Bürgerschaftliches Engagement über
Grenzen? Europäische Umweltpolitik und
transnationale Vernetzung von
Umweltgruppen in den 1970er Jahren
Preprint 2016
Jan-Henrik Meyer
Bürgerschaftliches Engagement für die Umwelt findet zumeist vor Ort
statt. Wenn man umweltpolitisches Engagement erforschen möchte, liegt
es daher nahe, den Blick auf die lokale Ebene zu richten, das Handeln vor
Ort zu betrachten. Dennoch ist lokales Handeln immer in größere räumliche Zusammenhänge und Kontexte einzuordnen. Das beizusteuern, ist
Ziel dieses Beitrags.
Seit den frühen 1970er Jahren etablierte sich nicht nur auf nationaler,
sondern auch auf der Ebene der europäischen Gemeinschaften (EG), dem
Vorläufer der Europäischen Union, eine Umweltpolitik.1 Die EG erließ bereits im Verlauf der 1970er Jahre nicht nur unverbindliche Kommunikationen, Deklarationen und Appelle, sondern auch verbindlich geltende
Rechtsnormen. Neben direkt gültigen Verordnungen erließ die EG im
Umweltbereich vor allem Richtlinien, beispielsweise die Richtlinie zu Badegewässern (Gemeinschaften 1975), die die Mitgliedsstaaten in nationales
Recht umzusetzen hatten. Die praktische Implementierung fand dabei oft
auf der lokalen Ebene statt, zum Beispiel, um die vorgeschriebene
Wasserqualität sicherzustellen.
1 Dieser Beitrag basiert auf meinen Forschungen zur Entstehung der europäischen
Umweltpolitik, die durch ein Marie-Curie-Intra-European Fellowship und einen MarieCurie-European Re-Integration Grant der Europäischen Union gefördert wurden, sowie
durch den Dänischen Forschungsrat für Kultur und Kommunikation (FKK) an der
Universität Aarhus, durch ein Fellowship der KFG »The Transformative Power of
Europe« an der FU Berlin und des Rachel-Carson-Centers for Environment and Society
in München. Der Beitrag profitierte zudem von meiner Tätigkeit an der NTNU
Trondheim und meinen jüngsten Forschungen an der Universität Kopenhagen im
Rahmen des Horizon-2020-Forschungsprojekts HoNESt – History of Nuclear Energy
and Society, Projekt-Nr. 662268 (Euratom Research and Training 2014–18).
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EG-Vorgaben spielten so eine zunehmend wichtige Rolle in der städtischen Umweltpolitik. Die Notwendigkeit, sie vor Ort umzusetzen,
beschnitt einerseits lokale Handlungsspielräume. Andererseits boten EGVorschriften städtischen Akteuren neue Argumente und Einwände. Dies
war vor allem für Bürgerinitiativen vor Ort hilfreich, die – wie es Matthias
Liebs Aufsatz für Mainz zeigt – den Umweltschutz gegen die Befürworter
von
Wirtschaftswachstum
durch
Industrieansiedlung
und
Infrastrukturausbau verteidigen wollten. Unter Bezugnahme auf EGRegeln, zum Beispiel die Vogelschutzrichtlinie von 1979 (Meyer 2013b;
Temple Lang 1982), ließen sich Umweltziele und konkret der Schutz von
Grünbereichen ausgezeichnet legitimieren – wie z.B. die Sicherung von
durch die Richtlinie als für die Vogelwelt wertvoll erklärten natürlichen
Lebensräumen.
Europäische Politik bestand und besteht nicht nur aus den Aushandlungsprozessen zwischen den Regierungen der zunächst sechs, ab 1973
dann neun, später zehn, und ab 1986 zwölf Mitgliedsstaaten. Gerade die
entstehende EG-Umweltpolitik zeichnete sich dadurch aus, dass eine
Vielzahl unterschiedlicher Akteure in verschiedener Form beteiligt war
(Kaiser/ Meyer 2013): Kommissare und Beamte der Europäischen Kommission, Mitglieder des Europäischen Parlaments, Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft, und eben auch bürgerschaftliche oder »zivilgesellschaftliche Akteure« (zur Begrifflichkeit: Hasenöhrl 2011: 25–31).
Auf europäischer Ebene wurden all diese Akteure dann besonders
schlagkräftig, wenn sie sich transnational vernetzten, auch und gerade über
institutionelle und politische Grenzen hinaus. Dies lässt sich sehr gut
anhand der Entstehung der bereits erwähnten Vogelschutzrichtlinie
verdeutlichen, aber auch anhand des transnational organisierten Protests
gegen die Förderung der Atomkraft durch die Europäische
Atomgemeinschaft (Euratom),.
Im Folgenden möchte ich einen kurzen Überblick über diese beiden
Kontexte für lokales umweltpolitisches Handeln geben. Die Trennung zwischen europäischen – also auf europäische, supranationale Institutionen
bezogenen – Kontexten und transnationalen Verflechtungen ist dabei lediglich analytisch zu verstehen. Empirisch ist beides kaum zu unterscheiden. In meiner Darstellung werde ich mich immer wieder auf die lokale Dimension und Projektergebnisse zu Mainz und Wiesbaden beziehen. Abschließend werde ich versuchen, die Rolle verschiedener Arten und Grenzen und deren Überwindung auf der europäischen Ebene zu betrachten.
