>K^' %:*iS^VÄ >-^ . O- ■. MiW-VOUK (y^^-- ,^tir^ GESAMMELTE ABHANDLÜNGExN ZUR ALLGEMEINEN MUSKEL- UNI) NERVENPHYSIK. GESAMMELTE ABHANDLUNGEN ZUR ALLGEÄIEINEN MUSKEL- UND SERVENPHYSIK VON Emil du Bois-Reymond. ERSTER BAND. MIT XXLX IN DEN TEXT GEDRUCKTEN HOLZSCHNITTEN UND VIER TAFELN. LEIPZIGv VEELAG VON VEIT & COMP. 1875. UEBERSETZÜNGSRECHT VORBEHALTEN. DEM ANDENKEN SEINES FREUNDES HENRY BENCE JONES GEWIDMET VOM VERFASSER. Vorrede. Bei geistigen Neigungen, welche micli sehr verschiedenen Richtungen des Naturerkenneus mit fast gleicher Stärke zutrieben, ward niir das Loos, meine bisherige Forscherarbeit beinah ausschhesslich einem einzigen, scheiubar ganz lieschränkten Clegenstande zu mdmen. Ich war erst zweiundzwanzig Jahre alt, als Johannes Müller mich vor die Frage nach dem Quell von jSTobili's Froschstrom stellte, und nach Aierund- dreissig Jahren bin ich noch damit beschäftigt, die Antwort auf diese Frage zu suchen. Diese Gestaltung meiner wissenschaftüchen Laufbahn tat mir manchen Schaden gebracht. Während ich oft meiner ganzen Willensstärke bedurfte, um trotz der Ermüdung, die aus der Einförmig- keit meiner xirbeit entsprang, ))ei der Stange zu bleiben, schalten mich Leute einseitig, welche von Höhe und Umfang, und den allerwärts sich verzweigenden Beziehungen meiner Aufgabe keine Ahnung hatten. Mein ganzes wissenschaftliches Ansehen war wie auf Eine Karte gestellt, ja ein Knabe, der meine Thatsachen nicht achtete, weil er selber keine fand, und der sich einliildete, den für ihn doch etwas zu festen Bau meiner Hypothesen umgeworfen zu halben, durfte fragen, was nach seinen Thaten denn von mir noch übrig bleibe? Bei heutiger Gelegenheit aber kommt meine scheinbare Einseitigkeit mü: zu Gute. Streben fast alle meine Arbeiten Einem Ziele zu, so bilden sie auch ein zusammenhängendes, einheithches Ganze. Einen ersten Ab- schnitt dieser Arbeiten fasste ich, in jugendüchem Selbstvertrauen, und mit einer noch durch keine Berufsgeschäfte und keine übermässige Bedenklichkeit gehemmten Productionskraft, in meinen 'Untersuchungen' vni Vorrede. zusammen. ^ Dies allzu keck angelegte Unternehmen gerieth in's Stocken, indem der Gegenstand mir unter den Händen so mächtig wuchs, und neben mir durch Andere theils auf meinen Anstoss, theils von mir un- abhängig so rasch gefördert wurde, dass ich die bis dahin geübte Art der Veröffentlichung meiner Ergebnisse aufgeben musste. Neue Methoden machten es nothwendig, fast das ganze, schon einmal durchmessene Ge- biet noch einmal abzusuchen, und die durch diese Methoden ermögüchte Art der Behandlung stimmte schlecht mit der ursprüngücheu , nur auf qualitative Ermittelung berechneten Anlage des Ganzen. Bei mehr und mehr beschränkter Müsse, und durch meine Stellung als Akademiker zu periodischen Bekanntmachungen gezwungen, musste ich fortan den allge- mein gebräuchhchen Weg einschlagen, das einigermaassen Sichergestellte und vorläufig Abgeschlossene in einzelnen Abhandlungen herauszugeben. Wenn ich, was noch immer mein Vorsatz ist, später einmal zur Voll- endung der 'Untersuchungen' zurückkehre, werde ich sie doch gleichsam nur buchhändlerisch abschliessen können. Das in der Vorrede zum ersten Bande der 'Untersuchungen' vom März 1848 entworfene Schema auszufüllen, ward unthunlich. Allein das dort angekündigte neunte Capitel, welches einen Ueberbhck über die allgemeine Muskel- und Nervenphysik geben sollte, wäre bei dem heutigen Zustande der Wissen- schaft ein umfänghches AVerk von grösster Schwierigkeit. Einen kleinen Theil meiner seit 1851 veröffentlichten Abhandlungen über allgemeine Muskel- und Nervenphj^sik, der sich auf Parelektronomie und auf Sicht1)armachung des Muskelstromes und seiner negativen Schwankung am lebenden menschhchen Körper bezog, habe ich in grösserer Ausführlichkeit schon der zweiten Abtheilung des zweiten Bandes der 'Untersuchungen' einverleibt. Der bei weitem grösste Theil, fast alle meine wissenschaftlichen Arbeiten seit dem Jahr 1855 umfassend, ist in verschiedenen Zeitschriften zerstreut. Die der deutschen Wissenschaft längst rühmüch bekannte Verlagshandlung, deren Name auf diesem Buche steht, hat geglaubt, Phj^siologen und Ph3^sikern einen Dienst zu erweisen, indem sie diese Arbeiten in eine Sammlung vereinigte, zu deren 1 Untersuchungen über thierisclie Elektricität. Berlin bei G. Eeinier. Bd. I. 1848; — Bd. II. 1. Abth. 1849; — 2. Abth. 1860. — In der Sammlung ist dies Werk kurz als 'Untersuchungen' angeführt. Vorrede. * IX yeranstaltung sie. als Besitzerin des 'Ai'cliivs für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin',^ i^i welchem viele meiner Aufsätze er- schienen, ein besonderes Kecht hatte. Des Ueberdrusses ungeachtet, den man beim Zurückgehen auf abgethane Dinge stets empfindet, habe ich mich dem Wunsche des Hrn. Verlegers gefügt. Die Grundsatz, enach denen ich bei Auswahl, Anordnung und Ab- druck der Arbeiten verfuhr, sind folgende. Dem Titel des Werkes ent- sprechend sind nur Arbeiten aufgenommen, welche auf allgemeine Muskel- und Nervenphysik, wozu auch die Lehre von den elektromotorischen Fischen gehört, mehr oder minder unmittelbar sich beziehen. Doch rechnete ich dazu auch solche, welche auf Vervollkommnung und Be- gründung der Beobachtungsmethoden, oder auf Erforschung der physi- kahschen Bedingungen der von mir studirten Erscheinungen gerichtet sind. Da diese neben jenem besonderen Interesse noch ein allgemeines l)eauspruchen, und die Besonderheit ihres Ursprunges sogar oft ganz in ihnen zurücktritt, so habe ich diese Arbeiten, ohne Rücksicht auf die Zeitfolge, aus der Reihe der übrigen ausgeschieden, und sie machen den ersten Band der aus zwei Bänden bestehenden Sammlung aus. Dieser erste Band enthält somit vorzugsweise Dinge, welche auch solche Physiker angehen, denen Untersuchungen über thierische Elektricität u. d. m. fem liegen, und es ward deshalb beschlossen, ihn auch einzeln abzugeben, daher jeder Band sein eigenes Register erhielt. Auch sonst ist in beiden Bänden von der Zeitfolge insofern ab- gesehen, als dem Inhalte nach verwandte Aufsätze ohne Rücksicht darauf zu Gruppen vereinigt \nn-den, in welchen sie aber dann nach der Zeit- folge geordnet sind. Es kann natürhch nicht fehlen, dass in Abhandlungen, die sich über einen Zeitraum von zwanzig Jahren erstrecken. Einzelnes veraltet, unvollkommen, ja geradezu unrichtig erscheint. Ebenso liegt es in der Natur der Dinge, dass in dieser Sammlung Manches zweimal und öfter sich gesagt findet. Da aber die Sammlung den Zweck hat, die zer- streuten Original-Abhandlungen zu ersetzen, so habe ich mir, wie auch die fiterarische Wahrhaftigkeit gebot, ohne es anzuzeigen, keine Aende- ist i:i der Samniling kurz als 'Archiv für Anatomie u. s. w." angefülirt. X Vorrede. rimgeii erlaubt, als kleine stilistisclie Verbesserungen. Dagegen wird man zum Zweck der Mildenmg jener Uebelstände eine Anzahl Zusätze und Hinweise antreffen, welche durch eckige lüammern ausgezeichnet sind. Damit die Sammlung die Original-Abhandlungen um so vollständiger ersetze und um beider Vergleich zu erleichtern, ist die Pagination der Abhandlungen in den Text aufgenommen. Sind am Eingang einer Abhandlung mehrere Stellen angegeben, wo sie gednickt steht, so ist in der Sammlung die Pagination der ersten (urspmnghchen) Stelle wieder^ holt. Die Abbildungen sind meist mit Hülfe derselben Stöcke und Platten hergestellt, welche für die Original- Abhandlungen gedient haben. Ein grosser Uebelstand, der mit dem getreuen Wiederabdruck einiger meiner Aufsätze verbunden war, entsprang aus deren polemischem Charakter. Nichts kann mir ferner liegen, als das Andenken an literarische Fehden erneuern zu wollen, welche nach der allgemeinen Meinung längst gegenstandslos wurden, nichts mir widerwärtiger sein, als den Verdacht persönhchen und noch dazu unversöhnbaren Grolls auf mich zu laden. Allein so sehr ich es wünschte, ich fand es unmög- lich, jene iVufsätze fortzulassen, und meist auch, die tief in sie hinein- gemrkten polemischen Stellen daraus zu entfernen. Letzteres ist in eimgeA Fällen geschehen. Die übrigen Stellen der Art mögen als Denkmal der unvermeidüchen Kämpfe stehen bleiben, unter welchen liier, wie anderswo, die Wahrheit geboren wird, und aus denen sie schüessüch stets siegend hervorgeht. Berlin, im Juni 1875. Der Verfasser. ^ y 7 fc Inhalt. Seite I. Ueber Polarisation an der Grenze ungleichartiger Elektrolyte .... 1 (Monatsberichte der Akademie 1856. S. 395.) n. Ueber innere Polarisation poröser, mit Elektrolji;en getränkter Halbleiter 13 (IVIonatsberichte u. s. w. 1856. S. 450.) III. Ueber den Einfluss, welchen die Dimensionen innerlich polarisirbarer Körper auf die Grösse der secundär-elektromotorischen Wirkung üben . 29 (Monatsberichte u. s. w. 1859. S. 68.) IV. Ueber gleichartige und nicht polarisirbare Elektroden 42 (IVIonatsberichte u. s. w. 1859. S. 443.) V. Ueber den seeundären Widerstand, ein durch den Strom bewirktes Widerstandsphänomen an feuchten porösen Körpern 80 (Monatsberichte u. s. w. 1860. S. 816.) §. I. Einleitung 80 §. II. Von den feuchten porösen Körpern, welche seeundären Wider- stand zeigen 84 §. III. Vom äusseren seeundären Widerstände 87 §. IV. Vom inneren seeundären Widerstände 90 §. V. Nähere Untersuchung des inneren seeundären Widerstandes 96 §. VI. Abhängigkeit des äusseren seeundären Widerstandes von Stromstärke und Querschnitt 101 §. VII. Nähere Untersuchung des Eintrittsendes des feuchten porösen Körpers, welches der Sitz des äusseren seeundären Wider- standes ist 104 §. VIII. Vom äusseren seeundären Widerstände bei Tränkung der Zuleitungsbäusche mit verschiedenen Flüssigkeiten .... 105 §. IX. Vom äusseren seeundären Widerstände bei Zuleitung des Stromes durch metallische Elektroden 108 §. X. Zui- Theorie des äusseren seeundären Widerstandes. . . . 111 §. XI. Noch Einiges über den inneren seeundären Widerstand . . 116 §. XII. Was sich zur Zeit über die Natm- des inneren seeundären Widerstandes sagen lasse 120 §. XIII. Anwendung der Erfahrungen über den seeundären Wider- stand auf die elektrophysiologischen Versuche 122 §. XIV. Ueber Elektrotransfusion am erregbaren Muskel ..... 126 ■yTT Inhalt. Seite YI. Ueber ein Verfahren um feine galvanometrische Yersuchc einer grösseren Versammlung zu zeigen 131 (Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie. 1855. Bd. XCV. S. 607.) VII. Zur Theorie der astatischen Nadelpaare 134 (Poggendorff's Annalen u. s. \v. 1861. Bd. CXII. S. 1.) Hierzu Taf. IV. Fig. 1-3. VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen zu elektro- phj^siologi sehen Zwecken 145 (Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1862. Berlin 1863. 4«. Physikalische Klasse. S. 75.) Hierzu Taf. I-Iü. §. I. Vom ]\Iultiplicator 145 §. II. Vom Gebrauch der Spiegelbussolen zu thierisch-elektrischen Versuchen 152 §. III. Von den Zuleitungsgefässen 157 §. IV. Von den Bäuschen 160 §. V. Vom Modellirthon als Ersatzmittel der Eiweisshäutchen . . 161 §. VI. Von den Zuleitungsröhren mit Thonspitzen 163 §. Vn. Vom feuchten Arbeitsraume 167 §. VIII. Von den Vorrichtungen zum elektrischen Tetanisiren . . . 168 §. IX. Vom Schlüssel \ ... 171 §. X. Vom Gebrauch des Schlüssels beim Tetanisiren durch Inductionsströme 174 §. XI. Vom Compensator, einer Vorrichtung zum Messen der elektro- motorischen Kraft der Nerven und Muskeln 176 §. XII. Vom Kheochord in seiner Anwendung zu elektrophysiolo- gischen Versuchen 187 §. Xin. Von einem beim Gebrauch des Rheochords in Reizversuchen zu beachtenden Umstände 196 §. XIV. Vom Schwankungsrheochord, einer Vorrichtung zum Erweise des allgemeinen Gesetzes der Nervenen-egung durch den Strom 198 §. XV. Vom Zuckungstelegraphen 207 §, XVI. Von einer Vorrichtung zu Versuchen über chemische Reizung der Muskeln 211 §. XVn. Von der feuchten Reizungsröhre 211 §. XVIII. Vom Froschwecker, zum Gebrauch bei Versuchen an elektro- motorischen Fischen 213 §. XIX. Vom Froschunterbrecher, zum Gebrauch bei denselben Ver- suchen 215 IX. Ueber den zeitlichen Verlauf voltaelektrischer Inductionsströme . . . 228 (Monatsberichte u. s. w. 1862. S. 872.) §, I. Abänderung des Magnetelektromotors durch Hrn. Helmholtz 228 §. II. Bezeichnung der hier noch zu lösenden Aufgabe .... 233 §. III. Induction in der Nebenrolle durch Oeffnen des inducirenden Kreises 237 §. IV. Induction durch Schiit ssen des inducirenden Ivi-eises . . 238 Inhalt. xm §. V. Induction durch Oeffuen einer Nebenleitung zur Hauptrolle. VI. Induction durch Scliliessen einer Nebenleitung zur Hauptrolle VII. Bedingungen der Congruenz der Anfangs- und Eudinduction Vni. Andere Ableitung der Congruenzbedingungen IX. A^ersuche zur Bestätigung der Theorie X. Schlussbemerkungen X. Anleitung zum Gebrauch des runden Compensators (Archiv für Anatomie u. s. w. 1871. S. 608.) XI. Fortgesetzte Beschreibung neuer Vorrichtungen für Zwecke der allge- meinen Nerven- und Muskelphysik (Poggendorff's Annalen u. s. w. 1873. Jubelband, S. 591.) §. I. Der Quecksilberschlüssel §. IL Die Doppelwippe §. III. Die Froschpistole §. IV. Das Fedei-myographion Xn. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete Erste Abhandlung. (Monatsberichte u. s. w. 1869. S. 8U7.) §. I. Einleitung §. II. Allgemeine Gleichung der Bewegung gedämpfter Magnete, und periodische Bewegung solcher Magnete §. III. Aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete Üebersicht der Bewegungsformen ungedämpfter und ge- dämpfter Magnete Aperiodische Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit . . . Herleitung der Bedingung für die zum Ueberschreiten des Nullpunktes nöthige Anfangsgeschwindigkeit Verhalten aperiodisch sich bewegender Magnete bei kurzer Einwirkung eines Stromes Verhalten aperiodisch sich bewegender Magnete bei Ablen- kung durch einen beständigen Strom Sonstige Combinationen von Lage und Geschwindigkeit des Magnetes und von ihn treffenden Kräften Nähere Bestimmung der experimentellen Bedingungen, unter denen die Bewegung gedämpfter Magnete aperiodisch wird. Die Beruhigungszeit des gedämpften Magnetes in ihrer Ab- hängigkeit von dessen verschiedenen, im Vorigen betrachteten Zuständen Bestätigung der für den Fall einer. Anfangsgeschwindigkeit theoretisch gefundenen Bewegungsgesetze aperiodischer Magnete Vorzüge der Beobachtung an aperiodischen Magneten . . Xni. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete Zweite Abhandlung. (Monatsberichte u. s. w. 1870. S. 537.) Hierzu Taf. IV. Fig. 4—8. §. I. Einleitung §. IL Die fundamentalen Eigenschaften unserer Differentialgleichung ni. IV. VII. vni. IX. XL XIL xm. Seite 244 245 247 249 250 254 257 266 266 267 269 271 284 284 286 288 290 292 295 301 303 304 305 310 312 321 324 324 gjy Inhalt. Seite §. III. Erster Hauptfall: a .r + x' und J .r + x sind einerlei Zeichens ^^^ §. IV. Physikalische Anwendung der gewonnenen Ergehnisse, und Vergleichung dieser Ergehnisse mit denen der ersten Ah- handlung 332 §. V. Zweiter Hauptfall: ax + x und bx + x sind verschiedenen Zeichens ^^^ §. VI. Behandlung des Grenzfalles e = n 339 §. Vn. Die Curven der Geschwindigkeiten bezogen auf die Ablen- kungen im allgemeinen Fall e > w 341 §. Vin. Die Curve der Geschwindigkeiten bezogen auf die Ablen- kungen im Grenzfall e = n 349 Zusatz von Hm. Kronecker zui- vorigen Abhandlung 351 XrV. Ueber aperiodische Bewegung gedcämpfter Magnete ....... 353 Dritte Abhandlung. OVIonatsberichte u. s. w. 1873. S. 748.) §. I. W. Siemens' aperiodische Magnete ohne Astasirang . . . 353 §. IL YerscMedenes Verhalten aperiodischer Magnete bei telesko- pischer und bei maki-oskopischer Ablenkung 355 §. III. Von der besten Art, den HAUY'schen Stab anzubringen . . 363 §. IV. Sir William Thomson's aperiodische Magnete ohne Dämpfung 366 XV. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete 368 Vierte Abhandlung. (Monatsberichte u. s. w. 1874. S. 767.) §. I. Warum es an gewissen Bussolen misslang, den Magnet in brauchbarer Weise aperiodisch zu machen 368 §, II. Fortgesetzte Bemerkungen über die beste Art, den HAUY'schen Stab aufzustellen 372 §. III. Von den Schwankungen der Gleichgewichtslage des Magnetes in Folge der täglichen Variation des Erdmagnetismus, oder den „Variationsschwankungen" 376 §. IV. Von der Gleichgewichtslage des Magnetes bei höherer Astasie 379 Zusatz Nachweis zu den Kupfertafeln. i Taf. IV. 389 135 139 140 330 338 341 348 349 METHODEN UND PHYSIKALISCHE BEDINGUNGEN. lieber Polarisation an der Grenze ungleichartiger Elektrolyte. (Gelesen in der Gesaninitsitzung der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 17. Juli 1856.) i An der Grenze von Metallen nnd Elektrolyten erzeugt der elektrische Strom bekanntlich die zuerst von J. W. Kitter l)eobachtete elektro- motorische Gegenkraft, deren Ursprung Volta sofort richtig in der elektromotorischen Rückwirkung- der ausgeschiedenen Zersetzungsstoffe suchte. An der Grenze verschiedener Metalle tritt nach Peltieb's Ent- deckimg- gleiclifalls, wenn auch auf sehr verschiedenem Wege entsprungen, eine elektromotorische Gegenkraft auf. An der Grenze verschiedener Elektrolyte dagegen fehlte es bisher an einer entsprechenden Wahr- nehmung. Durch die folgenden Beoljachtungen wird diese Lücke ausgefüllt. Um diese neue Art von Polarisation nachzuweisen, ])edarf es sehr kräftiger elektromotorischer und höchst empfindücher stromprüfender Vor- richtungen. Ich bediente mich einer Säule aus dreissig GROVE'schen Ghedern der kleineren in meinen 'Untersuchungen' ^ Ijeschriel^enen Art, und meines Multiplicators von 24160 Windungen. Das allgemeine Princip der Beobachtung ist das nämliche, Avelches für die RiTTER'sche und die oben bezeichnete PELTiER'sche Polarisation gilt, und darin bestellt, dass der die polarisirbare Reihenfolge von Leitern enthaltende Kettentheil A erst eine gewisse Zeit hindurch einen Theil des Säulenkreises bildet, dann aber, nach einer Zwischenzeit, die man gewöhnhch mögüchst abzukürzen strebt, zu einem Theile des Multiphcator- kreises oemacht wird. Hierzu reicht aus, dass, während der dem Säulen- * Monatsberichte der Akademie. 1856. S. 395. — Auch abgedruckt in Mole- schott's Untersuchungen zur Naturlehre des Menschen und der Thiere. 1858. Bd. IV. S. 144. 2 Bd. I. S. 446. E. du Bois-Reymond, Ges. Abli. I. 1 2 I. lieber Polarisation und dem Multiplicatorkreise gemeinsame Kettentheil A mit der Säule verbunden ist, der Multiplicatorkreis [396] an einer Stelle a geöffnet werde, wenn aber A am Miütiplicatur auf secundär- elektromotorische Wirkung^ geprüft ^vird, die Lücke a geschlossen werde, unmittelbar nachdem der Säulenkreis an einer Stelle ß geöffnet wurde. Bei Anwen- dung so kräftiger Säulen indess und so empfindücher Multiplicatoren, wie wir ihrer bedürfen, genügt diese Versuchsweise nicht. Es Avürden dabei am Multiplicator die von mir in meinen 'Untersuchungen' ^ beschriebenen \Yirkungen störend auftreten, welche man wahrnimmt, wenn man eines seiner Enden, oder nach Einschaltung eines hinlänglichen Widerstandes, den die Verknüpfungsstelle nicht symmetrisch hälftet, auch seine beiden Enden, mit dem einen Ende einer Säule verknüpft. Um diese und alle ähnlichen Störungen sicher abzuschneiden, wurde folgende Anordnung getroffen. Fi?. 1. 1 Unter secundär- elektromotorischer Wirkung verstehe ich in dieser und den folgenden Abhandlungen jede Art elektromotorischer Wirkung, welche in einer irgendwie beschaffenen Keihe von Leitern als Folge des Durchgangs eines Stromes, der der ursprüngliche genannt wird, auftritt. 3 Bd. n. Abth. I. S. 496. an der Grenze ungleichartiger Elektrolyte. 3 [397] Im nebenstehenden Schema bedeutet S die Säule, M den Multiplicator, A den polarisirbaren Kettentheil. / s, a a stellen dem- gemäss zwei Lücken im Säulenkreise , m m, fi (/ zwei Lücken im Mul- tiplicatorkreise vor. Die l)eiden Kreise sind mit Inbegriff der acht Enden ihrer l^eiden UnterbrechungssteUen, rn m, fi u , s s, a a, auf das voll- kommenste von einander isolirt. W W ist eine Wippe, welche aus zwei Hälften, W und W besteht, die zwar in einem Stücke bewegbar, doch jede für sich gleichfalls höchst vollkommen isolirt sind. Je nachdem die Wippe sich an s s, o a, oder an m' m, n fi lehnt, lässt sie den Strom der Säule durch A hindurch, oder macht sie die in A erzeugten secundär-elektromotorischen Wirkungen am Multipücator sichtbar. Da die Stärke der Polarisation wesentlich von der Dauer des Säulen- schlusses und von der Zeit abhängt, welche zwischen Oeffnung des Säulen- und Schüessung des Multiphcatorkreises verstreicht, ist es zweckmässig, um vergleichbare Wirkungen zu erhalten, die Wippe durch ein nirwerk bewegen zu lassen, welches die L^ebertragung der Schhessung vom einen Kreis auf den anderen stets in hinlänghch gleicher, nach Belieben bald kürzerer, bald längerer Zeit vollführt, und ausserdem die Dauer des Säulenschlusses auch innerhalb so kurzer Zeiträume zu regeln erlaubt, dass es ohne beträchthche Fehler nicht gelingen würde, die Wippe mit der Hand umzulegen. In dem Schema bedeuten ferner die Ki-eise 9)?, W meine gewöhn- lichen Zuleitungsgefässe, mit Platinenden in gesättigter Kochsalzlösung. ©, 'S' dagegen sind ähnliche Zuleitungsgefässe, in denen, um nicht die Beständigkeit der Säule zu gefährden, das Platin durch Kupfer, und die Kochsalz- durch gesättigte schwefelsaure Kupferoxydlösung ersetzt ist. H und H' endüch sind Hülfsgefässe , die durch HebeiTöhren mit den lieiderseitigen Zuleitungsgefössen verbunden sind. Auf Seiten des Multipücators sind die Köhren mit Kochsalz-, auf der der Säule mit Kupferlösung gefüllt, und ihre in die Hülfsgefässe tauchende Mündung ist mit Blase verschlossen. Zwischen den Hülfsgefässen kann man nun- mehr, wie man sieht, heberfömiige Röhren mit beüebigen Flüssigkeiten gefüllt anbringen, ja man kann die Hülfsgefässe selber mit be- [398] liebigen Flüssigkeiten anfüllen, ohne dadurch die Reinheit und Gleich- artigkeit der in den Zuleitungsgefässen befindlichen Lösungen, mit anderen Worten, ohne das Gleichgewicht im Multiphcator- und die Beständigkeit des Stromes im Säulenkreise zu gefährden. Die mit Flüssigkeiten gefüllten Heberröhren zwischen den Hülfs- gefässen durften, wie eine spätere Folge lehren wird, nicht füglich mit Blase oder Fliesspapier verschlossen werden. Die darin befindlichen Flüssigkeiten mussten deshalb stets denen in den Hülfsgefässen an Dichte 4 I. Ueber Polarisation nachstehen. Um che Rühren im gefüllten Zustande in die Hülfsgefässe umstürzen zu können, waren ihre Enden capillar ausgezogen,^ wenn der Widerstand der Flüssigkeit es erlaubte, iliren Querschnitt stellenweise dergestalt zu verkleinern. Im anderen Falle wurden Papierscheibeu auf die Mündungen der Röhren gelegt, die der atmosphärische Druck so gegen deren abgeschliffene Ränder presste, dass man die Röhren um- kehren und ihre Enden mit aller Ruhe in die Flüssigkeit der Hülfs- gefässe eintauchen konnte, worauf die Papierscheibeu wieder entfernt wurden. Man denke sich nun zunächst die Hülfsgefässe sowohl als die sie verl)indende Heberröhre, gleich den Zuleitungsgefässen des Multiplicators und den Heberröhren zwischen diesen und den Hülfsgefässen , mit ge- sättigter Kochsalzlösung gefüllt. Die Wippe W W ist gegen die Enden m m, fi u gelehnt, und hält also den Multiphcatorkreis geschlossen. Die Nadel steht auf Null, und die Platinenden des Multiphcators sind so gleichartig, dass auch nach mehreren Minuten Offenstehen des Mul- tiplicatorkreises ])ei dessen Schliessen keine in Betracht kommende Wirkung erfolgt. Jetzt wird das Uhrwerk ausgelöst und überträgt durch Umlegen der Wippe die Schhessung von den Endeiu des Multiplicator- kreises m m, fx, fi, auf die Enden des Säulenkreises s s, a 6. Die Hülfsgefässe und die sie verbindende Heberröhre voll Kochsalzlösung Averden von dem Strom der dreissigghederigen GEOVE'schen [399] Säule durchkreist, ohne dass eine Spur davon ihren Weg in den Multiphcator- kreis fände. Wh* lassen, durch Anhalten des Uhrwerks, die Kette be- hebig lange Zeit geschlossen, vorausgesetzt, wie gesagt, dass Avir darauf rechnen können, dass das Offenstehen des Multiphcatorkreises die Gleich- artigkeit der Platinplatten nicht zu sehr gefährde, dann lösen Avir Avieder das Uhrwerk aus. Nach gegebener Zeit überträgt es im Nu die Schliessung vom Säulen- auf den Multiphcatorkreis, die Nadel aber blei))t, Avenn Alles in Ordnung ist, durchaus unbewegt. Dies dient beiläufig noch zum Zeichen, dass, während des vorhergehenden Zeitraumes des Versuches, kein Theil des Stromes seinen Weg auch nur bis durch die Platinenden des Multiphcators hindurch gefunden hat, Avas ja hätte der Fall sein können, ohne dass der während jenes Zeitraumes davon abge- schnittene Multiphcator etwas verriethe. Aber nachträglich Avürden Avir. Avenn etwas der Art stattgefunden hätte, durch die auf den Platinenden entAvickelten Ladungen am Multiphcator davon Kunde erhalten. 1 Vergl. Walker in Poggendorff's Annalen u. s. w. 1825. Bd. IV. »S. 319; — Fechxer ebendas. 1839. Bd. XLVIII. S. 5; — Becquerel in den Comptes rendus etc. 29 Mars 1847. t. XXIV. p. 505. an der Grenze ungleichai-tiger Elektrolyte. 5 Nun wiederholen wir genau denselben Versuch , mit der einzigen Abänderung, dass wir das mit Kochsalzlösung gefüllte Heberrolir durch ein mit verdünnter »Schwefelsäure gefülltes ersetzen.^ Lässt man jetzt den Säulenstrom auch nur 5'' lang durch die Reihe der Elektrol}-te: Kochsalzlösung, verdünnte Schwefelsäure, Kochsalzlösung hindurchgehen, so fliegt, ))eim Schliessen des Multiphcatorkreises, die Xadel mit Heftig- keit an die Hemmung, einen Strom in der Elektrol^-tenreihe von umge- kehrter Richtung von der des Säulenstromes anzeigend. Der secundäre Strom ist innerhalb gewisser Grenzen, die ich noch nicht näher bestimmt hal)e, um so stärker, je grösser Stärke und Dauer des ursprünglichen Stromes. Er ist nur von sehr kurzer Dauer. Lässt man zwischen Oeff- nung- des Säulen- und Schüessen des MultipUcatorki-eises einen Zeitraum von nur 10", so erfolgt bereits nur noch ein sehr schwacher Ausschlag. Bei einer noch längeren Zwischenzeit bleibt die Xadel völlig in Ruhe. Ob diese Ausgleichung bei geschlossenem Kreise [400] noch schneller vor sich gehe, was Avohl möglich wäre, habe ich noch nicht zur Ent- scheidung gebracht. Werden auch die Hülfsgefasse mit der verdünnten Schwefelsäm'e gefüllt, so ist der Erfolg der nämhche, als ob sie und das sie verbindende Heberrohr Kochsalzlösung enthielten, d. h. es findet keine secundär- elektromotorische Wirkung statt. Füllt man aber jetzt das Heberrohr mit Kochsalzlösung, wobei, me gesagt, die Säure diesmal solche Dichte haben muss, dass die Lösung sicher darauf schwimmt,^ so erfolgt ein Ausschlag von gleicher Richtung, als ob die Hülfsgefiisse die Lösung und das Rohr die- Säure enthalten hätten. Aehnlich der \erdünnten Schwefelsäure verhielten sich liinsichthch der Richtung der Wirkung noch folgende Flüssigkeiten: Chlor Wasser- stoff säure; gewöhnliche Salpetersäure; dieselbe mit dem gleichen Yolum destillirten Wassers verdünnt; Ammoniak; gesättigte Salpeter- lös ung.^ Die Wirkung war aber schon bei der Chlorwasserstoifsäm-e schwächer als bei der verdünnten Schwefelsäure, und nahm bei den übrigen Flüssigkeiten noch mehr an Stärke ab, in der Ordnung, wie sie genannt sind. Man sieht, das mit einer dieser Flüssigkeiten gefüllte HebeiTohr zwischen den Hülfsgefässen voll Kochsalzlösung verhält sich, abgesehen von der freiüch unvergleichUch geringeren Stärke der Wirkungen, nicht anders, als es ein an dessen Stelle über die Hülfsgefasse gebrückter Streif eines polarisirl^aren Metalles, z. B. Platinblech, thun würde. ^ HSO^ : HO : : 1 : 8 dem Yolum nach. Dichte etwa 1-13. 2 Nämlich mindestens HSO^ : HO -. : 1 : 4, Dichte etwa 1-22. 3 1-1377 Dichte bei 17<> C. 6 1. Ueber Polarisation Sehr verscliieden gestaltet sich der Erfolg mit einigen anderen Flüssig- keiten, nämlich mit concentrirter Kalihydratlösung, Brunnen- wasser, destillirtem Wasser, Hühnereiweiss imd den hinsichtüch des Widerstandes und der elektrochemischen Beschaffenheit nahestehenden thierischen Säften. Zwar was die Umstände, die die Stärke der secundär-elektromoto- rischen Wh-kimg bestimmen, und den zeithchen Verlauf letzterer betrifft, so giebt sich kein Unterschied zu erkennen. [401] Während aber bei den erstgenannten Flüssigkeiten die secundär-elektromotorische der ursprüng- lichen Wirkung entgegengesetzt ist, ist sie ihr hier gleich gerichtet. Bezeichnet man jene Art der Polarisation als negativ, so hat man es hier mit positiver Polarisation zu thun, wozu im Gebiete der Ladungs- erscheinungen an der Grenze von Metallen und Elektrolyten höchstens die von ^VIaütens und Beetz an Eisen und von mir an verquicktem Zink beobachtete positive Polarisation ein Seitenstück bietet.^ Mit der Kalihydratlösung zwischen Kochsalz al^er schien mir die positive Wii'kung kaum weniger stark als die negative mit der verdünnten Schwefelsäure; mit dem Wasser und Hühnereiweiss, besonders dem letzteren, ist sie zwar beträchtlich schwächer, doch vollkommen regelmässig imd ausge- sprochen, und in Betracht des grossen Widerstandes dieser Flüssigkeiten ist es noch die Frage, ob wirklich die secundär-ejektromotorische Kraft eine bedeutend kleinere war. Auch mit den übrigen genannten Flüssigkeiten kann man natürhch dieselbe Versuchsreihe durchmachen, wie mit der verdünnten Schwefel- säure, nämlich nachweisen, dass wenn die Hülfsgefässe dieselbe Flüssig- keit enthalten wie das sie verbindende Heberrohr, keine secundär-elektro- motorische Wirkung erfolgt, aber sofort, und in der gleichen Richtung wiederkehrt, wenn jetzt das Heberrohr mit Kochsalzlösung gefüllt wird. Man kann, mit Beobachtung gewisser Rücksichten, diesen Versuchen noch eine andere Gestalt geben, die zwar weniger vollkommen, dafür aber mehr geeignet ist, gewisse, zur Entscheidung einiger Punkte dien- liche Abänderungen zuzulassen. Sie besteht darin, anstatt die Flüssig- keiten, deren Grenze der Sitz der Polarisation werden soll, in Rölu*en und Gefässen zu beherbergen, Fhesspapierbäusche damit zu tränken, und durch deren Berührurigsstellen den Strom hindurchzusenden. Die Zu- leitungsgefässe 30^ W nehmen alsdann die gewöhnlichen, mit gesättigter Kochsalzlösung getränkten Zuleitungsbäusche auf. Die Zuleitungsgefässe @, ©' erhalten dergleichen mit gesättigter schwefelsaurer Kupferoxyd- lösung getränkt. An [402] Stelle der Hülfsgefässe treten Hülfsbäusche, 1 tJntersuchunL'en u. s. w. Bd. I. S. 236. 610, an der Grenze ungleichartiger Elektrolyte. 7 welche für gewöhnlich mit Kochsalzlösung getränkt sind, und nach Art des Schliessungsbausches dauernd über (üe in 9}J und @ und die in W und @' befindüchen Zuleitungsbäusche gebrückt werden. Von den mit Kupferlösung getränkten Bäuschen @ und ©' sind sie zur Verhütung dauernder gegenseitiger Verunreinigung durch Sicherheitsbäusche getrennt, d. h. durch einige Lagen Füesspapier, die auf Seiten der Zu- leitungsbäusche mit Kupfer-, auf Seiten der Hülfsbäusche mit Kochsalz- lösimg getränkt sind. Auf den Hülfsbäuschen können nunmehi-, wie zwischen den Hülfs- gefässen die Heben-Öhren, balkenförmige Bäusche, d. h. vierseitig prismatische Bäusche, aus einer grossen Anzahl Fliesspapierlagen be- stehend, von etwa 60'"'" Länge, 15'""' Breite, 10"'"* Dicke, mit be- hebigen Flüssigkeiten getränkt, angebracht werden. Die Hülfsbäusche schützt man abermals durch Sicherheitsbäusche gegen dauernde Ver- unreinigung mit den zu prüfenden Flüssigkeiten, Es versteht sich, dass man die Hülfsbäusche nach Bedürfniss auch mit anderen Flüssigkeiten als mit Kochsalzlösung tränken kann, gerade wie man die Hühsgefässe mit dergleichen anfüllen kann; alsdann müssen sie auch von den -Zu- leitungsbäuschen des Multiplicators in 9}?, W durch Sicherheitsbäusche getrennt werden. Mit Hülfe dieser Vorrichtung lassen sich alle obigen Versuche be- quem und sicher mit dem nämlichen Erfolg ausführen. Ein balken- förmiger Bausch mit verdünnter Schwefelsäure getränkt, zwischen den mit Kochsalzlösung getränkten Hülfsljäuschen durchströmt, giebt negative Polarisation. Ein ähnhcher Bausch mit Kahlauge getränkt, an Stehe jenes gesetzt, giebt positive Polarisation u. s. w. Nur in dem Falle, dass man die Bäusche mit verhältnissmässig schlecht leitenden Flüssigkeiten, mit Wasser, Hühnereiweiss u. d. m. tränkt, giebt sich damit ein anderer Erfolg zu erkennen, als mit den- selben Flüssigkeiten in Gefässen und Röhren. Alsdann nämhch mischen sich secundär-elektromotorische Wirkungen einer ganz anderen Art ein, die den Gegenstand einer späteren Mittheilung ^ ausmachen werden. [403] Bei dieser Form des Versuches kann man nun auch so ver- fahren, dass man, nach Entfernung der Hülfsl)äusche, den balkenförmigen, z. B. mit Schwefelsäure getränkten Bausch unmittelbar über die Zu- leitungsbäusche der Säule in der eigenthümhche AViderstand des Elektrolyten verhältniss- mässig ein sehr grosser wäre. Verschmndet dagegen der stehengebhebene Theil der Zwischenplatten gegen die Oeffnungen, so wird dies für die secundär-elektromotorische AVnkung so sein, als ob der eigenthümhche Widerstand des Elektrolyten gegen den des porösen Halbleiters verschwände. Älit Hiüfe dieser Vorstellung hat es keine Schwierigkeit mehr, sich von den hauptsächüchsten Erscheinungen der inneren Polarisation Rechen- schaft zu geben. Dass diese dabei wirkhch die Gesetze befolgen müsse, die -wir oben S. 15. 16 gefunden haben, und mit steigender Temperatur an Kraft abnehmen könne, braucht nicht erst bemerkt zu werden. Sodann ist deutüch, weshalb ein und derselbe poröse Körper, in welchem, wenn er vollständig getränkt ist, stets dieselbe räumhche Anordnung des Elektrolyten und des halbleitenden Gerüstes stattfindet, folgweise mit Flüssigkeiten von immer kleinerem Widerstände getränkt, bei einem ge- wissen mittleren Grade dieses Widerstandes die stärkste secundär-elektro- motorische Wirkung giebt. So gab Fliesspapier mit verdünntem Alkohol getränkt nur schwache innere Polarisation; stajke mit destiUirtem und Brunnen-Wasser; schwächere mit Essigsäure, Ammoniak, schwefel- 26 II' lieber innere Polarisation saurer Kupferoxj^dlösinig, unmerkliche mit Kochsalzlösung , Salpeter- säure u. d. m. Hat man zwei poröse Körper, in denen man nahezu eine und die- selbe räumliche Anordnung des Elektrolyten und des halbleitenden Ge- rüstes annehmen kann, deren eigenthümlicher Widerstand aber sehr ver- schieden ist, so findet sich's, in Uebereinstimmung mit unserer Theorie, dass der besserleitende Körper Zeichen innerer Polarisation noch mit Elektrolyten von so kleinem Widerstände giebt, dass der schlechtleitende Köi-per damit ganz unpolarisirbar erscheint. So geben Holz und [466] mangelhaft geglühte Kohle mit Wasser stärkere innere Polarisation als mit Kochsalzlösung, während wohlgeglühte Kohle sich umgekehit verhält. Natürüch giebt es einen Grad des Widerstandes des porösen Ge- rüstes, wo auch bei schlechtleitenden Elektrolyten kein merklicher Strom- theü hindurch kann, und deshalb die secundär-elektromotorische Wirkung verschwindet. So erklärt sich's, dass Quarzsand, Schwefelblumen, Seide keine innere Polarisation wahrnehmen Hessen. Dass die lüeselsäure im amorphen Zustande, wie im Hydrophan, besser leitet, als im krystalli- sirten, überrascht nicht nach dem ähnlichen Verhalten des Diamants und der Kohle, des Zinnobers und des schwarzen Schwefelquecksilbers. ^ Erlaubt es die Beschaöenheit eines porösen Halbleiters, das Yer- hältniss der in einem gegebenen Kaum enthaltenen Menge seiner eigenen Substanz und eines Elektrolyten nach Belieben abzustufen, so bestätigt sich was oben hinsichtlich des Einflusses einer solchen Veränderung auf die Grösse der secundär-elektromotorischen Wii'kung gesagt wurde. So haben wir an Thon und Seife bei einem möglichst kleinen sowohl, als bei einem sehr grossen Wassergehalt die secundär-elektromotorische Wii-kung vermisst, während sie bei einem gewissen mittleren Feuchtig- keitsgTad einen oberen Grenzwerth erreichte; und so fanden wir (s. oben S. 21), dass die innere Polarisirbarkeit des kohlensauren Kalkes, der Holz- faser und des geronnenen Faserstoffes mit der Verdichtung Amchs. Auf das verscliiedene A^erhältuiss der mit dem Elektrolyten erfüllten Hohlräume zum halbleitenden Gerüst könnte mau versucht sein, auch den oben S. 19 erwähnten Umstand zurückzuführen,- dass von zwei mit demselben Elektrolyten getränkten Halbleitern, welche ungleich stark innerlich polarisirbar sind, derjenige sich in der Kegel als der bessere Leiter im getränkten Zustand erweist, der die schwächere secundär- elektromotorische Wirkung gielit. Der verschiedene Widerstand der Halb- leiter selber kann der Grund nicht sein; denn als Wie man sieht, kommen in diesem Ausdruck die Dimensionen des polari- sirbaren Körpers L und q nur zusammen und zwar dergestalt verbunden vor, dass sie den Widerstand des Körpers angeben, insofern er von den Dimensionen abhängt. Liesse man daher L und q in gleichem Verhält- niss sich verändern, so dass L — = r = const, 9 so würde die im ersten Augenbhck stattfindende secundär-elektromotorische Wirkung dieselbe bleiben, welches auch der Werth von L und q wäre. Ein Ergebniss, welches auch ohne Kechnung einleuchtet. Bleibt nämhch der Widerstand des innerüch polarisirbaren Körpers unverändert, so bleil)t dies auch die Stärke des ursprünghchen Stromes, und ebenso der Widerstand des secundären Kreises, d. h. des Kreises, der aus jenem Körper und dem Multiphcatorkreise besteht. In dem Maasse, wie der Querschnitt wächst, nimmt freihch, bei sich gleich bleibender Stärke des ursprünghchen Stromes, die Dichte dieses Stromes im Querschnitt und folgüch die secundär-elektromotorische Kraft im Längenelemente ab. Allein da in demselben Maasse die Länge wachsen soU, so bleibt schüess- üch E', die Summe der secundär-elektromotorischen Kräfte, constant, und bei sich gleichbleibendem Widerstände des secundären Kreises also auch (üe Stärke der secundär-elektromotorischen Wirkung im ersten Augenbhck. Denken wir uns nunmehr r veränderüch und untersuchen die Func- tion r = f [)•), so zeigt sich, dass diese für r = und r = oo ver- schwindet und dazwischen ein Maximum hat für 1 1/SM 32 III, Ueber den Einfluss, welchen die Dimensionen innerlich polarisirbarer weim also S = M und m = 1, für [721 Gr = ~ = S = M. oder für den Fall, dass der Widerstand des innerlich polarisirbaren Kör- pers gleich ist dem des Säulen- und dem des Multiphcatorkreises. Geben wir ;S' und M ihre allgemeine Bedeutung wieder, deuten uns q beständig, und nur L veränderlich, so findet ein Maximum statt für Umgekehrt bei beständigem L und veränderlichem q für ^ _ ^ . !SM m y SM (iii) Bemerkenswerth ist noch, was sich ereignet, Avenn man sich denkt, dass der Widerstand des Säulen- sowohl als des Multiphcatorki*eises ver- schwindet gegen den des innerhch polarisirbaren Leiters, und umgekehrt. In beiden Fällen hört die Function /' := / (r) auf, ein Maximum zu besitzen. Im ersten Fall nämhch wird sie im zweiten j, _ ntE , mntE.r ^ = -SM- ("^ Die Stärke der secundär-elektromotorischen Wirkung M'ird also im ersten FaUe dem Widerstand des polarisirbaren Leiters, insofern er von dessen Dimensionen abhängt, umgekehi't, im zweiten gerade proportional sein. Es wäre nun von hohem Interesse gewesen, die wichtigsten unter diesen Schlüssen durch den Versuch zu prüfen, theils um die Gestaltung des Phänomens unter den fraglichen Umständen wirküch zu erkennen, theils um sich von dem Maass von Wahrheit und Irrthum in den ge- machten Voraussetzungen zu überzeugen. Dies würde indessen für's Erste erfordert haben, dass diese Versuche in messende umgewandelt Avürden, wozu die Beseitigung der Polarisation der Platinenden des Multiphcator- [73]kreises und die Anwendung eines wrklichen galvanometrischen Mess- werkzeuges, statt des MiütipUcators für den Xervenstrom, oder Gradiünmg des letzteren, vor AUem nöthig geworden wären. Für's Zweite ist aber noch zu beachten, dass der Ausdruck (11) die Stärke der secundär-elektro- motorischen Wirkung unter den gemachten Voraussetzungen genau nur im ersten Augenblick nach der als gleichzeitig betrachteten Oeffnung des Säulen- und Schliessung des Multiphcatorkreises darstellt. Zur Bewährung dieser Formel und der daraus abseleiteten Sclüüssc könnte foldich nur Körper auf die Grösse der secundär-elektromotorisclieii Wirkung üben. 33 geschritten werden mit Hülfe der von Hrn. Poggendorff für das Stu- dium der secundär-elektromotürischen Erscheinungen empfohlenen und zwar äusserst schnell bewegten Wippe, etwa in der Gestalt, die Hr. Sie- mens derselben ertheilt hat.^ Obschon ich nun cües Alles für nicht unausführbar hielt, so würde es doch auf alle Fälle ein so weit aussehendes Unternehmen geworden sein, dass ich vor der Hand davon abstehen zu müssen glaubte. Ich habe mich damit begnügt, von jenen Schlüssen solche durch den Versuch zu bestätigen, welche dazu keine eigentlichen Maassbestimmungen erfordern, wobei ich also ausser Acht lassen durfte erstens, dass die bei Schliessung des Multiplicator- nach Üeffnung des Säulenkreises erfolgende Summe secundär-elektromotorischer Wirkungen auf die Nadel der Grösse der im ersten AugenbMck stattfindenden secundär-elektromotorischen Kraft mög- licherweise nicht einfach proportional ist; und zweitens, dass wenn auch diese Proportionalität stattfände, der Ausschlag der Nadel doch nicht ent- femterweise ein getreues Maass jener Summe üefert. Sogar von solchen Prüfungen habe ich übrigens nm' den allerkleinsten, wemi auch wichtigsten Theil bisher anzustellen vermocht. L = const. ? Ein Punkt, der zunächst zur experimentellen Bestätigung einlud, war das oben der Formel (II) entnonnnene Ergebniss, dass die Grösse der secun- där-elektromotorischen Wirkung von [74] der Länge und dem Querschnitt ganz unabhängig sei, wenn nur das Verhältniss beider beständig bleibe. Ich Uess von einem geschickten Tischler aus demselben Stück Weiss- buchenholz fünf Paar Stäbe von verschiedener Grösse schneiden, an denen diese Bedingung mögUchst genau erfüllt war. Sie besassen nämhch (in rheinischen ZoUen) folgende Maasse: Diese Stäbe wurden in destülii-tem Wasser gesotten, bis sie unter- sanken und anzunehmen war, dass sie alle auf allen Punkten gleichmässig damit durchtränkt seien. Die Stäbe woirden, bei den folgenden Versuchen, um ihnen den ursprünglichen Strom zuzuleiten, mit ihren beiden Enden zwischen die Zuleitungsbäusche der Säule eingeklemmt. Die Enden waren, 1 Vgl. Poggendorff's Aunalen der Physik und Chemie. 1844. Bd. LXI. S. 586; 1857. Bd. CIL S. 70. — Vergl. unten, S. 48. E. du Bois-Reyuioncl, Ces. Abh. I. 3 34 UI- Uebcr den Einfluss, welchen die Dimensionen innerlich polarisirbarer wie ich es häufig bei diesen Versuchen thue, um das Eindringen des Kupfersalzes zu verhindern, mit Schildern aus Modellirthun l)ekleidet. Der Modellirthon ist zwar selber innerlich polarisirbar,^ indessen ver- schwinden die secundär-elektromotorischen Wirkungen, deren er fliliig ist, gegen die des Holzes sogar bei gleichen Dimensionen; vollends musste dies hier der Fall sein, wo die Dicke der Thonschilder gegen die Länge der Stäbe, mit Ausnahme vielleicht des kürzesten, kaum in Betracht kam. Die grösstmögüche Dünne der Schilder war übrigens noch durch eine andere Betrachtung geboten. Durch ihre Einführung in den Säulenkreis geht der erste Factor des Xenners in (11) über in <1 1 wo T den eigenthümhchen Widerstand des Thons, 1 die Dicke des Thon- schildes bezeichnen. Da in dem hinzugetretenen Güede [75] der Quer- schnitt des innerhch polarisirbaren Körpers nicht mehr mit der Länge zusammen in der Art vorkommt, dass dadurch der Widerstand jenes Körpers ausgedrückt wird, insofern er von den Dimensionen abhängt, so Avürde, wenn dieses Griied einen grossen Einfluss ausübte, die Schlussfolge, auf deren Bestätigung im Versuch es hier abgesehen ist, in ihren Vorder- sätzen untergraben werden. Es muss also darauf geachtet werden, dass 2tX: q mögüchst klein sei, was, da x durch die Natur der Dinge und q durch den angewandten Stab gegeben sind, nui- dadurch geschehen kann, dass man A mögüchst klein, d. h. die Thonschilder möglichst dünn nimmt. Um die secundär-elektromotorische Wh-kung von den Stä])en abzu- leiten, wurden ihnen die mit doppelten Eiweisshäutchen bekleideten Schneiden der Keilbäusche angelegt; wenn die Stäbe nicht quadi-atisch waren, der einen breiten Seite, allen aber an zwei im Voraus bezeichneten, von ihren beiden Enden gleich weit entfernten und zwar so gewählten Stellen, das m = ^^12- Eimge Vorversuche lehrten, dass, um am Multipücator für den NeiTenstrom einen Ausschlag von passender Grösse dm'ch die secundär- elektromotorische Wirkung dieser Stäbe zu erhalten, der Durchgang des Stromes von zehn GEOVE'schen Elementen während eines gewissen durch das Uhrwerk^ abgemessenen Bruchtheils einer Secunde genügte, dessen absoluten Werth ich noch nicht kenne und daher vorläufig mit ^n" be- zeichne. Diese Anordnung wurde beibehalten, da anzunehmen war, dass der Widerstand der mit destilhrtem Wasser getränkten Stäbe noch immer 1 S. oben Abh. LI. S. 17. 2 S. oben Abh. I. S. 3. Körper auf die Grösse der secundär-elektromotorischen Wirkung üben. 35 gross genug war im Vergleich zu dem der zehngliederigen GEOVE'schen Säule, damit nicht eine Annäherung an den durch (IV) ausgedrückten Zustand stattfinde, während es aus Gründen, die ich lüer noch nicht ■erörtern mag, zweckmässig schien, die Schhessung des Säulenkreises möglichst kurz dauern zu lassen. Die Stärke des ursprünglichen Stromes, die begreiflich mit allen Stäben dieselbe sein musste, wurde durch den Ausschlag [76] bestimmt, den er an einer Tangentenbussole mit Spiegelablesung hervorbrachte. Der Spiegel schwang so viel schneller als das Nadelpaar des Multiplicators für den Nervenstrom, dass es keine Schwierigkeit hatte, zuerst den Aus- schlag durch den ursprünglichen Strom, dann den durch die secundär- «lektromotorische Wirkung zu beobachten. Es wurden nun nach einander, jedoch ohne in Bezug auf die absolute Grösse der Stäbe irgend eine Ordnung zu beobachten, mit jedem der beiden zu einem Paare gehöriger Stäbe vier Versuche angestellt. Bei zweien ging der Strom in der einen, bei den beiden anderen in der anderen Richtung durch die Stäbe. Die Zahlen in der folgenden Tabelle sind demnach Mittel aus acht Ablesungen. Die Zahlen in der mit U bezeichneten wagerechten Reihe sind die Ausschläge durch den ursprüng- lichen Strom, die in der mit S bezeichneten die durch die secundär- «lektromotorische Wii'kung. I I I n I in i IV I V U 38-2 49-9 34' 45-4 46-0 S I 55-8 j 59-5 I 45-7 | 53-6 | 50-6 Die Zahlen der zweiten Reihe stimmen zwar nicht besonders, indem die unter 11 und III eine etwas grosse Abweichung vom i\Iittel zeigen. Da aber die Zahlen der ersten Reihe in demselben Sinne abweichen, so ist klar, dass in diesen Fällen, aus irgend einem Grunde, das Product aus Stärke in Dauer des ursprünglichen Stromes beziehlich grösser oder kleiner war als sonst. Erwägt man, dass während die absoluten Dimensionen der Stäbe so ausserordentlich wachsen, die Zahlen, welche die ungefähre Grösse der secundären Wirkung bemessen, sich beinahe gleich bleiben, und höchstens spurweise eine Abnahme nach der Richtung der wachsen- den absoluten Dimensionen erkennen lassen; nimmt man hiezu die zahl- reichen Fehlerquellen, als da sind verschiedene Leitungsfähigkeit und Polarisirbarkeit des Holzes, rascheres Austroclaien der Stäbe von kleinerem Querschnitt, verschiedene Leitungsfähigkeit und Dicke der Thonschilder, ver- [77] schiedene Dauer der Schliessung des Säulenkreises (da das Uhr- werk bei so kurzen Zeiträumen etwas Aveniger verlässlich arbeitet), ver- schiedenes Anlegen der Keilbäusche, Austrocknen der Eiweisshäutchen 3* 36 in. Ueber den Eiufluss, welchen die ])imen.sionen innerlich pölarisirbarer lind Eiiiclrmgen des Salzes in die Häiitchen, u. d. m.: so gelaugt man zu dem Sclüusse, dass das theoretisch vorhergesehene Gesetz sich im Versuch hinreichend bewährt habe, um annehmen zu können, dass es nicht allzuweit von der Wahrheit abweiche. In diesem Schlüsse Avh'd man noch bestärkt durch die Wahrnehmung, zu der uns alsbald Gelegen- heit werden wird, wie rasch und gesetzmässig die secundär-elektromoto- rischen Wirkungen sich verändern, sobald nicht bloss die absoluten, sondern auch die relativen Dimensionen des innerhch polarisirbaren Körpers sich verändern. n. Maximum in Bezug auf L. Demnächst versuchte ich nämlich jetzt, das durch die Rechnung verkündigte Maximum der secundär-elektromotorischen Wirkimg in Bezug auf den Leitungswiderstand des innerlich polarisirbaren Körj^ers, sofern er durch die Dimensionen bestimmt wird, nachzuweisen, und zwar zuerst indem ich, bei beständigem Querschnitt, allein die Länge wachsen Hess. Zu diesem Zweck brachte ich auf der einen schmalen Seite der in der vorigen Versuchsreihe mit V bezeichneten, 6" = 156-9™™ langen, mit destillirtem Wasser getränkten weissbuchenen Stäbe, eine willkürüche Theilung an, deren Grade beiläufig sehr nahe = 2 ™™ waren. Der Stab Avurde mit dem einen Ende eingeklemmt, so dass er wagerecht frei schwebte. An die eine seiner dabei senkrecht gestellten breiten Seiten- flächen wurden die mit doppelten Eiweisshäutchen bekleideten Keilbäusche des Säulenkreises, an die andere, jenen genau gegenüber, die des Mul- tipMcatorkreises gelegt, so dass also m hier = 1 war. Der ursprünghche Strom wurde von nur fünf GEOVE'schen Elementen gehefert. Die Dauer der Durchströmung war auch hier nur ^w"- Ich gebe die Zahlen einer Versuchsreihe, in Mtteln aus zwei Beobachtungen mit verschiedener Richtung des ursprünghchen Stromes. [78] In folgender Tabelle zeigt die erste Columne (Z) die zwischen den beiden Paaren von Querbäuschen begriffenen Längen des feuchten Holz- stabes in Graden jener willkürlichen Theilung au; die zweite und fünfte (No.) enthalten die Nummern der Versuche; die mit S und U bezeich- neten haben dieselbe Bedeutung wie in der vorigen Tabelle. Beim Ver- folgen der Versuchsnummem bemerkt man, dass ich zuerst L von 5 bis auf 80'' wachsen und dann wieder bis auf 5" sinken üess. Dies hatte zimi Zweck die Veränderungen der verschiedenen Theile der Vorrichtung, die während der mehrere Stunden langen Dauer des Versuches nicht wohl zu vermeiden waren, unschädhch zu machen. Man sieht, dass unserer Vorhersicht gemäss, ein Maximum der secundär-elektromotorischen Wirkung Körper auf die Grösse der secundär-elektromotorisclien Wirkung üben. 37 in Bezug auf die Länge des innerlich polarisirbaren feuchten Leiters wirklich stattfindet. Dasselbe hegt zwischen den Längen 20*^ und 35*^. Die Ausschläge schwanken liier so wenig, dass ilire Unterschiede inner- halb der Grenzen bleiben, zwischen denen sie sich auch auch ohne Ver- änderung der Länge zeigen ^nirden, wenn die Keübäusche [79] mehrmals entfernt und wieder hinangeschoben Avorden wären. Jenseit des Maxi- mums nimmt die secundär-elektromotorische Wirkung weit langsamer ab, als sie diesseit desselben anstieg. Aehnliche Versuche mit gleichem Erfolg, wenn auch nicht so wohl ausgesprochener Gesetzmässigkeit der Zahlen, habe ich auch noch mit dem oben S. 35 mit IH bezeichneten Stäbepaar angestellt. in. Maximum in Bezug auf q. Nunmehr handelte es sich darum, das Dasein eines Maximums auch in Bezug auf §-, bei beständig gehaltenem //, nachzuweisen. Dies hatte sehr viel grössere Schwierigkeiten. Erstens giebt es keine Art den Quer- schnitt des innerhch polarisirbaren feuchten Leiters mit solcher Leichtig- keit zu verändern, ym seine beim Versuch in Betracht kommende Länge, und zweitens wird der Vergrössemng des Querschnittes durch die Maasse der Bäusche sehr bald eine nicht zu überschreitende Grenze gesetzt, wemi nicht ganz andere Einrichtungen nötliig werden sollen. 38 ni. Ueber den Eiiifluss, welchen die Dimensionen innerlich polarisirbarer Zuerst schnitt ich aus grossen Kartoffeln Prismen von ungefähr ^Qmm Läjigg ^^n(j moghchst grossem Querschnitt, klemmte sie, an ihren Grundflächen mit möglichst dünnen Thonschildern versehen, zwischen die Zuleitungshäusche der Säule ein, und legte ihnen die mit doppelten Ei- weisshäutchen bekleideten Keilbäusche des Multiphcatorkreises an. Es zeigte sich, dass bei 1" langer Dauer des ursprüngUchen Stromes dreissig GROVE'sche Glieder nothwendig waren, um am Multiplicator für den Nervenstrom eine secundär-elektromotorische Wirkung von passender Stärke zu erzeugen. Ich spaltete nun das Prisma der Länge nach, beobachtete abermals die secundär-elektromotorische Wirkung, und so fort-,, bis ich das Prisma auf einen ganz dünnen Streifen des Kartoffelgewebes zurückgeführt hatte. Allein nur in seltenen Fällen gab sich, und auch nicht ganz ü])erzeugend , anfangs eine Verstärkung, und erst später eine Schwächung der Wirkung in Folge der Verdünnung des Prisma's kund. Nur das zeigte sich allerdings, dass von einer gewissen Grenze an die Wirkungen mit weiter wachsender Dicke nicht mehr merklich zunehmen. Unter der Voraussetzung, dass ein Maximum wirklich vorhanden und die Formel (HI) richtig sei, war es deutlich, dass dies Maximum [80] in diesen Versuchen nicht erreicht werden konnte, weil die Bäusche sowohl, als die Kartoffeln, vermöge ihrer absoluten Dimensionen, nicht die Anwendung eines Prisma's von solchem Querschnitt erlaubten, dass die in (III) aus- gesprochene Bedingung erfüllt würde. Es konnte aber, von den im Zähler stehenden Factoren dieses Ausdrucks, a naturgemäss nicht ver- kleinert werden. L konnte es deshalb mcht, weil dann die Gesetze der linearen Stromvertheilung auch nicht mehr annähernd anwendbar gewesen wären, und weil dadui'ch die secundär-elektromotorische Wirkung selber zu sehr geschwächt worden wäre. Aus demselben Grunde kann die Ver- kleinerung von m nicht del helfen, die ich übrigens fruchtlos ])is zu m — Y2 trieb. Eben so unglücklich war ich mit aus Thon gekneteten Stäben von verscliiedenem Querschnitt, und mit 1)alkenförmigen Fliesspapierbäuschen, die mit destillirtem Wasser getränkt waren, und von denen ich Schicht um Schicht ablöste um ihren Querschnitt aUmälilich zu verkleinern. In- dessen führte mich dieser letztere Versuch auf den Gedanken der Methode, mit (leren Hülfe es nur zuletzt doch gelang, das Maximum der secundär- elektromotorischen Wirkung auch in Bezug auf den Querschnitt dai-zuthun. Es war nämlich klar, dass es sich darum handelte, einen innerlich polarisirbaren Körper von geringerem eigenthümlichen Widerstände zu haben, als Kartoffelgewebe, Thon, Fliesspapier mit Wasser getränkt. Ein solcher ist das mit einer Salzlösung getränkte Holz, welches sich damit noch immer, obschon bei weitem nicht so stark wie mit Wasser, kräftiger Körper auf die Grösse der secundär-elektromotorischen Wirkung üben. 39 secundär-elektromotorischer Wirkungen fähig zeigt. ^ Die Anwendung des Holzes bot aber eine doppelte Schwierigkeit. Erstens die, es vollkommen gleichmässig mit der so schwer darin eindringenden Salzlösung zu tränken, zweitens die, dass man nicht weiss, wie man den Querschnitt nach Be- lieben veränderlich machen könne. Denn daran, ehi feuchtes Holzprisma etwa zu spalten oder mit der Säge allmähhch zu verkleniern, war aus vielerlei Gründen nicht zu denken. [81] Ich half mir folgendermaassen. Aus Birkenfournier Hess ich eine hinlängüche Anzahl Streife von 6" Länge, ^2' Breite und ^le' Dicke schneiden. Einen Theil davon sott ich in gesättigter Kochsalzlösung, bis sie darin untersanken. Auf die in passenden Abstand gerückten Zu- leitungsbäusche der Säule legte ich nun zuerst einen Streif mit seinen beiden Enden flach auf, gegen Verunreinigung mit dem Kupfersalz durch ein Thonschild geschützt. An die eine Kante des Streifes schob ich, in geringer Entfernung von dessen Enden, die Keilbäusche des Multipücator- kreises, hier natiü'lich ohne Eiweisshäutchen , da ja der Streif gleichfalls mit Kochsalzlösung getränkt war. Nachdem die secundär-elektromotorische Wirkung unter diesen Umständen bestimmt war, legte ich auf den ersten Streif einen zweiten, auf diesen einen dritten, und so fort nach Bedürf- niss, indem ich Sorge trug, dass die Kante der Streife stets in genaue Berühi'ung mit den Schneiden der Keilbäusche kam. Die Säule musste, bei Vn" dauerndem Durchgang des Stromes, dreissigghederig genommen werden. Die secundäre Wirkung wurde wie bisher am Multiphcator für den Nervenstrom, die ursprünghche an der Spiegelbussole beobachtet. In der folgenden Tabelle, deren Zahlen das Mittel aus vier Ablesungen bei verschiedener Richtung des ursprünghchen Stromes, und bei wachsen- der und abnehmender Anzahl der Streife sind, bedeuten die obersten Zahlen die Anzahl der angewandten Eournierstreife. Bei 6, vollends bei 8 Streifen fand nur noch eine ungemsse Spur secundär- elektromotorischer Wh'kung statt. Da, bei verschwindendem Querschnitt des innerhch polarisirbaren Körpers, die secundär-elektromotorische Wirkung nothwendig gleichfalls verschwinden muss, so ist durch diese Versuchsreihe nunmehr ein Maxi- mum jener Wirkung auch in Bezug auf den Querschnitt erwiesen, wenn 1 S. oben Abb. IL S. IS. 40 III. Ueber den Einfluss, welchen die Dimensionen innerlich polarisirbarer gleich (lie ihr entsprechenden Zahlen von 1 bis 2 Streifen nur nnl)edeiitend wachsen. [82] Besser spricht sich das Gesetz in folgender Versuchsreihe aus, welche mit ähnlichen Streifen angestellt wurde, die ich aber, statt in Kochsalzlösung, in schwefelsaurer Kupferoxydlösung gesotten hatte. Hier fielen die Thonschilder zwischen den Streifen und den Säulenbäuschen fort, hingegen ward es uöthig, die Keilbäusche mit mehi'eren Lagen Fliess- papier zu bekleiden, von denen die innersten mit Kochsalzlösimg, die äussersten mit schwefelsaurer Kupferoxydlösung getränkt waren. Die secundär-elektromo torische "Wirkung war so sehr viel grösser,^ dass es genügte, fünf CxEOVE'sche Gheder V« " lang einwirken zu lassen, dass aber ausserdem die Empfindlichkeit des Multipücators für den NeiTenstrom noch bedeutend gemässigt werden musste. Die Zahlen in der mit ^2 bezeichneten senkrechten Spalte sind mit einem der Länge nach in zwei gleich breite Hälften zerschlitzten Fournierstreife gewonnen. V. 12|3r456810 U 13-2 19-6 47-3 60-6 67-2 65-7 ■2 67-0 56-3 S ] 10-7 I 19-6 I 22-6 | 19-0 | 11-7 | 11-0 | 7-7 | 5-5 | 3-0 Das Dasein eines Maximums in Bezug auf den Querschnitt ist liie- nach nicht zu bezweifeln. Befremdend ist jedoch, dass mit der Kupfer- lösung das Maximum wie mit der Salzlösung bereits bei zwei Dicken erreicht Anirde. Nach Formel (DI) hätte man envarten sollen, dass, wegen des grösseren ü und des kleineren SM, das dem Maximum entsprechende q mit der Kupferlösung grösser hätte sein müssen. Dagegen ist es aber doch eingetroffen, dass mit den mit Salzlösungen getränkten Holzstreifen das Maximum l)ei einem viel geringeren Querschnitt erreicht \nirde, als mit den mit destüfirtem \Yasser getränkten Ffiesspapierbäuschen , dem Thon und den aus Kartoffeln geschnittenen Prismen. Diese Versuche beweisen somit hinlänglich streng Folgendes: Die Stärke der secundär-elektromotorischen AVirkung innerlich polarisirbarer Körper ist eine Function des Widerstandes dieser Körper, in sofern er durch die Dimensionen bestimmt wird. Diese Function besitzt ein Maxi- mum, welches bei l^eständiger [83] Länge und wachsendem eigenthüm- lichen Widerstände der innerfich polarisirbaren Körper in Bezug auf q weiter hinausrückt. Bei weiter wachsendem Querschnitt versch\niidet die secundär-elektromotorische Wirkimg. Diese Ergebnisse stimmen mit obiger Theorie ül)erein, und sind 1 S. oben Abh. II. S. 22. 25. 26. Körper auf die Grösse der secuudär-elektroniotorischen Wirkung üben. 41 zum Theil eigenthüinlich genug, um es wahrscheinlich zu machen, dass diese Uebereinstimmung nicht auf einem blossen Zufall l^eruhe. Weiter bin ich in dieser Richtung nicht fortgeschritten. Das Bis- herige genügte für meine Zwecke, und diese Prüfungen stellten sich doch auch bei dieser lockeren Art der Behandlung als \iel zu schwierig heraus, als dass es sich für mich der Mühe verlohnt hätte, danüt weiter fort- zufahren. Es däucht mir aber hier ein schönes Feld für weitere Be- strebungen in scharf messendem Sinne offen zu stehen. IV. lieber gleichartige und nicht polarisirbare Elektroden. (Gelesen in der Gesammtsitzung der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 30. Juni 1859.) i Jedem, der der Entwickeluiig der Elektrophysiologie während der letzten Jalirzehende gefolgt ist, sind die Schwierigkeiten bekannt, welche die sogenannte Polarisation der Elektroden den elektrophysiologischen Untersuchungen in den Weg legt: sei's dass es sich dämm handele, elektrische Ströme von thierischen Theüen dergestalt in den Multiplicator- kreis abzuleiten, dass ihre Stärke bestimmt werden kann, sei's dass um- gekehrt Ströme von beständiger und gemessener Stärke tliierischen Theilen zugeführt werden sollen. Um so grösseres Interesse musste daher im Jahr 1854 Hrn. Jules Regnauld's Angabe erwecken, dass es ihm gelungen sei, unpolarish'bare Elektroden dadurch herzustellen, dass er Platten aus reinem, mehrmals destillirtem Zink in reine, neutrale schwefelsaure Zinkox^'dlösung von der Concentration tauchte, bei der sie das Maximum ihres Leitvermögens besitzt. 2 Die Unpolarisirbarkeit die- [444] ser Combination erklärte Hr. Regnaüld aus dem Umstände, „dass, da die elektrolytischen Wir- 1 Monatsberichte u. s. w. 1859. S. 443. — Auch abgedruckt in Moleschott's Untersuchungen u. s. w. 1860. Bd. VII. S. 119. 2 Nach Hrn. E. Becquerel theilen salpetersaures Kui:)fer und schwefelsam-es Zinkoxyd, und vermuthlich die sehr löslichen oder gar zei-fliesslichen Salze über- haupt, die Eigenschaft der Schwefelsäure und einiger anderen Säuren, dass das Leit- vermögen ihrer wässerigen Lösungen bezogen auf den Procentgehalt ein Maximum zeigt. Das Leitvermögen einer gesättigten schwefelsaui-en Zinklösung von 1*4410 Dichte bei 14-400 C. verhielt sich in Hrn. Becquerel's Versuchen zu dem derselben Lösung, wenn sie bis zum doppelten und vierfachen Volum verdünnt wurde : -. 5-77 : 7-13 : 5-43. (Für Silber = 100 000 000. S. Annales de Chimie et de Physique etc. 1846. 3me Ser. t. XVII. p. 280 et suiv.; — p. 289). Hr. Becquerel und Hr. Eegnauld sagen nicht, bei welchem Grade der Verdünnung das IMaximum stattfinde. Hr. de la Eive aber, indem er Hrn. Becquerel's Beobachtungen an- führt, giebt an, dass dies bei Verdoppelung des Volums der gesättigten Lösung der Fall sei (Traite d'Electricite etc. t. II. Paris 1856. p. 56). IV. Ueber gleichartige und nicht pohxrisirbare Elektroden. 43 „klingen darin die chemische Natur der Elektrodenplatten unverändert „lassen, die von fremdartigen Ablagerungen herrührenden entgegengesetzten „Spannungen sich nicht entwickeln können.'' Er fügte hinzu, dass die Zinkplatten, nachdem sie einige Zeit in der Lösung verweilt hatten, (ob zum Kreise geschlossen, oder nicht, wird nicht gesagt) im Allgemeinen gleichartig an seinem Multiplicator erschienen, der, wie man aus anderen Versuchen schliessen kann, eine hinreichende Empfindlichkeit für den Muskelstrom besass. Dennoch ward es, wie es scheint, manchmal nöthig, auf die Unschädlichmachung eines übrig bleibenden beständigen Unter- schiedes der beiden Platten bedacht zu sein. Dies gelang Hrn. Kegnattld, in seinen schätzbaren Versuchen über die absolute Stärke des Muskel- stromarmes im Multipücator unter verschiedenen Umständen, beiläufig den ersten messenden Versuchen in diesem Gebiete, mit Hülfe einer in entgegensetztem Sinne in den Kreis eingeführten thermoelektrischen Kupfer- Wismuth-Kette, deren eine Löthstelle auf 0", die andere auf der erforderüchen Temperatur erhalten wurde. ^ Zwei Jahre darauf machte Hr. Matteucci ähnhche Angaben. Er empfahl als ganz unpolarisirbare Combination Platten aus destillirtem Zink, oder auch aus verquicktem gewalzten Zink in neutraler gesättigter schwefelsaurer Zinkoxydlösung. Man bringe, sagt er, an dem einen Ende der MultipUcatornadel eine Hemmung an, welche die Nadel ver- hindert, nach der einen Seite auszuschlagen, und sende durch den Mul- tipücator den Strom mehrerer nach Art einer Säule angeordneter Waden- muskeln vom Frosch in der Kichtung in der die Nadel gehemmt ist. Nach wenigen Augenbücken entferne man die Säule und schüesse den Kreis zwischen den Bäuschen (die Hr. Matteucci nämlich jetzt nach meinem Vorgange anwendet). Dabei bleil)e die Nadel vöüig unbewegt, zum Zeichen, dass keine Ladung stattgefunden habe.^ [445] Das Jahr darauf kam Hr. Matteucci auf diesen Gregenstand zurück, indem er diesmal nur verquickte Zinkplatten in gesättigter schwefel- saurer Zinkoxydlösung oder Chlorcalciumlösung als unpolarisirbare Combination empfahl. Dabei rühmte er namentlich (üe grosse beständige Ablenkung, die der Muskelstrom bei Ableitung mittels solcher Elektroden erzeuge. Mit Platinplatten in Kochsalzlösung als Elektroden bringt ein Gastroknemius oder halber Oberschenkel vom Fro'sch an dem Multipü- cator von 24000 Windungen, den er sich nach dem Vorbilde des 1 Comptes rendus etc. 15 Mai 1854. t. XXXVIII. p. 891; — l'Institut. vol. XXU. Nr. 1067. p. 206; — Cosmos. Revue encj'clopedique etc. par M. l'Abbe MoiGNO. t. IV. p. 599. 2 Comptes rendus etc. 28 Juillet 1856. t. XXIII. p. 234; — Ibid. 1 Decembre. p. 1054; — l'Institut. 1856. t. XXIV. Nr. 1178. p. 267. 44 IV. Ueber gleichartige meiiiigen hat bauen lassen, einen Ausschlag von 30—40*^ hervor, der binnen wenigen Secunden nur 2 — 1° beständiger A1)lenkung hinterlässt. Mit verquicktem Zink in Zinklösung hingegen erhielt er, nachdem die Platten gleichartig geworden, einen Ausschlag von 90" und eine bestän- dige Ablenkung von 70 — 80°, welche sehr langsam abnahm. Entfernte er den Muskel und brachte er, sobald die Xadel sich beruhigt hatte (in Ermangelung eines Schliessungsbausches), die Zuleitungsbäusche zur Be- rührung, so gab sich keine Spur von Ladung kund. ^ jVlir mussten diese Angaben sehr bedenküch erscheinen. Zwar ist Ton vorn herein nicht so unwahrscheinlich, dass Zink in Zinklösung sehr geringe Ladungsfähigkeit besitze. Allerdings nicht aus dem Grunde, aus welchem Hr. Regnaijld die vollkommene Unpolarisirbarkeit dieser Combination ableiten zu können meint. Hrn. Regnaüld's Betrachtung passt ebensogut auf jedes andere Metall in einer Lösung eines Salzes desselben Metalls, woraus sich letzteres gut galvanoplastisch niederschlägt, oder, wie man der Kürze halber sagen kann, auf alle galvanoplastischen Combinationen. In der That pflegt man auch an die Unpolarisirl)arkeit solcher Combinationen ganz allgemein zu glauben, ^ und ich selber habe deshalb früher die Anwendung von Kupferelektroden in schwefelsam-er Kupferoxydlösung, von Silberelektroden in Cjansilberkaliumlösung zur Al)leitung der [446] thierisch-elektrischen Ströme vorgeschlagen.^ Allein Hr. Helmholtz fand, dass diese Combinationen noch immer ein Maass von Polarisation zulassen, welches keine sicheren Strombestimmungen er- laubt.* Möglicherweise könnte nun beim Zink dieser Rest von Polari- sation besonders klein ausfallen wegen der geringen Condensationsfähig- keit für Gase, welche die Oberfläche der positiven Metalle besitzt. Dem- gemäss hatte ich selber schon bei verschiedenen Gelegenheiten, wo mir die Polarisation besonders lästig war, die jetzt von Hrn. Regnatjld empfohlene Combination, Zink in schwefelsaurer Zinkoxydlösung, wirklich versucht, mit dem Unterschied allerdings, dass ich mich des im Handel vorkommenden Materials bediente. Ich verband die Zinkelektroden m Zinklösung erst mit einer GROvE'schen Kette, dann durch eine Wippe plötzhch mit dem sogenannten Museums-Multiphcator, dessen Nadel 12" schlug. Es geschah, im Sinne negativer Ladung, ein Ausschlag bis auf 20'^, während bei Anwendung von Platin in Kochsalzlösung die Nadel 1 Philosophical Transactions etc. For the Year 1857. P. I. p. ISl. 132. 2 Vergl. z. B. E. Becquerel, Annales de Chimie et de Physique. 3me Serie. 184G. t. XVII. p. 271; — 1847. t. XX p. 68. 3 Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 243. ■^ Untersuchungen u. s. w. Bd. II. Abth. I. S. 149. und uicht polarisirbare Elektroden. 45- an die Hemmung geworfen wurde. ^ Ich konnte mich demnach nicht bewogen finden, für gewöhnlich meine zwar höchst polarisirharen, aber auch höchster Gleichartigkeit fähigen Platinelektroden gegen weniger polarisirbare, aber in Bezug auf Gleichartigkeit durchaus unzuverlässige Zinkelektroden zu vertauschen. Hr. Regnauld hatte sich freihch chemisch reinen Materials becüent, zum Beweise der Unpolarisirbarkeit der von ihm empfohlenen Combination aber keinen Versuch mitgetheilt. Was Hrn. Matteucci's Angaben be- trifft, so war es einmal a priori wohl sehr wenig wahrscheinlich, dass verquicktes Zink in Zinklösung unpolarisirbar sei, da man nicht begreift, wie die an der Oberfläche hegenden Quecksilbertheilchen nicht mit dem daran ausgeschiedenen Wasserstoff elektromotorisch wirken sollten. Wie sodann Zink in Chlorcalciumlösung eine unpolarisirbare Combination ab- geben könne, ist gar nicht zu verstehen. [447] Hrn. ]Matteucci's Ver- suche endlich sind bei weitem nicht strenge genug, um darauf eine Be- hauptung von so grosser praktischer Wichtigkeit für den Fortschritt der Wissenschaft zu gründen, wie die des Daseins einer wirküch unpolarisii'- baren Combination. Erstens besass sein Multipücator, obschon von 24000 Windungen, nur sehr massige EmpfindUchkeit. Bei uns führt em mit Längs- und Querschnitt aufgelegter Ischiadnerv vom Erosch die Nadel eines solchen Multiphcators an die Hemmung, und hält sie beständig auf 40 — 50 ^. Einen Ausschlag, wie Hr. JNLiTTEUcci ihn an seinem Multipü- cator von 24000 Windungen bei Ableitung des Muskelstromes mit Znik- elektroden in Zinklösung erhält, bekomme ich an meinem alten Multipü- cator für den Muskelstrom von nur 4650 Windungen mit Platinelektrodeu in Kochsalzlösung. 2 Dann aber ist an seiner Versuchsweise auszusetzen, dass während der Zeit, die noth wendig ist, um die Nadel auf Null zu bringen und den thierischen EiTeger durch einen unmrksamen feuchten Leiter zu ersetzen, die während der Dauer des Stromes vorhandene Polarisation bereits unmerkUch geworden sein kann. Bei dem, übrig-ens von Hrn. Eaeaday herrührenden Kunstgriff,^ die Nadel einseitig zu hemmen, wird zwar dieser Zeitverlust vermieden. Dafür tritt jedoch der Verdacht ein, dass die Nadel an der Hemmung geklebt, oder dass sich, in Folge des Abhebens der Glocke beim Anbringen der Hemmung, die 1 Untersuchungen u. s. w. Bd. 11. Abth. I. S. 409. 2 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1843. Bd. LYIII. S. 2; — Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 464 ff.; — Bd. IL 1. Abth. S. 492. ^ Experimental Eesearches in Electricitj-. Reprinted froni the Philosophical Transactions. vol. I. Second Edition. London 1849. Series IX. Dec. 1834. p. 332. 333. No. 1087. p. 338. No. 1103. „Blocking the needle"; — Poggendorff's Annalen u. s. w. 1835. Bd. XXXV. S. 428. 436. 46 I"^"- Ueber gleichartige Oleichgewichtslage der Nadel während des Versuches im Sinne des ur- sprünglichen Stromes verrückt habe, oder endlich dass die Hemmung zu weit im Sinne der Ladung verschoben worden sei. Wie dem auch sei, ich durfte natürlich nicht anstehen, die Angaben der Hrn. Regnauld und Matteücci einer Präfung von solcher Schärfe zu unterwerfen, Avie die Bedeutung des Gegenstandes sie erheischt. Ich theile in dem Folgenden das, wie ich [448] glaube, nicht unwichtige, jedenfalls überraschende Ergebniss meiner Untersuchung mit. Ich be- merke übrigens hinsichtüch der Art, wie sie geführt ist, dass ich dabei weniger vom Standpunkt des Physikers ausging, der die Polarisation um ihrer selber willen erforscht, als von dem des Elektrophysiologen, dem es zunächst nur darauf ankommt, sich für seine besonderen Zwecke gewisse Kenntnisse und Hülfsmittel zu verschaffen. Daher man manche Frage, die sich hier darbot, unerledigt, ja unberülirt finden wird. Ich begann damit, einige Vorversuche mit käuflichem Zinkdraht in käuflicher Zinklösung ^ anzustellen. Die Drähte hatten 0-5""' Durch- messer, und wurden, damit sie ja gleichartig sein sollten, so geschnitten, dass die beiden zum Eintauchen bestimmten Enden im Draht aneinander- stiessen. Sie wurden geputzt, indem ich sie an dem zum Einklemmen bestimmten Ende mit einer Zange fasste, und sie durch feines Sandpapier hindurchzog, bis sie überall eine gleichmässig blanke Oberfläche zeigten. Dies Hess sich am leichtesten erkennen, indem ich das freie Ende in Schwingungen versetzte. Sodann zog ich die Drähte so oft durch die Falten eines reinen Leintuches, bis sie keinen schwarzen Strich mehr liinterüessen. In diesem Zustand eingetaucht, verhielten sie sich am Muskel-Multiphcator meist leidüch gleichartig. Am Nerven-Multipücator iiingegen war kaum etwas damit anzufangen. Es gehörte eine über- menschüche Geduld dazu, um abzuwarten, dass die hier noch stets be- trächtücher Wirkungen fähigen und dabei im höchsten Grade wandel- baren Ungleichartigkeiten der Drähte einmal in einer glücklichen Stunde •eine Beobachtung erlaubten. Die Nadel wurde dadurch bald auf dieser, bald auf jener Seite des Nullpunktes oft auf 20 — 25'' beständiger Ab- lenkung gehalten, oder sie wanderte langsamer oder schneller über den Nullpunkt fort zwischen diesen Grenzen liin und her, so dass an Com- pensireu dieser der Grösse und Eichtung nach völlig unbeständigen Wirkungen durch eine in den Kreis eingeführte elektromotorische Ivraft auch nicht füglich zu denken [449] war. Die geringste Erschütterung 1 Mit Zinklösimg ist vor der Hand stets gesättigte schwefelsaure Zinkoxyd- •lösurig gemeint. Die käufliche Lösung ist die des Zincuni sulphuricum Pharm. Bor. (nicht des venale). und nicht polar isirbare Elektroden. 47 eines der beiden Drähte, auch wenn dabei die Benetzung neuer Punkte der Oberfläche vermieden wurde, machte den erschütterten Draht negativ gegen den anderen, me mir schon von früherher bekannt war. ^ Ueber- haupt aber schien es, als ob hier das Geschlossenhalten der eingetauchten Drähte zum Kreise, wodurch urspränglich ungleichartige Platindrälite bald nahe oder ganz gleichartig werden, nicht nur wenig nutzte, was sich aus der vergleichsweise geringen Ladungsfähigkeit erklärt, sondern sogar schädhch wirkte. Streifen von Zinkblech statt der Drähte angewandt erwiesen sich vollends als unbrauchbar. Was die Ladungsfähigkeit anlangt, so gelangen mir mit diesen Elektroden zwar sehr leicht ähnüche Proben wie die, durch welche Hr. Matteucci die Unpolarisirbarkeit des destillirten oder verquickten Zi;iks in Zinklösung bewiesen zu haben glaubt. Liess ich z. B. den Muskel 5' lang die mit Zinklösung getränkten, mit Eiweisshäutchen bekleideten Bäusche mit Längs- und Querschnitt berühren, hob ihn dann ab, brachte die Nadel mittels des Beruliigungsstäbchens auf Null, was kaum länger dauert, als eine halbe Schwingung, und legte den Schliessuugsbausch auf, so gab sich keine Spur von Ladung zu erkennen. Man würde sich also für gewöhnlich, wenn es sich bloss darum handelte die Ladung nicht zu sehen, zu Versuchen am Muskel-Multiplicator der käuflichen Zinkdrähte in käuflicher Zinklösung bedienen können. Dass aber dennoch diese Combination nicht unpolarisirbar sei, zeigte sich sofort, als ich die Zink- drähte ein paar Secunden lang mit einer GROVE'schen Kette, dann durch Umlegen einer Wippe schnell mit dem Muskel-Multiplicator verband. Jetzt erfolgte, wie es nach jenen älteren, oben S. 44. 45 angeführten Ver- suchen nicht anders zu erwarten war, ein heftiger Ausschlag im Sinne negativer Ladung. Und es ward mir nicht schwer, denselben Erfolg auch mit Strömen von der Ordnung des Muskelstromes wahrnehmbar zu machen, indem ich der Wippe solche Einrichtung gab, dass Schliessung des Multiplicatorkreises möghchst rasch auf Oeffnung des Kettenkreises folgte. Die Ströme erzeugte ich theils [450] mit Hülfe einer Säure- Alkali-Kette, da ich damals noch nicht auf Anwendung der Neben- schhessung zur Erzeugung passend abgestufter Ströme bei thierisch- elektrischen Versuchen verfallen war; theils diente mir dazu der Muskel- strom selber. Ich brachte nämlich zwischen den Zinkdrähten, als Neben- schhessung zum Multipücator, noch eine metallische Leitung an, deren Widerstand gegen den des Multipücators verschwand, so dass die Nadel 1 Vergl. Monatsberichte u. s. w. 1854. S. 297; — Moleschott's Unter- suchungen u. s. w. 1858. Bd. IV. S. 11; — Untersuchungen u. s. w. Bd. II. Abth. II. S. 328. 48 IV. Ueber gleichartige auf Null blieb. Unmittelbar nachdem ich den Muskel entfernt hatte, öffnete eine eigenthümlich gebaute Wippe diese Nebenschliessung und drückte unmittelbar darauf den Schüessungsbausch auf die Zuleitungs- bäusche. Unter diesen Umständen erhielt ich am Nerven-Multiplicator eine zwar sehr kleine, aber deutliche Spur von Ladimg. Man bemerkt leicht, dass die zum Multiphcator angebrachte Nebenschüessung mir hier denselben Dienst leistete, wie Hrn. Matteucci die einseitige Hemmung der Multiplicatornadel, ohne zu denselben Bedenken Anlass zu geben. Wurden noch schwächere Ströme angewandt, so gelang es auch mit Hülfe dieser Vorkehrungen nicht, deuthche Spuren negativer Polarisation wahrzunehmen. Hingegen gab sich, bei lange dauernder Schliessung solcher Ströme, die sonderbare Erscheinung einer positiven Polarisation kund, welche schon früher von Hrn. Beetz und Hrn. Mahtens an Eisen in verdünnter Schwefelsäure und von mir selber an verquicktem Zink in Brunnenwasser beobachtet wurde. ^ So beständig war hier diese Er- scheinung, dass ich zur Vorstellung geführt wurde, die Polarisation des Zinks in Zinklösung sei l)ei schwachen Strömen positiv, über eine gewisse Stromstärke hinaus negativ. Die positive Polarisation bei schwachen Strömen würde erklären, warum bei dieser Combination das Geschlossen- halten der Elektroden zum Kreise, statt die Gleichartigkeit zu befördern, sie vielmehr gefährde. Der ursprüngüch vorhandene Strom würde sich selber allmählich durch positive Polarisation verstärken, statt sich durch negative Polarisation zu schwächen. Dadurch dass ich unter denselben Umständen, wo Hrn. jVL4.tteucci reines und verquicktes Zink in Zinklösung keine Ladung [451] gaben, auch mit unreinem keine erhielt, während ich unter besseren Be- dingungen mit diesem letzteren allerdings Ladung beobachtete, musste mir die angebhche Unpolarisirbarkeit des reinen und des verquickten Zinkes natürhch doppelt verdächtig werden. Ich beharrte indess, der Wichtigkeit der Sache halber, in meinem Entschluss, ihr auf den Grund zu gehen; und glücklicherweise bot sich mir die Gelegenheit, dies auf einem viel vollkommneren Wege, als dem bisher betretenen, zu versuchen. Durch die Güte meines Freundes Wekner Siemens stand mir näm- hch die von diesem in Poggendoefe's Annalen u. s. w. 1857. Bd. CIL S. 70 ff. beschriebene und Taf. I. Fig. 1 — 3 ebendaselbst abgebildete ^ 1 Untersuclmngen u. s. w. Bd. I. S. 236. 610. — Vergl. oben Abb. I. S. 6. 2 [Sie findet sich auch dargestellt in Wiedemann's Lehre vom Galvanismus und Elektromagnetismus. 2. Aufl. Braunsehweig 1872. Bd. I. S. 653. — Eine noch viel zweckmässigere selbstthätige Wippe, die von den Hrn. Siemens und Halske seitdem gebaut wurde, und von der ich ihrer Freundschaft ein Exemplar verdanke, ist meines Wissens noch unbeschrieben.] und nicht polarisirbare Elektroden. 49 automatische Wippe zu Gebot, welche für Erforschung solcher Ladungs- erscheinungen, die nach einer kurze Zeit dauernden Durchströniung hinter- hleiben, sehr geeignet ist, da sie Wirkungen wahrzunehmen gestattet, Avelche iln-er Kleinheit halber bei einmaliger Einwirkung auf die Nadel völUg spurlos vorübergehen. Ich muss diese Wippe hier als l)ekannt voraussetzen. Der Plan, nach dem ich verfuhr, war folgender. Der Schieber der Wippe sollte, indem er sich an die eine der Anschlag- schrauben m und n (s. die angeführte Figur) anlegte, den ursprüng- lichen Strom durch die auf ihre Ladungsfähigkeit zu prüfenden Elek- troden hindurchlassen. Indem er sich an die andere der beiden Schrauben anlegte, sollte er der Ladung Gelegenheit zur Al)gleichung im secundären Strome geben. Beide Kreise, der primäre und der secundäre, sollten gleichen Widerstand halben, und vergleichbare Bussolen enthalten. Es sollten die beständigen Al)lenkungen bestimmt werden, in denen die beiden Bussolnadeln gehalten würden durch die sich in gleichen, sehr kurzen Zwischenräumen wiederholenden gleichen, sehr kurzen Stösse be- ziehhch des secundären und des primären Stromes. Das Verhältniss beider (auf eine und dieselbe Einheit zurückgeführten) Ablenkungen S : P = a kann man als den Polarisationscoeflicienten der betreffenden Combination für die durch den Mechanismus der SmMENs'schen Wippe bedingten Zeitverhältnisse bezeichnen, und aus der Vergleichung der Polarisationscoefficienten [452] verschiedener Combinationen einen Schluss auf deren vergleichsweise Ladungsfähigkeit ziehen. Bei der Ausführung dieses Planes handelt es sich natürlich zunächst darum, die Anwendung der beiden vergleichbaren Bussolen zu umgehen. Das Mittel dazu bestand darin, nur eine Bussole zu beobachten, diese aber abwechselnd in den secundären und primären Kreis einzuschalten. Als Bussole wendete ich die von Hrn. Weedemann mit Hrn. W. Weber's Stahlspiegel und dämpfender Kupferhülse versehene LAMONT'sche Bussole^ mit verschiebbaren Gewinden an, wie sie Hr. Sauerwald hier- selbst in gewohnter Vollkommenheit anfertigt. Die Entfernung der Scale vom Spiegel betrug 2285 °'"\ Das ßollenpaar, dessen ich mich bediente, hat 12000 Windungen eines ganz feinen Kupferdrahtes, und die Bussole zeigt damit, wenn beide Rollen über der Kupferhülse zusammengeschoben sind, ohne dass dem Spiegel etwas von seiner Kichtkraft genommen wird, eine Empfindlichkeit, welche sich der des Nerven-Multipücators nähert, indem dieser, zwei seiner Grade auf einen Sealentheil gerechnet, innerhalb der ersten 55" allerdings die grössere relative, und innerhalb 1 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1853. Bd. LXXXVIII. S. 230 ; — Bd. LXXXIX. S. 504. Anmerk. K. duEois-Reymoud, Ges. Ab!i. I. 4 50 I^'- Ueber gleichartige der ersten 65*^ die gTÖssere absolute Empfindlichkeit besitzt, darüber hinaus jedoch der Bussole mehr und mehr nachsteht. Leider schwang der Spiegel etwas zu schnell, so dass er die Ideinen UnvoUkommenheiten im Gange der Wippe nicht hinlänglich durch seine Trägheit ausghch, sondern bei starken Strömen in furtwährenden kleinen Schwankungen büeb, aus deren Beobachtmig auf die wahrscheinhche Gleichgewichtslage des Spiegels geschlossen werden musste. Da die Bussole einen sehr bedeutenden Widerstand darbietet, so leuchtet ein, dass es nicht genügte, sie einfach abwechselnd in beide Kreise einzuschalten. In dem Fall, dass die Bussole sich im primären Kreise befand, wäre der primäre Strom geschwächt, hingegen die Ent- ladung der Elektroden begünstigt gewesen; im anderen Falle wäre der primäre Strom stärker gewesen, und der Polarisationsstrom hätte einen sehr [453] grossen Widerstand zu ül)erwinden gehabt. Um diesem Uebel- stande vorzubeugen, mass ich an einem SiEÄiENS-HALSKE'schen Kheostat, wie er sich in dem oben angeführten Aufsatz des Hrn. Siemens S. 75 beschrieben, Taf. I. Fig. 4. abgebildet findet, mittels des Wheatstone'- schen Stromnetzes einen Widerstand gleich dem der Bussole ab, und traf solche Anordnung, dass jedesmal, wenn sich die Bussole in dem einen Kreise befand, dieser Widerstand, nämüch 80 Meüen Telegraphendraht, in den anderen Kreis eingeschaltet war. [454] Fig. 2 ist bestimmt, eine Uebersicht der Einrichtung des Versuches zu geben. Um sich darin zurechtzufinden, sehe man zuerst von den punkthlen einfachen Linien ab. Dieselben kommen erst später in Betracht. E, E' sind die auf ihre Ladungsfälligkeit zu prüfenden Elektroden. ]i ist der Schieber der SiEMENs'schen Wippe, der während der Euhe der Wippe durch die Feder wider den leitenden Anschlag m gedrückt wird, während des Ganges, unter dem abwechselnden Einfluss der Feder und des Elektromagnetes , bald m\ bald den gegenüberhegenden, ebenfalls leitenden, Ansclilag n trifft,^ und beziehlich an jedem so lange hegen bleibt, bis der Hebel seinen Hub in der anderen Kichtung nahe voll- endet hat. B ist die Bussole, Rh der an Widerstand ihr gleiche Eheostat. D ist eme DANiELL'sche oder GRO^^:'sche Kette grösserer Art, für deren Beständigkeit stets die äusserste Sorgfalt getragen ^vurde. Von dieser Kette 'wurde durch Nebensclüiessung der ursprünghche Strom in folgender Art abgeleitet. NS ist ein gleich einer Ciaviersaite auf einem Brett 1 Die Bezeichnungeu k', m und n sind der leichteren Vergltichuug halber aus Hrn. Siemens' Beschreibung seiner Wippe beibehalten. S. a. a. O. und nicht polarisirbare Elektroden. 51 ausgespannter Messingdralit von 1 • 75 '^'" Durchmesser und beiläufig- 1 • 6 "^ Länge. Dieser Draht heisst der Nebenschliessdraht. Das Ende S des N"ebenschliessdrahtes steht durch einen Schlüssel S in Verbindung mit der Kette sowohl als mit den Elektroden. Hier also spaltet sich, bei geschlossenem Schlüssel S, wie man in der Figur sieht, der Strom, und geht zum Theil durch den Nebenschliessdraht, zum Theü durch die Elektroden weiter. Auf dem Wege zu den Elektroden trüft er auf einen PoHL'schen Stromwender Cj, der dem Stromzweig zwischen den Elektroden die passende Richtung in Bezug auf eine schon bestehende TJngleich- artigkeit giebt, also z. B., wenn negative Polarisation erwartet wird, die Eichtung jener Ungleichartigkeit. In der Figur ist solche Lage der 52 IV. Ueber g-leicharti^^e AV'ippe des StruiiiAveiidcrs angeiiommeii, dass der Stromzweig gerades- weges weiter zur Elektrode E' geht. Auch ist hier noch ein Schlüssel S^ eingeschaltet, der jenen Stronizweig nach Beheben herstellt oder unterbricht. [455] Aus den Elektroden kehrt der Stromzweig, nachdem er andere Theile der Vorrichtung durchlaufen hat, durch die Leitung ußyö zurück, um sich bei § wieder mit dem Hauptstrome zu vereinigen. Das Ende 8 des Drahtes C^ d ist beweglich am Nebenschhessdrahte, so dass man zAvischen S und ö ein belieliiges Stück des Nebenschhessdrahtes aufnehmen kann. Die Folge davon ist begreif hch, dass der Stronizweig zwischen den Elektroden verschiedene Stärke erlangt. Der Nebenschliess- draht ist so gewählt, dass man mittels der Verschiebung von 8 leicht Ströme von der Ordnung des Muskelstromes erzeugen kann. Beim Oeffiien des Schlüssels S aber fällt die Xebenschliessung ganz fort, und der Strom der Kette D gelangt ungeschwächt zum Elektrodenpaar. Selbst in diesem Fall aber, kann man annehmen, bleiben die Widerstände des primären und des secundären Kreises einander hinlängüch gleich, da der Widerstand der Kette D gegen den der Bussole oder des Eheostates, und der Ladungszelle, nicht in Betracht kommt. C^ und Cg sind zwei PoHL'sche Stromwender ohne Kreuz, und, wie die ihre Wippen verbindende punlvtirte Doppelhnie anzeigen soll, mit gekuppelten Wippen. Diese Anordnung ist derselben Dienste fähig, Avelche die neuüch von Hrn. Wild beschriebene Wippe leistet.^ Die Doppelwippe C^ C.^ Avar es, die, wie man leicht versteht, wenn sie nach unten in der Figur umgelegt war, den ursprünglichen Strom durch die Bussole und den secundären durch den liheostat liess, wenn nach oben, die umgekehrten Verbindungen herstellte. Der Stromwender mit Kreuz C^ bewirkt, dass man abwechselnd die ContactsteUe m in den Kreis des ursprünghchen, die n in den des secundären Stromes aufnehmen könne, und umgekehrt. S-i ist ein Schlüssel, welcher in den dem primären und dem secundären Kreise gemeinsamen Theil der Leitung eingeschaltet, in jedem Augenbhck die Xichtveränderung des Nullpunktes zu controliren erlaubt. Endlich MM' stellt den Elektromagnet der [456] SiEMENs'schen Wippe, G die zugehörige Gangkette, bestehend aus zwei GROVE'schen Elementen grösserer Art, ^3 den Schlüssel vor, der die Wippe in Gang und in Kühe setzt. Sendet man einen beständigen Strom durch die eine oder andere 1 Die Neumann'scIic Methode zur Bestiiiunung der Polarisation und des Uebergangswiderstandes, nebst einer Modifieatiou derselben. Vierteljahrsschrift der naturforschenden Gesellschaft in Zürich. 2. Jahrgang. 1857. S, 213. — Vergl. unten Abh. X. §. II. Die Doppelwippe. und nicht polai'isirbare Elektroden. -53 der beiden Cuntactstelleu vi und n der im Gange begriffenen SrEMENs'- sclien Wippe, so l)leibt ein gewisser Bruchtlieil der »Stromstärke übrig, den man als Coefficienten der bezüglichen Contactstelle Ijezeichnen kann. Die "Wippe arbeitet um so vollkommener, je gleicher und je grösser zu- gleich die beiden Coefficienten sind. Im besten Zustande der Wippe unterscheiden sich beide Coefficienten um keinen in Betracht kommenden Bruchtheil ihrer Grösse von einander, und zwar erreichen sie dabei den Werth von -^. Es stellt sich aber die Xothwendigkeit heraus, die Coefficienten mit Leichtigkeit öfter revidiren zu können, und kleine Ver- änderungen ihres Werthes, die sich aus unbekannten Gründen dann und wann einfinden, durch etwas veränderte Spannung der Federn (vergl. die Beschreibung der Wippe a. a. 0.) zu berichtigen. Zu dieser Kevision diente die in der Figur durch die punktirten einfachen Linien ange- deutete Anordnung. Cg, Cg, C- sind Stromwender ohne Kreuz. Die Wippen von Q und Q sind gekuppelt. Wird che Doppelwippe Cg Cg von E\ E, ß nach b\ b, s umgelegt, und die AVippe des Stromwenders C^ ausgehol)en, so geht der von dem Xebenschüessdraht abgeleitete Strom- zweig statt durch die Elektroden E, E' durch die Bussole, und, je nach der Lage der Wippe Q, durch die eine oder die andere Contactstelle. War die SiEMENs'sche Wippe gut im Stande, so durfte der Spiegel das schnelle Umlegen der Wippe C^ nur durch ein Zucken nach der Euhelage hin beantworten. Ausserdem wurden, zu grösserer Sicherheit, die Versuche stets so angestellt, dass jede Contactstelle einmal in den primären und einmal in den secundären Kreis ehigeschaltet wurde. Dies gab zwei Paar Ab- lesungen, Pm'j Sn' und Pn', Sm' . Da aber auch noch die Richtung des primären Stromes durch das Elektrodenpaar umgekehrt wurde, so setzte sich schliessüch jede Bestimmung des Polarisationscoefticienten in dem oben S. 49 gegebenen Sinne aus acht Ablesungen zusammen, welche den [457] acht möglichen Combinationen der beiden Lagen der Doppel- wippe C, Cg, der Wippe C^, und der C^ entsprachen. Sollte (he Polarisation nach längerer Dauer des ursprünglichen Stromes beobachtet werden, so brachte ich mittels des Schlüssels S.^ die SiEMENs'sche Wippe in Ruhe, und legte die Doppelwippe C^ Cg nach oben, die Wippe C^ aber nach unten hi der Figur um, wodurch die Bussole und die Contactstelle m', gegen welche die Feder den Scliiel)er drückt, in den secundären Kreis geriethen. Dann fixirte ich durch einen Keil den Hebel der SiEaiENs'schen Wippe in der Lage, die ihm der Elektromagnet zu ertheilen strebt, und hielt so, bei geöffnetem secundären Kreise, den primären Kreis dauernd geschlossen. AVurde im gegebenen ■ 54 IV. Ueber gleichartige Augenblick der Keil fortgezogeu, so fiel der Hebel, der Feder gehorchend,, vom Magnet ab, gleich als wäre dieser durch Oeffnen seiner Gangkette entmagnetet worden, nur, da kein magnetischer Rückstand den Fall ver- zögerte, noch geschwinder, und führte zuletzt mit grosser und stets gleicher Geschwindigkeit den Schieber in die Lage über, wo er den secundären Kreis schloss. Diese Beobachtungsweise der Ladung soll zum Unterschiede von der erstbeschriebenen, zu der die SiEMENs'sche Wippe eigenthch allein bestimmt ist, die zweite heissen. Als dritte endüch gelte die selten angewandte Versuchsweise, wobei die Ladung im primären Kreise selber nach Aufhören des ursprünglichen Stromes beobachtet wurde. Hiezu genügte es, bei nüiender Wippe und bei Gegenwart der Bussole im primären Kreise, im gegebenen Augenblick einen in dem Hauptkreis DNS der Kette selber angelirachten Schlüssel zu öffnen. Bemerkt zu werden verdient noch, dass ich es zur Erleichterung des Yergleiches der primären und secundären Wirkung bequem gefunden, hatte, die Leitungen, wie es sich aus der Figur ergiebt, so anzuordnen,, dass negative Ladung im secundären Kreise den Spiegel in derselben Richtung ablenkte, wie der ursprüngliche Strom. Ich begann damit zuzusehen, wie sich die Ladung einiger in An- sehung ihrer Polarisirbarkeit bereits besser gekannten Combinationen an meiner Vorrichtung gestalten wlirde. Wo es nicht ausdrücküch anders bemerkt ist, hatten die auf ihre [458] Ladungsfähigkeit zu prüfenden Elektroden die Form von Drähten von • 5 ™™ Durchmesser und tauchten bei 1 ^"' Abstand von einander 2 ''°' tief in die Flüssigkeit. 1) Platin in verdünnter Schwefelsäure (SO^ H : HO : : 1 : 5 dem Volum nach). Die elektromagnetischen Wirkimgen des primären und des secundären Stromes ergaben sich als völlig gleich, so dass rasches: Umlegen der Doppelwippe C^ C^, oder Vertauschen beider Wirkungen mit einander an der Bussole, sich im Fernrohr nur durch ehi Zucken des Spiegels nach der Ruhelage hin bemerküch machte, cc (s. oben S. 49) Avar also hier = 1. In Uebereinstimmung damit sah man, bei der dritten Beobachtungsweise, den primären Strom l^eim Schüessen des »Schlüssels *S'^ augenblicklich l)is auf einen sehr kleinen Bruchtheil ver- schwinden, und beim Oeffnen des im HauptkTeise befindlichen Schlüssels,. auch nach kürzester Frist, einen negativen Ausschlag von sehr nahe gleicher Grösse mit dem primären erfolgen. Die Gleichheit der primären und secundären Wirkung hörte übrigens, wie sich nach den bekannten Gesetzen der Polarisation erwarten liess, auf, wenn die Stärke des primären Stromes eine gewisse Grenze überschritt. Schon bei Anwendung eines einzigen, nicht durch Nebenschhessung geschwächten Daniells fing die primäre Wirkung zu überwiegen an; bei fünf DANiELL'sehen Gliedem und nicht polarisirbare Elektroden. 55 war a nur noch etwa = Va» ^^'*^2^^ ^^'^^ kommt, dass jetzt der secimdäre Kreis dem primären an Widerstand bedeutend nachstehen musste. Platinplatten, die sich in 1 ''"' Abstand 2 Quadratceutimeter benetzter Oberfläche zukehrten, zeigten ganz dieselben Erscheinungen. 2) Platin in gesättigter Kochsalzlösung. Drähte und Platten. Ganz dieselben Erscheinungen. 3) Platin in rauchender Salpetersäure. Diese Combination gilt allgemein für unpolarisirbar , und ich selber habe früher einen Ver- such beschrieben, der dies zu beweisen scheint. Die durch den Strom einer GEOYE'schen Kette, in deren Kreis Platinelektroden in rauchender Salpetersäure eingeschaltet waren, in beständiger Ablenkimg gehaltene Xadel zeigte keinen merklichen positiven Ausschlag, als der Strom im ElektTodenpaare mittels einer Wippe so rasch wie möghch um- [459] gekehrt wurde ;^ eine Beobachtungsweise der Ladungen, die wir im Ge- folge der bereits früher aufgezählten hier beiläufig noch als die vierte bezeichnen können. Hr. Pflüger hat neuerlich, bei Wiederholung dieses Versuches, unter denselben Umständen nur 1 ^ Ausschlag beobachtet, wo Kupferelektroden in schwefelsaurer Kupferoxydlösung 20° Ausschlag gaben. 2 Indessen [ist nicht zu übersehen erstens, dass bei dieser Ver- suchsweise die EmpfindMchkeit der Xadel nothwendig vermindert ist, selbst wenn man sich, wie Hr. Pplügee that, in den empfindüchen Breiten der Theilung hält; zweitens, dass, in meinem Falle bestimmt, in Hrn. Pflüger's Falle höchst wahrscheinhch , EleWroden von gTösserer Oberfläche angewendet wmden. Mit Drähten als Elektroden zeigt die SiEjViENs'sche Wippe, dass diese Comlnnation noch einen gewissen und zwar gar nicht so geringen Grad von Laduugsfähigkeit besitzt. Ich be- merke, dass die Säure tief braunroth geförbt war, stark rauchte, und hei 26 • 9 '^ C. 1 • 49 Dichte besass. Dennoch war mit Strömen von der Stärke des Muskelstromes « = — , mit ungeschwächtem DanieU = g^. Auch als ganz einfach die oben S. 54 als zweite bezeichnete Versuchsweise mit einem solchen Daniell und 2' Durchströmung in's Werk gesetzt wurde, erfolgte ein Ausschlag von 40 Scalentheilen. Da in dieser Com- l)ination der Wasserstoff an der negativen Elektrode auf Kosten der Salpetersäure oxydirt wird, so hat man sich vermuthhch zu denken, dass diese Polarisation von der elektromotorischen Wechselwirkung des Platins und des Sauerstoffs an der positiven Elektrode herrührt, welche das 1 Untersuchungen u. s. w. Bd. IL Abth. I. S. 379. 2 Untersuchungen über die Physiologie des Electrotomis. Berlin 1859. S. 449. 450. 56 IV- lieber gleichartige Platin noch negativer mache, als es schon durch Berührung mit den hohen Oxydationsstufen des Stickstoffs wird. 4) Silber in gesättigter salpetersaurer Silberoxjdlösung. Auch diese für unpolarisirbar geltende Combination üess an der Siemens'- schen Wippe unter Umständen bedeutende Ladungen hervortreten, bot aber noch ausserdem eine sehr merkwürdige Erscheinung dar. Ich fand nämlich mit [460] Strömen von der Ordnung des Muskelstromes a — — ; — ;: ein Maass der Ladungsfähigkeit etwa so als ob gar keine Vor- kehrung zur Beseitigung der Ladung wäre getroffen worden. Hingegen mit ungeschwächtem Daniell ward a nur = t^\ ~~ gefunden. Dies * 12o' 138 - rührte nicht allein davon her, dass die Stärke des Polarisationsstromes überhaupt langsamer wächst als die ursprüngüche Stromstärke. Sondern indem ich l)ei arbeitender Wippe die secundäre "Wirkung dauernd l)eob- achtete, während ich die Länge der Nebenschüessung zwischen S und ä stetig wachsen hess, zeigte sich's, dass die absolute Grösse der secun- dären Wirkung in Bezug auf die primäre Stromstärke ein Maximum habe. Ich ziehe vor, mich jeder Aeusserung über die muthmaasshche Ursache dieser Erscheinung zu enthalten, erlaube mir aber, sie der Auf- merksamkeit derjenigen zu empfelüen, welche die Elektrohse zum Gegen- stand ihrer Untersuchungen machen. 