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Kapellenberg 2020 - Grabungskampagne und Eröffnung des Archäologischen Rundwegs

2021, hessenARCHÄOLOGIE 2020

2020 Bodendenkmalpflege, Universitäten, Museen, Fachfirmen und Vereinen. 30 Jahre Paläontologische Denkmalpflege in Hessen und 25 Jahre Welterbe Messel. – 20 Millionen Jahre mächtiges Archiv Wiesbadener Geschichte im Rheinschotter. – Eine große Unbekannte aus dem Kulm-Meer Jungsteinzeit: Forschungen zu Steingeräten einer prominenten bandkeramischen Großsiedlung in der Wetterau. – Rhein-Main-Gebiet: Mit Highspeed ins JungneoMetallzeiten: „Klänge aus fernen Zeiten“ – umfangreicher Depotfund der Urnenfelderzeit in südhessischer Kreisstadt. – Latènezeit: Goldringe revisted, MünzRömische Kaiserzeit: Wasserbaukunst in der Wetterau und antike Wasserversorgung in der Landeshauptstadt. – Temporäres Militärlager in Hofheim am Taunus. – Frankfurts letzte Römer Mittelalter: merowingerzeitliche Gräber in der Mainmetropole. – Holzbrücke, Schwert und Sporn in der Wetterau. – Köhlereirelikt an der Bergstraße. – Auswertungsergebnisse der Projektes „Marburger Schloss“ Neuzeit: Corona Funebris – frühneuzeitliche Totenkronen aus Marburg. – Spuren frühneuzeitlicher Klangarchitektur in Darmstadt. – Montanhistorische Besonderheiten im Lahn-Dill-Gebiet. – Grabungen im ehemaligen Synagogenareal von Frankfurt-Hoechst Vermittlung: METAhub im Archäologischen Museum Frankfurt. – Trotz Pandemie: Fortschritte auf der „Zeiteninsel“ im Marburger Land In Kommission bei Hinweis: Eine Veröffentlichung dieser Datei im Internet ist vor dem 01.12.2023 nicht autorisiert 2020 Jahrbuch für Archäologie und Paläontologie in Hessen Herausgegeben von hessenARCHÄOLOGIE des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen zusammengestellt von Udo Recker In Kommission bei Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Umschlagbild: Vordergrund: Fragmente von urnenfelderzeitlichen „Feuerböcken“ vom Silberberg bei Ober-Ramstadt (Foto: P. Odvody, hA) Hintergrund: Fragment von römischem Wandputz mit figürlicher Malerei aus Frankfurt am Main-Heddernheim (Foto: B. Schwieder, Köln) Links: Beingriff eines römischen Klappmessers aus Frankfurt am Main-Praunheim in Form eines Tierkämpfers (Foto: U. Dettmar, Archäologisches Museum Frankfurt) Karte S. 8: Grafik, rjm medienservice GmbH, Lampertheim, Kartierung: P. Hanauska, hA © Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Wiesbaden Alle Rechte vorbehalten In Kommission bei wbg Theiss, Darmstadt 2021 Schriftleitung: Stefan Thörle, hA Redaktion: Petra Hanauska, hA; Stefan Thörle, hA Bildkorrekturen / Produktionskontrolle: Hanno Elbert, rheinsatz, Köln Satz, Layout, Umschlaggestaltung: Stefan Thörle, hA Druck und Bindung: Offsetdruckerei E. Sauerland, Gelnhausen Printed in Germany ISBN 978-3-8062-4286-7 ISSN 1610-0190 4 Hessen-Archäologie 2020 (2021) Szédeli / Fuchs / Ober / Gronenborn, Aktivitäten im Bereich der neolithischen Höhenbefestigung bei Hofheim a. Ts., Main-Taunus-Kreis Der Kapellenberg 2020 Der Kapellenberg 2020 – Grabungskampagne und Eröffnung des Archäologischen Rundweges Hans Szédeli, Petra Fuchs, Michael Ober, Detlef Gronenborn 1 Hofheim a. Ts. Kapellenberg. Bereich des 2019/20 freigelegten Grubenhauses (Foto: H. Szédeli, hA). 