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Dies ist als Anstoß für einen Vergleich zur lokalen Problemlage zu verstehen und soll Anregungen für weitere Forschung auf städtischer Ebene
geben.
Europäische Kontexte
Kommunen existieren nicht als autonome Einheiten im politischen Raum.
Sie sind in vielfältiger Art und Weise durch Gesetze, Finanzzuweisungen
und Vorschriften mit der politischen Bundes- und Landesebene verbunden
und durch sie begrenzt. Kompetenzabgrenzungen und –gerangel sind Teil
der täglichen behördlichen Routine, wie das Beispiel aus dem Aufsatz von
Matthias Lieb zur Gewerbeaufsicht in der Stadt deutlich macht, die eine
Landeskompetenz war und daher von einer Landesbehörde wahrgenommen wurde.
Seit den 1950er Jahren fügten EG und nachfolgend die EU hier noch
eine weitere politische Handlungsebene hinzu. Für Deutsche, die mit dem
Föderalismus aufgewachsen sind, ist das, was im – Jargon der Europa –
und EU-Studien Mehr-Ebenen-Regieren oder Multi-Level-Governance heißt,
meist einfacher zu verstehen als für viele unserer europäischen Nachbarn
aus zentralistisch organisierten Einheitsstaaten. Konzepte und Einsichten
aus der Multi-Level-Governance-Forschung ermöglichen es, die komplexe
Vernetzung über verschiedenen politischen Ebenen hinweg systematisch
zu untersuchen. Daher bieten sie einen guten analytischen Ansatz an, um
die multiple Verwobenheit der Umweltpolitik in der Stadt besser zu erforschen (Börzel/Heard-Lauréote 2009; Knill/Liefferink 2007; Peters/Pierre
2009: 95f.).
Europäische Politik bildet nicht nur einen Handlungsrahmen. Sie wirkt
auch direkt auf die darunter liegenden Ebenen, inklusive der Kommunen
ein. Europäische Rechtssetzung durch Richtlinien, und Verordnungen, bindet nicht nur die Mitgliedsstaaten, sondern auch Länder und Kommunen.
Nicht-verbindliche Empfehlungen werden oft freiwillig von »unteren«
Politikebenen umgesetzt, um »naming and shaming« zu vermeiden (HafnerBurton 2008). Inwieweit bürgerschaftliche Gruppen auf lokaler Ebene auf
solche Empfehlungen Bezug genommen und dies als Argument in der
politischen Auseinandersetzung genutzt haben, wäre für Mainz und Wiesbaden weiter zu erforschen.
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Was ist EG-Umweltpolitik? Wann und wie ist sie entstanden?
Dass die Europäische Gemeinschaft eine Umweltpolitik entwickelt hat, ist
eigentlich erst einmal bemerkenswert. Schließlich ging es bei dem Projekt
der Europäischen Integration vor allem um die Entwicklung der Wirtschaft: zunächst mit der Gründung einer Gemeinschaft für Kohle und
Stahl 1951 und dann 1957 der Gründung einer Atomgemeinschaft und
einer Wirtschaftsgemeinschaft. Diese drei Gemeinschaften wurden 1967
zur EG verschmolzen. Ziel war ein gemeinsamer Markt, um durch freien
Handel wirtschaftlichen Fortschritt und Prosperität zu fördern. Ganz
typisch für nationale Politik und internationale Organisationen der
Nachkriegszeit, wie zum Beispiel der OECD (Schmelzer 2016), lag der EG
also ein Zukunftsmodell zu Grunde, das Fortschritt in Gestalt von
Wirtschafts- und Wohlstandswachstum definierte. Dies war kein Selbstzweck, sondern sollte zur Überwindung der Armut und der prekären
sozialen Verhältnisse nach dem Krieg in West- und vor allem im noch
ärmeren Südeuropa dienen. Wie Alan Milward, der kürzlich verstorbene
britische Wirtschafts- und Europahistoriker zur »europäischen Rettung des
Nationalstaats«, herausgearbeitet hat, sollte damit gleichzeitig die politische
Stabilisierung der Staaten West-europas im Kalten Krieg befördert werden
(Milward 2000). Aus Sicht des Westens, inklusive der USA, die diese Politik massiv unterstützten, diente dies dazu, politischen Radikalismus von
Links und Rechts zu verhindern und die Verteidigungsbereitschaft gegen
den »Ostblock« zu gewährleisten.
Aus heutiger Sicht erscheint ein solches Fortschrittsmodell konträr zum
Ziel des Umweltschutzes. Wir sind gewohnt, in Kategorien von Ökonomie
versus Ökologie zu denken, und dies als ein Nullsummenspiel zu begreifen: Umweltschutz hat einen Preis. Diese Vorstellung hat sich aber erst im
Verlaufe der 1970er Jahre vollständig durchgesetzt und wurde politisch relevant, als unter dem Eindruck der Ölkrise Umweltschutz als Kostentreiber
und Investitionshindernis diffamiert wurde, vor allem im Hinblick auf die
Luftverschmutzung (Metzger 2015: 110–133; Schulz-Walden 2013: 279–
330). Zunächst waren den Zeitgenossen die Kosten der Umweltpolitik wenig bewusst (Downs 1972). Sie erschienen angesichts des Wirtschaftsbooms bis zum Herbst 1973 auch tragbar. Unter internationalen ökonomischen Experten wurde vor allem über deren gerechte Verteilung gemäß
»Verursacherprinzip« diskutiert, um Wettbewerbsverzerrungen im internationalen Handel zu vermeiden (Meyer 2017b).