5) Kupfer drahte in verdünnter Schwefelsäure von der unter (1) angegel)enen Concentration waren zu ungleichartig, um einigermaassen genauere Beobachtungen zu gestatten. Als sie nur mit den Spitzen ein- tauchten, gelangen einige Al)lesungen, wonach h^i Strömen von der Ord- nung des Muskelstromes u hier etwa = ^^ sein würde. 6) Kupferelektroden in schwefelsaurer Kupferoxydlösung verhielten sich auch nur selten gleichartig genug für meinen Zweck. Es zeigte sich, dass mit dieser Combination die Polarisation für Ströme von der angegebenen Ordnung an der SiEMENs'schen Wippe fast unmerklich Avar. Sie ward erst messl)ar, als die ganze Länge des Xebenschhess- drahtes in den primären Kreis aufgenommen worden Avar. Unter diesen Umständen l)estimmte ich u zu höchstens — -. Nicht erhebhch kleiner loo fiel u bei Anwendung eines ungeschwächten Daniells aus. Während demnach bei der oben S. 55 als vierten bezeichneten Beobachtungsweise Kupfer in Kupferlösung viel stärkere Ladung giebt, als Platin in Salpeter- säure, übertrifft an der SrEMENs'schen Wippe die secundäre Wirkung der letzteren Combination die der ersteren um etwa das Eünffache; ein Widerspruch zwi- [461] sehen den Ergebnissen beider Methoden, auf den und nicht polarisirbare Elektroden. 57 ■svir unten werden zurückzulvijmmen haben. 8cliun hier können wir ihm entnehmen, dass die gewöhnlichen Beol)achtungsweisen nicht ausreichen, wenn es sich darum handelt, einer Combination die Ladungsfähigkeit abzusprechen, sondern dass man in dieser Beziehung mindestens noch eine Vorrichtung nach Art der SiEMENs'schen Wippe zu befragen habe. 7) Käufliches Zink in käuflicher Zinklösung. In der That lehii denn auch die SiEMENs'sche Wippe sofort., dass diese Comliination nicht allein, den oben S. 47 berichteten Erfahrungen entgegen, durch Ströme von der Ordnung des Muskelstromes Ladung im gewöhnlichen, negativen Sinn annimmt, sondern dass diese Ladung sogar, unter übrigens gleichen Umständen, die des Kupfers in Kupferlösung ganz ungeheuer übertriflft. u nämlich ward hier, so genau als die Ungleichartigkeiten es gestatteten, zu ^^r, ^, ja einmal zu 7^-_„ bestimmt. Mit dem Strome des ungeschwächten Daniells war a nur = ^r^^, also relativ sehr viel kleiner, jedoch nicht, -vne beim Silber in Silberlösung, auch absolut kleiner als mit den schwachen Strömen. Es fragte sich nun natürlicherweise vor Allem, wie es komme, dass ich früher Ix'i langer Schliessung schwacher Ströme durch die Zhik- elektroden positive, mit starken Strömen aber negative Polarisation beobachtet habe. Die Wiederholung des Versuches an der Bussole, statt am Multiphcator, liess vermöge der geringen Schwingungsdauer des Spiegels einen Umstand hervortreten, welcher den Schlüssel hierzu gab. Es zeigte sich nämlich, bei der zweiten Beobachtungsweise, zuerst stets ein kleiner negativer Ausschlag, von etwa einem Sealentheil, und dann erst -wurde der Spiegel im Sinn der positiven Polarisation abgelenkt. Das unreine Zink in Zinklösung besitzt also wolil beide Arten von Polari- sation zu gleicher Zeit, die gewöhnüche negative, und die unregelmässige positive, so dass man in Wahrheit stets nur den Unterschied beider zu sehen bekommt. Die beiden Polarisationen befolgen aber in Bezug auf ihr Wachsthum mit der Dauer des ursprüngüchen, Stromes und auf ihre [462] Abnahme nach dessen Aufhören ein verschiedenes Gesetz, wie dies in Fig. 3 vorgestellt ist. Die Aijscissen 0^ bedeuten die Zeiten, die aus- Fig. 3. * . ' c/ \ _Ljife 58 IV. Ueber gleichartige j^ezogenen Cun-en gehören der negativen, die punktirten Curven der positiven Polarisation an. Die negative Polarisation wächst mit der Dauer der Schliessung his zu einer gewissen Grenze rascher als die positive, nimmt aber auch nach Unterbrechung des primären Stromes schneller ab. Wird dieser daher, wie es in der SiEMExs'schen Wippe der Fall ist, bereits nach sehr kurzer Zeit, z. B. bei t\ unterbrochen, so erhält man eine durch den schraffirten Plächenraum aht" gemessene, rein negative, secundäre Wirkung. Wird dagegen die Kette erst bei f" ge- öffnet, so fällt die secundäre Wirkung doppelsinnig aus, indem ein kleiner negativer Vorschlag, gemessen durch cf/e, der grösseren positiven Haupt- Anrkung vorangeht, die durch et^^t vorgestellt wird. Ja es scheint, ob- wohl es mir nicht gelang diesen Zustand künsthch herbeizuführen, dass bei fortgesetzter Schliessung eines Stromes von ge\nsser Schwäche die positive Polarisation die negative sogar an Grösse übertreffen kann, so dass die beiden Cunen zuletzt einander schneiden. Man würde sonst nicht verstehen, wie Zinkelektroden in Zinklösung durch Geschlossenstehen zur Kette ungleichartiger statt gleichartiger werden können. Ausserdem findet allem Anschein nach auch noch eine verschiedene Abhängigkeit der beiden Arten von Polarisation von der Stärke des ursprüngüchen Stromes statt, der Art, dass die positive Polarisation viel langsamer mit der Stromstärke wächst. So wird es erklärlich, dass bei grösserer Stärke des ursprünghchen Stromes, bei Anwendung z. B. eines ungeschwächten Daniells, die positive Polarisation nicht lieobachtet wird. Die unregel- mässigen Wirkungen, welche nach Abgleichung der starken negativen Polarisation in diesem Falle meist hiuterbleiben , gestatten keine sichere Aussage daniber, ob [463] die positive Polarisation dabei noch spurweise wahrnehmbar sei oder nicht. Wie dem auch sei, hält man zunächst nur die Empfanghchkeit des unreinen Zinks in Zinklösung für die gewöhnliche, bei weitem ^^chtigere negative Ladung im Auge, so haben Avir also gefunden, dass diese Com- bination kaum Aveniger polarisirbar ist als Kupfer in verdünnter Schwefel- säure. Es ist danach wohl liinlänghch klar, dass Elektroden, welche, bei der gewöhnhchen Art der Untersuchung, wie sie von Hrn. jMatteucci in's Werk gesetzt wurde, gar keine, und bei den oben von uns ange- wandten, schon etwas schärferen Prüflingen nur eine äusserst schwache Spur von Ladung wahrnehmen lassen, dennoch in sehr hohem Grade ladungsfähig sein können; und nicht minder klar, nach diesen Vor- gängen, dass die Untersuchung über das dem reinen oder verquickten Zink in Zinklösung zukommende Maass von Polarisation vöUig von vorn anzufangen habe. 8) Reines Zink in reiner Zinklösung. Das reine Zink, dessen und nicht polarisirbare Elektroden. 59 ich mich bediente, hatte Hr. Apotheker Voigt die Güte gehabt, durch wiederholte Destillation darzustellen. Zuletzt war es, was besser wäre vermieden worden, in einer eisernen Höllensteinforai , obschon allerdings bei möghchst niedriger Temperatur, in Staugen gegossen worden. Aus einem Theile dieser Stangen wurden in einer Fonn aus sogenanntem Blaustein (worin zinnerne Soldaten gegossen werden), später, da der Blau- stem, obschon vorgewännt, absphtterte, in einer Gj^psform, Platten von 25 mm ßj.gi^g ^^jj(j 60""^ Länge gegossen. Allein ich musste auf den Gebrauch so grosser Platten verzichten, weil es schlechterdings unmöglich war, mit den L'ngleichartigkeiten fertig zu werden. Ich brach daher die an den Stangen haftenden flügeiförmigen Lappen, welche sich durch das Eindringen des geschmolzenen Metalls zwischen beide Hälften der Form gebildet hatten, in schmale Leistchen, und schabte deren Oberfläche mit der scharfen Kante einer gesprungenen Glasscheibe rein. Diese möglichst reinen Zinkoberflächen tauchte ich in gesättigte reine schwefelsaure Zink- oxydlösung, die ich Hm. Heestrich Rose verdankte. Auch so liess die Gleichartigkeit viel zu wünschen übrig, jedoch war sie genügend, um gute Beobachtungen an der SiEaiENs'schen Wippe zu gestatten. Es zeigte sich aber, [464] mit Strömen von der Ordnung des Muskelstromes, negative Polarisation eben so stark, wie beim käuflichen Zinkdraht, welche eben so schnell wie dort mit wachsender Stärke der Ströme abnahm. Mit den schwächsten Strömen nämhch fand ich cc = ., -, mit den stärksten, .die der Nebenschliessdraht bei Anwendung eines Daniells zu- liess, = — , mit dem ungeschwächten Strom des Daniells aber nur noch = ^-yv^. Auch liier überzeugte ich mich davon, dass die absolute Grösse der secundären Wirkung nicht, me beim Silber, ein Maximum in Bezug auf die Stromstärke l)esitzt. Dagegen war bei dem reinen Zink im Gegensatz zum käufhchen keine deuthche Spur von positiver Polarisation zu bemerken. Bei der zweiten Beobachtungsweise gab sich nach langem Schlüsse der primären Kette unter denselben Umständen, wo das unreine Zink die doppel- sinnige Polarisation zeigt, nur eine lebhafte und nachhaltige negative Wirkung kund. Es war danach klar, dass die positive Polarisation nicht dem Zink selber, sondern einer Verunreinigung des Zinks angehöre, und zwar wahr- scheinhch dem Eisen, da nämhch Eisen bisher das einzige bekannte Metall ist, welches positiAC Polarisation besitzt. Doch ist unter den Flüssigkeiten, in denen Hr. Beetz diese Erscheinung beobachtete, schwefel- saure Zinkoxydlösung nicht genannt, die zu prüfen er keinen Grund CO IV. Ueber gleichartige hatte. Ich versuchte deshalh, wie sich Eisenelektroden in dieser Flüssig- keit verhalten. 9) Eisen in Zinklüsung. Ich fand, dass zwei Stücke Usenburger Eisendraht darin sehr gut gleichartig wurden; dass sie an der Siemens'- schen Wippe, niit Strömen von der Ordnung des Muskelstromes, starke negative Polarisation zeigten (« = ---; — -) ; dass sie aber bei der zweiten Beobachtungsweise nach langer Durchströmung genau wie das unreine Zink einen doppelsinnigen Ausschlag gaben, zuerst einen deuthchen negativen Vorschlag, dann eine lang anhaltende positive Wirkung. Die chemische Anal3'se des unreinen Zinkdrahtes, die Hr. Heixeich Rose die Güte hatte, in seinem Laboratorium aus- [465] führen zu lassen, wies denn auch darin eine gewisse Menge Eisen nach. Auch das destiUirte Zink ward bei derselben Gelegenheit iiicht ganz frei von dieser Verunreinigung gefunden. Möghch, dass diese Verunreinigungen es waren, von welchen auch die negative Polarisation meines destilhrten Zinks herrührte. Möglich, dass Hrn. IMatteucci's Zink einen Grad der Rein- heit besass, bei dem es auch an meinen Vorrichtungen keine negative Polarisation gezeigt haben Avürde. Indessen fehlt der chemische Beweis für jene Reinheit, so gut wie der physikalische für diese Xichtladungs- fäliigkeit, und was jene Möghchkeiten in hohem Grade unwahrscheinlich macht, ist der umstand, dass sich in meinen Versuchen zwischen der Empfänglichkeit des käuflichen und der des gereinigten Zinks in Zink- lösung für die negative Ladung gar kein I^nterschied ergeben hat. Wie dem auch sei, bei der ungemeinen Schwierigkeit, sich Zink in diesem Zustande vollkommener Reinheit zu verschaffen, würde den Elektro- physiologen mit dem Vorschlage des Hrn. Jules Regnauld nicht ge- holfen sein, da sie immer erst der SiEiviENs'schen Wippe l)edürfen würden, um sich zu überzeugen, dass ihre Zinkelektroden nicht ladungsfähig seien, und es in dieser üngewissheit viel bequemer für sie sein würde, sich des kauf hohen Kupfers in kauf hoher Kupferlösung zu bedienen, welche Coml)ination, nach meinen Versuchen, eme ohne Vergleich kleinere Ladungs- fähigkeit besitzt, als jedenfalls schon sehr sorgfältig gereinigtes Zink. Vielleicht würde tlie galvanoplastische Darstellung des Zinks ein Mittel abgelten, sich ein minder ladungsfälliges MetaU zu verschaffen, als das meinige war. Ich habe keine Veranlassung mehr gehabt, diesen Versuch anzustellen, auch nicht mich um chemisch noch besser gereinigtes Zink zu l)emühen, da (he folgenden Ergebnisse diese Bemühungen von dem praktischen Standpunkte aus, den ich erwähntermaassen liier ein- nahm, als überflüssig erscheinen hessen. 10) Verquicktes Zink in Zinklösung. Ich ging nun nämlich und nicht polarisirbarc Elektrixkn. 61 auch noch,' und ZAvar, wie ich schon ol)en S. 44. 45 andeutete, mit sehr geringen Erwartungen, an die Untersuchung der Ladungsfähigkeit des verquickten Zinks in Zinklösung. Wie gross war mein Erstaunen, als ich zunächst fand, dass zwei beliebige Stücke Zink auf behebige Art reichhch [466] verquickt, sich in Zinklösung nicht allein an der Bussole, sondern sogar am Nerven -Multiplicator al)solut gleichartig verhielten. Zuerst reinigte ich die Zinkdrähte oder -Bleche sorgfältig mit Sandpapier, verquickte sie mit reinem Quecksilber mittels chemisch reiner Schwefel- säure, und tauchte sie in die chemisch reine Zinklösung. Dann dreister werdend erkannte ich Schritt für Schritt, dass alle diese Yorsichtsmaass- regeln unnütz seien, und dass zwei beliebige Stücke ganz gemeinen Zink- bleches, wie es zu Klempnerarbeiten gebraucht wird, mit altem schmie- rigem Quecksillier und roher Salzsäure verquickt, mit Wasser abgespült und mit Fliesspapier abgetrocknet, sich in käufücher Zinklösung bei einer benetzten Oberfläche von mehreren Quadratzollen nach wenigen Augenblicken am Nerven-Multiplicator absolut gleichartig verhalten. So vollkommen ist diese Gleichartigkeit, dass ich, ehe ich mich au den Au- bhck gewöhnt hatte, immer in Versuchung kam zu prüfen, ob denn auch der Kreis wkhch geschlossen sei, da beim Schliessen und Oeffnen durchaus keine Spur von Bewegung, sei's des Spiegels, sei's der Nadel, bemerklich wurde, nicht anders als ob der Kreis entweder an einer zweiten Stelle offen oder rein metalüsch gewesen wäre. Mt wie geringer Sorgfalt diese Gleichartigkeit erzielt werde, die das Beste weit hinter sich lässt, was nach meiner Vorschrift mit allem Fleiss zubereitete Platin- elektroden leisten, geht wohl am deutüchsten aus folgendem Versuch hervor. Aus einer DANiELL'schen Säule griff ich auf's Gerathewohl zwei Zinkcyhnder von beiläufig 33 """^ Durchmesser heraus, von denen, wie sich ergab, der eine schon mehrmals, der andere noch nicht gebraucht worden war, und tauchte diese, nachdem sie, um an dem gebrauchten Cyünder etwa haftendes Kupfer zu entfernen, mit Wasser abgespült und mit Füesspapier abgetrocknet worden waren, einander möghchst nahe SO'"*" tief in Zinklösung, wobei also die benetzte Oberfläche jedes Cyhnders über 50 Quadratcentimeter betrug. Es erfolgte zwar im ersten Augenbhck ein ziemlich starker Ausschlag am Xerven-Multiplicator, sehr bald aber kam auch hier die Nadel absolut auf Nidl, und bheb da- selbst, auch wenn der Kreis minutenlang geöffnet und dann wieder ge- schlossen wurde. Die Abgieichung dieser im Anfang vorhandenen Ungleichartigkeiten beruht demnach, wie die Folge noch deuthcher leh- [467] ren wird, nicht auf Polarisation, wie die Al3gleichung der Platinelektroden in Koch- salzlösung, welche bis zu einem gewissen Grade deshalb stets mir eine 62 I^"- Ueber gleichartige scheinbare ist. Die Abgleichuug des etwa beim ersten Eintauchen sich kundgebenden Unterschiedes findet denn auch hier ebensowohl l)ei offenem wie bei geschlossenem Kreise statt. Die so unbegreifüch leicht erreichte voUkommeue Grleichartigkeit wird eben so leicht, ohne alle l)esonderen Yorsichtsmaassregeln , iii's Unbegrenzte erhalten. Zwar beobachtet man am Nerven-Multipücator, wenn von zwei verquickten Zinkplatten die eine um die andere tiefer in die Zinklösung getaucht mrd, jedesmal bei Be- netzung neuer Punkte der einen Platte einen Ausschlag von wenigen Oraden, der diese Platte als negativ gegen die andere anzeigt, und etwas stärker negativ mrd von zweien verquickten Zinkelektroden, die man zwischen den mit Zinklösung benetzten Fingern beider Hände hält, die- jenige, auf welche man einen Druck ausübt oder ausüben lässt.^ Dies ist aber auch Alles, was hier noch von den zahlreichen Umständen übrig ist, wodurch sonst gleichartige Elektroden ungleichartig werden. Man kann die eine der beiden Platten, nachdem sie einmal vollständig be- netzt worden, an die Luft heben und weder eintauchen, man kann sie in der Zinklösung schütteln, wie man will, sie zwischen den Lagen eines mit Zinklösung getränkten Bausches drücken: ^ das Gleichgewicht am Nenen-Multiplicator wird nicht gestört. Das Wasser der Zinklösung verdunstet, Krystalle schiessen in der Flüssigkeit an den Platten an oder bekleiden sie über deren Spiegel, und nach "Wochen findet man die Platten in der zuräckbleibenden nichtleitenden KrystaUmasse eingewachsen, ohne dass während dieser ganzen Zeit die Nadel den Nullpunkt auch nur um einen Grad verlassen hätte. Diese, ich wiederhole es, jede Vorstellung übersteigende Gleichartigkeit findet in ganz gleicher Weise statt, ob die beiden Zinkplatten erst eben verquickt seien und die Tropfen flüssigen Amalgams noch daran herunterfliessen; ob sie seit Wochen in den krystaUinischen Zustand übergegangen seien; endhch gar, was wohl als das Wunderbarste erscheint, ob deren eine [468] sich in dem einen, die andere in dem anderen dieser Zustände befinde. Schon durch diese Eigenschaft einer unübertroffenen mit leichtester Mühe zu erzielenden und zu erhaltenden Gleichartigkeit würde diese Combination, Avie ich nicht zu bemerken l)rauche, eine höchst werthvolle Bereicherung nicht bloss des elektrophysiologischen, sondern des galva- nischen Apparates überhaupt sein. Allein meine Ueberraschung steigerte 1 Yergl. Monatsbericlite u. s. w. 1854. S. 288 ff.; — Moleschott's Unter- suchungeu u. s. w. 1858. Bd. IV. Ö. 1 ff". ; — Untersuchungen u. s. w. Bd. II. Abth. n. S. 321. 2 Vergl. Monatsberichte u. s. w. 1854. S. 293; — Moleschott's Unter- suchungen u. s. w. 1858. Bd. IV. S. 6; — Untersuchungen u. s. w. Bd. 11. Abth. II. S. 324. und nicht polarisirbare Elektroden. 63 sich nucli, als ich nun ferner fand, dass die niit Hülfe der SiEMENs'schen Wippe bestimmte Ladungsfähigkeit dieser Combination in der That ver- schwindend klein, jedenfalls unvergleichlich kleiner sei, als die ii'gend einer anderen bisher bekannten Combhiation. IVlit Strömen von der Ordnung des Muskelstromes liess die Wippe keine Spur davon erkennen. Noch als bei verminderter Empfindlichkeit der Bussole und Anwendung eines ungeschwächten Daniells Pm', Pn' etwa 300 Scalentheile betrugen, waren Sn', S^^ schlechterdings nicht wahrnehmbar, d. h. sie betrugen ganz gewiss nicht 0-2, ja schwerhch 0-1 Scalentheil. Ich fahndete darauf mittels eines Verfahrens, bei dem mir auch eine so kleine Spur von Ladung nicht entgehen konnte, nämüch indem ich, bei arbeitender Wippe und geschlossenem secundären Kreise, in dem die Bussole befind- lich w^ar, das Auge am Fernrohr, den primären Kreis mittels des Schlüssels 6\ abwechselnd öffnete und schloss, oder gar den primären Strom zwischen den Elektroden mittels des Stromwenders Q ab und zu umkehrte. Erst als ich die Nebenschliessung forthess, und mit beiden Rollen im Abstand von 0'"'" eine GEOVE'sche Kette grösserer Art als Quell des primären Stromes benutzte, erschien negative Ladung der Zink- drähte in bestimmbarer Grösse, nämlich etwa 1 • 2 Scalentheü betragend. Die primäre entsprechende Wirkung, mit nur einer Rolle in 100 """^ Abstand beobachtet, während die andere an einer anderen Stelle des Kreises eingeschaltet w^ar, betrug 120 Scalentheile. Die Wirkung einer Rolle bei 100"^"^ verhält sich zu der bei 0""^ Abstand :: 1:26-85. Daraus ergiebt sich 1-2 ^_ " ~ 2 X 26-85 X 120 ~ 5370' Diese Zahl Avird sich, für den vorliegenden Eall, nicht weit von der Wahrheit entfernen. Indessen soll sie vorzugsweise dazu [469] dienen, eine A^orsteUung von der Ordnung der Grösse zu geben, um die es sich hier handelt. Denn erstens lag aus mancherlei Gründen die Messung einer so kleinen Ablenkung an der Grenze meiner Beobachtungsmittel, zweitens schien der Werth von a Schwankimgen unterworfen zu sein, da ich es einigemal mcht unbeträchtlich grösser (^'3000)? anderemale aber auch wieder sehr viel kleiner gefunden habe, so dass die secundäre Wirkung der GEOVE'schen Kette bei voller Empfindlichkeit der Bussole ganz unmerklich war. Nimmt man an, dass mir 0-2 Scalentheil secun- därer Wirkung entgangen seien, so konnte doch a in diesen Fällen mcht viel gi'össer als Vsoooo ^^i^^- ^^^^ glaube bereits mit Bestimmtheit sagen zu können, dass diese Schwankungen von dem Zustande der verqiückten Zinkfläche so abhangen, dass die grösseren Werthe von ci schon öfter 64 IV. Ueber gleichartige gebraiichteii , die kleinsten frisch, oder vun Neuem Yerciuicktcn Drähten zukommen. Als die Drähte durch Platten ersetzt wm'den , die einander 6 — 7 Quadratcentimeter benetzter Obei-fiäche zukehrten, wurde die secundäre Wirkung, selbst mit ungeschwächtem Strom der GßOVE'schen Kette und bei voller Empfindlichkeit der Bussole, unter allen Umständen ganz unwahrnehmbar. Am Nerven- Multiplicator erfolgten mit den Drähten durch die secundäre Wirkung eines Daniells 4°, durch die zweier 7° l)eständiger Ablenkung. Bei Anwendung der zweiten Beobachtungsweise mit einem Daniell und 5' Durchströmung erfolgten mit den Drähten an der Bussole bei voller EmpüntUichkeit etwa 5 Scalentheile Ausschlag im Sinne negativer Ladung. Mit den Platten betrug unter denselben Umständen der Aus- schlag keinen ganzen Sealentheil, und als ich die DAXiELL'sche Kette durch eine fünfgüederige GROVE'sche Säule ersetzte, auch nur 3 • 5 Scalen- theüe. Erst als aus dem primären Kreise der Widerstand entfernt wurde, der darin zu dem Zweck angebracht war, den Gesammtwiderstand des primären und des secundären Kreises gleich zu machen (s. oben S. 50), wurden deutüchere Wirkungen erhalten. Die Verquickung vernichtet also, kann man sagen, die bedeutende negative Ladungsfähigkeit des Zinks in Zinklösung. Aber auch die positive Ladungsfähigkeit dieser Combination [470] ist dadurch beinahe gänzhch aufgehoben. Nach 15 — 20' langer Durchströmung mit Strömen von der Ordnung des Muskelstromes erfolgte höchstens ein ballier Sealentheil Ausschlag im positiven Sinne. 11) Verquicktes Zink in Chlorcalciumlösung. Ehe wir an diese Thatsachen weitere Folgerungen knüpfen, sollen noch einige andere Punkte beleuchtet werden. Hr. Matteucci führt verquicktes Zink in Chlorcalciumlösung als eine seinen Erfahrungen nach eben so unpolarisir- bare Combination wie das verquickte Zink in Zmklösung an. Es ist nicht leicht zu verstehen, wie er zu diesem Ausspruch gelangt ist-, der theo- retisch nichts für sich hat, und von dessen Unrichtigkeit es leicht ist, sich im Versuch zu überzeugen. Erstens verhalten die verqiückten Zink- elektroden in gesättigter Clüorcalciumlösung sich sehr schlecht gleichartig. Für's zweite fand ich u für diese Combination mit primären Strömen von der Ordnung des Muskelstromes = --^. Drittens warf ])ei der zweiten Beoljachtungsweise, nach wemgen ]VIinuten Durchströmung mit dem Strom des ungeschwächten Daniells, die secundäre Wirkung das und nicht }(olarisirbare Elektroden. 65 Bild der Scale aus dem Gesichtsfelde, Positive Polarisation war bei dieser Combination nicht wahrnehmbar. 12) Verquicktes Zink in Chlorzinklösung verhält sich dagegen nahe, aber, me mii* schien, doch nicht ganz so gleichartig, wie in schwefel- saurer Zinkoxydlösung. Die Chlorzinklösung enthielt noch ungelöstes Chlorzink, und stellte eine syrupöse Flüssigkeit von 2-008 Dichte bei 27" C. dar. Die etwas germgere Gleichartigkeit rührt vielleicht daher, dass die Lösung sich an der Oberfläche durch Wasser verdünnt, welches sie aus der Atmosphäre anzieht. Jedenfalls scheint aber die Ladungs- fähigkeit dieser Combination nicht grösser zu sein, als die des Zinks in der schwefelsauren Lösung, denn auch hier wurde an der SiEMENs'schen Wippe die Ladung erst merkhch, als ich Drähte im primären Kreise dem Strom eines ungeschwächten Daniells aussetzte, und die secundäre Wirkung bei voller Empfindüchkeit der Bussole beobachtete. Auf dieselbe Art, wie dies oben S. 63 beschrieben ^nirde, bestimmte ich dabei a zu ^T-rr; auf den Unterschied zwischen tliesem Werth und dem in der o815' [471] schwefelsauren Lösung gewonnenen ist natürüch nichts zu geben. Auf positive Polarisation nach langer Schhessung schwacher Ströme konnte hier wegen der geringeren Gleichartigkeit nicht mit derselben Schärfe wie bei der schwefelsauren Lösung geprüft werden; indessen kann davon höchstens eine ganz unbedeutende Spur zugegen sein. Die gesättigte Chlorzinklösung leitete beüäufig nach meinen Versuchen drei- mal schlechter als die schwefelsaure Lösung bei gleicher Temperatur. Verdünnung mit dem gleichen Volum Wassers erhöhte aber ihr Leit- vermögen auf das Fünffache, so dass sie nun um zwei Drittel besser als die gesättigte und auch noch um ein Drittel besser als die ebenso ver- dünnte schwefelsaure Lösung leitete. Diese Wahrnehmung ist geeignet, uns daran zu erinnern, dass Hr. Jules Regnauld das reine Zink nicht in gesättigter, sondern in so ver- dünnter Zinklösmig als unpolarisirbar empfohlen hat, dass die Lösung das Maximum ihres Leitvermögens besitze (s. oben S. 42). Obschon, väe bemerkt, Hr. Regnauld seine Aussage durch keine Versuche gestützt hat, und obschon es höchst unwahrscheinüch war, dass die Verdünnung der Ziuklösung bis zu jener Grenze die Ladungsfähigkeit der Combination aufheben solle, so habe ich doch nicht unterlassen, auch liierüber noch den Versuch zu befragen, indem ich Hm. de la Rive's Angabe zu Grunde legte, wonach das Maximum des Leitvermögens der Zinklösung bei deren Verdünnung mit dem gleichen Volum Wassers eintritt. Ich prüfte demgemäss noch (13—16) reines Zink in reiner, käufliches, reines und verquicktes Zink in käuflicher Zinklösung von der E. du Bois-Eeymond, Ges. Abh. I. 5 66 IV. Ueber gleichartige angegebenen Verdünnung. Das verquickte Zink — es VAOirden in beiden Flüssigkeiten dieselben Drähte benutzt — lieferte ein etwas grösseres a als in der gesättigten Lösung. Dagegen fand ich allerdings, was sehr sonderbar ist, dass mit dem reinen und käuflichen Zink in der verdünnten käuflichen Lösmig cc erhebhch kleiner ausfiel, als umnittelbar vor- und nachher mit denselben Elektroden in der gesättigten Lösung. Indessen l)lieb a hier noch immer bedeutend grösser als mit Kupfer in Kupferlösung; und mit dem reinen Zink in der verdünnten reinen Lösung betrug es, bei schwachen Strömen, sogar Ys- ^^^ Widerspruch zwischen unseren Ergebnissen und [472] Hrn. Kegnaüld's Behauptung beruht also nicht darauf, dass wir uns bisher stets der gesättigten Zinklösung bedient haben. (19 — 24) Verquicktes Zink in verdünnter Schwefelsäure, in Serum von Pferdeblut, in Brunnenwasser und in destillirtem Wasser. Da ich früher gerade bei Anwendung verquickter Zinkelektroden auf die räthselliafte Erscheinung positiver Ladung gestossen war, so ver- suchte ich, um diese Beobachtung zu erneuern, noch die in der Auf- schrift genannten Combinationen. Serum hatte ich unter die mit dem verquickten Zink zu prüfenden Flüssigkeiten aufgenommen, um zu er- fahren, wie sich letzteres bei unmittelbarer Berührung mit den thierischen Tlieüen, z. B. beim Ueberbrücken zweier daraus gebildeten Elektroden mit einem Nerven, in Bezug auf Gleichartigkeit und Ladungsfähigkeit verhalten würde. Es zeigten sich in der verdünnten Schwefelsäure, dem Serum und dem Brunnenwasser aber so ungeheure Ungleichartigkeiten der verquickten Zinkdrähte, und von solcher Unbeständigkeit zugleich, dass jede feinere Beobachtung der Ladung dadurch unmöglich gemacht wurde. Bei der leisesten Erschütterung sah man die Scale pfeilschnell. im Gesichtsfelde hin- und herschiessen. ^ In diesen drei Flüssigkeiten wurde deshalb nur die gewöhnhche oder negative Ladung beobachtet. Bei Brunnenwasser konnte auch kein annähernder Werth von « ge- wonnen werden. Bei der verdünnten Schwefelsäure gelang es einmal, ce zu etwa Vioo ^^ bestimmen. Sehr viel grösser schien a im Serum zu sein, denn ich erhielt mit Strömen von der Ordnung des Muskelstromes Quotienten wie sr^; 0:^5 und bei der zweiten Beobachtungsweise warf die secundäre Wirkung des ungeschwächten Daniells nach 5' Durch- strömung das Bild der Scale aus dem Gesichtsfelde. Ganz ähnliche 1 Verquicktes Zink in verdünnter Schwefelsäure wird nach Hrn. Poggendorff durch Schütteln negativ. Vergl. Monatsberichte, 1854. S. 297; — Moleschott's Untersuchungen u. s. w. 1858. Bd. IV. S. 11; — Untersuchungen u. s. w. Bd. ü. Abth. n. S, 326. und nicht polarisirbare Elektroden. 67 Werthe von u lieferten Kupferdrähte ini Pferdesenim; mit Platin- drähten war a auch hier = 1. Was nun die positive Ladung des ver- quickten Zinks betrifit, so nahmen im destülirten Wasser die Ungleichartig- keiten eine etwas mildere Gestalt an, und es zeigte sich mit einem Da- {473] niell an der SiEMENs'schen Wippe folgende merkwürdige Erschei- nung. Beim Schliessen des Schlüssels S^^ während die Bussole im secimdären Kreise beobachtet \vurde, entstand zuerst ein Ausschlag im Sinne negativer Ladung. Darauf fingen positive Ladungen sich zu ent- wickeln an, dergestalt, dass die secundäre Wirkung durch Null hindurch ihr Zeichen wechselte, wobei das sonst negative, hier positiv gewordene a zu etwa ^'gg bestimmt wurde. Wurde dann S^ geöffnet, so nahm, trotz dem Aufhören des primären Stromes, anfangs noch die positive secundäre Wirkung an Stärke zu; unstreitig, und in Uebereinstimmung [mit dem, was wir oben S. 57. 58 über die gleiclizeitige positive und negative Ladung des käuflichen Zinks in eben solcher Ziuklösung angenommen haben, weil die schneller entstehende, aber auch schneller vergehende negative Ladung jetzt fortfiel, die sich während der Dauer des primären Stromes von der secundären Wirkung im positiven Sinne abgezogen hatte. Bei der zweiten Beobachtungsweise wurde leicht sehr starke positive Ladung beobachtet, die im Falle schwacher Ströme ganz rein zur Erscheinung kam, während im Fall eines ungeschwächten Daniells dem positiven Hauptausschlage ein negativer Vorschlag vorausging. Wir kehren nun zum verquickten Zink in den Zinklösungen zurück. Zu der unschätzbaren Gleichartigkeit, die wir an diesen Combinationen zu rühmen gefunden haben, gesellt sich also, nach den Versuchen an der SiEMENs'schen Wippe, auch noch eine bei weitem geringere Ladungs- fähigkeit, als die irgend einer anderen bekannten Combination. Es ist leicht, sich von demselben Ergebniss noch auf eine andere Art zu über- zeugen. Man lässt zuerst den primären Strom im nämhchen Kreise nach einander durch die Zinkzelle und durch die damit zu vergleichende Combination gehen, und setzt dann plötzhch die beiden letzteren einander im Miütipücatorkreise dergestalt entgegen, dass die Eichtung des Aus- schlages anzeigt, welcher von beiden Combinationen die grössere secundär- elektromotorische Kraft zukomme. In Ermangelung der eigens von Hrn. PoGGENDOEFF hierzu angegebenen Wippe ^ geüngt dies leicht mittels ■einer Doppel- [474] wippe, wie sie in Fig. 2 in C^ C^ und in Q 6g an- gedeutet ist. Ich stellte dergestalt folgende Vergleiche an. 1) Verquickte Zinkdrähte in gesättigter käuflicher schwefel- saurer Zink-, und Kupferdrähte in schwefelsaurer Kupfer- 1 Annalen u. s. w. 1844. Bd. LXI. S. 612. 68 I^ • Ueber gleichartige oxydlös im g. Nachdem der Strom eines iingeschwächten Daniells 1 — 2" hindurchgeschickt worden, erfolgte an der Bussole, bei voller Empfind- lichkeit, ein kräftiger Ausschlag im Sinne der negativen Ladung der Kupferzelle. Mt Strömen von der Ordnung des Muskelstromes sah ich anfänglich zu meinem nicht geringen Befi*emden einen kleinen Ausschlag (2 — S Scalentheile) im Sinne negativer Ladung der Zinkzelle erscheinen. Bei näherer Untersuchung zeigte sich indess, dass, wie es nach den oben S. 63. 64 beschriebenen Versuchen nicht anders sein konnte, die Polari- sation der Zinkzelle schlechterdings unmerkMch war, dass aber die Kupfer- zeUe unter diesen Umständen eine geringe Spur positiver Polarisation besass, welche den Anschein überAAiegender negativer Ladung der Zink- zelle bewkt hatte. 2) Kupferzelle wie vorher, und reines Zink in gesättigter reiner schwefelsaurer Zinkoxydlösung. ]\lit Strömen von der Ordnung des Muskelstromes wurde nichts deuthches wahrgenommen, in- dem die Ungleichartigkeiten sich feineren Wahrnehmungen widersetzten. Mit dem Strome des ungeschwächten Daniells erfolgte ein ansehnhcher Ausschlag im Sinne negativer Ladung der Zinkzelle. 3) Kupferzelle wie vorher, und Silberdrähte in Silber- lösung wie oben S. 56. Bei schwachen Strömen hat die Silberzelle ein sehr bedeutendes, bei starken die Kupferzelle ein geringes Ueber- gewicht. Nach den oben bestimmten AVerthen von a für die Silberzelle hätte Letzteres nicht der Fall sein sollen. 4) Kupferzelle wie vorher, und Platindrähte in rauchen- der Salpetersäure wie oben S. 55. Erfolg vde beim Aorigen Ver- such. Mit schwachen Strömen überwiegt die Platin-Salpetersäure-, mit starken die Kupfer-Zelle. Wie man sieht, spricht auch diese Beobachtnngsweise dafür, dass das verquickte Zink in Zinklösung die am wenigsten la- [475] dungs- fähige Coml>ination sei. Was aber die beiden letzten Versuche betrifft, so giebt sich darin abermals ein Widerspruch kund, gleich dem bereits oben S. 56. 57 bemerkten, zwischen dem an der SrEaiENs'schen Wippe ge- wonnenen Ergebniss und dem des gewöhnlichen Verfahrens, die Ladung durch Umlegen der Wippe eines Stromwenders zu beobachten. Auf doppelte Art kann man die Erkläning dieses Widerspruchs versuchen. Entweder nämhch braucht die Kupferladung längere Zeit, um sich zu entwickeln, und dies ist der Grund, weshalb a an der SiEMENs'schen Wippe für das Kupfer kleiner ausfällt als für die beiden anderen Com- binationen. Oder die Kupferladung ist nachhaltiger als die dieser letzteren, so dass, Avenn der Wechsel der Verbindungen mittels der Wippe eines Stromwenders, d. h. verhältnissmässig ziemhch langsam, geschieht, die und nicht polarisirbare Elektroden. 69 Ladimg des Silbers in Silbeiiösung, des Platins in Salpetersäure, schon Zeit gehabt hat, sich zu zerstreuen, während sie zur Zeit, wo die SiEMENs'sche Wippe den secundären Kreis nach Oeffnung des primären schliesst, in der That die des Kupfers übertrifft. Beide Voraussetzungen lassen, ohne Hinzunahme weiterer Muthmaassungen, unerklärt, weshall) der Erfulg mit den schwachen Strumen ein verschiedener sei von dem mit den starken Strömen beobachteten. Weder hierauf, noch auf die Frage, welche von beiden Annahmen der Wirküchkeit entspreche, wollen wir indess näher eingehen. Uns interessirt an dem in Eede stehenden Verhalten vorzugsweise das Licht, welches es auf den Werth des l)isher von uns zur Bestimmung der Laduugsfähigkeit der Combinationen angewandten Verfahrens zu werfen geeignet ist. Man sieht, dass wir aus der Grösse, in der die Ladung nach Aufhören des primären Stromes erscheint, keinen sicheren Schluss auf die Ladungsfälligkeit einer Combination machen können. Ein ähn- liches Verhältniss, we zwischen der Ladung der galvanoplastischen Kupfer- combination und der des Platins in Salpetersäure, könnte zA\ischen der des verquickten ^inks in Zinklösung, und der der galvanoplastischen Kupfercombination , stattfinden. Zwar schliessen die bei der zweiten Beobachtungsweise und auch so eben bei der Entgegensetzung der Zink- und Kupferzelle [476] nach längerer Durchströmung gemachten Wahr- nehmungen die Möghchkeit aus, dass das verquickte Zink in Zinklösung an der SiEMENs'schen Wippe deshalb ein so kleines u geüefert habe, weü dessen Polarisation wegen der kurzen, dm'ch den Gang der Wippe bedingten Schhessung des primären Stromes nicht Zeit gehal)t habe, sich zu entwickeln. Sehr wohl denkbar wäre es dagegen wegen der geringeren Fähigkeit der positiven Metalle, Gase an ihrer Oljerfläche zu verdichten (vergi. oben S. 44), dass die Ladung des verquickten Zinks in Zink- lösung bedeutend flüchtiger wäre, als die des Kupfers in Kupferlösung, und dass darauf der erstaunlich kleine Werth von a bei ersterem beruht habe. Mit einem Worte, den Curven, in denen während des Schlusses der primären Kette die Polarisation bis zu einer gewissen Grenze wächst, um nach Oeffnung der Kette ■\\ieder abzufallen, sei's dass der secundäre Kreis offen bleibe, oder nach kürzerer oder längerer Zeit geschlossen werde, diesen Cm-ven darf bei verschiedenen Combinationen gewiss nicht ohne Weiteres ein gleiches Gesetz untergelegt werden. Ich kann nicht umhin, in der Nichtberücksichtigung dieses Umstandes einen gemchtigen Ein^nirf gegen den von Hm. Wild (s. oben S. 52 Anm.) veröffenthchten Vor- schlag zur gesonderten Bestimmung der Polarisation und des Uebergangs- widerstandes zu erbhcken, wonach zuerst die durch Polarisation und 70 IV. lieber gleichartige TJebergangswiderstaud gemeinschaftlich bewirkte Stromschwcächimg in eine- Gleichung gebracht, und dann daraus die Polarisation mit Hülfe eines Werthes ehminirt werden soll, der aus deren Beobachtung nach Oeflfnung des primären Kreises heiTorgeht. Ich weiss sehr wohl, dass die Polari- sation nach Oeffnen des primären Kreises, so lange der secundäre Kreis nicht geschlossen ist, bei weitem langsamer sinkt, als nachdem dies ge- schehen. Oeffnet man den Hauptkreis einer Kette, in deren Nebenleitung, wie in unserer ersten Figur, Platinelektroden in verdünnter Schwefel- säure oder Kochsalzlösung eingeschaltet sind, auf wenige Augenbhcke, wobei der secundäre Kreis geschlossen bleibt, und die Ladung sich ab- gleichen kann, so geht der durch die Ladung geschwächte Strom der Kette sofort wieder zeitweise bedeutend in die Höhe. Dies ist nicht der FaU, [477] mit anderen Worten, die Polarisation bleibt Yerhältnissmässig unverändert, wenn man statt des Hauptkreises die Nebenleituug selber eben so lange öfiiiet, weil nun der Ladung zwar wie vorher der sie auf steter Höhe erhaltende primäre Strom entzogen, allein diesmal keine Gelegenheit zur Abgleichung gegeben ist. Nichtsdestoweniger muss ich darauf bestehen, dass, bis nicht für jeden einzelnen Fall das Gegentheil erwiesen ist, keine andere Bestimmung der Polarisation oder der Ladungs- fähigkeit einer Combination Vertrauen verdient, als solche die während der Dauer des primären Stromes in dessen Kreise selber gemacht, oder wenigstens mit Hülfe von dergleichen Beobachtungen controlirt sind. Es bleibt uns also schüessüch übrig, auch noch auf diese Art die- Unpolarisirbarkeit unserer Combination darzuthun. Ich hatte einen parallelepipedischen Trog aus gefirnisstem Eichenholz von 125'""' Länge, 53 mm Bj.pjte und 40 ""^ Tiefe, in dessen Wände und Boden, ehe sie zum Troge zusammengefügt wurden, in Irenen senkrecht auf die Längs- richtung des Troges und in 15-6™"* Abstand von einander, neun 5""" tiefe Sägeschnitte angebracht waren. Diese dienten dazu, Bleche aufzu- nehmen, welche sich alsdann als Zwischenplatten auf der Bahn eines den Trog der Länge nach durchfliessenden Stromes eingeschaltet fanden, in- dem die Leitung durch die im Falz um das Blech herum übrigbleibende capiUare Flüssigkeitsschicht nicht in Betracht kam. Dieser Trog wurde 5 mm j^Q^j^ j^j|. gesättigter schwefelsaurer Zinkoxydlösung gefüllt, und mit zwei verquickten Zinkblechen als Elektroden in den beiden äussersten Falzen, in den Kreis einer GßOVE'schen Kette und der Bussole gebracht. Während das Büd der Scale im Femrohr beobachtet wurde, schob ich nach einander verquickte Zinkbleche auch in die sieben übrigen Falze. Da die Flüssigkeitssäule im Troge dabei nicht allein um 5™™ verkürzt wurde (so viel betrug die Gesammtdicke der sieben Bleche, deren Wider- stand vernachlässigt werden kann), sondern zugleich, wegen der durch die und nicht polarisirbare Elektroden. 71 Bleche verdrängten Flüssigkeit, an Querschnitt zunahm, so nahm der Widerstand des Troges durch das Einsenken der sieben Bleche um Yio ab. Ich hatte [478] aber, hierauf rechnend, einen so bedeutenden metaUischen Widerstand in den Kreis eingeführt, dass eine Verkürzung des Troges um ^s» '^^^ '^^^ ^^^ Folge des Versenkens der äussersteu, als Elektroden dienenden Bleche in zwei einander zunächst befindliche Falze war, den Widerstand des Kreises nur um Yige > ^^^ Einsenken der sieben Bleche denselben folghch nur um Yieee verminderte. Bei einer Ab- lenkung- von 150 Scalentheilen musste also die durch Vermindenmg des Widerstandes beim Einsenken der Bleche erzeugte Vermehning der Stromstärke unter 0-1 Sealentheil bleiben, und es hätte mii- nicht ent- gehen können, wenn die sieben Bleche, deren jedes ein Elektrodeupaar von nur 2-65 Quadratcentimeter Oberfläche vorstellte, durch eine der des primären Stromes entgegengesetzte elektromotorische Kraft, eine Ver- kleinerung der Ablenkimg auch nur um 0-2, oder eine Schwächung des Stromes um Yrso? ^- ^- ^Iso jedes Blech eine Schwächung um etwa Vsooo' hervorgebracht hätten. Ich konnte aber mit dem Strome der zwar nicht durch Nebenschliessung, wohl aber durch die emgeführten Widerstände sehr geschwächten GBOVE'schen Kette nichts der Art wahr- nehmen. Mit sehr- schwachen Strömen traten beim Einsenken und Herausnehmen jeder einzelnen Platte Spuren von Wirkung, bald in der einen, bald in der anderen Eichtung auf, die aber sichtlich nicht auf Polarisation, sondern auf leichter Ungleichartigkeit der beiden Seiten der Platten beruhten. Da bei dieser Versuchsweise die Oberfläche der Elektroden, obschon im Vergleich zu der, die man in thierisch-elektrischen Versuchon an- wenden kann, niu- klein, mit Rücksicht auf den Zweck, die Ladungs- fähigkeit zu prüfen, immerhin eine grosse zu nennen war, so änderte ich die Anordnung noch in folgender Art ab, wobei ich zwar eine beüebig kleine Oberfläche, jedoch nm* noch ein Elektrodenpaar anwenden konnte. In den Kreis einer zweigliederigen GßovE'schen Säule und der Bussole wurden zwei verquickte Zinkbleche eingeschaltet, die in zwei Ge- fässe A und B mit derselben Zinklösung, wie oben, tauchten. A und B waren durch ein 250™™ langes zweimal rechtwinkhg gebogenes, mit derselben Lösung gefülltes Thennometerrohr verbunden. Neben B stand em drittes ähuüches Gefäss C mit [479] Zinklösung. In B und C tauchten verquickte Zinkdrähte von 0-5™™ Durchmesser 5™™ tief, also mit einer Oberfläche von 7 — 8 QuadratmiUimetern, ein. Diese waren metallisch verbunden und stellten das plötzüch in den Kreis einzuführende Elektrodenpaar vor. Die Einführung geschah einfach so, dass das Ther- mometerrohr , während sein eines Ende in A stecken blieb, mit seinem 72 IV. Ueber gleichartige anderen Ende aus B in C übertragen wiirde. Natürlich verschwand unter diesen umständen jeder andere Widerstand im Kreise, auch der etwaige Uebergangswiderstand, gegen den des capillaren Flüssigkeitsfadens im Thermometerrohr, und die Einführung des Gefässes C liess demnach auch zuerst die Stromstärke durchaus unverändert. Jedoch durfte dabei das Rohr nicht mit den Eingem angefasst werden, sondern es ward noth- wendig, es mittels einer Handhabe zu bewegen, weil die durch die Einger bewirkte geringe Temperaturerhöhung des Rohres wegen des dadurch venninderten Widerstandes des Elüssigkeitsfadens sofort einen Ausschlag um mehrere 8calentheile hervorbrachte, so dass man sich einer solchen Vorrichtung als eines höchst empfindhchen Thermoskops 1)edienen könnte. Wenn aber C eine Zeit lang im Kreise gewesen war und dann plötzlich wieder durch Zurüclrfühi-ung des entsprechenden Endes des Thennometer- rohis nach B davon ausgeschlossen mirde, fand allerdings in einigen Fällen eine geringe Vermehrung der Stromstärke statt, die sich jedoch höchstens auf ^soo belief. Mit frisch verquickten Drähten aber habe ich auch gesehen, dass bei über 200 Scalentheilen Ablenkimg der Faden sich genau an derselben Stelle der Scale wieder einfand, die er mit dem Elektrodenpaar im Kreise zuletzt inne hatte. Die Stromstärke war in diesem Versuche trotz der bedeutenden elektromotorischen Kraft, wegen des ungeheuren Widerstandes, nicht viel grösser, als die des Muskel- stromes. Mt Zinklösung, die mit einem gleichen Volum Wassers verdünnt worden war, gaben frisch verquickte Zinkdrähte, die in gesättigter Lösung keine Spur von Schwächung erzeugt hatten, etwa ^400 Stromabnahme. Dies scheint zwar mit dem zu stimmen, was ^T^: an der SiEMENs'schen Wippe mit dem verquickten Zink in verdünnter Zinklösung beobachtet haben (s. [480] oben S. 65. 66), doch möchte ich vor der Hand nichts darauf geben. Wie dem auch sei, man sieht, dass sich auf diesem Wege, wie mit der SiEMENs'schen Wippe, die Ladung des verquickten Zinks in schwefelsaurer Ziukoxydlösung im günstigsten Falle nur el)en spm*weise darthun lässt. Als aber die verquickten Zinkdrähte durch Elektroden aus reinem Zink ersetzt wurden, betrug die Stromschwächung mit der gesättigten Lösung V30? i^t der verdünnten, gleiclifalls in Uebereinstimmung mit dem an der SiEMENs'schen Wippe Wahrgenommenen (s. oben S. 66) sogar Vao- Jetzt wiederholte ich dieselben Versuche, sowohl die eben beschrie- benen, als den mit dem Trog voll Zwischenplatten, mit Kupferelektroden in Kupferlösung. Der Versuch im Troge konnte indess wegen der ün- gleichai-tigkeiten der Platten nur mit so starken Strömen angestellt und nicht polarisirbare Elektroden. 73 werden, dass gegen die ihnen zu Grunde liegende elektromotorische Kraft die jener Ungleichartigkeiten verschwand. Es ergal) sich, dass hei dieser Art der Prüfung das Kupfer in Kupferlösung ungefähr dasselbe höchst geringe Maass von Polarisirliarkeit zeigte, ^^ie zuweilen das verquickte Zink in Zinklösung. Im Troge war die Polarisation unwahniehmhar, mit einem Paar Drahtelektroden l^etrug sie ungefähr Ysoo- ^^ ^^^ also, wenn man von den so eben erwähnten Fällen absieht, wo das frisch verquickte Zink durchaus keine bemerkbare Stromschwächung bewirkte, in der That den Anschein, als ob an der SiEMENs'schen und an der PoGGENDOEFF'schen Wippe die Polarisation des Kupfers die des ver- quickten Zinks nur deshalb übeitroffen habe, weil erstere minder flüchtig sei. Indessen ist es doch unmögüch, dass die elektromotorische Gegen- kraft des Kupfers in Kupferlösung während der Dauer des primären Stromes nur etwa Vsoo l^etrage, und nach dessen Aufhören an der Sie- MENs'schen Wippe eine Wirkung erzeuge, der im IMittel eine elektromo- torische Kraft von Yiss? wegen der sofort beginnenden Abgleichung anfangs also noch eine viel bedeutendere, zu Grunde hegen muss. Ich vermuthe deshalb, dass die oben S. 68 bemerkte positive Polarisation des Kupfers in Kupferlösung sich hier in der Weise eingemischt habe, dass die wahrgenommene [481] Wirkung nur der Unterschied der nega- tiven und der positiven Ladung war, während an der SiEMENs'schen Wippe, ganz wie es bei dem kauf hohen Zink der Fall ist (s. oben S. 57. 58), allein die negative Ladung zur Erscheinung kommt. Nach alledem kann keine Frage mehr sein, welcher Coml)ination wir, irni bei thierisch-elektrischen und bei Reiz-Versuchen die Polarisation zu vermeiden, den Vorzug zu geben haben werden. Von dem reinen Zink in Zinklösung kann begreifhch dabei die Rede nicht mehr sein. Was das Kupfer in Kupferlösung betrifft, so wird bei Anwendung grösserer Elektrodenflächen dessen Polarisation zwar auch unmerklich, bei kleineren hat sie sich uns, im geschlossenen primären Kreise, als von gleicher Ordnung mit der des nicht mehr ganz frisch verquickten Zinks gezeigt. Abge^sehen indess von der Unsicherheit, die noch über diesem letzteren Ergebniss schwebt, versteht es sich doch von selber, dass dem ver- quickten Zink in Zinklösung der Vorzug gebührt wegen jener wunder- baren Gleichartigkeit, wodurch sich diese Combination vor allen anderen auszeichnet. Wir haben uns bis jetzt ausschhessüch mit der Beseitigung der an der Grenze der metalhschen Multiphcatorenden und der zuleitenden Flüssigkeit auftretenden elektromotorischen Gegenkraft l)eschäftigt. Es könnte scheinen, als ob nun auch noch der Uebergangswiderstand eine eben so sorgfältige Berücksichtigung verlange. Indessen ist zu erwägen, 74 IV. Ueber gleichartige dass erstens der Uebergangswiderstand im Allgemeinen mit der Polari- sation gleichen Schritt hält, so dass beide gleichzeitig unmerkhch werden dürften; zweitens, dass dieser Widerstand gegen den der Muskeln, vollends der Nerv-en, der Eiweisshäutchen , der übrigen flüssigen Theile des Kreises, endhch des Multiplicatorgewindes, bei Eeizversuchen der PFLtTGER'schen Eiweissröhren, ^ nothwendig verschwinden müsse. Worauf die Gleichartigkeit des ' verquickten Zinks in Zinklösung beruhe, weiss ;ich nicht. Wo Hr. Fajiaday von dem von Kemp ange- gebenen und so wichtig gewordenen Kunstgriff handelt, die Zinkplatten der galvanischen Ketten durch [482] Verquickung vor dem örtüchen Angriff der Säure zu schützen, sagt er: „It is probable that the mercury „acts by bringing the surface, in consequence of its fluidity, into one „uniform condition, and preventing those differences in character between „one spot and another which are necessary for the fomiation of the „minute voltaic circuits referred to. If any difference does exist at the „first moment, with regard to the proportion of zinc and mercury, at „one spot on the surface, as compared with another, that spot ha\ing „the least mercury is first acted on, and, by Solution of the zinc, is soon „placed in the same condition as the other parts, and the whole plate „rendered superficiaUy uniform." ^ Diese sinnreiche Betrachtung passt aber schwerhch auf unseren Fall. Zugegeben, dass in den angewandten Zinklösungen jene Ausgleichung der mit verschiedenen Mengen Zinks und Quecksübers behafteten Stellen noch möghch sei, würde doch zu erinnern sein, dass gerade in verdünnter Schwefelsäure verquickte Zink- elektroden ungeheure Ungleichartigkeiten offenbaren; dass man leicht an ihrer Oberfläche Ungleichartigkeiten mittels Jägee's Verfahren (durch aufgelegtes, mit destiUirtem Wasser befeuchtetes Lakmuspapier) ent- deckt;^ endhch dass, wie oben S. 61. 62 berichtet wurde, verquickte Zinkplatten unter Umständen gleichartig erscheinen, wo Zink und Queck- silber ganz gewiss nicht gleichförmig an ihrer Oberfläche vertheüt sind. Zwei Quecksüberkuppen unter verdünnter Schwefelsäure als Elektroden benutzt, Uessen bedeutende Ungleichartigkeiten hervortreten. Ebensowenig weiss ich über die Ursache der Unpolarisirbarkeit unserer Combination etwas beizubringen. Wie wenig zu erwarten dies 1 Untersuchungen über die Physiologie des Electrotonus. Berlin 1859. S. 98 ff. 2 Experimental Eesearches in Electricity. Eeprinted from the Philosophical Transactions etc. London 1839. Vol. I. p. 304. Ser. Vm. 1834. No. 1000; — PoGGENDORFP's Annalen u. s. w. 1835. Bd. XXXV. S. 238. 3 Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 613. und nicht polarisirbare Elektroden. 75 Yerhalten von vorn herein war, habe ich schon oben S. 45 angedeutet. Da es dennoch stattfindet, so muss man sich vielleicht denken, dass die Quecksilbertheilchen als solche nicht mein- in elektromotorische AVechselwirkung mit dem [483] Wasserstoff zu treten vermögen, sondern nur als Bestandtheile der Atomgruppen von Zinkamalgam. Quecksilber unter verdünnter Schwefelsäure gab an der SiEMENs'schen Wippe a = -^. Es ist also nicht daran zu denken, dass die geringe Ladungs- fähigkeit des verquickten Zinks von der Flüssigkeit der Oberfläche her- rühre, vollends nicht, da bereits' krystallinisch gewordenes Amalgam die- selbe Eigenschaft zeigt. Verquicktes Zink verhält sich nach J. W. Eitter's- Entdeckung positiv gegen nicht verquicktes , ^ und mag deshalb mit Wasserstoff weniger stark elektromotorisch wirken. Wenn dies aber auch,, was schwerüch der Fall ist, die Yernichtung der so bedeutenden nega- tiven Ladungsfähigkeit des rohen Zinks durch die Yerquickung aus- reichend erklärte, so bhebe noch ünmer das Räthsel übrig, wie auch die an und für sich so geheimnissvolle positive Polarisirbarkeit zugleich ein Ende nehmen könne. Es ist klar, dass zum Yerständniss dieser Vorgänge ein sehr viel eingehenderes Studium erforderlich wäre. Es müsste die Polarisation jeder einzelnen Elektrode, die Abhängigkeit der Gleichartigkeit und Polarisation von der Concentration der Lösung innerhalb weiterer Grenzen,, der Einfluss der Verquickung auf Gleichartigkeit und Polarisation anderer Metalle und vieles Andere erforscht sein, ehe man daran denken könnte^ hier zur Einsicht zu gelangen. ^ Es lag, wie gesagt, nicht in meinem Plane, mich mit der Lösung solcher Aufgaben zu befassen, sondern ich durfte nunmehr ^durch Auffindung einer unpolarisirbaren und überdies von Natur gleichartigen Combination mein Ziel für erreicht, ja meine Wünsche für übertroffen halten. Die tliierisch-elektrischen und die ßeizversuche werden von nun an eine andere Gestalt annehmen. Jenes Heer von Schwierigkeiten, welches^ wenigstens am NenTu-Multiplicator, stets noch aus Ungleichartigkeiten auch der am sorgfältigsten behandelten Platinplatten erwächst, und gegen welches ich in früherer Zeit so manchen qualvollen Tag vergeblich gestritten, hatte [484] ich nun freihch schon längst dadurch zu besiegen gelernt, dass ich den Multipücatorkreis zur Nebenschhessung einer 1 Gilbeet's Annalen der Physik. 1804. Bd. XVI. S. 303 ff. 2 [Ueber die "bisher bekannt gewordenen Fortsetzungen dieser Untersuchung liefert eine vollständige Uebersicht die kürzlich erschienene kritische Abhandlung von Hrn. W. Beetz : „Ueber die Electricitätsleitung in Electrolyten", in den Sitzungs- berichten der Münchener Akademie, Mathematisch-physikalische Classe, 1875. S. 59.} 76 ^^- Ueber gleichartige ÜANiELL'schen Kette in der Art machte, wie dies oben in Fig. 2 für den die Elektroden enthaltenden Kreis vorgestellt ist, nnd jeder auf- tauchenden Ungieichartigkeit sofort mit einer gleichen und entgegen- gesetzten, dem Daniell mittels einer passenden Länge des Nel)enschüess- drahtes entlehnten elektromotorischen Kraft begegnete. Allein viel besser wird es sein, ohne jede Vorbereitung, Vorsichtsmaassregel und Hülfs- vorrichtung, ohne Waschen, Ausglühen, Einhüllen in den FÜesspapier- mantel, Firnissen, Geschlossenstehenlassen, Compensiren u. s. w., in jedem Augenblick über völlig gleichartige und unter allen Umständen auch gleichartig 1)leibende Elektroden zu gebieten, die man sich noch dazu, da sie keinen in Betracht kommenden Geldwerth haben, in ])eliebiger Anzahl verschaffen kann. Man braucht die Zuleitungsgefässe nicht mehr zum Kreise geschlossen, ja nicht einmal mehr zusammengesetzt zu halten, sondern man hat nur dafür zu sorgen, dass in der Zwischenzeit der Versuche die Lösung in den Bäuschen nicht krj^stalhsh-e. Die ganze Vorrichtung wird übrigens jetzt passend dahin abzuändern sein, dass die Zuleitungsgefässe selber aus Zink gegossen, auswendig lackirt, inwendig verquickt, zur Isohrung auf ein paar Glasstreifen gekittet, und unmittel- bar mit der Klemmschraube zur Aufnahme der Multipücatorenden ver- sehen werden. Ich habe zur Anfertigung dieser neuen Zuleitungsgefässe bereits die Einleitung getroffen. Von dieser Seite also werden nun (he liisher so beschwerlichen thierisch-elektrischen Versuche plötzhch zu den leichtesten, die es geben kann. Aber durch den Fortfall der Polarisation in irgend in Betracht kommendem Maasse wird jetzt zugleich eine Menge von Verbuchen möghch gemacht, auf deren Ausführung man früher zu verzichten hatte, und eine Menge anderer nimmt eine einfachere Gestalt an, in der sich der den thierischen Erregern zukommende Antheil an der Erscheinung klarer ausspricht als bisher. Der Vorschlag des Hrn. Beins, bei den thierisch-elektrischen Versuchen einen Depolarisator nach Art der von Hrn. Becqueeel d. V. [485] angegebenen anzuAvenden, ^ ist nun über- flüssig gemacht. jVIit den absolut gleichartigen, unpolarisirbaren ver- quickten Zinkelektroden zur Ableitung ; mit dem Princip der Nebenleitimg zur Erzeugung aufs Feinste abgestufter elektromotorischer Kräfte jeder Ordnung; endhch mit der Spiegelbussole, die, l)ei gleicher Empfindhchkeit 1 Verhandeliiig over de Galvanische Polarisatie met betrekking tot de Leer der dierlijke Electriciteit, etc. Groningen 1858. — Van Deen, Vergelijking tusschen het door H. Beins uitgevonden werktuig tot onderzoek van dierlijke Electriciteit en den tot hetzelfde doel gebezigden toestel van E. du Bois-Reymond. (Separat- Abdruck.) — Vergl. Becquerel in Anuales de Chiniie et de Physique. 3 me Serie. 1854. T. XLII. p. 389 et suiv. und nicht polarisirbare Elektroden. 77 mit dem Nerveu-Miütiplicator (s. oben S. 49. 50) keiner schwierigen und vergänglichen Gradiiirung mehr bedarf: steht jetzt nichts mehr in diesem Gebiete der Ausführung messender Versuche entgegen, und eine neue Bahn wichtiger Untersuchungen ist eröffnet. Die Erfahrung hat noch zu lehren, welcher Zinklösung bei den thierisch-elektrischen Versuchen der Vorzug zu geben sei. Die gesättigte Chlorzinklösung dürfte, wegen ihrer Wassergier, ihres geringen Leit- vermögens, vorzügüch aber deshalb von vorn herein zu verwerfen sein^ weil sie nach den Angaben des Hrn. F. Schulze in Eostock, und der Hrn. Baereswil und Killeet, auf die Cellulose der Bäusche ähnlich wie Schwefelsäure wirken, d. h. sie auflösen würde. Ob nicht auch ver- dünnte Chlorzinklösung bei monatelanger Berührung zuletzt die Con- sistenz des Papiers zu lieeinträchtigen vermöge, ist noch unbekannt. Jedenfalls richtet sich unter diesen Umständen die Aufmerksamkeit zu- nächst mehr auf die schwefelsaure Zinkoxydlösung, und es würde sich nur noch fragen, ol) die gesättigte oder die mit dem gleichen Volum Wassers verdünnte Lösung für den Gebrauch die bessere sei. Für die Anwendung der letzteren würde sprechen, dass sie erstens die thierischen Theile minder heftig anätzen würde, und dass sie zweitens besser leitet. [486] In der That erscheint das schlechte Leitvermögen der Zink- lösungen überhaupt 2 hier zuerst als kein ganz ungewichtiger Uebelstand. Zwar nicht so sehr wegen der dadurch bedingten Vermehrung des Wider- standes des Multiplicatorkreises. Denn durch Fortfall der Polarisation wird doch die Stärke wenigstens der dauernden Wirkung der thierisch- elektrischen Ströme im Multipücatorkreise sehr erhöht sein. AUein erstens kann man, \ne ich gefunden habe, nun nicht mehr durch einen neben dem Muskel über die Zuleitungsbäusche gebrückten Schliessungsbausch den Muskelstrom im Multiplicator zum Verschwinden bringen, oder, wie ich es nenne, abblenden, was in vielen Fällen ein nützlicher Kunstgriff ist. Zweitens l)esitzt Füesspapier mit Kupferlösung getränkt, wegen ihres geringen Leitvermögens, ein gewisses, wenn auch sehr kleines 1 Journal für- praktische Chemie. 1852. Bd. LVI. S. 58. 2 Nach Hrn. E. Becquerel (s. oben S. 42. Anm.) leitet nämlich gesättigte Na Cl lösung besser als gesättigte Cu SO4 lösung 5- 81 mal Zn „ „ 5-46 „ „ ,, ,, und HO aa d. Vol. nach ... 4-42 ., „ Cl „ „ ., „ „ „ „ . . . 3-32 „ ., ., „ 16-38 ,, (für Zn Cl mit Zugrundelegung meiner oben S. 65 angeführten Bestimmung.) 78 IV' Ueber gleichartige Maass innerer Polarisirbarkeit. ^ Unzweifelhaft wird ihm ein solches auch mit den Zinklösungen zustehen. Inzwischen wird man sich, was das Abblenden des Stromes betrifft, nunmehr dazu, anstatt des Schüessungsbausches, einer verquickten Zink- platte bedienen können. In Ansehung des zweiten Punktes ist nicht zu vergessen, dass, um am Nen^n-Multipücator Spuren der inneren Polari- sation mit Kupferlösung getränkten Fhesspapieres wahrzunehmen, balken- förmige Bäusche von viel grösserer Länge und Adel kleinerem Querschnitt als Zuleitungsbäusche sie darbieten,^ dem Strom einer dreissiggliederigen GKOVE'schen Säule ausgesetzt wurden. Die innere Polarisation dürfte folglich hier unmerklich sein. Ohnehin wird man, [487] bei Anwendung auch der mit verdünnter Zinklösung getränkten Bäusche, die gleichfalls innerhch polarisirbaren Eiweisshäutchen nicht entbehren können. SoUen auch diese Spuren nicht dem thierischen Erreger angehöriger innerer Ladung aus dem Kreise verbannt werden, so bleibt nichts übrig, als eine Einrichtung, ähnhch den von Hrn. Pflügee angegebenen Eiweiss- röhren, die in ihrer jetzigen Gestalt für die Ableitung der thierisch- elektrischen Ströme einen viel zu gTossen Widerstand haben. Und selbst alsdann wird man noch nicht aller Ladung ausserhalb des thierischen Erregers ledig sein, da an der Grenze der Zinklösung und des Eiweisses unzweifelhaft eine, wenn auch ihrer Richtung und Grösse nach noch nicht erforschte Polarisation stattfindet.^ Da nun zudem der Unterschied zwischen dem Leitvermögen der gesättigten und der verdünnten Lösung auch nur klein ist, so wird natürlich Alles darauf ankommen, ob letztere gleich ersterer dauernd und sicher den Vortheil der voUkommeneu Gleichartigkeit der ableitenden Yorrichtung gewähre. Hierüber zu urtheilen bin ich nach meinen jetzigen Erfahrungen noch nicht im Stande. Thatsache ist nur, dass von zwei verquickten Zinkplatten, deren eine in gesättigter, die andere in ver- dünnter Lösung steht, während ein mit verdünnter Lösung gefülltes, mit Goldsclilägerhaut überbundenes Schüessungsrohr die Verbindung herstellt, letztere sich so stark positiv gegen erstere zeig-t, dass die Nadel des NenTn-Multiplicators dadurch dauernd an der Hemmung gehalten wird. Danach ist zu besorgen, dass auch schon solche Unterschiede in der Concentration der in beiden Zuleitungsgefässen enthaltenen Lösungen, wie sie sich im Laufe der Versuche einstellen können, bereits merklich elektromotorisch wirken dürften. In diesem Falle würde natürlich, trotz 1 S. oben Abb. IL S. 16. 22. 2 S. oben Abb. I. S. 7. 3 S. oben Abb. I. S. 1. und nicht polarisirbare Elektroden. 79 ihrem geringeren Leitvermögen, der gesättigten Lösung der Vorzug zu schenken sein, welche nur durch Verdünnung, wozu [keine Gelegenheit ist, nicht aber durch Verdunstung, ungleichartig werden kann. Jenen Uebelstand, der bei der gesättigten Kochsalzlösung so lästig fällt, nämhch das Effloresciren des Salzes,^ hat man [488] hier nicht zu fürchten, da einmal, wie bemerkt, nicht mehr nöthig sein wird, die Vorrichtung dauernd zusammengesetzt zu halten, und da für's zweite die gesättigte schwefelsaure Zinkoxydlösimg sehr viel weniger als die Kochsalzlösung efflorescirt. 1 Mit Kochsalz ist hier das käufliche Salz der Königl. Preussischen Salinen gemeint, wie es vor der Erbohrung der Stassfurter Steinsalzlager im Handel vorkam. Hr. Prof. Funke hat mir mitgetheilt, dass nach seinen Erfahrungen bei thierisch- elektrischen Versuchen, die nach meiner Vorschrift angestellt wurden, chemisch reine Chlomatriumlösung jene lästige Erscheinung nicht zeigte. Wie sich Lösung des Stassfurter Steinsalzes in dieser Beziehung verhalte, weiss ich noch nicht. lieber den secuiidären Widerstand, ein durch den Strom bewirktes Widerstandspliänomen an feuchten porösen Körpern. (Gelesen in der Gesammtsitzung der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 20. December 1860.) ^ §. 1. Einleitung. In meiner ersten Mittlieüung über innere Polarisation poröser, mit Elektrolyten getränkter Halbleiter ^ habe ich zweifelhaft gelassen, ob diese Polarisation im Kreise der Säule selber, die sie hervorrief, mit gewöhn- lichen Hülfsmitteln bemerkt werden könne. Ich hatte damals besondere Beobachtungen über den Gang des ursprünglichen Stromes während des Polarisirens, nach dem Entladen u. s. f. noch nicht angestellt. Meist hielt ich den Strom nicht länger geschlossen als nötliig war um zu entscheiden, ob der ihm ausgesetzte feuchte poröse Körper innere Polarisation hi bemerkbarem Grade annehme oder nicht, wozu wenige Minuten aus- reichten. Auch befand sich im ursprünglichen Kreise, zur Aufsicht über die Säule, nm- ein Yertical-Galvanoskop von Siemens und Halske, wie sie in Telegraphenbureaus angewendet werden. Allein mir war unter diesen Umständen bereits eine räthseUiafte Erscheinung aufgestossen , die zu weiteren Nachforschungen aufibrderte. Es zeigte sich nämlich häufig, bei Gegenwart der inneriich polarisirbaren Körper im Kreise, dass der ursprünghche Strom, trotz den sorgfältigsten Vorkehrungen, nicht bestän- dig bheb. Sobald ich die Kette irgend länger geschlossen liess, sank die Ablenkung an dem Yertical-Galvanoskop um einen oft sehr ansehnlichen Bruchtheil, näherte sich aber wieder ihrem ursprünglichen Werthe, wenn die Kette einige Zeit offen gehalten ^vurde. Die Schwächung des Stromes, die bei längerer Schliess- [847] ung eintrat, war meist viel zu beträchthch, um sie auf die elektromotorische Gegenkraft der inneren Polarisation 1 Monatsberichte u. s. w. 1860. S. 816; — Auch abgedruckt in Moleschott' s Untersuchungen u. s. w. 1862. Bd. VIII. S. 354. 2 S. oben S. 13. Abb. ü. §. I. Einleitung. 81 beziehen zu können, wollte man nicht dieser Kraft, während der Dauer des ursprünglichen Stromes, eine beispiellose Grösse, und nach dessen Aufhören, eine ebenso beispiellose Flüchtigkeit beimessen. Und doch war nichts leichter, als sich davon zu überzeugen, dass die Unbeständigkeit des Stromes allein von Gegenwart der feuchten porösen Körper im Kreise heiTÜhrte. Wurden die mit gesättigter schwefelsaurer Kupferoxydlösung gefüllten Zuleitungsgefässe, worin die Kupferelektroden der Säule tauchten, unmittelbar durch em mit derselben Lösung gefülltes Schüessungsrohr, oder die mit jener Lösung getränkten Zuleitungsbäusche durch einen eben solchen SchUessungsbausch verbunden, so sah man die Nadel, so lange und so genau als nur zu erwarten war, auf dem Theilstrich verharren, auf den sie sich nach ihren ersten Schmngungen eingestellt hatte. Um diesen Umstand aufzuklären und um zugleich der inneren Pola- risation in dem ursprüngüchen Kreise selber nachzugehen, wurde jetzt in diesen Kreis, anstatt des Vertical-Galvanoskops, die früher^ erwähnte WiEDEMANisr'sche Bussole mit magnetischem Spiegel, dämpfender Kupfer- hülse und verscliiebbaren Rollen aufgenommen. Diese Art von Bussolen eignet sich, der darin stattfindenden starken Dämpfung halber, ganz besonders dazu, den Gang eines unbeständigen Stromes zu verfolgen, während der grosse Spielraum ihrer Empfindlichkeit hier gleichfalls von Nutzen wird. Auch ist gelegentlich von grossem Vortheil, dass man beiderseits vom Spiegel eine Rolle, ja, wenn man will, mehrere Rollen hintereinander anbringen, und so, ohne das Auge vom Fernrohr zu wen- den, mittels einer passenden Schaltung abwechselnd den Strömungsvorgang in zweien, beziehfich mehreren Kreisen überwachen kann. Die Bussole war bei diesen Versuchen gewöhnfich mit nur wenigen Windungen (53 oder 106) versehen. Ein PoHL'scher Stromwender wurde ferner so an- gebracht, dass er die Richtung des Stromes in den Zuleitungsgefässen und den dazwischen befindüchen feuchten porösen Körpern umkehrte, während sie in der Bussole die- [848] selbe büeb. Er war an den Tisch befestigt, und seine Wippe drehte sich, wie stets an meinen Stromwendern, um eine feste Achse, so dass die Zeit zwischen dem Oeffnen des Stromes in der einen und dessen erneutem Sclüiessen in der anderen Richtung nicht nur durch passende Anfüllung der Quecksilbern äpfe, sondern auch durch rasche Bewegung der Wippe möglichst klein gemacht werden konnte. Bei der langen Dauer vieler der folgenden Versuche war es nothwendig, sich überzeugen zu können, dass die Säule an sich beständig geblieben sei. Dies geschah mit Hülfe einer Schaltung, welche an Stelle der Zuleitüngsgefiisse und des zwischen ihnen l^efindfichen feuchten porösen ' S. oben, Abb. IV. S. 49. du Bois-Reymond, Ges. Abb. I. 82 Ueber den secundären Widerstand u. s. w. Köi-pei-s, e^uen solchen metallischen Widerstand in den Kreis der Säule nnd der Bussole und zugleich eine solche Nebenschliessung zu letzterer anbrachte, dass die Ablenkung eine angemessene Grösse besass. Mt diesen voUkommneren Mitteln bestätigte ich nun zunächst die Thatsache, dass bei Abwesenheit eines feuchten porösen Körpers im Ivreise, wenn entweder die Bäusche einander berührten, oder ein Schüessungsrohr die Züleitungsgefässe verband, der Strom ganz beständig büeb. Nicht nur sank die Ablenkung nicht, auch bei noch so langer Dauer der Schhessung, innerhalb der durch die Natur der Dinge gesteckten Grenzen, sondern man sah sie anfangs sogar bis zu einem gewissen Punkte wach- sen, unstreitig in Folge der mit der Hand fühlbaren Erwärmung des Schhessungs-ßohres oder -Bausches. Wurde die Wippe umgelegt, so sah man den Spiegel um ein paar Scalentheile zurückweichen, und dann äusserst nahe meder seine vorige Stellung einnehmen. Kupfer in ge- sättigter schwefelsaurer Kupferoxydlösung ist zwar der Polarisation nicht ganz unfähig;^ allein diese Polarisation ist doch kleiner, als dass der Fig. 4. ^ ^ daraus entspringende Zuwachs an elektromotorischer Kraft in den ersten Augenbücken nach der Umkehr des Stromes in den Zuleitungsgefässen, selbst bei nur Einer GROVE'schen Kette im Kreise, vermocht hätte, den Ausfall an ablenkenden Kräften während des Umlegens der Wippe zu decken, geschweige zu über- [849] wiegen. Um die Erscheinung, um die es sich im Folgenden handeln wird, sofort in deutlichster Ausprägung und in ihrer ganzen Grösse kennen zu lernen, denke man sich jetzt zwischen die Zuleitungsbäusche ein Prisma aus hart gesottenem Eiweiss^ von den üblichen Maassen^ gebracht, und eine zwanziggliederige GROVE'sche Säule dadurch geschlossen. Fig. 4 ist bestmimt, den Gang der Erscheinungen unter diesen Umständen zu ver- 1 S. oben, Abb. IV. S. 56. 2 Ich verschaffe mir ein solches, indem ich Eiweiss in geölten Reagirgläsern im Wasserbade zum Gerinnen bringe, den Boden des Glases zertrümmere, und den Eiweisscylinder mittelst eines Stempels ausstosse. (Vgl. oben Abb. II. S. 22. 23.) 3 S. oben, Abh. H. S. 17. §. 1, Einleitung. 83 •.sinnlichen. Die Abscisseuaxe 0^ stellt darin die Zeit -^or, die Ordinaten bedeuten in Scalentheüen ausgedrückte, der Stromstärke proportionale Spiegelablenkungen. Bei der Abscisse Null wird die Kette geschlossen. Nachdem der Spiegel sich beruhigt hat, erscheint die Ablenkung in den ersten Augen- blicken manchmal beständig, anderemale wächst sie sogar, meist jedoch findet man sie sogleich im Sinken begriffen. Dies Sinken ist entweder anfangs noch langsam, und wird erst mit der Zeit geschwinder, oder es geht gleich von vorn herein mit reissender Schnelle vor sich. AUmälilich indess wird in allen Fällen das Sinken langsamer, und endlich, oft erst nach 10 — 20 und noch mehr Minuten ist eine 1)eständige Ablenkung erreicht. Jetzt ist von der ursprünglichen Stromstärke, wie man sie aus dem ersten Hin- und Hergang des Scalenliildes folgern kann, oft nicht mehr als der zehnte Theil übrig, wie man bei t^^ in der Figur un- gefähr sieht. Wird nun die Wippe umgelegt, wie der Pfeü in der Figur andeutet, so könnte man erwarten, einen mächtigen Aus- [850] schlag erfolgen zu sehen, da es scheint als habe sich in dem Ki-eise eine bedeutende elektro- motorische Gegenki-aft entmckelt. Man sagt sich indessen schon, wie unwahrscheinlich es sei, dass diese in einer 50™"^ langen Strecke geron- nenen Eiweisses der Kraft von achtzehn GßOVE's^hen Gliedern gleich- kommen solle. Der Versuch liefert denn auch ein ganz anderes Ergeb- niss. Man beobachtet nämlich im Augenbück des Umlegens nur einen kleinen negativen Ausschlag, der von dem Ausfall an ablenkenden Kräften während des Umlegens herrührt (s. die Figur bei t^. Von der inneren Polarisation wird also, trotz der langen Dauer der Durchströmung, nichts bemerkbar, was sich leicht erklärt, wenn man die grosse elektrumotorische Kraft der Säule erwägt. Unmittelbar darauf aber ist die Ablenkung in langsamem Wachsen begriffen, der Art, dass, wenn die ursprüngliche Ablenkung einige Hundert Scalentheile betrug, in der Secunde anfangs etwa 10, zuletzt nur noch in der Minute so ^del Scalentheile am Faden vorbeiziehen. In Folge dieses Wachsens erreicht die Ablenkung bei t^ zuletzt ungefähr die nämhche Grösse wieder, die sie bei ^i, unmittelbar nach der ersten Schliessung des Kreises, besass. Allein abermals ver- weilt sie nur einen Augenblick auf dieser Höhe. Sofort beginnt das Sinken von Neuem, und findet zuerst langsam, dann schnell, dann wieder langsam statt, bis abermals die Ablenkung (bei t^ einen unteren Grenz- werth erreicht hat, wo denn abermaliges Umlegen abermals langsames Wachsen der Stromstärke hervorruft. Und so kann man, so oft als die N^atur der Dinge es zulässt, diesen Wechsel der Erscheinungen beobachten. Ihre nähere Ursache ist nicht schwer anzugeben. Was das in einigen 84 V. Ueber den secundären Widerstand u. s. w. — §. 2. Von den feuchten FäDen anfänglich bemerkbare Steigen der Ablenkung betrifft, welches sich andere Male nur als eine Verzögerung des bald überhand nehmenden Sinkens kundgiebt, so ist es wohl einerlei mit dem Steigen, welches man auch ohne das Eiweissprisma, beim Schhessen des Kreises durch ein mit der Kupferlösung gefülltes Rohr, wahrnimmt, d. h. es ist auf die Ver- minderung des Widerstandes der Elektrolyte durch Erwärmung zu schieben» Das darauf folgende Sinken aber, die Erscheinung also, die uns ursprüng- lich aufgefallen ist, kann von nichts hemihren, als von einem Widerstand, den der Strom in [851] der einen Richtung in dem Eiweiss entwickelt und den der Strom in der anderen Richtung wieder aufhebt. Dies folgt unwiderleghch aus der Wirkung des Umlegens der Wippe. Jenes so höchst sonderbare langsame Wiederanwachsen der Stromstärke lässt sich nur auf diese Art begreifen, während, wie schon bemerkt, der Erfolg im Eall einer elektromotorischen Gegenkraft, die den Grund des Sinkens, enthielte, ein ganz anderer sein müsste. Wir wollen diesen durch den Strom erzeugten Widerstand der Kürze halber den secundären Widerstand nennen, womit gar nichts über seine weitere Ursache ausgesagt, sondern nur sein Auftreten unter den- selben Umständen angedeutet wird, unter welchen in manchen feuchten porösen Körpern secundär-elektromotorische Kräfte entstehen. Man be- greift, von welcher Wichtigkeit diese Erscheinung im Gebiete der Elektro- physiologie werden kann, da sie, unter gewissen Voraussetzungen, die Möglichkeit beständiger Ströme in den thierisch-elektrischen und in den elektrischen Reiz-Versuchen ausschliessen würde. Ich habe mich daher genöthigt gesehen, wie schon die Polarisation an der Grenze dei Elektro- lyte und die innere Polarisation der feuchten porösen Halbleiter, auch noch den secundären Widerstand, soweit es für diesen Zweck erforderlich war, zu ergriinden: ein Geschäft, welches sich leider als eines der schwie- rigsten imd, wegen der Dauer und Einförmigkeit der Versuche, auch der mühseligsten unter allen er\vies, die mir im Lauf meiner Untersuchungen zugefallen sind. Nur die praktische Bedeutung der schhessHch hier auf- gedeckten, an sich sehr unscheinbaren Thatsachen für die Elektrophysio- logie kann mich mit den Opfern an Zeit und an Arbeitskraft, die ich diesem widerspenstigen Gegenstande habe bringen müssen, etwas aussöhnen.. §. n. Von den feuchten porösen Körpern, welche secundären Widerstand zeigen. Wir beginnen damit, uns eine Uebersicht über die feuchten porösen Körper zu verschaffen, die den secundären Widerstand zeigen. Den zu untersuchenden Körpern wurde die Ge- [852] stalt eines Prisma's, wa porösen Körpern, welche secundären Widerstand zeigen. 85 vieder eingesetzt, und der Erfolg am Fernrohr beobachtet. ]\Iit dem Eiweiss ist dieser Erfolg lüchtig; der Faden stellt sich, wenn der Versuch gut gehngt, sobald die unvermeid- lichen Schwankungen wegen Oeffnens und Wiederschüessens der Kette vorüber sind, fast genau auf den Theilstrich wieder ein, auf dem [864] er sich vor dem Umkehren des IVIittelstückes befand. jVIit dem Kartoffel- gewebe hingegen zeigt sich die Ablenkung, wenn der Spiegel zur Riüie gekommen ist, im langsamen Wachsen begTiffen, und dies lässt sich sogar in Fällen beobachten, wo ein in dem IMittelstück steckendes Thermo- meter aus anderen Gilinden sinkt, nicht steigt. Das langsame Wachsen hat eine Grenze, bei welcher angelangt die Stromstärke eimge Augen- blicke beständig bleibt, und dann wieder zu sinken beginnt, ganz, nur in §. 4. Vom inneren secundären Widerstände. 95 kleinerem Maassstabe, als ol) es sich um den äusseren secundären Wider- stand handelte. Wird das Mittelstück nur herausgenommen und wieder eingesetzt ohne umgekelu't zu werden, so ereignet sich nichts der Art. Nach diesen Versuchen ist es als ausgemacht anzusehen, dass das Kartoffelgewebe wirklich inneren secundären Widerstand besitzt. Vom Eiweiss hätte man bis zum letzten Versuche noch glauben können, dass die durch thermische Wirkung darin erzeugten Hülfsstromschwaukungen vieUeicht auch noch solche Schwankungen in sich bärgen, die auf innerem secundären Widerstände beruhten. Nach diesem Versuch aber steht es fest, dass dem Eiweiss keine nachweisbare Spur inneren secundären Wider- standes zukommt. Zwar lässt sich dagegen noch einwenden, dass wir, der Natur der Sache nach, das Eiweiss auf den inneren secundären AVider- stand nur haben prüfen können mittels eines Stromes, der durch den äusseren secundären Widerstand um den grössten Theil seiner Stärke gebracht war. Allein die Folge wird uns Mittel an die Hand geben, diesen Einwand zu beseitigen, wie auch den inneren secundären Wider- stand des Kartoffelgewebes noch auf einem vierten Wege darzuthuu (s. unten, §. XI). Wir werden dergestalt auf die Aufgabe geführt, zu ermitteln, welche unter den feuchten porösen Körpern, die wir oben als des secundären Widerstandes überhaupt fällig erkannt haben, neben dem äusseren secun- dären Widerstände, der ihnen allen in grösserem oder geringerem Grade zuzukommen scheint, auch noch gleich dem Kartoffelgewebe inneren secundären Widerstand besitzen. Das Ergebniss dieser Prüfung hat etwas Befremdendes. Ich habe nämhch den inneren secundären Widerstand bisher nur an frischen Pflanzengewebetheilen, an [865] Stücken Kartoffel, Mohrrübe, Petersihenwurzel, Begoiiiastiel, Apfel, Birne, nachweisen können. Hält man Kartoffeln oder Begoniastiele zehn Minuten lang in siedendem Wasser, so leiten sie sehr ^iel besser, haben aber die Fähigkeit, inneren secundären Widerstand anzunehmen, eingebüsst. Was die anderen feuchten porösen Körper betrifft, so habe ich ausser dem Eiweiss auf diese Fähig- keit vergebhch untersucht folgende Vertreter der vier Klassen: Kreide und Bimsstein; Seite; Stäbe aus Eichen- und Weissbuchenholz, Bäusche aus Fhesspapier und Streifen Pappe, sämmthch mit Wasser getränkt; endhch Muskelfleisch, in der Fasenichtung und senkrecht darauf durch- strömt, Rückenmark, Sehnen- und elastisches Gewebe, Haut und Knorpel vom Rinde. Sieht man von der Seife ab, an der sich aus ge\nssen Gründen nicht mit der Hüffskette experimentiren lässt, so findet bei keinem dieser Körper eine absolute Verminderung der Hüffsstromstärke in Folge des Durchganges des Hauptstromes, oder ein Ansteigen derselben in Folge des Oeffnens der Säule statt. Die Hölzer nehmen eine so starke 96 V- Ueber den secundären Widerstand u. s. w. Polarisation an, dass der Hülfsstrom dadurch, je nach der Eichtung des Haiiptstromes, ansehnlich verstärkt oder geschwächt wurde. (Yergl. oben S. 92.) Diese in raschem Sinken begriffene Polarisation setzt der Be- stimmung des Widerstandes der Hölzer nach dem Durchgang des Haupt- stromes grosse Schwierigkeiten entgegen. Es gelingt jedoch auszumachen, dass der Widerstand nicht vermehrt, sondern, unstreitig durch themiische Wirkimg des Hauptstromes, vermindert ist. Bei den porösen Köii^em unorganischen Ursprungs, Kreide und Bimsstein, habe ich mich auf die Beobachtung jener beiden Merkmale der Abwesenheit des inneren secmi- dären Widerstandes beschränken müssen. Hier ist somit noch die Mög- hchkeit da, dass eine Spur inneren secundären Widerstandes durch die thennische Wirkung des Hauptstromes verdeckt Anirde. Was aber die übrigen so eben genannten feuchten porösen Körper, die Hölzer, die Pappe, insbesondere die thierischen Gewebe betrifft, so habe ich damit noch den zuletzt angegebenen Umkehrv'ersuch angestellt, und dabei nie langsames Wachsen gesehen. Ebensowenig war dies der Fall bei der Seife ,v wo nur dieser Versuch angestellt werden konnte. Von diesen Körpern können wir also mit derselben Gewissheit wie vom Eiweiss sa- [866] gen, dass sie keine Erscheinung zeigen, welche zur Annahme eines inneren secundären Widerstandes zwänge. §. V. Nähere Untersuchung des inneren secundären Wider- standes. Abgesehen davon, dass ^^^r noch nicht wissen, ob nicht die noch im Besitz ihrer Lebenseigenschaften verharrenden thierischen Gewebe des inneren secundären Widerstandes fähig sind, erscheint dieser an sich als ein Phänomen von hinlänglicher Bedeutung, um ein etwas näheres Ein- gehen darauf an dieser Stelle zu rechtfertigen. Zunächst versuchte ich zu erfahren, ob sich dieser Widerstand auch kundgeben würde, wenn man den Hülfsstrom. statt dem Hauptstrom parallel, senkrecht darauf dm-ch das Pflanzengewebe leitete. Zu diesem Zwecke stanzte ich mittels eines Blechdeckels kreisrunde Scheiben aus einer durch zwei parallele Ebenen begrenzten Kartoffelschuitte, und zeich- nete darauf mit Tinte vier einander unter 45** schneidende Durchmesser. Dem Endpunkte eines dieser Durchmesser legte ich die Keilbäusche der Hauptkette an, die der Hülfsbäusche folgweise den Endpunkten der drei anderen Dirrchmesser. lüeiner als 45^ oder grösser als 135^ liess sich der Winkel zmschen beiden Strömen nicht machen, weil über diese Grenzen hinaus kein Platz für die Zuleitungsgefässe , welche die Keil- bäusche trugen, übrig bheb. Innerhalb dieser Grenzen aber erwies sich §, 5. Nähere Untersuchung des inneren secundären Widerstandes. 97 die absolute Verminderung des Hülfsstromes in Folge der Einwirkung des Hauptstromes als gleich gross, es mochte nun der Hülfsstrom den Haupt- strom senkrecht, oder unter einem Winkel von 45° oder von 135° schneiden. Demnach scheint es als sei der innere secundäre Widerstand unabhängig von der Kichtung des Stromes, der ihn hervorrief. Dann wollte ich wissen, wie dieser Widerstand im Inneren des Kar- toffelprisma's vertheilt sei; ob er in allen Querschnitten des Prisma's gleich gross gefunden werde, oder ob er vielleicht vom Eintrittsende nach dem Austrittsende zu abnehme, was so zu deuten gewesen wäre, dass der innere secundäre Widerstand eine in der Eichtung des Stromes in den feuchten porösen Körper hineinragende Fortsetzung des äusseren secun- dären [867] Widerstandes bilde. Vergebüch suchte ich zuerst diese Frage dadurch zu entscheiden, dass ich die Keübäusche der Hülfskette in be- ständig-em Abstände von einander verschiedenen Strecken des Prisma's anlegte und die Veränderungen verghch, welche der Hauptstrom in dem AViderstande dieses Strecken hervorbrachte. Es zeiglen sich keine deut- üchen Unterschiede, allein das Verfahren erwies sich als zu unsicher, um sich bei diesem Ergebniss beruhigen zu dürfen. Zur schärferen Prüfimg beschloss ich, zwei gleich- lange Strecken des Kartoffelprisma's zu Schenkeln eines WnEATSTONE'schen Stromnetzes ^ zu machen, in dessen ungespaltener Strecke eine Hülfskette von hinlängücher Kraft befindhch, und dessen beiden anderen Schenkeln ein solcher Widerstand ertheilt wäre, dass bei dem ursprünglichen Leitvermögen des Kartoffelgewebes der Strom in der Brücke verschwände. Wenn dann durch die Einwirkung des Hauptstromes die beiden Strecken des Prisma's verschiedenen Wider- stand annähmen, müsste sich dies dadurch kundgeben, dass beim Schhessen der Hülfskette nach dem Oeffnen der Hanptkette ein Strom in der Brücke entstände. Dieser Versuchsplan wurde in's Werk gesetzt, indem ich dem Kar- toffelprisma in gleichen Abständen drei mit Zinklösung getränkte Keil- bäusche anlegte, welche auf verquickte Zinkplatten gebunden und passend aufgestellt waren. Das mittlere Zinkblech führte zum einen Ende der Hülfskette, die beiden anderen waren durch die Brücke verbunden, imd hingen ausserdem mit dem anderen Ende der Hülfskette zusammen durch metallische Leitungen von angemessenem Widerstände, welche die beiden anderen Schenkel des Stromnetzes ausmachten. Der Widerstand der einen dieser Leitungen konnte hinreichend fein abgestuft werden, und mit Hülfe 1 Philosophical Transactions etc. For the Year 1843. P. 11. p. 323; — Pog- gendorff's Annalen u. s. w. 1844. Bd. LXII. S. 535. — Kirchhoff, ebendas. 1845. Bd. LXIV. S. 512. E. du Bois-Reymond, Ges. Abh. I. 7 98 ^ • Ueber den secundären Widerstand u. s. \v. davon -wurde der Stromzweig in der Brücke, worin die eine Rolle der Bussole eingeschaltet war, leicht zum Verschwinden gebracht. Die Empfind- lichkeit der Anordnung war so gross, dass einer Veränderung des Wider- standes eines der Schenkel um ^200 ^^^^'^ ^^^^ Sealentheil Ausschlag ent- sprach. [868] Nun üess ich, bei geöffneter Hülfskette, ^ den Hauptstrom sich durch Entwickelung des secundären Widerstandes auf's Aeusserste schwächen, prüfte den Brückenstrom, legte die Wippe im Hauptkreise um, liess den umgekehrten Hauptstrom den secundären Widerstand zerstreuen, prüfte abermals den Brückenstrom, liess von Neuem dm*ch den Hauptstrom den secundären Widerstand in entgegengesetzter Richtung von vorhin heiTor- rufen, prüfte zum drittenmal den Brückenstrom, u. s. f. Der Erfolg war in mehreren wohlgelungenen Versuchen, dass zwar der Strom in der Brücke mcht gerade Null bheb, was bei der Dauer der Beobachtungen nicht zu verlangen war, dass sich aber, in Sinn und Grösse der auf- tretenden Ablenkungen, keine Spur eines Gesetzes blicken Hess. Und doch bringt, wie man leicht bemerkt, das angewendete Verfahren es mit sich, dass bei einem beständigen Unterschiede zwischen dem Widerstände der Ein- und dem der Austrittshälfte, die Ausschläge in der Brücke bald die eine, bald die andere Richtung gehabt, mit anderen Worten, dass ihre Grössen sich summirt haben würden. Gleichg-ültig war dabei, ob der mittlere Bausch mit dem positiven oder mit dem negativen Ende der Hülfskette verbunden war, d. h. ob der Hülfsstrom in der Eintritts- hälfte dieselbe Richtung wie der Hauptstrom hatte oder nicht. Dadurch ist dem Verdacht vorgebeugt, als habe vielleicht der in der Eintrittshälfte zuläUig stets dem Hauptstrom entgegengesetzte, in der Austrittshähte aber gleichgerichtete Hülfsstrom in der ersteren Hälfte den inneren secundären Widerstand zerstreut, in der letzteren bestehen lassen, und als sei so durch die Prüfung selber die durch den Hauptstrom bewirkte Ungleich- heit der Widerstände wieder verwischt worden. Aus diesen Versuchen ist somit zu schhessen, dass der Widerstand des Kartofi'elprisma's in allen seinen mittels der Keilbäusche zugänghchen Querschnitten unter dem Einfluss des Hauptstromes gieichmässig steigt und fällt, und dass keine nachweisbare Abstufung des inneren secundären Widerstandes vom [869] Eintritts- nach dem Austrittsende zu stattfindet, 1 Die Oettnung geschah natürlich an zwei Stellen, nämlich in den beiden Drähten, die von den beiden äussersten Zinkblechen ausgingen, und zwar bevor diese Drähte sich in die Brücke und in die beiden metallischen Schenkel des Stromnetzes spalteten. Anderenfalls hätte ein Theil des Hauptstronies seinen Weg durch die Brücke genommen. §. 5. Nähere Untersuchung des inneren secundären Widerstandes. 99 "ivelche auf eine Beziehung zwischen dem inneren und dem äusseren secundären Widerstände hinwiese. "Wenn folghch die Maxinia und Mnhna des Haupt- und Hühsstromes in den obigen Versuchen einander zu ent- sprechen schienen, so ist darauf nichts zu geben. War dies Avirküch der IFall, so war es nur ein zufälhges Zusammentreffen. Allein jenes Ent- sprechen kann ebensogut nur ein Anschein gewesen sein, erzeugt durch eine Keihe von Möghchkeiten, deren ausführhche Zerghedermig sich hier nicht der Mühe lohnen würde. Wie mit der Dauer der Durchströmung, so nimmt der innere secun- däre Widerstand in einem gegebenen Kartoffelprisma uatürüch auch mit der Stärke des Hauptstromes zu. Schon bei fünf GEOVE'schen Güedern und den gewöhnhchen Maassen des Prisma's trat die Erscheinung in sehr grosser Stärke hervor. Wurden noch fünf Glieder in die Hauptkette genommen, so wuchs auch der innere secundäre Widerstand, und so fort bis zu zwanzig Güedern. Doch geschah das Wachsthum immer lang- samer, so dass durch die Vermehrung der Güederanzahl von fünfzehn auf zwanzig nur noch eme ganz unbedeutende Verstärkung des inneren secun- dären Widerstandes herbeigeführt \nirde. Es versteht sich von selber, dass es sich hierbei nicht mn die abso- lute Stromstärke, sondern, wie bei ähnhchen Wirkungen des Stromes im Inneren von Leitern, um die Stromdichte handelt. Es würde indess wünschenswerth sein, dies so zu zeigen, dass bei beständig bleibender Stromstärke der Querschnitt des Kartoffelprisma's verändert würde. Da, wie wir sehen werden, der äussere secundäre Widerstand mit der Ver- kleinerung der Berührungsfläche zwischen Bausch und feuchtem porösen Körper rasch zunimmt, so kann dies nicht ohne Weiteres in der Art geschehen, dass man, im Hauptkreise beobachtend, Prismen von ver- schiedenem Querschnitt einem Strome von stets gleicher Stärke aussetzt und die durch den secundären Widerstand in den verschiedenen Fällen herbeigeführten Schwächungen des Stromes miteinander vergleicht. Es würde vor der Hand an jedem Älittel fehlen, um den Antheü an der Schwächung des Stromes, der dem inneren, von dem zu sondern, der dem äusseren secundären Widerstände zukommt. Es ist vielmehr klar, dass zu einer tadel- [870] freien Versuchsweise hier gehört, dass sowohl die ursprünghche Stärke des Stromes, als der äussere secundäre Wider- stand beständig gehalten werden, welches letztere nur so mögüch ist, dass die Enden des Prisma's unverrückt an den Bäuschen hegen bleiben. Daraus ergiebt sich folgendes Verfahren. Man bezeichnet sich an dem Prisma durch Tintenpunkte zwei gleich lange Strecken, A und B, welche einen möghchst grossen Theil seiner Länge einnehmen, an jedem Ende des Prisma's jedoch, und zwischen 7* 100 V. Ueber den secundären Widerstand u. s. w. sich, noch ein etwa 1^^ langes Stück übrig lassen. Der einen dieser Strecken, A, legt man die Keilbäusche der Hülfskette zuerst so an, das& sie dessen ganze Länge umfassen, und bestimmt die absolute Vermindenmg des Hülfsstromes , welche der Hauptstrom hervorbringt. Dann verjüngt man in der Strecke A das Prisma um die Hälfte, rückt die Keilbäusche der Hülfskette einander um die Hälfte näher, und schneidet die Strecke B aus dem Prisma aus. Sieht 'man davon ab, dass die Leitung des Hülfsstromes zwischen den Keilbäuschen, und des Hauptstromes da wo der Querschnitt des Prisma's sich plötzhch um die Hälfte ändert, keine lineare sein kann, so lässt diese Keihe von Operationen den Widerstand sowohl im Haupt- als im Hülfskreise, und folglich beide ursprängliche Stromstärken, unverändert, verdoppelt hingegen die Stromdichte in der verjüngten Strecke. Wächst folglich der innere secundäre Widerstand mit der Stromdichte, so muss sich eine Vergrösserung der durch die beiden secundären Widerstände im Hauptkreise bewirkten Schwächung Fig. 6. a r 0^ X i 1 g der Hauptstromstärke, noch leichter aber eine solche der durch den inneren secundären Widerstand allein bewii'kten Schwächung der Hülfs- s-tromstärke nachweisen lassen. Ich habe diesen Versuchsplan mehrmals in's Werk gesetzt, jedoch ohne klaren Erfolg. Es ist in Wirküchkeit, aus Gründen, deren Aus- führung zu weitläufig werden würde, unmöghch, die Bedingungen zu erfüllen, auf denen er beruht. Ebensowenig ist mir dies mit einem ein- facheren Versuchsplan gelungen, den ich dann zu demselben Zweck er- dachte. Er besteht darin, ein Kartoffelprisma KP (s. Fig. 6) zwischen die Zuleitungsbäusche zu bringen, an welchem ein Stück a b c d aus- geschnitten, und wieder eingesetzt ist. Ich üess den secundären Wider- stand sich so weit entwickeln, dass der Strom beständig erschien, [871] und entfernte dann plötzlich das Stück ab c d. Natürüch geschah, unter heftigen Schwankungen des Scalenbildes , eine plötzliche Verminderung der Stromstärke. Ich hoffte aber nach Beruhigung des Spiegels die Strom- stärke noch langsam abnehmen zu sehen, zum Zeichen, dass der erhöhten Stromdichte in der veijüngten Strecke ein höherer Grad inneren secun- dären Widerstandes entspreche. Allein auch diese Versuchsweise schlug fehl, weil entweder, bei kleinem Widerstände im Kreise ausserhalb des §. 5. Nähere Untersuchung des inneren secundären Widerstandes. 101 Prisma's, die Stromtlichte in der verjüngten Strecke nicht hinlänglich wuchs, oder, bei grossem Widerstände, in Folge der Schwäche des Stromes sogar bei dreissig GEOVE'schen Güedem der Säule die Erscheinungen undeuthch Anirden. Unsere Bemühungen, das Wachsen des inneren secundären Wider- standes mit abnehmendem Querschnitt bei beständiger Stromstärke nach- zuweisen, bleiben somit für jetzt vergebüch. Die Folge mrd uns indess in den Stand setzen, diese Frage mit besserem Erfolg wieder aufzunehmen (s. unten §. XI). Wollte man den inneren secundären Widerstand in den Ausdruck für den Widerstand des Kartoffelprisma's einführen, so würde er, nach den Untersuchungen dieses Paragraphen, durch einen von der Stromdichte und der Dauer der Durchströmung abhängigen Summanden zu dem Coefficienten darzustellen sein, der den Widerstand des Gewebes für die Einheit der Länge und des Querschnittes bedeutet. §. YI. Abhängigkeit des äusseren secundären Widerstandes von Stromstärke und Querschnitt. Wir kehren nun zurück zu dem äusseren secundären Widerstände, der aus mehreren Gründen bei weitem die mchtigere Erscheinung für uns ist. Gleich dem inneren secundären Widerstände wächst der äussere in einem gegebenen feuchten porösen Körper rasch mit der Stromstärke. Bei nur einer GKOVE'schen [872] Kette im Kreise zeigt sich an einem Eiweissprisma von den gewöhnlichen Maassen keine sichere Spur davon. Bei fünf GEOVE'schen Güedem dagegen sind schon alle oben beschrie- benen Erscheinungen am Eiweiss, dem Muskelfleisch, dem Knorpel, dem elastischen und dem Sehnen-Gewebe, dem der Kartoffel, deutlich wahr- zunehmen, nur dass das Sinken sowohl als das Wiederanwachsen der Stromstärke nach dem Umlegen der Wippe viel langsamer vor sich gehen als bei den hohen Stromstärken, und dass sich leicht Unregelmässigkeiten einstellen, z. B. der secundäre Widerstand nur oder vorzugsweise l)ei der •einen Stromrichtung auftritt. Die Ursache, weshalb wir uns bisher stets einer Säule von so grosser Gliederanzahl l)edient haben, und dies für gewöhnlich auch fernerhin thun werden, ist also nicht etwa, dass es solcher INIittel bedarf, um den inneren oder äusseren Widerstand sichtl)ar zu machen. Sondern aus demselben Grunde, aus dem diese Anordnung vielleicht für den einen unserer Zwecke nicht die günstigste war, nämüch um die innere Polarisation im ursprüng- hchen lü-eise zu l)eobachten, eignet sie sich zur Untersuchung des secun- dären Widerstandes. Sie hat gerade den Vortheil, dass wir uns dabei 102 ^'- Ueber den secundären Widerstand u. s. w. — §. 6. Abhängigkeit um die verschiedenen secundär-elektromotorischen Kräfte, welche ini. Kreise rege werden mögen, nicht zu kümmern brauchen: so wenig wie- um die innere Polarisation, um die der Kupferelektroden, um die Polari- sation an der Grenze der ElektroMe, und um die Hydrothermoströme,. zu denen die thermische Wirkung des Säulenstromes vielleicht Anlass giebt. ^ Alle diese Störungen verschwinden unstreitig gegen die elektro- motorische Kraft von zwanzig GROVE'schen Gliedern, und jede merkliche Stromschwankung darf ohne Weiteres auf eine Veränderung des Wider- standes bezogen werden. Lässt man den secundären Widerstand durch den Strom von fünf GROVE'schen Güedem sich vollständig entwickeln, so dass bei einer ur- sprüngüchen Ablenkung von etwa 200 Scalentheilen mehrere Minuten vergehen, bis ein Sinken um einen Sealentheil erfolgt ist, und geht man dann plötzhch zu einer grösseren Stromstärke, z. B. zu der von zehn Güedern über, so beobachtet man in den ersten Augenbhcken wieder rasches Sinken, welches auf eine er- [873] neute Entwickelung secundären Widerstandes liinweist. In der That kann man sich, mit Hülfe leicht zu ersinnender Gegenversuche, überzeugen, dass das erneute Sinken nicht etwa darauf beruht, dass der secundäre Widerstand sich zum Theü zer- streut hat, während man, um die neuen Güeder aufzunehmen, die Kette einen Augenbhck öffnete. Wartet man abermals einen nahezu beständigen Zustand ab, und steigert man Avieder die Gliederanzahl der Säule um fünf, so beobachtet man den nämhchen Erfolg, und so habe ich ihn, wenn auch in immer kleinerem Maassstabe, bis zu dreissig Ghedern ein- treten sehen. Füi- den äusseren secundären Widerstand hat es keine Schwierigkeit,, dessen Abhängigkeit vom Querschnitt, oder viebnehr von der Berührungs- fläche zwischen feuchtem porösen Körper imd Bausch, nachzuweisen. Sie ist erwähntermaassen (s. oben S. 99) der Art, dass dieser Widerstand um so beträchthcher erscheint, je kleiner die Berührungsfläche, oder je- grösser die Stromdichte darin. Dies spricht sich besonders darin aus, dass wenn man dem Eiweissprisma statt der auf die Axe senkrechten Grundflächen jederseits eine keilfiirmige Schneide oder eine Spitze ertheilt" und es damit die Bäusche berühren lässt, man statt fünf GROv^'scher Glieder nur noch einer einzigen D.-LNiELL'schen Kette bedarf, um alle^ Erscheinungen des äusseren secundären Widerstandes vollkommen deuthch wahrzunehmen. Dasselbe ist natürUch der Fall, wenn man imigekehrt die Berühnmgsfläche dadurch verkleinert, dass man das Prisma mit Keil- bäuschen berührt. Da die schwefelsaure Zinkoxydlösung sich der Kupfer- Vergl. Wild in Poggendorff's Annalen u. s. w. Bd. CHI. S. 353. des äusseren seciindären Widerstandes von Stromstärke und Querschnitt. 