2 Hofheim a. Ts. Kapellenberg. Glättstein, gearbeitet aus einem flachen Kiesel (Foto: H. Szédeli, hA). Das Jahr 2020 verlief für die Arbeiten auf dem Kapellenberg bei Hofheim a. Ts. (Main-Taunus-Kreis) pandemiebedingt zwar nicht so, wie anfänglich erwartet, dennoch konnten interessante Resultate erzielt werden und es gelang, den neuen archäologischen Rundweg um den Berg zu eröffnen. Die Grabungskampagne 2020 fand erneut als Kooperationsprojekt der hessenARCHÄOLOGIE des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen (LfDH), des Römisch-Germanischen Zentralmuseums (RGZM) in Mainz und des Arbeitsbereiches Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie des Instituts für Altertumswissenschaften der Johannes GutenbergUniversität (JGU) Mainz statt. Seit 2016 konzentrierten sich die Arbeiten auf eine Stelle nördlich des Meisterturms, die zuvor bereits als Anomalie im Messbild geomagnetischer Prospektionen aufgefallen war. Die Grabungen dort erbrachten relativ schnell Hinweise auf eine Gebäudestruktur mit einem abgeschrägten, möglicherweise durch eine „Pflasterung“ befestigten Eingang. Die Kampagne im Jahr 2019 hatte es sich in erster Linie zur Aufgabe gemacht, die Dokumentation des Istzustandes des Befundes weiterzuführen und da- 78 Hessen-Archäologie 2020 (2021) rüber hinaus Ansätze für eine Interpretation zu liefern. Die dabei freigelegten Strukturen, wie etwa mehrere Steinsetzungen, hatten eine nähere Ansprache als Grubenhaus plausibel gemacht. Das Ziel der Ausgrabung im Berichtsjahr war es deshalb, Hinweise zu finden, die diesen Ansatz festigen oder widerlegen könnten. Die Ausgrabung war für die Dauer von zwei Wochen mit drei Studierenden geplant gewesen, musste jedoch bereits nach knapp einer Woche aus verschiedenen logistischen Gründen eingestellt werden. Im Wesentlichen konnte daher nur der Steg zwischen Segment 5 und 6 abgebaut und dokumentiert werden (Abb. 1). Da die Möglichkeit bestand, dass es sich bei dem Befund um ein exzellent erhaltenes Grubenhaus handelt, war es angezeigt, sehr umsichtig vorzugehen, weshalb der partielle Abbau dieses Steges deutlich mehr Zeit in Anspruch nahm, als erwartet. Der Verlauf der Befundgrenze zeichnete sich wie auch 2019 lediglich durch den deutlich erkennbaren Feuchtigkeitsunterschied aus. Die nach dem Abbau dokumentierte Steinlage war deutlich von der direkt danebenliegen schrägen „Pflasterung“ unterscheidbar. Während bei Letzterer die relativ homogene Gesteinsgröße auffiel, war im neu freigelegten Bereich keine Struktur erkennbar. Vielmehr war das Gestein schlecht sortiert, von unterschiedlicher Größe und mit Sand und Kies unterschiedlicher Körnung durchsetzt. Vor allem im nördlichen und westlichen Bereich kam auffallend viel Keramik zum Vorschein, hinzu kamen Steinartefakte, verkohltes Material und Brandlehm. Eines der Ziele war es zudem gewesen, den Übergang vom Befund zum natürlich anstehenden Boden zu erfassen und so den Ursprung der vermuteten „Pflasterung“ in Segment 6 zu klären (Abb. 1). Dies gelang insoweit, als es nun auch möglich scheint, dass das kiesige Material von weiter oben seitlich in den offen stehenden Befund eingeflossen ist und hierbei auch Keramik mit sich führte. Der Teilabbau des Steges zwischen den Segmenten 5 und 6 brachte zudem erstaunlich viele Funde zutage, zu denen auch ein Glättstein gehört (Abb. 2). Insgesamt scheint das Fundmaterial dem der vorherigen Grabungen an dieser Stelle zu entsprechen; dies ist jedoch nur eine vorläufige Einschätzung, die erst nach Reinigung und sorgfältiger Durchsicht verifiziert werden kann. Es besteht weiterhin die Möglichkeit, dass es sich bei dem Befund um einen Teil eines