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Dagegen gab es in den frühen 1970er Jahren gab es eine intensive internationale Debatte um »Lebensqualität« als notwendige Ergänzung der bisher verwendeten quantitativen Indikatoren wie dem »Lebensstandard«.2
Dieses Konzept nahm einige der Aspekte von nachhaltiger Entwicklung in
vielerlei Hinsicht vorweg. In der Tat entwickelte die Brundtland-Kommission, die für den Durchbruch des Begriffs der nachhaltigen Entwicklung sorgte, diese Ideen der frühen 1970er Jahre fort. Geprägt wurde dieser
Begriff durch eine Gruppe von Akteuren, die seit den frühen 1970er Jahren auf internationaler Ebene zu Umwelt- und Entwicklungsthemen zusammen arbeiteten. (Borowy 2014, 2017; Macekura 2015, 2017).
Seit den späten 1960er Jahren sahen viele Wachstums-Kritiker – wie
der vielzitierte britische Ökonom Ezra Mishan (1967), Autor des Buches
»The Cost of Economic Growth« – den traditionellen quantitativen Maßstab für wirtschaftlich-gesellschaftlichen Fortschritt, das Bruttoinlandsprodukt, als unzureichend an: Sie forderten, qualitative Aspekte – wie gesunde
Atemluft – mit einzubeziehen. Unter Verweis auf das Konzept der Lebensqualität konnte die Europäische Kommission argumentieren, dass eine moderne Wirtschaftsgemeinschaft eben auch eine Umweltpolitik benötige, um
nicht nur den materiellen Lebensstandard weiter zu steigern, sondern auch
die Lebensqualität zu sichern und fortwährend zu verbessern. Dieses Argument war wichtig, um die Einführung der EG-Umweltpolitik zu legitimieren, denn das erst an der Wende zu den 1970er Jahren »erfundene« Feld
der Umweltpolitik war in den Gründungsverträgen von 1957 gar nicht vorgesehen.
Die »neue« EG-Umweltpolitik der 1970er und 1980er Jahre, die bis
1986/87 ohne eigene Vertragsgrundlage existierte, war in ihren Inhalten
stark auf den Binnenmarkt bezogen, weil die europäischen Verträge für
binnenmarktrelevante Probleme europäische Gesetzgebung vorsahen. Die
EG-Umweltpolitik hatte aber auch eine internationale Dimension, weil die
Europäische Kommission die Europäische Gemeinschaft in ihrer Gesamtheit bei verschiedenen internationalen Organisationen vertrat. Viele der regionalen internationalen Organisationen in Europa, wie der Straßburger
Europarat oder die UN Wirtschaftskommission für Europa beschäftigten
2 Interessanterweise wurde kürzlich, mehr als vierzig Jahre später, die Debatte um
Lebens-qualität und deren Messung von der Enquetekommission des Deutschen
Bundestags »Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität – Wege zu nachhaltigem
Wirtschaften und gesellschaftlichem Fortschritt in der Sozialen Marktwirtschaft« noch
einmal wiederbelebt (Bundestag (2013)).
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sich schon seit den späten 1960er Jahren mit Umweltschutz. Auch die internationale Wirtschaftsorganisation und Denkfabrik der westlichen Welt,
die OECD in Paris, hatte bereits seit 1970 einen Umweltausschuss (Meyer
2017a). Hier vertrat die Europäische Kommission die EG als Ganze. Europäische Umweltpolitik war daher nicht auf die EG als Institution beschränkt. Gleichwohl unterschied sich die EG-Umweltpolitik durch ihren
rechtsverbindlichen Charakter von der anderer regionaler und internationaler Organisationen. Damit wirkte sie durch ihre Umsetzung nicht nur national, sondern auch lokal.
Das wichtigste Argument für die Einführung einer Umweltpolitik in
einer Wirtschaftsgemeinschaft war, dass ein gemeinsamer Markt gemeinsame Umweltstandards erfordere. Nur das könne verhindern, dass national
unterschiedliche Regeln den Markt beschränkten. Unterschiedliche Regeln
könnten den Wettbewerb entweder verzerren, zum Beispiel wenn höhere
nationale Standards die Produktion verteuerten, oder gar den Marktzugang
beschränken, wenn Produkte, die nationalen Umwelt-Standards nicht entsprächen, nicht eingeführt werden dürften. Mit diesem Argument ließ sich
letztlich selbst die skeptische französische Regierung von der Notwendigkeit gemeinsamer EG-Regeln überzeugen. (Gemeinschaften 1972).
Dies hatte zur Folge, dass sich die EG-Umweltpolitik stark im Setzen
von Standards – zum Beispiel für Luft- und Wasserverschmutzung, Lärm
und Müll engagierte. Hierzu gehörten zwei Bereiche, in denen die EG
ohnehin bereits tätig gewesen war: die Chemikalienregulierung sowie der
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und für die Öffentlichkeit vor den
Gefahren radioaktiver Strahlung (McCormick 2001: 43–45). Aber auch im
Bereich der Forschungsförderung und -zusammenarbeit war sie aktiv.