103 oxydlösung in diesen Versuchen ganz gleich verhält, so wurde deshalb bei der obigen Anwendung der Hülfskette mit iliren Keilbäuschen die Vorsicht gebraucht, die Kette nie länger als nöthig geschlossen zu halten und den Strom oft umzukehren. Bemerkenswerth ist der Erfolg, wenn man, bei niu" einem DaiiieU im Kreise, ein Eiweissprisma zwischen die Bäusche bringt, das nur an einem Ende keilförmig zugeschärft ist. Alsdann nämüch beobachtet man den secundären Widerstand nur, wenn die Schneide dem Strome zum Eintritt dient. Hat der Strom die andere Richtung, so erscheint er ganz beständig. Oeifnet man den Kreis, in welchem ein Eiweissprisma das Maximum des äusseren secundären Widerstandes angenommen [874] hat, ein paar Minuten lang, so findet man, wie schon bemerkt, die Stromstärke etwas gewachsen, obgleich während des OfEenstehens die Temperatur des Eiweiss- prisma's nothwendig gesunken ist. Doch lässt diese von selber eintretende Zerstreuung des äusseren secundären Widerstandes auch nach sehr langer Zeit noch immer den gTÖssten Theil davon bestehen. Selbst der umgekehrte Strom hebt übrigens den einmal vollständig entwickelten äusseren secundären Widerstand nicht ganz auf, me schon oben S. 88 gezeigt wurde und wie abermals aus folgendem Versuch erhellt. Man richte sich so ein, dass man mit Leichtigkeit abwechselnd mit dem Strom der vielgüederigen GROVE'schen Säule, dem Hauptstrom, den einer DANiELL'schen Kette als Hülfsstrom durch die Zuleitungsgefässe und das Eiweissprisma schicken könne. Das Prisma muss die Bäusche mit hinreichend grossen Flächen beriiliren, damit der Hiüfsstrom für sich keinen secundären Widerstand hervon-ufe. Man bestimmt nun zuerst die Stärke des Hülfsstromes ehe der Hauptstrom durchgegangen ist. Dann lässt man diesen durch Ent^nckelung secundären Widerstandes sich auf's Aeusserste schwächen, kehrt ilni um, und ersetzt ihn wieder durch den Hülfsstrom in dem Augenbück, wo das langsame Wachsen sein Ende erreicht hat und der Hauptstrom wieder zu sinken beginnt. Man findet zwar den Hülfsstrom jetzt ansehnlich stärker als zu Anfang, allein dies rührt nur her von der durch den Hauptstrom entmckelten Wärme. Hat man ein Thermometer im Eiweiss stecken, und wartet man bis die Temperatur wieder auf den Punkt gesunken ist, wobei die erste Beobach- tung geschah, so zeigt sich eine geringere Stärke des Hülfsstromes, so dass es klar ist, dass auch unter dem Einfluss des umgekehrten Stromes das Eiweissprisma seine ui-sprüngfiche Leitungsgüte nie ganz wieder- erlangt. Nur durch das Abschneiden des Eintrittsendes kann dies er- reicht werden. 104 V. Ueber den secundären Widerstand u. s. w. §. Vn. Nähere Untersuchung des Eintrittsendes des feuchten porösen Körpers, welches der Sitz des äusseren secundären Widerstandes ist. Es ist nun an der Zeit dieses Eintrittsende etwas genauer zu ))e- trachten, um dadurch womöglich zu einer Vorstellung [875] von der Natur des äusseren secundären Widerstandes zu gelangen. Bei fast allen feuchten porösen Körpern, welche man zwischen die Zuleitungsbäusche hring-t, beobachtet man, dass das Eintrittsende sich nach kürzerer oder längerer Zeit, bis zu grösserer oder geringerer Tiefe, blau färbt in der Farbe des Kupfersalzes der Bäusche, während das Austrittsende diese Farbe nur obei-flächüch annimmt, so dass man mittels dieses Kennzeichens die Stromrichtung bestimmen kann. Das Eintrittsende eines Eiweissprisma's oder -Cylinders zeigt jedoch noch eine andere bemerkenswerthe Eigenthümüchkeit. Man findet es nämlich nahe der Grundfläche nach Art einer Rakete eingeschnürt, oder, wie es in der Feuerwerkerei heisst, gewürgt (s. Fig. 7). Von der Grund- Fig. 7. ' fläche E, die dem Brandloch entspricht, bis zur Würgung ist das Eiweiss hellblau, die Kehle der Wüi'gung dagegen sieht dunkelblaugrün aus, als ob ein abfärbender Faden zum Wüi'gen gedient hätte. Diese Färbungen erstrecken sich, wie man auf Längsschnitten sieht, mehr oder minder ausgesprochen durch die ganze Masse des Eiweisses. Die Strecke von der Gnmdfläche bis zur Würgung fühlt sich sehi* fest und derb, die Würgung selber hart wie Hom an. Die Würgung erscheint zuerst ganz nahe der Grundfläche als eine seichte dunkle Furche. In dem Maasse wie der Strom länger einwirkt, wird sie tiefer luid breiter, und rückt sie weiter in der Richtung des Stromes fort. Hat der Strom seine unterste Grenze en-eicht, so bleibt sie in einer Entfernung von 2 — 4"""' von der Grundfläche stehen. Am Austrittsende zeigt sich nichts der Art. Die dort durch Diffusion entstandenen blauen Stellen bleiben weich, wie dies auch der Fall ist, wenn man Eiweiss noch so lange in Kupferlösung tauchen oder auf einem damit getränkten Bausche [876] stehen lässt. Hat aber der Strom lange in derselben Richtung angehalten, so macht sich am Austrittsende eine §. 7. Nähere Untersuchung des Eintrittsendes des feuchten porösen Körpers. 105 leichte Anschwellung in Gestalt eines abgestumpften Kegels 1)emerkbar, dessen Grundfläche die vergrösserte blaugefärbte Grundfläche Ä des Ei- weissc^'linders ist, während seine abgestumpfte Spitze mit dem unver- änderten mittleren Tlieile des Cyünders verschmilzt. In Fig. 7 ist diese Anschwellung, mit Eücksicht auf sogleich zu Erwähnendes, zu stark ausgeprägt. Trägt man mit einem scharfen Messer die zwischen Grundfläche und Würgung gelegene Strecke des Eintrittsendes in dünnen Scheiben ab, so bleibt dies ohne Wirkung auf den äusseren secundären Widerstand. Dieser verschwindet erst, und der Strom erreicht erst wieder seine ur- sprüngliche Stärke (s. oben S. 88. 103), nachdem man mit dem schicht- weisen Abtragen des Eintrittsendes an die Würgung gelangt ist. Nicht das ganze Eintrittsende also, sondern die der Würgung entsprechende Scheibe des Endes ist der eigentliche Sitz des äusseren secundären Wider- standes. Die Würgung lässt sich ganz wie l)eim Eiweiss auch beim Leim, dem Knorpel, dem elastischen Gewebe, dem Eückenmark, dem Muskel- fleisch und anderen feuchten porösen Körpern der Art wahrnehmen, wenn sie dem Strom hinreichend lange zwischen den Kupfersalz-Bäuschen aus- gesetzt blieben. Im Widerspruch mit früher von mii- mitgetheilten Versuchen ^ muss ich endlich bemerken, dass sich mir neuerdings öfter ein Temperatur- unterschied des Ein- und Austrittsendes, und zwar stets zu Gunsten des ersteren, dargeboten hat, jedoch ohne dass ich bis jetzt Gelegenheit ge- nommen hätte, mich ausdmcküch und in Strenge davon zu überzeugen. Z. B. eine Dampfsäule stieg nur von dem Eintrittsende des feuchten porösen Körpers auf, von einem Leimprisma schmolz nur dies Ende u. d. m. §. VIII. Vom äusseren secundären Widerstände bei Tränkung der Zuleitungsbäusche mit verschiedenen Flüssigkeiten. Demnächst obhegt uns, um unsere Kenntniss des äusseren secun- dären Widerstandes zu erweitern, der Versuch, wie sich [877] dieser Widerstand gestalten werde, wenn wir den Strom dem Eiweiss durch Bäusche zuführen, die, statt wie bisher mit Kupferlösung, mit verschiedenen Flüssigkeiten getränkt sind. Dass schwefelsaure Zinkoxydlösung sich dabei im Wesentüchen gleich der Kupferlösung verheilte, ist schon l)ei Gelegenheit der Anwendung der Hülfskette erwähnt worden, deren Zuleitungsgefässe und -Bäusche jene S. oben, Abh. I. S. 10. 106 V. Ueber den secundären Widerstand u . s. \v. — §. 8. Vom äusseren secundären Lösung enthielten (s. oben S. 102. 103). Um aber unsere Erfahrungen in dieser Richtung zu venielfältigen , überziehen wir jetzt die Zuleitungs- bäusche mit Sicherheitsbäuschen, die gleichfalls mit Kupferlösung getränkt sind, und diese wiederum mit Hülfsbäuschen, welche die zu versuchenden Elektrolyten enthalten sollen ; zv^dschen die Hülfsbäusche wird das Eiweiss gebracht. Wählen wir zuerst Kochsalzlösung, wegen der bedeutenden RoUe, die sie in der Elektrophysiologie spielt. Man ist nicht wenig überrascht zu finden, dass Eiweiss zwischen zwei Kochsalz-Hülfsbäuschen noch so lange Zeit dem Strom ausgesetzt, keine Spur äusseren Widerstandes wahr- nehmen lässt. Die Ablenkung wächst bei dieser Anordnung stetig, in Folge der Erhitzung des Eiweisses, bis das dynamische Gleichgewicht zwischen Wärmeerzeugung und -Abgabe erreicht ist. Umlegen der Wippe hat keine bemerkenswertbe Folge. Das Abschneiden des Eintrittsendes verstärkt den Strom nicht mehr als das des Austrittseudes. Das Ein- trittsende zeigt übrigens ganz wie mit der Kupferlösung die Würgimg, nur natürlich nicht blau, sondern gelbgrau. Indem das Eintrittsende fast bis auf die HäKte seines Durchmessers einschrumpft, während das Aus- trittsende mehr und mehr anschwillt, nimmt ein Eiweisscyünder hier zuletzt die abenteuerliche Gestalt an, die Fig. 7 S. 104 zeigt. In Folge des Umkehrens des Stromes geht diese Gestalt wieder in die cylindrische über; die nicht ganz verschwindende Würgung am alten Eintrittsende verhindert aber, dass sich die Kegelgestalt in der anderen Richtung rein auspräge, und der Cyhnder erhält mehr die Form einer Birne, deren Stiel am neuen Eintritts- und deren sogenannte Knospe am neuen Aus- trittsende läge. Als ich am Eintrittsende keilförmig zugeschärfte Eiweiss- prismen zwischen die Kochsalz-Hülfsbäusche brachte, erhitzte sich die Schneide dermaassen, dass die Leitung unter Knistern plötzlich ganz unterbrochen wurde. Nur indem [878] ich den Strom der zwanzig- güederigen GROVE'schen Säule dem Eiweiss durch Kochsalz-Keilbäusche zuführte, gelang es mir zuletzt mit dieser Flüssigkeit äusseren secundären Widerstand in geringem Maasse, theils durch langsames Wachsen der Stromstärke nach dem Umlegen der Wippe, theils durch den verscliiedenen Erfolg beim Yemicken des Ein- und des Austrittsbausches nachzuweisen. Da für gewöhnhch mit der Kochsalzlösung durchaus kein secundärer Widerstand auftritt, so lange nicht die Kupferlösung durch die Kochsalz- bäusche hindurch zum Eiweiss dringt, so bietet sich jetzt eine bequeme Art dar, verschiedene Flüssigkeiten auf die Fähigkeit zu prüfen, mit Eiweiss secundären Widerstand zu geben, ohne für jede Flüssigkeit die Zuleitungsbäusche mit neuen Sicherheits- und Hülfsbäuschen überziehen, und ohne darauf Rücksicht nehmen zu müssen, ob die Grenze des mit Widerstände bei Tränkung d. Zuleitungsbäusche m. verschied. Flüssigkeiten. lOT der zu prüfenden Flüssigkeit getränkten Hülfsbaiisclies und des Sicher- heitsbausclies ein Sitz secundären Widerstandes werde. Man bekleidet nämlich die Sicherheitsbäusche zuerst mit einem mehrere Millimeter dicken Blatt Modellirthon, dann mit einem Hülfsbausch, der mit Kochsalzlösung getränkt ist. Der Thon setzt keinen secundären AViderstand (s. oben S. 85) und verzögert die Diffusion der Lösungen, so dass man nicht so- bald einer Erneuerung der Anordnung bedarf. Zwischen die Hülfsbäusche- bringt man das Eiweissprisma, das man mittendurchschneidet, und seine beiden Hälften durch den mit der zu prüfenden Flüssigkeit getränkten. Bausch von einander trennt. Ich habe dergestalt eine ziemliche Anzahl von Versuchen angestellt, zu dem Zweck, die Eigenschaft zu entdecken,, wodurch eine Flüssigkeit befäliigt wii'd, mit Eiweiss secundären Wider- stand zu geben. Das Ergebniss dieser Versuche, verbunden mit dem der früheren, ist in folgender Uebersicht enthalten. Die Lösungen waren, wo nicht das Gegentheil gesagt ist, gesättigt. Secundären Widerstand gaben: ■^Schwefelsaure Kupferoxydlösung. ^Schwefelsaure Zinkoxydlösung. ■^Salpetersäure Silberoxydlösung. ■^Neutrale essigsaure Bleioxydlösung. ^Chlorzinklösung. ■^ Alaunlösung. [879] ^Verdünnte Schwefelsäure (SO^H : HO :: 1 : 19). ■^Verdünnte Salpetersäure (Käufliche NO5 : HO :: 1 : 9). Dagegen versagten secundären Widerstand: (Jhlornatriumlösung. Dieselbe verdünnt mit dem dreifachen Volum Wassers. Dieselbe verdünnt mit dem neunfachen Volum Wassers. Chloranimoniumlösung. Chlorcalciumlösung. ^Quecksilberchloridlösung. Schwefelsaure Natronlösung. Neutrale chromsaure Kahlösung. Doppelt chromsaure Kalilösung. Kohlensaure Kalilösung. Kaühydratlösung. Brunnenwasser. ^Absoluter Alkohol. ^Derselbe verdünnt mit dem halben Volum Wassers. Essigsäure. Bei vielen der letzteren Flüssiskeiten , welche deich der Kochsalz- 108 V, lieber den secundären Widerstand u. s. w. — §. 9. Vom äusseren secundären lüsimg keinen secundären Widerstand geben, wurde wie dort gleichwohl die Würgung am Eintrittsende des Eiweisscyhnders l)eobachtet. Umge- kehrt bot die Höllensteinlösung das Beispiel einer Flüssigkeit dar, mit welcher der stärkste secundäre Widerstand auftrat, ohne dass eine deut- liche Spur von W^ürgung bemerkbar -wm-de. Der Strom sank nämlich damit viel zu schnell auf eine sehr niedere Stufe, als dass die Erscheinung Zeit gehabt hätte sich auszubilden. Vielleicht ist es nicht unnütz zu bemerken, dass es im Wesenthchen gleichgültig ist, ob man das Eiweissprisma z^vischen Bäusche bringt, welche mit einer bestimmten Flüssigkeit getränkt sind, oder ob man es bogen- förmig mit seinen beiden Enden in dieselbe Flüssigkeit taucht. Die von uns bis jetzt angewendete Versuchsweise hat keine andere Bedeutung, als dass sie eine grössere Bequemüchkeit gewährt und die Berührungs- fläche des Eiweisses mit dem zuführenden Elektrolyten sicherer abzu- grenzen erlaubt. Sehr sonderbar ist aber, dass auch an einem flüssiges Eiweiss ent- haltenden heberförmigen Kohr, welches in die mit Kupfer- [880] oder Zinklösung gefüllten Zuleitungsgefässe umgestürzt ist, alle Erscheinungen des äusseren secundären Widerstandes, zwar langsam, aber in vollkommener Ausprägung und in grösstem Maassstabe, auftreten. Dabei bildet sich in dem Rohr, vom Eintrittsende her, ein mit der Dauer der Schliessung bis zu einer gewissen Grenze fortschreitendes Gerinnsel, das der Sitz des ; secundären Widerstandes ist, da der Strom sich hebt wenn es entfernt wird. In das Austrittsgefäss verbreitet sich kein entsprechendes Gerinnsel. ]\Iit Kochsalzlösung bleibt der Strom ])eständig. ■§. IX. Vom äusseren secundären Widerstände bei Zuleitung des Stromes durch metallische Elektroden. Ehe wir eine Erörterung dieser Thatsachen versuchen, ^^^rd es zweck- mässig sein, unsere Versuche auch noch daliin abzuändeni, dass wh' den Strom dem Eiweiss statt durch Elektrolyte, durch metallische Elektroden zuführen, um zu sehen, ob sich dabei gleichfalls secundärer Widerstand nachweisen lasse. Es wü'd darauf ankommen, ob wir in dieser Bemühung nicht durch die Polarisation allzusehr gehemmt werden, die, wenigstens l)ei den negativeren MetaUeu, jetzt auch gegen die elektromotorische Kraft der zwanzigghederigen GEOVE'schen Säule nicht mehr vei*schwindeu dürfte. Bringt man einen Eiweisscylinder mit seinen l)eiden Grundflächen Widerstände bei Zuleitung des Stromes durch metallische Elektroden. 109' zwischen Platinelektrodeii , die mit dieser Säule verknüpft sind, so sinkt unter lebhafter Gasentwickelung die Stromstärke rasch auf einen kleinen Bruchtheil ihrer Grösse, während sich am Austrittsende ein Kegel in der oben S. 105. 106 beschriebenen Art ausbildet, der aber hier eine eigenthüm- liche Beschaffenheit hat. Er besteht nämlich aus einer durchsichtigen, von fielen (Wasserstoff-) Blasen erfüllten, äusserst weichen Masse, die wie hartgesottenes Kiebitzeiweiss aussieht, und aussen und innen stark alkalisch reagii-t. Am Eintrittsende bewahrt das Eiweiss sein porzellanartiges An- sehen und fühlt sich härter an als in der Mitte, wo es unverändert bleibt; die harten Theile reagiren lebhaft sauer. Eine Würgung findet nicht statt. Legt man die Wippe um, so geht der Strom zuerst in einem Sprunge, dann aber so langsam in die Höhe, dass es ganz so aussieht, ai habe man [881] es mit dem Verschwinden secundären Widerstandes zu thun. Auf der Höhe verweilt der Strom nur einen Augenblick und sinkt dann wieder, und dieser Vorgang wiederholt sich so oft wie man die Strömungsrichtung ändert, ohne dass auch bei langer Dauer des Stromes in der der ursprünglichen entgegengesetzten Richtung, der Eiweiss- cyhnder seine Gestalt \neder annähme, geschweige ein Kegel am neuen Austrittsende sich bildete. Sind die Platinoberflächen nur klein, wie es der Fall ist, wenn man Platindrähte als Elektroden einer fünf- bis zwanziggliederigen Säule in das Eiweiss einsticht, so verlaufen die Erscheinungen, was die Schwankimgen der Stromstärke betrifft, ähnlich, nur dass das langsame Wachsen nach dem Umlegen vermisst wird. Es fragt sich, ob dies Wachsen hier auf secundären Widerstand zu deuten sei. Es könnte nämlich auch dadurch, dass sich der Polansationsstrom plötzlich, statt sich vom ursprüngUchen Strom abzuziehen, dazu hinzufügt, des letzteren thermische Wirkung wachsen, und den Widerstand des Eiweisses herabsetzen. Inzwischen ist erstens die Schwächung des Stromes zu beträchtlich, um sie allein der Polarisation zuzuschreiben, zweitens der positive Ausschlag beim Umlegen nicht so gross, wie er sein müsste, wenn diese Schwächung allein von Polarisation herrührte. Drittens endlich zeigt sich, dass auch hier das Eintrittsende eine besondere Rolle bei der Schwächung des Stromes spielt, indem dem Abschneiden des zeitigen Eintrittsendes stets eine ungleich grössere Hebung des Stromes folgt als dem des zeitigen Austrittsendes. Hat man Platindrähte als Elektroden des geschwächten Stromes im Ei- weiss stecken, und zieht man die Kathode heraus um sie wo anders einzustechen, so bleibt Alles beim Alten. Verfährt man ebenso mit der Anode, so erreicht der Strom auf Augenbhcke seine ursprüngliche Grösse wieder. Dies zeigt um so sicherer, dass es sich hier um äusseren secun- dären Widerstand, und nicht um Polarisation handelt, als bei der Polari- 110 V. Ueber den secundären Widerstand u, s. w. — §. 9. A'oni äusseren secundären .sation es bekanntlich gerade umgekehrt die Kathode ist, deren Erschütterung die Stromstärke wieder belebt. ^ [882] Mit Zinkelekti-oden folgt auf das Umlegen der AVippe, nachdem der Ätrom bis auf einen kleinen Bruchtheil geschwunden ist, keine Hebung der Stromstärke, sondern räthselhafterweise erneutes Sinken. Bei aber- maügem Umlegen der Wippe (zur ursprünghchen Eichtung) geht der Strom plötzüch in die Höhe bis etwa zu seiner anfängüchen Stärke, sinkt aber bald wieder eben so tief wie das erstemal. Ein drittes Umlegen iat Aneder erneutes Sinken, ein viertes rasches Emporsteigen zur anfäng- lichen Höhe zur Folge, und so fort mit jedem ungeraden und jedem geraden Umlegen. Die äusseren Erscheinungen am Eiweissc3^ünder sind dabei dieselben wie mit dem Platin, der Kegel schien mir aber in der- selben Zeit noch rascher zu wachsen als dort. Verquicktes Zink Aerhielt sich wie unverquicktes, Kupfer anfangs wie Zink, später mehr wie Platin. Hier schhessen sich einige Wahrnehmungen verwandter Natm- an Bäuschen, statt an Eiweiss, an. Auf ein Kupferelektrodenpaar bringe man Bäusche mit gesättigter schwefelsaurer Kupferlösung getränkt, und verbinde sie mittels Fliesspapierstreifen, die mit derselben Lösung getränkt sind; oder man treffe die gleiche Anordnung mit Yerquicktem Zink und Zinklösung. In beiden Fällen glaubt man alle Bedingungen für die Be- ständigkeit des Stromes erfüllt zu haben. Mit nichten; bei zwanzig Güe- dern im Kreise fast augenl)hckhch , noch bei fünf nach nicht allzulanger Zeit sieht man den Strom plötzüch bis auf einen kleinen Kest verschwinden. Legt man um, so stellt er sich im Nu wieder her, ohne dass langsames Wachsen folgt, und das Sinken beginnt von Neuem, früher oder später, Je nach der Stromstärke. Aehnlich wirkt Oeffnen des Kreises während einiger Minuten. Die Besichtigung der Elektroden lehrt übrigens, dass 4er galvanoplastische Process nicht ordentMch von statten geht. Bei gleicher Stärke des Stromes ist seine Unbeständigkeit um so grösser, je kleiner die Elektroden, je trockener die Bäusche und je fester sie den Elektroden anhegen. Nicht einmal wenn man die Elektroden mit darauf gebundenen Bäuschen in Gefässe taucht, die ein Schhessungsrohr über- brückt, oder wenn nur der einen ein Bausch anüegt, wird der Strom beständig. Nur der Theil des Stromes verhält sich so, der von den fi'ei umspülten Kanten u. s. w. beider Metallplatten ausgeht. [883] Man sieht leicht, wie gefährlich diese Erscheinung in manchen Ver- suchen werden kann, wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Dass es sich dabei im Wesentlichen niclit um Polarisation handelt, geht abennals 1 Die Literatur hierzu s. in meinen Untersuchur gen u. s. \v. Bd. I. S. 212. Widerstände bei Zuleitung des Stromes durch metallische Elektroden. Hl aus dem Betrage der Stroniscliwächung und der l)eim Umlegen statt- findenden positiven Wirkung lieiTor, dann aber, in diesem Fall, auch noch daraus, dass dieselben Elektroden, von denselben Elektrclj-ten frei umspült, überhaupt keine hier in Betracht kommende Ladung annehmen. Die Erscheinung beurkundet sich vielmehr als dem Gebiete des secundären Widerstandes angehörig dadurch, dass man durch verstärkten Druck auf den Eintritts-, nicht auf den Austrittsbausch, die Stromstärke auf Augen- blicke wiederherzustellen vermag. §. X. Zur Theorie des äusseren secundären Widerstandes. Dies sind che wichtigsten Thatsachen, die ich über den äusseren secundären Widerstand ermittelt habe. Eine sichere Deutung dieser Er- scheinung darauf zu gründen, muss ich mich leider zur Zeit noch bescheiden. Klar ist zunächst, dass der Unterschied im Verhalten des Ein- und Austrittsendes, wie er l)eim Eiweiss, dem Knorpel u. s. w. zwischen Kupfer- salzbäuschen sich uns dargeboten hat, zu bringen ist auf Kechnung jener überführenden, oder, wie ich sie gern nehne, kataphorischen AVirkung des Stromes, deren Bedeutung in diesem Gebiete mit jedem Tage wächst, seit Hr. Wiedemann sie der Vergessenheit entriss und ihre Gegenwai-t überall da wahrscheinlich machte, wo der elektrische Strom in Capillar- Aggregaten eingeengte Elektrolyte ergreift.^ Sobald der Strom begonnen hat, von Bausch zu feuchtem porösen Körper, von diesem zu Bausch überzugehen, reisst er auch die Flüssigkeiten darin mit sich, und treibt die Kupferlösung des Eintrittsbausches in das Eiweissprisma oder das Stück Eippenknorpel, das Wasser oder den Saft aus diesem in den Aus- trittsbausch hinein. Es scheint beim ersten Blick, als müsse die Folge liiervon gerade das Umgekehrte vom äusseren secundären Widerstände [884] sein. Man sollte meinen, das mit der besserleitenden Kupfeiiösung durchdrungene Eintrittsende, und somit der ganze feuchte poröse Körper, müsse an Widerstand verhören. Es giebt aber noch etwas anderes zu bedenken. Die verschiedenen Elektrolyte unterhegen der Fortführung im Strome bekannthch um so mehr, je schlechter sie leiten. Die Feuchtigkeit im Eiweiss wird also schneller nach dem Austrittsbausch zu wandern, als die Kupferlösung 1 [Hr. G. Quincke hat seitdem über diese Erscheinung, wie auch über das von Hrn. Jürgeusen entdeckte reciproke Phänomen (s. unten §. XH) folgenreiche Untersuchunge nangestellt.] 112 V. Ueber den secundären Widerstand u. s. w. darin ihr Platz machen kann. Daher rührt die kegelförmige Anschwellung am Austrittsende, welche um so grössere Dimensionen annimmt, je länger der Strom, wie dies beim Kochsalz u. s, w. der Fall ist, migeschwächt, oder gar durch die von ihm selber ausgehende Erwäraiung des Eiweisses verstärkt., seine kataphorische Wirkung übt. Ebenso wird (he Eiweiss- feuchtigkeit das Eintrittsende schneller räumen, als die Kupferlösung aus dem Eintrittsbausch ihr folgen kaim. Daher muss hier, an der Grenze beider Flüssigkeiten, eine an Wasser verarmte und deshalb geschrumpfte und hornig verhärtete Stelle entstehen, die sich aussen als Würgung bemerklich macht. Die Würgung muss, wie die Erfahrung lehrt, mit der Dauer des Stromes an Tiefe und Breite zunehmen, denn mit dieser Dauer muss der Vorsprung wachsen, den die Eiweissfeuchtigkeit vor der Kupferlösung gewinnt. Aber auch die Eiweissstrecke zwischen der Gnmd- fläche und dieser Stelle muss, ganz wie wir es gefunden haben (s. oben S. 104), härter erscheinen als eine durch Diffusion entstandene, weil das Wasser aus dem Eiweiss vertrieben wurde, ehe die gesättigte Lösung eindrang, welche das Eiweiss nicht wie Wasser aufzuweichen vermag. So weit scheint Alles deutlich, und was liegt näher, als folgender- maassen weiter zu schüessen. Die an W^asser verarmte Strecke muss nothwendig fast nichtleitend werden, und wirküch haben wir darin den eigenthchen Sitz des secundären Widerstandes erkannt. Die Wüi-gung scheint also selber daran Schuld zu sein, dass sie nicht weiter vorschreitet, sondern auf einer gewssen Stufe der Ausbildung und in einer gewissen Entfernung vom Eintrittsende stehen bleibt. Dies geschieht, wenn der Strom dadurch so geschwächt ist, dass er den Widerstand nicht mehr zu überwinden vermag, der sich der Bewegung der Flüss- [885] igkeiten im Eiweiss entgegenstellt. Je kleiner übrigens der Querschnitt des Eiweiss- prisma's am Eintrittsende, um so schwächere Ströme werden dem Wasser über die Kupferlösung einen Vorsprung von gegebener Grösse verschaffen, oder in um so kürzerer Zeit wird bei gleicher Stromstärke der gleiche Vorsprung erreicht werden. Hört der Strom auf, so zieht das getrocknete Eiweiss rasch wieder Feuchtigkeit an. Darauf beruht die theilweise Wieder- herstellung des Stromes durch das Oeffnen der Kette. Legt man die Wippe um, so wird die ausgedörrte Scheibe durch die mit dem Strome wiederkehrende Feuchtigkeit des Eiweisses bewässert, und der Strom geht schneller und viel weiter in die Höhe, ohne jedoch ganz die ursprüngliche Stärke wiederzuerlangen (s. oben S. 88. 103): denn in der That verändert die Würgung am alten Eintrittsende ihr Aussehen nur wenig unter dem Einfluss des umgekehrten Stromes, während man sofort eine solche auch an Stelle der früheren Anschwellung am alten Austritts-, dem neuen Eiutrittsende, entstehen sieht. §. 10. Zur Theorie des äusseren secundärcii Widerstandes. 113 Mit dieser Theorie stimmt es zwar, dass mit Salzlösungen getränkte balkenförmige Bäusche, als feuchte poröse Körper zwischen die Zuleitimgs- häusche gebracht, keinen secundären Widerstand zeigen, insofern jene Lösungen etwa ebenso schnell wandern mögen, wie die Kupferlösung der Zuleitungsbäusche. Die neutrale chromsaure KaMlösung machte hiervon eine Ausnahme (s. oben S. 87); man müsste aber, um diesen Fall gehörig zu beurtheilen, erst noch mehr Versuche mit Lösungen angestellt haben, die mit Kupferlösung einen Niederschlag geben. Dagegen passt es ent- schieden nicht zur Theorie, dass geschlämmter Sand (s. oben S. 85) und Modellirthon keinen secundären Widerstand annehmen, dass letzterer, ohne eine Spur davon zu zeigen, die Kupferlösung mit der Zeit zu einem anderen feuchten porösen Körper, etwa Eiweiss, durch sich hindm-ch lässt, wo dann secundärer Widerstand erscheint. Auch passt es nicht dazu, dass das flüssige Eiweiss, oder vielmehr das darin durch die Metall- salzlösung erzeugte Gerinnsel, secundären Widerstand giebt. Das Fort- schreiten der Gerinnung im Rohr vom Eintrittsende her hat man sich dabei wohl so zu denken, dass ursprünglich an der Berührungsfläche des Eiweisses mit der Metallsalzlösung eine Schicht gerinnt, in der dann die kataphorische Wirkung vor [886] sich geht. Weshalb nicht dasselbe auch am Austrittsende stattfinde, muss im Dunkel bleiben. Wie dem auch sei, man würde sich hier vergebens, scheint es, nach den Bedingungen umsehen, auf die wir die Theorie des äusseren secundären Widerstandes gegründet haben. Und wirklich, wie wohlgeluugen sie auch beim ersten Anbhck sich ausnehmen mochte, in der Form, me sie hingestellt Avurde, ist die Theorie unhaltbar. Liessen auch jene beiden Schwierigkeiten sich wegerklären, sie fällt rettungslos vor der Thatsache, dass es mehrere Flüssigkeiten giebt, welche besser leiten und daher langsamer wandern als Kupferlösung, und welche keinen secundären Widerstand geben, wohl aber die Würgung; und dass es umgekehrt eine Flüssigkeit giebt, die Höllensteinlösung, bei der, trotz dem sehr starken secundären Widerstände, die Würgung ver- misst wird. Die Würgung kann also ohne secundären Widerstand, und dieser kann ohne jene bestehen. Da aber die Würgung, wo sie mit secun- därem Widerstände zusammen vorkommt, sich als dessen eigentücher Sitz erweist, so muss sie gleichwohl irgendwelche Beziehung dazu haben. Die Frage scheint nur zu sein, weshalb die Würgung bei gewissen Flüssigkeiten nichtleitend werde, bei anderen nicht. Eine Musterung der Flüssigkeiten, welche secundären Widerstand geben und versagen, führt, in dieser Hinsicht zu keinem Ergebniss. Einen Augenblick glaubte ich, die Flüssigkeiten der letzteren Art seien vor denen der ersteren, wie die Kochsalzlösung vor der Kupferlösung, allgemein E. du Bois = Reyinond, Ges. Abh. I. 8 114 ^- Ueber den secundären Widerstand u. s. w. durch grössere Wassergier ausgezeichnet, und ich daclite mir den Zu- sammenhang so, dass, wo kein secundärer Widerstand stattfinde, die durch den Strom getriebene Feuchtigkeit des Eiweisses die Lösung nach sich ziehe, und deshalb die Würgung immer hinreichend gut leite. Allein erstens giebt auch eine verdünnte Kochsalzlösung keinen secundären Widerstand, obschon sie noch immer \iel besser leitet, oder langsamer wandert, als die Ei Weissfeuchtigkeit , während ihre AVassergier nur noch gering sein kann; für's Z^veite hat, bei grösserer Verylelfältigung der Versuche, die Vertheilung der Flüssigkeiten in solche die Widerstand geben und die ihn versagen, überhaupt nicht mehr [887] deren kleinerer und gTÖsserer Wassergier entsprochen, wie denn miter die ersteren Flüssigkeiten auch die so höchst wassergierige Chlorzinklösung zu stehen gekommen ist. Eine andere Bemerkung ist vielleicht thatsächlich besser l)egründet, allein für das Verständniss ist damit nichts gewonnen. Die Sternchen bezeichnen nämhch unter den oben S. 107 angeführten Flüssigkeiten die, welche in dem filtrirten Hühnereiweiss einen undurchsichtigen Nieder- schlag bewirken. Wie man sieht, sind merkwürdigerweise alle Flüssig- keiten, welche secundären Widerstand geben, solche, welche das Eiweiss fällen; doch stehen auch einige Flüssigkeiten der Art in der Reilie derer, welche secundären Widerstand versagen. Ich vermag keine Hypothese zu ersinnen, wodurch das Veraiögen einer Flüssigkeit, das Hühnereiweiss undurchsichtig zu fällen, verknüpft würde mit dem, in Berührung mit dem geronnenen Eiweiss unter dem Eiiifiuss des Stromes secundären Widerstand zu erzeugen. Um zu ermitteln, ob wirküch eine solche Be- ziehung stattfinde, würden vielleicht ähnliche Versuchsreihen mit Glutin und Chondrin einen Weg abgeben. Was die Erscheinungen bei Anwendung metallischer Elektroden be- trifft, so kann man die Unbeständigkeit des Stromes, wenn unpolarisirbare Elektroden nicht frei von dem Elektrolyten umspült sind, sondern dieser in den Capillarräumen eines Bausches seiner Beweglichkeit beraubt ist, zwar zunächst so auffassen, als verschhesse sich der Strom gleichsam selber die Thüre durch seine kataphorische Wii-kung, indem er die an die Anode grenzende Lage des Bausches austrockne. Damit stimmt es, dass Anpressen des Bausches an die Anode den Strom auf Augenbhcke wiederherstellt. Unerklärt bleibt aber dabei, dass der Strom auch un- beständig ist, wenn nur der Kathode ein Bausch anliegt. Man kann nur muthmaassen, dass dabei Aehnliches vorgeht, wie wenn bei frei um- spülten Elektroden deren eingetauchte Fläche zu klein im Verhältniss zur Stromstärke ist. Bei dem Eiweiss wird der Vorgang noch dadurch venvickelt, dass die von der Zersetzung der Salze des Eiweisses stammen- §. 10. Zur Theorie des äusseren secundären Widerstandes. 115 den Anionen und Kationen sich in's Spiel mischen, wie sich dies in der Beschaffenheit des Ein- und Austrittsendes ausspricht. Dass die kegel- förmige Anschwellung sich hier nicht durch Umlegen der [888] Wippe von dem alten an das neue Eintrittsende verlegen lässt, rührt gewiss davon her, dass die alkahsche Flüssigkeit nicht mehr hinlänglich der kataphorischen Wirkung gehorcht. Die Unregelmässigkeiten, welche die positiveren Metalle zeigen, bleiben vollends räthselhaft. Unter solchen Umständen gebrach es mir vor der Hand an jedem Fingerzeig, um diese Untersuchung zu gutem Ende zu führen, und ich habe um so mehr geglaubt, sie auf sich beruhen lassen zu dürfen, als mit der Einsicht, dass der äussere secundäre Widerstand auf rein ört- licher Wirkung an der Grrenze der zuleitenden Theüe der Vorrichtung und der feuchten porösen Körper beruht, die Erscheinung überhaupt das . allgemeine Interesse eingebüsst hat, das ihr anfangs zuzukommen schien. Nun löst sich das Problem, welches sich uns darin darbot, zu ebenso vielen Einzelaufgaben mehr untergeordneter Art auf, wie sich Zusammen- stellungen von Elektrolyten denken lassen, womit man die Bäusche und den porösen Körper tränken kann. Es ziehen uns unter diesen Aufgaben nur noch diejenigen an, deren Behandlung verspricht, zugleich die Be- dingungen der elektrophysiologischen Versuche unmittelbar aufzuklären. Ich habe mich deshalb auch nicht weiter bemüht, die Art und Weise zu zergliedern, wie der äussere secundäre Widerstand am Eintrittsende anderer feuchter poröser Körper entsteht. Nur über den äusseren secundären Widerstand, den mit verdünnter Schwefelsäure getränkte Bäusche zwischen den gewöhnlichen Zuleitungs- bäuschen annehmen (s. oben S. 87), habe ich noch Versuche angestellt. Ich dachte mir nämlich, im Sinn obiger Theorie, dass liier, wo der Elek- trolyt im feuchten porösen Körper besser leitet, also langsamer wandert, als der in den Bäuschen, der äussere secundäre Widerstand schien Sitz statt am Eintritts- vielmehr am Austrittsende haben werde. Ich fülirte deshalb den Strom der Säule einem balkenförmigen Schwefelsäure-Bausch durch Keilbäusche zu, und rückte, nachdem der Strom sich selber so stark wie möglich geschwächt hatte, bald den Eintritts-, bald den Aus- trittsbausch, und zwar deren jeden bald nach Innen, bald nach Aussen von der Stelle. Das Verrücken beider Bäusche nach Aussen larachte eine Schwächung, das Verrücken beider nach Innen eine Verstärkung des Stromes [889] hervor, allein die Stromveränderung, welche dem Verrücken des Eintrittsbausches entsprach, übertraf in beiden Fällen die, welche dem des Austrittsbausches folgte. Jene Voraussicht fand sich also nicht bestätigt, und auch liier erscheint, wie schon oben S. 89 gezeigt wurde, das Eintrittsende als Sitz des secundären Widerstandes. Inzwischen ist 116 ' V. Ueber den secundären Widerstand u. s. w. wohl der Vorgang hier ein ganz anderer als beim Eiweiss. Offenbar hatte der Schwefelsäurebausch in der ganzen Umgebung des Eintritts- bausches, d. h. auch nach Aussen davon, wo gar kein Strom hingelangt, grösseren Widerstand angenommen, als in der des Austrittsbausches. Ich vermuthe, dass dies von der thermischen Wirkung des Stromes her- rührt. Der ganze Bausch wird nämlich sehr heiss, und man sieht dem- gemäss den Strom anfangs stets erst eine Zeit lang ansehnlich wachsen,, bis die Stromabnahme erfolgt, die wir als Entwickelung äusseren secun- dären Widerstandes aufgefasst haben. Das vom Eintrittsbausch aus in den Schwefelsäm-ebausch eindringende Kupfersalz krystaUisü't dort aus, verklebt die Lagen des Bausches mit einander und überzieht seine Ober- fläche mit einem weisshchen Anfluge. Dies trockene Salz scheint es mh* zu sein, welches 'den äusseren secundären Widerstand im Fall des Schwefelsäurebausches bedingt. Ob der oben S. 105 erwähnte muthmaassliche Temperaturunterschied des Ein- und Austrittsendes nicht vielleicht auch eine Rolle bei Erzeugung des äusseren secundären Widerstandes spiele, muss ich dahingestellt sein lassen. §. XI. Noch Einiges über den inneren secundären Widerstand. Wir sind jetzt aller Wahrscheinhchkeit nach in den Stand gesetzt, unserer Kenntniss des inneren secundären Widerstandes noch Einiges hinzuzufügen. Das Mittel dazu wird uns in Aussicht gestellt durch die Entdeckung der Möghchkeit, feuchten porösen Körpern den Strom zuzu- führen, ohne dass äusserer secundärer Widerstand sich einmische. Beim Eiweiss wird dies, wie wir gefunden haben, dadurch erreicht, dass man es von der Kupferlösung der Zuleitungsbäusche durch Kochsalz-Hülfs- bäusche trennt. Es steht aber zu vermuthen, und findet sich glücklicher- weise bestätigt, dass dieselbe Anordnung uns auch in Be- [890] zug auf ähnhche feuchte poröse Körper den gleichen Dienst leisten werde. Bringt man zwischen jene Hühsbäusche ein Prisma aus einer ge- kochten Kartoffel geschnitten, oder einen gekochten Begoniastiel, so zeigt sich in der That, dass der äussere secundäre Widerstand beseitigt ist. Die Ablenkung erscheint wegen der thermischen Wirkung des Stromes in stetigem Wachsen begriffen, und erreicht erst spät einen beständigen Werth. Legt man um, so kommt das Scalenbüd sehr nahe in derselben Lage, meist in etwas grösserer Ablenkung, wieder zur Ruhe; langsames Wachsen findet nicht statt. Stellt man den gleichen A>rsuch mit den frischen Gewebetheilen an, so sinkt die Ablenkung sofort, und nähert §.11. Noch Einiges über den inneren secundären Widerstand. 117 sich allmählich einer unteren Grenze, wie vorher einer oberen. Dem Umlegen folgt langsames Wachsen bis zu einem gewissen Punkte, dann «rneutes Sinken, u. s. w. Es ist kein Grund vorhanden, anzunehmen, dass an der Grenze der frischen Pflanzengewebe und der Kochsalzlösung sich secundärer Widerstand einstelle, wenn dies nicht mit den gekochten der Fall ist. Ueberdies lässt sich dessen Ausbleiben so darthun, dass man den Strom durch Keilbäusche zuführt und zeigt, wie das Verrücken weder des Ein- noch "des Austrittsbausches anders auf die Stromstärke wirke, als durch Veränderung der Länge der zwischen beiden begrifl^enen Strecke. Die Schwankungen, die der Strom in den frischen Pflanzen- geweben zwischen Kochsalzlösung zeigt, sind also nur zu erklären durch einen inneren secundären Widerstand dieser Gewebe, dessen Dasein somit versprochenermaassen (s. ol)en S. 95) noch auf einem ^iel■ten Wege beglaubigt ist. Bei dieser Versuchsweise hat man Gelegenheit zu bemerken, was wegen des äusseren secundären Widerstandes früher nicht sicher anging, dass die Schwankungen des Stromes in Folge des inneren secundären Widerstandes, je länger man sie beobachtet, um so kleiner werden. Jetzt kann es keine Schwierigkeit mehr haben, die Frage nach dem Einfluss der Stromdichte auf diesen Widerstand, die uns oben S. 99 ff. vergebhch beschäftigte, zu erledigen. Man braucht dazu nur zwischen die Kochsalz-Hülfsbäusche abwechselnd ein Kartoffelprisma von grossem, und ein solches von kleinem [891] Querschnitt zu bringen, indem man zugleich dafür sorgt, dass die ursprünghche Stromstärke in beiden Fällen die gleiche, oder mit dem dickeren Prisma etwas grösser sei als mit dem dünneren. Fallen alsdann die Schwankimgen der Stromstärke mit dem dickeren Prisma absolut kleiner aus als mit dem dünneren, so kann dies nur daher rühren, dass der dichtere Strom in letzterem einen stärkeren inneren secundären Widerstand entwickelt. Ich habe diesen Erfolg mehr- mals deuthch beobachtet, wobei ich es hequem fand, gewissermaassen als Bheostat, um damit die Stromstärke beständig zu erhalten, einen Stab aus Modellirthon zwischen Bäuschen im Kreise zu haben, dessen Dimen- sionen sich leicht jeden Augenbück ändern lassen. Wie schon oben S. 95 bemerkt wm'de, ist gegen den bis jetzt ge- lieferten Beweis der Abwesenheit des inneren secundären Widerstandes in vielen feuchten porösen Körpern einzuwenden, dass dieser Beweis mittels eines Stromes geführt wurde, der durch den äusseren secimdäreii Widerstand sehr geschwächt war. Immer würde ein bedeutender Unter- schied in dieser Beziehung zu Gunsten der frischen Pflanzengewebe be- stehen bleiben. Denn diese Gewebe leiten um so viel schlechter als z. B. das Eiweiss, dass der durch den äusseren secundären Widerstand auf das 118 V. Ueber den seeuadären Widerstand u. s. w. Aeusserste geschwächte Strom in einem Eiweissprisma noch immer grössere Dichte besitzt als in einem Kartoffelprisma von gleichen Maassen. Allein es Wcäre möglich, dass mit Kochsalz-Hülfsbäuschen sich jetzt Spuren des inneren secundären Widerstandes da entdecken liessen, wo sie mit den Kupfersalz-Zuleitungsbänschen vermisst wurden. Bei den gekochten Pflanzengewebetheilen ist dies indess nicht ein- getroffen, und ebensowenig bei dem Eiweiss, in Bezug worauf der ent- scheidende Versuch sich schon oben S. 106 angestellt findet. Ist ein Eiweissprisma zwischen Kochsalz-Hülfsbäuschen dem Strom ausgesetzt, so folgt dem Umlegen der Wippe kein langsames Wachsen; also ist kein innerer secundärer AViderstand da. Dies ist nämlich die Gestalt, welche jetzt hier der XJmkehrversuch annimmt, der oben S. 94. 95 als für das Dasein des inneren secundären Widerstandes entscheidend erkannt wurde, indem bei der Geringfügigkeit der inneren Polarisation das Bedenken nicht stattfand, dem wir oben S. 109, [892] wo es sich um Polari- sation metallischer Elektroden handelte, allerdings Gehör geben mussten. Man kann aber auch, wenn man vollends sicher gehen will, den Um- kehrversuch in seiner ursprünglichen Eorm beibehalten. Auf beiderlei Art habe ich mich überzeugt, dass auch unter dem Einfluss des durch äusseren secundären AViderstand ungeschwächten Stromes der zwauzig- ghederigen GEOYE'schen Säule, Sehne, Rückenmark und Muskelfleisch vom Rinde, letzteres längs der Faser sowohl als senkrecht darauf durch- strömt, keinen inneren secundären Widerstand annehmen. Nun aber erhebt sich eine Frage von wesentlichem Interesse. Die Pflanzengewebe büssen durch Kochen die Empfänglichkeit für den secun- dären AViderstand ein. Das todte Holz, die im Papier und der Pappe verarbeitete Pflanzenfaser nehmen keinen solchen AViderstand an. Die thierisohen Gewebe, die wir bisher darauf geprüft haben, waren zwar so frisch, wie man sie aus dem Schlachttiause bekommen kann, da sie aber von Warmblütern stammten, unstreitig als todt anzusehen. Es ist also die Möglichkeit da, dass thierische Gewebe, die noch im Besitz ihrer Lebenseigenschaften verharren, jenes Widerstandes fähig seien. Unter- stützt wird diese Vermuthung durch die AVahrnehmung, dass Muskeln, ganz wie Kartoffeln und Begomastiele , durch Kochen sehr an Leitungs- güte zunehmen. Obwohl es vielleicht nicht unthunlich wäre, A'ersuche über den inneren secundären AViderstand an lebenden AVarmblütern , ja am Menschen selbst, anzustellen, habe ich mich in dieser Rücksicht bis- her auf die uns zunächst angehenden Muskeln und Nerven des Frosches beschränkt. Das beste Versuchsobject, was die Muskeln betrifft, wird durch die Gruppe der beiden ziemlich paralleffaserigen starken Muskeln des Ober- §. 11. Noch Einiges über den inneren secundären Widerstand. 119 Schenkels, des Adductor magnus und Semimembranosus Cuv., geboten. Man lässt dem oberen Ende der Gruppe die Symphyse, dem unteren das obere Ende der Tibia, und spannt die Muskeln in der früher^ von mir beschriebenen kleinen Spannvorrichtung wagerecht so stark aus, dass bei [893] Zuckungen keine in Betracht kommende Verschiebung der Muskeloberfläche an den ihr anzulegenden Kochsalz-Keilbäuschen stattfinden kann. Es ist deshalb zweckmässig, den zwischen dem Adductor magnus und dem Semimembranosus gelegenen, aus zwei kurzen Köpfen bestehenden Semitendinosus Cuv. zu entfernen. Denn wenn man den langfaserigen beiden anderen Muskeln die obenbezeich- nete Spannung ertheilt, läuft man Gefahr, den Semitendinosus so stark zu spannen, dass er entweder rasch abstirbt, ^ oder gar zerreisst. Die Schneiden der Keilbäusche bekleidet man, um das Anätzen zu ver- hindern, mit Rücksicht auf die lange Dauer der Versuche, mit doppelten Eiweisshäutchen. Mau legt der Muskelgruppe die Schneiden innerhalb der Elfenbeinplatten der Spannvorrichtung, und letzteren so nahe wie möglich an. Dazu ist es vortheilhaft, dem Keilbausch auf dem Ziüeitungs- bausch die umgekehrte Lage von der gewöhnlichen zu geben, wie sie Fig. 5 (s. oben S. 89) zeigt, nämüch die, wobei die Abschrägung des Keiles nicht nach der hinteren, sondern nach der vorderen Seite des Zuleitungsbausches sieht. Zwischen den Kochsalz-Keilbäuschen des Haupt- stromes legt man der anderen Seite der Muskelgruppe die gleichfalls mit doppelten Eiweisshäutchen bekleideten Schneiden der mit schwefelsaurer Zinkoxydlösung getränkten Keilbäusche der Hülfskette an. So kann man nunmehr mit den lebenden Muskeln die nöthigen Versuche anstellen, um zu erfahren, ob sich in deren Innerem secundärer Widerstand entwickele, oder nicht. Es zeigt sich, dass der Hauptstrom, abgesehen von der thermischen Verminderung des Widerstandes, beständig bleibt, er stamme von fünf oder von zehn GROVE'schen Ghedern, Avelche hier, wegen des kleineren Querschnittes, gewiss eine gleiche Dichte er- zeugen, wie zwanzig in den bisherigen Versuchen. Umlegen bringt, bei nur kleiner Güederanzahl der Säule, einen leichten positiven Ausschlag hervor, der von innerer Polarisation herrührt, und dem kein langsames Wachsen folgt. Den Hülfsstrom findet man, unter Berücksichtigung der inneren Polarisation (s. oben S. 95. 96) und der Erwärmung der Muskeln [894] durch den Hauptstrom, nach dem Durchgang des letzteren so stark wie vorher. Nach dem Oeffnen des Hauptstromes steigt der Hülfs- strom nicht an. Ob der Hauptstrom in den Muskeln auf- oder absteige, Untersuchungen u. s. w. Bd. II. Abth. I. S. 67. Taf. I. Fig. 86. 87. Ebendas. S. 70. 120 ^- Ueber den secuudären Widerstand u. s. \v. oder quer durch eine grössere Muskelmasse, z. B. durch die Dicke der beiden Oberschenkel, üiesse, ist für den Erfolg gleichgültig. Nach den Versuchen waren meist die Muskeln noch zuckungsfällig. Was die Nenen betrifit, so ist man natürhch an die Ischiadnerven gewiesen. Man bereitet sich rasch deren acht, legt sie mit ihren centralen und ihren peripherischen Enden zusammen, so dass sie ein Bündel bilden, welches der Austrocknung hinreichend lange widersteht, und spannt sie wagerecht zwischen zwei an einem Glasstabe verschiebbaren, passend geformten Korkstückeu aus, auf deren Oberfläche man sie mit Insectennadeln feststeckt. Dann legt man ümen ganz wie den Muskeln die beiden Paare von Keübäuschen an. Der Erfolg ist der nämüche, wie bei den Muskeln, nur dass die Störungen durch innere Polarisation minder fühlbar sind. Es ergiebt sich also schliesslich, dass Muskeln und Nerven inneren secundären Widerstand im Leben so wenig wie im Tode in merklichem Grade annehmen, und die frischen Pflanzengewebetheüe sind nach wie vor die einzigen feuchten porösen Körper, die ihn uns gezeigt halben. §. XII. Was sich zur Zeit über die Natur des inneren secun- dären Widerstandes sagen lasse. Es würde übrig bleiben über die Natur der Erscheinung, wenn es angeht, eine Vermuthuug aufzustellen. Leider sind uns die Flügel hier noch viel mehr als beim äusseren secundären Widerstände beschnitten. Zunächst nämlich ist zu bemerken, dass (las Mikroskop in den dem Strome der zwanziggliederigen GEOvE'schen Säule unterworfenen Pflanzen- geweben durchaus keine Veränderung zeigt, die als Ursache des secun- dären Widerstandes zu deuten wäre. Ich habe vergeblich danach gesucht bei der Kartoflel, der Mohrrübe, der Petersüienwurzel und dem Begonia- stiel. Das Einzige, was sich darbietet, ist gelegentlich die merkwürdige, von Hrn. Jühgensen beschriebene Bewegung fester Theüchen in der [895] dem Strom entgegengesetzten Richtung.^ Ich habe diese nament- lich in sehr auffallender AVeise an den Stärkekörnchen im Inneren der Kartoffelzellen gesehen, welche, wo sie hinreichend lose lagen, mit der vollkommensten Kegehnässigkeit , sobald der Strom geschlossen ^nu•de, sich an die Eintrittswand di'ängten, sobald er umgelegt Avurde, sich nach der neuen Eintrittswand begaben, km'z mit der AVippe, so zu sagen, hin und her pendelten; so dass man so gewiss, wie aus der Ablenkung der 1 Reichert's und du Bois-Keymond's Archiv für Anatomie und Physio- logie u. s. w. 1860. S. 673. §. 12. Ueber die Natur des inneren secundären Widerstandes. 121 Magnetnadel, die Kiclituug des negativen Stromes aus seiner anapho- rischen Wirkung auf die festen Theilchen würde bestimmen können. , Hier also gebricht es uns von vorn herein an jedem Anhaltspunkt, um daran eine Erklärung der Erscheinung zu knüpfen. Man kann nun zwar leicht mehrere Yermuthungen darüber aufstellen, wie der Strom innerhalb eines feuchten porösen Körpers einen Widerstand hervorrufen könne. Man kann sich z. B. den inneren secundären Widerstand als in dem nämhchen Verhältniss zur inneren Polarisation denken, wie den TJebergangswiderstand an der Grenze metalüscher Elektroden zur Polari- sation dieser letzteren. Ich erwähne diese Hypothese nur, weil sie mich zu einer Zeit, wo ich noch nicht im Stande war ihre Unhaltbarkeit zu durchschauen, zu einem Versuch veranlasste, dessen nutzlose Wiederholung, wenigstens in derselben Form, ich gern Anderen ersparen möchte. Ich tränkte eine ansehnliche Masse Platinschwamms, deren Benutzung ich der Grüte des Hrn. Dr. Quincke verdankte, mit destillirtem Wasser, ferner Holzkohle mit derselben Flüssigkeit oder mit Kochsalzlösung, setzte sie in passender Weise einem starken Strom aus, in dessen Kreise sich die Bussole befand, und versuchte ob es gelingen werde, beim Umkehren des Stromes in den feuchten porösen Körpern, langsames Wachsen der Stromstärke zu beobachten. Dies wäre unter gewissen Voraussetzungen zu deuten gewesen auf Verschwinden des Uebergangswiderstandes, und hätte für das Dasein eines solchen einen mehr unmittelbaren Beweis abgegeben, als die bisher vorhandenen. [896] Ich bekam aber mit Sicher- heit nichts zu sehen, als die gewaltigen Wirkungen der gewöhnUchen Polarisation. Jene Hypothese scheitert, wie jetzt leicht ersichthch, erstens an dem Mangel an Proportionalität zwischen innerer Polarisation und innerem secundären Widerstände, zweitens daran, dass dieser Widerstand bis jetzt nur am frischen Pflanzengewebe beobachtet ist. Letzterer Umstand bricht überhaupt den Stab allen solchen Vermuthungen hmsichtüch des inneren secundären Widerstandes, die auf beÜebige, mit Elektrolyten getränkte . Capillar- Aggregate passen. Es ist vielmehr klar, dass es hier zunächst einer Annahme bedarf, wodurch wenigstens diese Ai"t feuchter poröser Körper vorweg ausgeschlossen werde. Eine solche Annahme würde jetzt z. B. sein, dass der innere secundäre Widerstand auf der häufigen Wieder- holung der Bedingungen des äusseren secundären Widerstandes im Inneren eines Körpers beruhe, insofern man nämüch als allgemeinste Vorbedingimg des äusseren secundären Widerstandes irgend welche Discontinuität der Leitung hinstellen kann. AUein es möchte schwer sein, in den frischen Pflanzengeweben eine sich oft wiederholende Discontinmtät der Leitung zu entdecken, welche sich erstens auch nur einigermaassen dem vergleichen 122 V, Ueber den secundären Widerstand u. s. w. — §. 13. Anwendung der liesse, was wir zur Erzeugung des äusseren secundären Widerstandes als ..nöthig erkannt haben, und welche sich zweitens nicht auch in den des inneren secundären Widerstandes unfähigen Thiergeweben nachweisen liesse. Der Fingerzeig endlich, den man darin hätte sehen können, dass die Pflanzengewebe, wenn sie durch Kochen die Fähigkeit einbüssen, inneren secundären Widerstand anzunehmen, zugleich besser leitend werden, hat seine Bedeutung dadurch verloren, dass auch die Muskeln durch Kochen an Leitungsgüte gewinnen, ohne darum im Zustande des Lebens inneren secundären Widerstandes Mig zu sein. §. XIIL Anwendung der Erfahrungen über den secundären Widerstand auf die elektrophysiologischen A^ersuche. Doch kümmert uns der schlechte Erfolg dieser theoretischen Be- mühungen für jetzt mcht. Für uns ist, was den secundären Widerstand betrifft, Alles damit gewonnen, dass wir die Muskeln [897] und Nerven von dem Verdacht gereinigt haben, damit behaftet zu sein. Es wäre dadurch, bei unzähligen Gelegenheiten, den thierisch- elektrischen und elektrischen Reiz- Versuchen eine Verwickelung mehr aufgebürdet worden, welcher wii' nun glücklich überhoben sind. Um so mehr Beachtung verdient bei manchen dieser Versuche der äussere secundäre Widerstand. Gleich den todteu Geweben der Warm- blüter sind die lebenden Muskeln und Nerven des Frosches dafür empfäng- hch; ja die Kleinheit der Flächen, die sie stets nur der Berührung bieten, lässt sie sogar in hohem Grade so erscheinen. Wird der Strom von zehn bis zwanzig GEOVE'schen Gliedern durch mit schwefelsaurer Kupferoxydlösung getränkte Keilbäusche der wie oben S. 119 aufgestellten Muskelgruppe zugeführt, so findet man ihn fast un- mittelbar nach der Schliessung in raschem Sinken begriffen, und es bleibt zuletzt nur wenig davon übrig. Wo der Eintrittsbausch den Muskeln anlag, bemerkt man eine blaugrüne, verhärtete Stelle, die der Würgung beim Eiweiss entspricht. Eiweisshäutchen wie Thonschilder sind unver- mögend dem Sinken Einhalt zu thun. Unter dem Einfluss des Stromes durchdringt das Salz bald den Thon, die Eiweisshäutchen aber werden, wie sich erwarten hess, selber ein Sitz secundären Widerstandes. Eückt man am Austrittsbausch, oder entfernt man dessen Eiweisshäutchen, so bleibt Alles beim Alten. Rückt man am Eintrittsbausch, so erfolgt eine Hebung der Stromstärke, jedoch nur um einen Theil des Verlustes, den sie durch Entwickelung des secundären Widerstandes erlitt. Ihren ur- sprünghchen W^erth erlangt sie erst wieder, mit Rinderen Worten, der übrige Theil des secundären Widerstandes wird erst beseitigt, wenn man Erfahrungen üb. d. secundären Widerstand auf d. elektroi^hysiolog. Versuche. 128 den Emtrittsbausch, indem man ihn verrückt, zugleich von seinen Eiweiss- häutchen befreit. Noch mit nur drei GEOVE'schen Gliedern erfolgen diese Erscheinungen^ nur minder scharf ausgeprägt, langsamer verlaufend, und nicht selten in der Art unregelmässig, dass nur wenn der eine Bausch dem Strome zum Eintritt dient, secundärer Widerstand erscheint, bei der anderen Eichtung nicht, ein Verhalten, welches wir beim Eiweiss künsthch zu erzeugen vermochten (s, oben S. 103). Mit zwei Gliedern sind nur noch Spuren [898] vom secundären Widerstände da, mit einer einfachen Kette ist der Strom beständig, wenn man von der inneren Polarisation absieht. Ganz ähnüche Erfolge beobachtet man an den Nerven; wenn sie gleiche Länge mit den Muskeln haben, wegen ihres geringeren Quer- schnittes, trotz der kleineren Berührungsflächen, jedoch erst bei grösserer Güederzahl der Säule. Endüch die schwefelsaure Zinkoxydlösung verhält sich auch hier, wie wir dies schon beim Eiweiss erfahren haben, gleich der Kupferlösung. Aus diesen Thatsachen fliesst die wichtige Kegel, dass wenn man Muskeln oder Nerven beständige Ströme von einiger Stärke zuzuführen \vünscht, man bei Gefahr, secundären Widerstand zu erwecken, und ganz abgesehen von der der Anätzung, die thierischen Theile nicht unmittelbar mit der Metallsalzlösung der unpojarisirbaren Combination berühren darf, deren man sich zur Zuleitung bedient. Ebensowenig darf man sich den mit solchen Lösungen getränkten Bäuschen anvertrauen, nachdem sie mit Eiweisshäutchen bekleidet sind. Nicht einmal auf die von Hrn. PFLtJGER ^ angegebenen Eiweissröhren in der Form, wie er sie augewendet hat, dürfte unbedingter Verlass sein. Das Gerinnsel, welches sich an der Grenze des Eiweisses und der Metallsalzlösung bildet, kann, wie wir oben S. 108 gesehen haben, der Sitz eines sehr ansehnlichen secundären Wider- standes werden. Durch diesen Umstand würde die Anwendimrkeit der unpolarisirbaren Elektroden eine sehr empfindhche Beschränkung erleiden, wenn nicht die vorigen Untersuchungen uns auch sogleich das Mittel böten, ihm erfolgreich zu begegnen, freilich auf Kosten der Einfachheit der Anord- nung. Dies Mittel haben wir bereits oben S. 119. 120 in Gebrauch gezogen. Es besteht darin, die thierischen Theile oder das sie vor der Anätzung schützende Eiweiss, es möge nun aufgeweichte Blase befeuchten oder in Köhren enthalten sein, von der Metallsalzlösung der unpolarisir- baren Combination durch eine Schicht [899] einer der Salzlösungen zu trennen, die wir oben S. 107 als unfähig erkannt haben, in Berührung Untersuchungen über die Physiologie des Eleetrotonus, Berlin 1859. S. 98 ff. 124 V. lieber den secundäreii Widerstand u. s. w. — §. 18. Anwendung der mit den Tliiergewel)en und mit Eiweiss secundären Widerstand zu er- zeugen, am bequemsten von Kochsalzlösung. Auf dem mit schwefelsaurer Zinkoxydlösung getränkten Zuleitungs- bausch der verquiclrten Zinkgefässe wird also, um Muskeln oder Nerven den Strom mehrerer GROVE'schen Glieder ohne Besorgniss vor Störungen durch den secundären Widerstand zuzuführen, ein mit Eiweisshäutchen bekleideter Kochsalz-Keilbausch anzubringen sein. Man trennt ihn von dem Zuleitungsbausch, um diesen vor Verunreinigung zu schützen, durch einen mit Zinklösung getränkten Sicherheitsbausch und ein mehrere MiDi- meter dickes Blatt Modellirthon. Da auch verdünnte Kochsalzlösung, ja sogar Brunnenwasser, keinen secundären Widerstand giebt, und da ein geringer Unterscliied in der Concentration der Kochsalzlösung der beiden Keilbäusche hier von keiner Bedeutung sein kann, so braucht die Lösung nicht gesättigt, sondern nur eben so concentrirt zu sein, wie es die Rück- sicht auf die Leitungsfahigkeit des Kreises erheischt. Dies hat den Vor- theil, einerseits die Anätzung der thierischen Theile, andererseits die Verunreinigung der Zinkbäusche, mehr zu verzögern, als dies beziehlich die Eiweisshäutchen und die Thonschicht allein thun würden. Die oben S. 119. 120 beschriebenen Versuche genügen, um die gute Wh-kung dieser Maassregeln darzuthun. Bei deren Befolgung bleibt, ab- gesehen von der inneren Polarisation und von der Verminderung des Widerstandes durch die thermische Stromwirkung, auch wohl durch das Eindringen der Salzlösungen in Thon und Eiweisshäutchen, die Strom- stärke beständig, selbst bei zwanzig GEOVE'schen GMedern im Kreise, und bei noch so langer Dauer der Schhessung. Es zeigt sich somit auf doppeltem Wege, das eine Mal bei sehr schwachen Strömen und MetaU- salz-Keübäuschen, das andere bei behebig starken Strömen und Kochsalz- bäuschen, dass die hier in Rede stehenden, uns vorzugsweise interessiren- den Combinationen dem hartgesottenen Eiweiss an Empfänghchkeit für den secundären Widerstand doch giückUcherweise nicht ganz gleich- kommen. [900] Wo man grosse Widerstände nicht zu scheuen l^raucht, und deshalb die PrLtJGER'schen Eiweissröhren anwenden kann, ^vm\ man das Eiweiss gleichfalls noch durch Kochsalzlösung von der schwefelsauren Zinkoxjd- lösung zu trennen haben, die jetzt wohl, in Verbindung mit ^'erquickten Zinkelektroden, an Stelle der Kupferlösung mit Kupferelektroden treten w^ird, wie Hr. Pflüger sie anwendete. Dies w^ird, wenn man die PFLüGER'sche Einrichtung sonst unverändert beibehalten will, einfach so geschehen können, dass man das hebeifönnige, an beiden Enden mit Blase überbundene Rohr, welches einerseits in das weite Ende der Eiweiss- röhren, andererseits in das die metallische Elektrode enthaltende Gefäss Erfahruugen üb. d. secuiiclären Widerstand auf d. elektrophysiolog. Versuche. 125 mit der entsprechenden MetallsaMösung taucht, statt gleichfaUs mit dieser Lösung, mit Kochsalzlösung füUt. Es trifft sich dabei glücklich, dass sogar die gesättigte Kochsalzlösung (Dichte 1 • 207) gut auf der gesättigten schwefelsauren Zinkoxydlösung (Dichte 1-441) schwimmt. In der Blase entsteht kein secundärer Widerstand; an der Grenze des Eiweisses und der Nerven und Muskeln kann dies doch wohl ebensowenig der Fall sehi. Bei den thierisch-elektrischen Versuchen, insofern es sich dabei nur um Ableitung der in den thierischen Theilen erzeugten Ströme, nicht zugleich um Erregung dieser Theile auf elektrischem Wege handelt, dürfte der äussere secundäre Widerstand so wenig in Betracht kommen, als, wie wir jetzt wissen, der innere. Immerhin kann es als ein glück- licher Zufall erscheinen, dass fast in allen bisherigen Versuchen eine zu- leitende Flüssigkeit angewendet wurde, welche vollends den Verdacht auf eine Einmischung des secundären Widerstandes ausschliesst, die Kochsalz- lösung. So z. B. giebt es eine räthselhafte Erscheinung, die bei den Versuchen mit künstlichem Querschnitt fortwährend auftritt, und die man, wenn nicht jener Umstand wäre, wohl geneigt sein könnte, dem secundären Widerstände zuzuschreiben. Dies ist die schwächende Wirkung, welche die zunächst an den Querschnitt gTenzende Schicht nach kurzer Zeit auf den Strom ausübt, so dass die Entfernung dieser Schicht eine bedeutende Hebung der Stromstärke bewirkt.^ In der That entspricht, [901] wie man sieht, in Bezug auf den Muskel- oder den Nervenstrom der künstliche Querschnitt dem Eintrittsende des durchströmten Eiweiss- prisma's. Nach dem, was wir über den secundären Widerstand ermittelt haben, hat es jetzt kaum den Anschein, als ob dieser Muthmaassung noch irgend ein Werth beizulegen wäre. Ich habe mich ausdrücklich davon überzeugt, dass der künstüche Querschnitt nicht etwa eine besondere Empfänglichkeit für den secundären Widerstand besitzt. Der Kochsalz-Keilbäusche, der PFLüGEE'schen Eiweissröhren mit der bezeichneten Abänderung, wird man sich bedienen, wo es immer geht. 1 Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 714; — Bd. IL Abth. I. S. 19. 145. 150. 179. 283. 557; — Abth. IL S. 108. 113. 122. — [Dies wurde seitdem von mir mittels der unpolarisirbaren Elektroden als eine durch Polarisation bewirkte Täuschung er- kannt, und im Januar 1862 in dem Abdruck gegenwärtiger Abhandlung in Mole- schott's Untersuchungen u. s. w. (a. a. O. S. 409) als solche bezeichnet. Ausführ- licher findet sich diese Täuschung besprochen in den Abhandlungen-. Ueber das Gesetz des Muskelstromes mit besonderer Berücksichtigung des M. gastroknemius des Frosches, im Archiv für Anatomie u. s. w. 1863. S. 662, und: Ueber die Er- scheinungsweise des Muskel- und Nervenstromes bei Anwendvmg der neuen Methoden zu deren Ableitung, ebenda, 1867. S. 306. 307. — S. diese Abhandlungen im zweiten Bande dieser Sammlung.] 126 ^- Ueber den secundären Widerstand u. s. w. um den Nerven und Muskeln Ströme zuzuführen. Doch können Fälle eintreten, wo man, z. B. durch die räumlichen Verhältnisse einer An- ordnung, genöthigt ist, metaUische Elektroden anzuwenden. Alsdann liegt, um sowohl die ursprünglichen Ungleichartigkeiten, als die Polari- sation, unschädlich zu machen, der Rathschlag nahe, bei so grossen Widerständen im Kreise, dass man die gewünschte Stromstärke erhält, so grosse elektromotorische Kräfte aufzubieten, dass jene Störungen da- gegen verschwinden. Wo es sich nur darum handelt, rasch vorüber- gehende Einmrkungen zu erzielen, so dass man Inductionsschläge an- wenden kann, ist dieser Rathschlag untadelhaft, da er nicht einmal die Unbequemlichkeit bedingt, die stets aus der Handhabung \1elgnederiger Säulen erwächst, sondern nur gewisse Rücksichten wegen der unipolaren Zuckungen auferlegt. Sollen aber die Ströme anhaltend und zugleich beständig sein, so sind durch die Versuche, die wir oben mit Ei^veiss zwischen verschiedenen Arten metalüscher Elektroden angestellt haben, die Aussichten für diesen Fall sehr getrübt. Die Wiederholung dieser Versuche mit Nerven und mit Muskeln, die ich auf Korkstegen mittels Insectennadeln über verschiedene Elektrodenpaare, von Platin, Kupfer, Zink, verquicktem Zink, ausspannte, ergab unmittelbar, dass an Beständig- keit des Stromes unter diesen Umständen nicht zu denken sei, und zwar nicht, wie man bisher glaubte, wegen der Ungleichartigkeiten oder der Polarisation, die man leicht gegen die elektromotorische Kraft der Säule verschwinden machen kann, sondern wegen des secundären Widerstandes. Bei den positiveren Me- [902] fallen stellen .sich überdies leicht Unregel- mässigkeiten gleich den oben S. 110 beschriebenen ein. ^ §. XIV. Ueber Elektrotransfusion am erregbaren Muskel. Bei den vorigen Versuchen drängte sich mir an den Muskeln fort- während die merkwürdige Erscheinung auf, die kürzlich Hr. Kühne be- schrieben hat, 2 und ich kann nicht umhin, liier schüesslich Einiges darüber zu sagen. Wird ein dünner regelmässig gefaserter Froschmuskel, etwa der M. sartorius, über die Platin- oder Zink-Elektroden, oder über die Keil- bausch-Schneiden einer fünf- bis zwanziggüederigen GßOVE'scheu Säule 1 [Ueber den secundären Widerstand hat Hr. Prof. Munk weitere Untersuchungen angestellt, durch welche meine Ergebnisse in mehreren Punkten berichtigt und er- weitert worden sind. S. Archiv für Anatomie u. s. w. 1873. S. 241 ff.] 2 Ueber das PoRREx'sche Phänomen am Muskel. Archiv für Anatomie u. s. w. 1860. S. 542. §. 14. lieber Elektrotransfusion am erregbaren Muskel. 127 ausgespannt, so sieht man nach der Schhessimgszuckung eine fluthende Bewegimg, gleich einem Strömen des Muskelbündehnhaltes, in der Richtung des positiven Stromes. Wellenartige Verdickungen kurzer Strecken ein- zelner Bündel oder Bündeigrappen laufen mit grosser Geschwindigkeit von der Anode zur Kathode. Diese Gesch^vindigkeit ist noch nicht ge- messen, auch ist noch nicht ermittelt, welche Beziehung sie mit der Stromstärke verknüpfe. Die Bewegung ändert ihre Richtung augenblick- lich mit der des Stromes. Hält man die Kette dauernd geschlossen, so wird die Bewegung schwächer und hört zuletzt ganz auf. Ausserdem sieht man bei der Schliessung die Muskelmasse selber scheinbar der Kathode zustürzen, bei der Oeflfnung davon zurückweichen, beim Umlegen von der einen zur anderen Elektrode hinfahren. Lässt man den Muskel zwischen metallischen Elektroden lange in derselben Richtung durch- strömen, so findet sich da, wo er die Kathode berührte, eine gallertartige Anschwellung, während er nach der Anode zu verjüngt, dicht unterhalb ihrer aber weiss und undurchsichtig erscheint. In diesen dauernden Veränderungen, denen auch ein abgestorbener Muskel unterüegt, erkennt man leicht die vereinte Wirkung der kata- phorischen Thätigkeit und der Elektrolyse wieder, wie wir ihr beim Ei- weiss begegnet sind (s. oben S. 104 — 106). Es fragt sich aber, was von jenen bald vorübergehenden Bewe- [903] gungserscheinungen am noch erregbaren Muskel zu halten sei. Hr. Kühne fasst, wenn ich ihn recht verstehe, in seiner vorläufigen IVIittheilung diese Erscheinungen so auf, als sei das scheinbare Strömen während des Säulenschlusses der Aus- druck des PoREET'schen Phänomens am Muskel. Er betrachtet die ein- zelnen Wehen, die von der Anode nach der Kathode laufen, als ebenso- \ie\e Ueberführungsacte, wodurch contractile Substanz an den negativen Pol befördert werde. Beim Oeffnen kehre diese Substanz zurück, die Rückbewegung könne durch die überführende Kraft des entgegengesetzten Stromes unterstützt werden, u. s. f. Ich kann dieser Deutungsweise meines geehrten Freundes nicht bei- stimmen. Von vorn herein ist dagegen zu sagen, dass das scheinbare Strömen zu rasch geschieht, um die geringe Anschwellung an der Kathode als dessen Ergebniss gelten zu lassen. Dann sieht man nicht, weshalb die kataphorische Wh'kung stets nur einzelne Theile einzehier Bündel, anstatt gleichzeitig die ganze intrapolare Muskelmasse, ergreife; auch nicht, warum mit der En-egbarkeit zugleich die Bewegung aufhöre, da die gröberen physikahschen Verhältnisse dieselben bleiben, die bei der TJeberführung allein in Betracht kommen. Seit Hrn. Kijhne's Mittheilung ist durch Hrn. Jüegensen bekannt geworden, dass die festen Körper, unter anderen auch Froschblutzellen, statt wie Elektrolyte mit dem posi- 128 V. lieber den secuiidären Wiclerstaud n. s. w. tiven Strome, gegen ihn wandern. Danach ist zu erwarten, dass auch die Disdiaklasten stromaufwärts wandern werden. Ich habe mir, jedoch vergebhch, viel Mühe gegeben, eine mikrosko- pische Anschauung von dem Vorgange im Muskel bei jenem scheinbaren Strömen zu gewinnen. Am besten gelang mir dies noch am Platysma mj'Oides des Frosches. Der Muskel war mit Blutserum befeuchtet und mit einem Deckgläschen zugedeckt. Die Yergrösserung wechselte von der 15- bis öOOfachen, die Zahl der Säulenglieder von fünf bis zwanzig. Der Strom wurde dem Muskel einerseits durch ein anhängendes Stück Kelilliaut, andererseits durch ein Stück des geraden Bauchmuskels zu- geführt. Stets indess stellten sich die Wellen nur als rasch über das Gesichtsfeld fliegende Schatten dar, und ich halte es für unmöglich das Verhalten der Querstreifen darin anders als etwa bei augenblicklicher Beleuchtung zu erkennen, was seine [904] grossen Schwierigkeiten haben möchte. Hingegen ist es leicht, während das scheinbare Strömen noch fortdauert, an solchen Strecken der Bündel, die gerade ruhig liegen, sich zu überzeugen, dass auch bei der ansehnüchen Stromdichte, Avie zwanzig GROVE'sche Glieder sie in dem kurzen und dünnen Platysma erzeugen, keine Bewegung der contractilen Substanz stattfindet. Hat das Strömen aufgehört, so erscheint das Gesichtsfeld vollends ruhig, da doch die Elektro- transfusion ihren Gang geht. Ich habe auch Schnitte erstarrten Leimes, geronnenen Eiweisses. und Speckhaut von Pferdeblut wiederholt -unter dem Mikroskop betrachtet, während ein lebhaftes Ueberführen durch sie hindurch stattfand, jedoch nichts von Bewegung darin unterscheiden können, als gelegenthch, z. B. an rothen und weissen Blutzellen in Lücken der Speckhaut, das Jübgen- SEN'sche Phaenomen. Meine Ueberzeugung ist demnach, dass auch im erregbaren Muskel. wenn er der Sitz der kataphorischen Wirkung wird, nichts stattfinde als ein unsichtbarer Ortswechsel von Wassertheüchen in der Richtung des Stromes; unsichtl^ar weil nirgends die zum Unterscheiden einer sich ver- schiebenden Grenze nöthige optische Discontinuität eintritt. Das schein- bare Strömen halte ich für den Ausdruck örtlicher Zusammenziehungen einzelner Bündel oder Bündelgruppen, welche von der Anode zur Kathode laufen. Man könnte sich denken, dass diese Zusammenziehungen an der Anode örtlich erregt werden, und sich nur scheinbar nach der Kathode hin ausbreiten, weil nach der anderen Richtung kein Muskel vorhanden sei. Diese Vermuthung trifft nicht zu. Bringt man die Kathode an dem einen Ende des Muskels, die Anode in dessen Mitte an, so sieht man wohl in der an die Anode grenzenden extrapolaren Muskelhälfte ein §. 14. Ueber Elektrotvansfusion am erregbaren Muskel. 129 heftiges Wogen der Muskelbüudel, aber kein scheinbares Strömen \ne in der intrapolaren Hälfte. Was die Bewegnngen im Augenblicke des Schhessens, Oeffnens und TJmlegens der Kette betrifft, so ist vor Allem zu erinnern, dass es sich dabei nicht um die contractüe Substanz allein handelt, sondern um den ganzen Muskel. Sarkolemma, Perimysium, Alles nimmt an der Bewegung Theil. Wenn man an zwei Punkten der intrapolaren Strecke in der Nähe der [905] Elektroden von unten her Fäden durch den Muskel zieht, die mit einem Knoten versehen sind, um das vöUige Durchgieiten zu verhindern, jeden Faden über die benachbarte Elektrode zurückschlägt, und ihn an einem meiner ZuckungstelegTaphen ^ befestigt, so hebt sich beim Umlegen der Wippe stets die Fahne, woran der in der Nähe der neuen Anode befestigte Faden zieht. Steckt man durch den Muskel in gleichen Abständen eine Anzahl Borsten, oder bestreut man ihn mit einem farbigen Pulver, Euss oder Drachenblut, so sieht man deut.Hch, wie sich beün Schhessen der Muskel scheinbar nach der Kathode hinschiebt, beim Oeffnen zurückprallt u. s. f. Der erste Eindruck, den ich von dieser Erscheinung erhielt, war der, dass der Muskel an der Kathode in örtlichen Tetanus gerathe. Da er zwischen seinen beiden Endpunkten ausgespannt ist, so muss, wenn eine Strecke des Muskels sich verkürzt, der ruhende Theil ausgedehnt werden, und scheinbar sich nach dem Orte der Zusammenziehung hin verschieben, in Wirküchkeit aber dorthin gezogen werden. Ich glaubte um so mehr, dass dies die richtige Deutung sei, als bereits Beobachtungen anderer Forscher vorhegen, wonach bei unmittelbarer elektrischer Erregimg- des Muskels die Kathode eine bevorzugte RoUe spielen würde. ^ Allein jeden- falls sind die Dinge verwickelter. Verhielten sie sich nämlich einfach wie eben gesagt wurde, so müsste bei der Anordnung, wo die eine Elek- trode die Länge des Muskels hälftet, wenn diese, statt wie vorher zur Anode, nunmehr zur Kathode gemacht wird, beim Schhessen das Ver- schieben nach der Kathode hin, beim Oeffnen das Zurückweichen von der Kathode fort in der extrapolaren wie in der intrapolaren Strecke stattfinden. Zu Anfang einiger Versuche schien mir dies auch wirkhch der Fall zu sein, die Bewegung zu beiden Seiten der Kathode war beim Schliessen ziemlich symmetrisch auf die Kathode zu, beim Oefihen davon fort gerichtet. Sehr bald aber konnte ich mir nicht abläugnen, dass 1 S. unten, Abb. VIII. §. XV. 2 Vergl. Kühne im Archiv für Anatomie u. s. w. 1859. S. 632; — Myologische Untersuchungen. Leipzig 1860. S. 128. — A. v. Bezold in den Monatsberichten der Berliner Akademie. 1860. S. 760 ff. E. du Bois-Reymond, Ges. Abb. I. 9 130 ^'' Ueber den secundären Widerstand u. s. w. beim Schliessen die Muskelmasse in der Richtung von der Anode zur Kathode über letztere [906] fort wogte, und dass beim OefiFiien, als Rück- schlag auf diese Bewegung, die extrapolare Muskelmasse nach der Kathode hinfuhr. Eine vollständige Zergliederung dieser schmerigen Phaenomene liegt hier nicht in meinem Plan. Ich will mir nur die Frage stellen, ob zwischen Bewegungen, wie sie eben beschrieben wurden, und der Elektro- transfusion, ein Zusammenhang für jetzt denkbar sei. Diese Frage muss ich verneinen. Die Elektrotransfusion ist nicht an den Zustand des Lebens gebunden; sie hat mit Schüessung und Oeffnung nichts zu schaffen, son- dern hält mit gleicher Stärke während des Säuleuschlusses an. Die kataphorische lüaft haben wir bisher nur in Capillar-Aggregaten thätig gesehen, Elektrolyte vor sich hertreibend, denen eine benetzte Wand als Stützpunkt dient. Nichts berechtigt uns noch zu der Annahme, die eine völlige Umgestaltung unserer Vorstellungen über den elektrischen Strom bedingen würde, dass er hier die Masse des Muskels, gleich einem Balle, von der Anode zur Kathode werfe. Dazu kommt jetzt abermals die JtTRGENSEN'sche Thatsachc, welche auch deren Bedeutung sei, wonach die Substanz des Muskels, wenn der Strom ihr wirklich einen Anstoss ertheilte, im Gegensatz zum Wasser in seinen Poren, vielmehr zur Anode streben würde. VI. lieber ein Verfahren nm feine galvanometrische Versuche einer grösseren Versammlung zu zeigen/ (Aus einem Schreiben an Hrn. G. Magnus.) London, im Mai 1855. — Wir haben so oft mit einander von der Schwierigkeit gesprochen, feine galvanometrische Versuche einer grösseren Versammlung zu zeigen, dass ich glaube, es wird Sie interessiren zu hören, wie es mir jetzt ge- lungen ist, diese Schwierigkeit vollkommen zu besiegen. Ich bin im Stande gewesen, in dem Ihnen bekannten Hörsaal der Royal Institution, meine feinsten thierisch-elektrischen Versuche, wie die über den Nerven- Ätrom und über die negative Schwankung des Muskelstromes im lebenden menschüchen Körper, zahlreichen Zuhörern auf einmal zur Anschauung zu bringen. Das Mttel, dessen ich mich bedient habe, hegt sehr nahe. Es be- steht darin, das magnetische System mit einer spiegelnden Fläche zu versehen, durch diese ein Bündel paralleler Lichtstrahlen zurückwerfen zu lassen, und das auf einem Schirm aufgefangene Bild statt der Nadel selber zu beobachten. Dies kann natürhch bei hinreichender Stärke des Lichtes einer behebigen Anzahl von Zuhörern sichtbar gemacht werden; und ausserdem ist es klar, dass man bei diesem Verfahren über eine fast unbegrenzte Empfindhchkeit gebietet. Sollte das Maass davon nicht ausreichen, welches man in Folge der Verdoppelung des Ablenkungs- winkels und durch die Verlängerung des zurückgeworfenen Strahles erhält, so kann man eine behebig kleine Winkelbewegung des Spiegels in eine [608] behebig grosse Ortsverrückung des Bildes auch noch dadurch ver- wandeln, dass man die Ebene des Schirmes gegen den Strahl neigt. Von diesem Verfahren war schon früher zAvischen Helmholtz und mir die Rede gewesen, und Helmholtz hat es, wie er mir schrieb, 1 Poggendorff's Annalen der Physik und der Chemie. 1855. Bd. XCV. S. 607. — Uebersetzt in: The Philosophical Magazine etc. Fourth Series. 1856. Vol. XI. p. 109. 9* 132 VI. Ueber ein Verfahren um feine galvanometrische bereits vor mehreren Jahren mit Erfolg angewendet, um in seinen Vor- lesungen meine Versuche zu zeigen. Er bediente sich einer nach seiner Angabe gebauten Tangentenbussole mit zahlreichen Windungen, welche im Wesentlichen nach dem seitdem von Gaugain empirisch gefundenen, von Bravais entwickelten Princip angeordnet sind. Eine spiegelnde Stahlscheibe ersetzt nach Weber den Magnetstab und Spiegel der ur- sprünglichen PoGGENDORFF'schen Einrichtung. Unter Anwendung von Sonnenücht gelang es Helmholtz mit diesen Hülfsmitteln die haupt- sächlichsten Erscheinungen des Muskelstromes sichtbar zu machen. Mir stand hier ein von Sauerwald in Berlin für meinen Freund Dr. Bence Jones hierselbst nach meiner Angabe gebauter Multiplicator von 28780 Windungen zu Gebot. Für diesen Multiphcator hatte ich mir von demselben Künstler ein astatisches System mit etwas dickeren Nadeln und einem Zwischenstück aus Messing anfertigen lassen, statt des leichten mit Schildpatt-Zwischenstück, wie ich es sonst anzuwenden pflege. Eine Verlängerung des Zwischenstücks oberhalb der oberen Nadel, trägt einen äusserst leichten Messingring, an dessen oberstem Punkte sich die Oese zum Aufhängen des Systems befindet. Innerhalb des Ringes be- wegt sich um eine Avagerechte Axe ein mit einer äusserst leichten Messing- fassung versehener Spiegel. Der Spiegel, den ich der Güte des Hm. Schieck verdanke, besteht einfach aus einem, auf der einen Seite ver- quickten, runden Deckgläschen für mikroskopische Zwecke von 19 •5°^'^ Durchmesser. Zwei einfache Coconfäden reichen hin, das Ganze sicher zu tragen. Der Ring, in dem der Spiegel sich gegen den Horizont neigen lässt, gestattet seinerseits eine Drehung um das obere Ende des Zwi- [609] schenstücks als um eine senkrechte Axe, so dass man bei einer l^eliebigen freiwilligen Ablenkung des Systems einen in behebiger Richtung einfallenden Strahl in beüebiger Richtung zurückwerfen kann. Dabei ist indessen zu berücksichtigen, dass mit wachsender Neigung des Spiegels gegen den Horizont die Empfindlichkeit der Vorrichtung abnimmt. Als LichtqueU diente eine elektrische Lampe von Dueosq in Paris, gleichfalls Dr. Bence Jones gehörig. Sie wurde durch die vierziggüederige GROVE'sche Säule der Institution gespeist, und unser Freund Prof. TyndaiiL hatte die Gefälligkeit, sich der Regiüirung des Lichtes und der Einstellung des Strahles auf den Spiegel anzunehmen, die beide im Lauf einer Stunde mehrfacher Berichtigungen bedurften. Anfangs wurde eine Blendung vor der Sammellinse der Lampe angebracht, so dass das Licht nur den Spiegel selber traf, indem ich anders fürchtete zu starke Luft- strömungen unter der Glocke des Galvanometers und dadurch heftige Schwankungen der Nadel herbeizuführen. Es zeigte sich indess, dass diese Vorsicht unnütz war, und dass man, ohne in Betracht kommende Versuche einer grösseren Versammlung zu zeigen. 133 Störungen, den vollen Schein der Lampe auf den Multiplicator fallen lassen konnte. Dies gewährte den Vortheil, dass es dabei sehr \iel leichter war, stets eme hinreichende Menge Licht auf den Spiegel zu werfen, was bei Anwendung der Blendung seine Schwierigkeiten hatte. Denn obschon ungefähr in der Ebene des Systems aufgestellt, musste doch die Lampe in einer gewissen Entfernung vom Multiplicator gehalten werden, damit ihre eigenen magnetischen Kräfte keine Wirkimg auf die Nadel ausübten. Mit jener Entfernung aber wächst begreiflich in gleichem Maasse die Schwierigkeit, den Strahl auf den Spiegel einzustellen. Auf dem ungefähr 2-5"' langen Schirm bezeichnete ein senkrechter schwarzer Streif den Nullpunkt oder die Stelle, wo sich bei der Ruhe- lage der Nadel das Spiegelbild aufhalten sollte. Der Abstand des Schirmes vom Spiegel betrug ungefähr 3™. Die Empfindlichkeit, die die Vor- richtung gewährte, war eher zu gross als zu klein, [610] da der Muskelstrom die Nadel mitsammt dem Spiegel wider die Hemmung warf, während bereits bei etwa 11 '^ Ablenkung das Bild den Schirm verliess. Es war ein schöner Anblick, unter dem Einfluss der elektromotorischen Kräfte eines winzigen Nerven oder einiger Muskelbündel vom Frosch, den elektrischen Lichtschein weit durch den Saal fliesen zu sehen .... vn. Zur Theorie der astatischen Nadelpaare. (Vorgetragen in der physikalischen Gesellschaft zu Berlin am 16. November 1860.)* Hierzu Taf. IV; Fig. 1—3. Als ich Tor acht Jahren in London einen Multiplicator für thierisch- elektrische Versuche von Hrn. Sauerwald's Arbeit aufstellte, stiess ich beim Astatischmachen des Nadelpaares auf eine Schwierigkeit, die mir neu war. Das Merkmal der erreichten gi-össten Astasie eines gegebenen Nadelpaares besteht bekanntlich darin, dass es sich senkrecht auf den magnetischen Meridian stellt. ^ Es gelang mir nun damals auch bei grösster Vorsicht nicht, das Nadelpaar dahin zu bringen, dass es diese Lage annähernd einnahm. Hatte sich z. B. der bezeichnete Pol der stärkeren Nadel um höchstens etwa 25" vom magnetischen Meridian entfernt, und versuchte ich durch weitere Schwächung dieser Nadel die freiwillige Ablenkung zu vergrössern, so misslang dies stets insofern, als sofort das System durch die aequatoriale Stellung hindurchschlug, so dass jetzt der unbezeichnete Pol derselben Nadel nur noch etwa um eben so viel vom Norden abstand. Mit anderen Worten, es schien nun bereits die stärkere Nadel die merkhch schwächere geworden zu sein, ein Zu- stand, bei dem man sich nicht gern beruhigt, da alsdann die Smnme der Producte aus den magnetischen Momenten der beiden Nadeln in die ablenkende Stromkraft nicht so gross wie möghch ist. Und doch zeigte dies Nadelpaar, trotz seiner geringen oder seiner zu gro- [2] ssen frei- wiUigen Ablenkung, sowohl ausserhalb des MultipUcators ^ die erforderhche Schwingungsdauer, als auch imierhalb desselben die grösste nur zu er- wartende Empfindhchkeit. Es übertraf in letzterer Beziehmig, und un- streitig auch an Schwingungsdauer, sonst ganz ähnüche Nadelpaare, denen ich stets ohne alle Mühe die aequatoriale Stellung ertheilt hatte. Eben 1 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1861. Bd. CXII. S. 1. 2 Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 169. 3 Untersuchungen u. s. w., a. a. O. S. 167. 192. VIT. Zur Theorie der astatischen Nadelpaare. 135 SO wenig schien es an Stabilität seines magnetischen Zustandes liinter den besten Systemen, die ich noch gehandhabt hatte, zurückzustehen. Die letzteren Umstände üesseu mich schliessen, dass die Eigenthüm- lichkeit dieses Nadelpaares, so leicht durch die Aequatorialebene hindurch- zuschlagen, nicht wohl daher rühren könne, dass die stärkere Nadel, etwa wegen ungenügender Härtung, allzu empfindlich für den demagnetisiren- den Einfluss der Streichnadel sei. So ward ich zu der Vorstellung ge- führt, dass jene Eigenthümüchkeit in nichts ihren Grrund haben könne, als in dem vollkommneren Parallelismus, den der Künstler in diesem Falle eiTeicht habe, da dies der einzige Unterschied war, den ich, für die gewöhnliche "Wahrnehmung verborgen, zwischen dem neuen Nadelpaar und den älteren noch voraussetzen konnte. Eine genauere Untersuchung hat diese Meinung gerechtfertigt. Die Gleichgewichtslage eines astatischen Systems wird bekannthch^ bestimmt durch die Gleichung M sin u = M' sin u. Hier bedeutet M das magnetische Moment der stärkeren Nadel, a den (spitzen) Winkel, den diese Nadel mit dem Meridiane macht, M' und u haben die gleiche Bedeutung für die andere Nadel. Es ist aber a = « + 90, wo 9 den an a stossenden spitzen Winkel vorstellt, den die magnetischen Axen der beiden Nadeln einschliessen, folglich M sin tt = M' (sin « . cos «p -}- cos « . sin cp). [3] Da cp nur ein selir kleiner Winkel ist, können mr setzen: cos (f = \^ sin cp = (f sin 1'. Daraus folgt M' tg « = 3j _ j^j' • ff sm r. (I). Die Tangenten der freiwilligen Ablenkung, als Ordinaten aufgetragen auf den Unterschied M — M' = d der magnetischen Momente als Abscissenaxe , bilden also eine auf ihre AsjTiiptoten bezogene gleich- schenklige H}T3erbel, deren Potenz dem spitzen Winkel zwischen den magnetischen Axen proportional ist. Construirt^ man aber die Gleichung /a=f{d) für verschiedene Werthe von cp , so erhält man Curven gleich denen in Fig. 1 Taf. IV, wo die gestrichelte Curve einem kleineren, die ausge- zogene einem grösseren Werthe von cp entspricht. Die Cunen schliessen 1 Vergl. Moser im Kepertorium der Physik, Bd. I. Berlin 1837. S. 260. — HuMPHKEY Lloyd in : The Trausactions of the Royal Irish Academy. Vol. XXII. Dublin 1849. 4«. P. I. p. 249. 136 VII. Zur Theorie sich asymptotisch einerseits den positiven Abscissen, andererseits einer der Abscissenaxe parallelen Geraden an, deren Ordinate dem Winkel- werth von 180*^ entspricht. Sie schneiden die Ordinatenaxe in dem Punkte, der 90° entspricht; hier hegt zugleich ein Wendepunkt der Curven. Aus dieser Figur erhellt die Xothwendigkeit des beschriebenen "N^erhaltens. Man sieht sogleich, dass in dem Bereich der Curven, wo sie sich der Abscissenaxe anschhessen, grosse Unterschiede von d nur kleinen Aenderungeu von a entsprechen, in der Nähe des Nullpunktes dagegen grosse Aenderungen von a kleinen Unterschieden von d. Das System wird sich daher, wie auch die Erfahrung lehrt, wenn man die stärkere Nadel folgweise um gleiche, oder, wegen der abnehmenden Intensität der verkehrt gebrauchten Streichuadel , sogar um abnehmende Grössen schwächt, anfangs stets nur langsam vom Meridian entfernen, während, wenn sich die Nadeln schon mehr der Gleichheit nähern, selbst einem viel kleineren Sprunge im Unterschiede der Momente ein viel grösserer Sprung in der freiwüligen Ablenkung folgen [4] kann. Hat sich der Unterschied der Nadeln umgekehrt, so kehren dieselben Erscheinimgen symmetrisch wieder. Man sieht ferner, dass, je kiemer (p, für um so kleinere positive Avie negative Werthe von d wird das System am Meridian zu kleben scheinen, und in um so grösseren Sprüngen wird es, wenn d unter einen gewissen Werth gesunken ist, schUessüch den Aequator überschreiten. Die Wahr- scheinlichkeit, dass es gelingen werde, äf = zu machen, ist natürhch von (f unabhängig und für alle Werthe von fp gleich klein. Je kleiner aber y> ist, oder je vollkommener parallel die Nadeln sind, um so grösser wird für den kleinsten, für gewöhnhch herstellbaren positiven Werth von d die Ergänzung der freiwüMgen Ablenkung zu 90", um so kleiner folg- hch diese selber, um so grösser hingegen für den kleinsteh demnächst herstellbaren negativen Werth von d die freiwilhge Ablenkung, um so kleiner folghch deren Ergänzung zu 180° sein. Was die Eichtkraft des Systemes betrifft, so ist deren Maass be- kannthch die Diagonale des Parallelogramms, von dem man zwei Seiten erhält, wenn man auf die beiden magnetischen Axen von ihrem Kreuzungs- punkt aus Stücke im Werthe der zugehörigen magnetischen Momente aufträgt. Es bedarf kaum der Erwähnung, dass der Werth dieser Dia- gonale von (f> und d so abhängt, dass er für d = durch Wachsen von (f bis 180° jede Grösse bis zu 2 M^ anmmmt, imd dass folghch ein nahe winkelrecht zum Meridian stehendes System durch grösseres mit ff. Das positive Vorzeichen eines der drei Grlieder bedeutet, unserer Herleitung gemäss, dass die dadurch vorgestellte Kraft in dem Sinne wirkt, wie die stärkere Nadel auf der Seite des Meridians, wo deren bezeichneter Pol dem Norden näher ist, als der unbezeichnete Pol der schwächeren Nadel, oder so, dass ß dadurch vergrössert werde, das negative Vorzeichen das GegentheiL Erinnert man sich sodann, dass eine stabile Gleichgewichtslage dadurch bedingt [8] ist, dass bei jeder Ablenkung daraus Kräfte rege werden, die das System darin zurückzuführen streben, während für das labile Gleich- gewicht das Umgekehrte geschieht, so hat es schon so keine Schwierigkeit mehr, den Gang der drei Functionen um den Kreisumfang zu verfolgen, und die aus ihrem Conflict entspringenden stabilen und labilen Gleich- gewichtslagen für verschiedene relative ^V^erthe von rf, (f und m^ anzugeben. Erleichtert wird dies indess noch durch die in Fig. 2 Taf. IV an- gedeutete graphische Darstellung. Die Abscissenaxe stellt den in die vier Quadranten getheilten Kreisumfang, von /? = 0'' bis zu /? = 360", geradhnig ausgestreckt vor. Die ausgezogene Curve bedeutet den Gang der Function äR, die punkthle den der Function D, die gestrichelte den der Function a>. Pfeile an den Curven geben die Wirkungsrichtung ihrer Ordinaten an. Stabile Gleichgewichtslagen finden statt, so oft die Curve, die man als allein, oder die Resultirende der Curven, die maii als zusammen bestehend betrachtet, in der Richtung der positiven Ab- 140 VII. Zur Theorie scissen verfolgt, das positive Zeichen ihrer Ordinaten niit dem negativen vertauscht; labile Grleichgewichtslagen , so oft das Gregentheil geschieht. Stabile Gleichgewichtslagen werden überdies durch Hinzutreten einer positiven Kraft zu denjenigen, aus deren Conflict sie entspringen, ini Sinne der positiven Abscissen, durch Hinzutreten einer negativen Kraft im entgegengesetzten Sinne verschoben. Für labile Gleichgewichtslagen gilt das Gegentheil. A^on den sieben denkbaren Fällen des Einzeln- und Zusammenvor- kommens der drei Functionen sind physikalisch möglich nur die vier, 1)ei denen die Function 9Jc Ijetheiligt ist. Diese sollen jetzt nach einander betrachtet werden. Erste und zweite Aequatorialstellung heissen im Folgenden die Stellungen des Systems für ß = und ß = 180^, erste und zweite Meridiaustellung die für ß = 90" und ß = 270". In Fig. 3 Taf. IV finden sich die jenen vier Hauptfällen und ihren UnteifäUen entsprechenden Gleichgemchtslageu [9] des Systems in der Art angegeben, dass die labilen Lagen durch gestrichelte, die stabilen durch ausgezogene Eadien l)ezeichnet sind, welche der den Winkel cp hälftenden Geraden entsprechen. Die zwischen sämmtüchen Kreisen durchgezogene Gerade M^O ist der Aequator, den Meridian hat man sich in jedem Kreis senkrecht darauf zu denken, den Norden wie in einer Landkarte nach oben. Bei Fig. 3, in — V. (in den übrigen FäUen kommt darauf nichts an) ist angenommen, dass der bezeichnete Pol der stärkeren Nadel sich in der ersten Meridianstellung westlich befindet. Li der ersten Aequatorialstellung ist dieser Pol alsdann nach Osten ge- kehrt; ß wächst oder die Quadranten folgen aufeinander, wie es Fig. 3, 1. zeigt, in der umgekehrten Richtung der Zeiger einer Uhr. 1. d = und (f = 0; d)l allein ist übrig. Im Einklang mit dem bereits oben der Anschauung Entnommenen zeigt sich, dass in der ersten und zweiten Aequatorialstellung laliiles, in der ersten und zweiten Meridianstellung stabiles Gleichgewicht herrscht (Fig. 3, I). Für ß = 45", = 135"u. s. f. finden, wegen sin 45" = cos 45"u. s. f. beziehüch positive und negative Maxima der Kraft statt. n. (f, =z 0; zugleich mit SOJ tritt die Curve D in Kraft. Die erste und zweite Aequatorialstellung sind keine labilen Gleichgewichtslagen mehr, sondern das System unterüegt darin einer Kraft beziehüch = ± (-^ — ^')' Die erste MeridiansteUung ist unter allen Umständen eine stabile Gleichgewichtslage, indem die im ersten Quadranten durch- weg positive Kraft im zweiten Quadranten durchweg negativ wird, wie sie es darin überhaupt stets ist, gleichviel welche Combination der drei Functionen man annehme, und welchen Werth man den Constanten der astatischen Nadelpaare. 141 beilege. Was im dritten und vierten Quadranten und in der zweiten Meridianstellung stattfindet, hängt davon ab, ob 2 Wq cos (f.sin ß > {M — M') cos ^ Averden könne oder nicht. Ist letzteres der Fall, so bleibt -auch im dritten Quadranten die Kraft durchweg negativ, [10] im vierten wird sie, im Anschluss an den ersten, wieder durchweg positiv, die zweite Meridian- stellung ist eine labile Gleichgewichtslage (Fig. 3, ü, a). Kann dagegen jene Bedingung erfüllt werden, so ist das Gleichgewicht in der zweiten Meridianstellung stabil, und zu beiden Seiten dieser Stellung findet sich symmetrisch eine labile Gleichgewichtslage (Fig. 3, U, b). Dieser Fall unterscheidet sich also hinsichtüch der Gleichgewichtslagen von dem I. nur insofern, als die beiden labilen Gleichgewichtslagen, deren Ort dort der Aequator war, hier sich der zweiten Meridianstellujig um gleiche Bögen genähert haben; die stabilen Lagen sind dieselben auf dem Meridian. ni. ^/ = oder M = 31' = M^^. 9Ji und <Ü kommen miteinander in Betracht. Es stellen sich sofort zwei Fälle dar. a. Entweder näniMch ist der Unterscliied Mq cos (f . cos ß — iV/q sin -^ schon für den kleinsten denkbaren Werth von ß negativ, d. h. m^ cos cp < M^ sin -^. Alsdann ist die erste Aequatorialstellung eine stabile Gleichgewichtslage; die Kraft bleibt in den beiden ersten Quadranten negativ, und wird für ß = 180^ positiv, so dass daselbst labiles Gleichgewicht herrscht. In den beiden anderen Quadranten kehren die Erscheinungen symmetrisch wieder (Fig. 3, III, a). Die Kraft, welche bei Störung des Systems aus seinem labilen Gleichgewicht in der zweiten Aequatorialstellung um einen kleineu Winkel rege wird, ist um 2 m^ cos cp grösser als die, welche bei Störung des Systems aus seinem stabilen Gleichge^ncht in der ersten Aequatorialstellung um denselben Winkel entsteht. b. Oder m^ cos cp > M^ sin^; in diesem Fall ist das Gleich- gewicht in der ersten Aequatorialstellung labil. Dies wird um so leichter eintreten, je grösser m^ : M^ und je [11] kleiner sin -|- : cos cf, oder je kleiner cp. Da aber für 90 '^ das mit cos ß behaftete Ghed ver- schwindet, so muss im ersten Quadranten eine stabile Gleichgewichtslage stattfinden, je kleiner cp, um so nälier dem Meridian, mit dem sie für 142 Vn. Zur Theorie y, = zusammenfällt (I. Hauptfall). Die Kraft im zweiten Quadranten ist durchweg negativ, in der zweiten Aequatorialstellung herrscht labiles Gleichgewicht, in den beiden anderen Quadranten kehrt Alles symmetrisch meder. Man hat also zwei labile Gleichgewichtslagen auf dem Aequator, und zwei stabile im ersten und \ierten Quadranten (Taf. I Fig. 3, lU, b). IV. Weder d noch cp = 0. Alle drei Curven gelten. Weder die Aequatorial-, noch die Meridianstellungen sind ferner Gleichgewichtslagen der einen oder anderen Art, sondern in der ersten Aequatorial- und der zweiten Meridianstellung erreichen D und (p beziehlich ihr positives, in der zweiten Aequatorial- und der ersten Meridianstellung ihr negatives Maximum. Für ß = findet demgemäss eine positive Kraft (ilf — 3f) cos -^, für ß = 90^ eine negative Kraft {M ■{- M') sm ^ statt. Da- zwischen muss die Gleichung D ^ W — ^ = einmal erfüllt sein, man hat also eine stabile Gleichgewichtslage im ersten Quadranten, und zwar wegen des hinzugekommenen positiven Gliedes i), wenn sonst Alles unverändert bheb, näher dem Meridian als in dem Falle III, h. Im zweiten Quadranten herrscht durchweg negative Kraft; unter Umständen kann hier ein Maximum vorkommen. Im dritten Quadranten findet labiles Gleichgewicht statt, au einem Punkte, welcher um weniger als 180** von der stabilen Gleichgewichtslage im ersten Quadranten absteht (Fig. 3, IV, a). Im vierten Quadranten kann die Kraft durchweg positiv sein, und zwar kann sie ein Maximum oder ein Minimum besitzen. Es kann aber auch das Minimum soweit gehen, dass die Curve die Ab- scissenaxe zweimal schneidet, wo denn zwischen den Schneidepunkten die Kraft negativ, der erste Schneidepunkt eine [12] stabile, der zweite eine labile Gleichgewichtslage wird (Fig. 3, IV, h\ Alle Symmetrie hat also jetzt aufgehört: nur für (iTf— M) cos I = (i¥ + M) sin -| sind die stabilen und labilen Gleichgewichtslagen wieder symmetrisch angeordnet in Bezug auf den Durchmesser, der den 135 ''-Punkt mit dem 315 •'-Punkt verbindet. Die Bedingung für das Auftreten der beiden Gleichgewichtslagen im vierten Quadranten heisst alsdann 2 m^ cos <^ . cos 45'' > (J/— M') cos -| -f (i^ + M) sin Lässt man d oder cf oder beide in der Vorstellung kleiner werden, so nähert sich der Zustand dem entsprechenden unter denen, die wAx schon unter den einzelnen Nummern betrachtet haben. Wichtiger ist die Erwägung, was sich ereigne, wenn m^ im Vergleich zu M — M! der astatischen Nadelpaare. 143 und sin ^ sehr klein wird, da, wenn auch m^, wie bemerkt, physi- kaUsch nicht = werden kann, dieser Fall doch, wegen des unvoll- kommenen Paralleüsmus der Nadeln und ihres im Vergleich zu m^ allzu beträchtüchen Unterschiedes, in Wirklichkeit gerade der am häufigsten vorkommende ist, ja bis zu Hm. SAUEEWAiiD der allein beobachtete war. Wie man leicht erkennt, bestehen alsdann die beiden Gleichgewichts- lagen im vierten Quadranten nicht, und die beiden anderen entfernen sich, unter sonst gleichen Umständen, je kleiner m^, um so mehr, die stabile von der ersten Meridian-, die labile von der zweiten Aequatorial- stellung, um sich dem nämlichen Durchmesser zu nähern, mit dem sie für niQ = zusammenfallen (Fig. 3, V). Die Lage dieses Durchmessers, zu dessen beiden Seiten die Kräfte symmetrisch vertheilt sind, wird be- stimmt durch die Gleichung welche mit der von Hm. Lloyd gegebenen (I) gleichbedeutend ist, und mit Hülfe einer ähnlichen Construction [13] die nämlichen Schlüsse zulässt, wobei aber die Grösse von (p unbeschränkt bleibt. Versucht man nunmehr das Ermittelte auf Hm. Sauerwald's Beobachtung anzuwenden, so lässt sich so viel sagen, als dass jedenfalls an seinen Nadelpaaren cp noch nicht ganz = gewesen sei, weil näm- lich die beiden stabilen Gleichgewichtslagen nicht in den Meridian fielen. Ob f/ = war oder noch einen endlichen Werth besass, würde davon abhangen, ob die stabilen Gleichgewichtslagen in gleichem oder in un- gleichem Abstand vom Meridian, und dem entsprechend die labilen genau oder nicht genau auf dem Aequator stattfanden (vergl. Fig. 3, ni, b und IV, b), worüber es an Bestimmungen gebricht. Unter allen Umständen setzt das Bemerkbarwerden der vertheilenden Wirkung der Erde voraus, dass d und ff beide äusserst klein seien, und Hm. Sauer- wald's Wahrnehmung üefert einen neuen Beweis dafür, dass es ihm gelungen sei, wenn nicht die magnetische Gleichheit, doch den Paralleüsmus seiner Nadelpaare weiter zu treiben, als irgendwer vor ihm. Diese Wahmehmung lehrt uns, ohne Messung der Schwingungs- dauer, die bei sehr astatischen Nadelpaaren nur unsichere Ergebnisse üefert, beurtheilen, nicht allein, ob ein gegebenes Nadelpaar den höchsten Grad der Astasie erreicht habe, dessen es vermöge des ParaUe- lismus seiner Axen fähig ist, sondern auch, ob dieser Grad so hoch sei, wie man ihn wirküch herzustellen vermag. Eine messende Untersuchung so hoch astatischer Nadelpaare zur Prüfung obiger Theorie würde unter anderen fast unbesiegl3aren Schwierig- 144 VII. Zur Theorie der astatischeii Xadeljjaare. keiten noch ganz besonders auf die stossen, dass es an einem Mittel fehlt, eine labile Gleichgewichtslage scharf zu bestimmen. Eine solche Untersuchung würde sich übrigens um so weniger der Mühe verlohnen, als man auch jetzt noch nicht auf einen vollkommenen Einklang der Erfahrung mit der Theorie rechnen dürfte. Noch immer ist diese nur als eine erste Annäherung zu betrachten, w^obei mindestens zwei Um- stände [14] vernachlässigt sind, welche scheinen bei hinreichend genauer Beobachtung zu Abweichungen Anlass geben zu müssen. Erstens haben wir /n = m' = m^ = const. gesetzt. Dies hätte wenig zu sagen, insofern dadurch nur die Natur des Stahls u. d. m. als in beiden Nadeln innerhalb gewisser Grenzen identisch aufgefasst wäre. AUeiu die Einführung solcher constanten Coefticienten überhaupt, um die Stärke der durch die Erde erzeugten secundären Momente für ein gegebenes Azimuth zu bemessen, ist nicht in aller Strenge zulässig. Sie setzt voraus, was in WirkMchkeit nicht zutrifft, dass eine noch so stark magnetisirte Nadel durch eine äussere magnetische Kraft einen stets dieser Kraft proportionalen positiven oder negativen Zuwachs erhalte. Bei Berücksichtigung dieses Umstandes verwickelt sich die Sache ausser- ordentlich, da an Stelle von m, m neue und unbekannte Functionen der Ablenkung der Nadeln aus dem Meridiane treten. Für's zweite ist zu bedenken, dass auch die beiden Nadehi auf einander eine vertheilende Wirkung ausüben, durch welche sie sich gegenseitig in astatischer Anordnung verstärken, in umgekehrter schwächen.