Grubenhauses handelt, der bislang nicht ausgegrabene Teil liegt außerhalb der Schnittgrenze. Die Ergebnisse der bisherigen Ausgrabungen flossen auch in die Konzeption eines neuen archäologischen Rundweges über den Kapellenberg ein, in den der vor vielen Jahren durch den Heimatforscher Rolf Kubon entworfene ehemalige historische Rundwanderweg integriert wurde. Die Projektplanung und die Entwicklung der Wegeführung entstand aus der Zusammenarbeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Stadtarchivs, des Tourismusbüros der Stadt Hofheim, Mitgliedern des ehemaligen Geschichts- und Altertumsvereins und des RGZM. Zwar als eigenständig konzipiert, entspricht der Weg in seinem Design der Routengestaltung des Kooperationspartners Regionalpark RheinMain, an dessen Routennetz er auch angeschlossen werden wird (Abb. 3). Mitgewirkt haben neben der Stadt Hofheim und dem RGZM auch die hessenARCHÄOLOGIE des LfDH sowie das Institut für Physische Geographie und der Lehrstuhl für Archäologie und Geschichte der Römischen Provinzen, beide an der Goethe-Universität in Frankfurt a. M. Finanziert wurde das Projekt maßgeblich über die „Stiftung Flughafen Frankfurt/Main für die Region“ unter Beteiligung des Magistrats der Stadt Hofheim sowie des RGZM. Nachdem aufgrund der Corona-Pandemie ein erster Eröffnungstermin für den archäologischen Rundweg über den Kapellenberg im Mai 2020 ver- schoben werden musste, konnte schließlich am 22. August der Weg für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (Abb. 4). Über die Gesamtlänge von etwa vier Kilometern werden auf drei Informationstafeln allgemeine Hintergrundinformationen zu 6.000 Jahren Kapellenberg, zu Geologie und Böden sowie zu den Grabhügeln und der Höhensiedlung der Jungsteinzeit präsentiert. Dazu gibt es 15 Stelen, die weitere Kurzinformationen zu den jeweils am Ort ihrer Aufstellung sichtbaren Bodendenkmälern liefern, etwa zu den diversen Wallabschnitten, den Grabhügeln auf dem Plateau nördlich des Meisterturmes oder auch zum römischen Wachturm. Dieses Informationsangebot ist über einen QRCode mit den Webseiten des RGZM verlinkt; dort findet man auch weiterführende Informationen zum Projekt, ebenso die Tafeln und Stelen als PDF-Dateien. Man kann also bei Interesse das Gelesene noch einmal nacharbeiten und sich mit zusätzlichen Informationen versorgen. Da der Archäologische Rundweg modular aufgebaut ist, können bei Bedarf auch Informationen ergänzt werden; er wird mithin auch künftig – beständig aktualisiert – Teil des Forschungsprojektes sein. 3 Hofheim a. Ts. Kapellenberg. Logo des Archäologischen Rundweges. Vor dem Hintergrund des schematisierten Kapellenberges die Umrisszeichnung eines von Rolf Kubon geborgenen Michelsberger Tulpenbechers (Foto: H. Szédeli, hA. – Logo: RGZM, Mainz / Magistrat der Stadt Hofheim a. Ts. – Grafik: M. Ober). INTERNET www.rgzm.de/kapellenberg LITERATUR P. Mertl / D. Gronenborn, Geophysikalische Prospektionen auf dem Kapellenberg. Hessen-Archäologie 2018 (2019) 59–61. – D. Gronenborn / H. Szédeli, Kapellenberg – ein Großgrabhügel und ein Grubenhaus. Hessen-Archäologie 2019 (2020) 86–89. 4 Hofheim a. Ts. Kapellenberg. Eröffnung des Archäologischen Rundweges: V. r. n. l. Jutta Nothacker (Geschäftsführerin Stiftung Flughafen), Christian Vogt (Bürgermeister von Hofheim), Andreas Hegeler (Stadtverordnetenvorsteher), Detlef Gronenborn (RGZM) (Foto: E. Esmen, RGZM). Szédeli / Fuchs / Ober / Gronenborn, Der Kapellenberg 2020 79