Europäisches Handeln erschien vor allem dort legitim, wo es um die Lösung grenzüberschreitender Probleme ging. Das grenzüberschreitende Problem, das den Ausgangspunkt für die EG-Umweltpolitik bildete, war Anfang der 1970er Jahre die Verschmutzung des Rheins.
Entstehung der EG-Umweltpolitik
Die Entstehung der EG- Umweltpolitik ist allerdings nur verständlich vor
dem Hintergrund der Neudefinition des Problemfeldes seit den 1960er
Jahren. In internationalen, meist amerikanisch dominierten Debatten problematisierten Experten den menschlichen Umgang mit seiner natürlichen
Umgebung auf neue Weise, vor allem indem sie ökologische Zusammenhänge herausarbeiteten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wie
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Rachel Carson und Barry Commoner, die nicht nur besorgniserregende
wissenschaftliche Beobachtungen zusammentrugen und diskutierten, sondern sie dann auch skandalisierten und popularisierten, spielten hier eine
wichtige Rolle (Egan 2007; Hamblin 2013; Thomas 2009). Vor diesem
Hintergrund ging es ab den frühen 1970er Jahren nicht mehr um einige
einzelne Beeinträchtigungen, zum Beispiel durch Verschmutzung, sondern
diese Probleme erschienen als Teil eines umfassenden, globalen, wissenschaftsbasierten neuen Politikproblems, der Umwelt (Engels 2010). Umweltpolitik, also kollektives, allgemeinverbindliches Handeln durch politische Organisationen er-schien als der einzig gangbare Weg zu einer Lösung. Wenn man sich die Ein-führung der EG-Umweltpolitik anschaut,
lässt sich dies sehr genau zeigen.
Die EG-Umweltpolitik entstand erst recht spät, wenn man die EG mit
anderen internationalen Organisationen wie der OECD vergleicht (Borowy
2017). Das erste EG-Umwelt-Aktionsprogramm wurde am 22. November
1973 durch den Rat verkündet. Da hatte die erste Ölkrise bereits begonnen. Der Politikbetrieb war also schon zur nächsten Krise der 1970er Jahre
weitergezogen (Ferguson 2010). Ein Jahr zuvor, im Gefolge und unter Eindruck der ersten UN Umweltkonferenz vom Sommer 1972, hatten die Regierungen die Europäische Kommission autorisiert, ein solches Programm
vorzulegen.
Vorbereitungen für eine EG-Umweltpolitik waren damals aber bereits
im Gange. Schon 1970 forderten Abgeordnete des Europäischen Parlaments die Einführung von Maßnahmen zur Beschränkung der Wasserverschmutzung, vor allem der des Rheins. »Altvater Rhein«, der die Städte
Wiesbaden und Mainz trennt und verbindet, war nur der Mythologie des
deutschen Nationalismus nach ein deutscher Fluss. In der geographischen
und politischen Realität war er stets ein europäischer, trans- und internationaler Fluss, dessen Einzugsgebiet fünf der sechs EG-Gründungsmitglieder
umfasste. Ein Skandal aus dem Rhein-Main-Gebiet war Auslöser dafür,
dass das Europäische Parlament die Frage der Rhein- und Wasserverschmutzung auf die Tagesordnung der EG setzte: ein massives Fischsterben im Rhein und die Beeinträchtigung der Trinkwasserbrunnen flussabwärts. Verursacher war der Frankfurter Chemiegigant Hoechst, der das –
heute in Europa und den USA verbotene – Kartoffelkäfergift Thiodan
routinemäßig, illegal, aber von den örtlichen Behörden offenbar unkontrolliert in den Main eingeleitet hatte. Im wasserarmen Sommer 1969 hatte dies
verheerende Konsequenzen (Cioc 2002: 141; 2013).
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Zuständiger Berichterstatter für den Gesundheits- und Sozialausschuss
des Europäischen Parlaments war der Niederländer Jacob Boersma (1970).
Seine Motivation, die Rheinverschmutzung zu skandalisieren, lag auf der
Hand, denn die Trinkwasserversorgung in den Niederlanden hing maßgeblich vom Rheinwasser ab. Das angrenzende Nordrhein-Westfalen hatte die
niederländischen Behörden nur verzögert über die schwerwiegende Rheinverschmutzung informiert, was umso mehr für grenzüberschreitende Verstimmung sorgte. Anders als die deutschen Ämter hatten die Niederländer
rasch herausgefunden, um welches Gift es sich handelte (NN 1969). An
diesem Beispiel zeigt sich wiederum das Ineinandergreifen der verschiedenen politischen Ebenen in Umweltfragen und die Anwendbarkeit des bereits diskutierten Modells des Mehrebenen-Regierens. Es handelte sich
nämlich nicht so sehr um einen Konflikt zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und den Niederlanden, sondern um eine grenzüberschreitende Auseinandersetzung zwischen den zuständigen deutschen Bundesländern und den betroffenen Kommunen. Schließlich waren die
Gemeinden dafür zuständig, sauberes Trinkwasser bereitzustellen. Diese
Auseinandersetzung und die unbefriedigende Problemlösung führten dazu,
diese Frage auf die Tagesordnung der EG zu setzen, also auf die
supranationale Ebene zu heben.