^ Dies würde nicht bloss zur Folge haben, dass Messungen von M, M' an den einzelnen Nadeln , von M — M' am astatischen, oder von M + M' am verkehrt zusammengefügten Nadelpaar nicht mit einander stimmen könnten, sondern es würde auch die Stärke der Wirkung, welche die eine Nadel auf die andere ausübt, soviel es sich ohne Kechnung übersehen lässt, abermals eine verwickelte Function des Azimuths sein. In der That würde für ^ = und ^ = in den beiden Aequatorialstellungen die eine Nadel die andere eben so sehr verstärken, wie diese jene; hingegen in einer der Meridianstellungen würde die durch die Erde verstärkte Nadel die dadurch geschwächte unstreitig mehr stärken, als diese jene, so dass der Unterschied der Nadeln in dieser Stellung kleiner als in jener ausfiele. 1 Vergl. PoGGENDORFF in seinen Annalen. 1838. Bd. XLV. S. 375 ff. vni. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen zu elektrophysiologischen Zwecken. (Im Auszuge gelesen in der Gesamnitsitzung der Königl. Akademie der Wissen- schaften zu Berlin am 30. Mai 1861.) i Hierzu Taf. I— III. Ml habe, seit dem Ersclieineu meiner 'Untersuchungen über thierische Elektricität', zu dem, was dort über Vorrichtungen und Versuchsweisen zu elektrophysiologischen Zwecken gesagt ist, allerlei hinzuzusetzen gefunden, wovon ich Einiges hier zusammenstellen will, um mich gelegenthch darauf beziehen zu können. Ein Theil davon hat zwar bereits auf anderem Wege, durch meine Vorträge, durch persön- hchen Verkehr, durch die aus meinem Laboratorium hervorgegangenen Arbeiten, eine ansehnliche Verbreitung, ja einige Bedeutung für den Fortschritt unserer Wissenschaft erlangt. Ich erfülle al)er einen oft gegen mich ausgesprochenen Wunsch, indem ich ausdrückhch und im Zusammenhang eine Schilderung auch dieser schon bekannteren Hülfs- mittel gebe. §. I. Vom Multiplicator. Die Multipücaturen für thierisch-elektrische Versuche, wie sie Hr. Sauerwald auf meine Anregung zu l^auen begonnen hat, weichen in mehreren Punkten von dem vun mir a. a. 0. Bd. II. Abth. I. S. 477 beschriebenen Instrument ab. Sie sind aber in Deutschland, ja im Aus- lande, jetzt so verbreitet, dass eine Beschreibung derselben für überflüssig gelten darf, und die Art sie zu behandeln kann auch als so allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass höchstens einzelne minder auf der Hand hegende Kathschläge noch am Platze scheinen möchten. 1 Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1862. Berlin 1863. 4 0, Physikalische Klasse. S. 75. E. du Bois -Reymouil, Ges. Abli. I. 10 146 VIII. Bescliveibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. \v. Folgendes Verfahren beim Aufstellen des Multiplicators führt schnell und sicher zum Ziel. Ich nehme an, dass der einfache Coconfadeu mit seinem Häkchen bereits eingebracht ist. Man giebt dem Theodolitenfuss [76] des Instrumentes einen beliebigen, durch Rücksichten der S3'mmetrie oder Bequemlichkeit empfohlenen Stand auf einem Wandconsol, bei dessen Befestigung man nicht ängstlich Eisen zu vermeiden braucht. Unter jede Stellschraube legt man eine der auf ein quadratisches Stück Spiegel- glas angekitteten Messingplatten, und befestigt das Stück Glas an das Consol, indem man es mit Kolophoniumkitt umgiesst. Man entfernt die Theüung, und steUt das Instrument wagerecht mittels einer auf den Rahmen aufgesetzten DosenlilieUe. Man hängt an das Häkchen des Coconfadens eine einfache Xadel, und stellt die Windungen ihr parallel. IJm diese Stellung künftig -sAieder zu finden, liest man sie an der unteren Theüung ab. Nun streicht man die Nadeln bis zur Sättigung auf die a. a. 0. S. 484 beschriebene Art, und hängt sie unter einer Glocke über einer Theüung auf, deren NulUime im Meridian steht. Man sieht zu, [wenn man das Kadelpaar nicht bereits kennt, ^ welche Nadel die stärkere ist, und schwächt diese mittels der Streichnadel bis zu dem Maasse der frei- willigen Ablenkung, das Geschick und Glück, und, wie ich unlängst in Poggendorff's Annalen gezeigt habe,^ der Parallehsmus der Nadeln zu erreichen gestatten. Die Theorie verschiedener Fälle stabüen und labilen GleichgCAvichtes der Nadelpaare, auf die man dabei stossen kann, habe ich dort, mit Rücksicht auf eine Beobachtung des Hrn. Saueewald, entwickelt. Beim Handhaben der Nadeln vergesse man nicht, dass man das Zwischenstück aus Schüdpatt besser nicht mit der Hand berührt, durch deren feuchte Wärme es leicht verkrümmt werden könnte,^ die Nadeln selber aber nicht mit MetaUen, auch scheinbar ganz unmagne- tischen, weü im Augenblick der Berührung mit einem Magnete, oder der Trennung von demselben, jedes MetaU, wegen der darin erzeugten In- ductionsströme, sich magnetisch verhält. Einige [77] riUimen das Yer- 1 Zur Kenntniss eines Nadelpaares gehört, dass man wisse-. 1. welche Nadel die stärkere, 2. welches der Sinn der freiwilligen Ablenkung des Nadelpaares sei. — Wenn man sich in der Lage befindet, einen unbekannten Streichmagnet anwenden zu müssen, versäume man nicht, zuerst dessen Pole auf die Richtigkeit ihrer Be- zeichnung zu prüfen. Sonst läuft man Gefahr-, wie es mir einst begegnete, im feiTieren Verlaufe der Operation, die schwächere statt der stärkeren Nadel zu schwächen, und vergeblich auf das Eintreten der Astasie zu warten.ü 2 S. die vorige Abhandlung. 3 Aluminium würde als Material für das Zwischenstück jetzt vielleicht den Vorzug vor dem Schildpatt verdienen. §. 1. Vom Multiplicator.' 147 fahren, der Nadel die letzten Striche durch Papier oder Ghmmer hin- durch zu ertheilen. Leider kann man sich nicht auf Astatischmachen eines bestimmten Nadelpaares mittels einer bestimmten Streichnadei ein- üben, weil durch das Verkehrtstreichen auch die Streichnadel selber an Magnetismus verhert. Es ereignet sich wohl, dass man mit der Streich- nadel keine Schwächung der stärkeren Nadel mehr erhält, wenn man sie au bestimmten Punkten ihres Umfanges, die sich am bequemsten zur Berülmmg bieten, verkehrt streicht. Alsdann genügt es, die Nadel au einem anderen minder zugänglichen, und deshalb bisher verschont ge- bliebenen Punkte zu berühren, um einen neuen Fortschritt der Astasie zu bewirken. Ist das Nadelpaar so astatisch wie möglich, so stellt man die Win- dungen des Multiphcators mit Hülfe der unteren Theilung in die Ebene der freiwilligen Ablenkung, und hängt das Nadelpaar ein. Es folgt die Compensation der Ablenkungen durch die Drahtmassen, wenn dergleichen vorhanden sind, nach den in meinem Werke ^ gegebenen Regeln, zu denen ich nichts hinzuzufügen ^vüsste, als dass man zum Compensator statt der Spitze der dort empfohlenen Perlnadeln, die nicht aus hartem Stahl bestehen, besser die der Aachener Nähnadeln Nr. 12 (lang) benutzt. Hr. Tyndall hat kürzüch die Bemerkung gemacht, dass die ge- wöhnlich zum Bespinnen angewendete grüne Seide Eisen enthalte und magnetisch wirke, und es ist ihm gelungen, völlig anziehungsfreie Draht- massen herzustellen, indem er weisse Seide zum Bespinnen nahm.^ Ich hatte, als ich im Beginn meiner Multiplicatorversuche mit den Ab- lenkungen durch die Drahtmassen kämpfte, keinen Grund auf die Seide einen Verdacht zu werfen, da ich nicht unterlassen hatte, mich durch chemische Analyse zu überzeugen, dass mein Draht, selbst nach dem Auflösen der vielleicht durch das Ziehen verunreinigten Schicht, Eisen enthielt, und dass Stücke von demselben Kupfer, aus dem er gezogen war, stark magnetisch wirkten.^ Der Kupferdraht, den Hr. Sauerwald neuerdings zu seinen Multiphcatoren ver- [78J wendet hat, ist durch Stein gezogen, und trotzdem magnetisch, auch wenn er mit weisser Seide besponnen mrd. Es würde also Täuschung sein, wenn man hoffte, fortan 1 Bd. n. Abth. I. S. 485 ff. — Auf S. 494 ist ein verwirrender Druckfehler stehen geblieben. Es ist nämlich daselbst der Satz „Sie bleibt gestaltet etwa wie die kurzpunktirte Curve in Fig. 126" (Z. 14 und 15 von oben) zu streichen, da diese Curve, um die Figur nicht noch mehr zu verwickeln, fortgelassen wurde. 2 Philosophical Transactions etc. For the Year 1861. p. 2; — Poggendorff's Annalen u. s. w. Bd. CXIU. 1861. S. 2. 3 Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 164. 187. 10* 148 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. durch blosse Anwendung weisser Seide zum Bespinnen sich vor den Ab- lenkungen durch die Drahtmassen zu schützen. Sondern die nächste Aufgabe wird bei uns noch immer sein, sich eisenfreies Kupfer zu ver- schaffen. Nach Hrn. Magnus' Versuchen^ ist galvanoplastisches Kupfer keinesweges ohne Weiteres als eisenfrei anzusehen; es kann erst durch ein so mühseüges und kostspieliges Verfahren eisenfrei erhalten werden, dass es vermuthhch in jeder Beziehung vortheilhafter wäre, Silber zu ver- wenden. Die Schwierigkeiten, auf die Hr. Magnus bei Herstellung eines eisenfreien Gewindes zu thermoelektrischen Zwecken, stiess, dürften sich aber noch steigern, wenn es sich darum handelte aus dem galvano- plastischen Kupfer so feine Drähte zu ziehen, wie man ihrer zu thierisch. elektrischen Versuchen bedarf. Unter diesen Umständen wird das Ge- rathenste sein, den Draht aus England zu beziehen, wo von elf Proben neun sich Hrn. Tyndall diamaguetisch zeigten. Das Nadelpaar muss gut centrirt sein, nicht allein wegen der Fehler der Ablesung, die aus der mangelhaften Centrirung entspringen, sondern auch aus folgenden Gründen. Hängt es excentrisch, so wird es erstens bei starken das Gewinde durchkreisenden Strömen leichter nach einer Seite hin gezogen und dadurch in Pendelschwingungen versetzt. Zweitens ist zu bedenken, dass die Anziehungen, welche nicht eisenfreie Draht- massen und das Berichtigungsstäbchen auf das Nadelpaar ausüben, von der Höhe abhangen, in der dasselbe im Eahmen schwebt, oder von der Länge des Fadens. Diese Länge unterliegt, wenn nicht besondere Maass- nahmen getroffen sind, wegen der wechselnden Feuchtigkeit der Luft, fortwährenden Schwankungen, deren grössere Werthe man bei einiger Aufmerksamkeit leicht beobachten kann. Nun aber kommt das Gleich- gewicht des Nadelpaares im Azimuth zu Stande durch Zusammensetzung jener beiden Kräfte mit der Kichtkraft der Erde. Aendern sich also jene Kräfte in Folge einer Höhenschwankung der Nadeln, so muss auch im Allgemeinen die Gleichgewichtsstellung der Nadeln eine andere werden. Abgesehen A'on anderen denkbaren Fällen, die kein [79] praktisches Interesse haben, trifft dies nur dann nicht zu, wenn 1. die magnetischen Axeu beider Nadeln in einer Ebene liegen, und Avenn 2. diese Ebene zusammenfällt mit der, welche das in sich völüg gleichartig gedachte Gewinde der Länge nach hälftet. Alsdann nämlich werden die obigen drei Kräfte gleichzeitig in jeder Höhe Null, und folghch die Stellung des Nadelpaares unabhängig von der Länge des Fadens, Allein dies setzt^ 1 Physikalische Abluiiullungeu der Königl. Aliadeuiie der Wissenschaften zu Berlin. Aus dem Jahr 1851. 4. S. 6. (8); — Poggendorff's Annalen u. s. w. 1851. Bd. LXXXIII. S. 474. §. 1. Vom Multiplicator. 149 wie man sieht, wiedemni voraus, dass das Xadelpaar centriscli hänge. Bei der Schwierigkeit, die hier vorgeschriebenen Bedingungen in Strenge zu erfüllen, und der verhältnissmässig geringen Sorgfalt, die wohl darauf verwendet worden ist, bin ich überzeugt, dass dies der wahre und ein- fache, wenn auch ziemlich verborgene Grund jener ewigen Schwankungen der Gleichgewichtslage des Nadelpaares ist, welche den früheren Beol)- achtern, und vormals mir selber, so ^iel zu schaffen machten, und die man sich dui'ch Luftströmungen, durch thermisch bewirkte Aenderungen in der Intensität der Nadeln u. d. m. stets nur dürftig erklärte.^ Man sehe z. B. die Hypothesen, in denen sich darüber ÄIelloni ergeht, der übrigens die frei^^•illige Ablenkung astatischer Nadelpaare, deren Theorie schon NoBiLi richtig gegeben hatte, unbegreiflicherweise von der Torsion des Fadens ableitete.^ Natürlich wird man sich jetzt nicht damit begnügen, die Xadeln möghchst zu centriren, sondern man wird zugleich suchen, die Länge des Fadens beständig zu erhalten, indem man die Luft unter der Glocke austrocknet. In der That habe ich, seit ich dies thue, von jenen Schwankungen nichts mehr verspürt, obschon ich den erhabenen Kand um die Theilung, den ich zum Schutze der oberen Nadel gegen Luft- strömungen empfahl,^ längst aufgegeben habe. Die Austrockuung kann übrigens nur einen günstigen Einfluss auf den Isolationszustand des Ge- windes ausüben. Als Austrocknungsmittel gebe ich aus verschiedenen Gründen dem Kaü kausticum fusum (in bacuhs) den Vorzug. Um das Kali zu beherbergen, habe ich Porzellangefässe von geeigneter Gestalt an- fertigen lassen, die jederseits vom Rahmen zwischen demselben und dem die Nadeln tragenden Bügel Platz finden. Wenn längere Zeit nicht gearbeitet wird, thut man wohl, die [80] Gefässe zu entfernen, damit nicht überkletterndes kohlensaures Kaü Schaden stifte. NoBiLi wollte bekannthch, dass die untere Nadel die stärkere sei, weil dabei die Summe der elektrodynamischen Wirkungen, die das System erfährt, grösser ausfalle.* Man könnte einwenden, dass dafür die Astasie des Systemes dadurch vermindert werde, dass die ohnehin stärkere untere Nadel mehr als die schwächere obere durch den Strom gestärkt werde. Auf aUe Fälle glaube ich, dass wenn ja ein Verlust an Empfindhchkeit daraus entspränge, dass die obere Nadel die stärkere ist, er durch den Vortheil aufgewogen würde, dass man gelegenthch, ohne das Nadelpaar 1 Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 192. 2 La Thermochröse ou la Coloration ealorifique etc. Naples 1850. p. 33 et suiv. 3 Untersuchungen u. s. w. Bd. II. Abth. I. S. 485. * Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 173. 150 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. aus dem Rahmen zu eiitfenieii, der Astasie nachhelfen kann. Dazu braucht man nur den Faden herabzulassen, so dass die obere Xadel auf der Theilung ruht, und diese Nadel wieder mit der Streichnadel verkehrt zu streichen. Während man die eine HäKte der Nadel streicht, hält man die andere mittels eines aufgedrückten Haarpinsels fest. Schliesst man einen Multiplicator durch einen Draht von ver- schwindendem Widerstände, so üben die Windungen auf die sch-ningende Nadel eine dämpfende Wirkung aus, die im Allgemeinen mit der Masse der Windungen wächst, aber unabhängig davon ist, ob die Windungen zu halber Länge und doppelter Dicke, oder zu ganzer Länge und ein- facher Dicke verbunden sind. Bei den Nerven- und auch schon bei den Muskel-Multiplicatoren erreicht diese Wirkung einen solchen Grad, dass die Nadel dadurch ziemlich eben so schnell beruhig-t wird, als man dies,, selbst bei ansehnlicher Uebung, durch ein Magnetstäbcheu zu thmi vermag.^ Lasse ich die Nadel meines Multiplicators von 24160 Win- dungen von 90*^ fallen, das einemal bei ofi'enem, das anderemal bei geschlossenem Multiplicatorge winde, so erhalte ich folgende Reihe von Ausschlägen: Gewinde offen: •*+ 90 — 60 + 26 — 18 + 10 u. s. w. geschlossen: + 90 — 28 + 8 — 6 + 2. Der nächste negative Ausschlag kann wegen des Ausschnittes in der Theilung zum Durchlassen der unteren Nadel nicht mehr abgelesen werden. Bei Versuchsreihen, wo man rasche Berahigung der Nadel braucht und ander- [81] weitig zu thun hat, namentlich aber in Vor- lesungen, ist dies Verfahren sehr nützlich. Hr. Sauerwald giebt, auf meine Veranlassung, seinen grossen Multiplicatoren einen Stromwender bei, der mit Leichtigkeit verschiedene Combinationen der beiden Multiplicatordrähte mit der Kette und mit einer Nebenschliessung herzustellen erlaubt. Mit Hülfe davon kann man 1) die Kette, mit Ausschluss des Multiplicators, in sich schhessen, 2) den Strom nur durch eine bestimmte Windung, 3) durch beide Windungen hintereinander oder 4) zugleich liindurchlassen , 5) eine Nebenschhessrolle aus Neusüberdraht zum Multiplicator anbringen, wodurch er, bei ganzer Länge und einfacher Dicke, die passende Empfindlichkeit für den Muskel- strom erlangt; endlich 6) den Strom im Multiplicator bei irgend einer dieser Combinationen umkehren. Ich selber verdanke den Hi'n. Siemens und Halske einen noch vollständigeren Stromwender, welcher nämlich den Strom auch noch beliebig durch die eine oder die andere der beiden 1 Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 192, » §. 1. Vom Multiplicator. 151 Windiingeu zu senden erlaubt. Von Wichtigkeit unter diesen Combi- nationen sind indess nur die mit 1., 3,, 5, und 6. bezeichneten. Mit Hülfe geeigneter Nebenschliessungen lässt sich dem Multiplicator jeder gewünschte Grad von Unempfindhchkeit geben. Die ^Verminderung des Widerstandes des Multiplicators durch gleichzeitige Benutzung beider Drähte kommt bei thierisch- elektrischen Versuchen kaum jemals vor. Ja, da neuerdings mehrmals .]\Iultiplicatorgewinde dadurch unbrauchbar geworden sind, dass die beiden Drähte sich irgendwo im Inneren metallisch berührten, die Anwendbarkeit des Multipücators als BECQUEEEL'sches Differentialgalvanometer aber vollends entbehrüch erscheint, so habe ich Hrn. Sauerwald gerathen, das einst von Nobili eingeführte Bewickeln der Kahmen mit zwei Drähten überhaupt ganz aufzugeben. Freilich wird das Bewickeln mit nur einem Drahte insofern mühsamer, als doppelt so viele Windungen aufzutragen sind. Dafür legt sich indess ein Draht leichter zurecht als zwei, und man hat die Sicherheit, dass durch einen etwa entstehenden Isolationsfehler nie mehr als höchstens zwei Lagen ausser Wh'kung kommen. Der Stromwender muss nicht auf dem Consol angebracht sein, da das Handhaben der Vorreiber die Nadeln erschüttern könnte. Unter den Combinationen des Stromwenders fehlt zwar die, deren man bedarf, um die Beruhigung der Nadeln durch Dämpfung möghchst voU- [82] kommen zu bewerksteUigen , nämhch das Schüessen des Mul- tipücators durch einen kurzen metalMschen Bügel. Inzwischen leistet das Schüessen durch die NebenschüessroUe (Combination 5) fast das Nämüche, da es an meinem Multiplicator, beim FaUenlassen der Nadel von der Hemmung, folgende Reihe von Ausschlägen üefert: + 90 — 32 + 8-5 — ^6 + 3, die, wie man sieht, mit der ohne ßoUe gewonnenen so zusammenfäUt, dass es auf den Unterschied mcht ankommt. ^ Um die Uebersicht der Versuche zu erleichtern, ist es vortheühaft, die Verbindungen so herzusteUen, dass das beobachtete Ende der Nadel sich im gleichen Sinne bewegt, wie der Strom zwischen den Ziüeitungs- gefässen. SoUen Ablenkungen, oder Veränderungen derselben, von nur wenigen G-raden beobachtet werden, so wird es, um Täuschungen durch die ParaUaxe der Nadel in Bezug auf die Theilung zu vermeiden, noth- wendig, sich eines Fernrohres zu bedienen, welches so aufgesteüt sein muss, dass es der Nadel in ziemüch hohe Ablenkungen folgen kann. Statt auf die in meinem Werke, a. a. 0. S. 484. 485, beschriebene Art, 1 [Bei der zuletzt angenommenen Form des Stromwenders wird der Multipli- cator beim Schliessen der Kette in sich stets zugleich auch in sich geschlossen.] 152 ^^^. Besehreibung eimc^er Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. \v. kann clies auch so geschehen, dass das Fernrohr anf emeni kreisfönnigen Schütten nm den Multiphcator läuft. Eine solche Emrichtuug hatte Hr. Halske die Güte, für mich auszuführen. Beiden Anordnungen, wol)ei das Fernrohr die Nadel schräg durch die Glocke hetrachtet, ist AVühl die schon vor langer Zeit von Hm. Lenz angewendete vorzuziehen. ))ei der über der Spiegelplatte, die oben die Glocke schliesst, ein passend geneig-ter Spiegel oder ein Prisma angebracht wird, worin ein wagerechtes Fernrohr das Bild der Nadel erblickt.^ Schliesshch stelle ich die Literatur über Hydro- und Thenno- multiphcatoren , seit dem Eingangs bezeichneten Zeitpunkte, so weit sie uns angeht und in dem Vorigen noch nicht l)erühi-t -wurde, hier zusammen. 1. Lenz, Poggendoeff's Annalen u. s. w. 1849. Bd. LXXYL S. 500. 2. Keuben Philips, The Philosophical Magazine etc. 1849. Vol. XXXIV. p. 502; — V Institut. 1849. t. XVIL No. 819. 3. DoNOVAN, Transactions of the Royal Irish Academy. Vol. XXII. Dublin 1849. 4. P. III p. 233. 4. BuEF, Annalen der Chemie und Pharmacie. 1854. Bd. XC. S. 186. 5. De LA Peovostaie, Annales de Chimie et de Physique. Octobre 1858. 3me Serie, t. LIV. p. 129. [83] 6. WiEDEJMANN, Die Lehre von den Wirkungen des galvanischen Stroms in die Ferne. Braunschweig 1861. S. 210. 7. DüB, Der Elektromagnetismus. Berlin 1861. S. 27. 8. Magnus, Monatsberichte der Akademie. 1861. S. 248. §. IL Tom Gebrauch der Spiegelbussolen zu thierisch- elektrischen Versuchen. Schon in meinen ^L^ntersuchungen' vom Jahr 1848 - habe ich die Vermuthung ausgesprochen, dass man zur messenden Beobachtung der tliierisch-elektrischen Ströme sich der PoGGENTDOUFF'schen, von Gauss und Hrn. AVebeb vervollkommneten Methode der Spiegelablesimg mirde bedienen können. Auch habe ich bereits im April 1851 im physika- hscheu Cabinet zu Leipzig mit Hm. Hantcel den Muskelstrom am Elektrod}qiamometer beobachtet, und Hr. Helmholtz hat das Jahr darauf in Königsberg seinen Zuhörern meine Versuche an einer Spiegelbussole mittels des später von mir beschriebenen Verfahrens gezeigt, wobei die Ablenkung des Spiegels durch die Bewegmig eines davon zurückge- Poggendokff's Annalen u. s. w. 1835. Btl. XXXI V. S. 381 A. a. O. Bd. I. S, 197. §. 2. Vom Gebrauch der Spiegelbussolen. 153 Avorfenen Lichtbündels siclitl)ar wird. ^ 80 lange indessen die Ladungen der Platinelektroden messende Versuche in diesem Gebiet üljerhaupt vereitelten, fehlte es an einer bestimmten Veranlassung, den Multiphcator für die Spiegelbussole aufzugel)en. Als aber durch Ei^findung der un- polarisirbaren Elektroden dies Hinderniss beseitigt war, wies ich sogleich .auf den Vortheil liin, den jetzt die Spiegelablesung hier verspreche. „Mit den absolut gleichartigen, unpolarisirbaren verquickten Zinkelektroden „zur Ableitung; mit dem Princip der Nebenleitung zur Erzeugung aufs ..Feinste abgestufter elektromotorischer Kräfte jeder Ordnung; endlich ..mit der Spiegelbussole, die, bei gleicher Empfindlichkeit mit dem Nerven- „Multiplicator, keiner schwierigen und vergänglichen Graduirung mehr „l)edarf: steht jetzt nichts mehr in diesem Gebiete," sagte ich damals, ,,der Ausführung messender Versuche entgegen, und eine neue Bahn „■sAichtiger Untersuchungen ist eröffnet.'- - [84] In demselben Aufsatz, S. 49. 50, fühi-te ich an, dass meine von Hrn. Saueewald nach Hrn. Wiedemanx's Modell gebaute Bussole, mit 12000 Windungen feinen Drahtes versehen, bei 2285"^"^ Abstand der Scale vom Spiegel, ohne dass diesem etwas von seiner Richtkraft ge- nommen werde, bereits eine Empfindlichkeit zeige, die sich der des Nerven-Multiphcators nähere, indem dieser, zwei seiner Grade auf einen Sealentheil gerechnet, innerhall) der ersten 55 '^ allerdings die grössere relative, und innerhall) der ersten 65*^ die grössere al)Solute Empfind- lichkeit l)esitze, darüber hinaus jedoch der Bussole mehr und mehr nachstehe. ^ 1 S. oben S. 131. Abh. VI. 2 S. oben Abh. IV. S. 76. TT. 3 Um dies zu prüfen, hatte ich durch beide Instrumente hintereinander einen von einer beständigen Kette abgeleiteten Stromzweig geschickt, dessen Stcärke durch V^erlängern der Nebenschliessung schi-ittweise erhöht wurde. Mit gleicher abso- luter Empfindlichkeit ist im Obigen gemeint, dass die beiden Instrumente um die- selbe Zahl gleichwerthiger, d. h. also z. B. durch Schätzung gleich sicher in Zehntel zu theilender Abschnitte ihrer Theilung abgelenkt werden, mit gleicher relativer Empfindlichkeit, dass ein gleicher Stromzuwachs einen gleichen Ablenkungszuwaehs bewirkt. Trägt mau auf eine Abscissenaxe , welche die wachsenden Stromstärken bedeutet, die entsprechenden Ablenkungen des Multiplicators und der Spiegelbussole als Ordinaten auf, so liegt die stark gegen die Abscissenaxe concave Multiplicator- curve anfangs über der Geraden, welche den Gang der Bussolenablenlcungen darstellt, bei etwa 55 ist die Tangente an der Multiplicatorcui-ve dieser Geraden parallel, d. h. die relativen Empfindlichkeiten sind gleich, bei etwa 650 schneiden sich die Cui-ve und die Gerade, oder die absoluten Empfindlichkeiten sind dieselben, endlich bei 900 schliesst sich die Curve einer der Abcissenaxe parallelen Geraden asjTnpto- tisch an, während die Gerade bis zu den Grenzen der Scale, 1000 Graden oder 500 Scalentheilen entsprechend, ihre Eichtung behält. 154 Vin. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. Für die meisten Versuche über den Mnskelstrom reicht die Empfind- lichkeit der Bussole in dem bezeichneten Zustand aus. Ein Adductor magnus vom Frosch, auf die Thonscliilder der sogleich zu beschreibenden neuen Zuleitungsgefässe mit Längsschnitt und künstlichem Querschnitt aufgelegt, giebt gegen 300 ""^ (Scalentheile) beständiger Ablenkung. Für den Nervenstrom dagegen ist die Bussole, wegen der linearen Gestalt ihrer Intensitätencurve, unter denselben Umständen noch nicht empfind- lich genug, da ein Ischiadnerv vom Frosch höchsten 25 ^'= beständiger Ablenkung giebt; und ebensowenig würde sie für die negative Schwankung des Muskelstromes des einen Armes ausreichen. Um die Empfindüchkeit zu erhöhen, gebietet man über verschiedene Mittel. Man kann die An- zahl der Windungen, die Entfernung der Scale vom Spiegel, die Yer- grösserung des Fernrohres steigern; man kann [85] endhch auch die Kichtkraft des Spiegels vermindern, indem man die Wirkung der Erde durch die eines passend genäherten Magnetes zum Theil aufhebt. Bei dem letzteren Verfahren gelingt es sehr leicht, auch für die Versuche an Nerven überflüssige Empfindlichkeit herzustellen. Welch grosser Vortheil aus dem linearen Gange der Intensitäten- curve an der Spiegelbussole entspringe, auch wenn man keine Messungen bezweckt, bedarf nicht der Erwähnung. Die relative Empfindüchkeit bleibt bei jeder noch verwendbaren Ablenkung die nämhche, und von dem Verhältniss grosser und kleiner Stromstärken erhält man unmittelbar eine richtige Vorstellung, statt des mehr oder weniger verzerrten Bildes, welches jede andere galvanometrische Vorrichtung davon entwirft. Die Spiegelbussole erfüllt ohne Weiteres das Bedürfniss der Elektrophysiologie nach einem Galvanoskop von grosser Empfindüchkeit bei kleiner Schwingungsdauer des magnetischen Sj^stems. Die starke Dämpfung der Schwingungen durch die Kupferhülse ist in unseren Versuchen, wo es sich, wie ich zeigen werde, auch bei unpolarisirbaren Zuleitungsgefässen noch stets um unbeständige Ströme handelt, von unschätzbarem Nutzen. Nimmt man hinzu, dass die Spiegelbussole von allen Schwierigkeiten der Handhabung, die dem Multipücator mit astatischem Nadelpaar stets an- haften werden, frei ist, und dass ihr Preis, mit Inbegrifl" eines Stein- HEüi'schen Fernrohrs, den eines Multiplicators ersten Ranges lange nicht erreicht, so drängt sich die Frage auf, ob nicht überhaupt der Multipü- cator ganz für die Spiegelbussole aufzugeben sei. Wirküch muss ich sagen, dass ich selber mich seit jenem Zeitpunkte mit grossem Vortheil der Bussole fast ausschüesslich zu meinen Untersuchungen bedient habe. Inzwischen hat diese auch ihre Mängel. Sie verlangt zu ihrer Auf- stellung Räumlichkeiten, über die nicht Jeder verfügt; und obschon ein Multipücator, Avie eben bemerkt wurde, theurer sein kann, als Bussole §. 2. Vom Gebrauch der Spiegelbussoleu. 155 1111(1 Fernrohr, so kann er doch anch weit billiger hergestellt werden. In dem Stübchen, wo ich den grössteu Theil meiner Untersuchungen ge- macht habe, hätte ich keine Spiegelbyssole aufstellen können, selbst wenn meine Büttel mir damals erlaubt hätten, eine solche anzuschaffen, anstatt mir einen Multiplicator zu bauen. Dies sind Verhältnisse, die heute, wo jede Universität ihr physiologisches Laboratorium hat, nicht wieder- kehren [86] können. Aber Anderes bleibt zum Tröste derer zu erwägen, die sich jetzt vielleicht ungern auf den Gebrauch des Multiphcators an- gewiesen sehen. Das leichte Nadelpaar eines Multiphcators ist für Er- schütterungen viel weniger empfindhch als der Spiegel. Die Störungen durch die elektromagnetischen Eisenkerne, z. B. des Maguetelektromotors, des Fallhanmiers, machen sich an der Bussole auf viel grössere Ent- fernungen sichtbar als am Multiphcator. Die Unstetigkeit des Null- punktes an der Bussole ist lästig, selbst wenn dem Magnet nichts von seiner Eichtkraft genommen wird. Sie wächst mit wachsender Astasie zuletzt zu einem unerträglichen Missstande. ^ Nachts bleibt Beleuchtung der Scale in solcher Ausdehnung, wie sogenannte qualitative Versuche es erheischen, bei denen man oft nicht vorher weiss, in welcher Richtung und Grösse der Ausschlag erfolgen wird, stets eine missliche Aufgabe. Namenthch aber ist an der Spiegelablesung auszusetzen, dass man dabei nicht, während man mit einem Versuch beschäftigt ist, zugleich aus der Ferne und mit einem Bhck übersieht, was im Kreise vorgeht. Die Stellung der Nadel auf der Multiplicatortheilung, der Sinn ihrer Bewegung, verrathen selbst im indirecten Sehen sofort den elektrischen Vorgang; die Spiegelbussole dagegen verlangt immer eine mit dem Auge am Fernrohr gemachte Aljlesung. Ist der Versuch der Art, dass man ihn erst vollständig einrichten, und dann ohne hinzusehen durch eine einfache Handbewegung die beabsichtigte Wirkung herbeiführen kann, so hat dies nichts zu bedeuten. Viele Versuche erlauben aber nicht solches Verfahren, ujid alsdann braucht man zum Ablesen der Bussole einen Gehülfen, was namentlich bei quahtativeii Versuchen unbequem ist, wo die Beob- achtungen sich nicht regelmässig folgen, sondern jeden Augenbück durch Uebeiiegungen und durch Vorbereitungen, deren Bedürfniss sich ein- stellt, unterbrochen werden können. Auch zur Demonstration ist die Spiegelbussole nicht geeignet, wenn man nicht schon für zwei Personen zu dem ziemhch umständlichen Verfahren greifen will, dessen oben S. 152. 153 gedacht wurde. Es bleiben somit den Multiplicatoren für jetzt auch noch einige Vorzüge, und da sie ohnehin zur Zeit die am meisten verl)reitete 1 S. unten, Abh. XV. 156 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. \v. galvaiiometrische Yorrichtiiiig sind, so habe ich nicht für unnütz gehalten, hier noch einmal auf deren Handhabung zurückzukommen. [87] Die Theorie der Spiegelbussolen findet sich an verschiedenen Stellen so vollständig entwickelt und ihre Behandlung ist so einfach, dass darüber nichts weiter zu sagen ist. Doch will ich bemerken, dass ich mich bei längerem Gebrauch der Spiegelablesung zu elektroiDhysiologischen Zwecken nicht in die von den magnetischen Beobachtungen herstammende Oewohnheit habe finden können, eine in 1000 """^ getheilte Scale so an- zuwenden, dass der Faden ungefähr mit der Mitte ihrer Länge zusammen- fällt. Bei messenden Versuchen nach vorher bestimmtem Plane, deren Ergebnisse rechnend verwerthet werden sollen, mag dieses Verfahren am Platze sein. Bei qualitativen Versuchen dagegen, wo es darauf ankommt, das Ergebniss* augenbücküch zu fassen um darauf weiter zu bauen, ziehe wenigstens ich die unmittelbare Anschauung einer Zahl, deren Gewinnung durch Subtraction zweier viersteUigen Zahlen von einander vor. Meine Scale hat daher den Nullstrich in der ]\litte, und ich verschiebe sie vor jedem Versuch mittels Zahn und Trieb so, dass der Faden den Null- strich deckt. Entsprechend der oben S. 151 für die AufsteUiüig der Multiphcatoren gegebenen Regel ist die Anordnung getroffen, dass der Faden sich im Fernrcjir über die Scale scheinbar in der Richtung be- wegt, wie der Strom zwischen den Zuleitungsgefässen auf dem Tisch vor mir. Um aber auch, wenn das Scalenbild unbeweghch abgelenkt ist, den Sinn sofort zu erkennen, in dem dies geschah, sind die Zalilen der im Fernrohr rechts erscheinenden Scaleuhälfte roth, die der anderen wie gewöhnlich schwarz mit der Schablone aufgetragen. ^ 1 Zu meiner Freude erfuhr ich, nachdem der vorliegende Paragraph im Wesent- lichen druckfertig war, auf der Eeise durch Göttingen gegen Ende April d. J., von Hrn. Professor Meissner, dass er sich mit dem im Bau der Instrumente mit Spiegelablesung so erfahrenen Hrn. Inspector Meyerstein verbunden habe, um ein für elektrophysiologische Zwecke geeignetes Galvanometer der Art zu Stande zu bringen. Dasselbe ist seitdem unter dem vielleicht nicht ganz bezeichnenden Namen eines Elektrogalvanometers in Henle's und Ppeuffer's Zeitschrift (3. Reihe. Bd. XI. S. 193) und in Poggendorff's Annalen (1861. Bd. CXIV. S. 132) beschrieben worden, und seine Leistungen lassen, wie es scheint, kaum etwas zu wünschen übrig. Der Magnetstab, mit dessen Hülfe die Richtkraft des beweglichen Magnetes verkleinert wird, ist hier gleich an dem Instrument in passender Weise angebracht, wodurch die Aufstellung sehr erleichtert wird. Sinnreich, und den Verfassern eigenthümlich , ist die Spaltung dieses Hülfs- magnetes in einen stärkeren unverrückt bleibenden, und einen schwächeren verschieb- baren, wodurch erreicht wird, dass man, um eine hinreichend kleine Abänderung der Wirkung auf den aufgehängten Magnet auszuüben, nicht, wie es sonst der Fall sein würde, einer ausserordentlich feinen Einstellung des festen Magnetes bedarf §. 3. Von den Zuleitungsgefässen. 15T [88] §. III. Von den Ziileituiigsgefässeu. Das cj'lindiische Glasgeföss, mit innen angekitteter Holznase zum Unterstützen der Bäusche, wie es in meinen 'Untersuchungen' als Zu- Die Verfasser irren jedoch, wenn sie die .Anwendung eines festen Magnetes zum Astatischmachen eines beweglichen für etwas Neues halten, und Hrn. W. Weber zuschreiben, da dies allbekannte und längst zum Gemeingut gewordene Verfahren nicht nur der Anwendung der Doppelnadel im Multiplicator durch Nobili, sondern sogar ihrer Erfindung durch Ampere vorherging. Hauy gab dies Verfahren 1817 an, um die Compassnadel der Mineralogen zu befähigen, schwache Spuren von Magnetismus sichtbar zu machen. (Memoires du Museum d'Histoire naturelle etc. 4. t. III. 1817. p. 172; — Aunales des Mines etc. 1817. t. IL p. 329; — Gilbert'» Annalen der Phj^sik. 1819. Bd. LXIII. S. 104.) Dieses Kunstgriffes bedienten sich sadann Hr. Biot und Savärt im Jahr 1820 bei ihrer Untersuchung über das Ge- setz, wonach die Wirkung des Stromes auf die Magnetnadel mit der Entfernung abnimmt, um die schwingende Nadel der Erdkraft zu entziehen. (Annales de Chimie et de Physique. 1820. t. XV. p. 222; — Amp^ire et Bäbinet, Expose des nouvelles Decouvertes sur l'Electricite et le Magnetisme. Paris 1822. p. 59; — Fechner's Bearbeitung von Biot's Lehrbuch der Experimental-Phj'sik u. s. w. Leipzig 1829. Bd. IV. S. 158.) In der Abhandlung vom Jahr 1825, worin er den Multiplicator mit Doppelnadel beschreibt, führt Nobili selber an, dass die Phj'siker sich bisher, um die Empfindlichkeit des ScHWEiGGER'schen Galvanometers zu erhöhen, eines darunter angebrachten Magnetstabes bedient hätten, welcher die richtende Kraft der Erde verminderte. (Memorie ed Osservazioni ec. Firenze 1834. vol. I. p. 2.) Als Melloni 1841 vorschlug, die Astasie eines Nadelpaares auf diese Weise zu ver- grössern (Archives de l'Electricite. 1841, t. I. 656), erinnerte Hr. Poggendorff so- gleich wieder daran, dass in Deutschland dieses Mittel bei einfachen Nadeln längst angewandt worden. (Poggendorff's Annalen u. s. w. 1842. Bd. LVI. S. 370.) Ich selber habe mich desselben, seit ich den Multiplicator mit der Bussole vertauscht habe, stets bedient, um, wo es nöthig war, die Eichtkraft des Spiegels zu schwächen; wie aus meinen oben S. 153 angeführten Worten erhellt, mit denen nicht gemeint sein konnte, dass ich dem Spiegel selber Magnetismus nahm, da Isekanntlich die Stärke des Magnetismus einer Nadel aus dem Ausdruck für die Grösse ihrer Ablenkung durch den Strom verschwindet (Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 166. 167). Bei dem Verdammungsurtheil , welches sie über das astatische Nadelpaar fällen, scheinen die Verfasser die eigentliche Spitze der NoBiLi'schen Erfindung zu übersehen, den glücklichen Umstand nämlich, dass die Wirkung der oberen Win- dungen auf die obere Nadel die ablenkende Kraft um fast die Hälfte vermehrt, während überdies die eine Nadel die andere verstärkt, statt dass bei ihrem Ver- fahren die Nadel durch den festen Magnet geschwächt wird. Da es gerade die Aufgabe ist, möglichst grosse Empfindlichkeit bei möglichst kleiner Astasie (d. h. Schwingungsdauer des Sj'stemes) zu erzielen, so bin ich gar nicht so gewiss, ob es- an Stelle der von den Hrn. Meissner und Meyerstein getroffenen Einrichtung nicht vortheilhafter wäre, wie Gauss selber es vor bald dreissig Jahren vorschlug (Göttingische Gelehrte Anzeigen. 1832. St. 206. 207. S. 2055; — Poggendorff's 158 Vin. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. leituugs- [89] gefäss bei thierisch-elektrischeii Versuchen beschrieben und abgebildet ist, habe ich längst mit einleuchtendem Vortheil ersetzt durch ein viereckiges Porzellangefäss, dessen vorderer innerer Wand ein Karnies aus demselben Stoffe angeformt ist. AVas die Behandlung der Platinplatten betrifft, so hat so mancherlei Neues, was ich darüber sagen könnte, sein Interesse eingebüsst dm'ch die Entdeckung der merkwürdigen Eigenschaften des verquickten Zinkes in schwefelsaurer Zinkoxydlösung. ^ Ich wüsste keinen Fall, wo nicht diese Combination dem Platin in Kochsalzlösung unbedingt vorzuziehen wäre, nnd begnüge mich daher mit der Berichtigung eines Irrthums, in den ich bei meinen ft'üheren Aeusserungen über diesen Gegenstand verfallen bin. Ich habe mir nämlich immer vorgestellt, dass wenn an die Grrenze der Messingklemmen nnd der Platinplatten an meiner Vorrichtung Salz- lösung hingelangt, das Platin der betroffenen Seite positiv erscheine.^ Die beiden einander berührenden Metalle mit dem die Berührungsstelle benetzenden Elektrolyten dachte ich mh' als flaches Erregerpaar in dem von mir aufgestellten Sinne, ^ und glaubte, dass wenn man die beiden Metalle durch den Multiplicator verknüpfe, der Stromzweig sicht- bar werde, der sich bei dieser Anordnung, trotz der Nebenschliessung durch die BerührungssteUe selber, doch auch durch den Multiphcator ergiessen muss. Der unmittelbare Versuch hat mich aber des Gegen- theiles belehrt. Ich löthete einen Kupfer- und einen Zinkdraht, beide von l-S"'"" Durchmesser, aneinander, brachte sie in den Multiplicator- kreis, und benetzte die LöthsteUe mit verdünnter Schwefelsäure. Es gab sich selbst mit halber Länge und doppelter Dicke des Muskel-Multiph- cators keine Spur von Wirkung zu erkennen. An der Spiegelbussole erschien, bei nur 53 Windungen dicken Drahtes, eine Ablenkung von etwa 1 '^^ Da aber dadurch das Kupfer, statt negativ, positiv gegen das Zink angezeigt [90] wurde, so war sie wohl thermoelektrischen Urspmnges. Wenn also durch ein scheinbar die Grenze der Messingklemmen und Platinplatten benetzendes Tröpfchen Salzlösung eine Ungleichartigkeit Annalen u. s. w. 1833. Bd. XXVIU. S. 251. Anm.), eine Doppelnadel von kräftigen Verhältnissen mit Dämpfung u.nd Spiegelablesung zu versehen, wobei Einem immer noch unbenommen bliebe, die Astasie nach Melloni's Vorschhag mittels des HAUv'schen Verfahrens zu erhöhen. Auch würde so die lästige Empfindlichkeit gegen magnetische Fernwirkungen vermindert sein. (Nachträgliche Anmerkung [vom Jahr 1862].) 1 S. oben S. 42. Abh. IV. 2 Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 218. 220. 3 Ebendas. S. 581. §. 3. Von den Zuleitungsgefässen. 159 entsteht, so gescliielit dies vermuthlicli so, dass die Lösimg- in dem Capillarspalt zwischen den Metallen bis zu Stellen eindiingt, die von solchen Punkten, wo die Metalle einander wirklich berühi-en, hinreichend weit entfernt sind, damit der Widerstand der dadurch gebotenen Bahn nicht völlig verschAnnde gegen den des Multiphcatorkreises. Man kann natürüch die allgemein verbreiteten viereckigen Ziüeitungs- gefässe aus Porzellan mit ihren Ständern, Messingklemmen und Sicher- heitsplatten, wie sie zur Aufnahme zweier Platinplatten bestimmt waren, jetzt auch mit einer verquickten Zinkplatte anwenden, und -wird dies in den Versuchen ohne Bäusche, z. B. über die negative Schwankung des Muskelstromes des einen Armes, mit allem Yoiilieil thun. Viel bequemer zu den Versuchen mit Bäuschen ist die in Fig. 1. Taf. I dargestellte, ^ von Hrn. Saueewai^d nach meiner Angabe verfertigte, kleine Vorrichtung; ja wer sie bisher gehandhabt hat, ist einig mit mir darüber, dass sich wohl nur noch wenig daran verbessern lasse. Auf einen isolirenden Fuss von Kammmasse ist das aus Zink ge- gossene Zuleitungsgefäss geschraubt. Ausser dem eingetauchten Tlieile des Bausches fasst es nur wenige Cubikcentimeter Lösung. Innen wird es mit Beejot's Flüssigkeit ^ verquickt, aussen und an den Eändern, welche aber vorher gleichfalls verquickt worden sind, mit Lack überzogen. Der der Hinterseite des Gefässes angegossene Hals trägt einen Knopf aus Kammmasse zum Stützen des Ballens bei feinen Verrichtungen auf den Bäuschen; auch dient er als Henkel zum Anfassen des Gefässes beim Verquicken, Lackiren, Ausspühlen u. d. m. k ist eine Doppelklemme zur Aufnahme erforderhchenfalls zweier Drähte. Der Bausch nimmt wie bei den Porzellangefässen die ganze Breite des Geliisses ein. Mit dem unteren Ende seines senkrecht in das Gefäss hinabragenden Theiles stützt er sich unmittelbar auf dessen Boden, mit der unteren Fläche seines wagerecht vorgestreckten Theiles ruht er auf der verqiückten Fläche eines Karnieses, welches [91] eine Verbreiterung des vorderen Randes des Ge- fässes vorstellt. Von den seitüchen Rändern des Gefässes erheben sich Wangen, welche den Bausch vollends gegen seitüche Verscliiebung sichern und die Zinkobei-fläche vergrössem, die auf möglichst kurzem Wege durch die Lösung von den dem Bausch aufliegenden thierischen Theilen aus erreicht wird. Das Gleiten des Bausches nach rückwärts wird verhindert durch ein Schild aus Kammmasse, welches mittels eines in die Hohlkehle des Karnieses gelegten Kautschukringes gegen den Rücken des Bausches 1 Der Maassstab von 0-66 bezieht sich auf die dem Beschauer zugekehrte senkrechte Kante des Gefässes. 2 Comptes rendus etc. 9 Aoüt 1858. t. XLVII. p. 273. 160 VIII. Beschreibung einiger Verrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. federt. Der hintere Kand der Wangen ist nach der Gestalt dieses Rückens ausgeschnitten. Der Bausch muss so dick sehi, dass er das Schild überall von diesem Kande aldiält und so den Druck des Schildes vollständig erfährt. Das Schild ist in Fig. 2 a von hinten besonders dar- gestellt. Ausschnitte a, d am seitlichen Rande des Schildes verhüten das Aussijringen des Kautschukringes. Der untere Rand des Schildes verschiebt sich auf dem oberen Rande des Gefässes, den die Figur im Durchschnitt zeigt (r, /■'), und zwei von jenem unteren Rande in's Gefäss ragende Zapfen (r, z) verhindern, dass das Schild seithch ausweiche. Diese Einrichtung bietet gegen die ältere den Vortheil, dass die obere Fläche des Bausches von allen Seiten her zugäughch ist. Sonst nämlich ^mrde dem Rückwärtsgleiten des Bausches dadurch vorgebeugt, dass man die Platinplatten aus der Flüssigkeit hob und gegen den Rücken des Bausches drückte,^ wo dann die den Bausch überragenden Messing- klemmen dessen obere Fläche nach hinten oft störend beschränkten. Der w^esentliche Unterschied, zwischen der Handhabung der neuen und der der alten Zuleitungsgefässe besteht darin, dass während diese,, um gleichartig zu bleiben, ausser der Arbeitszeit, ja zwischen je zwei Versuchen, sorgfältig mussten geschlossen gehalten werden, diese Xoth- wendigkeit bei den neuen Gefässen fortfällt. Sobald und so oft man die Vorrichtung zusammenstellt, ist sie gleichartig; sollte sie mit der Zeit etwas ungleichartig Averden, so genügt erneutes Verquicken, um den besten Zustand wieder herzustellen. Die einzige Sorge ist also die, dass die Flüssigkeit in den Bäuschen und Gelassen gleichartig bleibe, am sichersten gesättigt, jedoch ohne dass das Zinksalz auskrystaUisire. Dazu ist nur nöthig die Vonichtung, mit einem A^orrath ungelöster Kiystalle am Boden der Gefässe, in der feuchten Kammer aufzubewahren. [92] §. IV. Von den Bäuschen. Ein anderes Material zum Ersatz der Fliesspapierbäusche ist mii* zu linden noch nicht gelungen. Doch giebt es einen Kunstgriff, der ihi'e Anfertigung sehr erleichtert, nämhch sie im feuchten Zustande mit einer langen geraden und breiten Klinge (einem Tischmesser) zu schneiden, wobei das durch Capillaranziehung bewirkte Haften der Blätter aneinander den Druck der Presse ersetzt. Das Messer schärft man jedesmal, nach- dem man eine Fläche am Bausch hergestellt hat, mit einer Schmii'gel- feile, welche genau die passende Art von Schneide erzeugt. Ferner pflege ich die Bäusche jetzt a^ dem Ende, womit sie in die Lösung tauchen, 1 Untersuchungen u. s. w. Bd. L S, 222. Taf. J. Fig. 12. §. 5. Vom Miidellirthou als Ersatzmittel der Eiweissbäutchen. 161 ziisammeuzuuäheu, wie ich dies zur Befestigimg des Keilbausclies an den Ziüeitnngsbansch angegeben habe. ^ Dies erlaubt sie gelegentüch, wenn sie längere Zeit ruhen sollen, unter Lösung aufzubewahren, ohne dass ihre Blätter sich verschieben, auch wohl gänzlich von einander lösen. Das Aufl^ewahren geschieht am besten in weiten und niedrigen Stand- gefiissen mit aufgeschhffenem Glasdeckel, wie man sich ilirer zu Geliii-n- präparaten u. d. m. bedient. §. V. Tom Modellirthon als Ersatzmittel der Eiweissbäutchen. Mit den von mir sogenannten und früher empfohlenen Eiweiss- häutchen hatte ich längst Ursache wenig zufrieden zu sein. Die Blase ist oft ungleich dick, fett, fault leicht und steckt das zum Aufweichen benutzte Hühnereiweiss an, so dass man die aufgeweichten Häutchen nicht vorräthig halten kann. Das Eiweiss selbst ist auch nicht immer von gleicher Beschaffenheit, unangenehm zu handhaben, und es ist sehr fraglich, ob dessen organische Substanz irgend einen Dienst leiste. Die Eiweissbäutchen schmiegen sich nicht gehörig den Bäuschen an, so dass sich Luftblasen darunter fangen u. d. m. Was aber mehr zu bedeuten hat als dies Alles, ihr Widerstand ist kein beständiger, nelmehr ist er, w^enn sie mit Zinklösung getränkten Bäuschen auf hegen, in raschem AVachsen begriffen, wie ich beim Untersuchen des Muskelstromes mit unpolarisirbaren Elektroden an der Spiegelbussole bald erfuhr. [93] Es zeigte sich nämlich, dass trotz der Beseitigung' der Polari- sation der Elektroden der Strom stets rasch sank. Mit Hülfe des unten zu beschreibenden „Compensators" (§. XI) stellte ich fest, dass dabei die elektromotorische Kraft in viel germgerem Maass abnahm, als die Strom- stärke. Es hatte also jedenfalls auch der Widerstand des Kreises zuge- nommen, und dass die Zunahme die Eiweissbäutchen betraf, ging daraus herv^or, dass bei deren Erneueiimg der Strom ansehnhch in die Höhe ging. 2 Diese Widerstandszunahme der Eiweissbäutchen rührt nicht von secundärem Widerstand her, von dem bekannt ist, dass er zu seiner Entstehung grösserer Stromstärken bedarf; auch tritt sie, obschon in 1 S. oben Abh. V. S. 89. Anm. 2 Der Theil der Stromabnahme, der sich nicht auf diese Weise erklärt, sondern auf einer Verminderung der elektromotorischen Kraft beruht, rührt von innerer. Polarisation des Muskelgewebes her, wie ich anderswo darthun werde. [Vergl. hierüber die Abhandlung: Ueber die Erscheinungsweise des Muskel- und Nerven- stromes bei Anwendung der neuen Methoden zu deren Ableitung, im Ai'chiv für Anatomie u. s. w. 1867. S. 270. — S. diese Abhandlung im zweiten Bande dieser Sammlung.] E. du Bois-Reymond, Ges. Abh. I. n 162 \l^l- Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. geringerem Maass, ein, wenn man die Häutchen durch mehrere mit Kochsalzlösung getränkte Füesspapierlagen von der Zinklösung trennt.^ E1)ensowenig stammt sie von Austrocknung an der Luft her, da sie im feuchten Räume nicht ausbleibt, und überdies gerade die vom Muskel berührten Stellen der Häutchen vor der Trockniss aus diesem Grunde geschützt sind. Sondern ihre Ursache ist zu suchen in der Wasser- entziehung durch die Zinklösung, die sich auch darin ausspricht, dass die Häutchen homartig trocken und durchscheinend werden und sich stark einrollen. Da, wie gesagt, auch die Dazwischenkunft von Kochsalzlösung diesen Uebelstand nicht ganz beseitigt, so bin ich neuerdings dazu gelangt, die Eiweisshäutchen ganz zu verwerfen. Den Ersatz, den ich dafür gefunden habe, betrachte ich als eine der glücklichsten Bereicherungen der elektro- physiologischen Technik. Hr. Dr. Rosenthal hatte mich schon darauf aufmerksam gemacht, dass an Stelle des Eiweisses der Eiweisshäutchen sich vermutlich eine Kochsalz- oder phosphorsaure Natron-Lösung von solcher Concentration mit Vortheil würde anwenden lassen, dass die Nerven oder Muskeln nicht davon leiden.^ Seine Absicht war, damit, statt der [94] Blase, sogenanntes vegetabiüsches Pergament^ zu tränken. Ich kam auf den Gedanken, den mir bereits von meinen Studien über secundär-elektromotorische Erscheinungen und den secundären Widerstand der feuchten porösen Leiter wohl vertrauten Modellirthon damit anzu- kneten, der eine sehr geringe innere Polarisation besitzt, keinen secundären Widerstand annimmt, jeder Form sich schmiegt, stets in gleicher Be- schaffenheit erhalten, vor Trockniss geschützt so lange man ^vill brauch- bar aufbewahrt werden kann, endlich für Salzlösungen sich in den Fristen, die hier in Betracht kommen, so gut wie undurchdringlich verhält. In der Abhandlung über den secundären Widerstand gab ich an, man soUe, um letzteren zu vermeiden, die thierischen Theile und Eiweiss- häutchen von den mit Zinklösung getränkten Bäuschen stets noch durch Kochsalzbäusche trennen, zwischen diesen und den Zinkbäuschen aber, um die Diffusion der Salzlösungen zu verzögern, ein mehrere IMilhmeter dickes Blatt ModeUirthou anbringen.^ Die Vorschrift, die ich jetzt gebe, ist nel einfacher; sie besteht darin, die Eiweisshäutchen und Kochsalz- 1 S. oben Ahh. V. S. 123. 124. 2 KöLLiKER, ^Verhandlungen der Würzburger physikalisch-medizinischen Gesell- schaft. Bd. Vn. 1856. S. 145. 3 A. W. HoFMÄNN, Report ou Vegetable Parchment, adressed to Messrs. Thomas de la Eue and Co. London 1858. 4 S. oben Abh. V. S. 124. §. 5. Vom Modellirthou als Ersatzmittel der Eiweissliäutchen. 163 bausche fortzulassen, und die thierischeu Theile unmittelbar mit dem Thon in Berührung zu bringen, diesen aber, um seine Leitungsfähigkeit zu erhöhen, statt mit Wasser, mit einer 0-75 — 2 '^J feigen Kochsalzlösung zu tränken. Man knetet aus dem Thon eine Platte von der angegebenen Dicke, legt sie auf eine Glastafel, und schneidet daraus mittels einer langen und geraden lüinge (abermals eines Tischmessers) Stücke von -etwa 20""™ Länge und lö™""' Breite, die man wie früher die Eiweiss- häutchen verwendet, um die Bäusche an den Stellen, wo man Muskeln oder Nerven aufzulegen beabsichtigt, damit zu bekleiden. (S. Fig. 1.) Diese Anordnung lässt in der That wenig zu miuschen übrig. Der Widerstand ist gering und beständig; man kann den Thon leicht in viel bequemere Formen drücken, als die Eiweissliäutchen sie darboten, welche die an sich nicht scharfen Formen oft gebrauchter Bäusche nur noch mehr abstumpften; der Thon lässt sich vorrätliig halten, so dass man nicht mehr nöthig hat, ehe man einen Versuch anstellen kann, auf das Aufweichen der Blase im Eiweiss zu warten; endüch die thierischen Theile werden wemger angegriffen, da, ^vie ich mich überzeugt habe, eine so verdünnte Kochsalz- [95] lösung auf die parelektronomische Schicht Am. natürlichen Querschnitt von Gastroknemien nicht merkhch entwickelnd wirkt, was das Hühnereiweiss thut,^ welches auch häufig eine Zuckung auslöst, wenn ein Muskel mit frischem künstüchem Querschnitt damit in Berührung gebracht wird.^ §. VL Yon den Zuleitungsröhren mit Thonspitzen.^ Um das elektromotorische Verhalten sehr beschränkter Stellen eines thierischen Theiles, z. B. der verscliiedenen Punkte des Querschnittes eines Muskels, zu erforschen, reichen die gewöhnüchen Zuleitungsbäusche nicht aus, und ich habe früher, wo dieser Fall eintrat, dieselben mit spitzen Fortsätzen aus mehreren Lagen Fhesspapier versehen, wie es in Fig. 37. Taf. IV. des ersten Bandes meines Werkes dargestellt ist, was aber mehrere Unbequemlichkeiten hatte. 1 Vergl. meine 'Untersuchimgen' u. s. w.. Bd. 11. Abth. IL S. 49 ff. ; — Monats- berichte u. s. w. 1851. S. 387, - [Ueber den Wassergehalt des Modellirthones in dem Zustande, wie er zu thierisch-elektrischen Versuchen dient, und über dessen Leituugs widerstand vergl. §. V der Abhandlung: 'Ueber den Einfluss körperlicher Nebenleitungen auf den Strom des M. gastroknemius des Frosches' im Archiv für Anatomie u. s. w. 1871 und im zweiten Bande dieser Sammlung.] 3 Nachträglich [1862] eingerückter Paragraph. [Man nennt die Zuleitungs- Töhren mit Thonspitzen in den Laboratorien mit einem ihnen von A. v. Bezold, •damals in Jena, ertheilten Namen häufig kurz „Thonstiefelelektroden."] 11* 1 64 "VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. Hr. CzEKMAK hat kürzlich eine Vorrichtung empfohlen, welche den nämlichen Zweck zn erfüllen bestimmt ist. „Meine Zuleitimgsgefässe"^ sagt er, „werden durch zwei Glasspritzen dargestellt, wie man sie zu „medicinischen Zwecken gebraucht, nur wird der Stempel durch eine „Glasröhre ersetzt, welche vorn mit einem Fliesspapierpfropf oder einem „Goldschlägerhäutcheu , hinten mit einem Kork verschlossen ist. Im „Innern der Röhre befindet sich concentrirte Zinkvitriollösung, durch den „Kork geht ein amalgamirter Zinkdraht, der sich zu einer langen Spirale „aufrollt, und aussen ist die Eöhre mit BaumwoUenfädeu umwickelt, so „dass sie als Stempel wnken kann. Die Spitze der Spritze wird durch „Zurückziehen des Röhrenstempels mit frischem Hühnereiweiss gefüllt, „jede Luftblase sorgfältig entfernt, und auf diese Weise eine ableitende „Vorrichtung hergestellt, welche gleichartig und unpolarisii'bar ist, und „mit freier Hand, oder in ein nach allen Eichtungen beweghches Stativ „eingespannt, ganz genau bestimmten Punkten angelegt werden kann."^ Hrn. Czeemak's Spritzen [sind, wie man sieht, eine geschickte Ab- änderung der PFLüGEß'schen Eiweissröhren, wodurch diese, abgesehen [96] vom Ersatz des Kupfers in Kupferlösuug durch verquicktes Zink in Zinklösung, beweglicher und besser leitend gemacht Averden. Ich glaube,, dass es mir seitdem gelungen ist, das Nämhche, in mancher Rücksicht noch vollkommener und einfacher, zu erreichen. Meine Zuleitungsröhren, deren man eine, mit der Art ihrer Auf- stellung, in Eig. 2 Taf. HL im ^/^ -Maassstabe abgebildet sieht, me sie Hr. SauerwajjD hefert, sind aus plattgedrückten Glasröhren -geschnitten, deren Querschnitt Fig. 2 a in natürücher Grösse zeigt. Das untere Ende der Röhre Avird mit dem oben erwähnten Thon wasserdicht verschmiert, und es wird daran eine Spitze geknetet, die zum Berühren der thierischen Theile bestimmt ist. Dieser Spitze kann man in jedem Augenbhck jede gewünschte Gestalt, Richtung und Feinheit ertheüen. In die mit Zink- lösung gefüllte Röhre taucht ein verquickter Streifen Zinkblech. Der einen schmalen Seite der Röhre ist ihrem oberen Ende nahe auf der Hütte ein Stiel angeschmelzt, dessen Axe, nach einer kurzen Biegung, der Axe der Röhre parallel läuft. Der Stiel ist in eine Hülse gekittet, die bei * in ein Messingstück geschraubt ist, welches sich in die eine Kugel eines Kugelscharniers fortsetzt. Dadurch mrd es möghch, der Röhre jede erforderliche Lage im Raum zu ertheüen. Von dem Messing- stück erstreckt sich ein Fortsatz //, , Avenn die Röhre darin festgeschraubt ist, über diese fort, in einer Ebene mit der Längsaxe ihres Querschnittes. 1 Allgemeine Medicinische Central-Zeitung vom j. Juni ISGl. XXX. Jahrgang. 45. Stück. S. 353. §. 6. Von den Zuleitungsrölaren mit Thonspitzen. 165 Das obere Ende des Zinlvstreifens ist hakenförmig- gebogen, nnd wird ül^er jenen Fortsatz gehängt und daran mittels der Schraube s festgeklemmt. An das Messingstück ist ausserdem noch ein besponnener Kupferdraht geschraubt, der zur Fortführung des Stromes bestimmt, in gewohnter Art zunächst um einen Elfenbeinknopf an der das Kugelscharnier tragenden Hülse gewickelt wird, damit eine Zerrung am Drahte nicht unmittelbar die Köhre treffe. Die Hülse ist an einer Messingsäule beweglich, die sich auf dem einen Brennpunkt eines elliptischen Bleifusses erhebt. Die Säule hat nur gerade die nöthige Höhe, so dass eine feuchte Kammer, in der man ein oder zw^ei Paare solcher Vorrichtungen aufstellt, deshalb noch nicht so gross wird, dass sich ihr Raum nicht leicht mit Wasser- dampf sättigte. iSTichts Leichteres giebt es mit einem Paar dieser Eöhren als, was sonst unmöglich schien, am Frosch das elektromotorische Verhalten der verschiedenen Punkte des künstlichen Querschnittes eines einzelneu Ober- schen- [97] kelmuskels, oder, wie es die Figur zeigt, der Achillessehnen- Aus- breitung zu prüfen. Es versteht sich, dass man sich der Röhren el)en- sowohl zum Zuleiten fremder Ströme, als zum Ableiten der tliierisch- elektrischen Ströme bedienen kann, und es hält nicht schwer, die Thonspitzen von vier Röhren einem Nerven auf einer Strecke von kaum ebensovielen Millimetern anzulegen. Die plattgedrückte Gestalt des Querschnittes der Röhren ist zwar nicht wesentlich, gewiihrt aber mehrere Vortheile. Erstens ist es leichter, solche Röhren w^asserdicht mit Thon zu schliessen, als runde Röhren von gleichem Querschnitt. Zweitens braucht man den Streifen Zinkblech nicht, wie es bei gleicher Breite desselben und bei runder Röhre von gleichem Querschnitt erforderlich wäre, zu einer Rinne zu biegen. Drittens kann man wegen der Capillarität die platten Röhren waagerecht stellen ja hintenüberneigen, ohne dass die Lösung ausfliesst.^ Viertens und hauptsächlich nehmen mehrere, in einer Reihe aufgestellte, die platten Seiten einander zukehrende Röhren weniger Platz ein, als w^nn sie rund wären, und man hat weniger Schwierigkeit, die Thonspitzen zwei einander sehr nahen Punkten anzulegen. Die Gleichartigkeit und Unpolarisirbarkeit der Röhren ist geföhrdet, wenn das verquickte Zink den mcht mit Zinklösung getränkten Thon l)e- rührt. Bei der beschriebenen Form der Vorrichtung ist dem dadurch vorgebeugt, dass die Zinkplatte durch die Klemme in gegebener Höhe ^ [Vergl. die Abhandlung über das Gesetz des Muskelstromes mit besonderer Berücksichtigung des M. gastroknemius des Frosches. Archiv für Anatomie u. s. w. 1863. S. 5t5. Anm. — S. diese Abhandlung im zweiten Bande dieser Sammlung.] 166 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. festgehalten wird. Man kann dasselbe aber auch en-eichen, indem mart vor dem Verquicken das Zinkblech so biegt, dass es sich in der Röhre- mit Reibung verschiebt. Auf alle Fälle bleibt es geratheu von untea her in die Röhre, ehe man sie mit Thon verschmiert, einen mit Zink- lösung getränkten Fhesspapierpfropf zu schieben, welcher nicht nur das Zink vom Thone trennt, sondern auch die Diffusion der Zinklösung mit der verdünnten Kochsalzlösung im Thone verzögert.^ Ganz beständig ist natürlich der Widerstand der Röhren nicht, weil der Thon theils an der Luft austrocknet, theils durch die Zinklösung aus- gesogen wird. Der erstere Umstand kommt indess weniger in Betracht,, weil man feinere A^ersuche in diesem Gebiete doch nicht mehr anders- als in der feuchten Kammer anstellen wh-d, und der letztere Vorgang wird durch den mit Zinklösung getränkten Fhesspapierpfropf sehr ver- zögert. Ja man kann die zum Gebrauch fertigen Röhren mehrere Tage lang in taughchem Zustande in der feuchten Kammer bewahren, wenn man die Thonspitzeu lose mit feuchtem Fhesspapier umhüllt. ^ Auch der Widerstand der Czeemak'- [98] sehen Spritzen kann übrigens kein ganz beständiger sein, da die Zinklösung mit dem Wasser des Eiweisses diffun- dirt, und sie sind nicht frei vom Verdacht auf secundären Widerstand. Um Anderen vergebliche Mühe zu sparen, sei noch bemerkt, dass ich versucht habe, aussen und an ihrem unteren Ende auch innen ge- firnisste verquickte Zinkröhren, statt der, Zinkbleche enthaltenden Glas- röhren, anzuwenden. Dies scheint nicht zu gehen wegen der Unsicherheit, dass nicht die verdünnte Kochsalzlösung des Thones durch Sprünge im Lack dennoch zur Berührung mit dem verquickten Zink gelange, wo es dann mit der Gleichartigkeit und Unpolarisirbarkeit zu Ende ist.^ ^ [Ungleich vortheilhafter ist es, die Röhre zuerst mit Thon zu verschmieren, der mit gesättigter schwefelsam-er Zinklösung angeknetet ist. Ueber diesen Ver- schluss kommt dann erst der zur Berührung der thierischen Theile bestimmte, mit der verdünnten Kochsalzlösung angeknetete Thonstiefel. Vergl. die in der vorigen Anmerkung angeführten Stellen.] 2 [Nach längerer Erfahrung muss ich doch gegen dies Verfahren warnen. Die Thonspitzeu fallen häufig ab, und durch ungleiche Wasseranziehung in den beiden Röhren wird die Vorrichtung ungleichartig. Man bringt es übrigens leicht dahin, zwei Paar Zuleitungsröhren in zehn Minuten zusammenzusetzen und sie in derselben Zeit auseinanderzunehmen und zu reinigen, so dass sie zu neuem Gebrauche fertig sind.] 3 [Man hat sich oft bei mir über mangelhafte Gleichartigkeit der unpolarisir- baren Zuleitungsröhren beschwert. Folgende Zahlen beweisen, dass die von Anderen wahrgenommenen Ungleichartigkeiten nicht meinen Einrichtungen und Vorschriften zur Last zu legen sind. Die. am runden Compensator (s. unten §. XI) gemessene elektromotorische Kraft §. 6. Vou den Zuleitungsrühren mit Thonspitzen. 167 §. YII. Vom feuchten Arbeitsraume. Wie bei den ßeizversuchen ist es auch bei den thierisch-elektrischen Yersuchen gerathen, soviel \ne möglich in einem mit Wasserdampf ge- sättigten Eaume zu arbeiten. Für die Versuche, wobei Xerven in's Spiel kommen, versteht sich dies von selbst; aber auch für die Versuche an Muskeln ist es oft des Thones halber wünschenswerth, einen feuchten Arbeitsraum zu besitzen. Mir dient als solcher eine aus Glas und Holz gefugte Kammer von SSO'"'" Länge, 250'"'° Breite und 230"^"^ Höhe. So ist sie gross genug, um die Zuleitungsgefässe, und was von Hülfsvorrichtungen gewöhnlich gebraucht wird, aufzunehmen, und nicht zu gross, um sich nicht noch leicht mit Wasserdampf zu sättigen, wenn man von ihren Wänden die, an deren Durchsichtigkeit gerade nichts liegt, mit feuchtem Fhesspapier belegt, und ausserdem darin ein paar poröse Thontröge als Alkarazzas aufstellt. Das Grundbrett, auf dem die Kammer steht, ist sorgfältig geebnet, und ruht mit seinen kurzen Seiten auf 25°'"' hohen Leisten, sodass darunter Drähte, die durch das Brett in die Kammer treten, isohrt verlaufen. eines Paares Zuleitungsröhi-en, deren Thonsjjitzen einander berührten, betrug au zehn aufeinanderfolgenden Versuchstagen : 1 0-00037 Daniell 2 0-00022 3 0-00004 4 0-00012 5 0-00020 6 0-00012 7 0-00008 8 0-00056 9 0-00012 10 0-00015 Im Mittel U- 0001 9 Daniell. Die mittlere elektromotorische Ki-aft des Nervenstromes beträgt bekanntlich etwa das lOOfache des Mittels, nämlich 0-02000, nicht weniger als das 500fache des kleinsten, und noch immer das 36fache des gi'össten unter den obigen Werthen (Vergl. §. IV der Abhandlung „Ueber die elektromotorische Ki-aft der Nerven und Muskeln" im Archiv für Anatomie u. s. w. 1867 und im zweiten Bande dieser Sammlung). Den Widerstand eines Paares nnpolarisirbarer Thonstiefelelektroden hat Hr. Ranke je nach dem Feuchtigkeitszustande des Thones zu 105 — 112 Meilen Tele- graphendraht, die Meile zu 64 SiEMENs'schen Einheiten, also zu etwa 6720—7168 S. E. bestimmt (Tetanus. Eine physiologische Skizze. Leipzig 1865. S. 26)]. 168 yill- Besehreibung einiger Vomchtungen und Versuchsweisen u. s. i\v. den zugekehrte Wand lässt sich ganz oder theilweise entfernen, wodurch das Innere zugänglich wird. Diese Wand besteht nämlich aus zwei Spiegelscheiben, welche in der Mitte senkrecht aneinanderstossen, und sich seithch verschielien. Da die Länge der einen Scheibe drei Yieiiel von der der Kammer l)eträgt, so kann man leicht be^\irken, dass sie irgend- wo zwischen sich einen Schlitz lassen, breit genug um die Hand einzu- führen, ohne dass die [99] feuchte innere Luft zu einem erheblichen Theile durch trockene äussere ersetzt wird. Die feuchte Kammer mit abzuhebendem Gehäuse, das in einer mit Wasser gefüUteu Einne steht, wie ich sie zum' Aufbewahren der Zuleitungs- gefässe empfahl,^ kann man auch als Arbeitsraum benutzen. Sie hat jedoch den iSTachtheil, dass sich über die Kinne fort den innerhalb befind- hchen Gegenständen schlecht beikommen lässt, und dass der Rand des Gehäuses beim Abheben trieft. Die geringe Wasseroberfläche der Kinne macht zudem das feuchte Fliesspapier und die Alkarazzas kaum über- flüssig. Das Abheben des Gehäuses geschieht beiläufig am besten, indem man es auf eine seiner langen Seitenflächen umlegt. Man macht es dazu mit Scharnieren am Grundbrett beweglich, deren Axe man möglichst weit abrückt. Die Zarge des Gehäuses muss eisenfrei sein, um unbedenküch in der Nähe des Multiplicators oder der Spiegelbussole gehandhabt zu werden.^ §. Vin. Von den Vorrichtungen zum elektrischen Tetanisiren.^ Der Schlitten-Magnetelektromotor ist, seit ich ihn im Jahre 1849 beschrieb,'^ so vielfach von Physiologen und Aerzten angewendet worden. ^ Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 219. 2 [Noch besser ist es die feuchte Kammer an zwei Schnüren aufzuhängen und sie durch Gewichte zu aequilibriren.] ■'' Nachträglich [1862] eingerückter Paragraph. - Ich habe seitdem gefunden, dass schon 1839 Hr. Jos. Henry (damals in Princeton, New-Jersey, später in Washington) vorschlug, dui-ch Entfernung der beiden Ptollen von einander die Stärke der Inductionsschläge zu ärztlichen Zwecken abzu- stufen (Transactions of the .'American Philosophical Society, held at Philadelphia, etc. New Series. 4. 1839. vol. VI. p. 315, §, 52; — The . . . Pliilosophical Magazine etc, New and united Series. vol. XVI. p. 256; — Poggendorff's Aunalen u. s. w. Er- gänzungsband (I), 1842, S, 291). Um so sonderbarer ist es, dass man in Pranki-eich noch immer, statt dieses einfachsten und zweckmässigsteu Mittels, sich zum Abstufen der Ströme eines Kupferrohres bedient, das man zwischen die Haupt- ijnd die sie umgebende Nebenrolle schiebt, wobei einmal der Strom nicht Null, zweitens der zeitliche Verlauf auch des Endstromes so verändert wird, dass die Ordinaten nicht §. 8. Von den Vorrichtungen zum elektrischen Tetanisiren. 169 dass ihm von allen elektrophj'siologischeii Yorrichtungeu wohl die grösste Verhreitiiiig zukommt. [100] Eine wichtige Veränderung des Magnetelektromotors ist neuer- dings von Hrn. Helmholtz angegeben worden. Da ich diese in den Monatsberichten der Akademie ausführlich besprochen habe, so verweise ich auf jene Stelle.^ Dort findet sich auch das Nöthige gesagt für den Fallj dass man congruenter Wechselströme bedarf. Hier bleibt mir danach nur wenig zu erwähnen übrig. Bei fortgesetzter Erfahrung hat es sich gezeigt, dass die Länge des Geleises, wie ich sie ursprünglich für phj'-siologische Zwecke angab, wobei die Mittelpunkte der Axen beider Rollen höchstens 35'^"^ von einander entfernt wurden, nicht ausreicht, indem der Oeffnungsschlag oft noch weit über diesen Abstand hinaus Zuckung erregt. Die HH. Siemens und Halske liefern die Magnetelektromotore für physiologische Zwecke daher jetzt mit einem Geleise, welches jenen Mittelpunkten etwa 90°"' Abstand zu geben gestattet. Da dies Geleise für gewöhnlich unbequem wäre, so besteht es aus zwei durch ein Scharnier verbundenen Hälften, von denen die von der Hauptrolle entferntere, wenn sie nicht gebraucht wird, unter die vordere geklappt wird. Eine auf Papier gedruckte Älillimetertheilung ist der einen Scliiene des Geleises entlang geklebt, und ein darüber gleitender Zeiger am Schlitten erlaubt mit ausreichender Schärfe dessen Stellung abzulesen. Zu den Von-ichtungen , die im elektrophysiologischen Laboratorium unentbehrüch sind, gehört der HALSKE'sche Unterbrecher. ^ Er dient als elektromagnetische Maschine um den jSTerven mechanisch zu tetanisiren.^ Er lässt sich in jedem Augenbück mit jedem beüebigen Paar ßoUen verknüpfen, und stellt alsdann einen Magnetelektromotor dar. Als solcher erlaubt er eine viel langsamere Folge der Inductionsströme, als der mit dem gewöhnlichen Magnetelektromotor verbundene Unterbrecher, was manchmal von Wichtigkeit ist. So gewährt er z. B. die Möglichkeit, das Verschmelzen einzelner Zuckungen zu einem stetigen Tetanus zu ver- anschauüchen , indem man ihn bei ganz freier Hülfsfeder und schwach dasselbe A''erhältniss zu einander behalten, was beim Entfernen der beiden Eollen von einander nur für den Anfangsstrom der Fall ist, dessen physiologische Wirkung neben der des Endstromes verschwindet. S. den in der folgenden Anmerkung ange- fühi-ten Aufsatz, S. 387. — Vergl. auch Fortschritte der Physik im Jahre 1850 und 1851 u. s. w. VI. und VII. Jahrgang. Berlin 1855. S. 736. 1 Sitzung vom 26. Juni 1862. „lieber den zeitlichen Verlauf der Inductions- ströme". — S. unten Abh. X. 2 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1856. Bd. XCVII. S. 641. 3 Heidenhain, Physiologische Studien. Berlin 1856. S. 129. 170 \lil. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. gespannter Hauptfeder zuerst mit möglichst gehobenem Contactstift gehen lässt, wobei die Zahl der Unterbrechungen nm- etAva fünf in der Secunde beträgt, und dann den Contactstift allmählich senkt. Um die Zahl der Unterbrechun-[101]gen einer grösseren Zuhörerschaft zu Yergegenwärtigeny bringe ich an Stelle des Elfenbeinhammers, der zum mechanischen Teta- nisiren dient, einen metallischen Hammer an, und lasse diesen eine Glocke treffen. Die Art, die Zuckung selber weithin sichtbar zu machen, wird später beschrieben werden (s. unten §. XV). Eine besonders schöne und lehiTeiche Weise, den Muskel mittelbar durch Wechselströme zu tetanisiren, ist die von Hm. K. Geossmaxn^ er- sonnene,^ die man den akustischen Tetanus nennen kann. Man spannt einen stark magnetisirten Stahlstab, von etwa 250™" Länge, 10™™ Breite und 3™™ Dicke, in der Mitte seiner Länge in ein Gestell ein, wie es zu Versuchen mit Elangscheiben üblich ist. Unter dem einen Pol des Magnetes stellt man die aus dem Geleise genommene Nebenrolle des Magnetelektromotors so auf, dass ihre Axe die flache Seite des Magnetes in der Gegend des Pols senkrecht trifft; die EoUe muss so nahe gebracht werden wie möghch, ohne die Schwingimgen des Magnetes zu stören. Die Enden der Rollen führen in gewohnter Art zum Nervmuskelpräparat. Wii-d nun die freie Hälfte des Magnetstabes mittels des Violinbogens in tönende Schwingung versetzt, so geräth der Muskel in Tetanus, bei einem Stabe von den angegebenen Maassen jedoch nur, Avenn der Stab, abge- sehen von seiner eingespannten Mitte, ohne Knoten schwingt. Bilden sich Knoten, was die schrillende Erhöhung des Tones verräth, so bleibt der Muskel in Ruhe. Hr. Grossmann hat bereits die Griinde entwickelt, aus denen sich ergiebt, dass alsdann die inducirten Ströme schwächer sind. Doch wäi-e es nicht überflüssig, darüber das ElektrodjTiamometer zu vernehmen. Auch ist jetzt hier noch an einen Umstand zu denken, nämlich daran, ob bei dem Schwingen mit Knoten die Ströme sich nicht zu schnell folgen um zu tetanisiren. ^ 1 Amtlicher Bericht über die 32. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Wien im September 1856. Wien 1858. 4. S. 221. 2 Yergl. Untersuchungen u. s. w. Bd. I. 1848. S. 418 fF.; — Haeless, in den Gelehrten Anzeigen der K. bayerischen Akademie der Wissenschaften. 10. Juli 1857. Nr. 5. S. 47; — Heidenhain, Studien des physiologischen Instituts zu Breslau. Heft 1. Leipzig 1861. S. 64— C6. — [Bei dem höchsten Tone, den der Stab giebt, zeigt er ausser der queren Knotenlinie an der Stelle, wo er eingespannt ist, eine seine Seitenfläche der Länge nach hälftende Knotenlinie. Er schwingt also dann so dass seine Flächen windschief werden. Da seine Pole sich dabei kaum von der Stelle bewegen, und die Wh-kxmg der einen Längshälfte nothwendig die der anderen aufhebt, so bedarf man keines weiteren Grundes, um das Ausbleiben des Tetanus unter diesen Umständen zu erklären.] §. 8. Von den Yorriehtungen zum elektrischen Tetanisiren. 171 [102] §. IX. Vom Schlüssel. Seit der Erfindung der Schraubenklemmen statt der Quecksilher- verbindimgen zur Verknüpfung von Leitungsdrähten ^ pflegte man wenig- stens da, wo der Kreis öfter geöffnet und wieder geschlossen werden sollte, noch immer ein Näpfchen mit Quecksilber anzubringen, das eine- Ende des Kreises darin zu befestigen, und durch abwechselndes Heraus- ziehen und Eintauchen des anderen jenen Zweck zu erreichen. Viel bequemer ist dazu die nachstehend abgebildete Vorrichtung, ^ deren Form ich mit Hrn. Halske festgestellt habe, und die ich im Vergleich mit Fig. 8. dem bekannten Organ des MoKsEschen Telegraphen den Schlüssel nenne, obgleich für beide der Name Schloss passender wäre, da man in den bedenkhchen EaU kommt, vom Schhessen oder Oeffnen des Schlüssels zu sprechen. Sie besteht aus zwei Doppelklemmen b und c, welche auf einer Platte aus Kammmasse a isolii-t sind, und zwischen denen der federnde Vorreiber d mit Elfenbeingriff spielt. Büttels einer 1 PoGGENDORFF in seinen Annalen u. s. w. 1840. Bd. XLIX. S. 39. 2 Der Holzschnitt ist aus Hrn. Wiedemann's „Lehre vom Galvanismus" (Braun- schweig 1861) entlehnt, indem ein Abklatsch davon noir durch die Güte des Ver- legers dieses Werkes zur Benutzung überlassen wurde. 172 VIII. Beschreibung einiger Yi>rriehtungen und Versuchsweisen u. s. w. Tisclilerzwinge lässt sie sich ül)erall und in jeder Lage anbringen. Hat h das eine, c das andere Ende eines Kreises aufgenommen, so schliesst und öffnet der Schlüssel den Kreis. Die Doppelklemmen erlauben aber auch ihn so anzuwenden, dass h und c an zwei »Stellen des Kreises ein- geschaltet sind, zwischen denen der Vorreiber eine gut leitende Neben- schliessung herstellt und abbricht. Der Schlüssel gewährt den Yortheil, erstens, dass er stets bereit ist, keiner Keinigung und Erneuerung bedarf, wie die Quecksilber- Vorrichtung, und zweitens, dass man damit vollkommen sicher uud auf annähernd gleiche Weise öffnen und schhessen kann, ohne hinzusehen. Beim G-e- brauche des Schlüssels ist indess wohl zu beachten, dass sein Widerstand [103] nicht ganz beständig ist. Ist der Sclilüssel in einen Kreis von geringem AViderstande eingeschaltet, und man drückt den Vorreiber ent- weder stärker gegen die Klemme 6, oder davon fort, so dass seine Be- rührung beziehüch eine mehr oder minder innige Avird, so schwankt der Widerstand des Kreises ab und auf um eine kleine Grösse. Wo dies von Belang ist, thut man besser daran, beim Quecksilber zu bleiben,^ es sei denn, dass man ohne Schaden den Widerstand des Kreises so vergrössern kann, dass der veränderhche Theil des Widerstandes des Schlüssels da- gegen verschwindet. Bei galvanischen Reizversuchen darf man sich des- halb, wo grössere Sorgfalt erheischt wird, in der Hauptleitung des Rheochords (s. unten §. XH) und im primären Kreise von Inductions- vorrichtungen des Schlüssels nicht ohne Weiteres bedienen, um die Kette zum Zweck der Reizung zu schhessen und zu öffnen. Die Schwankung der Stromdichte, die dadurch entsteht, dass der Vorreiber beim Schhessen nach der ersten Berührung noch in grösserer Ausdehnung oder stärker, beim Oeffnen vor dem letzten Abreissen zuerst in kleinerer Ausdehnung oder schwächer angedrückt ^nrd, verschwindet nicht gegen die beim Schhessen durch die erste Berührung, beim Oeffnen durch das letzte Abreissen bewirkte Schwankung, und die Stärke der Reizung wird so von der GeschAvindigkeit beeinflusst, Avomit man den Vorreiber bewegt.^ 1 S. die Beschreibung eines Quecksilberschlüssels in der Abhandlung X. §. I. 2 Die ersten Galvanisten pflegten bekanntlich das Stück Wirbelsäule des ächten GALVANi'schen Präparates (Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 467) mit Stanniol zu armiren, wie sie es nannten, und dann zwischen den Muskeln oder Nerven einerseits und der Armatur andererseits mit einem Bogen aus einem anderen Metalle zu schliessen. Dabei zeigte sich, dass die Zuckungen stärker und sicherer auftraten, wenn man den Bogen erst an die Muskeln oder Nerven, dann an die Armatur an- legte, als wenn man umgekehrt verfuhr. (Vergl. Moscati und Galvani in Al. Gal- VANi de Viribus Electricitatis in Motu musculari Commentarius etc. Mutinae 1792. 4.'p. 26; — Al. Galvani, Abhandlung über die Ki-äfte der thierischen Elektricität §. 9. Vom Schlüssel. 173 [104] Der Schlüssel wird aiicli sehr uützhch, indem man ihn an das Galvanometerconsül befestigt, und seine beiden Klemmen statt der sonst üblichen, mit Holzschrauben in das Consol eingebohrten Klemmen benutzt; der Vorreiber dient alsdann zum Dämpfen. Ebenso kann man den u. s. w. Eine Uebersetzung u. s. w. von Johann Mayer. Prag 1T93. S. IX; — Valli in Gren's Journal der Physik. 1792. Bd. VI. S. 393; — Derselbe in PtOziEE, Journal de Physique. 1792. t. XLI. p. 72. 73; — Derselbe in Rmnhold's Geschichte des Galvanismus u. s. w. Leipzig 1803. S. 31; — Gren in seinem Journal der Physik. 1792. Bd. VI. S. 405; — R. Fowler, Experiments and Observations rela- tive to the Infiuence lately discovered by M. Galvani etc. Edinburgh 1793. p. 36; — Alex. Monro's und R. Fowler's Abhandlung über thierische Elektricität u. s. w. Leipzig 1796. S. 75. 76; — Pfaff, Commentatio de Electricitate sie dicta animali. Stuttgardiae 1793. p. 13. 14. 41. 67; — Derselbe in Gren's Journal der Physik. 1794. Bd. Vin. S. 202—204. 230. 254. 272. 276; — Derselbe, Ueber thierische Elektricität und Reizbarkeit. Leipzig 1795. S. 10. 22; — v. Humboldt, Versuche über die gereizte Muskel- und Nervenfaser u. s. w. Posen und Berlin 1797. Bd. I. S. 101. [Subjectiv, an BlasenpÜasterwunden] ; — Reinhold, De Galvanismo Speci- men II. etc. Lipsiae 1798. 4. p. 38; — Bericht der Commission des National-Instituts von Frankreich u. s. w. in Ritter's Beiträgen u. s. w. Bd. I. St. I. 1800. S. 55. 102. 103; — P. Erman in den Abhandlungen der Königl. Akademie der Wissen- schaften in Berlin. Aus den Jahren 1812—1813. S. 158. 163. 164. Fig. 2. 3; — Bellingeri, Memorie della Reale Accademia della Scienze di Torino. t. XXIII. 1818. p. 160. 161; — Fechner, Lehrbuch des Galvanismus imd der Elektrochemie u. s. w. Leipzig 1829. S. 497; — Oima in Zantedeschi's Raccolta fisico-chimica italiana ec. 1848. vol. III. p. 449. §. 57. [1844].) Als Hr. Pflüger im Jahre 1857 anfing sich mit Elektrophysiologie zu beschäftigen, forderte ich ihn auf, die Erklärung jenes räthselhaften Umstandes zu versuchen. Hr. Pflüger gelangte bald zu einer sehr scharfsinnigen Lösung der Aufgabe, wodurch sie zu dem im Texte Gesagten in nahe Beziehung tritt. Nach ihm würde nämlich der Unterschied in der Stärke der Zuckungen wesentlich darauf beruhen, dass das einemal die Ket'e rein metallisch, das anderemal durch Berührung eines Metalls mit einem feuchten, d. h. mit einem ausserordentlich viel schlechteren Leiter geschlossen wird. Im letzteren Falle nimmt der Widerstand des Kreises vom Augenblick der ersten Berührung bis zum vollende- ten Schlüsse noch merklich ab, im ersteren Falle erlangt der Strom sofort die ganze Stärke, deren er nach den sonstigen Umständen des Versuches fähig ist. Diese Stärke wird also hier in raschem Sprunge erreicht, dort in vergleichsweise lang- samer Steigung; und nach dem allgemeinen Gesetze der Nervenerregung durch den Strom wird so der Reiz zur Zuckung bei rein metallischem Kettenschluss stärker als bei gemischtem ausfallen. — Mit der so erledigten Frage ist die nicht zu ver- wechseln, was an der in der älteren Literatur- der Reizversuche öfter wiederkelu-en- den Behauptung sei, dass bei sich gleichbleibender Art der Schliessung deren Ort einen Einfluss auf die Zuckung übe. (Vergl. v. Humboldt, a. a. 0. S. 36; — Ritter in Gilbert's Annalen der Physik. 1801. Bd. VH. S. 452. 456. 457; — Bellingeri, Ivi p. 188; — Person in Becquerel's Traite de l'Electricite et du Magnetisme etc. t. IV. Paris 1836. p. 240; — Moser in Dove und Moser, Reper- torium der Physik. Bd. I. S. 190.) Hier bleibt etwas aufzuklären übrig. 174 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. Schlüssel anwenden, avo von einer Yorrichtung zur anderen Drähte durch das Zhnmer zu führen smd, um zu verhüten, dass durch Zerren an den Drähten die Yomchtunoen erschüttert oder herabgerissen werden.^ §. X. Vom Gebrauch des Schlüssels beim Tetanisiren [105] durch Inductiunsströme. Besoudere Erwähnung verdient der Gebrauch des Schlüssels beim Tetanisiren durcÜ Inductionsströme. Es handelt sich darum, die Ströme des Magnetelektromotors oder der SAXTON'schen Maschine in einem ge- gebenen Augenbhck auf Nerv oder Muskel möghchst bequem und ohne die Gefahr einwirken zu lassen, dass unipolare Zuckimgen den wirküch beabsichtigten voraufgehen. Zu verwerfen ist im Allgemeinen das Ver- fahren, die beiden Enden des inducirten Kreises, während die Feder des Magnetelektromotors spielt oder das Rad der Maschine gedreht wird, den thierischen Theilen anzulegen. Nicht allein, weil dabei unipolare Zuckung stattfinden kann, sobald das Anlegen beider Enden nicht vollkommen gleichzeitig oder innerhalb eines stromlosen Zeitabschnittes geschieht, son- dern auch, weil man die Enden nicht sofort in die Lage an den thierischen Theilen zu bringen vermag, in der man die Wirkung der Ströme zu beobachten wäinscht, und weil man die Freiheit der Hände für andere gleichzeitige Verrichtungen, und die der Aufmerksamkeit für den Erfolg des Tetanisirens selber, einbüsst. Man wird also, ^ne ich dies von Anfang an empfohlen habe, die tliierischen Theile zuerst sicher auf den Elek- troden einrichten, und dann die Ströme in sie einbrechen lassen. Dies darf aber nicht etwa so geschehen, dass man, während die Feder spielt oder das Rad gedreht wird, den inducirten Kreis schhesst. Dabei \vürden 1 Um den Verkehr nicht zu hemmen, werden die Drähte dabei von den Vor- richtungen zuerst steil empor und dann erst wagerecht Schnüren entlaug geführt, die in Eeichhöhe in den nöthigen Richtungen dauernd ausgespannt sind. Man hängt 4ie Drähte daran mittels Haken aus Glas oder Guttapercha auf. Ein Fehler, der beim Zusammenstellen elektrophysiologischer Vorrichtungen oft begangen wird, und der grosse Unbequemlichkeiten verursacht, ist der Gebrauch zu dicker Leitungsdrähte. Abgesehen von dauernden Leitungen, wozu mit Kautschuk u. d. m. isolirte Telegi-aphendrähte am besten sind, werden in meinem Laboratorium drei Drahtdicken geführt: Draht von 0-6™™ Durchmesser flu- primäre Liductions- kreise; von 0'4™»n für die Fälle, wo thierische Theile im Kreise sind; und solcher von nur etwa O-lomm füi- sehr bewegliche Verbindungen. Die beiden ersten Sorten sind mit Baumwolle von verschiedener Farbe besponnen, und diese mit Wachs ge- tränkt; die dritte ist der zu thierisch-elektrischen Multiplicatoren übliche mit Seide besponnene Draht. Von grösster Wichtigkeit ist, dass sämmtliche Schraubenklemmeu auch den feinsten Draht sofort sicher fassen. §. 10. Vom Gebrauch des Schlüssels beim Tetanisiren durch Inductionsströme. 175 unipolare Wirkungen nur durch sehr vollkommene Isolation der thie- rischen Theile u. s. w. zu vermeiden sein. Besser schon ist es, bei ge- schlossenem inducirtem Kreise das Kad der SAXTON'schen Maschine, oder am Magnetelektromotor die Feder in Gang zu setzen. Letzteres kann entweder durch Anstossen an die Feder, oder durch Senken des Stiftes, oder endlich durch Schliessen des primären Kreises an einer anderen Stelle geschehen. Allein das Ead hat [106] nicht sofort die passende Geschwin- digkeit, und der Magnetelektromotor versagt manchmal in den ersten Augenblicken seine Dienste. Weit vorzüghcher ist es daher, während die Feder spielt oder das Rad gedreht wird, die in der inducirten Eolle ent- stehenden Ströme von den thierischen Theilen durch eine so gute Neben- schhessung abzublenden, dass kein merklicher Stromzweig diese Theile trifft, und die ISTebenschliessung im geeigneten Augenblick hinwegzuräumen, wo dann die Ströme in der Stärke, welche durch die ül)rigen Umstände des Versuches bedingt ist, in die Theile einbrechen. Die erste Art, wie ich dies in's Werk setzte, bestand darin, dass ich in jeden der beiden von der secuudären Rolle kommenden Drähte ein Quecksilbernäpfchen einschaltete, und zwischen beiden Näpfchen mittels eines an beiden Enden verquickten Kupferbügels schloss. Sollten die Ströme zugleich umgekehrt werden, so war es sehr bequem, während die Drähte der Rolle zu den Gefässen a und b des Stromwenders führten, zwischen den Gefässen a und ß, oder A und B ^ den nebenschliessenden Bügel anzubringen. Der Bügel schwächt die Ströme in den thierischen Theilen dergestalt, dass auch bei ganz aufgeschobener secundärer Rolle der empfindlichste Frosch- schenkel, dessen Nerv jenseits des Bügels die Enden der Rolle überbrückt, in Ruhe verharrt. In dem Augenbücke, wo man den Bügel entfernt, was man ohne hinzusehen thun kann, ist der Tetanus da. In dieser Form hatte ich das Verfahren schon seit 1851 bei meinen Untersuchungen und Vorträgen angewendet, und ist es von Hrn. Pflüger, dem es bei seinen Versuchen über den N. splanchnicus grossen Vorschub leistete, in seiner Dissertation bekannt gemacht worden. ^ Inzwischen liegt Einem häufig ebensoviel daran, in einem gegebenen Augenbhck das Tetanisiren aufhören, wie daran, es beginnen zu lassen, und dazu ist jene Anordnung ungeeignet, weil man ohne hinzusehen nicht wohl den Bügel 1 Untersuchungen u. s. w. Bd. II. Abth. 11. S. 343. 2 De Nervorum splanchnicorum Functione. Berolini 1855. p. 9. 10; — lieber das Hemmungs-Nervensj'stem für die peristaltischen Bewegungen der Gedärme. Berlin 1857. S. 17; — Untersuchungen über die Physiologie des Electrotonus. Berlin 1859. S. 129. — Vergl. A. v. Bezold, Ueber den EinÜuss der Wurali-Vergiftung auf die Kami cardiaci des Nervus vagus. Allgemeine Medicinische Central-Zeitung. Berlin, 19. Juni 1858. 27. Jahrgang. 49. Stück. S. 38G. 387. 176 Vlll. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s.w. wieder über die Näpfchen Ijrückeii kann.' Der Schlüssel in der oben beschrie- benen [107] Gestalt leistet aber in diesem Fall Alles, was man braucht, wenn mau jede seiner Düppelklemmen mit dem einen Ende der inducir- ten Kolle und nüt der einen Elektrode verknüpft, und sich des Yor- reibers au Stelle des Kupferbügels zwischen den Quecksilbemäpfchen bedient. Soll die Kichtung der Inductionsströme umgekehrt werden, so muss man freilich noch ausserdem vor oder hinter dem Schlüssel einen Stromwender einschalten. §. XI. Vom Compensator, einer Vorrichtung zum Messen der elektromotorischen Kraft der Nerven und Muskeln. Auf einem Brett, einer Latte, u. d. m., denke man sich nach Art einer Klaviersaite über zwei Stege mittels einer Oese an dem einen, eines Wh-bels an dem anderen Ende einen Messingdraht NS (s. Fig. 9) von Fig. 9. etwa 2 '"■ Länge und 1-75 "''" Dicke ausgespannt, und dessen Enden durch einen PoHL'schen Gyrotropen G mit dem Zink und Kupfer einer Da^oell'- schen Kette D verknüpft. Dieser Draht heisst der Nebenschliess- draht. An dessen eüiem Ende N ist das eine Ende des Miütiphcator- kreises NfiMr angelöthet. Das andere Ende dieses Kreises, r, ist an §. 11. Vom Coiupensator, einer elektromotorischen ^Messvorrichtmig. 177 dem NebeiiscMiessdraht irg-eiidwie Ijeweglich gemacht, sei's mit Hülfe des einfachen, von Hrn. KmCHHOFF beschriebenen Kiinstgriffes , ^ wobei aber der Draht wagerecht hegen muss, sei's indem man jenes Ende um den Draht, ähnüch wie die Basssaiten eines Klaviers bewickelt sind, in einer dichtgewundenen Spirale von etwa 1 "^^ Länge aufwickelt, welche gleich- sam eine federnde, am Drahte mit Reibung verschiebbare Hülse vorstellt. Man kann auch an Stelle des Messingdrahtes einen Eisendraht von gleicher reducirter Länge nehmen, und das Ende /• so [108] daran ver- scliiebbar machen, dass man es mit dem Quecksilber im Inneren eines an jedem Ende durch einen Kork verschlossenen Stückes Grlasrohr ver- bindet, das der Nebenschliessdraht, die Korke durchbohrend, durchsetzt. Mittels der Korke kann man das Quecksilber dem Draht andiiicken, auch halten sie die Oberfläche des Drahtes während des Gebrauches rein.- AVelcher von diesen Anordnungen man auch den Vorzug gebe, man muss dafür sorgen, dass das bewegliche Ende r des Multiplicator- kreises seinem festen Ende iV so nahe gebracht werden könne, dass der Widerstand der zwischen ihnen begriffenen Strecke des Drahtes NS gegen den des Multiphcatorkreises verschwinde. In dem Falle cles zu einer federnden Hülse am Nebenschhessdraht aufgerollten Endes r muss des- halb die Hülse von N abgewendet sein, da sie sonst verhindern würde, /■ und N mit einander in Berührung zu bringen. Dies ist die einfachste Form einer sehr nützhchen Vorrichtung, die ich den Compensator nenne, und die an keinem Galvanometer fehlen sollte. Sie dient, wie man leicht begreift, dazu, von dem Strome des Daniells einen beliebig gerichteten, und unterhalb einer gewissen Grenze, die durch den Widerstand des Nebenschhessdrahtes bestimmt wird, be- liebig starken Zweig in den Multiplicatorkreis überzuleiten. Mit seiner Hülfe kann man jede behebige Ablenkung bewirken, deren man bedarf, und umgekehrt jede beliebige vorhandene Ablenkung vernichten, d. h. die Nadel daraus auf Null zurüclrführen. Schon vor Jahren habe ich mich dieser Anordnung bedient, um behufs gewisser Controlversuche im Multiplicatorkreise einen Strom von gleicher Ordnung mit den tliierisch- elektrischen Strömen zu erzeugen.^ Auch diente sie mir schon längst, um vor Erfindimg der gleichartigen Elektroden aus verquicktem Zink die Ungleichartigkeiten der Platinplatten unschädlich zu machen, die auch 1 Poggendorff's Aunalen u. s. w. 1857. Bd. C. S. 180. Tat'. lU. Fig. 5. 2 Diese Anordnung ist einer ähnlichen von Hrn. Neumann nachgebildet, die Hr. Kirchhofe und Hr. Wiedemann beschrieben haben. Poggendorff's Anualen u. s. w. 1849. Bd. LXXVI. S. 422; — 1856. Bd. XCIX. S. 226. Anm. ■^ Untersuchungen u. s. \v. Bd. U. Abth. I. 1849. S. 441. E. du Bois-Reymond, Ges. Abb. I. 12 178 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. bei der sorgföltigsten Behandlinig theils zurückzubleiben, theils plötzlich aufzutauchen, und den Gang der Versuche auf das Lästig-ste zu unter- brechen pflegten.^ Am Nerven-Multipücator kann der Compen- [109] sator in dieser Art auch bei Anwendung des verquickten Zinks noch gute Dienste leisten. Er hilft ferner noch stets, wo eine Veränderung der Stromstärke am Multipücator beobachtet werden soll, z. B. die negative Schwankung des Nerven- oder des Muskelstromes, die Nadel auf Null zu bringen, und so die grösstmögliche Empfindhchkeit, und ein deutlicheres Büd von der Grösse der Verändenmg, zu erzielen. Bei den Versuchen ül>er negative Schwankung des Muskelstromes am lebenden menschlichen Körper hebt er die Ströme Avegen der Hautungleichartigkeiten auf, die dabei so häufig hinderlich werden. Allein noch mehr, der Compensator ist bestimmt, die Rolle eines Messwerkzeuges im Gebiete der thierisch- elektrischen Ströme zu übernehmen; indem er nämlich gestattet, Ver- gleichungen des ohne Frage Anchtigsten Elementes in jenen Erscheinungen, der elektromotorischen Kraft der Nerven und Muskehi, auszuführen. Es sei E die elektromotorische Kraft der ÜAisTELL'schen Kette, an deren Stelle man sich eine beständige Kette irgend welcher Art denken kann, die die Maasskette heissen soll; W der Widerstand der diese Kette enthaltenden Leitung gemessen bis zum Nebenschliessdraht; L der Widerstand des ganzen Nebenschliessdi-ahtes ; l der Widerstand der eigenthchen Nebenleitung, d. h. des Neben- schliessdrahtes zwischen den Enden des Multiplicatorkreises; BI der Widerstand des Multiplicatorkreises; und endhch ij eine in diesem Kreise befindüche elektromotorische Kraft, von entgegengesetztem Zeichen \äQ E. z. B. die des in Fig. 9 bei /x bemerk- baren Muskels, dessen Strom der punktirte Pfeil anzeigt. Setzen Avir Z + W = C, so hat die Stärke der beiden sich decken- den Ströme im Multiplicatork reise zum Ausdruck: (C — l) {M + A) + Ml ^ ^ Sie wird also = wenn EX = yC. Umgekehi-t wii'd diese letztere Beziehung hergestellt jedesmal, dass man bei entgegengesetzten E und y durch passende Verändenmg von X den Strom im Multii)licatorkreise zum Verschwinden bringt. Man hat alsdann y _ ^ E ~ C 1 S. oben Abh. IV. S. 75. 70. §.11. Vom Compensator, einer elektromotorischen Messvorrichtung. 179 1^110] und man l)raucht nur das Yerhältniss 7. : C zu l)estiminen , oder, wenn L in Bezug auf JV l)ekannt ist, das von l : L, um das Yerhält- niss y : E, oder den Werth von y als Bruchtheil der elektromotorischen Kraft der Maasskette, zu erfahren. Dies ist, wie ich kaum zu sagen brauche, nichts als eine leichte Abändenmg der von Hm. Poggendoeff angegebenen Compensations- methode zur Messung der elektromotorischen Kraft unbeständiger Ketten.^ Die Yortheile dieser Methode sind wesentlich folgende. 1. Man umgeht die Schwierigkeiten, die bei jedem anderen Yerfahren aus der Polarisation der Elektroden erwachsen, dadurch dass man den Strom gar nicht zu- stande kommen lässt, sondern, wie Hr. Poggendoeff sich ausdrückt, gleichsam nur die Tendenz zu seiner Entstehung misst. 2. Eine einzige Bestimmung, wobei die zu messende Kraft in Betracht kommt, hefert deren Werth. Die Genauigkeit der Messung selber wird also auch durch solche Schwankungen der Kraft nicht beeinträchtigt, welche unabhängig ^on der Herstellung des Stromes eintreten. 3. Der Widerstand des Mul- tipücatorkreises fällt aus der Bedingungsgleichuug für das Verschwinden des Stromes in diesem Kreise heraus. Dieser Widerstand braucht kein beständiger zu sein, und es kommt auf die Widerstands-Schwankungen nicht an, deren Sitz die Berülirungsstelle des Nebenschhessdrahtes und des beweglichen Endes r des Multiplicatorkreises leicht wird. 4. Die genaue numerische Yergieichung der elektromotorischen Kräfte kann der- gestalt geschehen ohne einen gradiürten Multiplicator oder sonst eine galvanometrische Yorrichtung, da es sich nicht darum handelt, wie stark ein zu l)eobachtender Strom sei, sondern nur darum, ob ein Strom vor- handen sei oder nicht. Da aus den thierisch-elektrischen Yersuchen die Polarisation der metallischen Elektroden jetzt verbannt ist, so könnte es scheinen, als habe der unter 1. aufgefühi-te Umstand für uns an Gewicht verloren. Wegen der inneren Polarisation sind indess die thierischen Erreger noch immer den Ketten von unbeständiger Kraft beizuzählen (vergl. oben S. 161. Anm. 2), und die durch das Absterben u. d. m. bedingte Ab- nahme ihrer Kraft macht auch den zweiten Punkt im höchsten Grade schätzbar. Der Compensationsmethode in einer oder der anderen Form \Aird man sich daher noch stets am besten [111] bedienen, um die elek- tromotorische Kraft der Muskebi und Nerven mit derjemgen bekannter galvanischer Combinationen, z. B. eines Daniells, in Beziehung zu setzen. ^ 1 Annalen u. s. w. 1841. Bd. LIY. S. 161. 2 Hr. JüLES Eegnauld hat dies mit Hülfe seines Compensationsverfahrens durch thermoelektrische Ketten zu thun angefangen (Comptes rendus etc. 15 Mai 1854. t. XXXMH. p. 891), Hr. Poggendoeff hat bereits mit Eecht bemerkt, dass 12* 180 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. Inzwischen ist die Erforschung dieses Verhältnisses mehr eine Sache- der wissenschafthchen Neugier, als dass sich vor der Hand wichtige Folgerungen daran knüpften; und besonders stellt sich dies so dar, wenn man die von mir entwickelte Ansicht gelten lässt, wonach die nach Aussen gelangenden elektromotorischen Wh-kungen der Xerven und Muskeln nur ein unbestimmbarer Bruchtheü der inneren Wirkungen siud.