, welche nur durch eine gänzliche Unterlassung der Arbeiten mit Blei oder dessen Verbindungen und durch eine zweckentsprechende ärztliche Behandlung, aber auch dann nicht immer mit sicherem Erfolg, geheilt werden kann, sind diejenigen Zufälle, welche im menschlichen Organismus nach einem wirklichen, absichtlichen oder zufälligen Genuß von Bleiverbindungen auftreten, und nicht selten den Charakter einer wirklichen Vergiftung annehmen. Derartige, das Leben gefährdende Vergiftungen sind aber ziemlich häufig, da leider im häuslichen wie im gewerblichen Leben die Verwendung des Bleies in verschiedenen Formen und zu verschiedenen Zwecken eine sehr häufige ist, trotzdem daß seit vielen Jahren auf die Schädlichkeit dieser Verwendungsarten hinreichend durch Sachverständige aufmerksam gemacht und selbst auch durch behördliche Verordnungen dagegen eingeschritten werden ist. Es sind nur kaum zehn Jahre verflossen, daß in einer Weinbau treibenden Gegend an der Elbe die absichtliche oder zufällige Vermischung des Weins mit Blei mehrere Opfer forderte, und es ist daher gewiß gerechtfertigt, in diesen viel gelesenen, weit verbreiteten Blättern die Gefahren, welche durch die Benutzung des Bleies und seiner Verbindungen veranlaßt werden, offen darzulegen.
Das Blei ist in seinem reinen metallischen Zustand wie jedes andere Metall für die menschliche Gesundheit als unschädlich zu betrachten, und würde wegen der Billigkeit und wegen der Leichtigkeit, mit der man es in die verschiedenartigsten Formen bringen kann, ein sehr brauchbares Material zur Verfertigung der verschiedenen Geräthschaften für den häuslichen und gewerblichen Bedarf sein. Diese Verwendung ist aber sehr beschränkt und zwar deshalb, weil das Blei in einem sehr hohen Grad die Eigenschaft besitzt, den Sauerstoff aus der atmosphärischen Luft und selbst auch aus verschiedenen Sauerstoffverbindungen anzuziehen und damit eine Verbindung zu bilden, die in Flüssigkeiten von saurer, basischer oder salzartiger Natur mehr oder weniger leicht löslich ist und diese, wenn sie als Nahrungs- oder Heilmittel benutzt werden, zu rasch wirkenden oder schleichenden Giften macht.
Jedermann kennt wohl die Eigenschaft des metallischen Bleis, daß es zwar beim Schaben mit einem Messer auf der bloßgelegten Stelle einen starken Metallglanz zeigt, aber auch sehr bald wieder mit verschiedenen Farben und fast pfauenschweifartig anläuft und sich später mit einer schwarzgrauen, leicht abfärbenden Decke überzieht. Diese Umänderung des metallglänzenden Bleis ist bedingt durch den in der atmosphärischen Luft enthaltenen Sauerstoff und die Bildung einer besonderen Sauerstoffverbindung, die eben als Decke ein Schutzmittel gegen die tiefer eingreifende Wirkung des Sauerstoffes auf das darunter befindliche metallische Blei ist. Bringt man nun gar das Blei an der atmosphärischen Luft zum Schmelzen, so wird die Einwirkung des Sauerstoffes noch verstärkt; es bildet sich auf dem schmelzenden Blei rasch eine graue, zum Theil pulverige Decke, die sich so oft erneuert, als sie beseitigt wird, bis sämmtliches Blei darin verwandelt ist. Erhitzt man nun diese Decke an der Luft stärker, so geht sie nach und nach in ein gelbes Pulver über, das eine Verbindung von Blei mit Sauerstoff in unveränderlichen Gewichtsverhältnissen ist und gelbes Bleioxyd oder, da es beim Abtreiben des Silbers oder Goldes vom Kupfer durch Blei als Nebenproduct auftritt, Silberglätte oder Goldglätte genannt wird. Dieses gelbe Bleioxyd kann unter gewissen Umständen aus der atmosphärischen Luft noch eine bestimmte Quantität Sauerstoff aufnehmen und sich in mehr oder minder intensiv feuerrothes Pulver verwandeln, was rothes Bleioxyd, im gemeinen Leben aber Mennige genannt wird.
Das gelbe Bleioxyd ist es namentlich, das im gelösten Zustand die giftigen Wirkungen äußert. Es bildet sich dasselbe aber nicht allein beim Erhitzen des metallischen Bleis an der atmosphärischen Luft, sondern auch, wenn dieses Metall mit sauren, basischen oder salzigen Flüssigkeiten in Berührung steht, wo es dann entweder als solches oder in einer anderen Verbindungsweise gelöst wird. Seine Bildung wird dann entweder durch den Sauerstoff der mit dem Blei in Verbindung stehenden atmosphärischen Luft oder dadurch veranlaßt, daß irgend ein Bestandtheil der Flüssigkeit Sauerstoff abgibt. Ja selbst das Wasser veranlaßt die Bildung des Bleioxydes, indem jenes stets etwas Sauerstoff mechanisch gelöst enthält, der von dem damit in Berührung stehenden Blei aufgenommen wird. Ganz insbesondere ist aber hervorzuheben, daß eben durch die Gegenwart von sauren, basischen oder alkalischen Flüssigkeiten die Anziehung des Sauerstoffes aus der atmosphärischen Luft durch das Blei begünstigt wird, indem jeder Antheil des entstehenden Bleioxydes von der Flüssigkeit gelöst und so stets die metallische Oberfläche des Bleis blosgelegt und für weitere Aufnahme von Sauerstoff empfänglich gemacht wird. Auf diese Weise kann selbst anscheinend reines Wasser in Berührung mit Blei so viel von diesem aufnehmen, daß es sehr giftige Eigenschaften erhält; es tritt hierbei die eigenthümliche Erscheinung auf, daß das reinste auf unserer Erde vorkommende Wasser, das Regen- und Schneewasser, auf das Blei lösend wirkt, während die meisten Arten des gewöhnlichen Quellwassers nichts davon zu lösen vermögen.
Erscheint es daher gefahrlos, die Leitungsröhren der Aufbewahrungsgefäße von Blei anzufertigen, was wir jedoch nicht im geringsten empfehlen wollen, so sind derartige Gegenstände für Regen- und Schneewasser gänzlich unzulässig, wenn das Wasser
Verschiedene: Die Gartenlaube (1858). Leipzig: Ernst Keil, 1858, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1858)_080.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)