Wenig später setzten die EG-Parlamentarier die Luftverschmutzung als
zweites umweltpolitisches Problemfeld auf die europäische Tagesordnung,
wiederum mittels eines parlamentarischen Berichts (Jahn 1971). Dies verwundert nicht, denn auch in anderen internationalen Foren begann die umweltpolitische Diskussion in den 1960er Jahren mit Fragen von Wasserund Luftverschmutzung (Kaiser 2017). Zu beiden Verschmutzungsproblematiken hatte zum Beispiel der Europarat 1967/68 Resolutionen verabschiedet (Europe 1968a, 1968b). Beide Themen waren nicht nur sichtbar
und gesundheitlich relevant, sondern hatten zudem die nötige grenzüberschreitende Bedeutung, die internationales und europäisches Handeln nicht
nur nahelegte, sondern auch legitimierte.
Die Europäische Kommission fügte die beiden Pionierthemen in das
neue Politikfeld Umwelt ein. Als Institution mit dem Vorschlagsmonopol
für Gesetzgebungsprojekte präsentierte die Kommission den Regierungen
der EG-Staaten als Antwort auf die Forderungen der Parlamentarier 1971
eine »Erste Mitteilung der Kommission über die Politik der Gemeinschaft
auf dem Gebiet des Umweltschutzes«, dann 1972 eine zweite (Commission
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1971, 1972). Diese sollten die Grundlage für das nachfolgende erste Umweltprogramm bilden.
Innerhalb der Kommission unterstützten zwei Kommissare das Projekt
einer europäischen Umweltpolitik. Der italienische Industriekommissar
Altiero Spinelli war ein Veteran der europäischen Bewegung. Sein Verständnis von Umwelt war stark an der Lebensqualität-Debatte orientiert.
Ihm ging es um die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen
der Europäer. Er sah keinen Gegensatz zwischen Ökonomie und Ökologie, sondern setzte auf technischen Fortschritt. Der Niederländer Sicco
Mansholt, der als Agrarkommissar 1968 noch die Abschaffung der bäuerlichen Landwirtschaft geplant hatte, wandelte sich in den frühen 1970er
Jahren vom technokratischen Saulus zum wachstumskritischen Paulus. Beeindruckt vom Club of Rome-Bericht über die Grenzen des Wachstums
vertrat er ein weit radikaleres Konzept von Umwelt und wurde nachfolgend auch zu einem scharfen Kritiker der Atomkraft (Scichilone 2009). Es
war daher von nachhaltiger Bedeutung für die Inhalte und das Framing der
EG-Umweltpolitik, dass die Abteilung, die die Pläne für ein EGUmweltaktionspro-gramm entwickelte, im Bereich von Spinelli und nicht
von Mansholt angesiedelt war.
Das Umweltaktionsprogramm von 1973 – und die in unregelmäßigen
Abständen erlassenen Nachfolgeprogramme 1977, 1982, 1988,1993, 2002
und 2013 – setzten den Rahmen für die Umweltpolitik, die bis 1986/87
mit der Einheitlichen Europäischen Akte die Umweltpolitik als separates
Politikfeld in die Europäischen Verträge eingefügt wurde.
Das Umweltaktionsprogramm etablierte Ziele, die stark den Stand der
Umweltdebatte und den Konsens von Stockholm reflektierten (Meyer
2011a: 13), nämlich die »Verhinderung, Reduktion und Vermeidung von
Verschmutzung«, die »Bewahrung des ökologischen Gleichgewichts und
der Schutz der Biosphäre«, die »rationale Verwaltung bzw. Management
von Ressourcen«, die »Qualitative Orientierung der Wirtschaftsentwicklung«, die »Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen« und die
»Internationale Kooperation und Suche nach gemeinsamen Lösungen«.
Das Programm umfasste auch ganz konkret etwas, das die kommunale
Ebene berührt, nämlich die »Einbeziehung von Umwelt-Aspekten in Stadtplanung und Landnutzung« (Communities 1973: Part I, Title I). Ob, inwiefern und von wem diese Frage tatsächlich angegangen wurde, da sie
außerhalb des eigentlichen Kompetenzbereichs der EG liegt, wäre ein
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spannendes Forschungsthema, das kommunale und europäische Aspekte
von Umweltpolitikgeschichte verbinden würde.
Das Umweltaktionsprogramm postulierte eine Reihe von Prinzipien,
zum Beispiel das Verursacherund das Vorsorgeprinzip
(Delreux/Happaerts 2016: 20-22). Diese Prinzipien wurden in den
folgenden Jahren ausgestaltet (Meyer 2017b). Frühe Aktivitäten der EG
erstreckten sich zunächst auf die Wasserverschmutzung. Als einige der
ersten
Richtlinien
entstanden
die
Trinkwasserund
die
Badewasserrichtlinien, deren Umsetzung und Qualitätskontrolle den Kommunen oblagen. Mit den Fragen, wie lokale Ebene und Europäische Ebene
bei der Entstehung, aber auch bei der Umsetzung miteinander interagierten, und welche Rolle transnationale Beziehungen hierbei spielten, hat sich
die historische Forschung noch nicht befasst.
Transnationale Verflechtungen
Im europäischen Kontext zeigt sich, dass zivilgesellschaftliche Akteure in
der Umweltpolitik vielfach transnational kooperierten, um politisch erfolgreich zu sein und Themen auf die europäische Tagesordnung zu setzen.