^ Ohnehin werden wenige Messungen genügen, jenes Verhältniss ein für allemal festzustellen; für die wahrhaft lehrreichen Versuche aber, über die Kraft der thierischen Erreger im Vergleich zu der elektrochemischer Combi- nationen, ist die unmittelbare Entgegensetzung beider Stromquellen im nämlichen Kreise vorzuziehen, wovon ich anderswo ein Beispiel ge- geben habe.^ Dagegen was von der höchsten Wichtigkeit erscheint, ist, die elektro- motorischen Kräfte der Nerven und Muskeln unter verschiedenen Um- ständen rasch, sicher und bequem vergleichen zu können, ja die Keihe der Fragen , die sich zudrängen , , sobald einmal die Möghchkeit einer solchen Bestimmung eröffnet ist, hat gar kein Ende. Dies wünschens- werthe Ziel nun scheint durch die Methode der Compensation in der oben beschriebenen Gestalt, welche von der PoGGENDORFF'schen etwas abweicht, erreicht zu sein. Diese Abweichung besteht darin, dass, während wir das Ende r des Multipücatorkreises am Nebensclihessdraht verschieben, Hr. Poggeneorff dies Ende fest lässt, dafür aber die Länge der eigentlichen Nebenleitung, deren W^iderstand yviv l nannten, verändert bis der Strom verschwindet. Bei Hrn. Poggendorff bleibt also der Widerstand des die Maasskette enthaltenden Zweiges beständig. Bei uns wird dieser Widerstand stets um [112] ebensoviel vergrössert oder verldeiuert, wie der der Nebenleitung verkleinert oder vergrössei-t. In Folge davon nimmt die Bedingungsgleichung für das Ver- schwinden des Stromes im Multiplicatorkreise in Hrn. Poggendorff's und in unserem Falle eine wesentlich verschiedene Gestalt an. In unserem Falle heisst sie ^ = I . A. (H) derselbe Zweck weit vollkommener und bequemer durch die früher von ihm ange- gebene Methode erreicht werde (Annalen u. s. w. 1854. Bd. XCI. S, 628). 1 Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 689. 3 De Fibrae muscularis Reactione ut Chemicis visa est acida. Auetore Aem. DU Bois-Reymond. Berolini 1859. 4. p. 43. — [S. indess im zweiten Bande dieser Sammlung die Abhandlung über die elektromotorische Kraft der Nerven und Mus- keln, §. XI.] §.11. Vom Compensator, einer elektromotorischen Messvorriclitung. 181 Da E und C Coustauteu sind, so ist y, die zu messende elektromotorisclie Kraft, eine lineare Function von X, und zwar l einfach proportional. Nicht so bei Hrn. Poggendoeff. Um seinen Fall mit dem unseren in Vergleich zu bringen, ist nur nöthig, sich zu denken, die xS^ebenleitung von veräuderüchem Widerstände l sei unmittelbar zwischen den Punkten N und S unseres Schema's (Fig. 9) angebracht. Nennen wir diesmal u die zu messende elektromotorische Kraft im Multiphcatorkreise , so hat die Stärke der beiden darin sich deckenden Ströme zum Ausdruck: El — u{l-\- W ) W [M + l) + MV au Stelle von C — l in unserer Formel (I) ist W getreten. Die Be- dingungsgleichung (11) lautet demgemäss jetzt El ^ EW / + // /. + n d. h. 71 als Function von l Avird dargestellt, indem man die Ordinaten einer gleichschenkligen, auf ihre Asjanptoten bezogenen H3'perb0l, deren Asymptoten zu Gleichungen haben n = E, und l = — M^, und deren Potenz E W, abzieht von den Ordinaten der den A1)scissen parallelen Asymptote. S. die Curve u in Fig. 10, worin die Gerade y zugleich Fig. 10. den Gang der ünearen [113] Function y in unserem Falle vorstellt. Für l = W ist u = für l — C — W = L schneidet die Gerade unseres Schema's die Hyperbel des PoGGENDOEFF'schen , vermöge einer bekannten Eigenschaft dieser Curve. Für l = C ist die Ordinate unseres Schema's = E, welche Grösse die des PoGGENDOEFr'schen erst für }. = CO erreicht. 182 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungeu und Versuchsweisen u. s.w. Es bedarf also, bei letzterem Schema, noch stets einer gewissen- Rechnung, imi die relative Grösse der Ki-aft zu finden, während in unserem Falle dazu nichts gehört, als die Messung der Strecke iVr (Fig. 9), der Entfernung der Enden des Multiplicatorkreises auf dem Nebenschhessdraht, der ja der Widerstand X proportional ist. Mit einem Wort, am Nebensclüiessdraht, wie wir ilm anwenden, misst sich die elektromotorische Kraft, wie das Zeug au der Elle. So viel ich weiss, ist diese merkwürdige Eigenschaft unseres Schema's bisher der Aufmerk- samkeit der Elektriker entgangen. Hr. PoGGENDOEFF empfiehlt die Messung so anzustellen, dass man bei einer passenden Länge der Kebenleitung den Multiplicatorkreis einen Augenblick schliesst, um zu sehen, ol) und wohin noch ein Ausschlag erfolge, oder ob und in welchem Sinne man jene Länge noch zu ver- ändern habe um sich dem Gleichgewicht zu nähern, und so tastend fort- fährt, bis man die Länge getroffen hat, bei der die Nadel auf Null ver- harrt. Zu dieser Vorschrift zwangen ilni die Ladungen der unbeständigen Combination, deren elektromotorische Kraft zu messen er sich vorgesetzt hatte. Bei Abwesenheit merklicher metallischer Ladungen in unserem Falle könnte mau jetzt so verfahren wollen, dass man bei geschlossenem Multiplicatorkreise die Länge der Nebenleitung so lange veränderte, bis die Nadel nach dem Nullpunkt zurückkehrte. Inzwischen bleibt noch immer rathsam, die Messung nach der von Hrn. Poggexdoeff ange- gebenen Art zu leiten, weil man so die innere Polarisation der tliierischen Theile vermeidet (s. oben S. 16L Anm. 2). Ausserordentlich bequem zeigt sich übrigens dabei, wegen der Dämpfung der Schwingungen, der Gebrauch der Spiegelbussole, so dass sie dadurch sofort an Bedeutung für dieses Gebiet wiedergewinnt, was ihr der Compensator, indem er die Messungen von Stromstärken überhaupt in den Hintergrund drängt, daran zu nehmen drohte. Das beste Multiplicatorgewinde wird aber auch hier, wie leicht ersichtlich, das sein, welches sonst für den Nerven- oder Muskelstrom das passendste gewesen wäre. [114] Bereits an der vorher beschriebenen rohen Vorrichtung kann man die Läugenmessung des Nebenscliliessdrahtes mit einer für die meisten Zwecke hinreichenden Genauigkeit vornehmen, wenn man unter den Messingdraht eine gedruckte Millimeterscale klebt. Bei den angegebenen Verhältnissen genügt der Messingdraht, um von dem Strom eines einzigen Daniells einen Zweig abzuleiten, der den Muskelstrom im Multiplicatorkreise überwiegt. Nichts verhindert, wenn dieser Draht gelegentlich nicht ausreichen sollte, ilm durch einen längeren oder dün- neren zu ersetzen, zwei DanieU nebeneinander anzuwenden, oder noch besser, die DANiELL'sche Kette durch die GEOVE'sche zu ersetzen. §. 11. Vom Conipensator, einer elektromotorischen Messvorrichtung. 183 Mehrere Daniell hintereinander hellen nicht viel, weil der Widerstand des Messingdrahtes schon gegen den eines Daniells nur klein ist. Vollkommener und bequemer wird der vorgesetzte Zweck erreicht durch das in Fig. 6 Taf. I im Aufriss und in halber natürlicher Grösse vorgestellte Instrument, welches die Werkstatt der Hrn. Siemens und Halske üefert. Diese Eigur ist nur bestimmt, eine allgemeine Vor- stellung von der Gestalt des Instrumentes zu geben, dessen sämmthche Theile im Einzelnen verständlich zu machen, zu viel Abbildungen er- fordert hätte. Der Stromlauf in dem Instrument erheUt aus Eig. 11. An Stelle des Messingdrahtes tritt hier ein Platindraht von 1 '"™ Dicke bei gleicher reducirter Länge mit jenem, iiämüch nur etwa 370"'™ lang. Anstatt diesen Draht gerade auszuspannen, das eine Multiphcatorende daran verschiebbar, und dessen Entfernung vom anderen an einer Längen- theilung messbar zu machen, zog Hr. Halske es vor, ihn gleichsam hi Gestalt einer einzigen, sehr sorgfältig gearbeiteten Agometer-AVindung um den isohrenden Umfang einer kreisrunden Scheibe zu biegen, und an Stelle der Messung jener Entfernung die Messung einer Drehung der Scheibe um ihre Axe zu setzen. Diese Einrichtung verspricht einen drei- fachen Vortheil. Erstens nimmt das Instrument keinen grösseren Raum ein, als etwa ein fünfzöUiger Azimuthalkreis. Zweitens bewegt sich der Draht, und das daran verschiebbare Multiphcatorende bleibt stehen. Man hat also diesem nicht mit dem Auge behufs der Ablesung über eine Strecke von fast vier Decimetern zu folgen, sondern die Ablesung ge- schieht an einem festen Zeiger. Drittens stellt sich der Preis des In- strumentes niedriger als bei der anderen Gestalt, weil die Anfertigung winkelmessender Instrumente geläufiger, als die von [115] Läiigen- Messvorrichtungeu ist, und die meiste Arbeit daran sich auf der Dreh- bank ausführen lässt. In Fig. 11 ist NOr'rS der Nebenschhessdraht. Man sieht um in Fig. 6 Taf. I. bei rr' in einer Nuth am Umfang eines gut abgedrehten Ringes aus Kammmasse, von 65'"™ Halbmesser, aufgewunden, welcher eine Messingscheibe umgiebt, deren Obei-fläche den getheilten Kreis trägt. Die beiden Enden des Drahtes N, S, welche in Eig. 6 unsichtbar sind, stehen ein für allemal in Verbindung mit den Klötzen v, g eines Stöpsel- umschalters, der in der Mitte der Scheibe angebracht ist. Die beiden anderen Klötze 1 und 2 des Umschalters stehen ihrerseits durch die in Fig. 11 sichtbaren Schraubenklemmen 1-^, 2"^, und durch Drähte, welche in der hohlen Axe des Instrumentes verlaufen, in Verliindmig mit den Klemmen I und n an dessen hölzernem Fussgestell. Diese sind zur Aufnahme der Enden der Maasskette D Ijestimmt, und der Umschalter wird so gestellt, dass der im ]\Iultiplicatordraht kreisende Stromzweig der 184 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. \v. Maasskette clie eiitgegeiig-esetzte Kichtung des Stromes der in diesem Zweige befindlichen tliierischen Kette, also z. B. des Muskels u, hat (s. Fig. 11). Am Punkte 0* der in Fig. 6 gleichfalls versteckt ist, geht der Nebensclüiessdraht über einen scharfen Platiusteg, der durch einen al)ermals in der Axe verlaufenden Draht mit der Klemme R^ und da- durch mit dem einen Ende des Multipücatorkreises verknüpft ist. End- üch r ist ein Platinröllchen, dessen Platmaxe an emer Feder befestigt ist, die dasselbe gegen den Xebenschliessdraht diiickt. Die Feder ist, Fig. 11. 6 S"% ^ wie Fig. 6 zeigt, an einer Säule befestigt, die zugleich den festen Zeiger und darüber die Lupe zum Ablesen der Drehung trägt. Eine hier be- ündhche Schraubenklemme 3 steht in Yer- [116] bindung mit der Schraubenklemme ITE am Fussgestell, die das andere Ende des Multipü- catorkreises aufnimmt. Löst man die Schraube f/ in der Hauptfigur, so kann man die Scheibe aus der Hand mittels der vier daran nach unten ragenden Stifte drehen. Zieht man (/ au, so gewährt in i^ekannter Weise / eine mikrometrische Einstellung. In Wirkhchkeit befinden sich §.11. Vom Conipensator, einer elektromotorischen Messvorriclitung. 185 Übrigens die vier Schrauljeu I — IV ;ui der Seite des Instrumentes, wo sich die das ßöllclieiij den Zeiger und die Lupe tragende Säule erhebt. Die Theikmg ist keine gewühnhche Kreis-, sondern eine Decimal- theilung, und zwar ist der Umfang der Scheibe, in der Ausdehnung in der sie vom Draht nmspanut wird, in 1000 Tlieile getheilt. Um den jSTullpunlvt dieser Theihmg mit dem Zeiger zusammenfallen zu machen bei der Stellung des Köllchens, wobei der Stromzweig der Maasskette im Multiplicatorkreise NuU ist, oder wobei der Berührungspunkt von Röllchen und Draht mit dem von Draht und Platinsteg zusammenfallen \nirde, wenn der Draht keine merkliche Dicke besässe, diente mir folgender Kunstgriff. Es heisse der gesuchte Berührungspunkt 0, so ist klar, dass, wenn das RöUchen einen Punkt des Nebenschliessdrahtes zwischen N uiid berührt, der Stromzweig der Maasskette im ]\Iultiplicatorkreise die um- gekehrte Richtung hat ^on der die ihm zukommt, wenn sich das RöU- chen von N aus jenseits befindet. Ich brachte also an SteUe der Maasskette zwei als zusammengesetzte Kette verbundene GEOVE'sche Ele- mente der grösseren Art, verband III und IV durch einen MultipUcator, und suchte die Stellung des Nebenschliessdrahtes am Röllchen auf, die sich mit äusserster Schärfe bestimmen hess, wobei der Stromzweig im Multiplicator seine Richtung wechselte. Bei dieser Stellung schraubte ich den bis dahin seitüch verschiebbaren Zeiger dergestalt fest, dass der Strich darauf mit dem Xullstrich der Theilung zusammenfi.eL In der nächsten Umgebung des Punldes ist es nicht zu verlangen, dass die, sonst an dem Instrument zu erwartende, einfache Beziehung zwischen ?/ und der Länge der Strecke 0/- stattfinde, weil der Platindraht verhält- nissmässig zu dick ist, um als huearer Leiter zu gelten. Doch scheint dieser Umstand, -wie mr sogleich sehen werden, schon in sehr geringer Entfernung keinen Einfluss mehr zu üben. Die Leistungen des Instrumentes im Versuch zu pilifeu, müsste man eine Anzahl beständiger elektromotorischer Anordnungen nehmen, deren Gesammtkraft der eines Muskels etwa gleichkäme, und l)ei ^'er- schie- [117] denen Widerständen im Maasskettenzweige 1, 2, 3 ... da- von im Multiplicatorzweige compensiren. Das Verhältniss der dazu nöthigen Längen des Nebenschhessdrahtes müsste dabei stets dasselbe bleiben. Als ich diesen Versuch mittels Säure-Alkali-Ketten in's Werk setzte, fand sich, dass diese durchaus nicht hinreichend beständig waren, um sie zur Prüfung eines Messwerkzeuges zu verwenden.^ Thermoelemente, gleich denen von Hrn. Jules Regnaüld, deren etwa 6 dem Strom 1 [Vergl. §. VIT. der Abliandlung: „lieber die elektromotorische Kraft der Nerven und Muskeln" im Archiv für Anatomie u. s. w. 1867 und im zweiten Bande dieser Sammlung.] 186 VUI. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. zwischen natürlichem Längs- und künsthchem (Querschnitt die Wage halten (s. oben S. 179. Anm. 2), würden vielleicht das Richtige sein. Ich habe noch nicht Zeit gehabt, den Versuch mit solchen Ketten zu wiederholen. Es gab aber noch eine andere, mittelbare Art, sich der Brauchbar- keit des Instrumentes zu vergewissern. Bei der Sicherheit der Theorie, aus der das Princip seiner Construction geschöpft ist, könnte diese Brauchbarkeit nur dadui'ch beeinträchtigt sein, dass der Widerstand des Nebenschüessdrahtes nicht proportional seiner Länge wüchse. Man braucht also, um das Instrument zu prüfen, nur irgend eine Reihe von Messungen damit anzustellen, bei denen sich ergiebt, ob gleichen Längen des Platindrahtes gleiche Widerstände entsprechen oder nicht. Eine Prüfung der Art beruht auf der Bemerkung Peteina's, ^ dass, wenn ein Kreis irgendwo in zwei Nebenleitungen A und B gespalten ist, und der Widerstand von A verschwindet gegen den von B und gegen den der Hauptleitung, wie wir die ungespaltene Stromstrecke nennen wollen, die Stärke des Stromzweiges in B dem AViderstande von A annähernd proportional sei. Behält man die oben gebrauchten Bezeichnungen bei, so ist die Stärke des Stromzweiges der Maasskette im Multipücatorkreise I = ^±± (im Lässt man l gegen C und 3f verschwinden, so bleibt übrig Um diese Beziehung zur beabsichtigten Prüfung zu verwenden, nahm ich zwischen die lüemmen III und IV die Tangentenbussole mit Spiegel- ablesung und 12000 Windungen auf, an der die Ablenkungen den Strom- stärken so [118] nahe proportional sind, dass die Abweichung zu ver- nachlässigen ist; zwischen die Klemmen I und 11 aber eine mehrgliederige GEOVE'sche Säule und einen angemessenen Widerstand. Es zeigte sich, selbst innerhalb der ersten 5 Tausendtel, einer Strecke also von noch nicht 2'""* vom Nullpunkte, die bestmögüche Uebereinstimmung. Dies Ergebniss war um so befriedigender, als bei dieser Art des Versuches der veränderMche Widerstand zwischen PlatinröUchen und Nebenschhess- draht nicht aus der Rechnung fällt, wie bei der Anwendung des In- strumentes zum Compensiren. Es lehrt zugleich, dass, wenn man es wünschen sollte, man sich des Compensators sehr bequem bedienen kann, um die empirische Gradmrung eines Multiplicators nach Petrina auszuführen. 1 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1842. Bd. LVI. S. 328. .\nm.; — Bd. LVII. S. 111. §.11. Vom Compeusator, einer elektromotorischen Messvorrichtung. 187 Am Ende S ist der Platindraht wieder über eine scharfe Platin- kaiite gespannt, welche dem tausendsten Strich der Theihmg entspricht. Da man somit das Yerhältniss X : L stets unmittelbar abhest, so gehört sich's, um die am CJonipensatur gewonnenen Bestimmungen der elektro- motorischen Kraft auf die Kraft der Maasskette als Einheit zu beziehen, nur noch, dass man das Yerhältniss L zu PF kenne. Dies zu finden hat natürüch im Allgemeinen keine Schwierigkeit, doch ist zu bemerken, dass in gegenwärtiigem Falle die Bestimmung der Natur der Dinge nach keine sonderlich scharfe werden kann, weil das Yerhältniss ein zu kleines ist. Ein Umstand, der beim Gebrauch des Compensators Beachtung verdient, ist die Erwärmung des Nebenschliessdrahtes durch den Strom. Nimmt man als Maasskette eine GROVE'sche Kette, so wird die Er- wärmung sehr fühll)ar, falls man nicht längere Zuleitungsdrähte an- wendet; mit einem Daniell ist sie unmerklich. Auf alle Fälle macht man sie, sofern es sich nicht um absolute Bestimmungen handelt, da- durch unschädlich, dass man den sich bald einstellenden stationären Zustand abwartet. Dass man hei allen Yersuchen, wobei die Kette dauernd durch eine kurze Leitung geschlossen ist, besondere Sorgfalt auf deren Beständigkeit verwenden müsse, braucht kaum bemerkt zu werden. Zuletzt will ich nicht unterlassen, ausdrücklich hervorzuheben, dass durch die von Hrn. HELivmoLTZ entwickelte Theorie ^ der thierisch- elektrischen Ströme die Bedenken endgültig erledigt sind, die ich am [119] Schlüsse des ersten Bandes meines Werkes (S. 723 ff.) gegen die Anwendung der Methode der Compensation zum Eliminiren des Wider- standes in thierisch-elektrischen Yersuchen erhoben hatte. ^ §. XII. Yom Rheochord in seiner Anwendung zu elektro- physiologischen Yersuchen. Nachdem mir dergestalt die Anwendung des Princips der Neben- schliessimg zur Abstufung schwacher elektrischer Ströme am Multiplicator geläufig geworden war, lag es sehr nahe, dasselbe auch auf den Fall zu übertragen, wo Nerven und Muskeln Strömen von willkürhch beherrsch- barer Stärke untero^orfen werden sollen, wo es sich z. B. darum handelt, Ströme die Ner\-en treffen zu lassen, welche nicht das Maximum der Zuckung bewirken. 1 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1853. Bd. LXXXIX. S. 211. 353. 2 [Weiteres über den Compensator s. in der folgenden Abhandlung (IX).] 1S8 VII!. Beschreibung: einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. Im Gebiete der Inductioii gewähi-t die Yeräiideruug des Abstandes der Nebeni-olle von der Hauptrolle ein IVIittel, die einzelnen Schläge oder den tetanisirenden Strömlingsvorgang mit aller mu- wünschenswertlien Feinheit a])zustiifen. Im Gebiete der beständigen Ströme schlugen die, welche sich Aehnhches vorsetzten, natürlich zuerst den Weg ein, der bei phj^sikaHschen Versuchen leicht zum Ziele führte, Veränderung der Stromstärke durch Veränderung des Widerstandes. Allein es fand sich, dass, wegen des grossen eigenthümlichen Widerstandes und der lOeinheit der thierischen Theile, mit metaUischen Widerständen liier nichts auszu- richten sei, man müsste denn solche in ganz riesigem Maassstabe ent- wickeln ; während die Anwendung feuchter Widerstände, wie Hr. Harless sie versucht hat, mühsam und zeitraubend ausfäUt, und leicht zu Fehlern Anlass giebt. ^ 1 Der feuchte Kheostat des Hrn. Harless (Molekulare Vorgänge in der Nervensiibstanz. I. Abhandlung: Voruntersuchungen. Aus den Abhandlungen der K. bayer. Akademie der Wissenschaften. 1858. IL Cl. VIII. Bd. II. Abth. S. 320. 321 [8. 9]) besteht aus drei mannshohen Glasröhren von 3 — 4 mm Durchmesser, die mit destillirtem Wasser oder mit verdünnter schwefelsaurer Kupferoxj-dlösung gefüllt werden. Die Umständlichkeit dieser O^jeration, namentlich wenn die Eöhren, nach- dem sie die Lösung enthielten, mit destillirtem Wasser gefüllt werden sollen, kann nicht klein sein. Nach Bedürfniss werden eine, zwei, drei dieser Eöhren in den Kreis aufgenommen. Unterabtheilungen der einen Eöhre erhält man, indem man einen Kupferdraht bis zu der erforderlichen Tiefe darin versenkt. Dies geschieht mittels eines Fadens, der über eine Eolle am Gipfel einer etwa elf Fuss hohen Säule geht, woran die Eöhre aufgerichtet ist. Auch die Verbindungen der Eöhren unter sich und mit dem anderen Ende des Kreises sind aus Kupfer, und somit enthält die Vorrichtung nicht weniger als drei Elektrodenpaare, an denen eine drei- fache Ungleichartigkeit, und, da gewisse Gründe die Anwendung einer hinlänglich concentrirten Kupferlösung verbieten, dreifache, bei der Kleinheit der Flächen sogar sehr starke Polarisation stattfindet. Wie dabei der Strom habe auch nur einiger- maassen beständig bleiben, oder in verschiedenen Versuchen gleiche Stromstärken denselben Eheostatenständen haben entsprechen können ; wie der Einfluss der Strom- richtung erforscht werden konnte, da doch beim Umkehren des Stromes die Polari- sation sich plötzlich zur Kraft der Kette hinzufügte statt sich davon abzuziehen, ist schwer zu begreifen. Wenn die Spitze des Kupferdrahtes, durch dessen Heben und Senken der Strom beherrscht werden sollte, negativ war, musste deren Be- wegung nach bekannten Erfahrungen (Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 212. Anm. 1) von einer Hebung des Stromes begleitet sein. Diese Wirkung, die sich zu der durch Veränderung des Widerstandes erzeugten algebraisch summirte, fehlte hingegen, wenn jene Spitze positiv war. Hr. Hakless beschränkte sich aber nicht darauf, diese Vorrichtung zum Abstufen der Stromstärke zu benutzen, sondern er niaass damit auch Widerstände. In Vergleich mit den bezeichneten Fehlern wird es wenig zu sagen gehabt haben, dass die Eöhren nicht cylindrisch waren, und dass Hr. Hakless, statt die Eöhren zu calibriren, sich begnügte, deren mittleren §. 12. Yoiu Rheochord für elektrophysiologisohe Zwecke. 189 [120] Die von mir eingeführte Abstufung der Stromstärken bei Reiz- Yersuchen mittels des Princips der ^^ebenscliliessung ist anzusehen, als sei an Stelle der unthunlichen Veränderung des Widerstandes die der elektro- motorischen Kraft gesetzt. Der Schhessdraht einer Kette bietet uns, vermöge der darauf stattfindenden Anordnung der Spannungen, ein'e Reihe stetig wachsender Spaunungsunt erschiede dar, die wir den Enden des Nervenkreises — so soll hinfort der jetzt den Ner^-en, früher den Multiplicator enthaltende Zweig heissen — ertheilen können. Es kann sich nur darum handeln, die beste Gestalt zu ermitteln, die zu diesem neuen Zweck der Vorrichtung zu geben sei. Dabei kommt es auf fol- gende Punkte an. Erstens muss die Veränderung des Widerstandes des Nebenschüess- drahtes so geschehen, dass weder, wenn man diese Veränderung durch Verschiebung des einen Endes des Nervenkreises am Nebenscliliessdraht bewerkstelMgt, eine Trennung beider, noch, wenn man den Xeljenschhess- draht selber verlängert, eine Oeffnung der jSI'el)enschliessung zu befürchten sei. Im [121] einen Falle würde eine nicht zum Versuch gehörige, vielleicht schädüche, jedenfalls unnütze Erregung stattfinden. Im anderen würde der Nerv plötzlich dem ungeschwächten Strom der Kette aus- gesetzt sein. Dies sind Rücksichten, die den Physikern bei der Ei*findung- der beweglichen Verbindungen an den Rheochorden fremd waren, und welche keine Wahl übrig lassen, als zwischen der von Hrn. Neuäiann herrührenden Quecksill)erverbindung, und federnden Schiebern. Letztere lassen sich auf sehr verschiedene Art einrichten, sie haben aber immer den Nachtheil, dass sie bei häufigem Gebrauche den Draht angreifen. Von diesem Feliler ist die NEUMAJS'N'sche Vorrichtung verhältnissmässig frei und verdient schon daiTim den Vorzug. Zweitens muss der Widerstand der Nebenleitung im Vergleich zu dem des Nervenkreises so klein gemacht werden können, dass bei der gewöhnlich angewendeten elektromotorischen Kraft keine merkliche Er- regung des Nerven erfolgt. Drittens sollte der Widerstand der Nebenleitung auch wiederum so gross gemacht werden können, dass die durch den Draht bewirkte Schwächung des Stromzweiges im Nen^enkreise nicht mehr in Betracht Querschnitt zu bestimmeu. Weun aljer Hr. Harless so gemessene Widerstände thierischer Theile auf neun, ja auf zehn Stellen genau angiebt, während beim Messen metallischer Widerstände mittels der WnEATSXONE'schen Brücke Hr. Sie- mens z. B. sich mit höchstens fünf Stellen begnügt (Poggendorff's Anualen u. s. w. 1860. Bd. CX. S. 1 ff.), so ist dies gewiss nicht geeignet, das Misstrauen zu mildern, womit jeder Physiker sogar auf die erste Stelle in Hrn. Harless Zahlen blicken wird. 190 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. komme. Dies ist bekanntlich der Fall, wenn der Widerstand der Haupt- leitung gegen den der beiden Nebenleitungen verschwindet. Alsdann nehmen die Enden dieser beiden Leitungen den nämlichen Unterschied der Spannungen an, als ob deren jede allein vorhanden wäre und die elektromotorische Kraft enthielte.^ Behalten vär unsere obigen Bezeich- nungen mit dem Unterschiede bei, dass ^vir N für M schreiben, da an Stelle des Multiphcatorkreises jetzt der Nen-enkreis getreten ist, und setzen wir L und N sehr gross gegen W, so verschwindet, für A = L, das erste Glied des Kenners in (III) gegen das zweite, und die Stromstärke wird im Nervenkreise El E in der Nebenleituns- ^ m~ N' EN _ E ' ~ JN ~ l' [122] Man ^vird also, wenn W gegen N und L zum Verschmnden ge- bracht werden kann, ohne eine neue elektromotorische Kraft zu Hülfe zu nehmen, den Nerven einem eben so starken Strom aussetzen können, als ob gar keine Nebenleitung vorhanden wäre. Viertens darf bei Stromschwankungen keine Induction im Neben- schhessdraht stattfinden, wodurch der zeitliche "\^erlauf des Stromes ge- ändert würde, auf den in Reizversuchen so "\iel ankommt. Kann der Draht, zu grosser Länge halber, nicht gerade ausgestreckt bleiben, so ist er im Zickzack zu führen, oder ein Theil davon ist auf RoUen halb im einen, halb im anderen Sinne zu wckeln. So sind bereits wegen der Nachtheile, die auch bei anderen Versuchen aus der Induction erwachsen, die Rollen an dem Stöpselrheostat von Siemens und Halske^ gewickelt, den Hr. Moleschott, auffallenderweise ohne dieses -s^ichtigen Umstandes zu gedenken, empfiehlt,^ der aber in seiner jetzigen Gestalt für elektro- ph3^siologische Zwecke nicht wohl brauchbar ist, weil er nur aus RoUen bestellt, folgüch den Widerstand nur in Sprüngen abzustufen erlaubt. Fünftens und schliesshch scheint es nämlich wünschenswerth, dass der Widerstand der Nebenleitung zwischen den unter 2. und 3. ange- gebenen Grenzen stetig verändert werden könne. 1 Untersuchungen u. s. w. Bd. J. S. 572. - Siemens in Poggendoeff's Annalen u. s. w. 1857. Bd. CIL S. 75. Taf. I. Fig. 4. 3 Untersuchungen zui- Naturlehre des Menschen und der Tliiere. Bd. VII. 1860. S. 404; — Bd. VIII. 1861. S. 2. §. 12. Vom Rlieochord für elektrophysiologische Zwecke. 191 Die Form der Vorrichtung, der wir ])is jetzt den Yurzug schenkten, w^obei die Hauptleitung immer um ebensoviel verkürzt, wie die Neben- leitung verlängert wird, lässt aus leicht ersichtlichen Gründen die Er- füllung der dritten unter diesen Bedingungen nicht wohl zu. Ohneliin büsst für den gegenwärtigen Zweck unser Schema den Vorzug ein, den es für den Zweck elektromotorischer Kraftmessungen vor dem Poggen- DORFF'schen Schema besitzt, wobei nur die Nebenleitung verlängert värA. Hr. Pflitgee, dem ich im Begimi seiner elektrophysiologischen Forschungen das hier in Rede stehende Verfahren mittheilte, und in dessen Händen es rasch umgestaltend in die Lehre von den ßeizversuchen eingriff, ^ that deshalb wohl daran, bei dem Bau seines grösseren Rheochords zum PoGGENDOEFF'schen Schema zurückzukehren, wobei jene Bedingung leicht erfüllt wd. [123] Hr. Pflüger bestimmte die Länge eines 0-3™"' dicken Neusilberdrahtes, welcher, bei einer zehngüederigen GROVE'schen Säule in der Hauptleitung, als Xel)enleitung zum Nervenki'eise den Strom in letzterem um nur etwa ^/^ schwächt, zu etwa 14™. Er empfand übrigens das Bedüifmss, zum Zweck feiner Abstufung sehr schwacher Ströme, noch ein kleineres Rheochord zu haben. Diesem üess er ganz meine erste Einrichtung, nur dass er daran mit der Spkale, wodurch ich das eine Ende des Nervenkreises am Nebenschliessdraht verscliiebbar zu machen pflegte, den Eisendraht verband, der nur mit dem Queck- silberrohr nöthig wird; was nicht vortheühaft erscheint, da Eisen sclüechter leitet, und leichter rostet, als Messing. Ich bin, nach vielen üeberlegungen , im Verein mit Hrn. Sauer- wald, bei der Gestalt des Rheochords für elektrophysiologische Zwecke stehen gebhel^en, die Taf. H. Fig. 7 im Grundriss und, bis auf die Länge des Kastens, die etwa noch einmal so stark verkleinert ist, in Ys der natürlichen Grösse zeigt. Es liegt dieser Gestalt, wie dem grösseren PFLüGER'schen Rheochord, das PoGGENDORFF'sche Schema zu Gnmde. Die ganze Vorrichtung ist aber zu einem flachen, länglichen Kasten von nur 1178°"°^ Länge, 175«*"" Breite und 52'""' Höhe zusammen- gedrängt, so dass alle Handhabungen innerhalb der bequemen Reichweite einer sitzenden Person bleiben. Auf dem Boden dieses Kastens, den man sich umgestürzt denken muss, verlaufen, der einen langen Seite entlang, zwei Plafindrähte s a %c, s, a, IC, von • 3 """ Durchmesser und etwas über ein Meter Länge. Jeder dieser Drähte ist zwischen einem vorderen Platinsteg s, s, und einem hinteren Elfenbeinsteg o-, a, mittels eines Wirbels w, iv, ausge- 1 Untersucliungen über die Physiologie des Electrotoims. Berlin 1859. S. 121 ff. 192 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. spannt. Es schien nicht der Mühe werth den Eiufiuss zu V)erücksich- tigen, den die Spannung von Drähten auf ihren Widerstand äussert, und den hier nothwendigen Zug an den Platindrähten durch Gewichte aus- üben zu lassen. Unter den Platindrähten läuft auf einer Holzleiste von schwalhenschwanzförniigem Querschnitt ein Messingschhtten, der zwei mit Quecksilber gefüllte Röhren von polirtem Stahl trägt, durch welche die Platindrähte hindurchgehen. Man sieht diese Anordnung in Fig. 7 «, h, in halber natürlicher Grösse abgebildet, und zwar in Fig. 7 a im senk- rechten Durchschnitt auf die Axe der Eöhren, hi Fig. 7 b im seitlichen Aufriss, bis auf die auch hier im Durchschnitt dargestellte, dem Be- schauer nähere Eöhre. An dem hinteren Ende sind die [124] Köhren durch Korke verschlossen, welche von den Drähten durchbohrt werden. Vorn sind sie nach Art eines zugeblasenen Rohres gewölbt und an der Kuppe mit einer glatten Oeflhung versehen, welche die Drähte, indem sie durch sie treten, so ausfüllen, dass das Quecksilber daneben erst unter einem merklichen, auf den Kork ausgeübten Druck herausträufelt. Durch den Schütten und die ihm aufgelötheten beiden Stahli-öhren wird zwischen den sonst von einander isolirten Platindrähten eine gut leitende Brücke hergestellt, deren Widerstand nicht in Betracht kommen soll gegen den des Stückes der Drähte zwischen den Stegen s, s, und den Röhren. Steg s befindet sich an einem und demselben Messing- klotz mit der doppelten Schraubenklemme P, welche das eine Ende der Kette und des Nervenkreises aufnimmt, wie Fig. 7 zeigt. Steg s, steht durch die gleich näher zu betrachtende Leitung s, Q mit der ent- sprechenden Doppelklemme Q in Verbindung, zu der die anderen Enden der Kette und des Nervenkreises gehen. Dass die stählernen Quecksilberröhren vom nicht durch einen Kork verschlossen, sondern in eine metallene Kuppe endigen, hat zur Folge,, dass, wenn man sie mit diesen Kuppen gegen die Platinstege s, s, drückt, die Nebenleitung für den Nervenki'eis durch den Steg s, jene Röhren nebst dem Schlitten unmittelbar, den Steg s, und die Leitung s,Q ge- bildet Avird. In diesem Fall ist der Widerstand der Nebenleitung so klein, dass, wenn nicht die Kette von ungewöhnlich grosser elektromoto- rischer Kraft ist, der Nerv in seinem Kreise keine En-egung erfährt. Auf alle Fälle Avürde es stets leicht sein, diesen Zustand dadurch herbei- zuführen, dass man in die Hauptleitung einen metalüschen Widerstand aufnimmt, da für l sehr klein gegen fV und N, El .., , EX annähernd = d. h. W umgekehrt proportional Avird. Längs der Schhttenbahn ist eine 1"^ lange Milhmeterscale (Fig. 7, 0—1000) aufgeklebt. Bei der oben §. 12. Vom Kheocliord für oloktri)ph3'siologisclie Zwecke. 193 beschriebenen Stellung des Schlittens steht ein daran befindhcher Zeiger z auf dem iS'ullpunkte der Theilung. Durch Verschieben des Schlittens nach den Stegen a^C), am hinteren Ende des ßheochords kann man 2"' des Platindrahtes in die ISTebenschliessung aufnehmen. Reicht dieser Widerstand nicht [125] aus, so lässt er sich fulgendermaassen noch bis um das zwanzigfache vermehren. Die Leitung a, Q besteht aus einer Eeihe von sechs parallelepipe- dischen Messingklötzen, die auf einer Platte von Kammmasse so befestigt sind, dass sie fünf kleine Zwischenräume zwischen sich lassen. Klotz 1 hängt unmittelbar zusammen mit Steg s,, Klotz 6 trägt die Doppel- klemme Q. Die fünf Zwischenräume zwischen den Klötzen sind für gewöhnlich, wie an den Stöpselumschaltern, mit Stöpseln ausgefüllt, die Fig. 7 im Querschnitt zeigt. Ausser durch die Stöpsel stehen aber die Klötze noch im Inneren des Kastens in Verbindung durch kürzere oder längere Strecken iVTeusilberdraht , welche an der inneren Fläche des Kastenbodens in Gestalt haarnadelförmiger Oesen, wo es nötliig ist, zick- zackförmig ausgespannt sind. Diese Leitungen sind in Fig. 7, gleich der Länge des Kastens in doppelt kleinerem Maassstal3e als das Uebrige, punktirt gezeichnet. Die Drähte zwischen Klotz 1 und 2, und 2 und 3 [Ih, c) haben denselben Widerstand, wie die Platindrähte, wenn z auf 1000 '"'^ steht. Zwischen 3 und 4 beträgt der Widerstand das doppelte {Il\ zwischen 4 und 5 das fünffache [V), zwischen 5 und 6 das zehn- fache {X) von jenem. Die Stöpsel bilden, in Bezug auf die Drähte, Xebenschhessungen von verschwindendem Widerstände, welche nur ent- fernt zu werden brauchen, um den Widerstand der ^Nebenleitung um das ein-, zwei-, fünf- oder zehnfache vom Widerstände der Platindrähte zu erhöhen. ^Aus diesen Zahlen kann man von eins bis zwanzig jede beüebige Zahl zusammensetzen. Die Widerstände werden mittels der WnEATSTONE'schen Brücke ab- gestimmt. Um dies mit aller Feinheit thun, und dabei doch den Drähten die gehörige Spannung geben zu können, dass sie nicht im Inneren des Kastens lose \Yßrden und mit einander in Berührung gerathen, wird folgendermaassen verfahren. Das eine Ende des abzupassenden Drahtes ist bereits an den zu seiner Aufnahme bestimmten, von oben in's Innere des Kastens herabragenden Fortsatz des einen Messingklotzes gelöthet; das andere ist an dem entsprechenden Fortsatze des benachbarten Klotzes vorläufig unter einer lose angeschranliten Platte mit Reibung verschieb- bar. Biegt der Draht von Ivlotz zu Klotz nur in einer Oese um, \\äe es der Fall ist für Ib, I c, II, so wird die Oese in che Hohlkehle eines Elfenl)einscheibchens gelegt, das [126] excentrisch an einem Wirbel sitzt (Fig. 7, 7 a). Der Wh'bel wird so in den Boden eingedreht, dass der E. du Bois-Reymond, Ges. Abh. I. j.^ 194 VIII. Besclii-eibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. Widerstand schon nngefähr der verlangte, nnr etwas kleiner ist; durch das Drehen der exceutrischen Scheibe wird er dann auf das richtige Maass gebracht, Avährend zugleich der Draht die geeignete Spannung erhält. Steht die Nadel des Galvanoskops in der Brücke auf XuR ein, so wii-d auch das zweite Ende des Drahtes festgeschraubt und verlöthet. Hat der Draht zickzackförmig hin und her zu laufen, \ne es für die Widerstände V und X nötliig wird, so geschieht nur die letzte Biegung um eine excentrische Scheibe, die übrigen um Pflöcke, wie man in Fig. 7 unterscheidet. Zum Gesammtwiderstande des von Hrn. PFLiJGER beschriebenen grösseren Kheochords verhält sich der des unsrigen etwa wie 1 : 0-6.^ Die \ier ersten oben gestellten Bedingungen erfüllt also unsere Ein- richtung vollständig genug, um es zunächst dabei bewenden zu lassen. Was aber die fünfte Bedingung betrifil, so ist diese dabei allerdings zum Theil aufgegeben. Man kann zwar an unserem Kheochord den Wider- stand innerhalb eines Zwanzigtels seines Gesammtwerthes stetig erhöhen, und, im Gegensatz zum Rheostat von Siemens und Halske, jeden ver- langten Widerstand so genau herstellen, wie die mechanische Vollkommen- heit der Vorrichtung es gestattet ; grössere Veränderungen jedoch kann man, wie an diesem Rheostat, auch nm- in Sprüngen bewirken. Darin steht unser Rheochord dem grösseren PFLÜGER'schen nach. Dies enthält vier Paar Drähte, entsprechend unseren Platindrähten, deren jedes einen federnden Schieber besitzt. Man kann also dort, wenn die Länge eines oder mehrerer Drahtpaare nicht ausreicht, den Widerstand um ein be- liebiges Stück des nächsten Paares erhöhen, und so ihn stetig von Null bis zur äussersten Grenze steigern. Will man dagegen an unserem Rheochord den Widerstand über ein Vielfaches des Widerstandes der Platindrähte hinaus um einen Bruchtheil dieses Widerstandes vermehren, so niuss [127] man jedesmal erst wieder den Widerstand durch Zurück- führen des Schüttens auf Null um eine Einheit vermindern, und ausser- dem die passenden Veränderungen vornehmen, bei denen manchmal der Strom im Nervenkreise ganz aufhört. Bin ich z. B. beim Widerstand 5, zusammengesetzt aus den beiden Platindrähten {1 a), Neusilberdraht I b, Ic und IIj angelangt, und er reicht nicht aus, so muss ich zuerst den Schütten auf Null stellen und die drei Stöpsel Ib. I c und // ein- setzen, dann erst den Stöpsel V entfernen, und nun noch den Schlitten 1 Der Widerstand meines Rheochords ist seitdem von Hrn. Dr. Joh. Ranke in meinem Laboratorium zu 1-03 Meilen Telegraphendraht, die Meile zu 64 Sie- MENs'schen Widerstandseinheiten (Poggendorff's Annaleu u. s. w. 1860. Bd. CX. S. 1), bestimmt -worden (Ranke, Der galvanische Leitungs-Widerstaud des lebenden Muskels. Ausbach 1862. S. 19). (Nachträgliche Anmerkung [1862].) §. 12. Vom Rheochord für elektrophysiologisclie Zwecke. 195 um die erforderliche Grösse verschieben. Unstreitig ist dies an und für sich ein Mangel. Auch geht dabei Zeit verloren. Inzmschen hat sich beim Gebrauch noch kein ernstlicher Nachtheil als Folge hiervon heraus- gestellt, während unser Eheochord andererseits seine werthvoUsten Eigen- schaften gerade der Einrichtung verdankt, worauf jener Mangel beruht. Sobald allein durch Verschiebung jeder behebige Widerstand zwischen Null und der Gesammtlänge des Eheochords hergestellt werden soll, bleibt nichts übrig, als die Anordnung, bei der jene GesammtLänge in eine Anzahl gleiclilanger gerade ausgestreckter Drahtpaare abgetheilt wird, deren jedes seine verschiebbare Brücke hat, und damit steht man, Avenn es sich um die feinere technische Ausführung handelt, vor einer Eeihe von Schwierigkeiten. Die bewegliche Brücke macht für jedes Paar Drähte eine Schütten))ahn nebst Scale nöthig. Wählt man als Brücke federnde Schieber, so kann man Neusilberdraht anwenden, allein dann muss der Draht stark genug sein um einige Zerrung und Abnützung •auszuhalten, und das Instrument wird sehr umfangreich. Wählt man Quecksilberröhren, wie sie an unserem Eheochord als Brücke zwischen dem einen Paar Platindrähten angebracht sind, so ist man auf Eisen- oder Platindraht beschränkt. Jener rostet zu leicht, • dieser ist kostspiehg und wenig haltbar. Beide leiten im Vergleich mit dem Neusilber so gut, dass, wenn man sie nicht übermässig fein nimmt, abermals der Umfang der Vonichtung ein zu grosser sein wird. Der Preis Avird fast in gleichem Verhältniss mit der Zahl der beweglich überbrückten Draht- paare wachsen u. s. w. Diese Schwierigkeiten sind au unserem Eheochord dadurch umgangen, dass, wie man an Messinstrumenten, Mikroskopen u. d. m. eine grobe und eine feine Einstellung hat, nur ein kleiner Theil des Nebenschliess- drahtes [128] dazu bestimmt ist, eine feine Abstufung seiner Länge zu gestatten. \ Auf diese kurze Strecke und deren Einrichtung hat alle Sorgfalt verwendet werden können, und hier war, als Substanz der Drähte, Platin an seinem Platze. Der bei weitem grösste Theil des Nebenscliliess- drahtes dagegen durfte , da er keine andere Bedingung zu erfüllen hat als die einen grossen Widerstand darzubieten, und im Inneren des Kastens vor jeder Zerrung geborgen werden kann, aus Neusilber und behebig fein genommen werden, um so das Instrument zu verkleinern. Daher dieses l)ei gleicher Leistung handhcher, einfacher, wohlfeiler mid dauer- hafter nicht leicht möchte herzustellen sein, und dessen Gebrauch aus 1 Ein ähnliclier Kunstgriff ist schon von Hrn. Wiedemann beschrieben worden. Togöendorff's Annalen u. s. w. 1856. Bd. XCIX. S. 226. Anm. 13* 196 VIII. BeschreiLuug einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. den plij'siolügischen Lal)oraturieii sich sogar schon in die der Phj^siker auszubreiten beginnt. Die Platindrähte erleiden von der glatten Mündung der Quecksilber- riihren keinen Schaden. Nur ganz in der Nähe der Stege s, s, sind sie bedroht, weil sie hier am meisten gebraucht werden, und sich eine Ab- weichung der Axe der Quecksilberröhren von der Gleichgewichtslage der gespannten Drähte hier am meisten fühlbar macht. Vor Verletzungen sind die Platindrähte durch ein darüber angebrachtes Dach geschützt, welches gleichwohl den Schlitten zu versclüeben und dessen Stellung ab- zulesen erlaubt. In Fig. 7 ist das Dach fortgelassen; man erkennt es aber in Fig. 7 a und b. Die kleinen Schwankungen im Widerstände der Strecke s, Q in Folge verschiedenen Einsetzens der Stöpsel könnten beim Gebrauch des Rheochords zu physikahscheu Zwecken vielleicht Bedenken erregen. Diesem Uebelstande wird durch eine in einen Stöpsel auslaufende Doppel- klemme abgeholfen. Indem man diese Stöpselklenime statt des ersten Stöpsels braucht, den man, vom Widerstände Null an gerechnet, sonst eingesteckt haben würde, erreicht man, dass ausser ihr und den Queck- silberröhren in der l)enutzteu Strecke des Rheochords keine anderen als feste Verl)indungen vorkommen. [129] §. Xm. Vun einem beim Gebrauch des Rheochords in Reizversuchen zu beachtenden imstande. Beim Gebrauch des Rheochords in Reizversuchen niuss man auf eine besondere Erscheinung vorbereitet sein, welche sonst leicht Täu- schungen veranlassen kann. Man denke sich in die Hauptleitung und in den Nervenkreis Schlüssel eingeschaltet, durch deren Schliessung und OefFnung der Strom- zweig im Nervenkreise hergestellt und unterbrochen werden kann. Nach den OHM'schen Grundsätzen muss es, um Zuckung zu erhalten, ganz gleichgültig sein, wo man die Kette schliesst und öffnet, in der Haupt- leitung oder im Nervenkreise, da in beiden Fällen die beständige Strom- stärke, die im Nervenkreise hergestellt und aufgeholien wii-d, dieselbe ist. Als ich vor mehreren Jahren den "Versuch einmal anstellte, ward ich überrascht, diese scheinbar so unbestreitbare Folgerung keinesweges be- stätigt zu finden. Vielmehr musste ich, um z. B. beim Schliessen und Oeffnen des Nervenkreises Zuckung zu erhalten, der Nebenleitung eine viel grössere Länge geben, als beim Schliessen und Oeffnen der Haupt- leitung. Mit anderen Worten, ich musste, um gleiche EiTegung des Nerven zu bewirken, mittels des Schlüssels im Nervenkreise in diesem §. 13. Vorsicht beim Gebrauch des Rheochords iu Keizversuchen. 197 Kreise eine viel grössere Stromstärke herstellen oder vernichten, als die- jenige, deren Herstellnng oder Vernichtung ausreichte, wenn ich niich des Schlüssels in der Hauptleitung l)ediente. Der Unterschied, um den es sich handelt, war ein sehr beträchtücher. Als Xehenschüessdraht ])e- nutzte ich eine Eisensaite von • 8 "™ Durchmesser und etwa 2 "' Länge, als Kette eine DANiELL'sche von mittlerer Grösse. Schloss und öffnete ich die Hauptleitung, so erfolgte Zuckung schon bei wenigen Centimetern Länge der Nebenleitung, während manchmal die ganze Länge des Neben- schhessdrahtes nicht ausreichte, um beim Schüessen und Oeffnen des Nervenkreises Zuckung zu erlangen. Bei unmittelbarer Erregung der Muskeln zeigte sich derselbe L^'nterschied zwischen absolut höheren Gi-renzen. Mein erster Gedanke war, dieser Unterschied läge an den Schlüsseln, aber theils indem ich die Schlüssel mit einander vertauschte, theils in- dem ich mittels einer geeigneten Schaltung einen und denselben Schlüssel abwechsehid in Xervenkreis und Hauptleitung brachte, überzeugte ich mich von dem üugrunde dieser Yermuthung. Ebensowenig konnte die Erwär- [130] mung des Nebenschliessdrahtes die Ursache des Unter- schiedes sein, da diese vielmehr im entgegengesetzten Sinne wirkt. Wird die Hauptleitung vor dem Nen-enkreise geschlossen, so ist der Neben- schliessdi-aht wänner und schlechter leitend, und folglich, wie die Kech- nung lehrt, der Stromzweig im Xervenkreise stärker. Auch an Polari- sation in der Kette war nicht zu denken, wodurch allerdings die Strom- stärke bei geschlossener Hauptleitung vor dem Schüessen des Nerven- kreises vermindert worden wäre, denn die Erscheinung zeigte sich auch mit einer GEOVE'schen Kette im Ijesten Zustande. Dagegen ergab es sich bei weiterer Uel)erlegmig, dass es die Polarisation an den Platin- blechen der anfängüch zur Erregung benutzten stromzuführenden Vor- richtung war, worauf jener Unterschied beruhte. In der That wird letzterer unmerklich, sobald man die Platinbleche durch unpolarish'bare Elektroden aus verquicktem Zink in Zinklösung ersetzt, ja er kehrt sich sogar zuweilen um, so dass der Schlüssel im Nervenkreise etwas stärkere EiTegung giebt, als der in der Hauptleitung. Bringt man aber in den Nervenkreis ein Platinelektrodenpaar in verdünnter Schwefelsäure, so ist der L^nterschied wieder ^ne gewöhnlich da. Hiernach erklärt, sich die Sache folgendermaassen. SchUesst man die Hauptleitung nach dem Nervenkreise, so bricht in letzteren der Zweigstrom in seiner vollen, durch das Verhältniss der Widerstände bedingten Grösse ein. Oeffnet man die Hauptleitung, so hört hn Nervenkreise freiüch nur der durch die Polarisation auf das Aeusserste q-eschwächte Strom auf. xillein ihm folgt auf dem Fusse, da 198 VIII. Besckreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. ihm die Bahn der Xebenleitung* offen steht, der Pularisationsstrom im iimgekehrteu Sinne, dem im ersten Augeubhcke ungefähr die Stärke des primären zukommt, und der also in hohem Grade befähigt ist Zuckung zu bewirken. Im Polarisationsstrome gleichen sich im Nu die Ladungen zum grössten Theile ab, so dass, wenn man den Schlüssel in der Haupt- leitung wieder schliesst, dasselbe Spiel von vorn beginnt. Schliesst man dagegen den Nervenkreis nach der Hauptleitung, so Amd das erste Mal freilich die Stromstärke die nämliche sein wie beim Schliessen der Hauptleitung nach dem Nen^enkreise. Weil aber beim Oeffnen des Nervenkreises den sich alsbald entwickelnden Ladungen die Gelegenheit zur Abgleichung genommen wird, so bleibt erstens die Oeff- nung selber vergleichsweise wii'kungslos , zweitens wird auch für eine binnen nicht allzu- [131] langer Frist darauf folgende Schüessung die Stromstärke nicht wieder hergestellt. Dass die Polarisation hier im Stande ist, einen so bedeutenden Unterschied zu bewirken, wird verständüch aus der grossen absoluten Schwäche der Ströme, die bereits das Maximum der Zuckung herbeiführen, im Verein mit dem bekannten Gesetze, wonach die Polarisation mit Zeit und Stromstärke wächst. Es handelt sich also, damit Alles klar sei, nur noch um den Nachweis, dass, bei vollkommener Gleichartigkeit der Platinelektroden, wirküch die Schüessungszuckung vom Schlüssel im Nervenkreise aus bei derselben Länge der Nebenleitung auftrete, wie die vom Schlüssel in der Hauptleitung aus. Dieser Nachweis gehngt, wenn man die Beobachtung darauf richtet, denn auch leicht; weil aber vom Schlüssel im Nervenkreise aus nur eben die erste Schliessungszuckimg erfolgt und dann meistens keine wieder, so erhält man bei der ersten rohen Untersuchung den Eindruck jener ungeheuren L^eberlegenheit der Reizung vom Schlüssel in der Hauptleitung aus. Es geht hieraus die Weisung hervor, wenn man es nicht vermeiden kann, sich bei Reizversuchen am Rheochord polarisii-barer Elektroden zu bedienen, erstens, die Schliessung und Oeffnung im Nerveukreise vorzu- nehmen, um mcht Täuschungen durch den Polarisationsstrom ausgesetzt zu sein, zweitens, unter keinen Umständen die Erscheinungen beim Schliessen und Oeffnen des Nervenkreises mit denen beim Schhessen und Oeffnen der Hauptleitung in Vergleich zu bringen. §. XIV. Vom Schwankungsrheochord, einer Vorrichtung zum Erweise des allgemeinen Gesetzes der Nervenerregung durch den Strom. ]\Iit wie grosser Wahrscheinlichkeit das von mir sogenannte allge- meine Gesetz der Nervenerregung durch den Strom aus der Gesammtheit §. 14. Vom Scliwankungsrheochord. 199 der Thatsachen hei'Yorging, die ich im ersten Bande meiner 'Unter- suchungen'^ dafür beibrachte, so hatte ich es doch an einem ganz un- mittelbaren Beweise dafür fehlen lassen. In der That gebrach es mir zu jener Zeit an [132] einem Mittel, um eine positive oder negative Stromschwankung von passender Grösse und nach Wülkür zu beheiT- schender Geschwindigkeit heiTorzubringen. Zwar erschien mir schon damals die Ein- oder Ausschaltung von "Widerständen nicht als das einzige brauchbare Mittel zur Veränderang der Stromstärke. Vielmehr übersah ich vollkommen, wie durch Verlängerung oder Verkürzung einer ISTebenleitung sich die Stromstärke im Kervenkreise in ausreichende, und unter Umständen jenen Längenveränderungen proportionale Schwankungen versetzen lasse. ^ Was mich aber verhinderte, diesem Gedanken Folge zu geben, war erstens, dass ich mir auch sogleich vorsetzte, die Ver- längerung der Xebenleitung mit gleicliförmiger Geschwindigkeit zu be- AAlrken, zum Zweck, eine hneare Stromschwankung und damit ein wichtiges Hülfsmittel zur Zerghederung des Erregungsvorganges zu ge- mnnen; zweitens, dass mir ein Kunstgriff abging, um einen Draht an einem anderen sicher vor Trennung und doch mit hinreichender Ge- schwindigkeit zu verschieben, wozu ich Eollen, federnde Schieber u. d. m. nicht für ausreichend hielt. Ein solcher Kunstgriff scheint nunmehr durch Hrn. XEUMAi^N's bewegliche Quecksilberverbindung geboten zu sein, und wenn man von der gleichförmigen Geschwindigkeit der Ver- schiebung absieht, und nicht unvorhergesehene Hindernisse dazwischen treten, müsste es glücken, den damaÜgen Plan zu verwirklichen. Dies habe ich jetzt mit HiUfe folgender Vorrichtung versucht, die ich das Schwankungsrheochord nenne. Eig. 8. Taf. U zeigt diesen Apparat, \Aie ihn Hr. Sauekw^ald nach meiner Angabe gebaut hat, im Gruudiiss und in halber natürlicher Grösse, Eig. 8 a einen Theil davon im seit- üchen Aufriss und in ^/^ der natürhchen Grösse. Ein eichenes Grundbrett trägt zwei messingene "Winkelstücke O und U, zwischen denen als Xebenschliessdraht eine 0-2™™ dicke Eisensaite 71 s ausgespannt ist. Daran verschiebt sich das stählerne Quecksilben'ohr Q R, dessen Deckel R abzuschrauben geht. Die Oeffnungen für den Xebenschhess- draht an beiden Enden des Eohres sind mit Kork gefüttert. Um das ßohr zu füllen, wii-d das Grundbrett aufgerichtet, so dass das Ende Q des QuecksilbeiTohres nach unten sieht. Es -uird so viel Quecksilber ein- gefüllt, dass [133] es beim Aufschrauben des Deckels R aus den capillaren 1 A. a. 0. S. 262—272. 2 A. a. 0. S. 272. 273, Anm. 200 VUI. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. Oeffuimgeu spritzt. Da beim Gebrauch Quecksilber verloren geht, muss von Zeit zu Zeit welches nachgefüllt werden. Das Quecksilberrohr gleitet auf einem Schlitten zweien stählemen Führungsdrähten f d, f, d, entlang, (üe jederseits vom Xebenschhessdraht und ihm parallel zwischen den Winkelstücken ausgespannt sind. An der unteren Fläche des Schüttens ist isolirt ein doppelter Sperrhaken an- gebracht, dem von jedem der Winkelstücke aus ein ähnlicher federnder Haken begegnet. Letzterer greift, wie Fig. 8 a zeigt, in den entsprechen- den Haken am Schlitten ein, bei der Stellung, wobei die Kuppe des Quecksilberrolu-es gerade das Winkelstück berührt, und verhindert als- dann den Schütten, sich vom Winkelstück zu entfernen. An jedem Winkelstücke kann mittels eines Stechers o, a, der federnde Haken nieder- gedrückt, und dadurch der Schütten freigegeben werden. Die Bewegung des Schlittens zum Zweck der Stromschwankung er- folgt stets in der Richtung des Pfeiles von O, dem oberen, zu U, dem unteren Winkelstück, oder, wie Avir jetzt sagen wollen, Anschlag. Sie kommt zu Stande durch die Zusammenziehung des vorher ausge- dehnten Kautschukschlauches KS, der durch eine um zwei RoUeu laufende Darmsaite am Schlitten zieht. Die Elasticität ist der Schwere als Triebkraft vorgezogen worden, weil es auf die absolute Bestäncügkeit, welche die Schwere auszeichnet, hier nicht so sehr ankam, während, um dm-ch die Schwere eine solche Geschmndigkeit zu erzeugen, wie sie hier gebraucht wd, die Vorrichtung zu "umfangreich hätte werden müssen. Auch die Führung der Darmsaite um die Rollen hat zum Zweck, den Umfang der Yomchtung, der selbst beim Grebrauch der Federkraft zu gross zu werden drohte, zu vermindern. Das Ende S des Schlauches kann mittels einer starken, in einem Schlitze des Grundbrettes verscliiebbaren Schraube in passender Ent- fernung vom oberen Anschlage, der Bahn des Zuges entlang gemessen, festgestellt werden. Die Spannung des Schlauches mrd be\nrlvt., indem man den Sclilitten nach dem oberen Anschlag führt, wo er durch den entsprechenden Haken festgehalten wird. Drückt man auf den Stecher, so fliegt der Schütten die Bahn des Nebenschüessdrahtes und der Füh- rungsdrähte hinal), je nach der Spannung des Sclüauches mit grösserer oder geringerer Ge- [134] schwindigkeit. Ueberschreitet diese eine ge- wisse Grenze, so mrd der Schlitten vom Haken am unteren Anschlage eingefangen, so dass er dem Anschlage gleich fest anüegt. Jene Grenze wird beiläufig schon erreicht, wenn auch der Schlauch ziemüch früh auf- hört dem Schütten Geschwindigkeit niitzutheilen , so dass die übrige Bahn nur kraft der Trägheit durchlaufen wird. Die Verschiebung des Schüttens von Anschlag zu Anschlag beträgt 300""". Der Rhig r r,, in §. 14. Vom Schwankungsrheochord. 201 welchem der Kautschuksclilaucli lose spielt, dient dazu, das Schleudern des freien Endes des Sclüauches während seiner Zusammenziehung zu verliindern. Der Schütten ist durch einen sehr dünnen besponnenen Kupferdraht, wie er zu thierisch-elelvtrischen Multiplicatoren dient, mit einer festen Klemmschraube auf dem Grundijrett leitend verbunden, worunter seine Beweglichkeit gar nicht leidet (vergi. oben S. 180. Anm.). Endüch an jedem der Anschläge ist zu einem gleich zu erwähnenden Zweck ein starker Kupferbolzen b, b, angelöthet. Fig. 12 ist bestimmt, den Stromlauf in den Versuchen init dem Schwankungsrheochord, und zwar zunächst in dem Falle zu versinnüchen, wo positive Schwankung stattfinden soll. SR ist schematisirt dies Rheochord, HR dagegen ein gewöhnliches ßheochord, welches liier das Hülfsrheochord genannt wird, KR ein zweites solches Rheochord, das Kettenrheochord. Die Kette (einen Grove) und das Xervenmuskel- präparat erkennt man leicht. Letzteres ist in dem feuchten Räume des PrLüGER'schen Mj^ographions aufgestellt, wo ihm der Strom durch ein Paar meiner unpolarisirbaren Zuleitungsröhren mit Thonspitzen zugeführt wird. Im Nervenkreis hat man sich noch einen Stromwender einge- schaltet zu denken. Die eine Klemme des Hülfsrheochords a ist mit dem Bolzen b, am oberen Anschlag verbunden. Steht der Schieber ^ des Hülfsrheochords auf NuU, und der Schlitten am oberen Ansclilage, so versch\viudet die Stromdichte im Nerven, da die Nebenleitimg nur ver- [135] schwindende Widerstände, den olieren Anschlag in Berührang 202 VIII. Beschreibmig einiger Yorriehtung'en und Versuchsweisen u. s. w. mit dem Quecksilberruhr, den Kiipferbulzen, die durch den Schieber und die Stöpsel verbundene Reihe der Messingklötze des Hülfsrheochords bis zu dessen zweiter Klemme ß, enthält. Wird also jetzt der Schlitten in der Richtung des Pfeiles losgelassen, so erfolgt eine A^on Null anhebende positive Stromschwankung, nach welcher der Strom im Nervenkreise die Stärke behält, die durch den Widerstand des Nebenschliessdrahtes be- dingt ist. Yon dem Schliessen einer Kette, wodurch dieselbe Strom- dichte im Nerven erzeugt würde, unterscheidet sich der Vorgang nur durch die grössere Langsamkeit, mit der jener Grenz werth en-eicht wd, imd das abweichende, liier durch die Geschwindigkeit des Schlittens an den verschiedenen Punkten seiner Bahn bedingte Gesetz, wonach das Ansteigen des Stromes erfolgt. Es handelt sich also, damit unser Plan verwirkhcht sei, noch darum, dass die Stromschwankung nicht von Null, sondern von einer behebigen bereits im NeiTen vorhandenen Stromdichte ausgehe. Dies geschieht einfach dadurch, dass der Widerstand des Hülfs- rheochords entfaltet wird. Um statt einer positiven eine negative Stromschwankung zu erhalten, ist nichts nötliig, als die beiden Verbindungen a und y mit einander zu vertauschen. Der obere Anschlag wird durch das Kettenrheochord mit der Kette, der untere durch seinen Kupferbolzen b mit der Klemme cc des Hülfsrheochords verbunden. Steht der Schieber des Hülfsrheochords auf Null, so hebt jetzt die Schwankung bei der Stromstärke an, die dem Widerstände des Nebenschüessdrahtes entspricht, und diese Stromstärke wird durch die Schwankung auf Null gebracht. Die negative Schwankung ist in 1 diesem Falle der Oeffnung einer Kette zu vergleichen, die in dem Nerven die gleiche Stromdichte unterhielte, nur dass die Dichte lang- samer und nach einem anderen Gesetze sinkt. Entfaltet man aber den W'iderstand des Hülfsrheochords, so lässt die negative Schwankung eine immer grössere Stromdichte im NeiTen bestehen, sie beträgt von der ge- sammten Stromdichte einen immer kleinereu Bruchtheil. Man kann also dergestalt eine Stromschwankung von A'erschiedener Geschwindigkeit zwischen denselben Grenzen, und indem man, was leicht zu machen ist, die Entfernung der Anschläge verändert, auch zwischen verschiedenen Grenzen hervorbringen. Aber es bietet sich uns hier zu- gleich die Gelegenheit zm* Behandlung noch einer Aufgabe dar, die ich gleiclifalls [136] damals gestellt, aber nicht zu lösen gewusst hatte, der nämhch zu bestimmen, welchen Einfluss auf die Grösse der durch eine gegebene Stromschwankung bewirkten Erregung die absolute Höhe der Ordinaten übt, zwischen denen die Schwankung stattfindet; oder mit anderen Worten, ob die Grösse der Erregung, welche durch eine Ver- änderung der Stromdichte bewirkt wird, auch noch Function dieser §. 14. Vom Schwankungsrlieochord. 203 Stromdichte selber ist. und wenn sie davon abhängt, ob sie mit wachsen- der Stromdichte steigt oder fallt. Ich begnügte, mich zur Zeit damit, die Frage dergestalt in's Licht zu stellen, die verschiedenen sich dar- bietenden Möghchkeiten zu erwägen und die Unzulänglichkeit der bereits vorhandenen, darauf bezüglichen Versuche darzuthun.^ Diese Frage ist seitdem von Hrn. Eckhaed und von Hrn. Pflüger bearbeitet worden. Hr. Eckhaed hat den guten Gedanken gehabt, die congruente Stromschwanlvung bei verschiedener bereits im Xerven herr- schender Stromdichte dadurch zu erzeugen, dass er die Nebenrolle einer Inductionsvorrichtung in den Kreis aufnahm.- Da ich aber damals noch nicht die Aufmerksamkeit der Elektrophysiologen auf das Eheochord ge- lenkt hatte, so fehlte ilim ein einfaches Mittel, die beständige Stromdichte im Nerven alizustufen, ohne den Widerstand des Kreises merklich zu verändern. Er half sich, indem er die Hälfte der Säulenglieder in um- gekehrter Richtung in den Kreis brachte, und gelangte so zu dem an und für sich wichtigen Ergebniss, dass bei grösserer absoluter Höhe der Ordinaten die nämliche Stromschwankung weniger stark eiTegt. Hr. PflüCtEe, der mit dem Rheochord ausgerüstet den Gegenstand aufnahm, änderte Hrn. Eckhaed's Versuchsweise, dem er bei dieser Gelegenheit,^ wie mir scheint, nicht volle Gerechtigkeit widerfahren lässt, dahin ab, dass er die Nebenrolle der Inductionsvorrichtung in den Nerven- kreis des Rheochords brachte. Es gelang ihm nachzuweisen, dass die Erregung durch eine sich gleichbleibende Stromschwankung in Bezug auf die absolute Stromdichte ein Maximum hat. Wählt man eine solche Stromschwankung, dass sie bei der Stromdichte Null im Nerven keine Zuckung l3ewirkt, so erhält man Zuckung durch dieselbe Stromschwankung, wenn [137] die Stromdichte eine gewisse Grösse erreicht; bei grösserer Stromdichte verschwindet wieder die Zuckung. Dies Ergebniss erklärt Hr. PflItger daraus, dass der Indifferenz- punkt, der nach seiner grossen Entdeckung die intrapolare Strecke in eine Strecke erhöhter und eine solche herabgesetzter Erregbarkeit scheidet, mit wachsender Stromdichte von der Anode zur Kathode wandert, so dass fast die ganze intrapolare Strecke sich bei geringer Stromdichte im Zu- stand erhöhter, bei grosser in dem herabgesetzter EiTegbarkeit, befindet. Die totale Erregbarkeit der intrapolaren Strecke, d. h. nach Hrn. Pflitger der Integralwerth der Erregl}arkeiten sämmtlicher Längendifferentiale jener 1 Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 293 ff. 2 Beiträge zur Anatomie und Physiologie. Giessen 1858. 4. S. 28. 3 Untersuchungen über die Physiologie des Electrotonus. Berlin 1859. S. 24. 394. 204 VIII. Besehreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. \v. Strecke, hat somit ein Maximum in Bezug auf die Stromdiclite, welchem ein Maximum der Erregung entspricht.^ Unstreitig reicht diese Erklärung aus; man kann jedoch bezweifeln, dass damit die Erscheinung erschöpfend zergliedert sei.- Die Erregnng, für die uns die Zuckung ein ungefähres Maass ahgiebt, ist um so grösser, je grösser die Erregbarkeit und je grösser der Keiz. Ich hatte mir, als ich die obige Frage stellte, ersteren Factor beständig gedacht. Wir -bissen jetzt durch Hrn. Pplüger, dass er in der l)eschriebenen Art Function der Strömdichte ist. Er erweist sich als solcher auch bei Anwendung von Reizen, die, wie der der Kochsalzlösung, unabhängig von der Strom- dichte sind. Es liegt also noch immer die Möglichkeit vor, dass, wenn man mit einer congTuenten Stromschwankung bei verschiedener Strom- dichte reizt, sich, ausser der Erregbarkeit, auch noch der Reiz, oder die Anregung zur Bewegung, die in dem TJebergang von der einen Strom- dichte zur anderen in gegebener Zeit liegt, nach irgend einem Gesetze ändere. Der Erfolg könnte dabei der beobachtete sein, wenn nur die Veränderung des Reizes nicht im umgekehrten Sinne von der der Erreg- barkeit stattfände und überdies gewisse Grenzen überschritte. Hrn. Pflii- ger's unschätzbare Versuche scheinen freihch experimentell die von mir gestellte Frage zu erledigen. Weit entfernt indess sie beantwortet zu haben, zeigen diese Versuche meiner Meinung nach Aielmehr, dass die Frage so nicht zu beantworten sei, weil der andere Factor der Erregung, die Erregbarkeit, bei wachsender Stromdichte nicht beständig bleibe. Um jetzt auch noch die Abhängigkeit des Reizes von der [138] Stromdichte auszumitteln , müsste man untersuchen, oh z. B. die Erhöhung der Er- regl)arkeit, die man bei einer gewissen Stromdichte beobachtet, für den elelrtrischen Reiz ebenso gross ausfalle, wie für Reize, die der Natur der Dinge nach \on der Stromdichte unabhängig sind, also für den mecha- nischen oder chemischen Reiz. Gelänge es nachzuweisen, dass für eine positive Schwankung, während welcher die totale Erregbarkeit noch ge- steigert ^nirde, eine geringere scheinbare Erhöhung der Erregbarkeit stattfände, als für den mechanischen oder chemischen Reiz, so wäre der Schluss gerechtfertigt, dass durch die congruente Stromschwankung zwischen höheren Ordinaten ehie geringere Anregung zur Bewegung gesetzt sei, als durch die zwischen niederen. Ich begnüge mich damit, den allge- meinen Plan der hier noch offenen Untersuchung anzudeuten, deren Ausführbarkeit ich übrigens dahingestellt sein lasse. Am wenigsten machen die folgenden Versuche mit dem Schwankungs- rheochord Anspruch darauf, diese Angelegenheit zu fördern. Es hat 1 A. a. O. S. 397. §. 14. Vom Sc-hwankungsrheochord. 205 zwar, wie bemerkt, keine Schwierigkeit, ihnen eine Gestalt zu geben,, wobei sie so gut, ja in gemsser Beziehung besser als die PFLüGER'schen Versuche, zur Beantwortung der Frage nach dem Einfluss der Strom- dichte auf die Erregung durch congruente Stromschwankungen geeignet scheinen. Dazu ist nur uöthig, dass die Schwankung bei verschiedener Höhe der Ordinaten, zwischen welchen sie stattfindet, dieselbe absolute Grösse behalte; was dann zutrifft, wenn der Widerstand der Nebenleitung, d. h. des Nebenschliessdrahtes und des Hülfsrheochords, verschwindet gegen den der beiden anderen Leitungen: des Nervenkreises, was von selber der Fall sein wird, und des Kettenkreises, was mit Hülfe des Kettem'heochords, nöthigenfalls noch anderer Widerstände, auch stets _ leicht zu bewirken sein wird. Der Vorzug unserer Versuchsweise vor der durch Hrn. Pflüger vervollkommneten EcKHAED'schen könnte aber darin erblickt werden, dass, während es sich dort stets um eine positive und eine negative Schwankung zugleich handelt, mr im Stande sind, nach Belieben nur eine positive, oder mir eine negative Schwankung zu er- zeugen, von denen erstere die Stromdichte erhöht, letztere sie erniedrigt zurücklässt; was ein Hülfsmittel mehr zur Zergüederung der Erscheinungen abgiebt. Inzwischen hat das Schwankungsrheochord die Hoffnungen, die ich darauf setzte, bisher nicht erfüllt. Die Versuche daran sind von eigen- [139] thümüchen Schwierigkeiten umgeben, die zu überwinden mir erst zum Theil gelungen ist. Es zeigt sich nämlich der unerwartete Umstand, dass sehr leicht Zuckungen entstehen, wenn bei geschlossener Kette der Schlitten irgend- wo am Nebenschliessdraht steht und plötzlich mit den Führungsdrähten in schwingende Erschütterung versetzt wird. Durch diese Erschüt- terungszuckungen, wie wir sie nennen wollen, verlieren solche Zuckungen, die man etwa bei schneller Verschiebung des Schlittens zu sehen bekäme, vorläufig jede Bedeutung, und unsere Sorge muss vor Allem dahin gehen, den Erschütterungszuckungen ein Ende zu machen. Offenbar können diese in nichts ihren Grund haben, als in einer raschen Veränderung des Widerstandes zwischen dem Quecksilber einer- seits, andererseits dem Nebenschhessdraht und der Wand des Quecksilber- rohres; obschon dies dabei von Quecksilber strotzen kann, und obschon man glauben sollte, jener Widerstand, mithin auch dessen Schwankungen, müssten vor dem des Nervenkreises verschwinden. Auch weiss ich nicht mit Bestimmtheit zu sagen, wie diese Schwankungen zu Stande k(nnmen. Ich kann nur daran erinnern, dass Hr. Siemens zmschen eisernen C3^ün- dern, die er in Quecksilber tauchte, und letzterem, einen sehr grossen Widerstand gefunden hat, der wahrscheinlich auf ehier an der Ober- 206 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. fläche der festen Metalle cuudensii'teu Gasscliiclit beruhte, da er besonders stark war, wenn die Cy linder nach der ßeinigimg noch einige Zeit an der Luft gelegen hatten;^ und ich stelle mir- vor, dass in unserem Falle eine ähnliche, Eisen und Quecksüber von einander trennende Gasschicht im AugenbMck der Erschütterung sehr schnell durchln-ochen Avird und wieder zusammenfliesst. Wie dem auch sei, ein sicheres Mttel, die Erschütterungszuckungen 2U beseitigen, wäre gewesen, den Widerstand des Xervenkreises so lange zu erhöhen, bis der Widerstand, auf dessen Schwankung sie beruhen, wirklich dagegen verschwände. Leider musste alsdann, bei der Kürze des XebenschUessdrahtes, um noch hinlängliche Stromdichte im Nerven zu erhalten, in jenem Draht eine solche Stromstärke hergestellt werden, dass er fast erglühte. Es scliien mir beiläufig, als ob die Erwärmung des Drahtes an und [140] für sich eine Verminderung der Erschütterungs- zuckungen zur Folge hatte. Die Berührungsfläche von Draht und Queck- süber schien danach der vorzüghchste Sitz des störenden Vorganges zu sein. Ich versuchte deshalb, den Draht vor den Versuchen mit feinem Schmirgelpapier zu pohren, und in der That fand sich, dass danach die Erschütterungszuckungen fast ganz verschwanden. Auch stellten sie sich stets erst oberhall) einer gemssen Stärke des Kettenstromes ein, so dass Entfaltung des Kettenrheochords gleichfalls ein ]Mittel abgab sich ihrer zu entledigen. Bei alledem sind sie es vorzüghch gewesen, die mich verhindert haben, die Versuche am Schwankimgsrheochord ihrem Ziel zuzuführen. Sie mochten nänihch in einer bestimmten Versuchsreihe noch so sicher l3eseitigt scheinen, so tauchten sie aus unbekanntem Grunde plötzüch Avieder auf, verhinderten die Foi^tsetzung der Versuche, imd verdächtigten das schon Beobachtete. Ich halje es deshalb nicht weiter gebracht als Ijis zu folgenden Er- gebnissen. Sowohl bei auf- als bei absteigendem Strom erhält man Zuckung sowohl durch positive als durch negative Schwankung bei geeig- neter Stromstärke und GeschAAindigkeit des Schlittens. Diese letztere muss sehr bedeutend sein. Bei allmählich gesteigei-ter Spannung des Schlauches tritt die Zuckung plötzhch ein, und es hält sehr schwer, eine Abstufung ilirer Stärke durch Veränderung der Geschwindigkeit herbei- zuführen. Am sichersten erfolgt die Zuckung durch positive Schwankung, wenn man diese A'on Xull ausgehen lässt, durch negative Schwankung, 1 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1860. Bd. CX. S. 11. Aum. — [Die Hoff- nung ist demnach gering, dass vielleicht mit Platiudraht die Erschütteruugszuckuugen geringer ausfallen oder ausbleihen würdön. Doch hätte der Versuch nicht versäumt werden müssen.] S. 14. Vom Schwankungsrheochord. 207 wenn der Strom dadurch auf Xull zurückgeführt wird. Sehr selten ist es mir geglückt, eine Verstärkung der Zuckung dadurch zu Ijewirken, dass ich den Schieber des Hülfsrheochords um wenige Centimeter von seinem Anschlag entfernte. Dagegen gelingt es ausnahmslos, durch weitere Entfaltung des Hülfsrheochords die Zuckung zu schwächen oder zum Verschwinden zu bringen; ein Ergebniss, zu dem ich in der That auch schon im Jahre 1857, vor dem Erscheinen von Hrn. Eckhaed's Ver- suchen, selbständig gelangt war. Em Grund für mich, diese Versuche aufzugeben, ist endlich daraus erwachsen, dass ein jüngerer Forscher, Hr. Jul. Beenstein, in meinem Laboratorium begonnen hat, sich der Lösung der Aufgabe zu ^vidmen, an die oben erinnert wurde, eine lineare Stromschwankung herzustellen. ^ [141] Hr. EosENTHAL hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass das von Hrn. Helmholtz entwickelte Gesetz, wonach der galvanische Strom in einem Kreise ansteigt, der eine InductionsroUe enthält, ^ el)en- faUs benutzt werden könnte, um den Einfluss zu ermitteln, den die ver- scliiedene Steilheit der Ansteigungscurve auf die Erregung übt. §. XV. Vom Zuckungstelegraphen. Wer über allgemeine Phj^sik der Xerven und Muskeln vor einer gTÖsseren Versammlung vorgetragen hat, weiss, dass es nicht minder schwer hält, Zuckungen eines Gastroknemius auf einige Entfernung hin sichtbar zu machen, als Ausschläge der Multiplicatornadel. Vom I^nter- scheiden starker und schwacher Zuckungen seitens der Zuhörer ist vollends keine Rede. Aus dem Drange, diesem Mangel abzuhelfen, entstand während der Vorträge, die ich im Frühjahr 1855 in der Royal Institution hielt, die nachstehend beschriebene, Taf. I. Fig. 9 im seitlichen Aufriss und in halber natürlicher Grösse dargestellte, sehr einfache aber nützliche Vorrichtung, die ich den Zuckungstelegraphen nenne und seitdem in dem betreifenden Theil meiner Vorlesungen fortwährend mit grossem Vortheil angewendet habe. Diese Vorrichtung ist somit ursprünglich mehr für den Hörsaal, als für das Laboratorium bestimmt, obschon sie auch hier vortreffüche Dienste leistet. Das Präparat, worauf die Vorrichtung l)erechnet ist, ist das in neuerer Zeit so vielfach benutzte, welches aus dem im Hüftgelenk ab- gelösten Oberschenkelbein und dem M. gastrocnemius, je nachdem mittel- 1 Eine vorläufige Anzeige seiner Untersuchung ist seitdem erschienen im Archiv für Anatomie u. s. w. 1862. S. 531. (Nachtr. Anm. [1S62].) 2 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1851. Bd. LXXXIII. S. 510. 511. 208 VUI. Beschreibung einiger Vorriohtangen und Versuchsweisen u. s. w. bar uder luimittelljar gereizt werden soll, mit oder ohne Ischiadnerv, besteht. 1 [142] Das Oberschenkelbein dieses Präparates wird von einer Messing- zange gefasst, die an einer senkrechten Säule verstellbar ist. Die Zange ist um die Verlängerung des sie tragenden wagerechten Armes als Axe drehbar, damit, nachdem der Knochen aufs Gerathewohl eingespannt worden, die Insertion des X. tibialis bequem der Seite zugekehrt werden könne, wo man, aus sonst welchen Gründen, die stromzuführende Vor- richtung angebracht hat. Um die Zange in dieser Lage festzustellen, dient die Schraube s. Der die Zange tragenden Säule gegenüber steht die andere Hälfte der Vonichtung, Fahne genannt, auf einem Schlitten a a,, der zwischen zwei Leisten läuft, von denen die Eigur z-^dschen / /, die eine zeigt; die Schraube s, stellt den Schlitten fest. '^ An der Säule auf dem Schlitten schiebt sich ein Axenlager auf und ab, in dessen Kerulöchern eine Rolle mit stälüernen Spitzen spielt. Die Rolle hat, nach Art des Wirteis einer Drehbank, zwei Hohlkehlen, die eine von 7-5"'''', die andere von 15™"" Halbmesser, die erstere bestimmt für unser gegenwärtiges Präparat, die letztere für einen anderen, unten zu bezeichnenden Fall. In der gerade l^enutzten Hohlkehle ist ein Faden um die Rolle geschlungen. Damit er nicht gleite, wird er an ein Messing- häkchen geknüpft, das sich dazu in jeder Hohlkehle befindet. An das eine Ende des Fadens ist ein Haken geknüpft, der durch den Sclihtz in der Achillessehne gesteckt wird, und auf den wir sogleich noch zurück- kommen werden. Das andere Ende trägt einen aus Messingblech ge- pressten Eimer mit Schrot. An der Rolle ist ein Zeiger befestigt, der eine runde, an der Rückseite roth oder blau angestrichene Ghmmerscheibe von 43 ™°' Durchmesser trägt. Dies ist die Fahne. Sie spielt vor einem gleich breiten Quadranten von weiss lackirtem Blech, so dass man nicht allein ihre Bewegungen gegen den hellen Grund leichter sehen, sondern 1 Folgendermaassen gewinnt man dies Präparat am schnellsten. Zuerst legt man den Nerven von der Kniekelile aus frei (vergl. Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 255) und schlägt ihn über den Gastroknemius zurück. Dann ergreift man den Oberschenkel und durchschneidet mit der Scheere die Oberschenkelmuskeln dicht über dem Kniegelenk quer bis auf den Knochen, fasst mm das Präparat an der Fusswurzel, schabt mit dem Messer das Femur nach aufwärts rein, und löst es aus der Pfanne. Jetzt erst trennt man die Achillessehne unterhalb des Sesam- knorpels, schlägt den Gastroknemius, mit dem darauf feucht gebetteten Ischiadnerven, nach oben zurück, und schneidet die Tibia dicht unter dem Kniegelenk ab. Zuletzt legt man die Achillessehne mit ihrer vorderen Fläche auf die Tischplatte [besser eine Korkplattc] und bringt mit einem spitzen Scalpell darin einen Längsschlitz an. §. 15. Vom Zuckungstelegraplieii. 209 auch ihre Stellung- in der Kühe erkennen kann. Die Bewegungen der Fahne sind durch zwei Anschläge «, a, beschränkt. Unter dem Zuge des Schroteimers liegt sie gegen den Anschlag o., wie es die Figur zeigt, wagerecht, unter dem Zuge des Muskels kann sie sich bis zur Senk- rechten erheben und trifft alsdann den Anschlag «,. Sobald man dem Faden, durch passende Entfernung der Fahne von der Zange, solche Spannung giebt, dass die Fahne den Anschlag a, oder die wagerechte Lage, eben verlässt, Avird jeder Zuckung des Muskels eine Hebung der Fahne entsprechen, die Zuckung weithin sichtbar machen, auch nach ihrer [143] Grösse und Heftigkeit deren Stärke einigemiaassen zu beur- theilen erlauben. Beim Tetanus stellt sich die Fahne unbew^eglich senk- recht in die Höhe, bei dessen allmähMchem Nachlassen sieht man sie ebenso allmählich herabsinken u. s. w. Mit Vogeldunst gefüllt wiegt der Eimer 75 ^''"\ Natürlich steht nichts seiner Yergrösserung entgegen. Indem man ihn nur zum Theil anfüllt, oder ihn ganz fortlässt und auch das Moment der Fahne noch durch das Laufgewicht l aufhebt, kann man die zur Hebung der Fahne nöthige Leistung des Muskels behebig- verkleinern. Doch ist zu bemerken, dass dies eine durch die wagerechte Stellung des Muskels gebotene Grenze hat, nämhch da, wo das statische Moment der Fahne nicht mehr aus- reicht, um Faden und Muskel wagerecht ausgespannt zu erhalten. In dieser Rücksicht wäre es vielleicht vortheilhafter den Muskel senkrecht und die Fahne unter ihm an einem und demselben Stativ aufzustellen. Zu manchen "S^rsuchen ist es auch zweckmässig, Zange und Fahne auf getrennten Gestellen, ähnüch dem allgemeinen Träger,^ zu haben. Soll der Muskel unmittelbar gereizt werden, so wird der eine Draht in die lüemme s„ an der Zange befestigt, und so der Strom durch die Zange selber dem Oberschenkelbein mitgetheilt. Um den anderen Draht mit der Achillessehne zu verbinden, dient der in der Figur in natürhcher Grösse, also im doppelten Maassstabe des XJebrigen, vorgestellte Haken. Es ist daran eine Platte und ein Gewinde angebracht, w^orauf eine Mutter sich wider die Platte schraubt. Zmschen Platte und Mutter wird ein feiner Multiphcatordraht (vergl. oben S. 174. Anm.) eingeklemmt. Dieser führt zunächst zur Schraubenklemme s,„, von der aus erst der Strom durch gewöhnlichen Draht fortgeleitet wird. Mit dem Zuckungstelegraphen werden in meinen Vorlesungen alle elektrischen Reizversuche angestellt, und von den nicht elektrischen die mit mittelbarer Reizung. Ganz vorzüghch lässt sich z. B. daran der mechanische Tetanus nach Heidenhain darstellen (s. oben S. 169). Für 1 Untersuchungen u, s. w. Bd. I. S. 448. Taf. lU. Fig. 19. E. du Bois-Reymond, Ges. Abb. I. 14 210 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. die unmittelbare chemische oder kaustische Reizung bedarf es stärker vergi'össenider Mittel, und einer Anordnung-, wobei der Querschnitt zu- gänglich bleibt. Hier tritt an die Stelle des Zuckungstelegraphen die in der folgenden Num- [144] mer beschriebene Vorrichtung. Diese dient auch für die Zuckung durch Zerschneiden des Muskels. Um die Reizung durch sonstige mechanische IVIisshandlung zu zeigen, bleibt nichts Anderes übrig, als frisch zugerichtete Froschmuskelu mit Secimadel und Pincette unter den Zuhörern umhergehen zu lassen. Es kann nicht meine Absicht sein, hier auf die Art näher einzugehen, wie verschiedene Wahi'heiten der Elektrophysiologie mittels des Zuckungs- telegraphen zur Anschauung zu bringen sind. Es genüge die Bemerkung, dass man dazu häufig zweier solcher Vorrichtungen bedarf, von deren Fahnen, welche alsdann vortheilhaft zweierlei Farbe haben, die eine nach rechts, die andere nach links in die Höhe geht. So erweist man z. B. die grössere Erregl)arkeit des Nerven im Vergleich zum Muskel bei gleicher Stromdichte nach Hrn. Rosenthal's Angabe,^ indem man den unmittelbar zu reizenden Muskel, dem der Strom des Schlitten-Magnet- elektromotors mittels des eben beschriebenen Hakens zugeführt wird, etwa an einer rothen, den mittelbar zu reizenden, dessen Nerv dem ersten Muskel entlang gelegt ist, an einer blauen Fahne arbeiten lässt. Nähert man alhnähüch die Nel)enroUe der Hauptrolle, so steht zuerst die blaue, und erst l)ei merkhch kleinerem Abstand die rothe Fahne auf; beim Entfernen der RoUe sinkt diese in die wagerechte Lage zm-ück, während jene noch aufgerichtet bleibt. Die Hohlkehle von grossem Halbmesser am V^irtel der Fahne dient, um die Abhängigkeit des Hubes und der Kraft der Muskeln von ihrer Länge und Dicke zu veranschaulichen. Man lässt an dem darin befestig- ten Faden, bei unmittelbarer Erregung bis zum Maximum, abwechselnd einen langen und dünnen Muskel, den Sartorius oder den Rectus internus, und einen kurzen und dicken, den Gastroknemius , arbeiten. Es zeigt sich unter passenden Umständen, dass jene Muskeln den leeren, oder nur wenige Schrotkörner enthaltenden Eimer so hoch heben, dass die Fahne dabei senkrecht zu stehen kommt; während der Gastroknemius zwar leicht den vollen Eimer, sogar mit einer bedeutenden weiteren Belastung, aber auf eine so kleine Höhe hebt, dass die Fahne nur eben zuclvt.^ 1 Moleschott's Untersuchungen zur Naturlehi*e des Menschen und der Thierc. 1857. Bd. m. S. 185. 2 [Hr. Sigmund Exnek hat neuerlich diesen Versuch in etwas anderer Anord- nung gleichfalls als 'Schulversuch aus der Muskelphj^siologic' beschrieben. Wiener Sitzungsberichte, 23. Juli 1874. Bd. LXX. 3. Abth. S. 155.] §. 16. Vorrichtung zu Versuchen über chemische Reizung der Muskeln. 211 [145] §. XVI. Von einer Vorrichtung zu Versuchen über chemische Reizung der Muskeln. Die in Fig. 10. Taf. III. abgebildete Vorachtung hat zum Zweck, die Versuche über unmittelljare chemische Reizung der Muskeln, in der Gestalt, welche Hr. W. Kühne ihnen ertheilt hat,^ einer grösseren Ver- sammlung vorzuführen, und mag hier auch Erwähnung finden, obschon sie nicht der Elektrophysiologie angehört. Sie besteht aus drei Theileu, welche au einem messingenen Ständer senkrecht übereinander angebracht sind. Zu Oberst bemerkt man, in einer Hülse am freien Ende eines wagerechten Messingarmes senkrecht verschiebbar, eine Stahlstange, welche unten in eine mit einem Klemmringe versehene Pincette ausläuft. ]\Iit- tels der Pincette wird der Sartorius an seinem unteren Ende ergriffen und, sein oberes Ende nach unten, in passender Höhe aufgehängt. Die Elüssigkeit, deren Wirkung auf den am letzteren Ende angebrachten Querschnitt geprüft werden soll, wird in einem Porzellanschälchen auf die Glasplatte gp gesetzt, die dem Muskel von unten her schnell mittels der Hülse am Ständer, langsam mittels einer Mikrometerschraube ge- nähert werden kann. Um die Zuckung sichtbar zu machen, dient ein von Hrn. Rosenthal ersonnener Kunstgriff. Quer durch den Muskel, in geringer Entfernung vom Querschnitt, wii-d ein 20 — 30 ""^ langer, von einem Ende zum anderen veijüngter Glasfaden gestossen, der bestimmt ist, fühlhebelartig die Zuckimg zu vergrössern. Ein dicht neben dem Muskel am Ständer befestigter gläserner Haken giebt den Drehpunkt des Hebels ab, indem der Glasfaden mittels eines Ringes, zu dem sein dickeres Ende gebogen ist, daran eingelenkt wird, eine Verbmdungsart, wobei die Reibung sehr klein ausfällt. Die Bögen, die das entferntere, dünnere Ende des Glasfadens beschreibt, werden durch ein darüber gehängtes, der Leichtigkeit halber durchbrochenes Papierfähnchen sichtbar gemacht. Wie bemerkt (s. vorige Seite), kann man sich dieser Vorrichtung auch für die kaustische Reizung bedienen; und beim Herstellen eines neuen Querschnittes erfolgt jedesmal eine ausgiebige Bewegung des Eähnchens. [146] §. XVII. Von der feuchten Reizungsröhre. In allen Fällen, wo der Gastroknemius mittelbar gereizt werden und das Präparat lange leistungsfähig bleiben soll, ohne dass man zugleich wünscht, mit dem Orte der Erregung am Nerven zu wechseln, und ohne 1 Archiv für Anatomie u. s. w. 1859. S. 215. 212 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. dass es auf die Polarisatioii ankommt, empfiehlt sich die iii Fig. IL Taf. n perspectivisch ^ dargestellte Yorrichtmig, die ich die feuchte- Eeizungsröhre nenne. Damit das Präparat möglichst lange leistungs- fähig bleibe, ist das Wesentliche, wenn nicht schädliche Einflüsse beson- derer Art obwalten, bekanntlich nur, dass der Nerv vor dem Vertrocknen geschützt sei. Der Muskel leidet wegen seiner im Vergleich zur Masse so sehr viel kleineren Oberfläche bei weitem weniger unter der Ver- dunstung, als der Nerv. Die Schwierigkeit, die es oft hat, eine Anordnung zu treffen, wobei der Nerv vor der Trockniss geschützt sei, beruht in vielen Fällen darauf, dass man auch den Muskel in den feuchten Raum aufnehmen will. Bei der feuchten Reizungsröhre ist dies aufgegeben,, und nur der Nerv wird vor der Trockniss geborgen. Die Röhre ist etwa 60 ""^ lang, im Lichten 6™™ weit, an dem vorderen Ende aber in eine kurze Spitze von nur L5™™ Lichtung aus- gezogen. Etwa in der Mitte ihrer Länge, doch der capillaren Spitze näher, hat sie eine mit einem Korke dauernd geschlossene Tubulatur, Hier sind innerhalb der Röhre, ihrer Wand anliegend, zwei ringförmige Platinelektroden von 5°"^ Breite angebracht. Durch Drähte, die neben dem Kork zur Tubulatur hinausgehen, stehen sie in Verbindung mit Klemmen an der isolirenden Fassung der Röhre. Diese Fassung besteht aus einem abgestumpften Holzkegel, gegen dessen grössere Grundfläche die Röhre durch Drähte geschnürt ist. Die Drähte sind, um die Zeich- nung nicht zu verwirren, darin fortgelassen. Die Fassung wird von einem wagerechten Anne mittels eines Kugelschaniiers getragen, wenn die Reizungsröhre am Muskeltelegraphen gebraucht wird, an derselben Säule, wie die Zange. Von den Klemmen an der Fassung gehen die Drähte nicht sogleich weiter zu anderen Vorrichtungen, sondern um Zerrung zu vermeiden sind sie in gewohnter Art (vgl. S. 165) erst noch um einen Elfenbeinknopf an der Hülse des "Armes gewickelt. Um die Rei- [147] zungsröhre zum Gebrauch fertig zu machen, wird jetzt noch mittels einer Stopfnadel, die an Länge die Rr»hre übertrifft, ein langer Seidenfaden hindurch gezogen. Nun wird die Röhre neben dem Gastroknemius so aufgestellt, dass deren vordere engere Mündung in Einer HCihe mit der Ehitrittsstelle des Nerven Hegt, und dass, wenn der sie tragende Arm um die Säule ge- dreht wird, jene Mündung auf diese Stelle trifit, während zugleich die Axe des Rohres mit der des Muskels einen nahezu rechten Winkel macht. Das Ende des Fadens, das zur engen Mündung heraushängt, wird an 1 Der senkrechte Durchmesser der Grundfläche des Holzkegels hat natürliche Grösse. §. 17. Von der feuchten Reizuugsröhre. 213 das centrale Ende des Xer\'en geknüpft. Älittels des zur hinteren Mün- dung heraushängenden Endes des Fadens wird der Nerv in die Röhre gezogen. Er kommt darin, gleich dem Faden, uothwendig innerhalb der Platinringe zu hegen, Avie die Figur zeigt, und berührt, falls er nicht gespannt wird, deren innere Fläche. In dem Maasse, wie man den Nennen in die Röhre zieht, dreht man sie dem Muskel zu, so dass, wenn der ganze J^erx in der Röhre steckt, die seine Insertion umschhessende engere Mündung an den Muskel stösst und sich in das Bindegewebe der Kniekehle eindrückt. Dadurch ist hier ein ausreichender Verschluss ge- geben, und wird die hintere weitere Mündung der Röhre mit einem Kork verschlossen, so ist der Nerv vor Trockniss gesichert, da er ohne merk- lichen Verlust an Feuchtigkeit den nur etwa 1-5''™' betragenden Raum der Röhre bei der gewöhnlichen Temperatur mit Wasserdampf sättigen kann. Demgemäss erhält er sich in der Röhre stundenlang leistungsfähig. Soll der Versuch abgebrochen werden, so zieht man den Kork von der Tiinteren Mündung, dreht die Röhre von dem Muskel so weit fort, dass ein hinreichend langes Stück des Fadens heraushängt, um es bequem wieder einem NerA'en anzubinden, setzt den Kork wieder auf und schneidet den Faden ab. So ist die Vorrichtung gleich zu neuem Gebrauche fertig. Die Vertrocknung, der der Muskel ausgesetzt bleibt, übt, wie es scheint, sobald keinen schädhchen Einfluss aus. Erst nach einer Stunde beginnt die Achillessehne, als der dünnste davon betroffene Theil, durch- scheinend braun zu werden und, wie man an der in §. XIX beschrie- benen Vorrichtung beobachtet, sich zu verkürzen. Hr. Rosenthal hat der Reizungsröhre eine Gestalt gegeben, die zwar etwas weniger handlich, den Vortheil gewährt, dass man mit der eiTegten [148] Strecke wechseln, auch mehrere Strecken gleichzeitig er- regen kann. Sie besteht aus einem gestreckt parallelepipedischen Gutta- percha-Kästchen, auf dessen Boden mehrere Elektrodenpaare angebracht sind, und dessen eine kurze Seitenwand dem Muskel zugekehrt wird. Durch einen Schütz in dieser Wand wird der Nerv eingeführt, und innerhalb des zugedeckten Kästchens leicht vor Trockniss geschützt.^ §. XVIII. Vom Froschwecker, zum Gebrauch bei Versuchen an elektromotorischen Fischen. Aus der Verliiudung des Zuckungstelegraphen mit der feuchten Reizungsröhre entsteht der Froschwecker, dessen ich mich bei den 1 [S. unten Abb. XL §. II. Amu.] 214 VIU- Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. Yersucheu am Zitterwels bediene.^ Doch tritt dabei au Stelle eines optischen Signals ein akustisches, indem der Grastrokuemius, anstatt einer Fahne, einen Hammer hebt, der an eine Glocke schlägt (s. Fig. 13, S. 218). Die Klemmen der ßeizungsröhre sind mit zwei Zinnplatten verbunden, die an einander gegenüber liegenden Punkten des Umfanges der Versuchswanne^ A'ersenkt werden. Von jedem Schlage, den der Fisch ertheilt, welches auch seine Stellung in der Wanne sei, geht bei dieser Anordnung erfahrungsmässig ein hinlängücher Stromzweig dm*ch den Ner\^en, um eine Maximalzuckung, oder nahezu eine solche, auszulösen. Man wird so bei jedem Versuch benachrichtigt, ob der Fisch wirklich geschlagen habe, worüber man keine Ge^vissheit hat, wenn im Yersuchs- kreise eine erwartete Wirkung ausbleibt, da man nicht weiss, ob man nicht dem Schlag etwas rnmögliches zugemuthet hat. Durch den Frosch- wecker erfährt man auch, dass der Fisch nicht selten ohne äussere Ver- anlassung schlägt, meist wenn er über seine Lage in der geringen Wassermasse der Versuchswanne unwilhg, sich in heftigen Anstrengungen gegen deren Wand erschöpft. Wenn der Fisch unermüdet oder heftig gereizt ist, trifft der Hammer häufig zwemial und öfter die Glocke. Daraus ist zu schhessen, dass der Fisch mehr als einmal geschlagen hat. Wie oft er aber in der That schlug, lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen. Das Ertönen der Glocke zeigt nur an, dass die Zusammenziehung rasch eine gewisse Grösse über- [149] schreitet und Avieder darunter sinkt. Die Gestalt der DichtigkeitscuiTe eines Stromes aber, der mehrere solcher Maxima von bestimmter Lage in der Zeit entsprechen, kann nach bekannten Gmnd- sätzen eine sehr verschiedene, mit einer grösseren oder geringeren Zahl von Maxima versehene sein. Bei den Versuchen, die ich am Zitterwels mit der im folgenden Paragraphen beschriebenen Vorrichtung anstellte, hat sich freiüch ergeben, dass die Zeitverhältnisse, die bei dem Schlag in's Spiel kommen, von einerlei Ordnung mit denen sind, welche den Verlauf der Zuckung l^eheiTschen. Danach wird es wahrscheinlich, dass mehreren schnell auf einander folgenden Maximalzuckungen ebensoviele Schläge entsprochen halben. Inzwischen geschieht es, dass man bei sub- jectiver Prüfung mehr Maxima des Sclilages verspürt, als man Glocken- schläge am Froschwecker hört, auf dessen Treue in dieser Beziehung also kein Verlass ist. 1 Monatsberichte u. s. w. 1858. S. 95. — Vergl. die Abhandlung über den Zitterwels im zweiten Bande dieser Sammlung. 2 Eine flach cylindrische Wanne aus Gesundheitsgeschirr von 11" Durchmesser und 5" Tiefe, die so viel Wasser enthält, dass der Rücken des Fisches eben bloss liegt. §. 18. Vom Froschweeker bei Versuchen an Zittei-fischen. 215 Manchmal kommt es vor, dass der Hammer zwar die Glocke trifft, aber nicht sobald wieder herabsinkt, sondern secundenlang daran klebt, wobei natürhch der Ton gedämpft ausfällt. Alsdann ist sichtüch der Nerv tetanisirt. Von den Umständen des Versuches wird es abhängen, ob man Grrund hat, diesen Erfolg der Art zuzuschreiben, wie sich der Fisch entlud, oder darin ehie abnorme Eeactionsw^ise des Präparates auf einen einzelnen Schlag zu sehen, dem unter anderen Verhältnissen eine einfache Zuckung entsprochen hätte. §. XIX. Vom Froschunterbrecher, zum Gebrauch bei denselben Versuchen. Die erste Schwierigkeit, auf die man bei Untersuchung des Schlages der elektromotorischen Fische stösst, nachdem man gelernt hat, ihn in annähernd gleicher Art in den Versuchski-eis abzuleiten, besteht darin, dass der Fisch, wie soeben gesagt wurde, auf jede Keizung mit einer un- bestimmten Anzahl von Schlägen antwortet, wodm-ch die Wirkungen, die er jedesmal hervorl^ringt , unvergleichbar werden. Ich will beispielsweise erfahren, in welchem von beiden Fällen der Fischschlag durch einen in den Versuchskreis eingeführten Widerstand mehr geschwächt werde, ob bei grösserem, oder bei kleinerem Abstand der Belegungen des dem Fisch aufgesetzten Deckels,^ welche Belegungen die Enden des Versuchskreises dar- [150] stellen. Die Beantwortung dieser Frage setzt vier Versuche voraus, bei denen die elektromotorische Thätigkeit des Fisches muss für beständig gelten können, damit ein Schluss aus deren Ergebnissen zu- lässig sei. Sonderbarerweise findet sich diese Schwierigkeit meines Wissens bei keinem früheren Beobachter erwähnt. Dagegen ist sie Hrn. Eckhabd, bei seinen in Triest am Zitterrochen angestellten Versuchen, fast zur nämüchen Zeit aufgestossen , wo ich hier, im Herbst 1857, damit zu kämpfen begann. Hr. Eckhard hat sie dadurch umgangen, dass er nicht am lebenden Thier, sondern an einem noch im Besitze der Lebens- eigenschaften verhan-enden Präparat experimentirte , an dem das Organ nur auf Reizung der elektromotorischen Nerven schlug. ^ Da ich auf das lebende Thier angewiesen war, musste ich mir- anders zu helfen suchen. Es handelte sich dai-um, ein Mittel zu finden, um den Ver- suchskreis entweder nach erfolgtem ersten Schlage, oder noch während dessen, alsdann aber nach einer, wenigstens für mehrere auf einander 1 Monatsberichte u. s. w. 1858. S. 97. 103. 104. — Vergl. die Abhandlung über den Zitterwels im zweiten Bande dieser Sammlung. 2 Beiträge zur Anatomie und Physiologie. Bd. I. Giessen 1S58. 4«. S. 166. 216 ^III. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. \v. fulgende ^'ersuche sich gleich lileibenden Frist, zu öffnen. Mit den gewöhnUchen mechanischen Organen war hier nichts auszurichten, denn durch welches Zwischenglied sollte das Aufsetzen des Deckels, welches nicht einmal genau mit deni Anfang des Schlages zusammenfällt, ver- knüpft werden mit dem Mechanismus, dem das Absperren des Entladungs- vorganges in einem gewissen Augenblick anveiiraut wäre. Um so näher lag es, hier an dasselbe Hülfsmittel zu denken, das sich im Froschwecker so gut bewährt hatte, an das Nervmuskelpräparat vom Frosch, welches durch einen verschwindenden Zweig des Fischschlages bis zum Maximum gereizt, iu einem kleinen Bruchtheil der Secunde zu jeder liier erforder- lichen Leistung bereit ist. Einige Vorversuche an einem selbstverfertigten Modell beruhigten mich über den Zweifel, ob mcht der Schlag doch zu flüchtig sei, um seiner dergestalt mittels der Zuckung Herr im Yersuchs- kreise zu werden; und so entstand die Fig. 12. Taf. III. perspectivisch abgebildete Vorrichtung.^ die Hr. Sauerwald nach meiner Angabe ausführte. [151] Auf einem viereckigen Fussl)rett, das auf einem Stift und zwei Stellschrauben ruht, tragen zwei Säulen aus Messing ein Tischchen aus dem- selben Metall empor, indem sie es an seinem hinteren Rand unterstützen. An seinem vorderen Eande sind auf einem Vorsprung von Kammmasse zwei doppelte Schraubenklemmen h, k, angebracht. Das Tischchen trägt zwei Axenlager, in denen sich ein Hebel aus Rothguss aa,hpq zwischen stählernen Schraubeuspitzen mit Gegenmuttern sehr leicht und sicher dreht. In der Mitte des Hebels, bei A, sind oben und unten Haken, der obere für den Muskel, der untere für eine Wagschale, die durch eine Oeffnung im Tischchen herabhängt. Darauf folgen am Hebel, nach dessen freiem Ende zu, zwei Schrauben, die ihn von oben nach unten durch- l)ohren, und deren Einstellung gleichfalls durch Gegenmuttern gesichert ist. Die erste dieser Schrauben, p, läuft unten in einen Platinstift aus, der auf einer Platinplatte ruht, Avelche durch Kammmasse, isolirt in dem Tisch befestigt, aber mit der Klemme k, leitend verbunden ist. Diese Platte heisst die Stütz platte. Die zweite, am Ende des Hebels gelegene Schraul)e q endet in eine verquickte Kupferspitze, die in ein cyhndrisches Quecksilbergefäss aus Eisen taucht, welches gleichfalls isohrt in dem Tisch befestigt, und mit der anderen Klemme k leitend verbunden ist. Die Quecksilberkuppe in dem Gefäss kann gehoben und gesenkt werden, in- dem eine eiserne Schraube s, welche fast die ganze Lichtung des Gefässes einnimmt, von unten hinein- und herausgeschraubt wird, wie dies Fig. 12a 1 Die dem Beschauer nächste senkrechte Kante des Messiugtischcheus hat halbe natürliche Grösse. §. 19. Vom Froscliunterbreeher bei Versuchen an Zitterfisclien. 217 Taf. ni. zeigt, worin dieser Tlieil der Yorriclitung im senkrechten Durch- schnitt und im 2/3 -Maassstabe besonders dargestellt ist.