Dies soll anhand des klassischen Naturschutzthemas Vogelschutz, und im
Kontrast dazu anhand des Kernthemas der neuen Umweltbewegung der
1970er Jahre, der Atomkraft, deutlich gemacht werden.
Eine transnationale Koalition aus Vogelschützern und supranationalen
EG-Institutionen erreichte 1979, dass die EG erstmals im Bereich des Naturschutzes aktiv wurde. Sie erließ eine verbindliche und sehr weitreichende Richtlinie in einem Bereich, der weit außerhalb der EG-Kernkompetenzen lag. Die Vogelschutzrichtlinie stellte nicht nur die Zugvögel unter
Schutz und schränkte die Jagd massiv ein, sondern schuf auch Regeln für
die Einführung von Schutzgebieten (Meyer 2010). Die Vogelschutzrichtlinie gilt daher zusammen mit der Habitat-Richtlinie als eine der bahnbrechenden und bis heute wichtigsten Gesetzgebungen im europäischen Naturschutz.
Wie schon bei der Wasser- und Luftverschmutzung spielte das Europäische Parlament eine wichtige Rolle dabei, Umweltprobleme auf die europäische Tagesordnung zu setzen, so die Forderung nach supranationalem
Schutz der europäischen Zugvögel vor der Jagd in Südeuropa (Meyer
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2014a). Ein Netzwerk aus italienischen Vogeljagdgegnern, radikalen Vogelschützern aus den Niederlanden und dem deutschen »Komitee gegen den
Vogelmord«. Wichtiger Unterstützer war zudem der im In- und Ausland
gut vernetzten Frankfurter Zoo-Direktor und Fernsehmoderator Bernhard
Grzimek. Dieses Netzwerk trat Mitte der 1970er Jahre an den neuen Umweltausschuss des europäischen Parlaments heran (Meyer 2010: 182-185).
Den direkten Anstoß für die Richtlinie gab aber die Petition einer
radikal-ökologischen Organisation, der »Stichting Mondiaal Alternatief« aus
den Niederlanden, die sehr aktiver Teil dieses Netzwerks war. Die Petition
wandte sich an verschiedene internationale Organisationen und protestierte
gegen den Zugvogelfang in Südeuropa. Ursprünglich ging es den Vogelschützern lediglich darum, eine internationale Konferenz zu veranstalten,
um das Thema prominent zu platzieren. Der Vizevorsitzende des Umweltausschusses des Europäischen Parlaments, der politisch und PR-erfahrene
CDU-Bundestags-Abgeordnete Hans Edgar Jahn (zur Biographie: Meyer
2012), wusste um die Möglichkeiten, die das europäische Recht bot. So
ergriff er die Gelegenheit, eine Maximalforderung zu stellen, nämlich eine
rechtsverbindliche europäische Richtlinie.
Bei der Kommission stieß dies im Rahmen der neuen Umweltpolitik
überraschend auf Zuspruch, denn es ermöglichte der neuen Abteilung für
Umweltfragen, an einem populären Umwelt- und Naturschutzthema den
Mehrwert europäischer Regeln zu beweisen (Stuffmann 2009). Dass der
Schutz der Lebensräume eine zentrale Rolle im Gesetzesvorschlag der
Kommission spielte, war dem Einfluss der traditionellen
Vogelschutzverbände zu verdanken, die die Kommission berieten. Auf
einer europäischen Vogelschutztagung in Mainz 1976 trafen sich die
Verbände, um sich zu vernetzen und die Kooperation in Europa zu
koordinieren.. Die Bedeutung des Lebensraumschutzes hat Folgen, die bis
heute auf regionaler und kommunaler Ebene zu spüren sind. Nach
Vogelschutz- und Habitat-Richtlinien ausgewiesene Schutzgebiete
genießen nämlich einen sehr hohen Schutzstatus und dürfen nicht bebaut
werden. Fort wirkte auch die Vernetzung in der Working Group of European
Bird Protection Societies (WEBS), die 1978 von Vogelschützern in Florenz
gegründet wurde, um dauerhaft in der EG präsent zu sein. WEBS war
somit Vorläufer der heutigen NGO Birdlife Europe. (Meyer 2010: 189).
Diese Arbeitsgruppe stellte nachfolgend auch Experten für die
entsprechenden europäischen Ausschüsse bereit und sicherte sich damit
dauerhaft Einfluss auf diese Politik.
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Für den transnationalen Anti-Nuklear-Protest war die Ausgangssituation weit schwieriger. Lokal – nicht nur in Mainz und Wiesbaden –
und national in den europäischen Gesellschaften wurde Atomkraft dagegen kontrovers und als ein Umweltproblem diskutiert. Dagegen verpflichtete der Euratom-Vertrag die EG-Institutionen, sich für den Ausbau der
Atomkraft einzusetzen. Zudem wurde Nuklearenergie auf EG-Ebene nicht
als Umweltthema begriffen, sondern als eines, das den Bereichen Euratom,
Forschung und Energie zugeordnet war. Insofern ist es bereits bemerkenswert, dass es den transnational kooperierenden Anti-Nuklear-Aktivisten
gelang, die Europäische Kommission dazu zu bringen, auf der supranationalen Ebene die Förderung der Atomenergie durch die EG kritisch hinterfragen zu lassen. Ein Netzwerk verschiedener Gruppen hoch engagierter,
EG-affiner Atomkraft-Kritiker – unter ihnen Petra Kelly und Jo Leinen –
erreichte es, den pro-nuklearen Konsens in der EG zur Diskussion zu stellen und ihn aus dem Arkanum der Atomgemeinschaft in die Umweltdebatte einzubeziehen. Sie bewegten die Kommission tatsächlich dazu,
1977/78 öffentliche Hearings mit Befürwortern und Gegnern abzuhalten
und sich damit einer kritischen Diskussion ihrer Pläne zu öffnen (Meyer
2013a, 2014b: 222-225, 227-229).
Auch hier zeigt sich die Grenzüberschreitung von lokal bis global in
verschiedener Hinsicht. Leinen und Kelly beeindruckte der lokale Protest
gegen das Atomkraftwerk in Wyhl 1975. In seiner grenzüberschreitenden
Dimension, mit Beteiligten aus dem Elsass und der Schweiz, erschien er
ihnen als ein Beispiel für ein besseres Europa von unten. »Wyhl« bedeutete
für sie ein Gegenmodell zum Europa der Konzerne, das sie ablehnten. Mit
Leinen und Kelly kooperierten auch die niederländischen Anti-KalkarAktivisten. Letztere hatten ein noch konkreteres lokales Interesse, da der
»Schnelle Brüter« sehr nah an der niederländischen Grenze errichtet werden sollte. Auf die potentiell grenzüberschreitende Gefahr reagierten sie
mit grenzüberschreitenden Aktionen. Ähnlich kooperierten seit den 1970er
Jahren regional, aber grenzüberschreitend auch dänische und schwedische
Anti-Atomkraft-Aktivisten gegen das Kernkraftwerk Barsebäck in Schweden, das nur 20 km von Kopenhagen entfernt lag (Organisationen til
Oplysning om Atomkraft (OOA) (1980-).
Das Beispiel des Protests gegen die Atomenergie zeigt aber auch die
Voraussetzungen und Schwierigkeiten transnationaler Vernetzung zwischen zivilgesellschaftlichen Organisationen, aber vor allem auch in die europäischen Institutionen hinein. Während es im Fall des Vogelschutzes
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aufgrund von Interessenüberschneidungen leicht war, in Parlament und
Kommission Verbündete für das eigene Anliegen zu finden, war das beim
Protest gegen die Kernenergie weit schwieriger, weil hier die Interessenlagen klar konfligierten.
Die Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen Akteuren bot in
jedem Fall vielfältige Vorteile, zum Beispiel durch Bündelung von Informations- und Organisationsressourcen, und durch gegenseitiges Lernen.
Gerade grenzüberscheitende Zusammenarbeit war allerdings nicht immer
einfach. In einer Zeit, als Fremdsprachenkenntnisse in Europa weit weniger verbreitet waren als heute, war allein die Kommunikation oft schwierig.
Wenige Aktivisten mit guten fremdsprachlichen Fähigkeiten, wie Kelly, die
in den USA aufgewachsen war, und Leinen, der aus dem Saarland stammend und nach der Ausbildung am College of Europe ausgezeichnet
Französisch und Englisch sprach, spielten daher rasch eine zentrale Rolle
als Mittler. Beim transnationalen Protest gegen Kalkar profitierten die
deutschen Partner davon, dass die Niederländer gut Deutsch sprachen.Im
Fall Barsebäck war es von Nutzen, dass Dänisch und Schwedisch untereinander verständlich sind. Gegenseitiges politisch-kulturelles Verständnis
war ebenfalls nicht immer gegeben. So berichtete eine deutsche Beobachterin einer Demonstration gegen Atomkraft in Paris 1975 irritiert von der
antiamerikanischen Stoßrichtung (Eiardt 1975).
Neben solchen kulturellen Hürden spielten materielle Aspekte ebenfalls
eine Rolle: Grenzüberschreitendes Reisen war nicht nur kosten-, sondern
auch zeitaufwendig. Dies stellte Aktivisten, die nicht wie Leinen von der
SPD-Nachwuchsorganisation für diese Tätigkeiten bezahlt wurden, vor erhebliche Herausforderungen. Vor dem Zeitalter des Internets gestaltete
sich zudem der alltägliche transnationale Informationsaustausch schwieriger, wenn man nicht wie Petra Kelly die Nachtstunden zum Briefeschreiben (Kelly 1974) nutzte sowie das Diensttelefon und den Postausgang des Brüsseler Wirtschafts- und Sozialausschusses zur Verfügung
hatte. Daher blieb zu dieser Zeit die transnationale Kooperation meist auf
eine kleine, hoch qualifizierte und motivierte Elite beschränkt, die Zugang
zu solcherart öffentlichen Ressourcen hatte (Kirchhof/Meyer 2014: 180182). Solche Art Grenzen der Partizipation lassen den basisdemokratischen
Anspruch der transnationalen Atomkraftgegner – gerade im Vergleich zu
lokalen Gruppen – problematisch erscheinen.