^ In der IMitte der hinteren Wand des Tischchens erhebt sich, aber- mals isolirt, eine senkrechte Messingsäule, an der sich ein kurzer starker Ami auf und ab scliiebt. Eine Xuth an der Säule, in die ein Stift an der den Arm tragenden Hülse eingreift, verliindert den Arm, sich zu drehen. An dem Arm betindet sich, durch eine IMikrometerschraube auf und ab stellbar, eine Zange zum Einspannen des Oberschenkelbeins, ähn- lich der am Zuckungstelegraphen (s. oben S. 208). Die Achillessehne kommt beim Einspannen des gewöhnlichen Präparates in passender Höhe über dem Haken h zu schweben, und wird damit durch einen Fleisch- haken und durch ein isolü'endes Zwischenstück h i aus Schüdpatt verknüpft. [152] Der Schlag wird dem Nerven zugeführt durch eine feuchte Eeizungsröhre. Diese wird an einem Kugelscharnier getragen durch einen Stiel, welcher an der Zange mittels der Schraul)e a l)efestigt wird, so dass sich die Köhre mit der Zange in einem Stück he1)t und senkt, mit anderen Worten, dass bei den Bewegungen der Zange zum EhisteUen des Muskels die Mündung der ßöhre am Muskel und der Nerv auf den Platinringen der Köhre unverrückt bleiben. Für den Fall, dass man den Muskel unmittel1)ar zu erregen A^nschte, wüi-de die Klemme bei a statt des Stieles der Reizungsröhre den einen Draht aufnehmen, der andere müsste dünner Multipücatordraht (s. ol)en S. 174 Amn.) und am Fleischhaken befestigt sein. Der Gebrauch der Von-ichtimg im Allgemeinen wird durch Fig. 13 verständMch, welche das Schema eines- Versuches am Zitterwelse giebt. Man erkennt leicht die Yersuchswanne , darin den Fisch mit zwei ihm aufgesetzten, zur Ableitung des Schlages in den Versuchskreis bestinimten MetaUsätteln, Von diesen Sätteln führen Drähte zu den lüemmen k, k„ und der Versuchskreis, der bei B die Spiegelbussole enthält, ist durch das Stück p q des um a drehbaren Hebels so lange gesclilossen , als der Stift bei ip die Stützplatte und die verquickte Spitze bei q das Quecksilber berührt. Ausser dem Fisch mit seinen Sätteln sieht man in der Wanne die schon beim Froschwecker (s. oben S. 214) erwähnten Zinnelektroden JE", £",, von deren jeder ein gegabelter Draht ausgeht. Von den beiden Zweigen der Gabelung geht der eine zur Reizungsröhre des Froschweckers, dessen Gastroknemius , Hammer und Glocke man in G^/, H und /"er- kennt, der andere zu der des Unterbrechers. Schlägt der Fisch, wie er dies im Augenbhck zu thun pflegt, wo [153] man ihm die Sättel aufsetzt, so 1 Das Messing im Durchschnitt ist von rechts und oben nach links und unten, die Kamnimasse ist umgekehrt und dichter schraffirt, das Eisen getüi^felt. 218 Vin. Beschi'eibung einiger VorricMungen und Versuchsweisen u. s. w. gehen Theile des Schlages, ausreichend um Maximalzuckungen auszulösen^ durch die beiden Reizungsrohren. Der Froschwecker schlägt an; die Zuckung des Gastroknemius Gn im Unterbrecher aber trennt den Platin- stift p von der Stützplatte und öffnet so den Versuchskreis. Sobald die Fig. 13. Zuckung nachlässt, sinkt der Stilt wieder herab, und wenn jetzt auch die verquickte Spitze wieder in das Quecksilber tauchte, würde der Kreis wieder geschlossen. Dem wird jedoch vorgebeugt, indem man mittels der Schraube s die Quecksilberkuppe vorher so tief senkt, dass der durch §. 19. Vom Froschunterbreclier bei Versuchen an Zitterfischen. 219 Capillaranziehimg getragene Quecksilberfadeii bei der geringsten Hebung der Spitze reisst (Fig. 12«, Taf. III). Wie man leicht erkennt, ist nicht allein dieser Kunstgriff der Vor- richtung entlehnt, womit Hr. Helmholtz die Fortpflanzungsgeschwindig- keit der Reizung im Nerven nach dem PouTLLET'schen Verfahren maass^ sondern unsere Von'ichtung ist überhaupt nichts als eine bequemere und einfachere Gestalt der von ihm angewendeten.^ Der Hebel ersetzt das bei Hrn. Helmholtz sogenannte „stromführende Zwischenstück", welches frei am Muskel hängt, und den doppelten Vortheil einer rein senkrechten und ganz ungehinderten Bewegimg bietet. Dieser Vortheil ist in unserer Vonichtung aufgegeben, da der Hebel sich im Kreise bewegt und dies nicht ohne eine gewisse Reibimg vermag. Dafür ist dessen Handhabung: leichter, weil die Pendelschwankungen des Zwischenstücks und die Un- sicherheit seiner Lage auf dem es stützenden Querbalken MM (in den HELMHOLTz'schen Figuren 1, 2) fortfallen. Die Abweichung von der Senkrechten bleibt bei der Art, wie die Vorrichtung gebraucht wird, ohne Einfluss. Selbst am Myographion, wo sie die CuiTen etwas entstellt,. wird sie vernachlässigt. Dass die verquickte Spitze vermöge ilirer Lage am Hebel einen um ein Drittel längeren Weg beschreibt, als der Stift,, und dieser einen um die Hälfte längeren, als der Angriffspunkt des Muskels, sichert einestheils die ZeiTeissung des Quecksilberfadens, anderen- theils die Oeffnung des Ki'eises zwischen Stift und Stützplatte, bei Ver- kürzungen, wo an der ursprünglichen Vomchtung Beides ausgeblieben wäre. Was die Reibung betrifft, so lehrt die Erfahrung am Myographion^ wo zu der Reibung an der Hebelaxe noch zwei andere hinzutreten, dass daraus keine namhafte Stöning erwächst. Unsere [154] Vorrichtung dürfte sich daher zur Anstellung von Messungen über den zeitlichen Verlauf der Zuckung nach dem PouiLLET'schen Verfahren recht gut eignen, nachdem man sich überzeugt hätte,- dass sie in ihrem gegen- wärtigen Zustande die hinreichende Stabilität besitzt, oder nachdem man ihr solche durch passende Verstärkung ertheilt hätte. Auch würde sich leicht noch am Ende des Hebels ein Zeichenstift wie am Myograpliion anbringen lassen, was Gelegenheit zu manchen wichtigen Versuchen böte. Wie dem auch sei, es ist klar, dass die damals von Hrn. Helm- holtz ermittelten Grundbestimmungen über die bei sich gleichbleibender Länge mit der Zeit wachsende Spannung des Muskels auf unsere gegen- wärtigen Versuche Anwendung finden. Indem man den Muskel mittels der Mikrometerschraube senkt, erreicht man, dass der Hebel durch die Platte gerade in der Stellung unterstützt wird, in welcher der Muskel ihn Archiv für Anatomie u. s. w. 1850. S. 276. Taf. VIII. 220 ^ lil- Besclireibuug einiger Vornchtungen und Versuclisweiseu u. s. w. trägt, wobei also letzterer in den von Hrn. HELamoLTz sogenannten Zu- stand der Belastung gerätli. Der Augenbück, wo dieser Zustand ein- tritt, wird mit ausreichender Schärfe daran erkannt, dass l3ei schnellen- dem Klopfen mit dem Finger auf die Stittschrau])e, wie beim Percutken zur ärztlichen Exploration, kein Kürren erfolgt.^ Um dies besser zu unterscheiden, müssen die Drähte, an denen die Wagschale hängt, au diese gelöthet sein, Aveil sie sonst an sich schon beim Klopfen ein Klirren erzeugen. Es ist vortheilhafter , sich dem Zustand der Belastung durch Herablassen des Muskels zu nähern, als durch Heben, weil im ersteren Ealle der Muskel unter dem Einfiuss der Belastung die ihm dabei zu- kommende Länge bereits annähernd angenommen hat, und daher nach erfolgter Einstellung seine Spannung besser behält, als wenn er früher unbelastet plötzüch der Reckung durch die Belastung ausgesetzt wird.^ Der Zustand der Belastung bringt es bekannthch mit sich, dass die kleinste Zunahme des Muskels an Spannung den Stift von der Stütz- platte hebt. Bei verschwindender Dauer des erregenden Stromes, z. B. wenn dieser ein durch Oeffnen des primären Kreises erzeugter Inductions- schlag war, erfolgt nach Hm. Heläiholtz eine merkhche Zunahme an Spannung erst nach Ablauf zweier Zeiträume. Der erste Zeitraum ist der, während dessen [155] die Reizung von der gereizten Stelle des Nerven zum Muskel gelangt. Er wächst im Allgemeinen mit der Ent- fernung zwischen dem Muskel und, sofern es sich nicht um Oeffnungs- zuckung handelt, der katelektrotonisirten Nervenstrecke, ^ und mit sinken- der Temperatur. Der obere Rand des unteren Platinringes der Reizungs- röhre hegt etwa 27 "^™ vom Muskel. Nach den HELamoLTz'schen Be- stimmungen wird daher bei mittlerer Temperatur dieser Zeitraum in unseren Versuchen l^estenfalls , d. h. wenn der Strom absteigt, nicht unter ^/gg^ Secunde betragen können. Der zweite Zeitraum ist das Stadium der latenten Reizung, welches über die Vorbereitungen für die Zusammenziehung im Muskel selber hingeht und sich auf nahe ^j\q^ Secunde beläuft. Die Summe dieser beiden Zeiträume, etwa ^/^g Secunde, würde die kleinste Dauer sein, die wir dem Strom in einem den Frosch- unterbrecher enthaltenden Kreise ertheilen könnten, wenn in demselben 1 Yergl. Helmholtz in Poggendorff's Annalen u. s. w. 1851. Bd. LXXXIII. S. 517. - Vergl. Helmholtz im Archiv für Anatomie u. s. w. a. a. O. S. 312. 3 Vergl. A. V. Bezold, Allgemeine Medicinische Central -Zeitung, 26. März 1859. St. 25; — Derselbe in den Monatsberichten der Akademie, 29. November 1860. S. 742; — in Moleschott's Uutersuchuugen zur Naturlehi-e des Menschen und der Thiere. 1860. Bd. VII. S. 587; — Derselbe, Untersuchungen über die electrische Erregung der Nerven und Muskeln. Leipzig 1861. S. 287. 303. 304. §. 19. Vom Froschunterbrecher hei Versuchen an Zitterfischen. 221 Augenblick, wo der Strom zu kreisen beginnt, eine Zuckung durch einen Strom von verschwindender Dauer ausgelöst würde. Dagegen sind wir im Stande, diese Dauer beträchtlich zu verlängern, dadurch, dass wir, nachdem der Muskel in der angegebenen Weise belastet worden, auf die Wagschale Gewichte, als Ueberlastung in dem von Hrn. Helmholtz gebrauchten Sinne, legen. Zu den beiden ersten Zeiträumen tritt dann ein dritter hinzu, der im Allgemeinen mit der Ueberlastung wächst, und sich mindestens bis auf das Dreifache der Summe jener ausdehnen kann, so dass die ganze Dauer des Vorganges vom Augenblick der Reizung an, bis die Spannung des Muskels der Summe der Belastung und Ueber- lastung gleich geworden ist, etwa 0"-04 beträgt. Wie pünktlich der Unterbrecher sein Geschäft versieht, oder wie gleich die Zeiten ausfallen, die er unter sonst gleichen Umständen vom Augenblick der Reizung bis zum Heben des Stiftes jedesmal verstreichen lässt, ist leicht zu prüfen, indem man wiederholt den Ausschlag beob- achtet, den ein während jener Zeit kreisender beständiger Strom an der Bussole erzeugt. Wir könnten uns hier an Hrn. Heläiholtz' Versuche zur Bestimmung der Geschwindigkeit der Reizung halten, in denen zwei solche Reihen, [156] die von verschiedenen Nen^enstellen aus gewonnen süad, mit einander verglichen werden. Diese Reihen, die in seinen Tabellen je eine Vertical-Columne einnehmen, lassen eine völlig aus- reichende Beständigkeit der Wirkungen von jeder Nervenstelle aus er- kennen. Wir dürfen uns aber nicht hierbei beruhigen, auch abgesehen davon, dass es rathsam erscheint, die neue Vorrichtung vor dem Ge- brauch auf irgend eine solche Pro1)e zu stellen. Hr. Helmholtz hess^ wie sein Zweck es mit sich brachte, seine Versuche einander unstreitig so schnell folgen, wie gewisse Umstände es erlaubten;^ und er hatte keinen Anlass, sie länger fortzusetzen als nöthig, um daraus auf die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Reizung zu schliessen. Soll dagegen der Froschunterbrecher den von uns verlangten Dienst leisten, so muss er mindestens anderthalb Stunden lang gieichmässig arbeiten, während w.elcher man allerdings nur etwa alle zehn Minuten einen Versuch an- stellt: weil dias die Art ist, wie man die Versuche am Zitterwels leitet,, um das Thier nicht zu sehr zu ermüden. Es bedurfte also hier noch einer Prüfung, zu der ich folgender- maassen schritt. Ich brachte in einen Kreis 1. eine GEOVE'sche Kette, um den zeitmessenden Strom zu liefern; 2. die Spiegelbussole mit 53 Windungen in 15"™ Abstand vom Spiegel; 3. den Froschunterbrecher; 4. den von Hrn. PFLüfiEK in die Elektrophysiologie eingeführten Fall- 1 Archiv für Anatomie u. s. w. A. a. 0. S. 312. 31 B. 222 VIII. Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. hammer mit elektromagnetischer Auslösung, um den Kreis durch Ein- tauchen einer Platinspitze in Quecksilber zu schhessen;^ 5. einen so an- sehnlichen Widerstand, dass die im Kreise befindüchen veränderlichen Widerstände, wie der zwischen Stift und Stützplatte, der der Quecksilber- gefässe am Unterbrecher und Hammer, dagegen verschwanden (s. oben S. 172); endüch 6. ein Eheochord, wodurch vom zeitmessenden Strom ein Zweig von angemessener Stärke zur ßeizungsröhre des Unterbrechers abgeleitet wurde. Dieser Stromzweig erhielt im Nerven die absteigende Eichtung. Im Kreise der elektromaguetisirenden Eollen des Hammers befand sich ein Daniell nebst einem Stromwender zum Fallenlassen des Hammers durch Umkehren des Stromes. Nachdem bei [157] 100 ^"^ Entfernung des Multiphcatorgewindes der Bussole vom Spiegel die Stärke des zeitmessenden Stromes (/) war bestimmt worden, um sich am Schluss der Versuchsreihe seiner Beständigkeit versichern zu können, wurde alle zehn Minuten durch Umlegen der Wippe des Stromwenders der Hammer fallen gelassen und eine Schliessungszuckung ausgelöst, welche den Kreis, durch dessen Schüessung sie entstand, sogleich wieder öffnete. Das Miütiplicatorgewinde war dabei dem Spiegel wieder so nahe gebracht, dass ein Ausschlag von angemessener Grösse erfolgte. Die folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse, die ich so an verschiedenen Präparaten bei verschiedenen Ueberlastungen erliielt. Eine Versuchsreihe ohne Ueber- lastung fehlt, da ich, wie schon Hr. Heljmholtz,^ fand, dass dabei auf keine Eegelmässigkeit zu rechnen sei. Die Zahlen der Tabelle sind unmittelbar abgelesene, den Zeiten proportionale Ausschläge. Die der einen Eeihe sind aus verschiedenen Gründen nicht vergleichbar mit denen der anderen, weshalb die Ausschläge nicht regelmässig mit den Ueber- lastungen wachsen.^ [158] 1 Das Spritzen des Quecksilbers, welches Hrn. Pflüger zwang, das Queck- silbergefäss auf eine andere Unterlage zu stellen, als den Hammer (Untersuchungen über die Phj'siologie der Electrotonus. Berlin 1859. S. 114. 115), wird vermieden, wenn man das Grundbrett der Vorrichtung an der Stelle, wo der Hammer es trifft, unterstützt, so dass es nicht federt. 2 Archiv für Anatomie u. s. w. A. a. 0. S. 314. 3 Bringt man an Stelle der Bussole das Vertical-Galvanoskop von Siemens und Halske und an Stelle des Fallhammers einen Schlüssel, und verstärkt man gehörig den zeitmesseuden Strom, so gelingt es leicht mittels der beschriebenen Anordnung in der Vorlesung die Grundlage der HELMHOLTz'schen Versuche vor- zuführen. Beim Schliessen des Kreises mittels des Schlüssels erfolgt auch ohne Ueberlastung ein kleiner Ausschlag, der von dem Stadium der latenten Reizung herrührt; beim Auflegen wachsender Ueberlastungen erhält man immer grössere Ausschläge. Es ist kein Grund da, weshalb man nicht mit Hülfe der Spiegel- bussole, bei Anwendung des von mir beschriebenen Verfahrens, um deren Ab- §. 19. Vom Froschmiterbrecher bei Versuchen au Zittei-fischeu. 223 Ueber zwei Stunden liinaus wuchsen die Ausschläge rasch, und bei den höheren üeberlastungen ^nlrde l)ald der Heikel nicht mehr hoch genug gehoben, um den Quecksilberfaden zu zerreissen.^ Bei der Betrachtung der obigen Zahlenreihen springt zunächst das lenkungen Mehrereu zugleich sichtbar zu machen (s. oben S. 152), den Zeitverlust im Nerven gleichfalls zur Anschauung sollte bringen können. Hr. Czermak hat kürzlich zu diesem Zweck sein Myochronoskop beschrieben (Allgemeine medicinische Central- Zeitung, 5. Juni 1861. XXX, Jahrgang. St. 45. S. 354; — Sitzungsberichte der Wiener Akademie, 4. Juli 1861, Bd. XLIA\ S. 231; — Moleschott's Unter- suchungen zui- Natur des Menschen und der Thiere. 1862. Bd. VIII. S. 478), So sinnreich dies ist, so scheint es mir für den Vortrag den Nachtheil zu haben, dass seine Wirkungsweise schwerer zu erklären ist, als was es erläutern soll. Bedenklich ist auch, dass, während Hr. Helmholtz, worin ich ihm beistimme (s. oben), es unmöglich fand, ohne Ueberlastung regelmässige Ausschläge von der nämlichen Nervenstelle aus zu erhalten, und deshalb nie einen Zeitmessungsversuch ohne Ueberlastung anstellte, am Myoclironoskop nicht nui- keine Einrichtung zum Ueber- lasten vorhanden ist, sondern auch in der Beschreibung der damit angestellten Ver- suche der Hinweis auf die ungemeine Sorgfalt fehlt, womit das Einstellen auf Belastung alsdann geschehen musste, sollte es nicht völlig dem Zufall überlassen bleiben, welcher der beiden Muskeln zuerst den Ki-eis öffnete. (Nachträgliche Anmerkung [1862].) ' Beim Herabsinken des Stiftes auf die Stützplatte wird alsdann der Ki-eis wieder geschlossen, was eine neue Zuckung zur Folge hat, ein Vorgang, der sich so oft erneuert, als die Erregbarkeit des Präparates es zulässt. Am frischen Präparat und bei kleiner Ueberlastung kann man dasselbe bewirken, indem man die Queck- silberkuppe so hoch schraubt, dass die Spitze beim Herabsinken wieder eintaucht. Dies ist die ausgebildetste Form jenes elektrischen Froschschenkel-Tanzes, den schon Galvani in seinem Commentar mit ungleichartigen Metallen (De Viribus Electri- citatis in Motu musculari Commentarius etc. Mutinae 1792. 4^^. p. 19; — Ueber- setzt von Jon. Mayer u. s. w. Prag 1798. S, 89; — Opere edite ed inedite ec. Bologna 1841. 4». p. 82), im Trattato dell' Uso aber sogar mit dem Muskelstrom beschrieben hat (Trattato dell' Uso e dell' Attivitä dell' Ai-co conduttore nelle Con- trazioni dei Muscoli. Bologna 1794. p. 83; — Opere edite ed inedite ec. p. 210), — Vergl. meine Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 63. — Hr, Czermak hat unlängst diese Erscheinung als neu beschrieben (Sitzungsberichte der Wiener Akademie, 4. Juli 1861. Bd, XLIV. S. 239; — Moleschott's Untersuchungen u. s. w. Bd. Vin, 5. 487. (Nachträgliche Anmerkung [1862].) 224 Vni. Bescliveibimg einiger Verrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. Gesetz iu die Augen, dass die Ausschläge, oder die ihnen propurtionalen Schliessuugszeiten, zuerst ab- und dann wieder zunehmen. Die Erörterung dieses Umstandes wird besser in eine Anmerkung verwiesen,^ da [159] 1 Eine Spur desselben Verhaltens lässt sich, wie ich finde, in den Helm- HOLTz'schen Versuchsreihen entdecken. Einmal in der Eeihe I. (a. a. O. S. 303), in der zwar mit den Ueberlastungen gewechselt, dieselbe Ueberlastung aber in ziemlich weitem Zeitabstande dreimal nach einander aufgelegt wurde. Der nättlere Ausschlag ist der kleinste. Zweitens in einigen der Reihen, in denen, zur Be- stimmung der Geschwindigkeit der Reizung, bei gleicher Ueberlastung bald von einer näheren, bald von einer entfernteren Stelle aus gereizt wurde. Diese Art Reihen kommt, wie bemerkt, ganz mit den unsrigen überein, bis auf das Wechseln mit der gereizten Stelle des N'erven, und bis auf die Zeiten, die zwischen den einzelnen Versuchen verflossen. Demgemäss sieht man in Hrn. Helmholtz' Reihe X. B und XI. A (S. 342. 3-t3) die Ausschläge in derselben Vertical-Columne, die von der nämlichen Nervenstelle aus erfolgt sind, gleichfalls zuerst ab- und dann wieder zunehmen. Die sich zuletzt einstellende Zunahme rührt von der Abnahme der Leistungs- fähigkeit her, in Folge welcher dieselbe Spannung später eintritt, als auf früheren Stufen der Erregbarkeit. Es fragt sich aber, woher die zuerst beobachtete Ab- nahme der Ausschläge stamme. Sie könnte erstens kommen von einem Sinken der Stärke des zeitinessendeu Stromes, dessen EinÜuss später durch die Abnahme der Leistungsfähigkeit über- wogen würde. Die Tabelle lehi-t jedoch, dass die Abnahme der Stromstärke selbst nach zwei Stunden nicht ausreicht, die Abnahme des Ausschlages nach einer Stunde zu erklären. In einem Falle (dem mit 100 S"" Ueberlastung) war sogar die Stärke des zeitmessenden Stromes nach zwei Stunden etwas grösser als anfangs, während die Ausschläge das nämliche Gesetz zeigten. Etwa während der ersten Hälfte jeder Versuchsreihe muss man von Versuch zu Versuch den Muskel etwas heben, um die richtige Einstellung des Stiftes auf der Stützplatte zu bewirken. Hingegen während der zweiten Hälfte muss man, um dasselbe zu erreichen, den Muskel etwas senken. Das Erste rührt daher, dass der Muskel dui-ch die dauernde Belastung gedehnt wird und an Spannung verliert, das Zweite vom Austrocknen der Sehne (s. oben S. 213). Diese Veränderungen schreiten auch während des Zeitraumes fort, der zwischen dem erneuten Einstellen des Stiftes- auf der Stützplatte, welches jedem Versuch vorhergeht, und dem Versuch selber verfliesst, und wie klein sie auch während dieses Zeitraumes ausfallen mögen, s<> müssen sie doch dahin wirken, die Dehnung, einen Theil der Belastung in Ueber- lastung zu verwandeln, und so die Schliessungszeit zu vergrössern (Helmholtz^ a. a. O. S. 312), die Verkürzung, diese Zeit zu verkleinern. Von diesen beiden Wirkungen nähert sich die erste von Anfang an einer Grenze; die zweite hingegen kann erst in Wirksamkeit treten, nachdem die der Sehne obei-flächlich anhaftende Flüssigkeitssehicht verdunstet ist. Es nimmt also von Anfang an eine Wirkung ab, welche die Schliessungszeiten zu verlängern, und es entwickelt sich mit der Zeit eine Wirkung, welche jene Zeiten abzukürzen strebt. Man könnte daran denken, hieraus die Abnahme der Ausschläge zu erklären. Sie würde nur wähi-end der ersten Versuchshälfte bemerkbar werden, weil während der zweiten Hälfte die Zu- nahme wegen sinkender Leistungsfähigkeit die Oberhand erhielte. In Hrn. Helm- §. 19. Vom Fi-osohunterbrecher \m Versuchen an Zitterfsclien. 225 sie uns hier zu weit führen würde. Sieht man ab von eimgen aus der Ordnung fallenden Zahlen, welche wolil nur Einstellungsfehlern zuzu- schreiben [160] sind, so ergiebt sich, dass der Froschunterbrecher volle zwei Stunden lang mit einer für unsere Zwecke genügenden Pünktüch- keit die Aufgabe erfüllt, einen Kreis nach einer durch die Ueberlastung liemessenen Frist zu öffnen. Demnächst wäre zu zeigen, welchen Einfiuss das Einschalten des Froschunterbrechers in den Versuchskreis des Zitterwelses übt. Es ist indess meine Absicht nicht, hier ausführhch darauf einzugehen. Das all- gemeine Ergebniss dieser Versuche habe ich schon anderswo mitgetheilt. ^ Gemäss dem oben S. 214 Gesagten, besteht es darin, dass keines- wegs der Zitterwelsschlag zu flüchtig ist, um mittels der Zuckung seinen Eintritt in eine stromprüfende Vomchtung zu regeln; dass vielmehr die Dauer des Schlages mit der der Zusammenziehung von einerlei Ordnung ist; und dass man so mittels des Froschunterbrechers nicht allein bei wiederholtem Schlagen des Fisches den späteren Schlägen den Weg ver- sperren kann, sondern es sogar in seiner Gewalt hat, vom ersten Schlage nur einen im Allgemeinen mit der Ueberlastung wachsenden Bruchtheil durchzulassen. Man kann auch umgekehrt so verfahren, dass man das Stück p q des Hebels zu einer Nebenleitung zum Versuchskreise macht, welche durch die Zuckung geöffnet ^\ird. Alsdann werden die Aus- HOLTz' Versuchen war indess der Muskel, wenn auch nicht so vollkommen wie der Nerv, vor der Trockniss geschützt, und in einem von mir angestellten Control- versuch, wo er ganz ebenso geschützt war, erfolgte die Abnahme der Ausschläge wie sonst. Von der Trockniss also, als Ursache dieser Abnahme, ist jedenfalls ab- zusehen. Was die Dehnung betrifft, so ist nicht wohl denkbar, dass ihr Einfluss gross genug ausfalle, in Erwägung, dass es sich dabei nur um Unterschiede einer sehr kleinen und langsamen abnehmenden Grösse handeln würde. Mit Erklärungsgränden dieser Art dürfte hier nichts auszurichten sein. Da- gegen möchte Folgendes in Betracht kommen. Hr. Hermann Munk hat kürzlich gezeigt, dass das Erregungsmaximum des Nerven, gemessen durch die grösste, nach augenblicklicher Reizung erreichte Zuckungshöhe, in der ersten Zeit nach der Zurichtung sehr rasch beträchtlich ansteigt, um dann erst langsamer zu sinken (Archiv für Anatomie u. s. w. 1860. S. 810. 814. 815). Einem ähnlichen Ge- setze folgen gleichzeitig sämmtliche Ordinaten der Curve der Erhebungshöhen, also auch die der Cui-ve der Spannungen bei gleicher Länge. Dann ist klar, dass eine gewisse Zeit nach der Zurichtung die gleiche Spannung schneller nach der Eeizung eintreten werde, als früher und als später, mit anderen Worten, dass, wie wir es fanden, die Schliessungszeiten ein Minimum haben müssen. (Hr. Munk ist seitdem zu der Ueberzeugung gelangt, dass das Ansteigen des Erregiiugsmaximums von einer Temperaturerhöhung des Präparates abhänge. A. a. O. 1861. S. 425 ff.; 1862. S. 1 ff. (Nachträglicher Zusatz [1862].) 1 Monatsberichte u. s. w. 1858. S. 96. 102. — Vergl. die Abhandlung über die Zitterwelse im. zweiten Bande dieser Sammlung. E. du Bois-Reymond, Ges. Abh. I. J5 226 VIII. Besehreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen u. s. w. schlage uin so kleiner, je höher ilie Ueberlastungen. Mau kauu also dergestalt mittels der Ziickimg l^eliebige Stücke vom Anfang oder vom Ende der Entladung gleichsam abschneiden, und nur den Rest zur Wh'kung im Versuchskreise zulassen. Man könnte, beim ersten Blick, an diese Versuche die Hoffnung auf noch nel "Leiter gehende Erfolge knüpfen. Die Dauer der Zuckung eines Froschgastrokuemius, die Zeit, deren ein solcher nach der Reizmig bedarf, um eme bestimmte Spannung zu erlangen, ist gleichsam eine Constante der Natur. Warmn sollte man nicht, wenn einmal die zum Erlangen einer bestinmiten Spannung nöthige Zeit bekannt ist, daraus, dass der Muskel diese Spannung erlangt hat, imigekehi-t schüesseu, dass jene Zeit veiHossen sei? [161] Es scheint, als böte sich so in passend geleiteten Versuchsreihen am Froschmiterbrecher ein ^Mittel dar, mit Hülfe der HELMHOLTz'schen Curve der Spannungen bei gleicher Länge, ^ die Dauer des Zitterwelsschlages wahrhaft zu messen, und dessen zeit- lichen Verlauf wenigstens ungefähr anzugeben. Inzwischen lauern in diesen Bestimmungen noch mehrere Unbe- kannte, die einen so raschen Fortschritt vorläufig untersagen. Ein erster Umstand, der einen solchen Gebrauch der Helmholtz'- schen Zahlen unmöglich macht, ist der Einfluss der Grösse des Muskels auf die Curve der Spannungen. Die folgende Tabelle giebt einen Be- griff von diesem Einfluss, den Hr. HELamoLTz zu berücksichtigen keinen Grund hatte. Sie zeigt das Ergebmss von Versuchen, welche ganz wie die oben S. 222 beschriebenen mit Gastroknemien von verschiedener Länge angestellt wurden. Die Zahlen sind das abgerundete Mttel dreier Versuche, zwischen denen drei ^Minuten verflossen. Ueberlastung 100^. Länge in MM. 19 22 26 33 35 Ausschläge in Sc. 72 60 68 64 52 Wie zu erwarten war, fällt die Schliessungszeit bei gleicher L^eber- lastung im Allgemeinen um so kleiner aus, je grösser der Muskel; doch nimmt sie langsamer ab, als im umgekehrten Verhältrüss der Grösse. Man sieht zweitens , an dem Beispiel des 22 """^ langen Muskels, dass ausser der Grösse des Muskels auch noch dessen Leistungsfähigkeit in's Spiel kommt, und gelegenthch den Einfluss der Grösse über\viegt. Drittens aber, und hauptsächlich, setzt der Gebrauch der Zuckung zu Zeitmessungen in der angedeuteten Art eine gieichmässige Reizung des Nerven voraus. In Hrn. Helmholtz' Versuchen geschah diese stets mittels eines Oefiiiungsinductionsschlages von verschwindender Dauer 1 A. a. O. Taf. VIE. Fig. 4, — Versl. dazu S. 306—309. §. 19. Vom Froschunterbrecher bei Versuchen an Zitterfischen. 227 :seiner reizenden Theile. In den Fischversuchen dagegen geschieht die Reizung durch einen Zweigstrom, der auf sehr verschiedene Weise dem Theil des Schh^ges entlehnt wird, welcher durch das Wasser der Ver- suchswanne geht. Insofern der Reiz dabei stets ein Maximalreiz l)leibt, kommt darauf weniger an, [162] dass er oberhalb des Maximums bald grösser, bald kleiner ausfällt. Was dagegen sehr in Betracht kommt, ist, dass der Reiz in unserem Falle keine zu vernachlässigende, ja nicht einmal eine beständige Dauer hat. Man kann ihn nämlich offenbar als einen an Dauer die Schliessungszeit übertreffenden Maximalreiz auffassen; da die späteren Stadien des Vorganges ohne Bedeutung für die Schliessungs- zeit sind, also gleichsam als würde der Nerv während der ganzen Schliessungszeit, sie sei kurz oder lang, mittels einer stetigen, sehr ausgiebigen Stromschwankung bis zum Maximum tetanisirt. Die Schliessungszeit für eine bestimmte Ueberlastung wird, alles Uebrige gleich gesetzt, in den Fischversuchen also kleiner sein, als in den Helm- HOLTz'schen oder in den oben S. 222 von uns angestellten Versuchen, und die Schhessungszeiten und Ueberlastungeu werden dort durch eine andere und mehr verwickelte Beziehung verknüpft sein, als hier. Unter diesen Umständen ist es klar, dass, um aus den Versuchen am Frosch- unterbrecher auf Verlauf und Dauer des Zitterwelsschlages weitere Schlüsse zu ziehen, zuerst noch Messungen der Zeit anzustellen wären, die beim Tetanisiren in obiger Art zwischen Beginn der Reizung und Heben der Ueberlastung verfliesst. Bei alledem bleibt noch die Möghchkeit zu erwägen, wodurch auch diese Auskimft entwerthet würde, dass es sich am Zitterwels nicht immer um einen Maximalreiz handele, und dass auch noch so der wechselnde Verlauf des Schlages von Einfluss auf die Schüessungszeit werde. ^ ^ [Der Froschunterbrecher hat sich noch in anderen Versuchen, als solcher an Zitterfischen, nützlich gezeigt. Indem Hr. Kosenthal zwischen k und Je, ein elektromagnetisches Läutewerk einschaltete, welches jede Oeffnung des Kreises mit einem Glockenschlage beantwortet, befähig-te er den Unterbrecher, so kleine Ver- kürzungen von Muskeln anzugeben, dass sie anders nicht wohl zu bemerken wären. In dieser Form diente ihm der Unterbrecher zui- Bestimmung der Kraft von Frosch- muskeln (Comptes rendus etc. 1867. t. LXIV. p. 1143); auch erlaubt er bequem den HERMÄNN'schen Versuch zu wiederholen, in welchem trotz wachsender Belastung (im HELMHOLTz'scheu Sinne) stets fast dieselbe Stromstärke minimale Zuckung aus- löst (Archiv für Anatomie u. s. w. 1861. S. 369).] 15^ IX. Ueber den zeitlichen Verlauf voltaelektri scher Indiictionsströme. (Gelesen in der Gesanimtsitzung der Königl. Akademie der Wissenschaften am 26. Juni 1862.) i §. L Abänderung des Magnetelektromotors durch Hrn. Helmholtz. Fast stets, wenn man Nenen oder Muskeln zu tetanisiren hat, ist es wünschenswerth , dass der tetanisirende Strömungsvorgang aus ah- wechsehid gerichteten, sonst aber gleich beschaffenen Strömen bestehe. Unerlässlich ist dies sogar, wenn es sich um die Beobachtung der nega- tiven Schwankung des Nervenstromes beim elektrischen Tetanus handelt. Sind nämhch die Ströme nach der einen Richtung stärker als die nach der anderen, so^ heben, auch wenn in beiden dieselbe Elektricitätsmenge sich abgleicht, die beiden Phasen des Elektrotonus einander nicht völhg auf, sondern es bleibt, abgesehen von der [373] natürüchen Ueberlegen- heit der positiven Phase, oder, wie wir jetzt sagen können, des Anelek- trotonus, sofern er sich elektromotorisch geltend macht, ^ ein Unterschied der Phasen zu Gunsten der schwächeren und langsameren Ströme übrig, der sich algebraisch zur negativen Schwankung liinzufügt, und leicht Täuschungen veranlassen kann, wie dies vermuthlich Hrn. Moleschott begegnet ist. ^ In der That erfüllen unsere voltaelektrischen Inductionsvorrichtungen. z. B. der Schlitten-Magnetelektromotor, bei der gewöhnlichen Einrichtung jene Bedingung nicht. Die Schüessungsschläge daran sind physiologisch 1 Monatsberichte u. s. w. 1862. S. 372. 2 Pflüger, Untersuchungen über die Physiologie des Electrotonus. Berlin 1859. S. 431. 3 Moleschott's Untersuchungen zur Naturlehre des Menschen und der Thiere. 1861. Bd. VIII. S. 1; — E. DU Bois-Reymond im Archiv für Anatomie u. s. w, 1861. S. 786; — JoH. Eanke ebendas. 1862. S. 241. §. 1. Abänderung des Magnetelektromotors durch Hrn. Helmholtz. 229 viel weniger wirksam als die Oeffnuiig-sschläge, mit anderen Worten, jene sind viel scliAvächer aber anhaltender als diese, diese ^iel stärker aber flüchtiger als jene. In dem Maasse ist dies der Fall, dass an den ge- wöhnlichen Magnetelektromotoren bei subjectiver Prüfung zwischen metallenen Handhaben der Schüessungsschlag unter denselben Umständen kaum verspüi-t wird, wo bereits der Oeffuungsschlag kaum erträghch ist; und dass beim Versuch am stromprüfenden Schenkel die Zuckimg durch den Schüessungsschlag erst bei einem Rollenabstand von etwa 20''™ auf- tritt, während der Oeflfnungsschlag nicht selten noch über den grössten Abstand hinaus Zuckung bewirkt, den das Geleise den beiden Rollen zu «rtheilen erlaubt. Hr. Jos. Henry (damals in Princeton, New -Jersey, später in Washington) hat den Grund dieses Verhaltens sehr früh darin erkannt, dass sich beim Schliessen in der Hauptrolle der Extrastrom in entgegen- gesetzter Richtung des Kettenstromes bildet und das Entstehen dieses letzteren verzögert, während beim Oeffnen dem entsprechenden Extrastrom der Weg abgeschnitten ist. ^ [374] Der Unterschied zwischen dem Schliessungs- und dem Oeff- nungsschlage Avird daher um so kleiner, aus je weniger Windungen und je lockerer die Hauptrolle gemckelt ist, da mit der Zahl und Nähe ihrer W^indungen die elektromotorische Kraft des Extrastromes wächst; und ich muss es einen besonderen Glücksfall nennen, wodurch mir manche Schwierigkeit und vielleicht manche Täuschung erspart worden ist, dass ich der Hauptrolle der Inductionsvorrichtung , die ich mir im Beginn meiner Untersuchungen baute, auf etwa einen Fuss Länge nur einige dreissig Windungen gab. ^ Inzwischen würde sogar noch in einem gerade ausgespannten Drahte durch Induction der prismatischen Fäden, in die man sich den Draht zerlegt denken kann, auf einander, ein Extrastrom entstehen, während die Induction auf einen benachbarten Draht dabei 1 Transactions of the American Philosophical Society held at Philadelphia etc. New Series. i». t. VIIL 1843. p. 7. 8. §. 19. (1840); — The Philosophical Magazine etc. New and united Ser. etc. 1841, vol. XVin. p. 488; — Poggen- dorff's Annalen u. s. w. 1841. Bd. LIV. S. 87. 2 Vergl. Untersuchungen über thierische Elektricität. Bd. I. S. 447; — Bd. II. S. 405. 406; — E. DU Bois-Reymond, Ueber das angebliche Fehlen der unipolaren Zuckung beim Schliessungsinductionsschlage. Im Archiv für Anatomie u. s. w. 1860. S. 857. — S. 858. Z. 11 und 12 von unten muss es hier beiläufig statt: „die jenem Potential umgekehrt proportionale Steilheit der Curve, in der das Potential u. s. w." heissen: „die mit dem Wachsen jenes Potentials abnehmende Steilheit der Curve, in der die elektromagnetische Resultante u. s. w." 230 IX. Ueber den zeitlichen Verlauf voltaelektrischer Inductionsströme. schwerlich noch stark genug bliebe, um die grossen Widerstände, die in den elektrophysiologischen Versuchen vorkommen, erfolgreich zu über- winden. Eine andere Art, den Anfangsextrastrom zu verkürzen, ist auch schon von Hm. Heney in's Werk gesetzt worden. Sie besteht darin, den Widerstand zu erhöhen, den der Anfangsextrastrom zwischen den Enden der Hauptrolle antrifft., und so diesen Strom bis zur Unmerküch- keit zu schwächen. Soll dabei noch die Induction in der Nebenrolle merküch bleiben, so muss der Widerstand dadurch erhöht werden, dass man, statt einer einfachen Kette, eine delghedrige Säule als Stromquell anwendet. Dabei wird, nach Hrn. Hekrt's Ter- [375] suchen, der Schhessungsschlag dem Oeffnungsschlage nicht bloss gleich, sondern sogar überlegen. 1 Der letztere L'mstand erklärt sich aus den Beobachtungen der Hm. Edlund^ und Rijke,^ wonach che Schliessungsinduction auch bei den sogenannten beständigen Ketten die Oeffuuugsinduction übertrifft. Wie man sieht, war Hr. Henkt bereits auf dem Wege subjectiv- physiologischer Prüfung zu demselben Ergebniss gelangt, welches neuer- diugs Hr. Beetz ^ aus der Beobachtung des Hrn. Hipp gefolgert hat, wonach die Kraft von Elektromagneten bei gleicher Stärke des magneti- sirenden Stromes rascher ansteigt, wenn dieser von einer Säule, als wenn er von einer Kette stammt. Anstatt den Anfangsnebenstrom auf diese Weise zu verkürzen, kann man nun aber auch den Unterschied zwischen beiden Strömen dadurch verringern, dass man den Endnebenstrom verzögert. Schon Hi*. Heney hatte gezeigt, dass wenn man dem Hauptstrom statt durch Oeffnen der Kette, durch Schliessen einer Nebenleitung zur Rolle ein Ende macht, der entsprechende Schlag von der Nebenrolle aus ebenso unmerklich werde, wie der durch das Schüessen der Kette oder durch das Oeffnen der Nebenleitung erlangte.^ Alsdann nämüch kann sich der in der Hauptrolle durch das Verschwinden des Stromes inducirte Strom durch die Nebenleitung ergiessen, was ebenso die allmähüche Abnahme des Stromes in der Hauptrolle zur Folge hat, \^ie der Aufangsextrastrom das allmähüche Ansteigen des Stromes. 1 Transactions etc. 1. c. p. 4. §. 8. 9; — The Philosophical Magazine etc. 1. c. 484. 485; — Poggendorff's Annalen u. s. w. A. a. 0. S. 85. 2 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1849. Bd. LXXVn. S. 182. 3 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1857. Bd. CIL S. 508. ■^ Poggendorff's Annalen u. s. w. 1857. Bd. CII. S. 557. 5 Transactions etc. 1. c. p. 7. §.18; — The Philosophical Magazine etc. 1. c. 487. 488; — Poggendorff's Annalen u. s. w. A. a. 0. S. 87. §. ]. Abänderung des Magnetelektromotors durch Hrn. Helmholtz. 231 Diese Erfahrung hat neuerdings Hr. Helmholtz benutzt, um den zeitlichen Verlauf der beiden Schläge des Magnetelektromotors mehr gleichmässig zu machen. Dazu lässt er den [376] Anker, indem dieser vom Ele^ktromagnet angezogen wird, nicht die Kette öffnen, was die ursprüngliche WAGNER'sche Einrichtung ist, sondern eine Nebenleitung schhessen, die den Strom der Kette in den Windungen des Elektro- magTietes und der Hauptrolle schwächt. Fig. 14. Obige Figur zeigt halb schematisch die neue Einrichtung, wie sie in der Werkstatt der Hm. Siemens und Halske an den Schhtten- Magnetelektromotoren fortan stets angebracht wird, auch leicht nach- träglich an älteren Exemplaren anzubringen ist. K ist die Kette, R^ die Haupt-, Ry die Nebenrolle. Die Nebenleitung mrd gebildet durch die Messingsäule, welche die Feder trägt, und nur an ihrem Fuss mit einer zweiten Klemmschraube u versehen wird, den Theil der Feder bis zu einem ihrer unteren Fläche angelötheten Platinplättchen, das dem schon immer an ihrer oberen Fläche befindlichen entspricht, [377] und eine neue Säule, die gerade unterhalb des Plättchens dort sich erhebt, wo sonst nur die Klemmschraube für den Zinkpol der Kette sich befand. Die letztere Säule trägt eine oberhalb in einen Platinstift ausgehende Schraube S empor, und die Nebenleitung wird geschlossen, indem bemi Anziehen des Ankers das untere Plättchen an der Feder jenem Stift begegnet, wie früher die Kette dadurch, dass das obere Plättchen beim 232 IX. Ueber den zeitlichen Verlauf voltaelektrisclier Inductionsströme. Zurückschiielleu des Ankers den Stift an der Schraube S\ traf. Das Spiel der Feder geht dal)ei so gut von statten, wie sonst, nur etwas langsamer, wegen der, mit deiii Strom, jetzt allmähhch sinkenden Ki'aft des Elektro- magnetes. Auch ist die Bedingung dafür, dass der Magnetelektromotor beim Schüessen der Kette in Gang komme, ohne dass man die Feder in Schwingung versetzt, jetzt die umgekehrte von vorhin, d. h. die Feder darf in der ßuhe dem Stift nicht anliegen, wie es die Figur zeigt, wenn der Anker beim Schliessen des die Kette enthaltenden Umganges an- gezogen werden soll, da alsdann der Strom vom Elektromagnet abge- blendet ist und die Anziehung des Ankers nur die Feder dem Stift stärker andrückt. Die neue Einrichtung gewährt bedeutende A^ortheile. Erstens sind die beiden Ströme einander in ihrem Verlaufe wirküch sehr nahe ge- bracht. Der Unterschied der ßollenabstände , bei denen Oeffnen mid Schliessen der Xebenleitung Zuckung eines stromprüfenden Frosch- schenkels be^Adrkt, dessen 'New die Nebenrolle schliesst, beträgt nur noch wenige Centimeter. Da es der Endnebenstrom ist, der sich in seinem Verlaufe dem Anfangsstrome genähert hat, so ist die physiologische Wirkung der Induction im Ganzen freihch sehr geschwächt. Beide Zuckungen, die durch den End- wie die durch den Anfangsstrom, er- folgen jetzt erst bei einem ßollenabstand ähuhch dem, wobei früher die letztere Zuckung auftrat, und bei subjectiver Prüfung erhält man gar keinen Schlag mehr bei einem Rollenabstande, wo man bei der älteren Einrichtung sehr ansehnhche Wirkung vom Oeffnungsstrom verspürte. Immerhin reicht die Stromstärke für die grosse Mehrzahl der elektro- physiologischen Versuche aus, und sollte dies ausnahmsweise nicht der Fall sein, so bleibt es unl)enommen, in jedem Augenbhck zur älteren Einrichtung dadurch zurückzukehren, dass man die Verbindung ccßS^ [378] abbricht, und die beiden Schrauben S und iS'^ senkt, um die obere in den Bereich der Schwingungen der Feder zu bringen, die untere aus diesem Bereich zu entfernen. Zweitens wird l)ei der neuen Einrichtung der Funke zwischen Stift und Platte auf den Trennungsfunken einer einfachen Kette beschi'änkt. ^ So wird nicht allein die mit der Funkenbildung verbundene Al)nutzuug der Berührungsstelle, sondern auch die Ungleichmässigkeit im Verlauf der 1 Der Funke wird, freilich auf Kosten der Stromstärke in der Hauptrolle, ganz vermieden, wenn man zur Hauptrolle eine zweite dauernd geschlossene Neben- leitung von passendem Widerstand anbringt. Vergl. Wundt im Archiv für Ana- tomie u. s. w. 1859. S. 538. — [Helmholtz, Die Lehre von den Tonempfindungen. S. 583.] §. 1. Abäuderung des Magnetelektromotors durch Hrn. Helmholtz. 233 Ströme vermindert, welche daher rührt, dass sich dort, mit er dem Ein- fluss des Fimkens, die Gestalt der Metalle stets verändert. Während daher sonst, wenn bei spielender Feder die Nebenrolle allmählich der Hauptrolle genähert wurde, zuerst einzelne Zuckungen auftraten, welche von besonders raschen Oeffiiungen der Kette herrührten, erhält man jetzt, sobald überhaupt Wirkung stattfindet, einen vergleichsweise stetigen Tetanus, so dass man in günstigen Fällen förmlich unter dem Maximum tetanisiren kann. Endlich drittens ist die Gefahr, durch unipolare Wirkmigen getäuscht zu werden, bei der HELMHOLTz'schen Einrichtung des Magnetelektro- motors sehr vermindert, ja unter den gewöhnlichen Umständen, wie sich aus Hrn. Pflügek's Versuchen ergiebt, ^ als ganz beseitigt anzusehen. [Beachtung verdient, dass bei dieser Einrichtung die Fern^^^I•kung der Hauptrolle sehr viel grösser ist als bei der ursprünglichen. Dies ist die nothwendige Folge davon, dass bei der ursprüngMchen Einrichtung das Verhältmss der Zeit, während welcher die Kette gesclilossen ist, zu der, während welcher sie offen steht, ein sehr kleines ist, während bei der neuen Einrichtung, bei als gleich vorausgesetztem Spiele der Feder, das Verhältniss der Zeit, während welcher die Nebenschhessung den Strom in der Hauptrolle schwächt, zu der, während welcher diese Schwä- chung nicht stattfindet, ein eben so kleines ist.] §. n. Bezeichnung der hier noch zu lösenden Aufgabe. Beim Anstellen des obigen Versuches über den verschiedenen Rollen- abstand, wobei jetzt die Zuckungen auftreten, zeigt sich, dass der End- nebenstrom nicht allein seine Uel^erlegenheit in physiologischem Bezüge eingebüsst hat, sondern dass er sogar der minder wksame, also der von langsamerem Verlauf, geworden ist. [Beim Tetanisiren eines Nerven überwiegt jetzt die Reihe elektrotonischer Stromzuwachse, welche von den Endströmen herrührt, weil diese die längeren und schwächeren werden.] Da so der Endnebeustrom gleichsam über das Ziel liinaus verzögert er- scheint, entsteht die Frage, ob sich nicht Umstände herstellen lassen, unter denen seine Verzögerung [379] auf dem richtigen Punkte stehen bleibe, und beide Ströme ganz gleichen Ver- lauf nehmen? Hr. WuNDT, dem wir die einzigen bis jetzt ül^er die neue Gestalt des Magnetelektromotors veröffentlichten Nachrichten verdanken, hat denn auch bereits die Behauptung aufgestellt, dass der inducirende Strom dann 1 Vergl. Archiv für Auatomie u. s. w. 1860. S. 857. 234 I^' Ueber den zeitlichen Verlauf voltaelektrischer Inductionsströme. mit vollkommen derselben Geschwindigkeit falle, mit der er ansteige^ folglich auch der Verlauf der beiden Nebenströme vollkommen der näm- liche werde, wenn der Widerstand der Nebenleitung gegen den der Kolle und den der Kette verschwinde.^ Dies wäre eine Thatsache von erheblichem Belang. Eine Reihe der wichtigsten Versuche, die ich oben bereits andeutete, würde dadurch ausnehmend erleichtert und vereinfacht^ da es nicht die mindeste Schwierigkeit hätte, die von Hrn. Wundt an- gegebene Bedingung zu verwirklichen. Hr. Wundt hat indess für seine Behauptung keinen Beweis mitgetheilt, und eine etwas genauere Prüfung lehrt, dass sie nicht richtig ist. Die Bedingung dafür, dass die Induction zu Anfang und zu Ende gleichen Verlauf nehme, oder für die Congruenz der diesen Verlauf darstellenden Curven, ist eine andere, und zwar schwieriger zu erfüllende, als die von Hrn. Wundt bezeichnete. Den zeitlichen Verlauf von luductionsströmen zu bestimmen, ist mit Hülfe der von Hrn. Helmholtz aufgestellten und durch den Ver- such bewährten Grundsätze^ im Allgemeinen leicht thunlich, nur dass man dabei sogar in sehr einfachen Fällen bereits auf unmässig ver- wickelte Ausdrücke geführt wird. Zwar wenn wir uns bloss an die Er- mittelung jener Bedingung halten wollten, könnten wir die Aufgabe sehr vereinfachen dadurch, dass wir nur die Induction in der Hauptrolle be- trachteten, ohne Rücksicht auf die Gegenwart einer Nebenrolle. Denn es ist deutüch, dass im Fall der Congruenz die Induction der Nebenrolle auf sich selber und deren Rückwirlomg auf den Inducenten kernen Unterschied im Verlauf der Ströme herbeiführen können, weil sie näm- üch sell)er gleich verlaufen. Inzwischen schien es mir wünschenswerth, das Problem etwas allgemeiner zu behandeln, um zugleich zu einer klaren Vorstel- [380] lung vom zeithchen Verlauf der in einer Nebenrolle, wie auch der in der Hauptrolle bei Gegenwart einer NebenroUe inducirten Ströme zu gelangen. Hr. Helmholtz hat wohl bereits ganz allgemein die Aufgabe gelöst, den Verlauf der Induction in einer beliebig ver- zweigten Leitung anzugeben, worin sich beliebig vertheilt constante elektromotorische Kräfte und auf sich selber wie aufeinander einwirkende Rollen befinden.^ Dieser Fall lässt sich auf den unsrigen zurückführen, wenn man sich die Nebenrolle so in eine Zweigleitung eingeschaltet denkt, dass sie von keinem merklichen Antheil des Kettenstromes durch- flössen wird, am einfachsten, wenn man sie als eine am inducirenden Kreise zwischen Kette und Hauptrolle angebrachte Zweigleitung ansieht, 1 A. a, O. und S. 550. 2 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1851. Bd. LXXXIII. S. 505. 3 A. a. O. S. 511—514. §. 2. Bezeichnung der hier noch zu lösenden Aufgabe. 235 und den Widerstand der zwischen ihren Enden begriffenen Strecke = setzt. Indessen hat bisher weder der Schöpfer jener Theorie, noch meines Wissens sonst jemand, eine solche Anwendung davon veröffentücht. Unsere Kenntniss des Verlaufes der Inductionsströme in Nebenrollen be- schränkt sich zur Zeit noch auf einige von Hrn. Beetz ausgeführte Messungen,^ und auf die von Hrn. Helmholtz, ausserhalb seiner allge- meinen Formel, für den Nebenstrom durch Oeffnen der Kette gegebene Bestimmung. 2 Ich glaube deshalb, dass die folgende Auseinandersetzung nicht als ganz überflüssig erscheinen werde. Ich habe dabei der ange- deuteten Herleitung aus der allgemeinen Formel die selbständige Auf- stellung der Gleichungen vorgezogen, indem so eine für uns zwecklose Verwickelung vermieden wird. Wir betrachten zuerst nur einen inducirenden Kreis, in dem sich eine Kette, dem gegenüber sich ein inducirter Kreis befindet, und durch dessen Schhessung und Oeffnung die Induction gescliieht. Es sei A die elektromotorische Kraft der Kette; IV der Widerstand des inducirenden Kreises (der Hauptrolle und der Kette zusammengenommen) ; w„ der Widerstand des inducirten Kreises (der Nebenrolle [381] und etwa zwischen deren Enden begriffener Leiter zusammengenommen);, F das Potential der Hauptrolle auf sich selber; n das Potential der Nebenrolle auf sich selber; endhch Q das Potential der beiden Rollen aufeinander. Die Potentiale denke man sich überall noch mit der Inductionsconstanten (Hm. Neumajstn's e) multiphcirt, oder, was für uns auf Eins heraus- kommt, die Widerstände in einer solchen Einheit ausgedrückt, dass die Inductionsconstante = 1 wird.^ Die Inductionskräfte der ausserhalb der Rollen gelegenen Kettentheile werden vernaclilässigt. Ferner wollen wir mit I die Stärke des von der Zeit unabhängig gewordenen inducirenden Stromes, mit /„, 7« diese Stärke als Function der Zeit bezeichnen, je nachdem es sich um Anfang oder Ende oder um Steigen oder Fallen des Stromes handelt, gleichviel ob das Steigen oder Fallen die Folge sei des Schüessens oder Oefihens des Kreises, wie in dem zunächst, oder des Oeffnens oder Schüessens einer Nebenleitung, wie in dem später zu zergliedernden Falle. Ebenso soll ?« , ie die Stärke des in der Nebenrolle inducirten Stromes als Function der Zeit bezeichnen. 1 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1858. Bd. CV. S. 514. 2 A. a. O. S. 536. 537. 3 Vergl. Kirchhoff in Poggendorff's Annalen u. s. w. 1849. Bd. LXXVI. S. 426; — Helmholtz ebendas. 1851. Bd. LXXXni. S. 508. l236 IX. Ueber den zeitlichen Verlauf voltaelektrischer Inductionsströme. je nachdem es sich um einen durch Anfang oder Ende, oder durch das •Steigen oder Fallen des Hauptstromes inducirten Strom handelt, gleich- viel natürhch wiederum wie die inducirende Stromschwankung herbei- geführt wurde; und in derselben Weise wollen wir die entsprechenden Hülfsgrössen, deren ^vir bedürfen werden, in jenen beiden Zeitabschnitten von einander unterscheiden. Die Dauer des Schüessens und Oeflhens der Kette setzen wir stets = 0, d. h. wir nehmen keine Kücksicht darauf, dass in Wirklichkeit, -auch ohne dass die Induction sich einmischt, der Strom nicht in einem nntheilbaren Augenbhck von Null bis zu der ihm durch die OnM'sche Formel vorgeschriebenen Stärke anwächst, oder von dieser Höhe zu Null herabfällt, sondern dass, ganz abgesehen von Verzögerungen, welche im Wesen des elektrischen Vorganges liegen, unstreitig ein allmähUches Ab- [382] nehmen oder Wachsen des Widerstandes der Berührungsstelle (lie Natur eines solchen Sprunges überhebt. Fig. 15. Fig. 15 ist bestimmt, die Verhältnisse, die sich uns im Folgenden darbieten werden, zu versinnlicheu. Sie zeigt in ihren beiden oberen Abtheilungen A und E den Verlauf des Hauptstromes zu Anfang und Ende des Stromes, in ihren beiden unteren Abtheilungen a und e den des Nebenstromes in denselben Zeitabschnitten. Die den einzelnen CuiTen beigesetzten Zahlen entsprechen den arabischen Ordnungszahlen der da- §. 2. Bezeichnung der hier noch zU' lösenden Aufgabe. 231 durch vorgestellten Gleichungen. Die ausgezogenen Ckirven beziehen sich auf den Fall der Schhessung und Oeffnung der Kette, die gestrichelten auf den der Oeffnung und Schliessung der Kebenleitung. §. in. Induction in der Nebenrolle durch Oeffnen des inducir enden Kreises. Was sich bei Oeffnung des inducirenden Kreises zutrage, ist, wie bemerkt, schon von Hrn. Helmholtz selber [383] aus den von ihm aufgestellten Grundsätzen abgeleitet worden. Wir nehmen an, dass der inducirende Strom in der Ordinate 0/ = — , die in Eig. 15 i? mit 1 lö bezeichnet ist, zu Null herabfalle. Der inducirte Strom, sofern er die Oeffnung der Kette überdauert, rührt nur von secundärer Induction her, die die Nebenrolle auf sich selber ausübt; und da der Kettenkreis ge- öffnet ist, bleil)t die Kückwirkung des inducirten Leiters auf den indu- cirenden ohne Einfluss auf den Vorgang, soweit Avir ihn betrachten. Man hat n die Das Integral ist * w. ' dt . , -TT' wo e die Basis der natürlichen Logarithmen und C die Integrations- constante bedeuten. Letztere bestimmt sich, wenn man erwägt, dass >G0 ät^^ sein solle, zu Eoklich ist Der Endnebenstrom hel)t i»lötzlich an mit dem endhchen Werthe der, unabhängig vom Widerstände des inducirten Kreises und vorni '238 IX. Ueber den zeitlichen Verlauf voltaelektrischer Inductionsströme. Potential der Hauptrolle auf sich selber, nach Umständen kleiner, oder, wie es in der Figur dargestellt ist, grösser ausfällt als die beständige Stärke / des Hauptstromes. Von diesem Anfangswerthe sinkt alsdann der Endstrom um so lang- [384] samer herab, je kleiner der Wider- stand des tnducirten Kreises und je grösser das Potential der Nebenrolle auf sich selber, um sich zuletzt asjmptotisch der Zeit anzuschhessen. (CuiTe 2). §. IV. Induction durch Schliessen des inducirenden Kreises. Beim Schliessen des inducirenden Kreises gestaltet sich die Sache verwickelter. Der Vorgang im inducirenden Kreise setzt sich nänüich jetzt zusammen aus dem Strom der Kette, der Induction der Hauptrolle auf sich selber und der Rückwirkung der Nebenrolle auf die Haupt- rolle, oder Der Vorgang im inducirten Kreise setzt sich ebenso zusammen aus der Induction der Hauptrolle auf die Nebenrolle und aus der der letzteren RoUe auf sich selber, oder Man hat also zwei simultane Dilferentialgleichungen, welche nach gang- baren Regehl behandelt, zuerst die Form annehmen: ~j - Ra h + Sia = - T, (I) ^ + Uala- Via = W, , (H) wo Ba, S, Ta, Ua, V, Wa, WCUU W Q^' Coefficienten von folgender Bedeutung sind: A ' A la- -^, f^a- -^. Nennen wir Aveiter von den beiden Wurzeln der Gleichung 0„2 Ua + 'K {V — Ba) = S, [385] nämüch 2wQ - y w '^ \ 2 ?r Q j ' §. 4. Induction durch Schliesseu des iuducirenden Kreises. 239 die mit positiver WurzelgTÖsse (>„ ^ai, die mit negativer Oag, und setzen wir Wai La Ua - ^ [Pü — Q^) "^ ' iv„F + wU + 2 t<;Q(>a ^ „ 2 (pn — Q2) - -^«2» so erhalten wir das allgemeine vollständige Integral der obigen Differential- gleichungen in folgender Gestalt: y\o e wiederum die Basis der natürlichen Logarithmen und C^, C^ die beiden Integrationsconstanten vorstellen. Zur Bestimmung der letzteren dienen die Beziehungen la = für t = 'X J u\ Man findet C, = C, = — , und schhesshch w h = ^^^\2üa + ^a,.e ~^\,.e I (3) Die Ordinate des Anfangsnel^enstromes ist, wie man sieht, der negativ zu nehmende Unterschied der Ordinaten zweier Expo- [386] nential- curven von gleichem Anfangswerthe, aber verschiedener Steilheit. Da 0«i < 6^2 , ist dieser Unterschied positiv; der Anfangsnebenstrom hat die entgegengesetzte Richtung von der des Hauptstromes und des End- nebenstromes. Die Form der resultirenden Curve (4, Fig. 15. a) stimmt im Allgemeinen mit den oben S. 235 erwähnten Messungen des Hm. Beetz ; ein genauerer Vergleich ist natürüch nicht ausführbar. Für ^ = ist ia = 0, und dl^ dia 240 IX. Ueber den zeitlichen Verlauf voltaelektrischer Inductionsströme. die Indiiction durch den entstellenden Xebenstrum hebt in dem inducirten Kreise die durch den entstehenden Hauptstrom im ersten Augenblicke gerade auf. Für t = cc schüesst sich die Curve der Abscissenaxe an. Dazwischen liegt ein Maximum. Setzt man in dem zweiten Differential- (|uotienten von ia nach t t =^ 0, so erhält man einen positiven Werth; die Curve ist am Nullpunkt concav gegen die Abscissenaxe. Aus ihrem allmählichen Aufsteigen zu einem in endlicher Entfernung vom Null- punkte gelegenen Maximum im Gegensatz zum plötzüchen Auftreten des Endnebenstromes in endlicher Grösse auf dem Nullpunkt selber erklärt sich die grössere physiologische Wirkung des letzteren. Setzt man t = in dem ersten Differentialquotienten von /« nach t, so erhält man _ ^ (P = 11) könnte Q selbst 1 A. a. 0. S. 510. 511. 2 [Im Text ist übersehen, dass A = oder PH = Q'- von vorn herein zu denselben analytischen Folgen führt, die am Schluss des Paragraphen, S. 244, als Folge von P = 11 = Q sich angegeben finden.] K. du Bois-Reymond, Ges. Abb. I. 16 2-42 IX. Ueber den zeitlicheu Verlauf voltaelektrischer Inductionsströme. in diesem Falle nie werden. Inzwischen büebe der Beweis zu führen übrig, dass allgemein Q^ me =, geschweige > Pfl werden könne. Kaum bemerkt zu werden braucht endhch, dass so wenig für den Haupt- wie für den Nebenstrom die beiden Exponentialcurven eine andere als eine analytische Bedeutung haben, und dass sie nicht etwa getrennt die beiden Inductionen vorstellen, die in jeder Rolle stattfinden. Eine grosse Vereinfachung in den Ausdrücken wird dadurch herbei- geführt, dass man w = tv^, P = W setzt, was A'erwirkhcht 'würde, wenn man zwei gleiche Rollen von solchem Widerstände nähme, dass der Widerstand der Kette und der ausserwesentliche Widerstand im indu- cirten Kreise dagegen verschwänden. Alsdann Avird Pa = 1, ^a\i = + 1> Oa, = — 1, oder \ielmehr man bedarf der Hülfsgrösse , den der Nebenleitung, welcher u\i, und den des Zweiges, der die Hauptrolle enthält, welcher us heissen soll. Die lÜECHHOFF'sche Combination^ dieser Widerstände,. "■*»<'« + "'«"'« + "aw'sj heisse N, E aber eine andere häufig auftretende Combination dersel])en Grössen, nämlich der Unterschied 1 ""n >r, + >r, iV' [392] der, mit A multiplicirt, die durch das Schüessen der Nebenleitung in der Hauptrolle bewirkte Stromabnahme misst. Da das Oeffnen der Nebenleitung dieselben Verhältnisse herstellt, wie das Schliessen der Kette im vorigen Paragraphen, so bleiben unsere Ausdrücke unverändert bis zur Constantenbestimmung, nur dass für lo 1 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1847. Bd. LXXII. S. 497. §. 6, Induction durch Schliessen einer Nebenleitung zur Hauptrolle. 245 Überall tv/t +.?r, zu setzen ist. Für die Constantenbestininiung aber gelten hier die Bedingungen /« = ^— für t = 0, ix i^. dt = ^ Man findet C^ = Cg = ^H, und demgemäss §. VI. Induction durch Schliessen einer Nebenleitung zur Hauptrolle. Bei dem Schhessen einer Nebenleitung zur Hauptrolle l)leibt der Gang der Kechnung derselbe, aber bereits die Constanten der simultanen Differentialgleichungen werden zum Theil andere. Man hat nämUch zwar noch dit die aUein die andere Gleichung lautet jetzt leN = . Demgemäss wird leN = Aicn - {w, + ^v,) P.~- («'. + ^v„) Q . ^ [393] y^ ^ tc^AU ^ ^ IV, AQ [Wk + Wn) A' (Ji'i- + W„) A' -S' und F behalten ihre Bedeutung. Die Hülfsgrösse Beim Oeffnen der Nebenleitung steigt er von hier zur Stärke nach einem ähnlichen Gesetze an, wie früher vom Nullpunkte (Fig. 15. A^ Curve 5). Der Verlauf des Nebenstromes (Fig. 15. a, Curve 6) ist auch ähnlich dem beim Schhessen der Kette, nur dass, ida die Stromschwan- kung kleiner ist, auch der Flächenraum abgenommen hat, den die Curve mit der Abscissenaxe begTenzt. Beim Schhessen der Nebenleitung fügt sich diesmal der Extrastrom, dessen Verlauf durch die beiden Exponential- glieder dargestellt Mird, zum beständigen Strome " hinzu, so dass §. 6. Iiuliiction durch ScMiessen einer Nebenrolle zm- Hauptrolle. 247 der Hauptstrom nicht mehr plötzUch, sondern allmählich abfällt nnd sich Ate asymptotisch der Geraden — ^" nähert, von der er ausging (Fig. 15. E, Curve 7). Der Endneheustrom aber hat nunmehr einen dem des Anfangs- nebenstromes ähnlichen Verlauf (Fig. 15. e, Curve 8). Für ^ = findet man ch'a die ~dt ^ ~dt' Das Yerhältniss, wie es die durch Schliessen und Oeffuen der Kette in- ducirten Ströme /« und /« bieten, hat sich also hier, nach der Anfangs- steilheit zu urtheilen, umgekehrt. Der Anfangsnebenstrom hat den rascheren und steileren Verlauf, wie es in der Figur zu sehen ist. Dies ist, wie man sich erinnert, genau der Erfolg, den wir oben S. 233 mittels des stromprüfenden Schenkels beobachtet haben. §. Vn. Bedingungen der Congruenz der Anfangs- und Eudinduction. Es handelt sich nun darum, die Bedingungen auszumitteln , unter denen dieser Unterschied zwischen dem Verlaufe der beiden Ströme, wie er durch die Gleichungen (6) und (8) ausgesprochen ist, verschwindet. Dies wird dann der Fall sein, wenn Qa, ©«u ^a% beziehüch = (>«, He;i, Beo- Untersucht man diese [395] Ausdrücke, so zeigt sich, dass deren Unterschied darauf hinausläuft, dass in Qei- • • überall ^ -^ " steht, wo in p„ . . . Die Bedingung der Congruenz von ?„ und ist also, dass ?^'s + ""i- = f's 4- "'i- . ^ — (HI) Man sieht sogleich, dass Hrn. Wundt's Angabe entgegen, dieser Gleichung durch u'n = nicht Genüge geschieht. Dagegen »r^ = -würde 'die Gleichung erfüllen. Allein w^* = macht zugleich H = 0, und in der That würde, wenn der Widerstand der Kette gegen den der Rolle und den der Xebenleitung verschwände, das Anbringen und Entfernen der letzteren nach bekannten Gnmdsätzen gar keine Stromschwankung in der Rolle bewirken, so dasS alsdann keine Induction stattfinde. Setzt man dagegen »r^ und u\ zugleich Xull, oder auch n\ verschwindend gegen ^r^, jr^. verschwindend gegen «r«, so ist die Gleichung (IH) erfüllt, 248 IX. Ueber den zeitlichen Verlauf voltaelektrischer Inductionsströme. und die Induction besteht fort, denn H nimmt im ersten Falle den Wert-h an K + "'«)' im zweiten diesen Da aber > SO ist die letztere Anordnung vorzuziehen. Sie wird sich ül)rigens ge- wöhnüch ganz von sell)er hergestellt finden. Dass auch die Extraströme im inducirenden Kreise dm-ch die näm- liche Gleichsetzung einen identischen Verlauf annehmen, braucht kaum bemerkt zu werden. Es ergiebt sich zugleich, dass zum Zweck einer bequemeren Unter- suchung des verschiedenen Verlaufes von ?« und 4 keine Vereinfachung getroffen werden kann, gleich der, welche uns die Ausdrücke (3*) und (4'^) lieferte. Damit eine solche [396] Vereinfachung eintrete, müsste, ausser r = U, ?, zu setzen sei, war bereits oben aus all- gemeinen Grundsätzen hinreichend klar. Man kann diese Beziehungen auch noch so zusammenfassen. Der Unterschied zwischen /„, /« kommt, me wh- sahen, darauf zurück dass, abgesehen von dem gemeinschafthchen Factor E, 1 «•« + i''k in dem ersten Ausdruck ersetzt ist dm-ch [398] n; + »•„ ^ 1 N WkU-n in dem zweiten. Dasselbe gilt für £„, Ä- Die Nenner tc, + n-/, und u's -\ —- — , wodurch sich somit die Ausdräcke für die Anfangs- und für die Endinductiou unterscheiden, sind aber sichtüch nichts, als die Widerstände auf der Bahn der beiden Extraströme. Nennt man diese Widerstände IF^ , JV,, so hat man ?'„, ?; = — f {Wa\ f [W,), Ea, Ee = — F{Wa), F{W,), uud für M'a = We daher — ?; = «.. -Ea = El §. IX. Versuche zur Bestätigung der Theorie. Ich habe nicht unterlassen, mich, so gut lich konnte, durch den Versuch der Eichtigkeit des theoretischen Ergebnisses zu versicheni. Ich besass zwar nicht die Mittel, auch lag es nicht in meinem Plane, dies durch förmhche Messungen, gleich denen des Hm. Beetz, zu thun. Allein wir haben in dem stromprüfenden Froschschenkel ein Reagens von ausserordentücher Feinheit für den zeithchen Verlauf von Strömen, wo- mit wir freihch nicht diesen ^""erlauf in jedem Falle scharf bestimmen, bei der gegenwärtigen Sachlage aber doch mit gTOSser Wahrscheinhchkeit entscheiden können, ob die Ströme, unter den von der Theorie geforderten Bedingungen, ^virküch congruent werden oder nicht. Fallen , bei Her- stellung dieser Bedingungen, die Zuckimgen durch Schüessen und Oeflfnen der Nebenleitung bei gleicher Richtung der Ströme im Nerven gleich stark aus, oder versch^vinden sie bei dem gleichen Rollenabstande, so ist kaum zu zweifeln, dass unsere Theorie richtig sei. Ich verfuhr folgendermaassen. Mt dem einen Ende der HauptroUe eines Schlitten -Magnetelektromotors, aus der das Drahtbündel entfernt §. 0. Versuche zur Bestätigung der Theorie. 251 war, verband ich einen Stöpsel-Rheostat von SiEivrENS und Halske, ^ der einen Widerstand von einer bis 99 Meilen Telegraphendraht zu entfalten erlaubt. Das andere Ende der Rolle und des Rheostats verknüpfte ich mit einer [399] GEOvE'schen Kette der grösseren Art, deren verdünnte Schwefelsäure im Yerhältniss von 1 : 10 gemischt war. Eine möghchst kurze Xebenleitung zur RoUe und zum Rheostat konnte in Quecksilber geschlossen und geöffnet werden. Die Nebenströme führte ein Paar memer unpolarisirbaren Zuleitungsröhren mit Thonstiefeln , wie man sie in Jena passend genannt hat (s. obenS. 163), im feuchten Räume des PPLüGEE'schen Myographions dem Nerven eines Gastroknemius zu, der seine Zuckungen auf der berussten Glasplatte verzeichnete. Endüch ein Stromwender er- laubte den beiden Nebenströmen im Nerven die gleiche Richtung zu ertheilen, Dass bei dieser Anordnung zugleich mit Ws auch P vergi'össert wurde, weil nämhch der Neusilberdraht des Rheostats in Rollen aufge- wickelt ist, konnte die Congrueuz, falls sie überhaupt zu Stande kam, nicht beeinträchtigen. War der Rheostat auf NuU gestellt, und es wurde die Nebenrolle aUmähhch der Hauptrolle genähert, so erschien, dem oben S. 233 Ge- sagten gemäss, zuerst bei etwa 20*^"" Rollenabstand die Anfangszuckung bei aufsteigendem, dann wenige Millimeter näher die bei absteigendem Strome. Der aufsteigende Strom hat vermuthhch die Oberhand, weil nach Hrn. Pflüger's Ermittelungen die Schliessungszuckung dieses Stromes es ist, die l)ei allmählich gesteigerter Stromstärke zuerst er- scheint, ^ die Nebenströme aber, weil sie steiler anheben als abfallen, in ihrer zuckimgerregenden Wirkung dem Schhessen eines beständigen Stromes vergleichbar sind, wie schon Hr. Rosenthae aus anderen Gründen erschlossen hat. ^ Etwa 4 ""^ näher folgten dann ebenso nahe aufeinander die Endzuckimg bei aufsteigendem und die bei absteigendem Strome. Wiirde der Rheostat auf mehr als 12 Meilen gestellt, so erfolgte selbst bei ganz aufgeschobener Rolle keine Zuckung. Bei 12 Meilen war sie da, und es war sichtlich der Unterschied zwischen der Anfangs- zuckung und der Endzuckung liei gleicher Stromrichtung sehr ver- mindert; inzwischen hatte die Anfangszuckung noch ein geringes Uebergewicht. 1 W. Siemens in Poggendorff's Annalen u. s. w. 1857. Bd. CIL S. 75. Taf. I. Fig. 4. — [Das hier von mir benutzte Exemplar besass noch nicht die oben S. 190 erwähnte Einrichtung der Eollen , daher die Bemerkung am Schlüsse des Absatzes.] ■- Untersuchungen über die Physiologie des Electrotonus. Berlin 1859. S. 455. 3 Die Portschritte der Physik im Jahre 1859. Dargestellt von der physikali- schen Gesellschaft zu Berlin. Berlin 186 1. S. 532. 533. 252 I^- Ueber den zeitlichen Verlauf voltaelektrischcr Inductionsströme. [400] Ich ging deshalb zu einem gTüsseren Magnetelektromotor über, den ich vor mehreren Jahren bei den Hrn. Siemens und Halske hatte bauen lassen, um die Angaben der Hrn. Aubert und von TscHiscHWiTZ über die Reizung des centralen Vagusstumpfes zu prüfen. ^ Die Hauptrolle dieses Apparates hat etwa 200, die Nebenrolle 9845 Windungen. Hier erhielt ich, auch bei 99 Meilen Telegraphendraht im Stromzweig der Hauptrolle, Zuckung noch bei gehörigem Rollenabstande, und unter ge\^isseu Bedingungen nunmehr wirkhch von völlig gleicher Grösse durch beide Ströme. Dieser Bedingungen waren im Wesentüchen zwei. Erstens musste die Stromrichtung im Nerven dieselbe bleiben, d. h. also jedesmal zwischen Schliessen und Oeffnen der Nebenleitung die Wippe des Strom- wenders umgelegt Averden. Sonst machte sich das Gesetz der Zuckungen in der Art geltend, dass gleichviel ob es sich um Anfangs- oder um Endstrom handelte, der aufsteigend gerichtete unter den beiden Strömen früher Zuckung bewirkte als der absteigende; im Gegensatz zu dem Verhalten beim Stande des Rheostats auf Null, wo unabhängig von der Stromrichtung die Zuckung durch den Aiifangsstrom stets um mehrere Centimeter der durch den Endstrom vorhergeht. Die zweite Bedingung bezieht sich auf die Geschwindigkeit, womit das Schhessen und Oeffnen der Nebenleitung bewerkstelligt mvä. Durch rascheres Eintauchen des verquickten Kupferhakens in das Quecksill)er konnte nämhch der Endzuckung, durch rascheres Herausziehen der Anfangszuckung das Uebergewicht verschafft werden. Ebenso mrkie rascheres Handhaben des Bügels eines Schlüssels, wenn das Quecksilber- näpfchen mit seinen Kupferhaken durch einen solchen ersetzt Avurde. Es ist somit klar, dass die Veränderungen des AViderstandes, welche der gänzüchen Trennung der Metalle an der Berührungsstelle voraufgehen, oder deren erste Berührung noch folgen, nicht so ganz zu vernach- lässigen sind, wie \rä' es gethan haben. Die oben S. 236 gemachte Voraussetzung, dass diese Veränderungen in einer verschwindend kurzen Zeit A'or sich gehen, trifft nicht ohne Weiteres zu.- Ohne Zweifel wird [401] durch diesen Umstand die Ordinate von /„ in der Nähe des Nullpunktes verkleinert, so dass Adelleicht die Curve statt concav, zuerst convex gegen die Abscisse anhebt, während die Ordinate Aon Ig durch denselben Umstand zuerst vergrössert wird, und die Cur^e anfangs noch concav gegen die Abscisse sein mag. Dadurch wird auch die 1 Vergl. Rosenthal, die Atliembcwegungen und ihre Beziehungen zum Nervus vagus. Berlin 1862. S. 32. '- Vergl. Helmholtz, a. a. O. S. 538. §. 9. Versucho zur Bestätigung der Theorie. 253 Gestalt der Ciirveii /„ und ig verändert werden, und deren Congruenz erhalten sein nur unter bestimmten Bedingungen für die Geschwindig- keit des Schliessens und Oeffnens der Xebenleitung, die im Allgemeinen sich nur zufällig, wenn je, erfüllt finden werden. Diese Veränderungen müssen aber deshalb die Zuckung gleich merklich beeinflussen, weil sie den Anfang der Curveu, also deren steilsten, und somit physiologisch wirksamsten Theil betreffen. Das beste Mittel, diesem Uebelstande ab- zuhelfen, wäre, der Nebenleitung einen solchen Widerstand zu ertheilen, dass jene Veränderungen davon nur noch einen verschwindenden Bruch- theil betrügen.^ Leider ist dies Mittel hier nicht anwendbar, weil v\ gegen lOg, wo möglich sogar gegen »r^., verschwinden soll. Es bleibt also nichts übrig, als jene Veränderungen, da sie der Grösse nach ge- geben sind, der Zeit nach zu beschränken, und ihre Dauer dem durch die Xatur der Sache bedingten Grenzwerth nahe zu bringen, indem man das Schliessen und Oeffnen möglichst rasch vollzieht. Verfährt man so, so erhält man bei gleicher Stromrichtung oft lange Reihen genau gleich hoher Anfangs- und Endzuckungen, zum Zeichen, dass nunmehr, allem Ermessen nach, die beiden Ströme wirklich congruent sind. Bei Betrachtung des zeitüchen Verlaufes der Induction die Gegen- wart von Eisen in der Hauptrolle in Rechnung zu ziehen, gestattet der Zustand unserer Kenntnisse insofern noch nicht, als wir hinsichtüch der Beziehung zwischen der Stärke eines veränderhchen Stromes und dem dadurch erregten Magnetismus meines Wissens auf die empirischen Be- stimmungen des Hrn. Beetz beschränkt sind.^ Ich wollte aber doch prüfen, was von praktischer Wichtigkeit ist, wie sich die obigen Versuche gestalten würden, wenn ich in die Hauptrolle ein Drahtbündel brächte, womit man sie gewöhnlich anzuwenden pflegt. [402] Dass die im Eisen als Leiter inducirten Ströme die einmal hergestellte Congruenz nicht stören würden, war von vorn herein sicher, erstens, weil sie bei hin- reichender Dünne und guter Isoürung der Drähte kaum in Betracht kommen,^ zweitens aber und vornehmlich, weil sie selber congruent ausfallen. Dagegen war es fragüch, ob auch der Magnetismus der Drähte die Congruenz würde bestehen lassen. Dazu müsste er mit der- selben Geschwindigkeit entstehen und vergehen, was zwar bei der Lang- samkeit der Stromschwankungen, um die es sich hier handelt, recht gut möghch schien, jedoch zu versuchen stand. 1 Vergl. Helmholtz, a. a. <>. S. 517. 2 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1858. Bd. CV. S. 516 ff. 3 Vergl. Helmholtz, a. a. 0. S. 535. 536. 254 IX. Ueber den zeitlichen Verlauf voltaelektrischer Inductionsströme. Mau kauu sich, wegen der durch deu Eiseukern vermittelten grösseren Stärke der Wirkungen, dabei wieder eines gewöhnlichen Magnetelektroniütors bedienen. Bei dem Stande des Rheostats auf Null überwiegt die Anfangszuckung durch Oeflfnen der Nebenleitung. Bei 50 Meüen Telegraphendraht im Stromzweig der Hauptrolle bleibt selbst bei ganz aufgeschobener Nebenrolle jede Zuckung aus. Bei 40 Meilen waren dagegen die Zuckungen noch in geeigneter Stärke vorhanden, und erschienen, unter denselben Bedingungen me vorhin, vöUig so gleich- massig wie ohne Eisenkern. Dieser schien daher unter den obwaltenden Verhältnissen die Cungrueuz der Ströme nicht merklich zu l^eein- trächtigen. Genau genommen folgte dies schon aus den früheren Ver- suchen, indem auch dabei, trotz der Entfernung der Drähte aus der Hauptrolle, noch etwas Eisen mit im Spiele war, der kleine Elektromagnet uämüch der Magnetelektromotore. §. X. Schlussbemerkungen. Man darf es somit als hinreichend gewiss ansehen, dass man mittels des angegebenen Kunstgriffes sich congruente Wechselströme verschaffen könne. Was aber dessen Anwendung zum Tetanisiren betrifft, so stösst man dabei auf erhebhche Schwierigkeiten. ' Erstens sind, wie wir sahen, die Ströme, die man ohne Eisenkern von den gewöhnlichen Magnetelektromotoren bei Einschaltung solcher Widerstände erhält, dass der der Kette da- [403] gegen verschwindet, zu schwach um Zuckung zu Bewirken. Zweitens versagt der Elektro- magnet dieser Vorrichtungen dabei seine Dienste, d. h. die Feder spielt nicht mehr. Diesen Uebelständen üesse sich allenfalls begegnen, indem man die ganze Drahtlänge, deren man als Widerstand bedarf, zu Windungen der Hauptrolle und des Elektromagnetes ver- wendete. Allein drittens fragt es sich, ob unter den Umständen, wo einzelne Schhessimgen und Oeffnungen congruente Induction hefern, die Con- gruenz auch beim Spiel der Feder noch stattfinden würde. Dies setzt, wie sich zeigen lässt, voraus, dass während des Anliegens der Feder am Stift und während ihrer Excursion vom Stift fort und zurück, der Strom jedesmal Zeit habe, sich der ihm durch die OnM'sche Formel vorge- schriebenen Stärke bis auf eine unmerkhche Spur zu nähern. Nun wird aber die Feder sich stets früher vom Stift lösen, als der Elektro- magnet seihe ganze Kraft eingebüsst hat, oder als der Endextrastrom vorüber ist. Zwischen der Dauer des Anfangsextrastromes und der §. 10. Schlussbemerkungen. 255 einer Excursion der Feder herrscht gar keine Beziehung. Da jedoch unsere Magnetelektroniotore , nach einer Bestimmung von Hrn. Helm- HOLTZ, 150 — 300 mal in der Secunde den Kreis öffnen/ der Theil von ia bis zum Maximum in Hrn. Beetz' Versuchen aber aUein 0"-010 — 12 dauerte,^ so ist kaum zweifelhaft, dass auch für den Anfangsextrastrom jene Bedingung nicht erfüllt sei. Jedenfalls müsste man, um mit congruenten Wechselströmen eines Magnetelektromotors zu tetanisiren, diesen so einrichten, dass man die Zahl der Unter- brechungen in der Secunde bis zu der Grenze verringern könnte, wo der Tetanus aufhört stetig zu sein, und dass zugleich die Dauer des Schlusses der Nebenleitung der ihi-er Oeffnung mögüchst gleich wäre. Wie dies am besten zu machen gehe, mag hier unerörtert bleiben. Bemerkt sei nur, dass das Prüicip des HALSKE'schen Unterbrechers,^ den man so einstellen kann, dass er die Kette um- etwa dreimal in der Secunde öffnet, sich nicht auf die Unterbrechung einer Xeben- leitung anwenden lässt, weil die [404] Hülfsfeder, anstatt die Wirkimgszeit des Elektromagnets zu verlängern, sie vielniehr abkürzen mirde. Bei der Schwierigkeit, hinsichtüch der Erfüllung der obigen Be- diugung zu einiger Gewissheit zu gelangen, thäte man vielleicht besser, auf den Gebrauch einer selbstthätig unterbrechenden Vonichtung zu verzichten, und sich der durch ein Uhrwerk gedrehten SAXTON'schen Maschine, oder eines ebenso bewegten Systems von Unterbrechungs- rädem zu bedienen, wodurch von den Schlägen einer voltaelektrischen Inductionsvorrichtung die eine Keihe abgeblendet ^vürde, die übrig- bleibenden aber abwechselnde Richtung erhielten. Dies wird geleistet durch em Unterbrechungsrad mit einer stetig schleifenden und einer aussetzenden Feder, welches an einer und derselben isolirenden Axe mit einem PoGGENDORFE'schen Inversorrade angebracht ist. Jenes ist in den inducirenden, dieses in den inducirten Kreis eingeschaltet. Beide haben die gleiche Anzahl leitender und nichtleitender Zähne, sind aber gegen einander um eine halbe Zahnbreite so verstellt, dass, wenn an dem einfachen Unterbrechungsrade die aussetzende Feder gerade auf Metall geräth oder Metall verlässt, am Inverson-ade die beiden aus- setzenden Federn auf Holz stehen. "Dadurch wird im ersten Falle die Reihe der Schhessungs-, im zweiten die der Oefiiiungsschläge abgeblendet, 1 Ai-chiv für Anatomie u. s. w. 1848. S. 155. 2 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1858. Bd. CV. S. 516. 3 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1856. Bd. XCVII. S. 641. 256 IX. Ueber den zeitlichen Verlauf voltaelektrischer Inductionsströme. während das Iiiversorrad bezielilich den Oeflfnungs- oder den Schliessungs- schlägen abwechselnde Richtung ertheüt. ^ 1 Vergl. Untersuchungen u. s. w. Bd. 11. Abth. I. S. 404. 405. — [Seit Erscheinen dieser Abhandlung machte Hr. J. Bernstein auf eine von niii' über- sehene Ai-t aufmerksam, wie der Verlauf des Anfangs- und der des Endstromes auch noch gleich gemacht werden können. Sie kommt mit der HELMHOLTz'-schen darin überein, dass eine Nebenleitung zur Hauptrolle angebracht wird, unterscheidet sich aber von ihi* dadurch, dass Schliessung und Oeffnung nicht in der Neben- leitung, sondern im Kettenzweige geschieht. Bei der Schliessung hat der Extra- cun-ent den Widerstand us + — -, , bei der Oeffnung den ns + wn zu über- n'n -\- ick winden. Es muss u's + wn = u-s -\- sein, damit Cougrueuz stattfinde, u-n + in oder u-n muss gegen ^n verschwinden. Man muss also Ä sehr gi'oss wählen, da sonst — ^v^' ^^^ Grenzwerth des Stromes in der Hauptrolle, zu klein ausfiele. Nach Obigem hat es keine Schwierigkeit, diese Combination mathematisch zu be- handeln. Ueber deren praktische Ausführbarkeit vergl. im zweiten Bande dieser Sammlung die Abhandlung: „Ueber die negative Schwankung des Muskelstromes bei der Zusammenziehung." Erste Abtheilung. Anm. 2 zur Einleitung.] X. Anleitung zum Gebrauch des runden Compensators.' [609] Nachstehende Figur zeigt schematisch den Compensator, und die Art ihn zu gebrauchen. K^ ist die Maasskette (ein Grove oder Daniell) mit der elektromotorischen Ivraft E, B^ eine Bussole, iV^* der Fig. 17. A i^J 3, (Ä^j Platindrahi des Compensators (Neben seh liessdraht), r das PlatinroU- chen des Instrumentes, G^ G^ ein Stromwender, etwa ein PoHL'scher 1 Aus dem Archiv für Anatomie u. s. w. 1871. S. 608. — Vergl. oben S. 176 if., §. XI. der Abhandlung VIII.; — ferner die im zweiten Bande dieser E. du Bois-Reymond, Ges. Abh. I. 17 258 X- Anleitung zum Gebrauch G}Totrop, i>2 eine zweite Bussole, endlich K^ ein mrksam aufliegender Muskel, an dessen Stelle man auch eüie behebige zweite, beständige oder unbeständige Kette sich denken kann, deren elektrümotorische Ki'aft y gemessen, d. h. als Bruchtheil der Kraft E der Maasskette besthnnit werden suU. C/^, U.^ sind Unterljrechungsstellen der Kreise, wo Schlüssel sich befinden. Die Strecke ONU^B^K^ {p oder ^) S heisst der Maassketten- kreis, ihr Widerstand PF; die Strecke OG^B^K^ U^G^r der Mess- kreis, ihr Widerstand M\ die Strecke Or die Nebenleitung, ihr Widerstand Z; endüch der Widerstand des Nebenschliessdrahtes von bis S gemessen heisst L. Der Stromw^ender ertheilt dem Maasskettenstromzweig im Messkreise die entgegengesetzte Kichtung vom Strome der Kette K^. Indem man durch Verschieben des Röllchens r am Nebenschhessdraht in der Kich- tung von nach S die Nebenleitung verlängert, verstärkt man den Maasskettenstromzweig im Mess- [610] kreise. Man kann ihm so jede Stärke z^\äschen XuU und der Stärke geben, die er vermöge der sonstigen Beschaffenheit der Vorrichtung erreicht, wenn r bei S steht. Wenn diese Grenzstärke die Stärke des Stromes von K^ im Messkreis übertrifft, kann man also durch Verschieben des Röllchens eine Steümig finden, bei der beide Stärken gleich sind, und Bussole B^ die Stromstärke NuU angiebt. Nach dem BosscHA'schen Satz^ ist ein Zweig einer Leitung, in welchem kein Strom kreist, mit den etwa darin Avii'ksamen elektromoto- rischen Kräften, als nicht vorhanden anzusehen. Im Fähe des Gleich- ge^^chtes ist also der Strom /, in der Nebenleitung der uämhche, als wäre der Messki-eis nicht vorhanden: Sammlung enthaltene Abhandlung: Ueber das Gesetz des Muskelstromes mit beson- derer Berücksichtigung des M. gastroknemius des Frosches, in einer Anmerkung zum§. V.; — ferner die ebenda befindliche Abhandlung : Ueber die elektromotorische KJraft der Nerven und Muskeln, §. II. — S. auch Wiedemann, Die Lehre vom Gal- vanismus und Elektromagnetismus. Bd. IL Braunschweig 1863. S. 1068 — 1069; — 2. Autl. 1872. Bd. I. §. 240. 240b. — Ich bin schriftlich und mündlich so oft ersucht worden, nähere Aufklärung über Theorie und Gebrauch des in Eede stehenden, für thierisch-elektrische Versuche unentbehrlichen Instmmentes zu geben, dass ich es für- gerechtfertigt halte, wenn ich an dieser Stelle ein für allemal und öffentlich diesem Wunsch entspreche, obschon in der Natur der Sache liegt, dass einiges früher Gesagte wiederholt wird. Das Instrument in der Foiiu, wie es hier gedacht ist, unterscheidet sich von dem früher beschriebenen dadurch, dass der Stöpselumschalter aus dem Maasskettenki-eis entfernt, und eine Vorkehrung getroffen ist, welche un- mittelbare Bestimmung der Graduationsconstanten gestattet. 1 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1858. Bd. CIV. S. 460. des runden Compensators. 259 / = --^— W + L Kach dem die gesclilossenen Figuren betreffenden KmCHHOFF'sclien Satze ^ hat man Null X M + I,-?. = !/, also ^j = Irl = j^^. h Im Falle des Gleichgemchtes ist also die elektromotorische Kraft der Kette Äg der Länge Or proportional, so dass diese unmittelbar ein Maass für jene giebt. Den Grund davon sieht man leicht ein. Da es im Falle des Grleich- gewichtes gieichgiütig ist, ob der Messkreis mit der Kraft y vorhanden ist oder nicht, so ist dem Nebenschhessdraht entlang das Gefälle des Elektricitäts- Potentials dasselbe, wie ohne den angehängten Messkreis, gleichviel wo r sich befinde, r vvird aber, damit Gleichgewicht herrsche, um so weiter von entfernt sein müssen, je grösser y, d. h. je grösser der Unterschied der constanten Elektricitäts-Potentiale auf den Strecken des Messki-eises beiderseits vom Sitze der Kraft y ist. In dieser den Elektrikern bisher entgangenen Eigenschaft unserer Anordnung liegt deren Ueberlegenheit über die Ursprung- [611] liehe PoGCxENDOEFF'sche , 2 welchc auch zum Messen elektromotorischer Kräfte durch Compeusiren dient. Bei der PoGGENDORFF'schen Anordnung wird die Leitung nicht auf Kosten des Maasskettenkreises verlängert, sondern durch Einschaltung neuer Drahtstrecken. In Folge davon hängt y von l in verwickelterer Art ab, als in unserem Fall, und während unsere Methode die elektromotorische Kraft v\ie das Zeug an der Elle misst, findet die PoGGENDORFF'sche Methode sie immer erst durch Eechnung. Da y hnear mit l sich verändert, leidet die Bequemlichkeit der Messung kaum darunter, dass im Messkreise ausser y vielleicht noch andere elektromotorische Kräfte, z. B. Ungleichartigkeiten einer stromzu- führenden Vorrichtung, sich befinden. Sei die Summe dieser Kräfte r= + ^", und es werde für sie das Gleichgewicht bei l,, dagegen für y ± d l)ei X erreicht. Man hat ^ = /, • A,, y + ^ = 7, • /, folg- hch ;/ = I, {'l + K)- um alier der Constanz von d ohne Umsetzen des Maasskettenstromzweiges im Messkreise sich versichei-n zu können, empfiehlt es sich, das obere Zeichen zu wählen. Schreibt man den Ausdruck für die zu messende Kraft 1 Poggendorff's Annalen u. s. \v. 1845. Bd. LXIV. .S. 513; — 1847. Bd. LXXII. S. 497. 2 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1841. Bd. LTV. S. U!l. - 17* 260 X. Anleitung zum Gebrauch so sieht mau, dass es nur der Keuutuiss des Verhältnisses X : W + L "bedarf, um y als Bruchtheil vun JE zu l)estimmen. Ist der Nebenschliessdraht von bis S in N Theile getheilt, und wurde das Gleichgewicht im Messkreise beim wten Theilstrich erreicht, so hat man und folglich rx) Um den Werth des constanten Nenners der rechten Seite zu kennen, handelt es sich also nur darum, W -. Z zu bestimmen. Dazu beobachtet man an der Bussole B^ 1., indem man die [612] Verbindung ONU^B^KgO herstellt, die Stromstärke ^ == w'^ 2., bei offenem Messkreise, die Stromstärke E l = IV + L im Kreise ONU^B.^^Kj)SrO. Kann man an der Bussole die Ablenkungen J, J, unmittel1)ar den Stromstärken /, /, proportional setzen: aJ = /, aJ, = 7,, so hat man das Verhältniss m dieser Ablenkungen, welches stets ein un- ächter Bruch ist, J _ I _ W + L J, ~ I, ~ W~' W 1 folglich -^ = :,, und L m — 1 m — \ ^ mN Der ächte Bruch ^,— behält denselben Werth, so lange W imd L beständig bleiben, und braucht daher für jede Vorrichtung nur einmal bestimmt zu werden, wofern stets die Maasskette von gleicher Beschaffen- heit ist und ihr Strom dem Nebenschliessdraht in gleicher Art zuge- führt wird. Hat man bei Anwendung eines Daniells, dessen elekti'omotorischa Kraft jP heisse, z. B. gefunden des runden Compensators. 261 J = 275-2, J, = 247-9 Scalentheüe, imd ist N = 1000, so hat mau -^^ - num j _ ^3 _^ ^^^ 275 • 2 - Log 247 -9) ) " ^'^^^^^^^ '^'' = lök. Einem jeden Theilstriche des Nebenscliliessdrahtes entspricht also unter diesen Umständen ein Unterschied von , und seiner ganzen Länge iuuy i Ton bis S ein solcher von D. [613] Der Bruch 77^QQT heisst nun- mehr die Graduationsconstaute der Vorrichtung. Bei Aenderung von m ändert sich die Graduationsconstaute, und, insofern die Länge des Nebeuschliessdrahtes gegeben ist, der durch den Bruch r/z — 1 _ m — 1 m N m bestimmte Umfang der Theilung. Man kann aber m leicht jeden ge- wünschten Werth > 1 dadurch ertheilen, dass man ^F passend verändert, d. h. die Zuleitungsdrähte der Kette nach Bedürfniss verlängert oder verkürzt. Hiervon macht man doppelten Gebrauch. Erstens nämUch ist vortheühaft, dass die Graduationsconstaute, mit der man fortwährend zu rechnen hat, einen möghchst bequemen Werth habe. Z. B. damit sie D^ 1009] 275-2 , ^ 10 10 . 7?i, statt = .^ Q etwas < -^, genau = -^ sei. indem man W zu ccW verldeinert, wo der Correctionsfactor « < 1 aus aW + i^ _ 10 _ aW 9 zu berechnen ist. Man findet m — 1 im ol)i.o'en Falle statt 77.-7^ genau 0,0001 D werde, ist nur nöthig. m« — 1' und erkennt den Schluss der Operation daran, dass das neue J = Ja J •ward. In obigem Falle wäre für die Graduationsconstaute 0-0001 der Correctionsfactor a = 0-9911; J« müsste = 278-1 sein, woraus 262 X' Anleitung zum Gebrauch Natürlich kann man auch von voniherein sich vorsetzen, der Gra- duationsconstanten einen gewissen Werth, also z. B. 0-0001 Daniell zu ertheilen, und dazu wäre nur nötliig, JV = 9Z zu machen. Bei der Schwierigkeit Widerstände abzumessen, vriid aber in der Praxis der an- gegebene Weg der kürzeste sein, [614] die Messung am Apparate selber vorzunehmen, wo die Widerstände gebraucht w-erden sollen. Ja es empfiehlt sich, nicht erst um den Correctionsfactor cc sich zu bemühen, sondern ohne W^eiteres IF tastend zu verändern, bis y = m den ge- wünschten Werth zeigt. Zweitens ist für gewisse Zwecke vortheilhaft, eme kleinere Graduations- constante bei kleinerem Umfang der Theüung zu haben, für- andere Zwecke, bei grösserer Constanten über grösseren Umfang zu gebieten. Auch dies bewirkt man einfach, indem man in den Maasskettenki-eis Drahtlängen einschaltet, beziehüch sie daraus entfernt. Am besten hat man kleine Rollen vorräthig, deren Einschaltung, bei sonst unveränderter Anordnung, der Grraduationsconstanten bestimmte Werthe ertheüt, die in einem einfachen Yerhältniss zu einander stehen. Bei dieser Abhängigkeit der Graduationsconstanten von fV ist natür- lich umgekehrt die grösste Sorgfalt darauf zu verwenden, dass im Laufe der nämhchen Versuchsreihe JV constant sei. Die Veränderung von PF durch Veränderung des inneren Widerstandes der Kette, me auch dm'ch Erwärmung der Drähte (welche letztere auch auf L sich erstreckt), ist nicht zu vermeiden, und fällt l)ei jedem Verfahren zur Bestimmung der Constanteu voltaischer Kreise ebenso in's Gewicht.^ Dagegen ergiebt sich hier die Vorschrift, den Stromwender, dessen man bedarf, um dem Maasskettenstromzweig im Messkreise geeignete Richtung zu geben, in den Messkreis selber zu verlegen. Des letzteren Widerstand M fällt nämlich aus dem Ausdruck für ?/ heraus, weü im Ealle des Gleichgewichtes kein Strom im Messkreise fliesst. Daher auch die Widerstandsschwankungen an der veränderlichen Berührungsstelle r unschädüch sind. Bei keinem StroniAvender aber ist auf ganz gleichen AViderstand in beiden Stellungen zu rechnen, ja der Bau des PoHL'schen Gjrotropes bedingt sogar einen Unterschied des Widerstandes in beiden Lagen der Wippe. [615] Aus derselben Rücksicht muss Sclüiessen und Oefiiien des Maasskettenkreises bei U^ mittels eines dicken, wohl verqiückten Kupfer- drahtes in Quecksüber (eines Quecksilberschlüssels) geschehen, nicht 1 Vergl. über die Art, die Erwärmung so unschädlich wie möglich zu machen» die letzte der drei oben S. 258 Anra. angeführten Stellen. des runden Compensators. 263 mittels des gewöhnlichen Schlüssels, dessen Widerstand nicht beständig genug ist.^ Als Bussole empfiehlt sich beim Arljeiten mit dem Compensator ganz besonders die WiEDEMANN'sche Spiegelbussole wegen der Mögüch- keit, nach Beheben verschiedene Rollen aus passenden Entfernungen auf den Spiegel wirken zu lassen. An Stelle von B^ und B.^ in unserer Figur treten dann zwei Rollen R^ und R.^, welche man abwechselnd in Gebrauch zieht. R^ dient zur Messung von ./ und J, , R^ zur Beobach- tung des Stromgleichge-wichtes im Messkreise. Wird R^ gebraucht, so steht der Messkreis bei U^ offen; ist R^ an der Reihe, so wird R^ von der Bussole soweit entfernt, dass R^ nicht mehr merkhch auf den Spiegel wirkt. Das Erkennen des Stromgleichgewichtes im Messkreise wird sehr erleichtert durch Anwendung eines Spiegels, der schwingungslos oder dessen Bewegimg aperiodisch gemacht^ ist, ^ und einer horizontal in ihrer eigenen Ebene verschiebbaren, auf jeder Seite von XuU aus getheilten Scale.3 Rolle R^ ist so zu wählen, dass sie bei genügender Wirkung auf den Spiegel möghchst kleinen Widerstand habe, damit J und J, liin- reichend von einander sich unterscheiden. Rolle R^ ist mit Rücksicht auf den wesenthchen Widerstand der Kette K^ so zu wählen, dass sie bei eben gestörtem Grleichgewicht im Messkreise, grösste Wirkung giebt, d. h. nach bekannten Gesetzen muss ihr AViderstand gleich dem Wider- stände sämmtlicher im Zustande des Gleichgewichtes zwischen den Enden der Rolle befindlichen Leitungen sein. Ist die Kette Zg ein Muskel (wie in der Figur) oder ein Nerv, so wird R^ am besten die Beschafi"enheit haben, die man dem Gewinde einer für thierisch-elektrische Ströme be- stimmten Bussole giel)t. [616] Am Compensator ist der 1"'™ dicke und etwa 37-5'™ lange Nebenschliessdraht aus Platin um den Umfang einer kreisrunden Scheibe aus Kammmasse gespannt, und Ijewegt sich l)ei Drehung der Scheibe am Röllchen r hin, dessen Ase feststeht. Diese von Hrn. Halske ersonnene Einrichtung hat vor der zuerst sich darbietenden, bei der das Röllchen einem gerade ausgespannten Draht entlang sich verschiebt, den Vortheil, dass die Hand, welche die Verschiebung vornimmt, an derselben Stelle und auch der Ort der Ablesung der nämliche bleibt. Anstatt dem Draht entlang suchen zu müssen, wo das Röllchen steht, braucht das Auge 1 S. oben S. 172. — [Ueber den Quecksilberschlüssel vergl. die folgende Ab- handlung XL §. 1. S. 266. 267.] - Vergl. unten die Abhandlungen XII — XV. 3 S. oben S. 156. 264 X. Anleitung zum Gebrauch nur zwischen Ociüar des Fernrohres und Lupe des Compensators hin und her zu gehen. Nachdem der Compensator solchen festen Stand erhielt, dass dies leicht geschieht, werden zmschen den Klemmschrauljen / und // die Maasskette, die Kolle R^ und der Quecksilberschlüssel angebracht. Die Klemmschrauben /// und IV werden zunächst mit der Wippe eines Stromwenders verbunden, jenseit dessen der Schlüssel U^, die Kette von zu bestimmender Kraft und Rolle R^ sich befinden. Von /, II, III und IV gehen Leitungen zu entsprechenden Zahlen am Instrumente. /// ent- spricht dem RöUchen r, IV dem Punkte 0, / dem Punkt S oder viel- mehr dem noch zu erwähnenden Punkte 2, endlich // dem Punkt iV des Schema's. Die Scheil)e des Compensators trägt eine lücht in Grade, sondern in 1000 Theile (Compensatorgrade , Cgr.) getheilte Theilung; der Xullpunkt dieser Theilung soll dem in der Figur mit 0, der tausendste Theilstrich dem dort mit S bezeichneten Punkt entsprechen. Demgemäss geht beim Theilstrich der Platindraht über eine Platinsclmeide , beim tausendsten Strich tritt er auf eine Kupfermasse von verschwindendem Widerstand, und der Winkelabstand l)eider Punkte ist möglichst gleich gemacht dem Winkelwerthe der tausend Compensatorgrade. Es handelt sich aber nun darum, die Stellung des Röllchens zu finden, welche dem Punkte entspricht. Dies geschieht mit grosser Schärfe vermöge des Umstandes, dass man dem Röllchen über die Schneide bei hinaus die in der Figur punktirte Stellung geben kann. Dabei ist die Richtung des [617] Maasskettenstromzweiges im Messki-eise die entgegengesetzte von dem bei der Stellung des Röllchens zwischen und S. Indem man in den Maasskettenkreis eine kräftige Kette einführt, dem Messkreise, in welchem keine elektromotorische Kraft thätig sein darf, möglichst kleinen Widerstand und der Bussole im Messkreise mög- fichst gi'osse Emptindhchkeit giebt, kann man sehr genau den Punki; finden, wo der Strom seine Richtung ändert. Man hat vorher die Schi'aube, welche den festen Zeiger über dem Röllchen fixü-t, mittels eines Stellstiftes so weit gelöst, dass der Zeiger mit sanfter Reilumg sich verschiebt. Jetzt rückt man ihn seitlich bis der Strich darauf mit dem Xullstrich zusammenfiillt, und zieht die Schraube wieder au. Ist die Aufstellung des Instrumentes so weit gediehen, so kann es schon dazu dienen, das Yerhältniss elektromotorischer Kräfte, die in seinem Bereiche liegen, zu bestimmen. Um die Graduationsconstante der Vor- richtung zu finden, ist es nun aber noch nöthig, den Maasskettenkreis abwechselnd mit Ausschluss und mit Einschluss der Strecke des Neben- schüessdrahtes von bis S zu schliessen. Es muss also das in der Figur des runden Compensators. 265 an iS stosseude Ende des Maasskettenkreises mit verbunden, odei K^jjS in der Figur in die Lage K^gO gebracht werden können. Natürlich liefe es auf dasselbe hinaus, wenn ein Punkt ^ des Maass- kettenkreises (s. die Figur) durch eine Leitung von verschwindendem Widerstände (^0 oder ^S) abwechselnd mit und S verbunden ^nirde. Dazu dient der am Compensator befindliche drehbare Kupferbügel. Die beiden Enden des Bügels sind au ihrer oberen ebenen Fläche mit Platin l^ekleidet, und können mittels starker Schrauben den an ihrer unteren ebenen Fläche gleichfalls mit Platin bekleideten Kupfermassen angedrückt werden, von denen die rechts befindliche eine möghchst giite Leitung zum Punkte 0, die andere eine solche zum Punkt S vermittelt. Indem man den Bügel zuerst nach rechts dreht, welche Stellung in der Figm' punktirt ist, erhält man J, indem man ihn dann nach Mnks dreht, J,. Beim nachmaligen Gebrauche des Instrumentes, falls man während dessen die Graduations- [618] constante nicht zu revidiren be- absichtigt, l)leibt der Bügel in letzterer Stellung, welche in der Figur ausgezogen ist. Ist der Nidlpunkt des Compensators einmal festgestellt, so l)edarf es, um die Graduationsconstante zu kennen, wegen der Proportionalität der elektromotorischen Kräfte mit den Abständen Or, nur noch der Kenntniss des Werthes eines einzigen Punktes der Theilung. Solche Bestimmung erlangt man ohne J und J, zu messen, indem man K^ tlurch eine Thermokette ersetzt, deren elektromotorische Ki-aft ein l)ekannter Bruch- theü der Ki-aft der Maasskette ist. Dass in grosser Kähe des Nullpunktes so wie des 1000-CgT-Punktes die Messungen fehlerhaft werden, weil die Strömung nicht mehr senki-echt auf die Längenausdehnung des Drahtes gescliieht, ist bekanntMch gleich- falls ein Fehler, den sämmtliche galvanische Messvorrichtungen mit der beschriel3enen theilen. Excentricität der Scheibe ist gleichgültig, wenn nur Theilung und Draht concentrisch sind. Excentricität des EöUchens bedingt periodische Schwankimg des Werthes der Compensatorgi-ade. XI. Fortgesetzte Beschreibung nener Vorrichtungen für Zwecke der allgemeinen Nerven- und Muskelphysik.^ §. I. Der Quecksilberschlüssel. Hr. PoGGENDORFF war es bekanntlich, der in die galvanische Tech- nik an Stelle der bis daliin übhchen Qiiecksilbernäpfe , in welche "^JTer- qiiickte Kupferhaken tauchten, die unter dem Namen Klemmschrauben gebräuchhchen festen Verbindungen einführte:- eine Verbesserung, [die Ficr. 18. man erlebt haben muss, um den dadurch gemachten Fortschritt zu würdigen. Die Klemmschrauben haben aber den Xachtheil, kein schnelles und regelmässiges Schhessen und Oefiiien des Kreises zu erlauben. Man 1 Aus Poggendorff's Aiinalen der Physik und Chemie. 1873. Jubelband. S. 591. — Vergl. oben die Abhandlung VIII: Beschreibung einiger Vorrichtungen und Versuchsweisen zu elektrophysiologischen Zwecken. Aus den Abhandlungen der Berliner Akademie 1862. Berlin 1863. 4'\ — Sämmtliche in gegenwärtigem Auf- satze beschriebene Vomchtungen liefert die Werkstatt des Hrn. Otto Plath (Sauer- wald) in Berlin in gewohnter Vollkommenheit. 2 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1840. Bd. XLIX, S. 39. §. ]. Der Quecksilberschlüssel. 267 braucht dazu beide Hände, und muss wenigstens beim Schliessen hinsehen, so dass man nicht zugleich beob- [592] achten kann. Dies führte später zur Construction des nach Analogie des Organs am MoESE'schen Tele- graphen sogenannten Schlüssels,^ der zum Unterschiede von dem bei chronoskopischen Beobachtungen üblichen Federschlüssel genauer als Vorreibe r schlüsselt zu bezeichnen ist. Dieser Schlüssel leistet zwar treffliche Dienste; er hat aber, worauf ich übrigens gleich bei dessen Beschreibung hinwies, den Fehler, dass sein Widerstand schwankt, daher er in gut leitenden Kreisen oft nicht anwendbar ist. Alsdann empfiehlt es sich, zum Quecksilber zurückzukehren, so jedoch, dass auch hier Schliessen und Üeffnen ohne hinzusehen in hinlänglich gleicher Art ge- schehen kann. Wo beim Schluss in Quecksilber höchste Gleichmässigkeit verlangt wird, ist der elektromagnetische Fallhammer am Platze.^ Für viele Zwecke reicht die in Fig. 18 abgebildete Anordnung aus, die ich den Quecksilberschlüssel nenne. Sie ist minder umständlich als der Fallhammer, und auch für Oeffnung des Kreises zu benutzen. In einer kreisnmden Holzscheibe, die man mit einer Flügelschraube am Tisch be- festigt, ist ein Porzellannäpfchen eingelassen, und nimmt das Quecksilber auf. Zwei starke Kupferdrähte tauchen mit verquickter Spitze in's Queck- silber, und endigen andererseits hi Klemmschrauben. Einer dieser Drähte (/) ist fest, der andere {d) lässt mittels eines hebelartig daran befestig-teu, isolii-endeu Handgriffes so um seine Axe sich drehen, dass seine verquickte Spitze in das Quecksilber bald eintaucht, bald nicht. Die Drehung ge- schieht in den Lagern l, l, mit soviel Eeibung, dass die Torsion des bei d eingespannten Zuleitungsdrahtes den Hebel nicht zu drehen vermag. §. n. Die Doppelwippe. Hr. PoG&ENDORFF hat bei seinen sinnreichen Versuchen über gal- vanische Polarisation* meines Wissens zuerst Wippen [593] gebaut, die verwickeitere Aufgaben lösten, als nur, wie der AMPi;RE'sche und Pohl'- sche Stromwender, den Strom in einer Strecke seiner Leitung umzukehren. Seitdem wurden vielfach Wippen zu besonderen Zwecken angegeben, und jeder Elektriker verfertigt sich gelegentlich die gerade nöthige Form. 1 S. oben S. 171. 