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Schlussfolgerungen
Dieser Beitrag zeigt, wie lokales umweltpolitisches Handeln und zivilgesellschaftliche Akteure in europäische und transnationale Kontexte eingebettet
sind. Um über die lokale Ebene hinaus wirksam zu sein, müssen lokale
Akteure Grenzen verschiedenster Art überschreiten. Was kann man aus
der europäischen Erfahrung lernen im Hinblick auf die Überwindung der
verschiedenen Arten von Grenzen, die der Projektverbund herausgearbeitet hat (s. Beitrag von Matthias Lieb in diesem Band)? Welche Rolle
spielten administrativ-territoriale, naturräumlich-physikalische, funktionsräumliche und kognitiv-mentale Grenzen und wo bieten sich Ansätze zur
weiteren Forschung?
Administrativ-territoriale Grenzen
Europäische Politik war und ist vor allem ein Instrument, um administrativ-territoriale Grenzen zu überschreiten, wenn diese nicht den Grenzen
des Problembereichs entsprachen, und es daher ohne Kooperation
unmöglich war, solche Probleme zu lösen. Die grenzüberschreitende Natur
eines Problems war eine wichtige Legitimationsgrundlage für das Setzen
einheitlicher europäische Regeln, so auch in der Umweltpolitik.
Grenzüberschreitend wirksame Regeln im Vogelschutz erschienen
italienischen Vogelschützern eine ausgezeichnete Lösung, denn sie waren
frustriert vom Hin und Her der italienischen und der in ihren Augen
unzureichenden regionalen Schutzgesetzgebung. So versuchten sie, regime
shopping oder venue shopping (Princen 2007: 27) zu betreiben und auf die
europäische Ebene auszuweichen. Dies aber erforderte, dass Akteure
grenzüberschreitend Politik machten und sich transnational vernetzten.
Spannend wäre zu erforschen, inwieweit Kommunen hier aktiv wurden.
Die
Geschichte
der
Rolle
von
Kommunalverbänden
als
grenzüberschreitend Handelnden in der europäischen Umweltpolitik ist
jedenfalls bisher ungeschrieben.
Naturräumlich-physikalische Grenzen
Diese spielten im Falle des Rheins eine Rolle, weil hier naturräumliche und
nationale politische Grenzen nicht übereinstimmten. Gleichwohl bot sich
der Rhein als Aktionsfeld für europäisches, grenzüberschreitendes Handeln
an, weil er – bis auf den Oberlauf – innerhalb der EG lag und damit die
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Interessen fast aller Mitglieder betraf. Zudem ist der Rhein schon seit dem
Wiener Kongress ein Objekt trans- bzw. internationaler Kooperation. Die
Rolle der Kommunen in diesem Bereich ist ebenfalls weitgehend unerforscht. Diese könnte zum Beispiel auch durch die Vertretung von kommunalpolitischen Interessen im Europäischen Parlament zu einer Zeit eine
Rolle gespielt haben, als die Parlamentarier durch ihre Doppelmandate
noch tiefer in die nationale Politik eingebettet waren. (Meyer 2011b).
Funktionsräumliche Grenzen
Funktionale Einheiten und Institutionen spielten sowohl im Bereich der
Implementation europäischen Rechts eine wichtige Rolle als auch bei der
Einbeziehung von Experten aus solchen Funktionseinheiten bei der
Rechtssetzung. Wolfram Kaiser und Johan Schot (Kaiser/Schot 2014)
haben die große Bedeutung von funktionaler, technokratischer Expertise
und quasi-politischer Regelsetzung in der europäischen Integration hervorgehoben. Sie argumentierten, dass seit dem 19. Jahrhundert Experten mit
technokratisch-internationalistischer Weltsicht (»technocratic internationalism«)
vielfältige Regeln in Europa aufgestellt haben. Experten-Ausschüsse, die
im Rahmen des sogenannten »Komitologie«-Verfahrens EG/EU Regeln
ergänzen und verändern können, haben großen Einfluss. Wie hier
kommunale und funktionale Behörden interveniert, kooperiert oder
konkurriert haben, bedarf ebenfalls noch der historischen Erforschung.
Kognitiv-mentale Grenzen
Kognitiv-mentale Grenzen, die durch nationale politische Kulturen und
Medien, Sprachen und politische Handlungsrahmen geprägt sind, spielten
sowohl in der transnationalen Kooperation als auch im Prozess der europäischen Politik eine sehr wichtige Rolle. Diese zu überwinden oder
zumindest tragfähige Allianzen mit Gleichgesinnten zu bilden, war die
wichtigste Voraussetzung für gemeinsame europäische Politik-Projekte.
Für die Kooperation von Kommunen, aber auch von lokalen Gruppen mit
lokalem Fokus wird dies umso mehr eine Rolle gespielt haben, je weiter
diese Kooperation ausgriff, zum Beispiel in europäischen Gemeindeverbänden.
Was lässt sich also aus der europäischen Erfahrung lernen? Grenzen
sind ganz klar nie absolut, sondern stellen eine Herausforderung dar. Sie
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erfordern Kooperation, und Grenz-Überwindungs-Bereitschaft (möglichst
auf beiden Seiten). Es gibt aber auch so etwas wie Grenz-ÜberwindungsExpertise. Hierbei spielen mentale, aber auch materielle Ressourcen eine
große Rolle. Diese Ressourcen sind jedoch meist ungleich verteilt. Daher
kommt den Grenz-Überwindungs-Experten eine wichtige Rolle zu. Für die
Untersuchung von Grenzen wäre es interessant, diese GrenzÜberwindungs-Akteure, ihre Aktivitäten, ihre Eigenschaften und
Ressourcen näher zu beleuchten.
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