2 Levier-clef bei Hru. Marey, Du ]\Iouvement daus les Functions de la Vie. Paris 1868. p. 317. 318. ■i Vergl. Pflüger, Untersuchungen über die Physiologie des Electrotonus. Berlin 1859. S. 110. — Vergl. oben S. 222. Anm. 1. ■* Poggendorff's Annalen u. s. w. 1844. Bd. LXI. S. 586. 268 XI. Fortgesetzte Beschreibung neuer Vorrichtungen u. s. w. Eine Aiifgal)e iudess kehrt, gleich der blosser Stromumkehr, so oft wieder, dass es sich lohnt, das Organ zu ihrer Lösung jederzeit bereit zu haben. Es ist die, zwei Stromstrecken mit einander zu vertauschen. Die Bedeutung dieser Aufgabe wird klarer in dem ])esonderen Falle, wo meine sogenannte Doppel wippe mir in meinen Vorlesungen so gute Dienste leistet, dass ich sie den Fachgenossen als nützhche Bereicherung unseres Apparates empfehlen darf. Der Einfluss, den Anelektrotonus und Katelektrotouus des Nerven nach Hrn. Pflügee auf die Erregbarkeit üben, lässt sich bekanntlich nicht leichter als auf die von Hrn. Rosenthal eingeführte Art nach- weisen, nämüch durch den verschiedenen Abstand der Nebenrolle von der Hauptrolle des Schlitteninductoriums , bei dem die ersten Zuckungen erscheinen. Nachdem man nun z. B. Anelektrotonus und Katelektro- touus in der centropolaren Strecke gezeigt hat, soll dasselbe in der myo- polaren Strecke geschehen, d. h. die vorher elektrotonisiite Strecke ist in den Kreis der tetauisirenden Nebenrolle, die vorher tetamsirte Strecke in den der elektrotonisirenden Kette, zwischen die Endklemmeu des ßheo- chords, aufzunehmen. Da liierbei nicht bloss ein Irrthum, sondern auch eine Yemlckung des Nerven auf den Elektroden des RosENTHAL'schen Troges ^ leicht vor- [594] kommt, ist es misshch, den Wechsel aus freier Hand vorzunehmen, und sehr er^TOnscht, ihn mechanisch mit Einem Schlage ausführen zu können. Hr. Wild hat bereits, zu einem anderen Zweck, eine Wippe be- schrieben, die letzteres leisten würde. ^ Sie lässt im Princip auf zwei in bestimmter Art verbundene PoHL'sche Stromwender sich zurückführen, 1 Der RosENTHAL'sclie Trog ist eine nach dem Principe meiner „feuchten Eeizungsröhre" (S. oben S. 211) gebaute Zuleitungsvorrichtung für Eeizversuche, die aber, statt nur Ein Elektrodenpaar, deren vier, jedes mit entsprechendem Klemmen- paare, besitzt. Der Trog ist aus Kammmasse. Denkt man sich ihn als Boot — er gleicht in der That ganz einem sogenannten Einbaum — so stellen die Elektroden- l)aare die Euderbänke vor. Vom Schnabel des Bootes her, der dem Präparat in der Kniekehle angedrückt wird, brückt man den Nerven über die Elektrodenpaare hin, und schützt ihn vor Trockniss durch eine darüber gedeckte Glasplatte. Da indess der mit Wassergas zu sättigende Raum hier grösser ist als bei der Reizungsröhre, so wird ein feuchter Fliesspapierstreif dem Bodeu des Troges unter den Elektroden- l)aaren entlang gelegt. Die vier Elektrodenpaare liegen in der richtigen Entfernung vom Schnabel, um an mittellangen Nerven die Versuche über verschiedene örtliche Erregbarkeit, deren Aenderung beim Absterben und im Elektrotonus, u. d. m., an- zustellen. Mittels eines Kugelgelenkes lässt sich dem RosENTHAL'schen Trog in gewohnter Art jede erforderliche Lage im Raum ertheileu. 2 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. 2. Jahrgang. 1857. S. 230. 2. Die Doppelwippe. 269 und in der That erreicht man dasselbe mittels zweier solcher Stromwender ohne Kreuz, die auf gemeinsamer Grundlage so befestigt sind, dass die Axen ihrer Wippen in Einer Geraden liegen, und die Wippen in Einem Stücke sich bewegen. Schon in meinem Aufsatz „Ueber nicht polarisir- bare Elektroden" ^ habe ich diese Anordnung schematisch abgebildet. Sie diente mh- damals um abwechselnd die Bussole und den Eheostat von gleichem Widerstände beziehlich in den ursprünglichen und den secun- dären Kreis einzuschalten, und umgekehrt. Jetzt habe ich die Doppel- wippe als fertiges Instrument im Laboratorium vorräthig. Sie besteht aus zwei PoHL'schen Stromwendern, die in der angegebenen Art auf ein Grundbrett geschraubt sind. Ihre Wippen sind mittels eines isolirenden Verbindungsstückes gekuppelt, lassen sich aber auch von einander trennen^ und die Stromwender sell)er können vom Grundbrett entfernt und einzeln gebraucht werden. Eine Flügelschraube l)efestigt das Grundbrett auf dem Tische. Die vier Klemmen auf der einen Seite der gemeinschaft- üchen Axe sind Doppelklemmen, um in jeder die beiden Drähte ein- spannen zu können, deren Nothwendigkeit für den vorliegenden Zweck aus der angeführten Figur erheUt, und die in Hrn. AVild's Wippe durch das Doppelkreuz dauernd ersetzt sind. [595] §. III. Die Froschpistole. Die Hemmung des im Nerven sich fortpflanzenden Reizes durch Zerstören des organischen Gefüges, z. B. durch Unterbinden des Nerven, einer grösseren Versammlung überzeugend darzulegen, ist nicht so leicht,. Fig. 19. wie es scheinen mag. Ich habe vor langer Zeit eine Vorrichtung be- schrieben, die durch blossen Druck auf einen Hebel, ohne Zerrung und S. ölen S. 51. 270 Xi- Fortgesetzte Beschreibung neuer Vorrichtungen u. s. \v. Yerrückuug , einen Nerven unterbindet. ^ In Yerljinduug mit dem Zuckiuigstelegraplien - erlaubt sie sehr schön zu zeigen, dass Reizung oberhalb des Unterl)audes unwirksam, unterhalb wh'ksam ist.^ Allein die zunächst Sitzenden ausgenommen muss die Versammlung auf Treu und Glauben sich erzählen lassen, was geschah, den sinnhchen Eindruck der Thatsache erhält sie nicht. Diesem Mangel hilft die in Fig. 19 dargestellte Yomchtung ab, die meine Zuhörer die Froschpistole nennen. Ein stromprüfender Schenkel ist auf einem Spiegelgiasstreifen befestigt, der. in die der Revolvertrommel entsprechende Holzscheibe an der Froschpistole gekittet ist. Ueber dem Streifen schweben, dm'ch Drähte, Avelche die Holzscheibe durchbohren, [596] getragen, und zum Empfang des Nerven bestimmt, liintereinander drei Elektroden. Die unterste, dem Knie zunächst gelegene, F^, besteht aus Platin, die mittlere Z aus Zink, die oberste Po wieder aus Platin. Die Elektroden sind so gebogen, dass sie eine Rinne bilden, aus welcher der Nerv bei keiner Stellung der Vorrichtung herausgleiten kann. Zwischen Z und Pu ist der Nerv unterbunden. Wird Z mit Po metallisch ver- bunden, so erfolgt also keine Zuckung; Z mit P» dagegen giebt Zuckung. Ein aufgeschraubtes Glasrohr schützt das Präparat vor Trockniss. Die Verbindungen werden aussen durch Druck auf zwei federnde Elfenl)ein- knöpfe bewh'kt, die beziehhch mit o (oberhalb) und u (unterhalb des Unterbandes) bezeichnet sind. Wenn man die Vorrichtung me eine Pistole am Kolben ergreift, trifft der Daumen gerade auf die Knöpfe. Ist der Frosch gut leistungsfähig, so kann die Vorrichtung durch hundert Hände gehen, ohne dass Zuckung zu erscheinen aufhört. Da die Leitungen dem Bück offen hegen, ^vm-d so jedem Einzelnen die Möglichkeit gewährt, von der Grundwahrheit der allgemeinen Nervenph^sik durch Anschauung sich zu überzeugen. Auf den Umstand, dass der Strom in der unteren Strecke ab-, in der oberen aufsteigt, kommt es an dieser Stelle des Vortrages noch nicht an. Mit drei Elektroden aus zwei Metallen sind natürhch mancherlei Combinationen möghch, ausser obiger noch fünf. Die ausgenommen, wo Platin in der Mtte, Zink oben und unten sich befindet, und wobei auch der Strom in Ijeiden Strecken umgekehrt fliesst, haben sie alle den Nach- 1 Untersuchungen über thierische Elelctricität. Bd. II. Abth. I. S. 341. Taf. III. Fig. i09. 110. A. B. 2 S. oben S. 207. 3 Proceedings of the Royal Institution of Great Britain. Aijril 13, 1S66. E. DU Bois-Reymond, On the Time required for the Transmission of Volition and Sensation through the Nerves. §. 3. Die Froschpistole. 271 theil, dass bei ßeizuug oberhalb des Unterl)audes der Strom der doppelt so langen Nerveustrecke wegen fast zweimal schwächer ist als bei Reizung unterhalb, so dass auch so die Reizung nicht beidemal, bis auf das Unterband, in einerlei Art geschieht. §. TV. Das Federmyographion. Die Myographien zerfallen wesenthch in zwei Klassen.^ Die erste Klasse umfasst die beschleunigt oder stetig rotirenden [597] Myographien. Der Art sind das ursprüngüche HELMHOLTz'sche Myographion mit meinen Aenderungen, 2 das YALENTiN'sche Kreisscheiben-Myographion, ^ und das TniEY'sche Myographion, in welchem, nach Foucault's Vorgänge bei seinen Lichtgeschwindigkeitsmessungen, eine Sirene das Uhnverk ersetzt.^ Diese Myographien leiden an mehreren principiellen Fehlern. Erstens darf der Stift erst kurz vor der Zuckung der Zeichenfiäche augelegt werden, was nur durch verwickelte Vorkehrungen gehngt. Zweitens ver- geht zu viel Zeit zmschen je zwei Versuchen. Drittens ist es zu schwer, sowohl den Zeitpunkt zu erkennen, wo die gewünschte Geschwindigkeit erreicht ist, als auch die Geschwindigkeit zu bestimmen, die im Augen- bhck des Versuches wirklich herrschte. Endüch viertens verwirren sich bei gTÖsseren Geschwindigkeiten, wo sie mehr als einen Cyhnderumfang einnehmen, die Myogramme in einer Art, die bei Demonstrationen sehr störend ist, aber auch bei Untersuchungen lästig tallt. Diese Uebelstände haben die rotirenden Myographien in den Hinter- grund gedrängt, und zur Eiiinduug der zweiten Klasse von MyogTaphien geführt, in welchen der Zeichenfläche eine l)estimmte und ausreichende Geschwindigkeit in praktisch verschwindender Zeit ertheilt, und sogleich ebenso schnell wieder genommen wird. Dies erlaubt in kurzer Frist eine grosse Zahl von Versuchen anzustellen, und da die Platte vor dem Ver- suche ruht, kann der Stift ihr schon vorher anhegen. Freihch lassen diese Myographien die schöne, von Hm. Helmholtz für den Cy linder seines Instrumentes angegebene Art, die ZeichenÜäche zu berussen und 1 Das PFLüGER'sche Myographion, welches gleichsam nur ein Helmholtz'- sches Myographion mit stillstehendem Cylinder ist, kommt hier nicht in Betracht. 2 Vergl. A. V. Bezold, Untersuchungen über die electrische Erregung der Nei-ven und Muskeln. Leipzig 1861. S. 85. •^ Grundriss der Physiologie. 4. AuH, Braunschweig 1855. S. 529; — Die Zuckungsgesetze des lebenden Nerven und Muskels. Leipzig und Heidelberg 1863. S. 12. 4 Henle's und Pfeufer's Zeitschrift für rationelle Medicin. 3. R. Bd. XXI. 1864. S. 800. 272 XI. Fortgesetzte Beschreibung neuer Vorrichtungen u. s. w. die Myogramme abzuklatschen, nicht zu, und man wird kaum einen Er- satz dafür darin sehen, dass sie das Projiciren der Original-Myogramme mittels der [598] magischen Laterne gestatten.^ Sie haben ferner den Nachtheil, dass mit der Geschwindigkeit der Platte deren zur Aufnahme des Myogrammes nöthige Länge wächst. Dennoch zweifle ich nicht, dass dieser Klasse von Myographien die Zukunft gehört. Der Art sind das ATwooD'sche Mj^ographion A^on E. Haiiless,^ welches Hr. Jendeassik in Pest neuHch wieder hervorgesucht hat,^ und Hrn. Fick's Pendelmyographion, * welches von Hm. Helmholtz vervoll- kommnet wurde, ^ in dieser Form aber meines Wissens noch nicht be- schrieben worden ist. Die Betrachtung, dass man durch Federkraft in kleinerem Raum und kürzerer Zeit dieselbe Summe beschleunigender Kräfte zur Wirkimg auf eine Masse bringen kann, als durch Fallkraft, und dies in ))eliebiger Richtung, führte mich zur Construction eines dritten MyogTaphions dieser Klasse, des Federmyographions. Obschon auf den ersten Blick dies Myographien dem Fall- und dem Pendelmyographion an mechanischer Vollkommenheit nachzustehen scheint, hat es sich doch gut bewährt, und überdies besitzt es gewisse nicht zu verschmähende Yortheile. Im FedermyogTaphion (s. Fig. 20) wird die Zeichenplatte durch ehie Sprungfeder, älmüch der in den Knabenflinten und Zündnadelgewehren, einer wagerechten Führung gleichsam entlang geschossen. Der Platte gegenüber sind Schreibewerk und Muskelhalter eines PFLüGER'schen (HELMHOLTz'schen) Myographions aufgestellt. Da dieser Theil der Vor- richtung, mit [599] Ausnahme der später zu beschreibenden Zuleitung für den erregenden Strom, von dem entsprechenden Theil anderer Myo- graphien nicht wesenthch abweicht, so blieb er in der Zeichnung foi-t. Man sieht hier zunächst eine gusseiserne Schiene, auf der zwei kräftige Winkelstücke oder Ständer aus Messing A, B sich erheben. Ein leichter Messingrahmen nimmt die 160 "'"^ lange, SO'""' breite Zeichen- platte aus 2-3"™ dickem Spiegelglas auf. Der Rahmen läuft mit mög- 1 Proceedings of the Eoyal Institution etc. p. 11, (1866). — Vergl. Marey, Du Mouvement dans les Fonctions de la Vie. 1868. p. 191. 2 Abhandhingen der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 11. Cl. Bd. IX. Abth. n. München 1862. S. 361. 3 Fall-Myographion. Aufgestellt in der Wiener Weltausstellung in der Ab- theilung für das Unterrichtswesen von Ungarn. Budapest 1873. 4«. * Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. 1862, S. 307; — FiCK, die uiedicinische Physik. 2. Aufl. Braunschweig 1866, S, 86, 5 Verhandlungen der physikalisch- medicinischen Gesellschaft in Würzbm-g, N. F. 1872. Bd. II. S. U7. Das Federmyographion. 273 liehst wenig ßeibuug an zwei zwischen den Ständern A, B parallel aus- gespannten Stahldrähten. Der Abstand der Ständer ist gleich der doppelten Länge des Rahmens, so dass die Platte dem Stift in ihrer ganzen Länge vorübergeht, wenn der Rahmen von Ständer zu Ständer verschoben wird. An den kurzen Seiten des Rahmens sind runde Stahlstäbe eingeschraubt welche die von ihm zu durchlaufende Bahn etwas an Länge übertreffen, und mit möglichst wenig Reibung durch Löcher in den Ständern A, B gehen. Das Ende b des einen dieser Stäbe ist mit einer stählernen Sprungfeder umgeben. Indem man sie zwischen dem Ständer B und Fig. 20. ||iiil!lill!illllll|| einem Knopf am Ende des Stabes zu- [600] sammendrückt, und so den Rahmen mit den Stäben von B nach A, dem Pfeil auf der Zeichenplatte entgegen (s. die Fig.), hintreibt, kommt ein Punkt, wo der am Ständer A sichtbare, nach oben federnde 'Alwug' in einen entsprechenden Kerb des Stabes bei a eingreift, und die Wiederausdehnung der Feder ver- hindert. Sie bleibt also gespannt, bis ein Druck auf den Abzug den Rahmen befreit, der nun mit einer von der Kraft der Feder, der Masse des Systemes, und der Reibung abhängigen Geschwindigkeit den Drähten entlang in der Richtung von A nach B oder des Pfeiles auf der Platte fliegt. Die Geschwindigkeit wächst bis zu dem Punkte, wo die Feder ihre Ruhelage überschreitet. In der diesem Punkt entsprechenden Lage des ■Reymond, Ges. Abh. I. 18 274 ^^- Fortgesetzte Beschreibung neuer Vorrichtungen u. s. w. Kahmeiis schlägt ein an dessen unterem Kande befindlicher Daumen d einen Hebel h, der bis dahin den Hauptstrom des Inductoriums geschlossen liielt, in der Richtung des Pfeiles in der Figur 'son seinem Anschlage fort, und löst so den reizenden Schlag aus. Die Figur stellt diese Lage vor. Der Hebel ist um seine Axe mit soviel Reibung drehbar, dass er, obschon in wagerechter Ebene beweghch, dem Anschlage doch fest genug anüegt, um keine ungehörigen Zuckungen zu veranlassen. Die Kraft des Rahmens ist an dieser Stelle so gross, dass der Stoss, den er durch Fortschlagen des Hebels erhält, keine merkliche Unstetigkert seines Laufes erzeugt.^ [601] Von liier nimmt die Geschwindigkeit des Rahmens wegen der Reibung ab. Bei Anwendung stärkerer Federn langt er aber noch mit mehr oder weniger Geschwindigkeit am Ständer B an, und es handelt sich darum, diese Geschmndigkeit unschädhch zu machen, namenthch zu verhüten, dass der Rahmen zurückspringe, da er dann den Stift unter stumpfem Winkel trifft und ihm einen heftigen Stoss ertheilt. Das ]\littel hierzu ist sehr einfach. Auf die Führungsdrähte sind Korke k, k, aufgezogen und daran mit Reibung verschiebbar. Diese dienen als Bremsen. Je nach der Geschwindigkeit des Rahmens entfernt man sie mehr oder weniger vom Ständer B. In der L^eberwiudung ihrer Reibung an den Drähten erschöpft sich harmlos die Ivi-aft des Rahmens. Es fragte sich, ob, bei dem Spiele, das den Führungsdrähten in den 1 Thiky und Hr. Meyerstein scheinen wegen der geringen Ivraft ihrer Sirene hier auf Schwierigkeiten gestossen zu sein, denen sie nur durch verwickelte Hülfs- vorrichtungen zu begegnen vermochten (Henle's und Pfeufer's Zeitschrift u. s. w. A. a. O. S. 302). — Hr. Fick hat an Stelle des Schlusses durch feste metallische Theile den durch Quecksilber gesetzt (Zürcher Vierteljahrsschrift, a. a. O. S. 312). Ich halte dies für keine Verbesserung, da das Austauchen der Spitze gewiss nicht immer bei derselben Stellung der pendelnden Platte erfolgt. Viel eher war dies der Grund des Misslingens seiner Versuche über Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Er- regung, als, wie er meint, die zu geringe Grösse seiner Frösche, deren Nerven denen norddeutscher Frösche ja nur um 1/5 an Länge nachstanden (a. a. O. S. 317). — Hr. Marey, der sich das Verdienst erwarb, die Mj-ographie nach Frankreich zu verpflanzen und nach mehreren Richtungen auszudehnen, hat sich einer neuen Art bedient, die Reizung zu erzeugen und deren Augenblick zu verzeichnen. Er reizt durch Schluss einer Kette, und lässt einen Hebel, durch dessen Berührung der Schluss geschieht, auf der Zeichenfläche den Augenblick der Berührung angeben. (Du Mouvement dans les Fonctions de la Vie, p. 422 et suiv.) Hr. Marey sagt nicht, was ihn bewog, dies umständliche und in mehrfacher Beziehung bedenkliche Verfahren an Stelle des so einfachen und ganz untadligen HELjiHOLTz'schen Kun»t- griff"es zu setzen. In Deutschland hielten wir letzteren stets für eine der glück- lichsten Eingebungen des Erfinders des Mj^ographions. §. 4. Das Federmyographion. 275 Löchern des Kahmeus gelassen werden niuss, die Führung treu genug sein würde, damit nicht durch Aussetzen des Stiftes Lücken in der Zeichnung entständen. WirkUch lag hierin eine Schwierigkeit, so lange, wie es am ÜELMHOLTz'schen Schreibewerke der Fall ist, das Andrücken des Stiftes an die Platte der Fallkraft anvertraut Anirde. Diese Schwierig- keit verschwand aber, seit Hr. Prof. Beenstein, der in meinem Labora- torium mit dem Federmyogxaphion arbeitete, statt der Schwere Federkraft, zunächst die eines Kautschukbändchens, anwandte. Auch liier kommt in Betracht, dass Elasticität in kleinerem Raum und kürzerer Zeit dasselbe leistet, wie Schwere. Hr. Fick hat schon zu demselben Kunstgiifi" Zu- flucht genommen. ^ Unter einerlei Umständen entworfene MyogTamme decken sich am F'edermyographion so vollkommen, wie an anderen [602] Myograpliien. Eine Ausnahme machen nur die letzten Stadien der Zuckung bei kleiner Anfangsgeschwindigkeit, wo die Hemmung durch die Reibung nicht stets genau gleich verläuft. Doch kommt auf diese Stadien nur selten etwas an. Denselben Fall ausgenommen, lassen auch Stimmgabelcurven von einem Male zum anderen keinen Unterschied erkennen. Was die am Federmj'ographion erreichbare Geschwindigkeit der Zeichenfläche betrifft, so erfüllte sich meine Erwartung vollständig. Die Triebfeder des Myographions lässt sich leicht wechseln. Ich habe deren drei, die, mit einer KöNiG'schen Unterbrechungsgabel von 128 Doppel- schwingungen {Ut^ geprüft, folgendes Ergebniss hefern. Die Maximalgeschwindigkeit, bei der die Reizung geschieht, ist für Feder I. 1088 Mm. H. 15.36 „ „ m. 2522 „ in der Secunde. ]\lit letzterer Feder sinkt die Geschwindigkeit bis zu ilirer Vernichtung durch die Bremskorke im Verhältnisse von 1 : 0-87; mit Feder H in dem von 1 : 0-58; mit Feder I bleibt die Platte vor den schon ganz an den Ständer geschobenen Korken stehen. Nimmt man 27 M. in der Secunde als Geschwindigkeit der Reizung im Nerven an, so betrüge bei obigen Geschwindigkeiten, und bei 50""" Abstand der Reizstellen, der horizontale Abstand der Zuckungscurven beziehlich 2-0; 2-8; 4-7 '""\ Um durch Fallkraft diese Geschwindig- keiten zu erzeugen, bedarf es im leeren Raum einer Fallliöhe von bezieh- lich 60-3; 120-3: 324 • 3 "^"\ Damit ein mathematisches Pendel von Zürcher Vierteljahrsschrift, a. a. 0. S. 815. 310. 18^ 276 XI. Fortgesetzte Beschreibung neuer Vorrichtungen u. s. w. jQQQmm L;^iig0 \)e\m. Durchgang durch die Ruhelage diese Geschwindig- keiten erlange, muss es aus Ablenkungen von beziehlich etwa 20; 28; 42" fallen. Die dazu gehörigen Bogenlängen sind beziehhch etwa 175; 244; 366'"'". Mehr als doppelt so lang müssten, im Bogen gemessen^ die Zeichenplatten sein, damit der Stift ilmen schon in der Ruhe anüegen könnte. Noch beträchtlicher wären am ATwooD'schen MA'Ographion die zur Erzeugung derselben Geschmndigkeiten nöthigen Fallhöhen, da, um die Geschwindigkeit constant [603] zu erhalten, die Fallhöhe in dem Verhältniss vergrössert werden muss, in welchem die Beschleunigung durch Vertheilung auf gi'össere Masse verkleinert ist. Auch hier wäre also eine sehr unbequeme Länge der Platte nöthig, damit der Stift schon in der Ruhe ihr anüegen könnte. Freilich beschränkt sich Hr. Jendrassik an seinem Fallm^^ogTaphion auf eine Geschwindigkeit von OOG"""", und er wagt es, die heranrollende Platte den Stift mit abgeschrägtem Rande treffen und bis in ihre Ebene zurückschieben zu lassen, ^ was ich für sehr bedenklich halte. Hr. Fick seinerseits hat eine Hülfsvomchtung ersonnen^ um bei Geschwindigkeiten, die eine Ablenkung des Pendels über 15*^ ver- langen, die Platte selber den Stift sich anlegen zu lassen. ^ Die Noth- wendigkeit solcher Verwicklung warfen wir gerade den rotirenden M3'0- graphien als principiellen Fehler vor. Nach dem Allen kann kein Zweifel sein, dass in Bezug auf die Leichtigkeit und Bequemlichkeit, womit grosse Geschwindigkeiten der Zeichenfläche sich erzeugen und verwenden lassen,, das Federmyographion obenan steht. Leider muss nun aber bemerkt werden, dass wenigstens l^ei der dem lu-sprünghchen HELMHOLTz'schen Myograpliion entlehnten Einrichtung des Schreibewerkes mit den gTOSsen Gesch^^ndigkeiten nicht soviel ge- wonnen ist, wie man von vornherein zu glauben geneigt sein könnte. Ganz neu ist diese Einsicht wohl nicht; doch überraschte wenigstens mich das Ergebniss der folgenden Erwägungen, deren Mittheilung daher viel- leicht nicht überflüssig erscheint. Eine Sache für sich ist es, dass bei grossen Geschwindigkeiten am Federmyographion der dieser Klasse von Myographien eigene Uebelstand (s. oben S. 272) hef vortritt, dass nämlich die Platte, um Raum für das Myogramm zu bieten, übermässiger Länge bedarf, wozu noch kommt, dass in demselben Maass ihre Bahn verlängert werden muss. Mit Feder I erhält nian an dem jetzigen Modell vollständige Myogramme. Mit Feder IL reicht die Curve schon kaum bis an das Maxinuim, [604] mit Feder III 1 Fall-Myographion u. s. w. S. 7. 8. 2 Zürcher Vierteljahrsschrift, a. a. 0. S. 314. 315. 4. Das Federiuyographiou. 277 sieht man nur ihren Anfang. Um für eine gewühnüche Cun^e sicher Bamn zu bieten, müsste bei der durch Feder III der jetzigen Platte er- theilteu Geschwindigkeit die Platte 0-15 x 2500 = 375°''^ lang sein,^ wobei freilich die Al)nahme der Geschwindigkeit durch Reibung nicht in Anschlag gebracht ist. Immer würde die nöthige Plattenläuge auch hier Schwierigkeiten bereiten. Der Punkt, um den es sich hier hauptsäclihch handelt, ist aber folgender. Nähere Ueberlegung lehrt, dass mit dem jetzigen Schreibe- werke Steigerung der Geschwindigkeit über ein gewisses äusserst geringes Maass, abgesehen von den dadurch bedingten Nachtheilen, auch nicht einmal mehr Vortheil l)ringt. Merkhch vergrössert w^erden dadurch weder mehr der scheinbare Abstand Zweier congruenten Curven, noch die Genauigkeit, w^omit deren wahrer Abstand sich messen lässt. Fis. 21. Um dies klar zu machen, denken wir uns zwei congruente CmTeu- stücke, etwa aus der Mitte des Stadiums der steigenden Energie, als zwei gerade, parallele, von geraden parallelen Rändern begrenzte Streifen, deren Richtung mit der Richtung der Abscissenaxe den Winkel u bildet (s. Fig. 21). In der Figur ist jeder der Streifen, um ihn deutlicher hervoi-treten zu lassen, durch DoppeUinien begrenzt. Von der unregel- mässigen Beschaffenheit der Ränder, w^elche in Russ gezogene Furchen [605] unter dem Älikroskop darbieten, sehen wir ab. Die Dicke der Striche, oder die von Rand zu Rand senkrecht gemessene Breite der Streifen, sei d\ ihr von Mitte zu Mtte gemessener orthogonaler, horizon- 1 Vergl. H. Munk's Messungen im Ai-chiv für Anatomie u. s. w. 1860. S. 814. 278 XI- Fortgesetzte Beschreibung neuer Vorrichtungen u. s. w. taler, verticaler Abstand beziehlich o, h, v. v ist der Weg, den in diesem Zuckungsstadium der Stift in der constanten kleinen Zeit r durchläuft,, in der die Reizung von der oberen zm- unteren Reizstelle gelangt, und also ein Punkt der Zeiclieniiäclie den Weg h zurücklegt. Die Geschwindig- keit der Zeichenfläche heisse C, die des Stiftes, die wir vorläufig uns als gegeben denken, C^. Man hat ^= r' ^1 = ? Ü = Ä = '^''^ imd folglich = T a . , ^ — (^) Man sieht sogleich, dass für C = oc der Quotient C : Y^C^ + C-^\ den wir kürzehalber Q nennen, = 1, o = v, a = 0^ wird; die Curven. fallen zusammen mit der Abscissenaxe. Für C = Q ist Q = ~ = 0-707, für C = öCj aber schon = 0-981; und da Q die Einheit zur Grenze hat, folglich von (7 = 5(7^ bis zu C = oo nur noch um etwa 0-02 wachsen kann, so ist deutlich, dass Steigerung von C über öCj hinaus nicht merklich vererössert. vorzüghch ankommt, ist der orthogonale Abstand der einander zugekehr- ten Ränder der Curvenstriche (s. die Fig.). s ist == o — d; die Curven ver- schmelzen, wenn d — o. Durch Steigerung von CüberöCj hinaus wird also s nicht merklich vergrössert., und nach dieser Seite kein Yortheil erreicht. Ist C = 5Cj, so ist t(/ (4 = 0-2 = etwa ty 12*'. Myogramme, die am HELMHOLTz'schen M^^ographion bei einer Geschwindigkeit von etwa 500 ""^ gezeichnet \Mirden, lassen im Stadium der steigenden Energie bei fast geradem Verlaufe der Curve eine Neigung von etwa 12° gegen den Horizont erkennen. Eine Geschwindigkeit von etwa 500™™ genügt also, um [606] den gTössten scheinbaren Abstand der CuiTen zu erhalten, der bei der jetzigen Einrichtung möglich ist. Der wahre Abstand der Curven h wächst zwar unbegrenzt mit Q nicht aber die Genauigkeit G, mit der h sich messen lässt, und auf die es bei Untersuchungen ankommt. Nehmen wir an, ein verschwindend dünner, hoi-izontaler Mikrometeifaden mf durchschneide das Curvenbild, und nennen ^^^r die Breite, in der dies für jeden der Curvenstriche ge- §, 4. Das Federmyographion. 279 schiebt, h. (S. die Fig.) Denken ^^^^ uns ferner das Bild durch eine Mkrometerschrauhe dem Faden mf entlang l)ewegt und die Messung von h dadurch bewirkt, dass der Kreuzungspunkt von mf mit dem ver- ticalen Faden m,f, möglichst genau auf die Mitte von i, erst an der einen, dann an der anderen Curve, eingestellt werde. Der bei solcher Einstellung begangene mittlere Fehler ist nach Hm. Fechnee und Hm. Volkmann der zu hälftenden Grösse proportional.^ Da die Fehler eben so gut positiv wie negativ sein können, hat man wo Ä eine persönUche Constante. Die Genauigkeit der Messung des wahren Abstandes ist proportional dem orthogonalen Abstände der Curven dividirt durch ihre Dicke, und erreicht also in Wirküchkeit mit wachsender Ge- schwindigkeit ebenso früh eine Grenze, wie der scheinbare Abstand. Bei anderen Messungsmethodeu und mit Berücksichtigung der Unregel- mässigkeit der Ränder und der Dicke der Mikrometerfäden oder -Striche, gestalten sich die Dinge etwas anders, insofern der mittlere Fehler nicht mehr einfach h proportional ist; im Wesentüchen wird bei allen das Er- gebniss dasselbe sein. Die Erfahrung bestätigt diese Schlüsse. Mit Feder II und III erhält man, abgesehen davon, dass die jetzige Platte nicht reicht, um das Mj'o- gramm vollständig aufzunehmen, keinen grösseren scheinbaren Abstand der Curven, und keine besseren Messungen ihres wahren Abstandes, als mit Feder I. Eine Geschwindigkeit, wie die durch diese Feder erzeugte, möchte am Fall- und Pendelmyographion freilich nur als Grenzge- [607] schwindigkeit zu erreichen sein. Aber auch diese Geschwindigkeit ist nach Obigem schon überflüssig gross, und dafür hat das Fallmyographion den Vorzug fast unverzerrter Bilder, das Pendelmyographion den höherer mechanischer Vollkommenheit. Die wahre Ueberlegenheit des Federmyograpliions hegt daher vor- läufig nicht in der grossen Geschwindigkeit der Zeichenfläche , sondern erstens in seiner Einfachheit. Ein Blick auf Fig. 20 genügt, um zu zeigen, wie weit es hierin alle anderen Myographien übertrifft. Es nimmt zugleich weniger Raum ein als das Fall- und als das Pendelmyographion. Nach Entfernung des einen Stahlstabes beherbergt ein Glassturz von 47^"° Länge, 22''"' Breite und 40 '^^ Höhe den ganzen Apparat nebst einer unten noch zu beschreibenden Hülfsvorrichtung. Eine Folge dieser 1 Elemente der Psychophj-sik. Bd. I, Leipzig 1860. S. 211 ff. 280 XI. Fortgesetzte Besclu-eibung neuer Yorriclitungen u. s. w. Einfachheit und geringen Ausdehnung ist die Wohlfeilheit des Feder- myographions. Während aber zweitens andere Myographien, meist an eigens dazu vorbereitetem Orte, sorgfältig aufgestellt und justirt sein wollen, ist das Federmyographiun jederzeit und überall, in wenigen Mnuten auf jedem Tische, versuchbereit. Diese Schlagfertigkeit empfiehlt es besonders für Vorlesungen und Reisende. Auch habe ich damit schon 1866 in der Royal Institution der durch Faeaday und Hrn. Tyndall verwöhnten Zuhörerschaft der Friday Evening Lectures von zwei Reiz- stellen aus erzeugte Myogramme vorgeführt, die mein Freund Tyndall die Güte hatte, mittels der DunosQ'schen Elektrolämpe auf einen Schirm zu projiciren. (S. oben S. 272.) Sind al)er auch die am Federmyographion eiTeichbaren Geschwindig- keiten unter den bisherigen Voraussetzungen unnütz, so zeigen doch unsere Formeln einen Weg, auf dem wenigstens eine höhere Geschwindigkeit als von 5(7^ noch gut zu ge1)rauchen sein würde. Zunächst bestätigen die Formeln, was ohnehin einleuchtet, dass sowohl der scheinbare Abstand der Curven wie die Genauigkeit der Messung ihres wahren Abstandes mit der Dicke der Striche abnehmen, und dass man also mit möglichst feiner Spitze auf möghchst zarter Russschicht zeichnen solle. Dann aber ist an der Zeit, unser Au- [608] genmerk der Geschwindigkeit des Stiftes zuzuwenden, die wir bisher stets als beständig annahmen. Formel i*) S. 278 zeigt, dass der orthogonale Abstand der Cur\-en von der Geschwindigkeit des Stiftes in derselben Weise abhängt, wie von der der Zeichenfläche. Für Cj = oo wird der Quotient Q : ]/ (7- -H C^^. der Q^ heissen mag, = l. o = k, a = 90"; die Curven richten sich auf, so dass sie mit zwei um h von einander abstehenden Ordinaten zu- sammenfallen. Für C = Ci ist Qi = Q = 0-707; durch einseitige "\>rgrösserung von C\ über eine gewisse Grenze hinaus, wenn sie aus- führbar wäre, ist für Vergrösserung ^•on o so wenig zu gewinnen, ^ne durch solche von C. Etwas anderes ist es, wenn man C und C^ zugleich vergrössert. Ver-??-fachf man C und Cj, so wird = UT C-^ Q = nrCQ^, also gleichfalls ver-7i-facht. Es sei C = C^, also o = 0-707rC'i oder = 0-707tC. Werden C und C^ verdreifacht, so wird o = 2- 121t C^ = 2- 121t C, also über zweimal so gross, als hätte man die eine Ge- schwindigkeit unverändert gelassen, die andere unendlich gross gemacht. Es ist aber, um in der Wii'klichkeit o zu ver-7i-fachen, nicht nöthig, dies mit l)eiden Gesch^^indigkeiten zu thun. Auch durch Ver-?i-fachung nur der einen Geschwindigkeit wird o ver-7i-facht , wenn deren ^«^.faches §. 4. Das Federmyographion. 281 Quadrat gegeu das Quadrat der anderen vernachlässigt werden kann. Damit dies erlaubt sei, muss freilich für jedes n das Verhältniss der con- stant l)leibenden zu der zu ver-/«-fachenden Geschwindigkeit mindestens einen gewissen Werth haben. Soll z. B. durch Verfünffachung von C^ allein o nahe verfünffacht werden, so muss schon C = 15Cj, d. h. etwa = 1500 """, oder gleich der Maximalgeschwindigkeit bei Anwendung unserer Feder II sein. Man erhält o = 4'lbv, während man allerdings = 4 -991; findet, wenn man bei C = öQ, wo Vergrössern von C allein nichts mehr hilft (s. oben S. 278), Cund C, zugleich verfünffacht, was für C etwa 2500""", d. h. die erst durch Feder III erreichbare Geschwindigkeit gäbe. Auf den Unterschied von • 05 in der Grösse von kommt es indess nicht an; eine [609] Steigerung der Geschwindigkeit der Platte von 1500 auf 2500™"^ fällt dagegen sehr in's Gewicht. Aus nahehegenden Gründen wird man in der Wirkhchkeit nicht versuchen, was in der Theorie sonst auf dasselbe hinausläuft, C gegen C^ verschwinden zu lassen. Sondern die Art, o, und somit auch s und G, ausgiebig zu vergrössern, besteht sichtlich darin, bei in obigem Sinn ausreichender Geschwindigkeit der Zeichenfläche, die Geschwindigkeit des Stiftes zu vergrössern. Innerhalb gewisser, ziemhch enger Grenzen hat dies keine Schwierigkeit. JVIit Verlängerung des Schreibehebels wächst u, wenn auch nicht genau proportional. Man kann nun erstens den Hebel relativ verlängern, d. h. den Muskel seinem Drehpunkte näher anbringen, zweitens ihn absolut verlängern. Hr. Makey wendet ungleich längere Hebel als die bei uns übhchen an.^ Auch Hr. Fick scheint den Hebel des HELMHOLTz'schen Schreibe werkes schon verlängei't zu haben, ^ und ich glaube, dass wir in der Furcht daraus entspringender Fehler zu weit gehen. So werden also grössere Geschwindigkeiten der Zeichenfläche Avieder nicht allein uützhch, sondern sogar nothwendig, und die in dieser Rücksicht dem Federmyographion zustehende Ueberlegenheit kommt schhesshch doch noch in Betracht. Der Grundgedanke unseres Myograpliions , die Zeicheiifläche durch Federkraft zu bewegen, lässt sich übrigens auf andere Formen dieser Fläche übertragen, und mit anderen Ai'ten ihrer Führung verbinden. Man könnte einer pendelnden Platte durch Federkraft Geschwindigkeit ertheilen, ein Cyhnder- oder Kreisscheibenmyographion mit einer Feder gleich der an der Chi-onometerunruhe oder an dem FiCK'schen Sph'al- rheotom^ versehen u. d. m. Solche Vorrichtungen wären jeden Grades 1 L. c. p. 422. 2 A. a. O. S. 309. 3 Untersucliungen über elektrische Nervem-eizuug. Bramischweig 1864. 4*^. S. 5. — Die medicinische Physik. 2. Aufl. Brauuschweig 1866. S. 425. 282 XI. Fortgesetzte Beschreibung neuer Vorrichtungen u, s. w. mechanischer Yollkommeuheit fähig, und das Pendelmyographion könnte so eingerichtet werden, dass kleinere Geschwindigkeiten, mit kurzem Schreibehebel zu benutzen, durch Fall- [610] kraft, grössere, für den Gebrauch mit langem Hebel bestimmt, durch Federkraft erzeugt würden. Der Stift könnte dann schon der ruhenden Platte anliegen, ohne dass diese übermässig lang zu sein brauchte (vergl. oben S. 276). An meinem Federmyographion befindet sich noch eine empfehlens- werthe Einrichtung, die, von dessen eigenthümhchem Bewegungsmechanis- mus unabhängig, an jedem anderen Myograpliion mit gleichem Yortheil angebracht werden kann. Nach demselben Gedanken, welcher der „feuchten Reizungsröhre" und dem RosENTHAL'schen Troge (s. oben S. 268) zu Grunde hegt, habe ich eine Zuleitungsvorrichtung für Ver- suche über Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Erregung construii't.' Sie besteht aus einem länglichen Körper aus Kammmasse, der an einem Ende mit Kugelgelenk versehen, am anderen stumpf zugespitzt, und der seiner Axe nach so durchschnitten ist, dass die eine, feste Hälfte mit dem Kugelgelenk in Verbindung bleibt, die andere, bewegliche, von jener abgehoben und auf sie gelegt werden kann. Auf der ebenen Schnittfläche der festen Hälfte ruht der Nerv. Die Schnittfläche der beweghcheu Hälfte ist leicht ausgehöhlt; diese Hälfte dient dem Nerven als Deckel und schützt ihn vor Trockniss. Nahe dem zugespitzten Ende, welches der Kniekehle angedrückt wird, überbrückt der Nerv ein Platin- elektrodenpaar; 50™™ davon befindet sich ein zweites, und dahinter eine Höhlung zur Aufnahme eines Stückes Wirbelsäule. Jede Elektrode hat ihre lüemmschraube. Schon so bietet (he Vorrichtung den Vortheil, dass der Muskel- halter, der Muskel selber und die Verbindung zwischen Muskel und Hebel nicht bedeckt werden, und also sichtl^ar und zugänglich bleiben. Es ist aber daran noch eine Einrichtung angebracht, die sich als sehr nützhch erweist. Zwischen den lieiden Elektrodenpaaren ruht der Nerv in einer Strecke von 40™™ auf einer wohlgefirnissten kupfernen Fläche. Sie ist die obere Wand eines in den Kamitimasse-Körper einge- [611] lassenen kupfernen Behälters. Durch ein Kautschukrohr ist dieser mit einem Trichter verbunden, der eine Frostmischuug enthält. Durch Oeffnen eines Hahnes erhält die eiskalte Flüssigkeit Zutritt zum Behälter, aus dem sie durch em zweites Kautschukrohr entweicht. Nachdem man bei 1 Hr. H. MuNK hat zuerst eine Zuleitungsvorrichtuug mit festen, in passen- den Abständen angebrachten Elelitrodcnpaaren für Versuche über Fortpflanzungs- geschwindigkeit der Erregung angewendet. Archiv für Anatomie u. s. w. 1860. S. 799. §. 4. Das Federmyographion. 283 Zimmerwärme eine Curve von jeder der beiden Reizstellen aus gezogen hat, erkältet man den Nerven und wiederholt den Versuch. Man erhält nun mit Feder I einen horizontalen Abstand der Cunen von 8 — 10™™,. und es gelingt so mit grösster Leichtigkeit, nicht allein die zur Fort- pflanzung des Reizes nöthige Zeit, sondern auch deren Abhängigkeit von der Temperatur zu zeigen. An heissen Sommertagen bietet die Erkältung des Nerven ein willkommenes Hülfsmittel, um überhaupt deutüche Trennung der Curven zu erreichen.^ Vergl. H. MuNK a. a. 0. S. 816. 817. xn. lieber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. Erste Abhandlung. (Gelesen in der Gesammtsitzung der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 5. August 1869.) ^ §. I. Einleitung. In seiner „Anleitung zur Bestimmung der Schwingungs- dauer einer Magnetnadel" ^ stellt Gauss für die Bewegung eines in dämpfender Umgebung schwingenden Magnetes die Fundamental- gleichung auf wü X den dem Stand des Magnetes zur Zeit i, p den seinem Ruhestand entsprechenden Sealentheil, n^ die magnetische Richtkraft (für die Ein- heit der Ablenkung) und 2e die verzögernde Kraft der Dämpfung (für die Einheit der Geschwindigkeit), beide mit dem Trägheitsmoment des Magnetes dividirt, bedeuten. Das Integral dieser Gleichung giebt Gauss unter der Form X = p ■\- Ae-" sin {Y'^n^'^^7- . {t — B)} , (II) w^o e die Basis der natürhchen Logarithmen ist, A und B die beiden durch die Integration eingeführten willkürlichen Constanten vorstellen. Ohne die verzögernde Ki-aft der Dämpfung ist nach Gauss das Integral X = p -^ A.sm {n {t — B)]. (HI) [808] Nachdem Gauss aus Gleichung (I) die Theorie der Schwin- gungsbewegung gedämpfter Magnete hergeleitet hat, sagt er: „Bei aUem 1 Monatsberichte der Akademie u. s. w. 1869. S. 807; — Archives des Sciences physiques et naturelles. Geneve 1872. t. XLIV. p. 312; — t. XLV. p. 84. 2 Eesultate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins im Jahre 1837. Göttingen 1838. S. 58; — C. F. Gauss Werke u. s. w. Göttingen 1867. 4». Bd. V. S. 374. XII. Ueber aperiodische Bewegung u. s. w. — Abh. I. — §.1. Einleitung. 285 „was bisher entwickelt ist, liegt die Voraussetzung zum Grunde, dass s „kleiner sei als w; ini entgegengesetzten Fall nimmt das Integral der „Fundamentalgleichung eine andere Form an. Man erhält nämlich an- „statt des Gliedes Ae-'^ sin [Y?? — e^ . {t — B)}, in dem Fall, „wo € grösser ist als n, zwei Glieder von der Form ^,- (e + 1 e3 - n?)i _^ ß^- (s - fa^ - n^) t ^ly^ „und in dem Fall, wo s = n ist, von dieser {A + Bt) e~''. (V) „In beiden Fällen findet also in der Bewegung gar nichts perio- „disches mehr Statt, sondern der Stand nähert sich asymptotisch dem „Ruhestande. Für unsern Dämpfer ist — = 0-22152, und es müsste „also ein mehr als 4^2 mal stärker wirkender Dämpfer angewandt werden, „um solchen Erfolg hervorzubringen. Offenbar aber wüi-de es dazu nicht „liinreichend sein, die MetaUmenge nur in demselben Verhältniss zu ver- „grössern, in sofern diese Vergrösserung nach aussen angebracht werden „müsste, und die äussern Schichten des Metallrahmens vergleichungs- „weise weniger zur Inductionswirkung beitragen als die Innern. Allein „es würde nicht einmal anzurathen sein, eine Dämpfung von einer „solchen Stärke anzuwenden, dass die Bewegung aufhörte periodisch zu „sein, theils weil, sobald s den Grenzwerth n überschreitet, die An- „näherung an den Ruhestand meder langsamer geschieht, theils weil „man dann den wesenthchen Vortheil verlöre, aus zwei beliebigen, um „T^" — die Schwingungsdauer des gedämpften Magnetes — „von ein- „ander entfernten Aufzeichnungen den Ruhestand auf eine bequeme Art „berechnen zu können." So weit Gauss. Er hat den aperiodischen oder schwingungs- losen Zustand gedämpfter Magnete, wie man ihn nennen kann, mit geistigem Auge gesehen, ohne ihn wirkhch zu beobachten, und seine Andeutungen darüber sind meines Wissens mehr als dreissig Jahre unbeachtet geblieben, obschon [809] sie, wie sich zeigen wird, den Keim einer interessanten Theorie und, Gauss' Meinung zuwider, eines praktisch wichtigen Verfahrens enthielten. Ich habe gefunden, dass jener Zustand sich leicht verwirkhchen lässt; und noch Jedem, der von der aperiodischen Bewegung meiner Bussolspiegel Zeuge war, sprang der Vortheil in die Augen, der daraus bei vielen Arten galvanometrischer Versuche er- wachsen müsse. Da die Darstellung, deren sich Gauss im Obigen bedient, den Punkt, auf den es hier ankommt, nicht mit voller Klarheit hervortreten- 286 XII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter jMagnete. — Abb. I. — lässt, SO wird es augemesseu sein, die Theorie der aperiodisclieii Be- wegung gedämpfter Magnete zunächst etwas ausführücher zu ent\\ickeln. §. II. Allgemeine Gleichung der Bewegung gedämpfter Magnete, und periodische Bewegung solcher Magnete. Der Einfachheit halber nehmen vdi an, dass die Ruhelage des Magnetes dem Xiülpunkt der Theilung entspreche, also p = sei. In- dem man sonst die GAuss'schen Bezeichnungen beibehält, aber zur Ab- kürzung einen der beiden Werthe von Ye^ — n2 = r setzt, erhält man als allgemeines vollständiges Integral der Differential- gleichung (I) die Gleichung X = e-^t {Ae-'-' + Be'-^), (VI) deren rechte Seite mit (IT) identisch ist. Zur Bestimmung der Constanten A und B dienen Annahmen über Anfangslage und Anfangsgeschwindigkeit des Magnetes. Denken wir uns den Magnet durch eine äussere Kraft, z. B. durch einen beständigen ■elektrischen Strom, in der Ablenkung | gehalten, die aber nicht gTösser sei, als dass nicht die Proportionalität zwischen Ablenkung und Richt- kraft' noch angenommen werden dürfe, und die Dämpfimg merklich den gleichen Werth behalte. Im Augenbück ^ = werde die Kette ge- öffnet, und der Magnet gleichsam semer Ruhelage zu fallen gelassen. dx welche dm-ch die Gleichungen (VI) und ("\TI) dargestellt wh'd, ist verschieden je nach der Beschaffen- heit der Wurzelgrösse r. Ist £ < n, so ist r = ig. wenn wir Y — 1 uiit /, und einen der ])eiden Werthe von Y''^^ — «^ uiit p bezeichnen. Gleichung (VI) geht dann unmittelbar über in X = e-"{{A + B) cos {ot) — i [A — B) sin [ot)}, (VHI) §. 2. Allgemeine Beweguugsgleichung gedämpfter Magnete. 287 oder, wenn den Constauten A und B ihr Werth ertheüt wird, in X = ^ . e-'' I cos [ot) + — sin (p^ j (IX) Diese Gleichungen zeigen eine Schwingungsbewegung des Magnetes an, bei der die Amplitude der Schwingungen in einer geometrischen Reihe abnimmt, die l)ekanute Bewegungsart gedämpfter Magnete. Der Magnet geht dui'ch den Nullpunkt jedesmal dass tg {ot) = - ^, und erreicht seine grösste Elougation jedesmal dass sin [Qt) = 0. Bestimmt man eine Winkelgrösse ^ durch die Gleichung t8-(o4>) = - ^, so wii'd Gleichung (IX) .r = l.e~" [j sin { Q {t - 4>)]J. (X) [811] Der von der eckigen Klammer umfasste Factor in dieser Gleichung entspricht dem periodischen Factor in (IX), verschwindet für tg (p^) = — -^ und wird = 1 für sin (ot) = 0. Abgesehen von der von uns vorgenommenen Constantenbestimmung, ist Gleichung (X) einerlei mit (II), oder von der Form, in welcher Gauss das Integral der Fundamentalgleichung unter der stillschweigenden Vor- aussetzung hingestellt hat, dass e < n sei; während er der allgemeinen und ursprünghchen Form des Integrals, nämlich der Gleichung (VI), aus der (II) erst durch eine allerdings geläufige Umformung hervorgeht, erst später bei Erwägung der Mögüchkeit, dass e > n werde, gedenkt. Was Gauss bewog, die umgeformte Gleichung (II) voranzustellen, ist sichtlich der Umstand, dass in dieser Gestalt die Gleichung sich an die (III) an- schüesst, welche die Bewegung des Magnetes ohne Dämpfung darstellt. Setzt man in der Fundamentalgleichung £ = 0, wodurch der die Dämpfung ausdrückende Term verschwindet, so erhält man als allge- meines vollständiges Integral den von Gauss gegebenen Ausdruck (DI), und unter denselben Annahmen ül3er Anfangslage und Anfangs- geschwmdigkeit, die wir für den Fall der Dämpfung gemacht halben, und für p = 0, TT ^ = -»'' ^--2«' X = r= i [l nt^ = l.cos {nt), (XI) 288 XII. Ueber aperiodische Bewegung gedäini)fter Magnete. — Abh. I. — WO rr in üblicher Bedeutung geuonmieu ist. Die Vergleichung der Aus- drücke (II) und (in), oder (X) und (XI), lässt den Einfluss der Dämpfung auf die Schwingungsbewegung klar übersehen, der sich theils in dem Auftreten des die Amphtuden vermindeniden Factors e-'^, theils in dem langsameren Wachsen des Argumentes der periodischen Function aus- spricht, wodurch eine gTössere Schwingungsdauer angezeigt wird. Da es Gauss zunächst auf diesen Vergleich ankam, der Fall e > n ihm da- gegen nur als theoretisches Curiosum vorschwebte, durfte es ihm gleich- gültig sein, dass bei seiner Darstellung [812] der unmittelbare Einblick in den TJebergang der periodischen zur aperiodischen Bewegung, der bei e = 71 stattfindet, verloren gmg. §. ni. Aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. In dem Falle s > n, wo also r reell ist, gilt Grleichung (YII), wifr sie dasteht. Die Bewegung ist nicht mehr- periodisch, sondern die Ab- lenkung als Function der Zeit wird dargestellt durch den Unterschied der Ordinaten zweier Exponentialcurven, die sich der Abscissenaxe asymptotisch nähern. Der Werth t = oo ist der einzige mögliche, der X = macht. Fällt also der Magnet von der Ablenkimg |, welche beüebig gross gedacht werden kann, ohne Anfangsgeschmndigkeit herab^ so wird der Nullpunkt nicht überschritten, sondern erst nach unendhcher Zeit erreicht. Die Curve der Ablenkungen bezogen auf die Zeit hel:)t bei ^ = mit der Ordinate | und mit horizontaler Tangente an, und hat zuerst einen gegen die Abscissenaxe concaven Verlauf. Die Cun'e der Geschwindigkeiten !^^ = 27 • ""'' ^'~^' - ^'"^ ^^^ ist am Ursprünge concav gegen die Abscissenaxe, und erreicht ein nega- tives Maximum für t = i log. uat. LiLZ (xni) welchem t also ein Wendepunkt der Curve der Ablenkimgen entspricht. Nach genau der doppelten Zeit folgt der Wendepunkt der Curve der Geschwindigkeiten, die sich gleichfalls der Abscissenaxe asymptotisch an- schhesst. Die Ordinaten beider CuiTen sind für gleiche Zeiten | proportional. Eine bemerkenswerthe Vereinfachung tritt in vielen Beziehungen ein für den GrenzfaU, dass ?i = g, oder dass r = wird. Das Integral der Differentialgleichung ist alsdann [vergl. oben S. 285 {Y)] X = {A + Bt) e-'% §. 3. Aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. 289 A findet man = |, i? = £|, und man hat X = I . e-" (1 + et). {XDP) [813] Diese Gleichung, und die davon abgeleitete lassen sich leichter discuth-en als die allgemeineren (YII) und (XII). Einige der sich dabei ergebenden Beziehungen sind in Fig. 22 dargestellt, in welcher ^ = 2, e=n = l gesetzt sind. Die oberhalb der Ab- scissenaxe verlaufende Cune {^irt) ist che der Ablenkungen, die unter- Fig. 22. -i halb (0 m w,t) die der Geschwindigkeiten. Die punktiite Curve (| , ^^^ , — I) ist die Sinuscurve der Ablenkungen ohne Dämpfung, und stellt Gleichung (XI) für n = 1 dar. Der Wendepunkt der Curve der Ab- lenkungen und das Maximum der Cune der Gesch^vindigkeiten treten ein zm* Zeit f = ~. {XVI) In der doppelten Entfernung vom Nullpunkt, also zur Zeit 9 t = :(XYii) tritt auch hier der Wendepunkt der letzteren Curve ein. Die Ordinaten der Curven sind für gleiche Zeiten | proportional. 19 E. duBois-Reymond, Ges. Abb. I. 290 XII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. I. — [814] Wird eudlicli « im Vergleich zu n so gross, oder, was völliger Astasie des MagTietes entspräche, n im Vergleich zu e. so klein, dass n gegen « verschwindet und r merküch = « ist, so nimmt das allgemeine vollständige Integral unserer Fundamentalgleichung abermals eine andere Gestalt an. Setzt man nämlich «^ = 0, so -^nrd jenes Integral X = A. e-'-^t + B, (XVm) wo A und B die beiden wiUkürüchen Integrationsconstanten bedeuten. Unter denselben Annahmen über Anfangslage und Anfangsgesch^nndig- keit ^^e früher, findet man A = % B = ^, X = |. (XIX) Der Magnet bleibt also bei | stehen, und die der Abscissenaxe parallele Gerade, welche | zur Ordinate hat, ist die Grenze, der sich die Curveu der Ablenkungen 1)ezogen auf die Zeit nähern, wenn n im Vergleich zu e immer kleiner wd. Erhält aber unter diesen Umständen der Magnet im Augenl)lick # = bei | einen Stoss, der ihm eine Gesch^vindigkeit 4; c ertheilt, so ^nrd A = + ~ B = i ± f^, X = I ± ^ (1 _ e-^-^t^. (XX) Der Magnet bewegt sich also mit abnehmender GeschAnndigkeit - = ± ce-' c dem Punkte | 4- ^— zu. wo er nach unendücher Zeit stehen l)leibt. Der Vorgang ist der Form nach genau der nämhche wie in dem Falle, wo ein Körper nach erhaltenem Stosse sich in einem ]\Iittel bewegt, das ihm einen seiner Geschwindigkeit proportionalen "Widerstand entgegen- setzt; und dies ist die höchste Stufe des AEAGo'schen Phaenomens des Rotationsmagnetismus. §. IV. Uebersicht der Bewegungsformen ungedämpfter und gedämpfter Magnete. Je nach den Werthen von « und n nimmt also das Integral der Fundamentalgleichung die fünf verschiedenen Formen an, welche folgende Uebersicht nochmals im Zusammenhange zeigt. §. 4. Uebersicht der Bewegungsfonnen gedämpfter Magnete. g-. X X 291 II 1^ X + + •tJlJ, ß3, + l 11 >i •qDsipou9d gnuSeMag A ^ä •qosipoi.iadB SunSoAvag 19* 292 XIl. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh, I. — [816] Aus (IX) wird durch e = (XI), durch s = n (XR^; aus (YII) durch e = n (XIV), durch w = (XIX). Dieser Uebergang der verschiedenen Formen in einander ist das anal3^tische Abbild des all- mähhchen Ueberganges, der in WirkMchkeit von den Schwingungen des ungedämpften Magnetes bis zur völligen Astasie des gedämpften Magnetes füln-t.. Die Schwingungsdauer des gedämpften Magnetes ist nach Gauss ^> = lÄt^.- (^^ Wird also e = oder > /?j, d. h. die Bewegung aperiodisch, so spricht sich dies darin aus, dass der Ausdruck für die Schwingungsdauer unend- lich gross, beziehlich imaginär Avird. Der Ausdruck für das« in natürlichen Logarithmen angegebene logarithmische Decrement der Schwingungen des gedämpften Magnetes ist y ir — f^ Für € = w ist A unendlich, schon die zweite Ampütude verschwindet im Vergleich zur ersten. Für e > 7i ist l imaginär, und auch so giebt sich die eingetretene Schwingungslosigkeit zu erkennen. §. V. Aperiodische Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit. Wir wollen jetzt einen FaU betrachten, dessen Behandlung wesent- lich dazu beitragen wird, unsere Kenntniss der aperiodischen Bewegung gedämpfter Magnete zu vervollständigen. Dies ist der Fall, wo die An- fangsgeschwindigkeit nicht Null ist, sondern einen negativen Werth — c, also im Sinne der Richtkraft, besitzt. Die Constanten A und B werden beziehlich in Gleichung (VI) c — I (g — r) — c -h g (g + r) 2 /• ' ' 2r und in Gleichung {\) [817] I, - ^ + £|; die Gleichungen sell)er ^ = '2t[{^ - l(« - '•)] e-rt _ '(e - 1(6 + /•)] .^'], (XXII) .r = e-'t [^ — t {c — e^)}. (XXHI) Die Bewegung ist aperiodisch; übersteigt aber c in jedem der beiden Fälle (XXII) und (XXIII) einen gewissen Werth, den wir bald näher betrachten wollen, so wird dar Nullpunkt überschritten. Noch ehe c diesen Werth erreicht, werden die Curven der Ablenkungen und der §. 5. Aperiodische Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit. 293 Geschwindigkeiten von ^ = ab convex gegen die Abscissenaxe. Im Falle (XXni) tritt dies z. B. ein bei c > ^2 « | für erstere, bei c > Y3 « | für letztere Curve, während, wie wir sehen werden, erst von c > «1 ab der Nullpunkt überschritten wird. Dies Ueberschreiten geschieht im Falle (XXn) zur Zeit 1 1 c — I (6 — r) '0 2 r ^ c — I (€ + r)' im FaUe (XXni) zur Zeit c — «I Jenseit des Nullpunktes kehrt der Magnet in seiner Bewegung um, im FaUe (XXII) zur Zeit , ^ ±l,o. (^ + r)[c-|(. -r)} '"^'^ 2/- '^^ (e _ r) [c - I (6 + r)y im FaUe (XXIII) zur Zeit c fmax = e {c - e^y zu welchen Zeiten — durch Null geht. Die Curve der Ablenkungen ist vom Nullpunkt der Scale ab concav gegen die Abscissenaxe der Zeiten; €s erfolgt aber ein positives Maximum der Geschwindigkeit, sowie ein Wendepunkt der Curve der Ablenkimgen im Falle (XXH) zur Zeit [818] _ J_ {e + 7f {c- 1(6 - r)j- ''' - 2r ''- (6 - 7f [c - I (€ + r)}' im FaUe (XXIII) zur Zeit " « {C - 6|)' Darauf nähert sich der Magnet von der anderen Seite her asymptotisch dem Ruhestande. Auch die Curve der Geschwindigkeiten nähert sich schüessüch asymptotisch der Abscissenaxe, nachdem sie im FaUe (XXH) zur Zeit "' ~ 2r ^^=' (£ — rf {c — I (£ + r)y im FaUe (XXin) zur Zeit __ 3c - 2 6| e{c - e^) einen Wendepunkt gehal)t hat. Die Zeiten t^, t„,ax, tv>^ tw, büden also in beiden FäUen GUeder eüier arithmetischen Reihe, deren beständiger Unterschied im FaUe (XXII) 1 1 6 + r 294 XII. Uebcr aperiodische Bewegung gecLämpfter Magnete. — Abb. I. — im FaUe (XXIII) - beträgt [vergl. üben S. 288. 289, (XII, XVI, XVII)]. In Fig. 23 zeigt ^t^^mirt die durch (XXUI) dargestellte CuiTe der Ablenkungen bezogen al^f die Zeit, nebst der zugehörigen Curve der Geschwindigkeiten (2 £|, tmm,w,t\ unter sonst denselben Annahmen wie in Fig. 22; die Cun'e der Ablenkimgen ist von ihrem negativen Maxi- mum m ab dieselbe wie in Fig. 22, nur mit verkleinerten Ordinaten. Die Anfangsgeschmndigkeit c ist in der Figur = 2 cf = 4 gesetzt. [819] Fig. 23. Da die Zeit in ihrem Fortschritt nicht negativ werden kann, haben den Fall (XXII) bezüghchen Ausdi'uck die Grösse unter dem Logarithmus positiv und > 1, also c > |(e + r), (XXIV) wo r, wie stets von hier ab, einen positiven Werth hat; oder wenn in dem auf den Fall (XXIII) ]3ezüghchen Ausdruck §. 5. Aperitxlische Bewegung mit Anfangsgeschwindigkeit. 295 c > £| (XXY) ist. Noch für c = ^ {s -\- r) im ersten, c = £| im zweiten Falle wird der Nullpunkt erst nach unendlicher Zeit erreicht, und zwar nehmen dabei die Gleichungen (XXII) und (XXIQ) beziehüch die ein- fachen Formen an [820] X = ^.e-(' + r)t (XXVI) X = |..-'^ (XXYII) Ist /• = e, oder gilt Gleichung (XX), so muss c = 2 £| sein, da- mit der Magnet den Nullpunkt erreiche, und > 2 €|, damit er ihn überscln-eite. Ist o = 2 e| + d\ so bleibt er bei — ^^ stehen. §. YI. Herleitung der Bedingung für die zum Ueberschreiten des Nullpunktes nöthige Anfangsgeschwindigkeit. Der Sinn der Bedingimg für die zum Ueberschreiten des Null- punktes nöthige Anfangsgeschwindigkeit in den durch die Gleichungen (XXII) und (XXni) dargestellten Fällen ergiebt sich aus folgender Be- trachtung. Es ist offenbar gleichgültig, ob dem Magnete zu einer Zeit t^ , wo er aus einer Al^lenkung .r^ fallen gelassen wird, eine Geschmndig- keit — c,^ ertheilt werde, oder ob er zur Zeit t^ bei x^ anlangend, die- dx selbe Geschwincügkeit — c,, = -y,- durch Fallen aus einer höheren Ablenkung |, gleichsam als Fallgeschwindigkeit, erlange. Keine Fallgeschwindigkeit -~ , die der Magnet bei x^^ durch Fallen von einem beliebig hohen | hätte erlangen können, würde also, wenn sie dem Magnete beim Fallenlassen von x^^ zur Zeit ^^ als Anfangsgeschwindigkeit — Cp ertheilt würde, ihn über den Nullpunkt führen. Denn obschon in Wii'Michkeit die Anwendung unserer Fonneln der oben S. 286 erwähnten Beschränkung unterhegt, gelten sie in der Idee für jeden denkbaren dx Werth von |, und wenn also der Magnet die Geschwindigkeit J' = — Cp dm'ch FaUen von jenem behebig hohen | erlangt hätte, mirde er sich asymptotisch der Ruhelage nähern. Die Rechnung bestätigt diese Schlüsse. Der Einfachheit halber sei die Bewegung nur eben aperiodisch, d. h. e = n, und demgemäss ihre Gleichung [s. oben S. 289 (XIY)] .r = I . e-'' (1 + ef), [821] Xq eine Ordinate zu t^. Indem wir den Coordinatenursprung von 296 XU. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. I. — ^ = nach t = t^ veiiegeu, verwandeln \m der Form nach den Yor- gang- in den diu'ch Gleichung (XXIU) dargestellten, und haben also .. = .-•('- « I ,,.„ _ . (, _ y (_ f?^ _ , ,j I (XXYIII) Es ist aber, nach Gleichung (XIY) und (XY), •^0 = l-e-^^o (1 H- eQ, Diese Werthe in (XXYHI) eingesetzt liefern wieder die m-sprünghche Gleichung (XIY), d. h. der Nullpunkt wird nicht überschritten, wenn dem Magnete l)ei x^ eine Geschwindigkeit ertheilt wird, wie er sie dort durch Fallen von einem beliebig hohen | hätte erlangen können. w kann erst Null werden, wie Gleichung (XXYHI) uns abermals vor- führt, wenn dx^ - , dt ^ ^'''"^' ^"^ ^ ^ '''<'• Dieselbe Schlussfolge führt unter der Annahme e > n zur Bedingung ~ ^ > ^' + '■) ■-«' '^- ^'- ^0 > (* ^- '•) '^'o, entsprechend der Ungleichheit (XXIY) auf S. 294. So werden wir darauf liinge wiesen, dass e a-, {a -\- r-) a- vielleicht allgemein die Grenzgeschwindig- keiten seien, die beziehlich für s = n, s > n der Magnet l)ei .r durch Fallen aus einer behebig hohen Anfangslage erlangen könne. Es handelt sich darum, die Richtigkeit dieser Yermuthung zu prüfen. Dazu müssen wir von der Betrachtung der Geschwindigkeit als Function der Zeit und Anfangslage -- = / {t, |), übergehen .zur Be- trachtung der Geschwindigkeit als Function der Ablenkung und An- d.p fangslage j- — <^ {.v, |). Letztere Function [822] lässt sich nun zwar nicht expMcit darlegen; dies verhindert aber nicht, den Yerlauf der ent- sprechenden Curve soweit festzustellen, als für unsere Zwecke nöthig ist. Aus Gmnden, die ))ald einleuchten werden, berücksichtigen wir zunächst nur den Fall s = n, oder die Bewegungsgleichung (XI^"). Der Kürze halber setzen wir , _ dx ,, dx ,„ _ dx" •' " ^' "^ = "^' •'" = "TT- Wir ha))en dann die Gleichungen .r = + I . ^>-" (1 + Et) x' = — i . e-'' a-t §. 6. Bedingung fiu- das Ueberscha-eiteu des Nullpunktes. 297 .r" = + I . e-'' e-[it — 1) .r'"= — |. e-''£^(£f — 2). Nun ist allgemeiu c?./ .r" d^x X x" — .r"^ c^.r x ' dx^ ./^ Hieraus ergeben sich, durch Einsetzen obiger Werthe für x, x", x", folgende Beziehungen: dx _ 1 — 6^ rfV _ 1_ Ix ~~ t ' dx'^ ~ ^.e-'^e^t^' Mit Hülfe dieser Gleichungen lässt sich der Verlauf der gesuchten Curve x' = f {x) zwischen den Grenzen x = 0, .r = | deshalb discutiren, weil, während t von Null bis oo stetig wächst, x stetig von | l)is Null abnimmt. d^x Aus dem Werthe von - ^ folgt zunächst, dass die Curve zwischen den angegebenen Grenzen keinen Wendepunkt hat, sondern der Abscisse dx' stets ihre Concavität zukehrt. Aus dem Werthe von ~=- folgt femer, dass die Curve bei o? = aus der Abscissenaxe herabsteigt unter einem Winkel, dessen Tangente den absoluten Werth s hat. Sie hat dann 1 2 für t = -^ (X^^I) oder x = ~ ^ ein Maximum im absoluten Betrage von — I, und [823] kehrt l)ei | zur Abscissenaxe zurück mit darauf senkrechter Tangente; denn für t = ist dx _ dx Unter denselben Annahmen, wie den bei Fig. 22 gemachten, sieht daher unsere Curve etwa aus, me die ausgezogene Curve Ow| in Fig. 24, in welcher die Geschwindigkeiten, obschon analytisch negativ, der Anschau- lichkeit halber über der Abscissenaxe aufgetragen, und 06, |6, die Tangenten an den letzten Elementen der Curve bei und | sind. Da wir in der Figur « = 1 gemacht haben, ist der Winkel 60 1 = 45". Dies ist der allgemeine Verlauf der Curve für jeden Werth von |. Es erübrigt sich ein Bild davon zu machen, wie sich die Curve mit § ändert. Sowohl die Ordinaten als die Abscissen der CmTe sind für ein gegebenes t proportional | (s. oben S. 289); die den verschiedenen Werthen des Parameters | entsprechenden Curven sind also einander ähnlich. Da die Curven vom Nullpunkte sämmtüch unter dem Winkel 298 XII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. I. — [824] ausstrahleu, dessen Tangeute e ist, während der |- Punkt auf der Abscissenaxe weiter hinaus verlegt wird, so hüden die durch Ver- grösserung von | aus m | entstehenden Curven eine Schaar, wie Fig. 24 in den punktirten Curven w^ 1^ , m.-, ^^, ... zeigt. Fasst man einen Fig. 24. Punkt ehier der Curven in's Auge, so rückt in dem Maasse, wie | wächst, der Punkt auf dei" durch ihn und den Xullpunkt gelegten Geraden / _ _ ^* weiter fort; denn alsdann wachsen Ordinaten und Abscissen des Punktes proportional |. Z. B. das Maximum unserer Curve x' — ^ {x, |) be- wegt sich wegen # = — (XYI) auf der Geraden (XXIX) (s. Omm^ m^ m.^ in der Figur); der dem Wendepunkte der CmTe x =f{t, |) 2 (s. oben S. 296) entsprechende Punkt wegen t = — (XYII) auf der Geraden §. 6. Btdingung für das Ueberschi-eiten des Nullpunktes, 299 u. s. w,; endlich der dem Xullpiinkte nächste Punkt wegen t = co auf der Geraden / = — « .r (s. Oo in der Figur). Macht man zuletzt | unendlich, und soll Gleichung (XIV) für ein endhches .r erfüllt sein, so muss auch t unendlich sein. Erst nach un- endlicher Zeit trifft der aus dem TJnendhchen fallende Magnet im End- lichen ein, wobei seine Geschwindigkeit für endliche Zeit unendlich ist. Im Endlichen aber besteht, wie wir eben sahen, wegen ^ = oo in Gleichung (XXIX), zwischen seiner Geschwindigkeit und Ablenkimg in jedem Augenbücke die Relation x' = — e.r. Die durch diese Gleichung dargestellte Gerade 06 in der Figur ist somit die Grenze, der sich im Endlichen [825] unsere Curven nähern, wenn | in's Unendliche wächst; was schon aus ihrer Aehnhchkeit ohne Weiteres erhellt, übrigens sich den Gleichungen (XIV) und (XV) auch unmitteUMr entnehmen lässt. Der durch Division beider Gleichungen erhaltene Werth von t in (XR") eingesetzt giebt .r' £| = (/ + eu-) r^+^; eine Relation, die für | = oo nur stattfindet, wenn ,r = — e.r ist. Damit sind wir am Ziele. In jeder für uns in Betracht kommen- den Entfernung vom Nullpunkte können wir die Gerade OO für die Curve selber nehmen, in der die Geschwindigkeit des aus verhältniss- mässig sehr grosser Ferne fallenden Magnetes abnehmen würde; diese Abnahme geschähe den Ablenkungen proportional. Die Ordinaten der Geraden H geben folghch für jedes j- die grösste Fallgeschwindigkeit an, welche der Magnet dort erlangen könnte, und mit der er also noch nicht den X'uUpunkt überschreiten würde. Setzen wir x = |, so folgt — ?| als grösste bei | erreichbare Fallgeschwindigkeit. Es muss also im FaU e = 71 dem Magnete bei |, damit der Nullpunkt überschritten werde, eine Anfangsgeschwindigkeit c > «^ (XXV) ertheilt werden; und so hat in diesem Fall imsere Vermuthung sich bestätigt. Setzt man wie in Fig. 23c = 2«| = 4, so zeigt die Curve (2 «1, — I', 0) in Fig. 24, wie etwa die Curve der Geschwindigkeiten bezogen auf die Ablenkungen sich gestaltet, wenn der Magnet in Folge einer ilmi bei | ertheilten Anfangsgeschwindigkeit den Nullpunkt über- schreitet. Das Stück {— I', 0) der Cm-ve ist natürhch nach demselben Gesetze gebildet wie die Curven m | , »i^ |^ , . . . , und das verkleinerte Gegenstück dazu. 300 XII. lieber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. I. — Die Grleichuiig .r = e-'^ {i - t{c - £|)} [(XXni) S. 292], welche im Falle e = n die Bewegung des Magnetes mit der AnfangsgescliAvindigkeit — c vorstellt, geht für c = 6 1 über in [(XXVII) S. 295]. Anstatt als Anfangsgeschwindigkeit, können [826] wir uns c = «| jetzt aber auch als Fallgeschwindigkeit, durch Fallen aus dem Unendlichen entstanden, denken, indem wir annehmen, dass die Zeit von dem Augenblick an, wo der aus dem Unendlichen fallende Magnet durch die Lage | hindurchging, neu gezählt werde. Der aus dem Unendlichen nach unendlicher Zeit im Endhcheu angelangte Magnet ^^ürde den Nullpunkt also erst nach abermals unendhcher Zeit erreichen. Uebrigens stösst hier die Umkehrung der Gleichung zmschen x und t auf keine Schwierigkeit mehr, daher in diesem FaUe die Grieichung / — 4> (•''. |) selber darstellbar wird. Man hat .v'= - l.e^'S lind indem man für e—'' seinen Werth aus (XX^TI) setzt, erhält man dem Obigen entsjjrechend .r' = — er, ■\vie umgekehrt Gleichung (XXMI) aus der Integration des letzteren Ausdruckes hervorgeht, wenn man zur Constantenbestimmung .r = | für ^ = setzt. Wendet man dieselben Betrachtungen auf den Fall e > n an. so findet man d.T (g — ?•) e^^ — (s + ^') ^~^' dx "^ ^_rt _ ^rl ' cl^x _ 1 ( 2 r \3 Die CuiTe x = <^ (.r, |) ist also auch in diesem Fall ohne AVendepunkt, concav gegen die Abscissenaxe, mit einem Maximum für den oben (XIII) gefundenen Werth von t; die Tangente des Winkels am Nullpunkte be- trägt e — r; am |- Punkte ist der Winkel ein rechter. Die Curven für verschiedene | sind einander ähnlich. Für | = cxD muss auch hier / = 00 sein, wenn .r endlich sein soU; als diesem Fall entsprechende Grenzgestalt der CmTenschaar erhält man aber hier die Gerade w' = — (g — r) .r; {« — r) I ist die liei | erreichbare Grenzgeschwindigkeit. Auch hier folgt dasselbe unmittelbar aus dem diu'ch Eüminiren von t zwischen (VII) und (XII) erhaltenen Ausdruck §. 6. Bedingung für das Ueberschreiten des Nullpunktes. 301 [827] dessen rechte Seite für .r' = — {e — r) .;• unendlich wird. Als obere Grenze der Anfangsgeschwindigkeit, welche dem Magnete bei I ertheilt, ihn für e > n noch nicht über den Nullpunkt führt,, fanden wir oben S. 294 (XXIV) den Werth (e + r) |. In diesem Falle trifft also unsere Vermuthung hinsichtlich der Bedeutung dieser Grenze in etwas anderer Form zu, als in dem Fall a = n. Es muss die dem Magnete bei ^ ertheilte Anfangsgeschwindigkeit die bei | erreichbare höchste FaUgeschwiudigkeit, unstreitig der stärkeren Dämpfung halber,, noch um mehr als 2 r | übertreffen , damit der NuUpunkt über- schritten werde. Eüminirt man mit Hülfe von Gleichung (XXYI) t in der durch Differenziren derselben Gleichung erhaltenen Gleichung / = — I . (g + r) e-c + '-^S so ergiebt sich / = — (« -f- /•) X als Gleichung der auf die Scale aufgetragenen Anfangsgeschwindigkeiten^ Avelche den Magnet noch nicht über den ISTiülpunkt führen. Als Gleichung der ebenso aufgetragenen Grenzgeschwindigkeiten beim Fall aus dem Unendlichen fanden wir so eben x' = _ (£ _ r) X. Die Integration dieser Gleichung üefert, wenn man für t = abermals X = ^ macht, zAvischen x und t die Relation X = I . e- <"• - '•^ . Für r = s hat man x' = 2 « (| — x) — c. Erhielte der völhg astatische Magiiet bei | die Geschwindigkeit — 2 « |, so nähme diese in der Geraden x = —^2e x ab (s. S. 290 (XX), 295). §. VII. Verhalten aperiodisch sich bewegender Magnete bei kurzer Einwirkung eines Stromes. Setzen wir jetzt den Fall, zur Zeit KuU wirke ein constanter Strom von der Stärke I eine sehr kurze Zeit t auf [828] den in seiner Ruhe- lage befindhchen Magnet. Der Strom wird dem Magnet eine, diesmal positive GeschAvindigkeit c = ^^ (XXX) 302 XII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abli. I. — ertheilen, wenn wir mit M sein Trägheitsmoment, mit u das Drehungs- moment bezeichnen, welches der Strom von der Stärke Eins in dem Multiplicatordraht auf den Magnet in seiner Ruhelage übt. Die Con- stanten A und B in der allgemeinen Gleichung [YJ) findet man, wenn ' man für t = r (sehr nahe) = 0, und ^ = c setzt, l^eziehüch dt (sehr nahe) - 27- ^"^^ + und man erhält als Clleichung der Bewegung .r = ^- {e- " - '•^ ' — e- (^ Der Magnet kehrt also um zur Zeit 1 1 € + ?' tma. = ^ log ----- (XXXI) und nähert sich wieder asymptotisch der Ruhelage. Emfacher gestalten sich auch hier die Dinge für den Grenzfall e = n. In der allgemeinen Gleichung (Y) wird unter den eben gemachten Voj.-aussetzungen A = und B = c, die Gleichung selber mrd .r = cte-^'. (XXXII) (XXXIU) (xxxni Die Cun-e der Al)lenkuugen ist am Ursprünge concav gegen die Ab- scissenaxe, ihre Ordinate eiTeicht l)ei _ 1^ 6 ein Maximum im Betrage von _ c dem bei '•' = -!- [829] ein Wendepunkt folgt. Der Ausdruck für t„,ax erlaubt durch einen beüebigen dem Magnet ertheilten Strömst oss e = 7i numerisch zu l)e- stimmen. Die Curve der Geschwindigkeiten hebt bei ^ = mit der Ordinate c an, und ist convex gegen die Abscissenaxe, bis sie diese bei tmax schneidet. Sie erreicht zur Zeit f^, ein negatives Maximum und hat einen Wendepunkt bei 3 §. 7. Aperiodische Magnete bei kurzer Stromeinwirkmig. 303 Die oben S. 293 \)enierkte aritlimetische Beilie der Zeiten kehrt also hier wder. ^ §. YlII. Verhalten aperiodisch sich bewegender Magnete bei Ablenkung durch einen beständigen Strom. Bewegt sich der Magnet unter dem Einfluss eines ihn auf dem Nullpunkte zur Zeit Null treffenden beständigen Stromes von der Stärke /, aber von längerer Dauer, einer neuen Gleichgewichtslage unter dem vereinten Einflüsse dieses Stromes und der ßichtkraft zu, so wird die Differentialgleichung der Bewegung WO die Constante k die innerhall3 derselben Grenzen, welche für die Proportionalität der Bichtkraft und der Ablenkung gelten, von der letzteren unabhängige ablenkende Kraft, dividirt durch das Trägheitsmoment, A^or- stellt. Das aUgemeine vollständige Integral heisst jetzt ^ = 4 + e-'^ [Ae-'-' + Be'-'). (XXXV) (Ix [830] Indem man, für ^ = 0, x = und — = setzt, erhält mau __Ä e — ''d_ ^ e + r Bezeichnet man mit B die horizontale Componente der Erdkraft, mit ?w das magnetische Moment des Magnetes für parallele Kräfte, und bemerkt man, dass n' = '-f , (XXXVI) so findet man k __ fil n'^ mH' 1 Für den Fall « < n hat Hr. W. "Weber die Formel entwickelt xmax = c —- . e " ^ ' 71 wo T die Schwingungsdauer ohne Dämpfung, X das logarithmische Decrement be- deuten (Elektrodjmamische Maassbestimmungen u. s. w. Leipzig 1850. S. 346. Anm.). Diese Formel ist für e = « identisch mit unserer Formel (XXXIV). 304 XII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. I. — k Durch Einsetzen der Wertlie für A, B und - ^ in (XXXY) wird Die Bewegung erfolgt also, wie zu erwarten, nach demselben Gesetze vm heim Fallenlassen des Magnetes, nur dass an die Stelle von | der Null- punkt, an die des Nullpunktes die beständige Ablenkung ^^ tritt, welche, ohne überschritten zu werden, schwingimgslos und in der Theorie erst nach unendücher Zeit en-eicht wird. Für e = n kommt in Gleichung (XXXVH) statt des von 1 abzu- ziehenden Termen e-'i (1 + et) zu stehen. §. IX. Sonstige Combinationen von Lage und Geschwindigkeit des Magnetes und von ihn treffenden Kräften. Trifft ein positiver Stromstoss den Magnet im Augenbhcke des Fallenlassens, so gelten die Formeln (XXII) und (XXXni), nur dass c sein Zeichen ändert. Der Magnet schlägt weiter aus, kehrt um und nähert sich asymptotisch dem Nullpunkte. Wird der im Fallen begriffene Magnet bei .r, zur Zeit t, von einem Stosse getroffen, der ihm eine Geschwindigkeit + c [831] ertheilt, so tritt eine Discontinuität der Bewegung ein. Je nachdem s < oder = 7i, gelangt man zu den Gleichungen x = ^_ { (e + r) e- " - '-< '^ + '^ — {e — r) e- <' + '•) ". + ')} + 1. f e- '. -r)t _ ^- (, 4- '•) ^ j (xxxvni) a; = |. 6-'^^. + ') [1 + 6 [t, + t)} ± cte-^K (XXXIX) Hier ist t die vom Augenblicke des Stosses an neu gezählte Zeit. Das rechte Güed von Gleichung (XXXVIII) und (XXXIX) ist die algebraische Summe der rechten Glieder beziehlich von Gleichung (YD) und (XXXI), Gleichung (XIV) und (XXXII), nur dass im ersten Terni t, •\- t für t steht: es findet, wie dies nicht anders sein kann, Supei-position der Be- wegimgen statt. Ist c negativ, so kann liier wieder der Nullpunkt überschritten werden; doch muss im Falle (XXXVIII) _ d.r, im FaUe (XXXIX) dx, r > «-^V §. 9. Sonstige Combinationen. 305 > (€ + r)x,, dt sein (vergi. oben §. VI). Schwankt ein beständiger Strom, der den Magnet abgelenkt hält, so dass seine Stärke von / sich plötzMch zn /, ändert, so erhält man, je nachdem « > oder = ?<, die Gleichmigen der Magnet geht schwingungslos in die neue Lage über. Ein Hin- und Hergang des aperiodischen Magnetes ist nur möglich, wie man jetzt auch ohne Rechnung sicher schliessen kann, wenn die Grleichgewichtslage selber bei positiver Schwankung der Stromstärke wieder zurück-, bei negativer Schwankung wieder vorspringt, und wenn entweder dieser zweite Sprung die Gleichgewichtslage wieder auf die andere Seite des Magnetes [832] verlegt, oder der zweite Sprung zu einer Zeit geschieht, wo in Folge des ersten Sprunges der Magnet noch eine dem zweiten Sprunge entgegengesetzte Geschwindigkeit hat; im letzteren Falle darf aber, soll die neue Gleichgewichtslage überschritten werden, diese Gleichgewichtstage höchstens in solcher Entfernung |, vor dem ihr entgegenkommenden Magnete stehen bleiben, dass seine Ge- schwindigkeit, je nachdem e > -oder = w, bezielilich noch >(€-!- r) |, oder > £|, ist (vergl, oben §. YI). §. X. Nähere Bestimmung der experimentellen Bedingungen, unter denen die Bewegung gedämpfter Magnete aperiodisch wird. Es wird jetzt nützlich sein, in den Ausdruclv /• = f/e- — li^ statt der von Gauss aus analytischen Gründen angenommenen und bis- her auch von uns benutzten Sjanbole 2 £ und n^ die wirklichen Grössen zu setzen, die darin eingehen. Für ii^ haben wir schon oben seinen nH ~W wollen, dass wir für m schreiben (/ + t/H) m', wo i die permanente, E. du Bois-Reymond, Ges. AMi. I. 20 306 ^^- Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. I. — fjH die durch H iuducirtei Intensität des Magnetes, m' sein Moment für parallele IMfte bei der Intensität Eins bedeuten. Man hat also , _ {i + yH) m H "" ~ M Bezeichnen mr sodann mit m' das Drehungsmoment, welches für die magnetische Intensität Eins auf den Magnet ausgeübt wird durch eine Strömung im Dämpfer, wie sie der Magnet bei semer Winkel- bewegung erzeugt, und mit x eine Constante, welche unter anderen die Inductionsconstante und das Leitvermögen des Dämpfers zu Factoren hat, so ist [833] 2 6 = - f- ^"t-^ [i + vH Y] Durch Einsetzen dieser Werthe wird Bei gleicher Dämpfung wird also r um so eher = oder reeU, d. h. die Bewegung des Magnetes um so eher aperiodisch, je kleiner ikf, und je kleiner H. Zwar mmmt, durch Verkleinern von H, auch der erste Term unter dem Wurzelzeichen ab, doch ist ?; so klein, dass diese Abnahme neben der des zweiten Termeu hier nicht in Betracht kommt. Da es Gauss bei seinen Zwecken, Avie ^vii- sahen (vergl. oben S. 285), nicht daran lag, den aperiodischen Zustand herbeizuführen, so hat er nicht daran gedacht, statt dm'ch Yergrössem von xm'^, dies durch Ver- kleinem von H M zu thun, wozu sich zunächst das einfache Mittel bietet, die Wkkung der Erdkraft auf den Magnet zu schwächen, und so Ä" zu vermindern. Dazu Avu'd im Princip jede der drei Methoden des Astasirens taugen: die Verbindung zweier Magnete zur Doppelnadel, die Aufstellung der Drehungsaxe des Magnetes in der Richtung der IncUnationsnadel, endüch das HAUv'sche Verfahren, bei dem ein verkehrt genäherter Magnetstab der Erde entgegenwirkt, aus einleuchtenden Gründen jedoch am besten die letztere Methode, deren ich mich zu meinen thierisch- elektrischen Versuchen längst ausschhesshch bediene. Bei dieser wird, wenn S die horizontale Componente der Kraft des HAur'schen Stabes bezeichnet. 1 Lamont im Repertorium der Physik. Berlin 1S46. Bd. MI. S. LIV. — Yergl. meine Untersuchung über den Einfluss, den die temporäre Magnetisirung der einzelnen Nadeln einer astatischen Doppelnadel durch die Erde auf die Gleich- gewichtslage des Systemes übt. Poggendorff's Annalcn u. s. w. 1861. Bd. CXII. S. 1. [S. oben Abh. VH., S. 137.] §. 10. Experimentelle Bedingungen der Schwingungslosigkeit. 307 r = -^ /, + 7; {H- S) fx^-m" U + V {H- S)}^ - 4 m {H- S) M. Au der WiEDEiviANN'scheu Bussole, welche mit eiueui starken Dämpfer tersehen ist/ gelingt es daher ohne jede [834] Schmerigkeit, durch fortgesetzte Auuäheruug des von mir daran angebrachten Hauy'- schen Stabes den Maguetspiegel in den aperiodischen Zustand zu ver- setzen. Um bequem darüber zu experimentiren, leitet man von dem Strom einer beständigen Kette mittels des Compensators ^ einen Zweig durch die Eollen der Bussole und unterbricht den Stromzweig mittels eines Schlüssels im Bussolkreise. Indem man den Magnet stets aus der nämlichen Ablenkung ohne Anfangsgeschwindigkeit fallen lässt, sieht man zuerst in dem Maasse, wie man den BAUY'schen Stab nähert, das logarithmische Decrement wachsen. Dann kommt ein Punkt, wo zwar der Magnet noch über den Nullpimkt hinausschwingt, aber keine dritte Elongation mehr unterschieden werden kann. Die zweite Elongatiou wird endlich auch unmerklich, und nun ist das logarithmische Decrement unendhch geworden, und der aperiodische Zustand da. Dieser Punkt lässt sich natürhch nicht mit vollkommener Schärfe bestimmen, wegen der Schwierigkeit zu unterscheiden, ob eine rückgängige Bewegung des Magnetes um wenige Zehntel eines Scalentheiles, welche mehrere Secuuden dauert, wii'khch als Kückkehr zur Gleichgewichtslage aufzufassen sei. Uebrigens handelt es sich liier zuletzt um ziemüch kleine Verschiebungen des HAUY'scheu Stabes. Scheint der aperiodische Zustand el)en erreicht und entfernt man den Stab wieder auch nur um 1 '""^ bei etwa 300 "'" Abstand seiner Mitte von der des Spiegels, so wird bei grösseren Fall- höhen der Nullpunkt sogleich wieder um 1 — 2 *<^ überschritten. Es wird sich daher fortan empfehlen, den Stab auch in der Kichtung nach dem Magnete zu mit einer mikrometrischen Bewegung ei\ versehen. Lässt man jetzt den Magnet aus sehr hohen Ablenkungen, weit über die Grenzen der Theilimg liinaus, fallen, so wird [835] der NuUpunkt noch mehr oder weniger überschritten. Man bringt es al)er, durch 1 In den von Hrn. Sauerwald vortrefflich gebauten Exemplaren besteht der Dämpfer aus einem kupfernen Cylinder von 60 m"» Dui-chmesser und 30 ^m Länge. Dieser Cylinder ist seiner Axe nach von einer concentrischen, cylindrischen Höhlung von solcher Weite dui-chbohrt , dass der 20 m»» im Durchmesser haltende Magnet- Spiegel oder -Eiug darin eben fi-ei spielt. Vergl. Wiedemänn, Die Lehre vom Galvanismus u. s. w. Bd. H. l.Aufl. 1863. S. 198; — 2. Aufl. 1873. Abth.L S. 227. 2 S. oben Abh. VEI., S. 176 ff.; — Abh. X. 20* 308 XII. Uebcr aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. I. — ferneres Amiähcrn des Stabes, leicht dahin, dass auch der von 90** fallende Spiegel sich schwingungslos auf den Nullpmikt einstellt. Jenes Ueberschreiten erklärt sich vermuthhch so, dass bei weit über die Scale hinausgehenden Ablenkungen zwar die Richtkraft langsamer wächst als die Bögen, noch schneller aber die Dämpfung durch die cyündrische Kupferhülse abnimmt, daher der Magnet bei dem |, wo unsere Gesetze merklich zu gelten anfangen, mit einer Greschwindigkeit anlangt, die ihn befähigt, den NuUpunkt zu überschreiten, so lange nicht r einen gewissen Werth übertrifft (vergl. oben §. VI). Bei einer sphärischen Hülse Avürde aller WahrscheinUchkeit nach kein solches Ueberschreiten stattfinden. Nähert man den Stab dem Magnet immer mehr, so sclilägt der Magnet um. Vorher kommt natürlich der Punkt, wo er völüg astatisch, n = Q und r = 6 ist, wo er also durch den oben S. 290 theoretisch abgeleiteten Zustand lündurchgeht, in welchem er sich gleich einem Körper bewegt, dem das umgebende Mittel einen seiner Geschwindigkeit proportionalen Widerstand entgegensetzt. Aus Gründen, die keiner Aus- führung bedürfen, vermag die Beobachtung diesen Zustand nicht zu erfassen. Darüber hinaus gehorcht die Bewegung Avieder dem durch Gleichung (VII) ausgesprochenen Gesetze, um schliessüch durch den Grenzfall (XIAO hindurch von Neuem periodisch zu werden. Wir werden im Folgenden den Begriff der Beruhigungszeit des Magnetes brauchen. Es ist die Zeit, welche verfliesst vom Augenblicke, wo der abgelenkte Magnet fallen gelassen wird, bis zu dem, wo seine Ablenkung unmerkhch, d. h. kleiner als eine bestimmte kleine Grösse, etwa ein Zehntel Sealentheil, wird. Die Umstände zu kennen, welche diese Zeit verkleinern, ist von praktischer Wichtigkeit. Zu wahrhaft scharfer Messung eignet sich übrigens die Beruhigungszeit nicht; nament- hch bei hoher Astasie ist schwer zu sagen, wann die Bewegimg ein Ende hat. Da bei gleichem t die Ablenkung des schwingungslos zum Null- punkte zurückkehrenden Magnetes | proportional ist (s. oben S. 288. 289), so wächst auch die Be- [836] ruhigungszeit mit |. Der unten näher zu beschreibende Magnetspiegel I z. B. brauchte bei 298-5™"' Abstand des HAuy'schen Stabes, wo seine Bewegung zuerst aperiodisch schien, von I = 25 «*= fallend 4-2, von | = 500««' fallend 5-2 Secunden zur Bemhigung. Deutlicher wird der Unterschied bei höherer Astasie, wie sie durch Annähern des Stabes erreicht wird, und wobei, wie wir bald näher sehen werden, die Beruhigungszeit auch absolut grösser ist. Bei 282-5™'"; 277-5™™ Abstand des Stabes betrug die Beruhigungszeit des von I = 25*"' fallenden Spiegels beziehhch 10-0; 20-0, die des von I = 500«« fallenden 17-6; 29-6 Secunden. §. 10. Experimeutelle Bedingungen der Schwingungslosigkeit. 309 Wir kehren zu den Bedingungen zurück , unter welchen die Be- wegung gedämpfter Magnete aperiodisch wird. Eine zweite Art, unter übrigens gleichen Umständen /• = oder reell zu machen, wäre näm- lich die Verkleinerung des Trägheitsmomentes M. Es hegt in der Natur der Dinge, dass man, ohne besondere Einrichtungen, diese nicht stetig und nicht am sonst fertigen Apparate vornehmen kann. Aber je kleiner M, je dünner z. B. bei sonst gleicher Gestalt ein Magnetspiegel ist, bei um so kleinerem S, d. h. bei um so geringerer Astasie wird seine Be- wegung aperiodisch. Dies ist einer der Gründe, aus denen weder Gauss, noch sonst Einem der vielen Beobachter, die an gedämpften Magneten mit Spiegelablesung thätig waren, der aperiodische Zustand aufgestossen ist, da an den nach Göttinger Vorschrift eingerichteten Magnetometeru Stäbe von sehr grossem Trägheitsmomente angewendet wurden, und man überhaupt Magnete von kleiner Masse wenig gebraucht hat, weil man die schnellere Abnahme ihrer Intensität füi'chtete. Der Gebrauch leichterer Magnete empfiehlt sich aber für gewöhnlich hier deshalb, weil, ganz als ob der Magnet noch schwänge, durch Verkleinerung des Träg- heitsmomentes die Beruhigungszeit des aperiodisch sich bewegenden Magnetes verkürzt wird. Setzt man in Gleichung (XIV) « = -^, wo « dv eine Constante, und difierenzirt man nach M, so erhält man für ^-^ (IM einen positiven Werth: x ist für gleiche Zeiten um so kleiner, je kleiner M. [83 7 J Die Erfahrung bestätigt diesen Schluss. Ich habe den aperio- dischen Zustand liisher an drei Magneten beobachtet. Zwei davon sind kreis- runde Stahlspiegel von 20°''" Durchmesser, deren einer, der schon erwähnte Spiegel I, nur etwa O-S""", der andere, III, etwa 4"'™ dick ist; I wiegt 2 •414^", III 10 •994^'. Der dritte Magnet, n, ist ein kreisrunder Stalil- ring von gleichfalls 20 """ äusserem Durchmesser, der gleichsam aus einem quadratischen Prisma von 2 ""^ Seite gebogen ist. Ein Schildpattstäbchen verbindet ihn mit einem dünnen Glasspiegel, dessen dünne Messing- fassung sich um die Senkrechte drehen lässt. Das ganze System wiegt 2-517^''; sein Trägheitsmoment hält nothwendig die Mitte zwischen dem von I und III. Zwar gehört der Ringmagnet zu einer anderen Bussole als die beiden Magnetspiegel, da aber die Dämpfer beider Bussolen wesentlich gleich sind, lassen die Beobachtungen in beiden sich wohl ver- gleichen. In der folgenden Tabelle ist / = Im das logarithmische Decrement in BßiGGs'schen Logarithmen, deren Modul ?«; %o und %rn sind in Secunden die Beruliigungszeiten der Magnete beziehlich ohne HAUY'schen Stab und mit Stab; A' ist in JMillimetern die Entfernung 310 XII. lieber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. I. — des Stabes, bei der die Bewegimg aperiodisch wurde: bei dieser Bestimmimg wurde in beiden Bussolen derselbe Stab angewendet. I = 450««. Magnet Ohne Stab ]\lit Stab, e = n A' %o — ^m Das logarithmische Decrement des Magnetes I ist das grösste, welches- meines Wissens bisher beobachtet wurde. Wie man sieht, wächst auch an der Grenze der periodischen und der aperiodischen Bewegung die- Benihigimgszeit der Magnete schnell mit ihrem Trägheitsmoment, und in einem umgekehrten Yerhältniss zu diesem steht die Entfernung, bis zu welcher der HAur'sche Stab genähert werden muss, um die Schwingungslosigkeit herbeizuführen. [838] §. XL Die Beruhigungszeit des gedämpften Magnetes in ihrer Abhängigkeit von dessen verschiedenen, im Vorigen. betrachteten Zuständen. Ueber den Einfluss der Dämpfung auf die Beruhigungszeit des Magnetes lernten wir schon eine Andeutung von Gauss kennen. Er sagt (s. oben S. 285), dass „die Annäherung an den Ruhestand wieder „langsamer geschieht, sobald c den Grenzwerth n überschreitet." Setzt man in Gleichung (IX) oder (X) t = NT^, wo N die Zahl der Schwingungen, 7\ die Schwingungsdauer des gedämpften Magnetes be- deuten, so ist der Ausdruck für die mit wachsendem N abnehmenden Amphtudeu des von I faUenden Magnetes. T^ ist = r— - ----= [(^^I), S.*292), und /w e- wächst mit e. Denkt man sich zwei solche Werthe von N und von e^ dass NT^ = ^'T\, so wird die kleinere Ampütude zimi grösseren e und kleineren N gehören: die Beruhigungszeit des noch schwingenden Magnetes nimmt mit wachsendem a ab. Differenziit man ferner dx Gleichung {YU) nach s, so findet man — positiv für jeden Werth von t > 0: die Beruliigungszeit des schwingungslosen Magnetes nimmt also mit wachsendem e zu; und somit ist die GAUss'sche Bemerkung erwiesen. §. 11. Beruhigixngszeit aperiodischer Magnete. 311 Diese Bemerkimg passt jedoch nicht auf unseren Fall. Denn während Gauss nur an ein Wachsen von e durch Vergrösserung der dämpfenden Metallmenge dachte, verkleinern wir n, zugleich aber in geringerem Maasse e, ohne das Verhältniss zu kennen, in welchem letzteres geschieht. Betrachten wir zunächst den aperiodischen Zustand, und berücksichtigen wir allein die durch Verkleinern von 71 bewirkte Yergi-össerung von r, indem mr Gleichung (YII) nach r differenziren, dv so ergiebt sich -^ für jeden Werth von if > als positiv. Von dem Grenzfalle ?• = an also bis zu r = e wächst x für ein gegebenes t, oder es findet die Annäherung an die Ruhelage um so langsamer statt, je kleiner n, bis endüch der völlig astatische [839] Magnet überall stehen bleibt (vergl. oben S. 290). Berücksichtigen wir nun auch die Verkleinerung von e, so wird zwar durch diese der Einfluss des Wachsens von r insofern etwas vermindert, als r selber dadurch langsamer wächst. Setzen wir aber r constant, und düferenziren (VII) nach e, so ergiebt sich -^ diesmal als negativ für jeden Werth von t > 0. Die mit der Ver- kleinerung von n verbundene Verkleinerung von e, soweit es nicht unter dem Wurzelzeichen steht, wirkt also mit jener in gleichem Sinne, d. h. vergrössemd auf x, und demgemäss lehrt die Erfahrung, dass mit ab- nehmender Entfernung A des HAur'schen Stabes die Benihigungszeit schnell zunimmt. So war z. B. bei Magnet I für | = 450 ^° und ^m = 5-2 ,, „ 8-0 „ „ 12-0 ,, „ 16-4 „ „ 24-4 „ „ 40-0; bei weiterer Annäherung wurde der Magnet unstet und schlug um. Bei Magnet III war für A = J' = 277-0 %,n = 17-5 für A = 272-0 „ „ 40-0. Darüber hinaus war keine Messung mehr ausführbar. Diese Zahlen zeigen aufs Neue, wie der leichte Spiegel schon bei geringer Astasie aperiodisch wird, wälu-end beide Spiegel bei ungefähr derselben Nähe des Stabes aufhören brauchbar zu sein; woraus sich für den leichten Spiegel ein ungleich gTÖsserer benutzbarer Spielraum aperiodischer Astasie ergiebt als für den schweren. Ist die Bewegung noch periodisch, so kann man dieselbe Betrachtung 312 XII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. I. — austeilen, wie oben. Die abneliniendeu Amplituden lial)eu wieder zum Ausdruck allein der Expouent verändert sich jetzt so, dass n kleiner wird, ^vährend auch £, nur in ^iel geringerem Maasse, abnimmt. Denkt man sich wieder zwei solche .Werthe von N, und von w [840] und £, dass iV7\ = N' T\ , so mrd diesmal die kleinere Amplitude dem grösseren N entsprechen. Annäherung des Stabes müsste zur Folge haben, dass der Magnet langsamer schwänge, und dass zugleich seine Amphtuden etwas langsamer abnehmen: seine Beruhigungszeit müsste durch den Einfluss des Stabes etwas grösser werden. So sicher dieser Schluss erscheint, so straft ihn doch die Erfahrung Lügen. Die Spalte %o — %m der Tabelle auf S. 310 zeigt, dass \iel- mehr die Beruhigungszeit des eben schwingungslos gewordenen Magnetes um keinen geringen Bruchtheil kleiner ausfällt als die des nicht astasirten. Den Grund dieser Abweichung suche ich in dem Widerstand der Luft. Da dieser mit der Geschwindigkeit wächst, so muss die dadurch bewirkte Verzögerung im Falle von Schmngungen grösser sein als bei schmng-ungs- loser Rückkehr zum Nullpunkte, gleiche Beruhigungszeit in der Luftleere und gleiche Fallhöhe vorausgesetzt. Man könnte einwenden, dass dann der Unterschied %o — '^m bei dem schweren Spiegel verhältnissmässig kleiner sein müsste als bei dem leichten, wovon eher das Gegentheü zutrifft. AUein der Hauptsitz des Luft^^idcrstandes ist unstreitig der ringförmige Spalt zwischen Spiegeh'aud und Dämpfer, und dieser Spalt ist bei dem schweren, dicken Spiegel, wenn auch nicht überall gleich eng, fünfmal so lang als bei dem leichten, dünnen Spiegel. Trotz der gleichen Grösse und Gestalt der Flächen beider Spiegel erfährt also der dickere einen grösseren Widerstand, und der Unterschied der Widerstände ist '\ermutlilich so gross, dass er den Unterschied der Massen übenviegt. Versuche zur Prüfung dieser Hypothese habe ich noch nicht angestellt. Wie dem auch sei, für den Gebrauch ergiebt sich, dass der Zustand der ehen eingetretenen Schwingungslosigkeit des Magnetes zugleich den Vor- theü der kleinsten Berulügungszeit gewährt, welche die angewandten Vor- richtungen gestatten. §. Xn. Bestätigung der für den Fall einer Anfangs- geschwindigkeit theoretisch gefundenen Bewegungsgesetze aperiodischer Magnete. Lässt man auf den aperiodisch sich l)ewegenden Magnet einen be- ständigen Strom von längerer Dauer wirken, der ihn [841] innerhalb §. 12. Experiiuentelle Bestätigung der Bewegungsgesetze aper. Magnete. 313 der Grenzen der Theilung, d. h. bei 2300™''' Abstand der Scale vom Spiegel um etwa 7° ablenkt, so sieht man ihn in derselben Art, wie er beim Fallen sich auf den Nullpunkt- begiebt, sich der neuen Gleich- gewichtslage zu bewegen und schwingungslos dort einstellen. Doch ist zu bemerken, dass wenn e nur eben = 7i und die Ablenkung sehr gross ist, der Magnet sie um 2 — 3 '<= überschreitet, obschon er von ihr herab- fallend den Xiülpunkt ohne Schwingung erreicht. Auch dies rührt wohl, -wie das Ufeberschreiten des Nullpunktes bei übergrossen Fallhöhen {s. oben S. 308) von der Verminderung der Dämpfung mit steigender Ablenkung her. ^ Um die Anfangsgeschwindigkeit c sowohl me die Ablenkung | ge- hörig abstufen zu können, traf ich die in Fig. 25 sicht])are Anordnung. Hier ist M der Magnetspiegel an seinem Faden und in seiner im Durch- schnitt gezeichneten dämpfenden Kupferhülse DD', HS der Durchschnitt des HAur'schen Stabes, K die GROVE'sche Kette, Seh ein Schlüssel, Eh ein Rheochord, H die Haupt-, N die Nebenrolle eines Schhtten- inductoriimis grösserer Art, B^ eine der ThermoroUen, endhch R2 eine der gewöhnüchen feinen HydroroUen der Bussole. Die Theüe der An- ordnung, die eine merkhche Fernwirkung auf einander übten, sind durch punktii-te gerade Linien verbunden. Die von IVIitte zu Mtte gemessene Entfernung zwischen H und N nennen mr B. Bei geschlossenem Schlüssel Seh hält die Rolle B^ den Magnet abgelenkt; durch Oeffnen des Schlüssels lässt [842] man den Magnet fallen, und ertheüt ihm zu- gleich eine Anfangsgeschwindigkeit hn Sinne der Richtki-aft durch den in N inducirteu Nebenstrom, dem dazu die passende Richtung zu geben ist. Die Ablenkung sowohl wie der Stromstoss lässt sich auf doppelte Art regeln, jene durch das Rheochord und durch Verschieben der Rolle B^ , diese dm-ch Verschieben der [843] Rollen N und B^ ; abgesehen von dem Einlegen von Drähten in H, welches aus gleich zu erwähnenden Gründen zu vermeiden ist. So gehngt es leicht, eine hiulängüche An- 1 Da das Ueberschreiten der Ablenkung nicht mehr stattfindet, wenn s merk- lich > n, so wird es wenigstens sehr unwahi'scheinlich , dass die Erscheinung auf einer Unbeständigkeit der angewandten GROVE'schen Kette beruht, woran man nach den Erfahrungen der Hrn. Edlünd und Eijke (Poggendorfp's Annalen u. s. w. 1849. Bd. LXXVn. S. 182; — 1857. Bd. CE. S. 508) über die gi'össere Stärke der Schliessungs- im Vergleich zur Oeffnungs-Induction auch bei den sogenannten beständigen Ketten deshalb hätte denken können, weil meine Hülfsmittel gestatten, durch die Ablenkung der Magnetnadel den Zustand der Kette nach der Schliessung früher zu beobachten, als dies wohl je möglich war. Für diese Deutmig Hesse sich freilich noch immer sagen, dass bei e > « die Zeit innerhalb der die Beobachtung geschieht, vergrössert wird (s. oben S. 311, und unten Abh. XIV. §. II.). 314 Xn. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. I. — fangsgeschwindig-keit zu erzeugen, damit auch bei e > n der Xiülpunkt überschritten werde; von der jenseitigen Ablenkung kehrt der Magnet schwingungslos zum XullpuuMe zurück. Ausserdem bietet che dargesteüte Anordnung auch Gelegenheit, unsere Formeln etwas schärfer auf die Probe zu stellen. Fig. 25. Dazu bringt man zuerst die Eolle R^ in solche Lage, dass der Magnet keine merkhche Wirkung mehr von ihr erfährt, ^^e dies in der Figur dm-ch die punktirte Leitung und KoUe SchR^K angedeutet ist. Die Kolle H hat gleichfalls, diese aber dauernd, solche Lage, dass sie nicht merklich auf den Magnet wirkt. Zweitens entfernt man N von H §, 12. Experimentelle Bestätigung der Bewegungsgesetze aper. Magnete. 315 SO weit, dass beim Schliessen und Oeffnen bei Seh der Spiegel unbewegt bleibt. Jetzt bringt man R^ wieder in solche Lage, und ertheilt dem Strom durch das Eheochord solche Stärke, dass der Spiegel bis an die Grenzen der Scale abgelenkt wird. Indem man ihn aus stets gleicher Höhe durch Oeffnen bei Seh öfter fallen lässt, sucht man die Entfernung des HAUT'schen Stabes Ä auf, bei der die Bewegung des Magnetes eben aperiodisch, oder e = n ist. Diese Entfernung muss nach Herstellung der beschriebenen Anordnung von Neuem bestimmt werden, auch wenn € schon früher = n gemacht worden war, weil zur Dämpfung durch die Kupferhülse jetzt noch die durch die Eolle Ä^ tritt, daher fortan die ßoUe Ro nicht mehr von der Stelle gerückt werden darf. Auch die Kolle R^ erhält von hier ab, sofern sie nicht in die unwirksame Lage gebracht wird, eine unveränderliche Stellung, und die Veränderung der Ablenkung | wh'd allein mittels des Rheochords bewn'kt. Dämpfung sowohl als secundäre Induction im Hauptkreise sind zwar dadurch aus- geschlossen, dass man, der Natur der Dinge nach, mit dem Oeffnungs- schlage arbeitet; jene Maassnahme hat aber ihren Grund darin, dass die Ablenkung | die Stromstärke in dem Kreise KR^SchHRhK messen soll. Sind diese Vorbereitungen getrofTen, so kann man zu folgenden zwei Versuchen schreiten. [844] Versuch L Bei irgend einer, durch das Rheochord willkürhch bestimmten Ab- lenkung I nähert man die Nebenrolle zuerst der Hauptrolle soweit, dass beim Oeffnen der Kette der Magnet den Nullpunkt nur eben um die kleinste bemerkbare Grösse überschreitet; diese Entfernung der Nebenrolle von der Hauptrolle heisse B'. Alsdann gilt sehr genau (s. oben S. 295 ff.) die Gleichung c = €|. Es ist aber in unserem Falle c sichthch proportional |; denn die Elektricitätsmenge , die sich in einem voltaelektrischen Nebenstrome ab- gleicht, ist der Stärke des Hauptstromes proportional,^ und für eben 1 Es dürfen sich deshalb keine Drähte in der Hauptrolle befinden. Versuche, die ich in dieser Art mit einem kleineren Schlitteninductorium angestellt hatte, mussten verworfen werden, indem sich dabei von dem erwarteten, und wie man sehen wird, richtigen Gesetz Abweichungen ergaben, welche sich aus der An- nahme erklären Hessen, dass die in den Inductionsströmen sich abgleichenden Elektricitäcsmengen schneller wuchsen als die Stärken der inducirenden Ströme. Vergl. WiEDEMANN, Die Lehre vom Galvanismus u. s. w. 1. Aufl. 1863. Bd. II. S. 297; — 2. Aufl. 1873. Bd. II. Abth. I. S. 338. 350. Slß XU. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. I. — dieser Stärke merklich pruportioual dürfen wir die Ablenkungen des Magnetes nehmen. Man hat also auch c = « | , wo a eine Constante, folghch a — s unabhängig von |, und denigemäss kann man, wenn einmal B' für ein beUebiges | gefunden ist, | durch das Rheochord fortan behebig verändern : gleichviel von wo der Magnet falle, stets über- schreitet er den Nullpunkt nur eben um die kleinste bemerkbare Grösse. Es versteht sich beiläufig von selber, und Eechnung wie Beobachtung «rgebeu, dass dabei die Beruliigungszeit kleiner wird als ohne Anfangs- ■geschwindigkeit. Versuch IL Nachdem dieser Zustand erreicht ist, bring-t man, bei einem be- hebigen I, R^ in die umvirksame, in der Figur punktirte Lage, und wiederholt den Versuch. Jetzt trifft der Inductionsstoss, der vorher den Magnet bei | traf, den Magnet auf dem Nullpunkt.; es erfolgt ein Aus- schlag im umgekehrten Sinne von der Ablenlmng |; die Grösse dieses Ausschlages heisse x. Man hat [845] _ ^ A — .' max — se [(XXXIV), S. 302]. Abennals ist c proportional |, also | = const x x, gleichviel wie | gewählt wird. Die folgenden Tabellen zeigen das Ergebniss der Versuche, die ich zur Prüfung dieses Schlusses anstellte. Die Zahlen |<; in der ersten Spalte jeder Tabelle sind erhalten, indem ich mittels des Rheochords die Ablenkung von 25 ^«^ bis 500 "" stets um 25 '"^ steigerte; sie sind das ]\Iittel aus zwei Ablesungen vor und nach zehn Ablesungen von x^ ; die abgelesenen Tangenten der doppelten Ablenkung smd in die doppelten Tangenten der einfachen Ablenkung verwandelt. Die Zahlen x^,, sind das ebenso conigirte Mittel aus jenen zehn Xj ; die Spalte x^ — x^ zeigt die grösste, positive oder negative Abweichung des beobachteten nicht corrigirten Xj vom mittleren nicht comgirten X;„ , welche in einem solchen Satze vorkam. Man sieht, dass diese Abweichung sich höchstens auf • 85 ^«^ beläuft. Die Constante ist nach der Methode der kleinsten Quadrate berechnet; die Zahlen x^ sind dm-ch Division von |c mit der Constanten erhalten. Obschon x bis zu 183 ^<= hinaufgeht, belaufen sich die Abweichungen x,. — Xmc nie auf mehr als den Bruchtheil eines Scalentheiles, mit einer einzigen Ausnahme (Versuch 15 in Tab. 1), wo ein grösserer Fehler durch ii-gend einen Zufall begangen wurde, wie er bei einer Versuchsreihe, die sich über viele Stunden erstreclvt, wohl vor- kommen kann. Erwägt man die Felder der gedruckten Theilung, die 12. Experimentelle Bestätigung der Bewegungsgesetze aper. Magnete. 31 T cq o o o o o o o I I I I I I I ooooooo^o 1 l.i 1 I 1 + + + I I + + t-CO-^-^COt-iOOOCOOO-^CDMCOOlOiOOOCOt- (MlO00OC0CD0i05inC0t-(>JC0CDC0.-lC0t-L0equemer und ohne aUe Nachtheile dasselbe, was frühere Experimen- tatoren, MoHE, ^ Schilling von Canstadt und Lenz,^ Drapee,^ sich vorsetzten, als sie an die nach unten verlängerte Axe des Magnetes Flügel von Platin oder Stanniol hefteten, welche in Oel oder Wasser einen die Schwingungen hemmenden Widerstand erfuhren. Keiner, der einmal am aperiodischen Magnete beobachtet hat, wird ohne besondere Gründe zum schwingenden Magnete zurückkehren, und die klare und 1 Poggendorff's Annalen u. s. w. 1836. Bd. XXXIX. S. 131. 2 Ebendas. 1843. Bd. LIX. S. 207; — 1849. Bd. LXXVI. S. 499. 500. 3 Pliilosophical Magazine etc. 1839. 3rd Ser. vol. XV. p. 266. E. du Bois-Reymond, Ges. Alih. I. 21 322 XII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. I. — ruhige Spiegelung der Vorgänge im Multiplicatorkreise, welche jeuer ge- währt, für das venviiTende Schauspiel des bei jeder Yerändemug der Stromstärke hin- uud her schiessendeu Scaleubüdes wieder aufgeben, aus dem sich der Sachverhalt stets erst nach lästiger Ungewissheit entwickelt. Indem man mit der Verminderung der Richtla-aft möghchst genau da stehen bleibt, wo n = s, oder die Bewegung des Magnetes eben aperio- disch geworden ist, geniesst man, wie schon bemerkt, zugleich den Vor- theü der schnellsten Beruhigung des Magnetes, welche die angewandten Vorrichtungen gestatten. Von ganz besonderem Nutzen ist der aperio- dische Zustand ])ei dem Compeush-en des Stromes zum Zwecke der Messung der elektromotorischen Kraft nach der PoGGENDOEFF'schen, von mir abgeänderten Methode, oder des Widerstandes mittels der WHEATSTOKE'schen Brücke. Der schwingende Magnet geräth in Schwankimgen, sobald man die Gleiehgemchtslage schneller, als der Magnet zu folgen vermag, vor ihm her dem Nullpunkte zu bewegt; der schwingungslose Magnet kann höchstens unter den oben S. 305 bezeich- neten Umständen einen Bin- und Hergang machen, bo dass man ohne jedes Tasten, mit stetiger Bewegung, den Nullpunkt auf den Faden ein- stellen kann. Gute [852] Dienste Avird auch diese Methode leisten bei Demonstrations versuchen vor einer grösseren Versammlung, unter An- wendung des von mir beschriebenen Verfahrens, die Ablenkungen dm'ch einen vom Spiegel zurückgeworfenen Lichtstrahl sichtbar zu machen.^ Dies Verfahren wurde bekanntüch von Sir WiLLiAiNr Thomsox ange- wandt, um die schwachen Signale des ersten atlantischen Kabels l)equem zu beobachten, und noch heute werden die atlantischen Kabel mit soge- nannten TnoMSON'schen Galvanometern bedient, an denen die Ablesimg auf jene, zuerst von mir in England gezeigte Art geschieht. Hier, wie überhaupt wo in der Telegraphie Galvanometer in Gebrauch sind, mrd die Beseitigung der Schmnguugen sich als höchst vortheilhaft enveisen. Nützüch können endhch in ilirer überraschenden Einfachheit die Formeln (XXXHI) und (XXXI\^ werden. Letztere kann an sich dienen, den Integralwerth kurz dauernder Ströme relativ zu bestimmen. Aber auch zur Messung kleiner Zeiträume nach der von Hm. Helmholtz verbesserten PouiLLET'schen Methode ^ bieten jene Formeln bequeme 1 Poggendorff's Annaleu u. s. w. 1S55. Bd. XCV. S. 607; — Pbilosopkical Magazine etc. 1856. 4tb Ser. vol. XI. p. 109. — [S. oben S. 131, Abb. VI.] 2 JoH. Müller's Archiv für Anatomie u. s. w. 1850. S. 299; — Wiede- MA.NN, Die Lehi-e vom Galvanismus u. s. w. Braunschweig 1873. Bd. II. 1. Abth. S. 287. §. 249. §. 13. Vorzüge der Beobachtung an aperiodischen Magneten. 323 Oelegenlieit, wenigstens \yeun man sich eines Magnetes von solchem Trägheitsmomente bedient, dass er eine scharfe Messung von zulässt. Ist F die Ablenkung durch den zeitmessenden Strom in be- ständiger Grösse, x der Ausschlag durch denselben Strom während der kleinen Zeit t, so findet man für diese leicht den Ausdruck et 21^ xm. lieber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. Zweite Abhandlung. (Gelesen in der Gesammtsitzung der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 23. Juni 1870.) ^ Hierzu Taf. IV. Fig. 4—8. §. I. Einleitung. Bei der kürzlich von mir der Akademie mitgetheilteu Theorie der aperiodischen Bewegung gedämpfter Magnete bin ich dem vom physi- kalischen Standpunkte sich darbietenden Wege gefolgt, das allgemeine vollständige Integral der Differentialgleichung für die Bewegung des Magnetes aufzustellen, und die darin vorkommenden willkürüchen Con- stanten der jedesmaligen Aufgabe gemäss zu bestimmen. Indem ich die Ablenkung zur Zeit NuU, = oder = einer positiven oder negativen Grösse |, ebenso die Geschwindigkeit zur Zeit NuU, = oder gleich einer positiven oder negativen Grösse c setzte, habe ich die Bewegungs- gleichungen für die verschiedenen Combinationen dieser Fälle nacheinander einzeln hergeleitet. Unter diesen Combinationen erwies sich besonders lehrreich die, wo der Magnet bei | im Augenblicke des Fallenlasseus eine Anfangsgeschwin- digkeit — c, also im Sinne der Richtkraft, erhält. Die Rechnung zeigte^ dass auch dann der NuUpunkt nicht überschritten werde, so lange nicht c grösser als (« + ^) | sei. Es entstand die Frage nach dem Sinne dieser Bedingung. Da es gleichgültig ist, ob der Magnet bei | im Augen- blicke des FaUenlassens eine Anfangsgeschmndigkeit c im Sinne der Richtkraft erhält, oder ob er diese Geschwindigkeit als Fallgeschwindigkeit 1 Monatsberichte der Akademie u. s. w. 1870. S. 537. — Die Bezeichnungen in dieser Abhandlung sind dieselben wie in der ersten. Die Ordnungszahlen der Formeln sind diesmal arabische, zum Unterschiede von den römischen der ersten Abhandlung. — In den Abhandlungen über aperiodische Bewegung sind mit erster, zweiter . . . Abhandlung stets nui- diese gemeint. XIII, lieber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb, II. 325 :r' = — c aus einer höheren Ablenkimg mitbringt; da, unter der Voraus- setzung unl^egrenzter Gültigkeit der Difierentialgleichung, der Magnet mit keiner durch Fallen aus noch so hoher Ablenkung erlangten Geschwindig- keit den Nullpunkt zu überschreiten vermag; endlich da für ein gegebenes X die Fallgeschwindigkeit mit der Fallhöhe wächst: so vermuthete ich, dass (e + ?•) | die grösste Fallgeschwindigkeit sei, die der Magnet über- haupt bei I erlangen könne, d. h., bei unbegrenzter Gültigkeit der Differentialgleichung, durch Fall aus dem Unendüchen erlangen würde. Um diese Vermuthung zu prüfen, stellte ich mit Hülfe der bekann- ten Kelation x = / {t, |) den Verlauf der Curve x = ^ {x, |) im All- gemeinen fest, und untersuchte, was im Endüchen aus dieser Cun^e werde, wenn man | = oo setze. Diese Untersuchung lehrte, dass meine Vermuthung genau nur im Grenzfall s = n oder r = zutreffe; x' = — ex ist wirküch im Endhchen die Gleichung der Cuitc, deren Ordinaten für jedes x die Geschwindigkeit des aus dem Unendüchen fallenden Magnetes angeben. Für e > n aber ist diese Gleichung nicht X = — (e + ?■) x, sondern x' = — (« — r) x] und die Ge- schwindigkeit bei I muss diese höchste durch den Fall aus dem Unend- lichen erreichbare Geschwindigkeit um noch mehr als 2r| übertreffen, damit der Nullpunkt ül)erschritten werde. Die Differentialgleichung setzt die Proportionahtät der Kichtkraft mit der Ablenkung, und der verzögernden Kraft der Dämpfung mit der Geschwindigkeit voraus; die Abweichungen der Beobachtung von der Theorie können also nur so lange innerhalb der Grenze der Beobachtungs- fehler bleiben, als die Ablenkung eine gewisse Grösse nicht übersteigt. Vollends hat aus Gründen, die keiner Ausführung bedürfen, eine unend- hch grosse Ablenkung des Magnetes keinen physikalischen Sinn. Man sieht aber, dass die mathematische Fiction einer solchen Ablenkung und der unbegrenzten Gültigkeit der Differentialgleichung dadurch eine wirk- liche Bedeutung erhält, dass man eine dem Magnet innerhalb der Gren- zen, wo die Bedingungen der Differentialgleichung noch erfüllt sind, auf andere Art ertheilte Geschwindigkeit als durch FaU aus dem Unendüchen entstanden ansehen kann. Als ich meinem Freunde, Hrn. Ivronecker, die Ergebnisse meiner Untersuchung nüttheüte, machte er mich auf eine Behand- [539] lungs- weise des Gegenstandes aufmerksam, auf welche vom physikaüschen Standpunkte nicht leicht zu kommen war. Sie schlägt gerade den ent- gegengesetzten Weg von dem eben angedeuteten ein. Von vorn herein wird die Gültigkeit der Differentialgleichung für ein unendüches x, oder, was das Nämüche ist, für ein unendüches negatives t, vorausgesetzt. Indem man überdies bei gewissen ersten Integralen der Differentialgleichung 326 XIII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. 11. — stehen bleibt, hat man ohne Weiteres für jede Zeit zwischen t — — oo- und ^ = + 00 die Beziehung zwischen Geschmndigkeit imd Ablenkung^ vor Augen. Um aber von dieser ganz allgemeinen und der Wii-klichkeit in der That entfremdeten Betrachtung zu den wirkhchen Bedingungen zurückzukehren, ist nur nöthig, letztere als gegebene Beziehungen zwischen Ablenkung, Geschwindigkeit und Zeit in den allgemeinen Ausdruck ein- zuführen. Wenngleich diese Art der- Betrachtung die frühere nicht wohl ent- behrlich macht, hat sie doch ihre eigenthümüchen Yortheile, und erst in ihrem Lichte lassen manche durch die friihere Beti-achtung aufgedeckte Beziehungen ihren wahren Zusammenhang erkennen. Dies wird am besten erhellen, wenn wir mit ihrer Hülfe einige der Aufgaben behandeln,, deren Lösung scheinbar schon auf dem früheren Wege vollständig erreicht war. §. IL Die fundamentalen Eigenschaften unserer Differentialgleichung. Indem wir übrigens sämmthche Bezeichnungen der Abhandlung- beibehalten, setzen wir kürzehalber e -\- r = a, s — r = b. Unsere Differentialgleichung heisst alsdann (vergl. Abhandlung (I), S. 286 und 296) = x" + (a + Z») X + abx (1) Die neue Theorie geht aus von der fundamentalen Bemerkung, dass man durch Differenziren der Ausdrücke e«' {bx + x), e^( [ax + x') (2) das rechte Ghed der Differentialgleichung beziehlich mit 6«^ und e^^ mul- tiplicirt erhält. [540] Die Ausdräcke (2) sind also constant; man kann setzen bx + x = A'e-''^ \ 3- ax + X = B'e-^^ i ^ ' wo A, B' willkürliche Constanten sind, welche zu den Constanten A, B in dem Integral unserer Differentialgleichung, wie es Gleichimg {\I) der ersten Abhandlung giebt, in der Beziehung stehen Ä = — 2rA, B' = 2rB. Es folgt weiter, dass man jederzeit setzen kann e"' {bx + x') = e«^ [bX + .Y) \ e^' {ax + x') = e^^ {aX + X') i ^ ' Wird der Verlauf von x, x als Functionen der Zeit, insofern er von den willkiu-lichen Constanten abhängt, als bereits bestimmt angenommen, so §. 2. Die fundamentalen Eigenschaften unserer Differentialgleichung. 327 bedeuten X, X\ T beliebige zusammengehörige Werthe der Functionen X, x und der Zeit. Wird aber jener Verlauf als noch nicht bestimmt angesehen, so bedeuten X, X', T x^illkürüche Constanten, durch deren Einsetzung der A^erlauf bestimmt wird. Durch vmahge Differentiation der Gleichungen (3) erhält man, wenn d'^x -—- = .rC") gesetzt Avird, (5) a,rW + .rf-'+i) = (— by B'e-^t \ und folghch (— 1)- . 2rA-W = _ ftM'e-«^ + b-B'e-^', (6) bx(-) + .i-(- + 1) a-A ' ' ^ ' oder, wenn man zu den Logarithmen übergehend ^ log ( , ■ 1 , [A' a.fW + .x-(- + i)\ ^ ^ .„ • 2r ^'^ [b' • öxi^^ + x^^^^^ l = ^ - -^- (8) Hieraus sind folgende Schlüsse zu ziehen: I. Wenn die Grössen x und x' für h'gend einen endhchen Werth von t endüche Werthe haben, so sind A und B' endüch. Ist einer der beiden Ausdrücke ax 4- x', bx -\- x (9) [541] für irgend einen endlichen Werth von t gleich Null, und ist es also auch B' oder A (3), so bleibt der Ausdruck Null für alle endhchen Werthe von t, und es wird demgemäss die Ablenkung x durch eine der beiden Gleichungen 2r ' 2r dargestellt. n. Wenn, wie es in der Folge stets geschehen soll, von den er- wähnten besonderen Fällen abgesehen wird, so bleiben die Vorzeichen der Ausdrücke ax(-) + .rC' + i), bx(-) + ^■(" + 1), (10) wie die Gleichungen (5) zeigen, für alle Zeit constant. Wählt man nun, was offenbar erlaubt ist, das Vorzeichen von x so, dass ax ■+- x und also B' positiv ist, so ist bx -\- x für den ganzen Verlauf der Zeit und also A entweder positiv oder negativ. Demnach sind zwei wesent- hch verschiedene Hauptfälle zu unterscheiden, von denen derjenige stets als der erste bezeichnet werden soll, in welchem A positiv ist, also die Ausdrücke (9) einerlei Zeichens sind, und als der zweite der, in welchem A negativ ist, also jene Ausdrücke verschiedenen Zeichens sind. 328 XIII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. IL — m. Der Ausdruck (—1)" («a- w 4. .r(v + li) nimmt, während t von — cx) ])is + 00 geht, alle positiven Werthe von 00 bis ^nrklich an; ebenso durchläuft ( — 1)" {bxi") + .r«*' + D) je nach den beiden soeben unterschiedenen Fällen alle Werthe von + oc bis oder von — 00 bis 0. Der Quotient dm'chläuft, we Gleichung (7) zeigt, je nach den beiden Fällen sämmt- hche positive oder sämnithche negative Werthe von bis 00; aber der Quotient welcher füi- t = — 00 den Werth — a und für ^ = + 00 den Werth — b hat, durchläuft im zweiten Hauptfalle sämmthche zwischen — a und — b Hegenden Wei-the, im ersten Hauptfalle alle übrigen [542] positiven und negativen Werthe. Nur in diesem ersten Hauptfalle werden daher zu gewissen Zeiten x und seine Differentialquotienten gleich Null. Für diese Zeiten und die zugehörigen Werthe der Ablenkung x und ihrer Differentialquotienten führen mr übrigens nachstehende Bezeich- nungen ein: der Zeit IV. Gleichung (6) liefert folgende Bestimmungen für die Ablenkung (.r) und deren Diff'erentialquotieuten : wenn t = — 00, so ist ( — ly x(*^ = + co von der Ordnung e-°^; wenn t = +00, so ist .r^") = von der Ordnimg e— *'." Für t = — 00 ist also x W uuendhch gross von derselben Ordnung wie ÄxW + x^^ + i), aber von höherer Ordnung als ax(''^ + x^* -^ ^K Für ^ = + 00 ist xM unendlich klein von derselben Ordnung wie ax'^"^ + ,j,(v-i-i)^ aber von niederer Ordnung als bx(*^ + .r(* + ^J. Y. Die Zeitpunkte, in denen der Keihe nach die Quotienten X X x" einen und denselben bestimmten Werth annehmen, bilden, vAq aus Gleichung (8) hervorgeht, eine arithmetische Reihe mit dem beständigen Unterschiede A. Dies findet also namentUch für diejenigen Zeitpunkte 4), T, t„ t„ . . . statt, in denen im ersten Hauptfalle folgweise .r, x, x", x" . . gleich Null werden (s. ol)en JH.), so ^vie für diejenigen Zeitpunkte, §. 2. Die fundamentalen Eigenschaften unserer Differentialgleichung. 329 in denen im zweiten Hauptfalle -.^ — = — « wird. Diese beiden Reihen von Zeitpunkten sind zwar je nach den beiden verschiedenen Fällen ganz verschieden charakterisirt, entsprechen einander aber insofern, als dabei stets wd. TL. Wenn Ä = ± b^e"% B' = a^e^' gesetzt wird, so nehmen die Gleichungen (3) und (6) die Form an [543] ' «,r + / = aieH^~^^\ Cci-) = (_ l)v . ll I (^,(v-l) ^6(r-0 + a(v-l) ea(z-0^ (12) und es bedeutet r die Zeit, zu welcher ar -\- x" 7-, = + 1 bx -f X ist, während aus der zur Zeit r stattfindenden Ablenkung x die positive Grösse | durch die Gleichung a - b bestimmt ist. Hiernach ist im ersten HauptfaUe r die Zeit und | die Ablenkung, bei der die Umkehr des Magnetes nach Ueberschreiten des Nullpunktes erfolgl, bei der also x = und x' + n^x = ist, während im zweiten Hauptfalle r die Zeit und 7^ | = — | die Ablenkung ist, bei der x = | und .'^■" — 11^ X = wd. Vn. Da nach den Gleichungen (11) für ii-gend welche bestimmte zusammengehörige Werthe T, X, X' die Relationen aX ■\- X' =: a^e^^^-% bX + X' == ± b^e^^^-'> statthaben, so erhält man aus gegebenen Werthen T, X. X' die Werthe von r und | in folgender Weise: 1 , (abX + aX'\ i = [x+lxf.[±[x+\xfh (14) 330 Xni. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. 11. — Vin. Die Beziehimg zwischen Ablenkung und Geschwindigkeit, d. h. zwischen x und .?•', ergiebt sich unmittelbar aus den Gleichungen (11) in folgender Weise: [544] , fax + A j - [bx + x\ ^_ . a. log (-^-j = ^ . log i-+^-j. (15«) wo unter dem Logarithmus-Zeichen nur positive Grössen stehen, oder also ,'ax + x'Y (bx + x\> ^^.^^ §. m. Erster Hauptfall: ax + x und bx + x sind einerlei Zeichens. Aus (12) ergeben sich in diesem Falle die Gleichungen X = ^ («e*'.^-') — 6e«(^-')), (16) x' = -^ (e«(^0 _ e^i^-t))^ (17) welche den Gleichungen (VII) und (XU) der ersten Al3handlung ent- sprechen. Hier werden gemäss der fünften obigen Schlussfolgerung zu den Zeiten tQ = T — A, T, t, = T + A, t,, = T -\- 2a, u. s. w. X = 0, X = x" = 0, x'" = 0, u. s. w. und zwar müssen, wenn x oder ein Differentialquotient von x Null werden solll, die Ausdrücke ax + ./, bx + x' einerlei Zeichens sein. Dies ist nur möglich, wenn entweder x und x' selber einerlei Zeichens sind, oder wenn, bei verschiedenem Zeichen von x und x, x entweder grösser als ax und also auch als bx^ oder kleiner als bx und also auch als aa? ist. Für t = — 00 ist gemäss der vierten Folgerung x = — oo, x = 4- 00, - = — a. AVas für endhche Werthe von t geschieht, zeigt Fig. 4 (s. die Taf.). Mau erkennt die CuiTen an den ihnen bei- gefügten Ordnungszahlen ihrer Gleichungen; Cm-ve (16) ist die der Ab- lenkungen, Curve (17) die der Geschwindigkeiten. Beide Cm'ven sind anfänglich convex gegen die Abscissenaxe der Zeiten, denn x" ist negativ und x" positiv. Dann folgen einander in dem nur von den Constanten der Vorrichtung, nicht von | abhängigen Abstände A die vier Zeitpunkte t^^ T, t,^ t„. Bei ^0 [545] schneidet die Curve der Ablenkungen die Axe der Zeiten und wird gegen sie concav, da ihre Ordinate das Zeichen wechselt, ./' das seinige behält. Dies dauert bis zum Zeitpunkte r. Hier en-eicht die Cuito der Ablenkungen das Maximum |, denn für t = r §.3. 1. Hauptfall: ax + x und hx + x einerlei Zeichens. 331 ist X = I und 3' = 0. Die Curve der CTesch\\indigkeiteu schneidet also jetzt gleichfalls die Abscissenaxe der Zeiten und wird gegen sie concav, weil x" sein Zeichen behält; bei t, erreicht ihre Ordinate das negative Maximum X, = -l. a^r . li-r^ (18) und es findet ein Wendepunkt der Curve der Ablenkungen statt. End- lich für t„ hat die Curve der Geschwindigkeiten einen Wendepunkt. In der Figm* sind aus Gründen, die später einleuchten werden (s. unten §. YII), |=1, a = l, ^' = ^/2 gesetzt. A wird dann = 1-38629; x, = '{„ x„ = 7,,; x, = 2, x, = - V4, ■'''. = - 7i6- Für if = +■ 00 werden gemäss der \ierten Folgerung x und .v = 0, x' = — bx, X läuft auf der positiven, x' auf der negativen Seite der Abscissenaxe asymptutisch aus. Man kann dergestalt für unsere Betrachtung die ganze Zeit von t = — 00 bis ^ = + 00 in drei Abschnitte theilen, wie folgendes. Schema zeig-t (vergi. auch zwischen Fig. 4 und 5). Welche Werthe zu irgend einer Zeit T die Ablenkung A^ und die Geschwindigkeit Ä'' haben mögen, vorausgesetzt nur, dass sie dem ersten Hauptfall entsprechen, stets giebt es, wie oben unter YII. ausgeführt ist, einen Zeitpunkt t, vor oder nach T, in welchem x = ist, und es lässt sich diese Zeit x und die zugehörige Ablenkung | aus den gegebenen Werthen T, X, X' berechnen, x vorhergegangen ist stets im Zeitab- stande A die Zeit t^, wo x = war. Der ganze Vorgang bleibt also^ da einzig und allein die Werthe von x und | variiren können, an sich und im Wesentlichen stets derselbe mid namenthch bleibt das Verhalten in positiv und [546] negativ unendücher Zeit unverändert, wie man auch die Bedingungen wählen möge, vorausgesetzt nur, dass die für den ersten Hauptfall bezeichnenden Eigenschaften gewahrt bleiben. Nimmt man | negativ, so ändern die Ausdrücke (9) und in allen drei Zeitahschnitten x und .1' ihr Zeichen. AUe Vorgänge bleiben also dieselben, nm- dass die beiden Seiten der Abscissenaxe, oder die beiden Hälften der Scale, mit einander vertauscht sind. 332 XIII. lieber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. IL — §. IV. Physikalische Auwendung der gewonnenen Ergebnisse, lind Yergleichung dieser Ergehnisse mit denen der ersten Abhandlung. Wir können die verschiedenen Fälle der Bewegung des Magnetes — von einer Ablenkung oder vom Nullpunkt aus, mit oder ohne Anfangs- geschwindigkeit — aus folgender Fiction herleiten. Vor unendhcher Zeit durchfiel der Magnet Räume unendhcher Ablenkung mit solcher unend- hchen Geschwindigkeit, dass diese zur Ablenkung in dem von den Con- stanten der Vonichtung abhängigen Verhältniss — a stand. Zm* Zeit ? = 0, wo wir den Vorgang zu betrachten anfangen, ist der Magnet in endüche Ablenkung gelangt und es sind, je nach den Bedingungen der Aufgabe, gemsse Zeitpunkte schon vorüber. Ist der Magnet bereits ab- gelenkt, so kann der Fall aus dem Unendlichen geschehen sein entweder von der Seite her, auf der er sich befindet, oder von der entgegengesetz- ten Seite her. I. Jedesmal, dass der Magnet zur Zeit ^ = ohne Anfangs- gesch^vindigkeit aus einer endlichen, positiven oder negativen Ablenkung I fällt, können wir uns denken, er sei von der entgegengesetzten Seite her aus dem Unendhchen gefallen, habe den Nullpunkt überschritten, und kehre bei | in seiner Bewegung um, daher x hier = ist. Der Vorgang beginnt also in der Idee an der Grenze des zweiten und dritten der oben unterschiedenen Zeitabschnitte. Man braucht m der That nur in (16) r = zu setzen, um Gleichung (VU) der ersten Abhandlung zu erhalten, welche diese Bewegung des Magnetes darstellt; und unsere gegenwärtige Fig. 4 fäUt von t ab nach wachsender Zeit hin im Wesent- lichen mit Fig. 22 der ersten Abhandlung zusammen.^ Selbst der Fall aus dem Unend- [547] üchen ohne Anfangsgeschwindigkeit, mit dem sich §. VI der ersten Abhandlung beschäftigt, lässt sich unter denselben Ge- sichtspunkt bringen, indem man | = oo setzt. Alle endüchen mit | multiphcirten Ordinaten, wie .r,, ;r„, .r'^, ./,, x„, werden gleichfalls un- endhch; für t = — oo aber werden x und x unendüche Grössen höherer Ordnung. Man hat sich also vorzustellen, der Magnet sei aus unendhcher Ferne höherer Ordnung gefallen, habe den Niülpunkt mit unendhcher Geschmndigkeit überschritten und jenseits ausschlagend ein unendhches | erreicht, bei welchem er zur neuen Anfangszeit = eben umkehre. n. Jedesmal, dass der Magnet auf dem Nullpunkt einen Stoss 1 In letzterer ist r = 0, in der gegenwärtigen Figur = Vi gemacht (s. vorige Seite). §. 4. Physikalische Anwendung der gewonnenen Ergebnisse. 333 uns denken, er sei in der Kichtung des Stosses aus dem Unendlichen gefallen, und überschreite zur Zeit t^ = den Nullpunkt mit einer, jener Anfangsgeschwindigkeit + c gleichen Fallgeschwindigkeit ,/. Der Vorgang beginnt in der Idee an der Grenze des ersten und zweiten Zeitabschnittes. Man erhält Gleichung (XXXI) der ersten Abhandlung,, welche diese Bewegung des Magnetes darstellt, indem man in den Gleichungen (4) T = 0, A^ = und X = c setzt. ni. Jedesmal dass der Magnet im Augenbücke, wo er in einer gegebenen Ablenkung sich selbst überlassen wird, einen Stoss im einen oder anderen Sinn erhält, können wir ebenso für die Anfaiigsgeschwin- digkeit Fallgeschwindigkeit, durch Fall aus dem Unendhchen erlangt^ substituh-eu. Dabei sind drei Fälle zu unterscheiden. 1. Die Geschwindigkeit hat den Sinn der Richtkraft und ist grösser als ax. Es ist als sei der Magnet von der Seite her, nach welcher er abgelenkt ist, aus dem Unendlichen gefallen, und überschreite eben die gegebene Ablenkung mit der gegebenen Geschwindigkeit — c. Daher von i\ t^ i\ nach wachsender Zeit hin unsere gegenwärtige Fig. 4 im Wesentlichen mit Fig. 23 der ersten Abhandlung zusammenfällt, welche die Bewegung des Magnetes mit einer negativen Anfangsgeschwin- digkeit > ( — aw) vorstellt; nur dass in beiden Figuren die beiden Seiten der Abscissenaxe, also die beiden Scalenhälftcn , mit einander ver- tauscht sind, und ausserdem in der Figur der ersten Abhandlung aber- mals r = 0, in der* jetzigen = ^4 gesetzt ist. Gleichung (XXII) der ersten Abhandlung entsteht aus den Gleichungen (4), indem man in letzteren T = 0, X' = — c, Ä" = dem | der ersten Abhandlung setzt, welches zum Unterschiede vom [548] jetzigen | fortan |^ heissen soU.^ Um X und X' verschiedenen Zeichens, und dabei X' grösser als. aX zu finden, müssen wir den Anfang des Vorganges in den ersten Zeitabschnitt verlegen. 2. Die Geschwindigkeit hat den entgegengesetzten Sinn der Rieht kraft. Es ist als sei der Magnet auf der entgegengesetzten Seite von der, nach welcher er abgelenkt ist, aus dem Unendlichen ge- fallen, habe den Nullpunkt überschritten, und überschreite eben die 1 Dass das jetzige und frühere | einander nicht stets, wie in Fall I, ent- sprechen, i-ührt daher, dass mit dem jetzigen ^ jedesmal der Ausschlag nach Ueber- schreiten des Nullpunktes bezeichnet wird, während in der Abhandlung | gerade- deshalb keine solche gleichmässige Bedeutung erhielt, weil es stets die der Anfangs- zeit t — entsprechende Ablenkung bezeichnete, wenn nicht diese Null war, wie in dem soeben imter II erwähnten Falle des §. VII der ersten Abhandlung. Daher das ^ der ersten Abhandlung und das jetzige nur bei dem Fallenlassen des Mag- netes ohne Anfangsgeschwindigkeit übereinstimmen. '334 XIII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. 11. — gegebene Ablenkung |^ niit der gegebenen Geschwindigkeit + c, mit welcher er dem Maximum | seines Ausschlages zustrebt; s. bei j'g jj tg in Fig. 4. Analytisch entsteht dieser Fall, indem man in den Gleichungen (4) T = 0, X •= ^A, ^' = -i- c setzt. Da nur zwischen t = t^ und t = T, .n und d' einerlei Zeichens sind, fällt der Beginn des Vorganges in den zweiten Zeitabschnitt ; und da zu Anfang dieses Abschnittes ^ = 0, .r' endhch ist, zu Ende das Umgekehrte stattfindet, ist diesmal der Ge- schwindigkeit kein Grenzverhältniss zur Ablenkung vorgeschriel)en. 3. Die Geschwindigkeit hat den Sinn der Richtkraft und ist kleiner als i.r. Diese Combination kommt nur im dritten Zeit- abschnitt vor. Es ist abermals als sei der Magnet auf der entgegen- gesetzten Seite aus dem Unendhchen gefallen, als habe er aber nicht allein den Nullpunkt, sondern auch das Maximum seines Ausschlages bereits überschritten; s. bei jg tg jj'g in Fig. 1. Anal}i;isch entsteht dieser Fall, indem man in den Gleichungen (4), wie im Falle III. 1., T = 0, A" = — c, X = ^A setzt; man erhält Gleichung (XXII) der ersten Abhandlung, aber, weil c kleiner ist als bx, mit umgekehrtem Zeichen der rechten Seite, daher auch diesmal unsere Figm' zur Gleichung erst nach Vertauschung der beiden Scalenhälften passt. IV. Die in §. IX der ersten Abhandlung behandelten Fälle, in denen der in Bewegung begrifiene Magnet zu gegebener Zeit einen Stoss [549] im einen oder anderen Sinn erhält, lassen sich gleich den vorigen betrachten, indem man die beiden Geschwindigkeiten, die vorhandene und die liinzutretende, als durch Fall aus dem Unendlichen unter geeig- neten Bedingungen entstanden ansieht und algebraisch summirt. Die neue Behandlungsweise bietet, wie man sieht, den Vortheü, dass sie sämmthche in der ersten Abhandlung einzeln abgeleitete Fälle auf Einen allgemeinen Fall zurückführt. Die Rolle der merk\rärdigen arith- metischen Reihe der Zeiten, von der sich in jenen Fällen ehie grössere oder geringere Zahl von Ghedern zeigte, ist nun klar. Man versteht auch die Bedeutung der negativen Zeiten, welche dort im Dunkel blieb. Im Fall emes den bei |^ sich überlassenen Magnet im Sinne der Richt- kraft treffenden Stosses fanden väi für die Zeit des Durchganges durch den Nullpunkt den Ausdruck 1 1 (c — b^ lop' ' (S. oben S. 293). t^ ist positiv nur für c > af^; im Falle c < o^a ist t^ reell nur wenn c auch < b^A, und dann negativ. Dies heisst, wie wir jetzt sehen, soviel als dass unter der Voraussetzung des Falles aus dem Unendücheii, die Zeit des Durchganges durch den Nullpunkt schon seit jener Zeit vorüber war. §. 4. Physikalische Anwendung der gewonnenen Ergehnisse. 335 Die beiden Hauptergebnisse, welche im §. VI der ersten Abhandlung hergeleitet worden sind, nämlich sowohl die Bedingung für die zum Ueberschreiten des Nullpunktes nöthige Anfangsgeschwindigkeit, als auch die Grenze der durch Fallen aus beüebig hoher Anfangslage ohne An- fangsgeschwindigkeit zu erreichenden Geschwindigkeit, lassen sich unmittel- bar aus dem obigen Schema, S. 331, erkennen. Denn wenn zur Zeit t bei der Ablenkung x der NuUpunkt noch zu ül)erschreiten sein soU, so muss t im ersten Zeitabschnitt hegen, also dem Schema gemäss — ^— > a sein, und dies ist daher die Bedingung für- die zum Ueberschreiten des Nullpunktes nöthige Anfangsgeschwindigkeit. Ferner ist die Ge- schwindigkeit eines aus beliebig hoher Anfangslage ohne Anfangsgeschwin- digkeit fallenden Magnetes, der sich also in der ganzen Zeit des Fallens im dritten Zeitabschnitt befindet, nach dem Schema bei jeder Ablenkimg X eine solche, dass — "- < 5 ist; der Grenzwerth der Geschwindigkeit x ist daher — bx. [550] Während der ganzen Bewegung des Magnetes, insofern dabei der Nullpunkt wirklich oder in der Idee überschritten wird, liegt die Geschwindigkeit x ausserhalb des von den Werthen — bx und — ax eingeschlossenen Intervalls. Es fragt sich nun, was die Folge sei, wenn dem Magnete bei x eine Geschwindigkeit grösser als b x, aber kleiner als ax, zugeschrieben, oder was geschehe, wenn ihm im Augenblicke des FaUenlassens von x eine solche Anfangsgeschwindigkeit im Sinne der Richtkraft wirkhch ertheilt werde. Diese Frage ist in der ersten Abhandlung nicht zur Sprache gekommen. Aus den oben voraufgeschickten allge- meinen Sätzen hat man schon erfahren, dass die Discussion unseres ZAveiten HauptfaUes uns darüber Aufschluss zu geben bestimmt ist. §. V. Zweiter Hauptfall: ax + x' und bx + ,r' sind ver- schiedenen Zeichens. Liegt x' seiner Grösse nach zwischen a x und b x, und sind x und x' verschiedenen Zeichens, so sind auch die Ausdrücke (9) verscliiedenen Zeichens. Da diese Ausdrücke füi* jede Zeit ihr Zeichen behalten, sie aber für x = oder x' = einerlei Zeichen, bezielüich das von x' oder X erhalten würden, so können unter der Voraussetzung: x gi'össer als bx, und kleiner als ax, zu keiner endlichen Zeit x und x' = werden. Erst für # = + oc tritt dies ein. Dies ist der zweite hier stattfindende Hauptfall, der sich vom ersten also dadurch unterscheidet, dass dabei der Nullpunkt zu keiner Zeit überschritten wird, sondern Ablenkung und 336 XIII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. II. — Geschwindigkeit von t = — cxDbisif=+cxD stetig abnehmen. Nimmt man x positiv, so ergeben sich in diesem Falle aus (12), wenn man darin | = |, = - |/ setzt, die den Gleichungen (16) und (17) des ersten Falles analogen Bestimmungen X =^ ^ (at*(^-^) + he<—^)), (16-^) x' = — -|i (e«:--') + e^^-~% (17*) WO T den Zeitpunkt und |, denjenigen AVerth der Ablenkung x bedeuten^ für v;elche x" = ahx und folgüch (a + h) x + ^ahx = [55 IJ ist, für welchen also '~, das arithmetische und — das geometrische Mttel jener bezüghchen Grenzwerthe erreicht, zwischen denen die Werthe der beiden Quotienten von # = — oo bis ^ = + oo variiren. Die Zeitpunkte, in denen folgweise die Quotienten den bezeichneten Mittelwerth — ^2 (^ + r erreichen, bilden gemäss der fünften Folgerung eine arithmetische Reihe, deren AnfangsgUed x und deren beständiger Unterschied A ist. Die ßeduction aller möglichen Vorgänge auf einen einzigen Typus geschah oben in §. 11 (sechste Folgerung) dadurch, dass man bei jedem Vorgange einen gewissen Zeitpunkt r festsetzte, in welchem das Verhält- niss '— einen bestimmten Werth annimmt. Dieser Zeitpunkt r hat aber^ X wie man sieht, im zweiten Hauptfalle keine so ausgesprochene Bedeutung wie im ersten, wo er der Umkehr des Magnetes entsprach. Es ist des- halb nicht ohne Interesse im vorUegenden zweiten Hauptfalle von jener Reduction abzusehen und die Betrachtung unmittelbar an die Gleichungen (4) anzuknüpfen. Es sei X positiv, X' negativ. Kürzehall)er setzen wir aX-\- X' = + 5t, hX + X' = — 33. Da nach miseren Voraussetzungen X' zwischen h X und a X schwankt, und 51 + 95 = 2rJV ist, so schwanken dementsprechend 51 und 93 zwischen IrX und 0, indem sie sich stets zu 2rX ergänzen. Nach Analogie der Gleichungen (16) und (17) für den ersten Haupt- fall erhalten wir hier aus (4) §, 5. 2. Hauptfall: ax + x und hx + x verschiedenen Zeichens. 337 1 1 (19) (20) (21) (22) (23) X = — --_ (5l/je&(^-<) + 33rtfc«^-') Während ^ von ^ = — oozu^= +oo sich verändert, gehen x [552] und x, convex gegen die Abscissenaxe der Zeiten, beziehhch von + oo nnd — oo l)is 0. Wie im ersten Hauptfalle ist für t = — oo X X = - "' für ^ = + 00 x' = — öx. Setzt man in Gleichung (19) % = 0, so erhält man ' x = e«i=^-^) X Setzt man umgekehrt darin 33 = 0, so erhält man X = e"'.^-'' A' (24) Für f = T aber wird in (19), (23), (24) ./• = X. Gleichung (19) stellt also eine Schaar von CuiTon vor, welche durch den Werth von 31 und 35 unterschieden und zwischen den Grenzcurven (23) und (24) einge- schlossen, sich mit ihnen im Gi])fel der Ordinate X schneiden. Setzt man in Gleichung (20) 5( oder 33 = 0, so erhält man be- ziehhch ,/ = _ e«(^-') aX, . (25) ,/ = _ ,h^T-t) IX. (26) Für t = T werden (20), (25), (26) beziehhch x't = — aX, \ x't - X = — aX + 5t = — hX — 33, l (27) •r'r - - hX- ) setzt man aber t = T + A, so werden dieselben Ausdrücke X TJ^ j T+ J :) 1 ifa 2r \\6 Y, «33 -h ö% hX. (28) Die drei Ausdrücke (28) sind identisch und die Grenzcurven (25), (26), sowie die zwischen ihnen eingeschlossenen Curven (20), schneiden sich also im Gipfel der Ordinate, die im Abstände A auf X folgt, E. du Bois-ßeymond, Ges. Abh. I. 388 XUI. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. 11. — [553] Während im allgemeiueu Falle für t = — O"^?— = — a für # = + 00, x = — bd' ist, hat man für 21 = x' = — ax, (29) für $8 = x' = — bx (30) für jede Zeit. Setzt man S = 2rX + ^, §1 = — 5, wo Ö eine beliebig kleine, aber endhche positive Grösse, so wird alsbald die Axe der Zeiten wieder geschnitten, wenngleich erst zur späten Zeit , = r + i log ^2'--^ + 2r ^ V ^~ man hat wieder den ersten Hanptfall, und befindet sich in dessen erstem Zeitabschnitt. Setzt man umgekehrt 51 = 2rX + J, $8 = — ^, so ist diesmal die Axe der Zeiten geschnitten worden zur längst ver- flossenen Zeit man l)efindet sich im dritten Zeitabschnitt des ersten Hauptfalles. Wir wollen nun, um die Vorgänge in beiden HauptfäUen ihrer Grösse nach vergleichbar zu machen, T = r und X = ^ setzen. Dabei ist zu bemerken, dass, da jetzt nicht wie im ersten Hauptfalle, zu r und I ein für allemal eine bestimmte Geschwindigkeit [x = 0, s. oben S. 328) gehört, der Verlauf der Curven zwischen den Grenzcurveu ein uul)estimmter bleibt, so lange nicht die Geschwindigkeit |' gegeben ist. Es entspricht also jedem | jetzt viehnehr von Ablenkungs- und Geschwin- digkeitscurven eine ganze Schaar, deren Steilheit mit | wächst, w^eil A unabhängig von | ist. In Fig. 5 sind die beiden Curven oberhalb der Abscissenaxe die Grenzcurveu der Ablenkungscun^en, die unterhalb die Grenzcurveu der Geschwindigkeitscurven des zweiten Hauptfalles; jede Cun^e trägt die Ordnungszahl der durch sie vorgestellten Gleichung. Die Annahmen, unter denen die Curven construirt wurden, sind dieselben wie in Fig. 4: I = 1, flr = i^ b = V2- . Der Maassstab ist derselbe, und gleiche Zeit- punkte stehen in beiden Figuren senkrecht untereinander. Schreitet man auf der Abscis- [554] senaxe von r aus in beiden Richtungen um Ab- stände = A fort, so bilden die zugehörigen Ordinaten jeder der der Grenzcurveu eine Reihe, deren allgemeines Ghed für (23), (24), (25), (26): 22", 2% —22", —2" ist, wo für V in der Richtung von — t nach + t die Reihe der positiven §. 5. 2. HauiJtfall: aoc -\- cc' und hx -\~ a- verschiedenen Zeichens. 339 iiiid negativen ganzen Zahlen zu setzen ist. Die Curven (23) und (25) liegen völlig symmetrisch zur Abscissenaxe , und so dass bei r, v = ist; die Curven (24) und (26) dagegen sind zwar auch sj-mmetrischj aber gegeneinander in der Kichtung der Abscissen um A verschoben, so dass für (24) V bei r, für (26) bereits bei t^, = ist. Denkt man sich die Curven beider Hauptfälle, wie Fig. 4 und 5 sie darstellen, auf dieselbe Abscissenaxe aufgetragen, so schneiden sich die Ablenkungscurven des zweiten Hauptfalles im Gipfel der Maximal-Ordinate I der Ablenkungscm've des ersten Hauptfalles. Ebenso schneiden sich die Geschwindigkeitscurven des zweiten Hauptfalles im Gipfel der Maxi- mal-Ordinate der Geschwindigkeitscurve des ersten Hauptfalles: denn die miteinander identischen Gleichungen (28) sind es auch mit (18). Von den Maximis ab nach den positiven Zeiten hin verlaufen die Curven des zweiten Hauptfalles näher der Abscissenaxe als die des ersten. Denkt man sich den zweiten Hauptfall auf die andere Scalenseite verlegt, so entstehen in der Eichtung von t nach den negativen Zeiten hin Schneidepunkte seiner Curven mit denen des ersten Hauptfalles. Unter den unseren Figuren zu Grunde liegenden Annahmen rücken jedoch für die beiden steileren Grenzcurven des zweiten Hauptfalles diese Schneidepunkte in die negative UnendMchkeit. Im Fall einer dem bei + .r losgelassenen Magnet ertheilten, dx, aber nicht ax übertreffenden Anfangsgeschwindigkeit — c ist es also, als sei der Magnet von der positiven Seite her aus dem Unendüchen gefallen mit einer Geschwindigkeit, grösser zwar als die grösste Ge- schwindigkeit l>x, die der Magnet bei + a- durch FaU von einem unend- lichen positiven |, d. h. aus negativer Unendhchkeit höherer Ordnung, erlangt hätte (s. oben S. 332), aber nicht gi'oss genug, um den Magnet über den Nullpunkt zu treiben, wozu die Geschwindigkeit im Endüchen ax übertreffen muss. [555] §. VI. Behandlung des Grenzfalles e = n. Der GrenzfaU e = n kann für sich behandelt werden, oder auch indem man in den obigen Formeln a = l setzt. Man hat zunächst anstatt der beiden Gleichungen (4) hier nur die eine Gleichung (£.r -f x) e'< = const = («A' -f- A") f'^. (31) Diese Gleichung integrirt giebt xe^' = # (sA + A') 6"^ 4- r, wo C eine willkürhche Constante ist, die dadurch bestimmt wird, dass für t = T, X = X sein solle. So erhält man 22* 340 XIII. Ueber aperiotlische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. IL — X = e'fT'-o .rx _ [T — t) (g.Y + .Y')] (32) und durch Division mit (31) in (32) — t = -^^-, — ~ — T = const. sx + X ' eX + X' Gleichung (12) ergieht für a = h: und daher für ?' = und v = l ^, ^ |e'(T-^,. (l — e [t — t)}, (33) .r' = |£2e.(r-<) (7 _ #) (34) Diese Gleichungen entsprechen den Gleichungen (XIY) und (X"\^ der ersten Abhandlung. Da für « = ^ der beständige Zeitunterschied A = - wird, so ist für £ 2 t„ = T -\- -, U. S. W. £ x'" = 0/ u. s. w. "Wird I positiv genommen, so sind für f = — oo: x = — oo,. X = + 00, und zwar, der geringeren Dämpfung hal1)er, beide von höherer Ordnung, als für ein endliches r; '-;- ist = — s. Im Endhchen sind die Curven (33), (34) zunächst convex gegen die Abscissenaxe der Zeiten. Es folgen einander in dem wiederum nur von den Constanten der A^orrichtung, nicht von | abhängigen [556] Abstände - die vier Zeitpunkte f^, t, f,, t„. Für ^ = + oo schliessen sich beide Curven asymptotisch der Axe der Zeiten an, und x ist = — e.r. Die in der ersten Abhandlung aufgestellten Gleichungen für die ver- schiedenen Fälle mit und ohne AnfangsgeschA^ändigkeit findet man ähnhch wie dies im §. IV für ein endliches r gezeigt wurde, indem man in (32) für T, X, X' die Werthe t^^ 0, x\\ r, |, u. s. w. einführt und t^. T , t,, t„ = i) setzt. Soll zur Zeit i der XuUpunkt noch zu überschreiten, d. h. soll X L — t ^ ' " £X + .r positiv sein, so müssen x und x' verschiedenen Zeichens, und der absolute Werth von / muss grösser als der von ex sein. Diese Bedingung ist nur für die Zeit t erfüllt, welche dem Zeitpunkt if„ vorangegangen ist, da im folgenden Zeitabschnitt A, bis zu r liin, x und x einerlei Zeichens sind, von t ab aber, wo x und .r' wieder verschiedenen Zeichens sind, der absolute Werth von / kleiner als der von sx ist, und diesen erst für ^=+00 erreicht. Das also ist der wahre Sinn der in der ersten §. G. Behancllung des Grenzfalles s = n. 341 Abliaudlimg gefuiideueii Bedinguiig .v > ( — sa) für das Ueberschreiteii des Nullpunktes im Falle /• = (vergl. oben S. 325). Der zweite Hauptfall findet hier nicht mehr statt, sondern der Xiül- punkt wird überschritten, sobald die Geschwindigkeit die Fallgeschwindig- keit aus der negativen Unendhchkeit höherer Ordnung übertrijfft, d. h. .v' grösser ist als a.v. §. Vn, Die Curven der Geschwindigkeiten bezogen auf die Ablenkungen im allgemeinen Fall e > n. Das Ganze dieser Beziehungen wird klarer, wenn wir von x und x' als Functionen der Zeit übergehen zur Betrachtung von x' als Function von X, X = <^{x) (vergl. erste Abh. S. 296 und oben S. 325). In Fig. 6 stellt die Gerade [ — x, 0, + .?•] die beiderseits vom Nullpunkt in's Unendhche sich erstreckende Scale vor, auf welche als Abscissenaxe die Geschwindigkeiten x' als Ordinaten aufgetragen sind. Die beiden Geraden AA', BB' stellen die beiden Gleichungen (29) und (30): x = — ax, x = — bx [557] vor. Die Curve t^ x t, t„ ist alsdann für ein positives | die Curve des ersten Hauptfalles, welche auf der negativen Seite aus dem Unendlichen kommend im Punkte x =■ ■\- ^ zur Zeit r die Scale schneidet, und bei von der positiven Seite her physikahsch endet. Die Punkte t^^ r, t,^ t„ bezeichnen die oft erwähnten, eine arithmetische Keihe bildenden Zeitabschnitte A. Kommt der Magnet von der anderen Seite, so hat die Curve die Lage t\ x 0. Die Curven des zweiten Hauptfalles liegen wie 0^, 0^' nothwendig z^^öschen den Geraden AÄ ^ BB', die selber den Grenzcurven (25), (26) entsprechen; aus dem Unendhchen kommend enden auch die Curven 0^, 0^' und die Geraden OA, OA', OB, OB' physikalisch am Nullpunkt, und die im rechten unteren Qua- dranten verlaufenden, OÄ, o^', OB', entsprechen ihrer Lage nach den in unserer Fig. 5 dargestellten Curven. Wo immer man von einem Punkt irgend einer der Curven parallel der x'-Axe eine Gerade nach einer der Geraden AA', BB' ziehe, wie z. B. j;'a, i'h in der Figur, findet man für die Länge der Geraden j'a, l'b beziehüch den Ausdruck ax + ./, bx + x', v^o ax, bx und x , je nach der Lage des Curvenpunktes, positiv oder negativ sind. Wir ge- langen so zur Einsicht in die Bedeutung der für uns so wichtigen Aus- drücke (9). Sie messen in der Richtung der /-Axe die Entfernung des Curvenpunktes von den Geraden AÄ, BB'; und sie sind positiv jedes- mal dass der Punkt (in unserer Figur) nach oben und rechts von der 342 XIII, Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. II. — Geraden liegt, negativ im anderen Falle; daher sie für die z\nsclien den Geraden Aä, I^B' liegenden Curvenpunkte, wie der zweite Hauptfall es mit sich bringi, verschiedenen Zeichens sind. Eliminirt man die Zeit zwischen den Gleichungen (16) und (17) des ersten Hauptfalles (vergl. die achte Folgerung), so erhält man die mit dem Ausdruck auf S. 301 der ersten Abhandlung identische Gleichung welche also die Gleichung der Curve t^ r t, t„ ist. Eüminii-t man ebenso die Zeit zA^ischen den Gleichungen (19) und (20) des zweiten Hauptfalles, so erhält man (ax + x'Y (hx + x'Y 21 ; " [558] als Gleichung aller der Curven Oc', die für irgend ein %{ und 33 zwischen den Grenzcurven OA', OB' liegen. Setzt man in (36) % = aX + X' = «I, \ -S& = bX + X = - 61, J ^^'^ so unterscheiden sich (35) und (36) nur noch durch das negative Zeichen von b^ in (36), dem aber auch, nach den Voraussetzungen des zweiten Hauptfalles, ein negativer Werth des Zählers bx + x entspricht. Durch dieselbe Substitution werden die Gleichungen (19) und (20): .r = i- (ac-Mr-O + be'^'^-^'), (38) .,' = _ ^^ (eM^-o + e«(^-''); (39) siev unterscheiden sich also von den entsprechenden Gleichungen des ersten HauptfaUes (9) und (10) .V = ^ {ae^'--'^ — be^i-% 2r ^ nur noch dadurch, dass in den Gleichungen (38), (39) T für t steht und beide Termen in der Klammer positiv sind ; sie werden identisch mit den Gleichungen (16*) und (17"^) auf S. 336, wenn man T = r und wie dort 1=^1, setzt. Unter der zu einem bestimmten X und T gehörigen Schaar von AblenkungscuiTen (19) des zweiten HauptfaUes und der entsprechenden Schaar von Geschmndigkeitscurven (20) giebt es also stets ein Paar zusammengehöriger Curven, deren Gleichungen durch Eliminh-en der Zeit §. 7. Geschwiudigkeitscurven bezogen auf die Ablenkiuigen im allg. Fall e > «, 343 einen Ausdruck liefern identisch niit dem, welchen gleichfalls diu'ch Eli- miniren der Zeit die Gleichungen der zu einem bestimmten | und r gehörigen AblenkungscmTe und Geschwin- [559] digkeitscurve des ersten Hauptfalles üefern. Es ist jenes Paar das, für welches zur Zeit t = T in (19) und (20) X = 1' 2ab * a — {4oy .smd [(37), (38), (39)]. Wh- woUen dies X und X, zum Unterschiede von dem allgemeinen, 36, de', und die zugehörige Zeit % nennen. 3£ ist > I; soll Curve (38) dm'ch den Gipfel der Ordinate | gehen, so muss % > T sein. Weitere Bemerkungen über das gegenseitige Entsprechen der bezüghchen CuiTen des ersten und zweiten Hauptfalles finden sich oben in der fünften und sechsten Folgerung. Das dortige |, ist hier X genannt. Yon dem so bestimmten Curvenpaare werden sich die ./ des zweiten Hauptfalles, bezogen auf dessen iv, mit den x des ersten Hauptfalles, bezogen auf die gleichen x, für das nämhche | in Eine Constraction zusammenfassen lassen. Zu dieser schreiten mr nun, indem wh' von den übrigen CuiTen des zweiten Hauptfalles, weiche zu der des ersten Haupt- falles nicht in der eben entmckelten, merkwürdigen Beziehung stehen, vorläufig absehen. Um Gleichung (35) auf eine für die Discussiou bequemere Form zu bringen, machen wir die Geraden AA', BB' zu Axen eines schiefen Coordinatensystemes; die Gerade BB' sei die Abscissenaxe, die Gerade AA' die Ordinatenaxe ; die neuen Abscissen eines Punktes x, x der CuiTe (z. B. des Punktes j in der Figur) mögen ß-, die neuen Ordinaten ri heissen. Man hat 1 Wegen der Schwierigkeit, Gleichung (16*) umzukehren, und die Zeit als explicite Function von x darzustellen, lässt sich von der Zeit T nur noch aussagen, dass sie zwischen liege. Dies sind die Werthe für T, die den Gleichungen (23) und (24) der Grenz- curven, zwischen denen die Ablenkungscui-ven des zweiten Hauptfalles verlaufen, für ,r = ,? und X = ^ — — -^ (40) genügen; die Zeiten also, zu welchen die Or- dinaten dieser Curven den Werth | j annehmen. a — 344 XIII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. IL — t»«Ö] a. + .r = * . ^^ <- -J} COS u l>.,- + ,' = „ . '^'" '" -A cos /i Avo a uucl /5 die zu a und «^ als Tangenten gehörigen Winkel bedeuten, und durch Einsetzen dieser Werthe in (35) (i«/rT^ • V ~ \v^vr-^ c^- ' V oder, wenn wir kürzehalber 2rYr (/./l + ay ^ ^ (41)1 (a]/i + ^y setzen, ,/ = C . t9« (42) "Wir haben es also niit einer auf schiefe Coordinaten bezogenen Parabel vom ^-ten Grade zu thun. Sind a und ii ganze Zahlen, [561] so be- stimmen deren Geradheit oder Ungeradheit und das Zeichen von C, in welchem der vier Coordiuatenwinkel Parabelzweige hegen und wie sich diese im Nullpunkte verhalten, ob sie in einander übergehen, eine Spitze bilden, u. s. w. C würde beüäufig in diesem Falle, wegen des geraden Exponenten 2r, auch für ein negatives | positiv sem. Physikahsch hat indess, wie schon bemerkt, ein Zusammenhang der Curven im Nullpunkte 1 Nennt man x, x, »/, S^ die geraden und schiefen Coordinaten eines beliebigen, X, X', R, die eines gegebenen Punktes einer der \ier Cui-ven, so kann man stets setzen ax + x & bx -h x rj ax + X' ~ & O: + Ä" " n' also, da nach (4) ax + x \o. ^ f bx + x' \b I)" = ^ Macht man X = + .?, 2Ü' = 0, so werden H und die schiefen Coordinaten H^, 0% des f -Punktes, in welchem die Cui-ve des ersten Hauptfalles die a'-Axe schneidet (s. bei t in der Figur). Es ist TT T t ^"^ ^ »^s r 1 "t~ (^"^ I cos ß _ ^^' sin (« — ß) ^ ^ cos « «^yi + b' '^^ = «' sinl«--:^^) = 2i^— Dm-ch Einsetzen dieser Werthe in (41a) erhält man gleichfalls (41). (415) §. 7. Geschwindigkeitscurveu bezogen auf die Ablenkungen im allg. Fall a > h. 345 keinen denlv])areu Sinn; auch werden a und ^^ nur ausnahmsweise nicht iiTationale Zahlen sein. Ohne die am Nullpunkte möglichen Singularitäten weiter zu ergründen, schreiben rä Gleichung (42) daher besser folgender- maassen : 6 log ?, = a log ^ + l(jg C (43) iJ^ ist von gleichem Zeichen mit |, und für jeden der beiden Werthe von & kann /; wiederum positiv oder negativ sein ; die Logarithmen sind von den absoluten Werthen der Grössen zu nehmen. So stellt Gleichung (43) für jede der ^ier mögüchen Zeichencombinationen je einen Curven- zweig vor, der sich vom Nullpunkt in's Unendliche erstreckt. Beispielsweise betrachten \rä nun näher das Paar dieser Zweige, welches den beiden Werthen von ?/ für ein positives | und & entspricht. Der bequemeren Discussion halber kehren wir dabei zu der Gestalt der Gleichung zurück, wie sie (42) zeigt. Der erste Differentialquotient ist 1 2r der zweite dij a -dTß-^ b-^' '^'^ U = ^^-'^'^ Welchen endhchen Werth man auch a und h beilege, für & = sind ?; und auch ,^ = 0; die Curven beiiihren also im Nullpunkte die Ge- dir rade BB , entsprechend unserem früheren Ergebniss: für t = -^ QO, x' = — Lf in beiden Hauptfällen [(18), (22)]. Beide Zweige steigen convex gegen die Abscissenaxe vom Nullpunkt- in's Unendliche beziehhch auf- und abwärts, wobei der den positiven -/; entsprechende Zweig den Nullpunkt überschreitet, der [562] den negativen ;; entsprechende auf der positiven Scalenseite bleibt. Die Construction lehrt, dass in der Nähe des Nullpunktes die Krümmung der Curve oberhalb der Geraden BB' eine stärkere ist als unterhalb. Für it = -^ cc werden + ?; und + -y-^ = + 00 ; beide Zweige entfernen sich also immer weiter von der diT Geraden Au4', nehmen aber dabei immer mehr deren Kichtung an, ent- sprechend unserem früheren Ergebniss: für ^ = — ^^7 "7 = — ^ i^ beiden Hauptfällen. Die Gleichung einer Tangente an irgend einem Punkte r,,, &, der Curve, aiü' dieselben schiefen Coordinaten bezogen, lautet «-"■ = M; («--*')' wo H, & die Coordinaten der Punkte der Tangente bedeuten. Setzt 346 XIII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. IL — man für ?;,, l?,, die Coordinaten H^ , 0^ des |-Pimktes [(4U), S. 344 Anm.], so mrd die Grleichung H cos a = 6/ cos /? — |. Dies ist die Gleichung einer Geraden, welche parallel der x'-Axe durch den |-Punkt bei r geht: die Curve des ersten Hauptfalles schneidet folg- lich die .r-Axe senkrecht (vergl. erste Abhandl. S. 300). Es ist gleichgültig, ob man in (41) ij und & mit einer Constanten k, oder ob man | mit -r- multiplicirt : Veränderung von | erzeugt also eine Schaar ähnlicher Curven. Bei gleichem & ist ?; um so kleiner, je grösser |; | = oo macht 7; = für jedes endliche &. Bei wachsendem positivem | schmiegen sich mithin die Curve des ersten und die des zweiten Hauptfalles, jene von oben, diese von unten, vom Nullpunkt her der Geraden BB' auf der positiven Seite an; füi' | = 00 verschmelzen sie im Endlichen mit dieser Geraden. Hinsichtlich der Curve des ersten Hauptfalles entspricht dies Ergebniss unserem früheren Ergebniss: für | = -f- 00, / = — d.v für jedes endüche t (s. oben S. 325; erste Abhandl. S. 300); nur denken wir uns jetzt das unendhche | entstanden durch Ueberschreiten des Null- punktes mit unendhcher GeschAvindigkeit nach Eall aus unendhcher Ferne höherer Ordnung (vergl. oben S. 332). [563] 1 = macht C = 00, also & = für jedes endliche /,; die Cm-ve des ersten Hauptfalles fäUt zusammen mit den Geraden AA' auf der negati^-en und die Curve des zweiten Hauptfalles mit derselben Geraden auf der positiven Scalenseite, und so geht hier beziehhch der erste HauptfaU in den zweiten, oder der zweite in den ersten über. Dies ist das analytische Abbild dessen was man beobachtet, wenn man für £ > n dem Magnet im Augenblicke, wo man ihn aus einer stets gleichen Ablenkung fallen lässt, beziehlich einen immer schwächeren oder immer stärkeren Inductionsstoss ertheilt, so dass zuletzt der Nullpunkt nicht mehr überschritten wird, oder eben anfängt überschritten zu werden. Macht man ,- = 2, so -wird die Curve eine gemeine Parabel, V = ci . &^ welche die T9--Axe im Nullpunkte berührt, deren Axe der 7/-Axe parallel, und deren Parameter ^ sinM^-^) Co ist. Die Curve des zweiten Hauptfalles auf der negativen Seite ist die §. 7. Geschwiudigkeitscm-ven bezogen auf die Ablenkungen im allg. Fall e > n. 347 Fortsetzung der CiiiTe des ersten Hauptfalles auf der positiven Seite und umgekehrt; man hat zwei Parabeln, die einander im Nullpunkte Ijerühren. Da die Tangente am Scheitel der Parabel senkrecht steht auf der Parabelaxe, welche mit der Tangente am negativen Maximum der auf die .r-Axe bezogenen Parabel den Winkel a, mit der Tangente am |-Punkt den Winkel 90^ — a bildet, so fällt der Scheitel weder mit dem einen, noch mit dem anderen dieser beiden Punkte zusammen, sondern liegt zwischen ihnen, um so näher dem Maximum, je grösser, um so näher dem |-Puukte, je kleiner a. Macht man nun noch a = 45", also a = 1, b = ^2' ^^ ^^^8'^ aus den Eigenschaften der Parabel, dass der Scheitel in der Mitte zwischen den beiden Punkten hegt. Die den |-Punkt und das Maximum ver- bindende Gerade geht durch den Brennpunkt F, ihre Länge xt, ist der Parameter t^^^^ 2;> = -i_ = 0,35355. ^ 2> 2 Das Maximum x, ist = — ^4 5 *^^i^ ^^^ der Parabel schneidet die ^-Axe bei x, — ^j^] ,v'q ist = 2 u. s. w. Diese Verhältnisse hegen Fig. 6, und wie schon bemerkt, auch Fig. 4 und 5 zu Grunde (vgl. oben S. 331. 338). Die übrigen Curven des zweiten Hauptfalles sind jetzt noch genauer zu betrachten. Für eine und dieselbe A^orrichtung, d. h. ein und das- selbe a und b entspricht im zweiten Hauptfalle jedem X eine Schaar von Curven der Ablenkungen und eine Schaar von Curven der Geschwin- digkeiten bezogen auf die Zeit. Die einzelnen Curven dieser beiden Schaaren unterscheiden sich durch den Werth von X', welcher zwischen bX und aX schwankt. Da unendlich viele X denkbar sind, giebt es dergestalt unendüchmal unendhch viele Ablenkungs- und Geschwindigkeits- curven des zweiten Hauptfalles bezogen auf die Zeit. Wird aber die Geschwindigkeit auf die Ablenkung bezogen, so hat man nur noch Eine Curvenschaar des zweiten Hauptfalles, welche, mit den sie einschüessen- den Grenzcurven, für alle Werthe von X dieselbe bleibt. Denn da die Bewegung des Magnetes dm"ch bestimmte Geschwindigkeit bei bestimmter Ablenkung eindeutig bestimmt ist, kann durch einen zwischen den Ge- 'raden yiA', BB' gelegenen Punkt, als Gipfel einer Geschwindigkeits- ordinate, auch nur Eine Curve gehen. Je grösser % und je kleiner folghch 33 (s. oben S. 336), um so näher der Geraden BB\ je grösser i8 und je kleiner 3t, um so näher der Geraden AA' verläuft die Curve; für ^ = 2rX, 33 = fällt sie mit BB, für 33 = 2rX, 5t = mit AA' zusammen. Die zu einem bestimmten A" gehörigen Ordinaten ^48 XIII. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. II. — — hX, — A", — aX aber sind jedesmal die nämlichen, die in Fig. 5 bei gleichem Maassstabe zn demsel])en X und zur Zeit T gehören würden (27). Für t r z. B. schwankt in Fig. 5 die Ordinate sämmtlicher Ge- schwindigkeitscurven zwischen x = — ~ und x = — |, während sämmtliche Ablenkungscurven sich im Gipfel der Ordinate + | schneiden (vergl. oben S. 339). Demgemäss sind in Fig. 6 die Ordinaten — «| und — />! der Geraden AA', BB', beziehlich = 1 und = 1/3. Da- gegen schneiden sich in Fig. 5 sämmthche Geschwindigkeitscurven bei f, im Gipfel der Ordinate — -|, während [565] die Ordinate der Ab- lenkungscurven zwischen x = -]- -^ und .i- = + —- schwankt (A-ergl. oben S. 339). In Fig. 6 stellt sich dies so dar, dass die der .r-Axe parallele Gerade x' = Yi ^i^ Gerade AA bei x = + -J, die Bß' bei X = + -|- schneidet. In Fig. 5 würde mit wachsendem | die Steil- heit der Curven wachsen (s. oben S. 338); in Fig. 6 bleiben die Curveu für jedes | die nämlichen, und nur die bezeichneten Schneidepunlvte rücken mit wachsendem | weiter vom Nullpunkte fort. Man vergegenwärtige sich nun die Schaar der durch | unterschiedenen Curven des ersten HauptfaUes. Mit einer jeden von diesen wird eine der durch % und 33 unterschiedenen Curven des zweiten HauptfaUes in der obigen Art gemeinsam construirl)ar sein; und eine einfache Con- struction dient, die so zusammengehörigen Curven beider HauptfäUe zu bestimmen. Diese Construction ist in Fig. 7 in kleinerem Maassstabe besonders vorgeführt, da sie für ein so grosses |, wie es aus anderen Gründen in Fig. 6 nöthig war, zu weite Ausdehnung dieser Figur bedingt hätte, wie denn aus demselben Grunde in Fig. 5 die Darstellung der zu X gehörigen Curven unterbüeben ist. Aus (36) folgt, dass, wenn %', 33' das % und 33 bedeuten, für welches X = de, X' — dl', man stets haben müsse W : 33' :: a : ^. Man ziehe irgendwo eine der /-Axe parallele Gerade diA', und theile die Strecke — {a — ö) de, = BA' im Verhältniss von a : ^ so ein, dass das a entsprechende grössere Stück an A' stosse. Mau hat dann B'C : A'C :: B'X : A'I; die Punkte 3:, H', C, A Hegen harmonisch, und die Geraden OX, 0//, OC, OA sind harmonische Stralüen. Zieht man von C nach r dem §. 7. Gescliwindigkeitscurven bezogen auf die Ablenkungen im allg. Fall s > n. 349 Strahle OA' parallel eine Gerade, so wird diese durch den zugeordneten Strahl OB' in ihre beiden Hälften + ?/ und — ij getheilt. Da OB' die iV-Axe ist, so sind C und r CurvenjDunkte, und der Strahl OC, der zur Gleichuno- hat (40) / _ _ 2«/^ [566] ist der Ort aller Curvenpunlite des zweiten Hauptfalles, deren )} bei gleichem ?9- dem rj des ^-Punktes irgend einer Cune des ersten Hauptfalles gleich und entgegengesetzt ist. ade + 3£' = W ist sicht- lich = «I; /a^ + a^' = — 35' =^ — ^|. In Fig. 7 sind abermals I = 1^ a = 1, /; = ^2 gemacht; demgemäss ist X = 3, X' = 2; die Gleichung des Strahles OC" ist 9 •'■■ = - I "• Da für alle Curven des zweiten Hauptfalles, ausgenommen für die Grenz- cuiTe OjI', am Nullpunkte ;r' = — b.r [(22), (29)], und für alle, aus- genommen für die Grenzcurve B', im ünendhchen — = — a [(21), (23)], so schneiden sämmtüche Curven den Strahl OC Schreibt man Gleichung (36) (/,^ _f- 7p" - {—'s^'Y - (_ /jf • ^'''' so zeigt sich abermals, dass für | = 0, x' = — ax, und für | = oo^ x = — bx wird (vgl. oben S. 346); der Annahme | = genügen aber ferner 3: und 3:' = 0, und der Annahme | = oo genügen 3£ und X' = 00 ; für 1 = also rückt der Schneidepunkt C auf der Geraden OC an den Nullpunkt, für ^ = oc in die Unendlichkeit. §. A7II. Die Curve der Geschwindigkeiten bezogen auf die Ablenkungen im Grenzfall e = n. Denkt man sich den Winkel a — ß immer kleiner bis zum Ver- schwinden, so hört im Augenblicke, wo die Geraden AA', BB' zusammen- fallen, der zweite Hauptfall zu bestehen auf, und von den \ier Cnn^eu- zweigen der Fig. 6 Ijleiben nur die beiden übrig, welche den ersten Hauptfall vorstellten. Auch die Transformation, l)ei der jene Geraden als Axen eines schiefen Coordinatensj^stemes benutzt werden, wird un- möghch. Man kann aber mit ausreichendem Erfolge diese Transformation durch mehrere andere, z. B, durch die in Fig. 8 sichtbare, ersetzen. Hier ist t„ t, r t^ wieder die Curve x = (^ [x) für ein positiveSj. t' t'f^ die für ein negatives |. 350 XIII. lieber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. II. — [567] Die gegenwärtige Constractiou entsteht aus der vorigen, wenn man sich unter der &-Axe jetzt die Gerade denkt, welche mit der .r-Axe den zu e als Tangente gehörigen Winkel w einschhesst, während man in Gedanken die j^-Axe so weit von der i^-Axe fortdreht, dass sie mit der x'-Axe zusammenfällt. Die Richtungen, in denen die ?; und i> wachsen, bleiben dieselben. Ganz wie für ein endüches r die Ausdrücke (9) den Abstand der Curvenpunkte von den Geraden AA', BB' in der Richtung der .^•'-Ase maassen, misst nun ex -{- x deren in derselben Richtung, also auch in der Richtung der ?/-Axe, genommenen Abstand, z. B. des Curvenpunktes l von der Geraden ./ = — £.r. Man hat also ?/ = ex + X, positiv auf der oberen, negativ auf der unteren Seite der i9--Axe. Man hat ferner sx = ^9- sin w. Elimhm-t man die Zeit zwischen den Gleichungen (33) und (34), so erhält man die mit dem Ausdruck auf S. 299 der ersten Abhandlung identische Gleichung sx + X = £^e sx + x^ (44) die lüer die Stelle von (35) vertritt. Indem man in (44) für sx + x', ex die obigen Werthe setzt, kommt ^ • 1 — — sm o» V = e^e V (45) oder & = ^'-^ log i'^'A (46) sm w *' V r, y Avoraus sich das Nöthige ergiebt. Macht mau | negativ, so werden 7; und & negativ; die Gleichung steUt also behebig den einen und den anderen der beiden Curvenzweige vor, Avelche physikalisch nur getrennt Bedeutung haben. Wir verfolgen von diesen Zweigen den oberhalb der xt-kxG gelegeneu. Bei der Discussion ist es diesmal l)equemer, die ?y-Axe als Abscissen-, die «^--Axe als Ordinatenaxe anzusehen. [568] Es ist f =• J- log (Ü dr, sm w ° V ?; d'^d- _ _ 1 _ dij^ 7/ sin CO Am Nullpunkte fällt die Curve zusammen mit der i9--Axe, entsprechend dem obigen Ergebniss: für t = + 00, ^' = — ex. Die Cune steigt dann, concav gegen die ?/-Axe, bis zu chiem Maximum am |-Punkte bei §. 8. Geschwindigkeitscurven bezogen auf die Ablenkungen im Grenzfall f = h. 351 T abwärts, wo r, = £|: da hier ^~ = ist, schneidet die CiuTe die ' * dr, :r-Axe senki-echt (vergl. erste Abhandlimg S. 297). Von hier ab steigt sie ohne Wendepunkt in's Unendhche an. Bei ?; = es^ schneidet sie die /;-Axe; fortan ist ihre Ordinate negativ, und sie selber convex gegen die Abscissenaxe; zuletzt für r, = oo nimmt sie wieder die Eichtimg der r9--Axe an, entsprechend dem obigen Ergebniss: für # = — oo, X X Es ist gleichgültig, ob man in (45) oder (46) /; und & mit einer Constanten k, oder ol) man | mit , multiphcirt: Veränderung von | erzeugt also eine Schaar ähnlicher Curven. Für 1 = schmiegt sich die Curve dem negativen, für | = oo dem positiven Schenkel der i9--Axe an, und im letzteren Fall ist es als sei der Magnet aus unendlicher Feme höherer Ordnung gefallen und habe den Nullpunkt mit unendlicher Geschwindigkeit überschritten. Macht man | negativ, so verlegt man dadui'ch den Vorgang auf die andere Scalenseite, auf der Alles Gesagte symmetrisch ^viederkehrt. In der Figur ist w = 45'', | = 1; das Maximum der Curve 1 2 x = 4) [x) Avird dadurch = , und Hegt bei x = — ; die Ordinate 2 3 des Wendepunktes wird — -^, und hegt bei x = — ^; endlich die Or- dinate x^ ist = e. Die Fig. 24 der ersten Abhandlung entspricht einem Theile dieser Figur, nur dass dort |, statt = 1, = 2 gemacht war. Zusatz von Hrn. Keoneckee zur vorigen Abhandlung. [569] Lässt man den Magnet aus einer positiven Ablenkung j ohne Dämpfung fallen, bis er eine Ablenkung: ^ . cos v erreicht, und erst an dieser Stelle die Dämpfung eintreten, was sich durch Schüessen eines Gewindes bewerkstelhgen liesse, so kann man für die weitere Bewegung des Magnetes die Grössen 5 und v als Constanten einführen. Hiemach erhält man, wenn der XuUpunkt der Zeit an den Eintritt der Dämpfung und yb = ya . tg u {0 < u < V4 ^) gesetzt wh'd, Ablenkimg und Geschwindigkeit durch folgende Gleichungen bestimmt : , , ^ ., cos (>' + v) ,, . , sin (u — v) ' ' sm z< ' ^ ' ^ cos u oder: 352 Xni. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. IT. ,v — COS 2 u = cos u . cos {u + v) . 6—*' — sin u . sin {u — v) e- "' — — cos 2z< = sin u . cos (u 4- v) . e— '"' — cos u . sin (u — v) e-"^. Für t = wird: .r = j cos y, .r' = — n^ sin u a.v + d/ _ cos u cos (?i 4- ü) cij'' + .'■" _ sin u cos (?/ + r) l/.v -j~ x sin ?< sin [u — vf hx + x" . cos ?^ sin {u — v)' Der Ausdruck -. — -~ ~ diircliläiift . wenn v von bis u oeht, alle sm (/< — ?;) Werthe von cot u bis + oo, hierauf (während v von u bis rr wächst) stetig zunehmend alle Werthe von — oo bis cot u. Liegt v zwischen und u oder zwischen ~-y — u und tt, so findet der erste Hauptfall statt, der zweite aber, sobald v zwischen n und -^ — u hegt. So lange v <^ -^ — u ist, d. h. so lange die Dämpfung bei einer ¥. Ablenkung eintritt, welche nicht kleiner als i . sin u oder i\/ ^ ist, überschreitet der Magnet nicht seiue Euhelage x = 0, sondern nähert sich derselben asymptotisch von der positiven Seite [570] her. Wenn aber v zwischen -^ — u und — hegt und demgemäss die Ablenkung bei Ein- tritt der Dämpfung positiv und kleiner als j: . sin u ist, so überschreitet der Magnet die Ruhelage, kehrt l3ei der negativen Ablenkung: a _&_ ■ ' _ /_ cos (?,_+__^)\2. / sin 71 yr ^^ ' \ cos K. I Vsin (ü. — v)i um und nähert sich alsdann von der negativen Seite her wiederum der Ruhelage. Wenn endhch v zwischen -^ und .t hegt, die Dämpfung also erst bei einer negativen Ablenkung beginnt, so bewegt sich der Magnet im Sinne wachsender negativer Ablenkungen weiter bis zu dem dm'ch den Ausdruck (A) gegebenen Maximum, kehrt alsdann um und erreicht schhess- üch von der negativen Seite her seine Ruhelage. Der Werth x = Q wird TT also für positive endliche Werthe von t nur erreicht, wenn -^ u < v 71 ,71 < -^ ist, der Werth x — 0, wenn -^ — n <^ v <. tx. ist. XIV. lieber aperiodische Bewegnng gedämpfter Magnete. Dritte Abhandlung. (Gelesen in der Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 17. November 1873.) i §. I. W. Siemens' aperiodische Magnete ohne Astasiruug. Bei Besprechung der experimentellen Bedingungen, unter denen die Bewegung gedämpfter Magnete aperiodisch wird, sagte ich in der ersten Abhandlung über diesen Gegenstand: „Eine andere Art, unter übrigens „gleichen Umständen r = oder reell zu machen, wäre Verkleinerung „des Trägheitsmomentes M. Es liegt in der Natur der Dinge, dass „man, ohne besondere Einrichtungen, diese nicht stetig und nicht am „sonst fertigen Apparate Yornehmen kann. Aber je kleiner M, je dünner „z. B. bei sonst gleicher Gestalt ein Magnetspiegel ist, bei um so ge- „ringerer Astasie -wird seine Bewegung aperiodisch.""^ Seitdem dachte ich oft daran, ob es nicht gehngen würde, durch Verkleinerung des Trägheitsmomentes allein, ohne Astasirung des Magnetes, dessen Be- wegung aperiodisch zu machen. Ich ging damit um, Magnete aus dünnstem Stahlblech in silbernen Dämpfern aufzuliängen, wobei nur die Schwierigkeit war, dass solche Spiegel im Fernrohr kein Bild geben, während Verbindung auch mit dem leichtesten Glasspiegel das Trägheits- moment wieder zu sehr vergrössert. ^ Inzwischen ist diese Aufgabe durch meinen Freund Hrn. Dr. W. Siemens in einer Weise gelöst worden, die um so sinnreicher erscheint, je fremdartiger beim ersten Anbücke die Lösung sich darstellt. Hr. Siemens hat ohne Astasirung aperiodisch sich bewegende Magnete zu Stande gebracht, welche, obschon auf Verkleinerung des Trägheits- 1 Monatsberichte der Akademie u. s. w. 1873. S. 748. 2 S. oben S. 309. 3 Archives des Sciences physiques et naturelles. P. N. t. XLV. 1872. p. 92. E. du Bois-Reymoud, Ges. Abb. I. 23 354 XIV. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. III. — momentes Rücksicht genommen ist, doch kräftig genug sind, um sie ohne Schaden mit einem Glasspiegel verbinden zu können. Er hat die Güte gehabt, mir zu gestatten, .diese Construction in seinem Namen der Akademie mitzutheilen. [749] Fis:. 26. Man sieht sie in Fig. 26 in halber uatürücher Grösse dargestellt. KK, ist im Durchschnitt gezeichnet eine Kupferkugel, in der eine cyhndrische Höhlung h h, ausgebohrt ist, deren Axe mit dem senki-echten Durchmesser der Kugel und der Drehaxe des darin versenkten Magnetes zusammenfällt. Von letzterem macht man sich am besten einen Begriff, wenn man sich denkt, dass durch einen Fingerhut oder eine Glocke aus Stahl zwei einander und der Axe parallele Schnitte in gleichem Abstände von dieser geführt seien. Es bleibt ein Bügel übrig, den die Haupt- figur in einem jenen beiden Schnitten parallel durch die Axe gelegten Dm'chschnitt, die Nebenfigur in einer senkrecht auf die erste genommenen Ansicht, sowie im Grundriss von unten gesehen, zeigt. Im ^Mittelpunkte seiner Wölbung trägt der Bügel in der Verlängerung seiner Axe einen Stiel, mittels dessen er in die cyhndrische Höhlung des Dämpfers centrisch herabhängt, und an dem oben der Spiegel befestigt ist. Magnetisch gesprochen stellt der Spiegel ein Hufeisen vor, dessen Pole in den Schenkeln iV, S einander gegenüber hegen. Hr. Siemens nennt solche Magnete G 1 o c k e n m a g n e t e. ^ 1 In anderem Sinne wohlbemerkt, als Hr. Wiedemann diesen Ausdi-uck braucht (Die Lehre vom Galvanismus und Elektromagnetismus. 2. Aufl. Bd. II. Braunschweig 1873. S. 483. §. 423). — Nachricht von den SiEMENs'schen Glocken- §. 1. Siemens' aperiodische Magnete ohne Astasirung. 355 [750] Durch diese Auurdmmg- wd erreicht: 1. wegen der Hufeiseu- form hohe Intensität der Magnetisirung ; 2. verhältnissniässig geringes Trägheitsmoment; 3. grosse Annäherung der Pole an die dämpfende Metalhnasse ; 4. Unabhängigkeit der Dämpfung von der Ablenkung. Diese Umstände haben zur Folge, dass nicht allein der Magnet •ohne Astasirung aperiodisch sich bewegt, sondern dass sogar e erheblich > w ist. Um den aus bekannten Gründen vortheilhaften Grenzzustand i =^ 71 zu erreichen, muss man entweder den ÜAUY'schen Stab in um- gekehrtem Sinn anwenden, oder den Magnet ein Stück aus dem Dämpfer heraushelfen. Die SiEMENs'sche Anordnung verwirkhcht also noch treuer als die meinige die ursprüngüche GAUss'sche Conception. Ihre Empfind- lichkeit, wenn der Glockenmagnet als Galvanometernadel verwendet wrd, lässt nichts zu Auinschen übrig. Die Stabihtät l)ei Erschütterungen durch vorüberfahi'ende Wagen u. d. m. ist ausserordentüch gross. Die Beruhigungszeit des Glockenmagnetes ist nicht bloss in Betracht seiner Masse, sondern auch absolut genommen sehr klein, noch kleiner nämhch als die meines leichten Spiegels I, ^ da sie an einem von nur geprüften Exemplare, bei Fall von den Grenzen der freilich einen sehr kleinen Winkel umfassenden Scale, nur etwa 3" betrug. ■§. n. Verschiedenes Verhalten aperiodischer Magnete bei teleskopischer und bei makroskopischer Ablenkung. Die von Gauss aufgestellte Differentialgleichung der Bewegung ge- dämpfter Magnete setzt voraus, dass die den Magnet nach seiner Kuhe- lage bei p treibende ßichtkraft der Ablenkung x — p proportional wachse. Die diesem hypothetischen Gesetze gehorchende Kraft heisse t»; setzen Avii- wie früher p = 0, und nennen das Trägheitsmoment M, so haben wir nach der von Gauss eingeführten Bezeichnungsweise ^ [751] V = Mn- . X. In Wirkhchkeit aljer wächst die Richtki-aft mcht der Ablenkung proportional, sondern deren Sinus. Diese wirkhche ßichtkraft heisse y\ man hat y = M «- . sin a; . magneten findet sich schon in: Zetzsche, Kurze Mittheilungen über die in Wien 1873 von Siemens und Halske ausgestellten neuen Telegraphen -Apparate. In Schlömilch's, Kahl's und Cantor's Zeitschiift für Mathematik und Physik. 1873. S. 427. 1 S. oben S. 309. 2 Hier und S. 359 ist ein Versehen des Originals berichtigt. 23* 356 XIV. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abb. III. — Au Stelle der durch diese Gleichuug vorgestellteu Siuuscurve setzt alsa die Theorie eiue Gerade, uänihch die au die Siuuscune im Xiülpuukte gelegte Taugente, demi diese hat zur Gleichuug V = il/w^ . X. Da die Siuuscurve concav gegeu die Ahscissenaxe ist, erhebt sich die Gerade vom Nullijuukt aus über sie fort; für x = 90° beträgt der Unterschied der Ordinateu beider Curven Mii^. i— 1 1; für x =-- ISC, Mn^ . n. S. die Curve y und die Gerade Oy in Fig. 27, in welcher M n^ = 2/g gesetzt ist. Im Folgenden soll vom verschiedenen Verhalten solcher Ableukimgen die Rede sein, für welche die Voraussetzungen der Ditfereutialgleichuug annähernd erfüllt sind, uud solcher, auf welche diese Voraussetzungen nicht mehr passen. Da erstere im Bereiche der Scale bleiben und mit dem Fernrohr abgelesen werden, letztere darüber hinausgehen und mit unbewaffnetem Auge wahrnehmbar sind, nenne ich jene teleskopische, diese makroskopische Ablenkungen. Nach Obigem ist klar, dass, wenn der Magnet aus makroskopischer Ablenkung fallt, an jedem Punkte seiner Bahn, bis in die Xähe des Nullpunktes, eine merklich kleinere Kraft auf ihn wirkt, als die Theorie annimmt, uud dass folgüch seine Geschwindigkeit eiue kleinere sein ^vird, als die Theorie verlangt. Die Dämpfung ändert liieran nichts, da sie die Geschwindigkeit nur verkleinert. Unter den Voraussetzungen der Differentialgleichung, und für s = ?/, würde, wie ich gezeigt habe, der Magnet auch mit der Geschwindigkeit, mit der er aus dem Uuendhchen fiele, den Nullpunkt nicht überschreiten. Ist £ > n, so muss, damit der Nullpunkt überschritten werde, die Ge- schwindigkeit des Magnetes jene Geschwindigkeit bei der Ablenkimg | sogar noch um 2r| übertreffen. Um me viel weniger wüd in beiden Fällen zum Ueberschreiten des Nullpunktes die ungleich kleinere Ge- schwindigkeit [752] genügen, die der Magnet in "Wirkhchkeit erlaugt, wenn er aus mögüchst grosser Ablenkuug, von 180°, fällt. Wie gross auch hier der Abstand zwischen theoretischer Voraussetzung und Wirk- lichkeit sei, diese Folgerung aus der Difiereutialgieichung, sollte man meinen, muss, w^eil gleichsam a fortiori bewiesen, in Wirklichkeit den- noch zutreffen. Stellt man aber den Versuch mit Magnetspiegel uud Dämpfer der WiEDEMAMj'schen Bussole an, indem man der Bequemlichkeit halber den Spiegel sogar nur aus der Ablenkung von noch nicht ganz 90° fallen lässt, in der ein ki-äftiger Strom ihn hält, so ist wenigstens bei e = n, oder nur massig > n, der Erfolg nicht der erwartete , sondern §. 2. Aper. Magnete bei tele- und bei makroskopischer Alilenkung. 357 der Xullpuiikt ^^ird mehr oder minder, bei e = 71 an meinen Vor- richtungen um etwa 60 ä<=, überschritten. Der Grund hegt auf der Hand. Zwischen den A'oraussetzungen der Differentialgleichung und der Wirkhchkeit findet hier noch ein Unterscliied statt. Die Differential- gleichung setzt voraus, dass e constant sei. Wegen der Form unseres Dämpfers ist jedoch in Wirldichkeit e eine periodische Function von x, TT Stz die für x = 0, x = 71, . . . Maxima, für x = _ , x = — , . . . sehr tief hegende Maxima hat. Der Magnet kommt also in der Gegend, wo die Voraussetzungen der Diäerentialgieichung merkhch erfüllt sind, mit einer Geschwindigkeit an, welche die ol)en angegebene Grenze über- steigt. Um bei Fall des Magnetes aus so hoher Ablenkung ihn dem KuUpunkt asymptotisch sich nähern zu sehen, muss man daher durch Annähern des HAUY'schen Stabes n^ verkleinern. Nicht bloss nimmt da- durch die Geschwindigkeit ab, welche der Spiegel in der Strecke seiner Bahn erhält, wo die Dämpfung gering ist, sondern es wächst auch die Grösse 2r|, um welche die Geschwindigkeit des Spiegels die durch Fall aus dem Unendüchen eiTeichbare Geschwindigkeit l)ei | übertreffen muss, damit der Nullpunkt überschritten werde. Soweit war, im Wesentlichen, die Untersuchung früher schon ge- diehen. ^ Da es aljer hier nicht mehr um teleskopische Ablenkungen sich handelt, so ist weder mehr Möghchkeit, noch Nothwendigkeit da, den Ausschlag selber mit Spiegel, Fernrohr und Scale zu beobachten. Viel- mehr ist die Beobachtung in der Nähe, [753] am Magnete selber, mit unbewaffnetem Auge vorzunehmen, mit einem Wort, aus einer tele- skopischen in eine makroskopische zu verwandeln. Dies hatte ich damals versäumt. Seitdem habe ich darin ein für Demonstration des aperio- dischen Zustandes recht vortheilhaftes Verfahren erkannt, welches ül)er- dies zu einer lehrreichen Wahrnehmung führt. Es zeigte sich, dass zwar erwähntermaasseu durch Annäherung des HAUY'schen Stabes ein Punkt erreicht wird, wo beim Oefliien des Stromes der Magnet von 90 '^ asymptotisch dem Nullpunkte sich nähert — bei- läufig ein wunderbarer Anbhck — ; dass aber beim Schüessen des Stromes der Magnet nicht ebenso auf 90" sich einstellt, sondern erst nach ziemUch heftigen Schmngungen zur Ruhe kommt. Bei kleineren makroskopischen Ablenkungen mvd die neue Ruhelage nur mehr oder minder überschritten. Vollends bei e = n findet das Gleiche statt. Dies ist, nur stärker ausgeprägt, sichthch diesell)e Erscheinung, die ich bei teleskopischer Beobachtung schon fiüher spurweise wahrnahm. Ich 1 S. oben S. 307. 308. 358 XIV. lieber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abli. III. — fand, dass, wenn e = n und die teleskopische Ablenkung gross ist, der Magnet sie um 2 — 3 ^^ überschreitet, obschon er von ihr herabfallend asymptotisch dem Nullpunkte sich nähert. Ich brachte dies in Ver- bindung mit dem Ueberschreiten des Nullpunktes bei Fall aus makro- skopischer Ablenkung und leitete beides von der Form des Dämpfers her. Doch erwähnte ich nebenher die Möglichkeit, dass das Ueberschreiten grösserer teleskopischer Ablenkungen auf nicht zu beseitigender Unbe- ständigkeit auch der besten Ketten beruhe.^ Auf unsere gegenwärtige, makroskopische Beobachtung würde diese Erklärung nicht mehr passen, aber auch die Form des Dämpfers ist nicht der wesentliche Grund der scheinbaren Abweichung, wie sich jetzt leicht ergiebt. Hm. Siemens' Glockenmagnet in seiner cyündrischen Höhlung ^ bietet nämlich Gelegenheit, diese Frage zu entscheiden. Hier ist die Dämpfung von der Ablenkimg unabhängig. [754] Wenn also das Ueberschreiten des Nullpunktes bei Fall von 90° an der WiEDEMANN'schen Bussole, und für s = n, von Abnahme der Dämpfung mit wachsender Ablenkung herrührt, so muss es an der SiEMENs'schen Anordnung nicht eintreten. Wirklich geschieht es in so geringem Maasse, dass man es füglich auf die Schwierigkeit zurückführen kann, durch Fallversuche aus teleskopischen Ablenkungen e genau = n zu machen. Wenn zweitens das an der WiEDEiVL\XN'schen Bussole für e = ii bemerkbare Ueberschreiten grosser teleskopischer Ablenkungen auf dem- selben Gnmde beruht, so muss auch dies an der SiEMENs'schen An- ordnung fortfallen. Zu meiner Ueberraschung fuhr aber trotz der be- ständigen Dämpfung diese Abweichung fort sich kimdzugeben, und jetzt scheint dafür nur die andere von mir gegebene Erklärung übrig zu bleiben, dass sie von Unbeständigkeit der Kette herrühre. Diese Er- klärung erweist sich indess bei näherer Ueberlegung als unhaltbar. Die grossen teleskopischen Ablenkungen, bei denen das Ueberschreiten statt- fand, waren durch einen vom Compensator abgeleiteten Stromzweig er- zeugt. ^ Das Schliessen des Bussolkreises kann keine merldiche Ver- stärkung des Hauptstromes und demgemäss der Polarisation im Haupt- kreise bewirken. An Erwärmung des Bussolkreises ist schwerlich zu 1 S. oben S. 313. 2 Es wird natürlich nur von sehr geringem Einfluss sein, ob die cylindrische Höhlung in einer Kugel oder in einer sonstwie gestalteten Kupfermasse ausgebohrt ist, wofern nur diese nach allen Richtungen um einen gewissen Betrag aus- gedehnt ist. 3 S. oben S. 307. §. 2. Aper, Magnete bei tele- und bei makroskopischer Ablenkung. 359 denken. Es niuss für das Ueberschreiten eine andere Ursache geben, und man könnte geneigt sein, sie in Vergrösserung von n? in Folge temporärer Magnetisirung durch den Strom zu suchen, nur dass es wieder kaum giaubhch ist, dass diese schon bei teleskopischen Ablenkungen von Einfluss werde. Hrn. Poggendorff's doppelsinnige Ablenkung^ zeigt wohl, dass schon nahe dem Nullpunkte temporäre Magnetisirung stattfindet, allein durch Ströme, welche die Nadel senkrecht auf die Windungen stellen. In der That ergiebt sich für das Ueberschreiten noch ein anderer Gnmd. Wenn nun nämlich drittens die starken Schwingungen, die an der WiEDEMAJsrN'scheu Bussole sogar für e > n der auf 90° abgelenkte Spiegel zeigt, dadurch entstehen, dass an dieser Bussole bei 90° die Dämpfung vergleichsweise sehr gering ist, so müs- [755] sen bei der SiEMENs'schen Anordnung die Schwingungen auf dem 90 "-Punkt aus- bleiben, um so mehr, als zur Dämpfung durch den Dämpfer jetzt noch die durch das Multipücator-Gewinde tritt. Allein auch hierin sah ich mich getäuscht. Jene Schwingungen bestehen trotz der beständig bleibenden, ja wachsenden Dämpfung fort. Auch sie haben also, wenigstens in der Hauptsache, mit der Abnahme der Dämpfung an der WiEDEMAJNN'schen Bussole nichts zu schaffen. Vielmehr beruhen sie, zugleich mit dem Ueberschreiten grosser teleskopischer Ablenkungen, auf folgendem naheüegenden, bisher von mir übersehenen Umstände. In Fig. 27 stellen die Ordinaten der Curven (~)l, ( y ) ^i , ( y ) ^2 > ( — ) /^ für verschiedene Stromstärken /, I^, ... die ablenkende Kraft z, ^j , .... des Stromes an jedem Punkte des zur Abscissenaxe ent- wickelten Quadranten vor. Gemäss unseren früheren Bezeichnungen ^ hat man z = Mk . cos X, z^ — M\ . cos X, . . . Die Ordinaten der Cosinuscurven und die der Sinuscurve ?/ = Mn^ . sin x [756] (s. oben S. 355), obschon auf derselben Seite der Abscissenaxe aufgetragen, sind entgegengesetzten Zeichens, wie selbstverständlich auch jenseit des Nullpunktes die Ordinaten der Sinuscurve, jenseit des 90°- Punktes die der Cosinuscurven das Zeichen wechseln. Der Schneide- punkt einer Cosinuscurve mit der Sinuscurve entspricht der jedesmaligen Ruhelage des abgelenkten Magnetes |, f^, I2 in der Figur. Für sehr kleine Stromstärken liegt der Schneidepunkt dem Null- punkte sehr nahe. In der Nähe des Nullpunktes aber fällt die Sinus- 1 Poggendoeff's Annalen u. s. w. 1838, Bd. XLV. S. 353. 2 S. oben S. 303. 360 XIV. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh, III. — curve merklich zusammen mit ihrer Tangente am Nullpunkte v (s. oben S. 355), die Cosinuscurve mit der der Abscissenaxe parallelen Tangente an ihrem Maximum im Nullpunkte /' / 1, (s. die Figur). Das Dreieck /, I stellt somit den Inbegrifif der von | bis bei offener Kette auf den Magnet wkenden Kichtkräfte vor. Wir wollen dies Dreieck E nennen. Zieht man E vom Rechtecke / /, | ab, so bleibt ein mit E congraentes Dreieck 0/7, übrig, welches den Inbegriff der von nach 1 l)ei geschlossener Kette auf den Magnet wirkenden ablenkenden Kräfte vorstellt. Dies Dreieck heisse A. Wegen der Congruenz der Dreiecke E und Ä fällt unter diesen Umständen bei Schhessung der Kette der Fig. 27. Magnet vom Nullpunlvte dem Punkte | nach demselben Gesetze zu, nach welchem er hei deren Oeffnimg vom Punkte | dem Nullpunkte zu fällt. In beiden Fällen ist bei gleicher Entfernung vom Ausgangspunkte die Geschwindigkeit dieselbe, nm- der Sinn der Bewegung ist unigekehi-t, und für s = n findet daher ebensowenig Ueberschreiten der neuen Kuhelage wie des Nullpunktes statt. Unsere Construction lehrt so das- selbe wie Gleichung XXXYII der ersten Abhandlung. Ertheilen wir, im Gegensatze zum Vorigen, dem Strome solche Stärke, dass er den Magnet dem 90 "-Punkte nahe in der Ablenkung 1, hält. An Stelle des Dreieckes E tritt der Flächenraum 0//'|^, an Stelle des Dreieckes A der Flächenraum OI^i/', der in der Figur nicht Platz hat. Jener heisse Fr, dieser F^. Es springt in die Augen, dass Fj^ §. 2. Aper. Magnete bei tele- und bei makroskopischer Ablenkung. 361 Fr um eine imgeheure Grösse übertrifft, welche für den 90^ -Punkt selber unendlich wird. In gleicher Entfernung vom Ausgangspunkte wirkt also bei Ablenkung des Magnetes stets eine grössere Kraft auf ihn, als bei seinem Falle dem Nullpunkte zu. Unter dem Einflüsse der durch Fa dargestellten ablenkenden Kräfte wird daher der Magnet eine gros- [757] sere Geschwindigkeit erlangen, als die, welche ihm die durch Fr vorgestellten ßichtkräfte ertheilen. Er wird nicht allein die neue Kuhelage überschreiten, sondern, wie leicht sich zeigen lässt, auch -um diese Lage schwingen. In der Nähe des 90° -Punktes kann man nämüch die Sinuscurve ebenso durch die der Abscissenaxe parallele Tangente y y y, an ihrem Maximum ersetzen, wie in der Nähe des Nullpunktes die Cosinuscurve. Die Cosinuscurve dagegen fäUt nahe dem 90*'- Punkt in langer Strecke mit ihrer Tangente an jenem Punkte merklich zusammen. Es gilt daher hier für den unter dem vereinten Einflüsse der Erdkraft, des Stromes und der Dämpfung sich bewegenden Magnet dieselbe Differential- gleichung, ^\ie die auf S. 303 der ersten Abhandlung für den auf dem Nullpunkt unter denselben Einflüssen sich bewegenden Magnet auf- gestellte, nur dass jetzt x den Abstand vom 90 "-Punkte bedeutet, und dass k und w^ die Plätze vertauscht haben, folglich £ >_ Y^k Bedingung des aperiodischen Zustandes ist. Dieser Zustand kann aber hier nie er- reicht werden. Annähern des HAur'schen Stabes veimindert die, n^ pro- portionale Steilheit der Sinuscurve: Oy sei die Curve, für die s = n, oder ihre Steilheit die, für die eben Sch^vingungslosigkeit beginnt. Man braucht nur diese Steilheit mit der, k propoi-tionaleu Steilheit der Cosinus- curve ( Y ) -^2 ™ vergleichen, um zu sehen, dass der Natur der Dinge nach unter diesen Umständen Y^ stets viel grösser als 7i, folghch als s ist, und also der Magnet um die neue dem 90 "-Punkte nahe Ruhelage schwingen muss. Weiteres Annähern des HAUY'scheri Stabes vermag über diese Schwingungen nichts. Denn der Magnet vollzieht sie nicht mehr unter dem Einflüsse der auf beiden Seiten der Kuhelage in gleichem Sinne -wirkenden Erdkraft, sondern unter dem Einflüsse der ihn von beiden Seiten nach dem 90 "-Punkt hin treibenden Stromkraft. Uebrigens versteht es sich von selbst, dass, wenn auch die Schwin- gungen auf dem 90 "-Punkte der WiEDEMAJsT^'schen Bussole nicht allein den zuerst von mir gemuthmaassten Ursprung hal)en, sie doch dadurch begünstigt werden, dass e dort ein Minimum hat, daher sie auch, soweit ein Vergleich möghch ist, an der WiEDEMAisTsr'schen Bussole stärker er- scheinen, als bei der SiEMENs'schen Anordnung. Lassen wir die Stromstärke abnehmen, so sinkt zwar der Unterschied 362 XIV. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. UI. — Fa — Fji^ in aller Strenge Null Avird er aber erst für die [758] Strom- stärke Null, wo die Flächenräume F^i Fr beziehlich in die congi-uenten Dreiecke A, R übergehen. Jener Unterschied besteht also, wenn auch in abnehmender Grösse, noch für kleinere makroskopische und gi-össere teleskopische Ablenkungen. Um zu begreifen, dass für £ = w auch im letzteren Falle daraus noch Ueberschreiten der neuen Gleichgewichtslage hervorgehe, muss man Folgendes erwägen. In der ersten Abhandlung zeigt Fig. 24 auf S. 298 die Curven, die, für e = n, die Geschwindigkeit x vorstellen, mit welcher der Magnet von verschiedenem | fallend dem Nullpunkte sich nähert. Diese Curven sind einander ähnhch; am Nullpunkte verschmilzt ihre Schaar mit der Geraden x = — ex, welche die Geschwindigkeit bei Fall aus dem Unendüchen vorstellt. Erhält bei irgend einem | der Magnet eine grössere Geschwindigkeit, als die, mit welcher er dort aus dem Unendüchen anlangen würde, also absolut > £ I , so überschreitet er den Nullpunkt (s. oben S. 355). Fällt der Magnet von | aus, so muss ihm also, damit er den Nullpunkt über- schreite, gleich anfangs bei | durch einen Stoss eine Geschwindigkeit > £| ertheilt werden. Ist aber der fallende Magnet dem Nullpunkte schon sehr nahe, so reicht die kleinste Beschleunigung aus, um ihn ein wenig über den Nullpunkt fortzutreiben: weil er nämhch, er komme aus Ferne oder Nähe, hier stets schon die Grenzgeschwindigkeit x ■= — £ | hat. Bei kleinen teleskopischen Ablenkungen, und für e = n, ist die Curve der Geschwindigkeit, mit welcher der Magnet seiner neuen Ruhe- lage zueilt, das seithche Spiegelbild der Cur^'e der Geschwindigkeit, mit welcher er von | fallend dem Nullpunkte sich nähert. Der Magnet nähert sich also der neuen Euhelage, als käme er aus dem Unendlichen, und die kleinste in ihrer Nähe ihm ertheilte Beschleunigung würde ilm über jene Lage hinaustreiben. Bei grösseren teleskopischen Ablenkungen kommt nun in diesem Sinne in Betracht, dass, wie wir sahen, die ablenkende Kraft Ordinate um Ordinate bereits etwas grösser ist als die Richtki-aft. Letztere ist so abgemessen, dass eben der Nullpunkt nicht mehr überschritten Avird, also der Magnet ihn erreicht, als käme er aus dem Unendüchen. Ebenso würde er die neue Ruhelage erreichen, wenn die Flächenräume Fa und Fr genaue Spiegelbüder wären. Der Ueberschuss der Ordinateu der ablenkenden Kraft über cüe der [759] Richtkraft wirkt aber als Beschleunigung, welche den Magnet etwas über die neue Ruhelage hinausführt. Für s > n, und für kleinere makroskopische Ablenkungen lassen nach dem Gesagten die beschriebenen Erscheinungen sich leicht ableiten. §. 2. Aper. Maguete bei tele- uud bei makroskopischer Ablenkung. 363 §. m. Von der besten Art, den HAUY'schen Stab anzubringen. Die Art, den HAUY'schen Stab anzu])ringen, wurde ausführlich noch nie erörtert. Hr. IVIeissner und Hi*. JMeyeestein brachten an ihrem Elektro-Galvanonieter nach Hrn. Wilh. Weber's Vorgange den Stab mit seinem IMittelpunkte senki-echt über dem des schwingenden Magnetes an. Sie zerlegten ihn überdies in einen stärkeren, unverrückt in grösserer Ferne bleibenden, und einen schwächeren verschiebbaren Stab. Diese Einrichtung bezweckte, die sehr feine Verstellbarkeit im Azimuth un- nöthig zu machen, deren der stärkere Stab bedarf, wenn nur er da ist.^ Ich habe bei früherer Gelegenheit diesen Kunstgriff gelobt, ^ glaube aber jetzt, dass derselbe Zweck besser eiTeicht wird, indem man einen recht ki-äftigen Stab aus entsprechend grosser Ferne wirken lässt. Dabei bleibt die Proportionalität der Kichtkraft mit kleinen Ablenkimgen sicher ge- wahrt. Dass dies bei Meissner's und ]\lEYEESTEm's Anordnung in gleichem Maasse der Fall sei, wäre erst noch zu beweisen. Sobald aber diese Anordnung nicht unbedingt Nutzen bringt, erscheint sie als nicht zu bilügende Verwickelung. Die Stellung des Stabes senkrecht über dem Magnet hat den Fehler, dass der Stab mit der Aufhängung des Magnetes zusammentrifft, woraus allerlei Schmerigkeiten entspringen. Ich brachte deshalb den Stab senk- recht unter dem Magnet an,-^ indem ich ihn [760] an einer vom Grund- brett der Bussole herabsteigenden Leiste verschiebbar machte. Auch diese Anordnung hat ihre Nachtheile. Das Consol muss durchbohrt seni, um die Leiste durchzulassen, und man kann die Bussole nicht aus der Hand setzen, wo nicht, wie etwa zwischen zwei Tischen, Raum für die abwärts sich erstreckende Leiste ist. Aber noch eine andere Rücksicht macht sich hier geltend. Ist ein- mal die Entfernung des Stabes gefunden, für die w = £ ist, so hat man lange Zeit daran nichts zu ändern. Zwar mirde bei genauer Beobachtung die tägüche Variation der Intensität sich in einer Schwankung jenes Ab- standes aussprechen, unter den gewöhnlichen Umständen ist indess ihr Einfluss verschwindend. Noch weniger kann Aenderung eines Abstandes des Stabes nöthig werden, für den n < e. Dagegen an der Stellung des Stabes im Azimuth hat man fortwährend zu ändern, weil wegen der 1 Henle's und Pfeufer's Zeitschrift für- rationelle Medicin. 3. K. 1861 Bd. XI. S. 194. — Poggendorff's Annalen u. s. w. 1861. Bd. CXIV. S. 132. 2 S. oben-S. 156. 3 S. die schematische Figur oben S. 314. 364 XIV. Ueber aperiodische Bewegung gedämi)fter Magnete. — Abh. III. — täglichen Scliwankuiig der Declination Nullstrich der Scale und Faden nur zu bestimmter Tageszeit sich declven. Diese Störung wird um so bedeutender, je kleiner n, also je mehr « n übertrifft. Innerhalb ge\\isser Grenzen hilft man sich durch Verschieben der Scale, ^ doch kommt, wenigstens bei meinen Vorrichtungen, ein Punkt, wo dies nicht mehr geht, und wo nichts übrig bleibt, als durch Drehung des Stabes im Azimuth mittels der dazu bestimmten Mikrometerschraube den Spiegel wieder senkrecht auf die durch den Nullstrich der Scale gehende optische Axe des Fernrohres zu stellen. Es empfiehlt sich überhaupt, jedesmal bei Beginn der Arbeit diesen Zustand herbeizuführen. Ohne Hülfe ist dies ein sehr miihsehges Geschäft. Man muss zwischen Fernrohr und Bussole vielleicht zehnmal hin- und hergehen, um seinen Zweck doch minder vollkommen zu erreichen, als wenn man vom Fernrohr aus den Stab bewegen könnte. Ich habe daher die Einrichtung getroffen, dass die Stellung des Stabes im Azimuth vom Sitzplatz am Fernrohr aus durch einen Schnur- lauf beherrscht wird, der mittelbar den Kopf der Mikrometerschraube dreht. Es würde nun natürhch nicht angehen, den Zug des Schnurlaufes auf einen langen, mit der Bussole selber verbundenen Hebel wirken zu lassen, wie die den Stab tragende Leiste [761] ihn vorstellt. Man würde die Bussole erschüttern, vielleicht sie von der Stelle rücken. Ich trennte deshalb die den Stab tragende Leiste von der Bussole, und befestigte sie am Consol. Es fehlt in der That an jedem Grunde dafür, den Stab mit der Bussole zu verbinden. Was aber die Stellung des Stabes zum Magnete betriffti, so zeigt folgende Betrachtung, dass auch hierin die frühere Einrichtung verfehlt war. Jede für den HAuy'schen Stab passende Lage nuiss dreierlei leisten: der Stab muss die Eichtkraft des Magnetes um den nöthigen Betrag vermindern, 2 dabei aber die mittlere Dechnation, und, wenigstens bei kleinen Ablenkungen, das Gesetz, wonach die Richtla-aft mit der Ab- lenkung wächst, unverändert lassen. AUe diese Lagen kommen darin überein, dass der Stab im magnetischen Meridiane sich befindet; übrigens zerfallen sie in zwei S3'Stenie, und zwar haben diese die beiden Lagen 1 S. oben S. 156. 2 Da dieser Betrag einen sehr ansehnlichen Theil, keinesweges ein Ditferential der Richtkraft vorstellt, lassen sich die von Gauss gegebenen „Vorschriften zur Berechnung der magnetischen Wirkung, welche ein Magnetstab in der Ferne ausübt" (Residtate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins im Jahr 1840. Leipzig 1841. S. 26; — C. F. Gauss Werke u. s. w. Göttingen 1867. 40. Bd. V. S. 427) hier nicht anwenden, wie Hr. Meissner zu glauben scheint (Henle's 'und Pfeufer's Zeitschrift u. s. w. A. a. O. S. 195). §. 3. Von der besten Art, den HAUv'schen Stab anzubringen. 365 Über lind unter dem Magnet, in denen bisher der Stab sich befand, mit einander gemein. Man denke sich Stab und Magnet im magnetischen Meridian, ihre magnetischen Axen horizontal, ihre Mittelpunkte in passendem Abstand in einer Senkrechten, den Stab über oder unter dem Magnet. Das erste System von Lagen entsteht, indem der Stab, sich parallel, um den Magnet geführt wird, so dass sein Mittelpunkt um den des Magnetes einen auf der Dechnationsebene senkrechten Kreis beschreibt. Man sieht leicht, dass das A'Om Stab auf den Magnet wirkende horizontale Kräfte- paar in jedem Punkte des Kreises dasselbe bleibt. Befinden sich Stab und Magnet in der Horizontalebene, so wird der Magnet, durch Ab- stossung des Stabes, etwas vom Loth abgelenkt; wie er, bei senkrecht über oder unter dem Magnet befindüchem Stabe, gleichsam beziehlich et- [762] was schwerer oder leichter wird. In den Zwischenlagen ver- binden sich beide Wirkungen in wechselndem Yerhältniss. Die Erfahrung lehrt aber, dass innerhalb der für uns geltenden Grenzen der Genauig- keit überhaupt nichts darauf ankommt. Es giebt somit für uns keinen Grund, den Stab gerade über oder unter dem Magnet anzubringen, und die daraus erwachsenden Schwierig- keiten lagen in einer zufälÜgen und willkürhchen Lösung der Aufgabe, nicht in dieser selber. Jede Stellung des Stabes, welche einem Punkte des bezeichneten Kreises entspricht, leistet für unseren Zweck dasselbe. Es ist nicht einmal nöthig, dass die Verschiebung des Mittelpunktes des Stabes im Eadius jenes Kreises geschehe. Man kann z. B., ohne irgend einen namhaften Yortheil aufzugeben, die den Stab tragende Leiste auf der Fläche des Consols horizontal so befestigen, dass der Mitteli)unkt des Stabes in einer durch den Aufhängefaden gehenden Aequatorialebene hegt. Dies erreicht man, indem man bei noch nicht fest angezogenen Scly-auben die Leiste sich parallel verschiebt, bis im Fernrohr Nidlstrich und Faden sich decken, wie ohne Stab. Freilich misst nun die Theilung auf der Leiste nicht mehr unmittelbar den Abstand des Stabes vom Magnete, sie dient aber ohnehin mehr dazu, den Stab um bestimmte Grössen verschieben und ihm dieselbe Entfernung medergeben zu können. Anstatt den Mittelpunkt des sich parallelen Stabes einen Kreis in der Aequatorialebene beschreiben zu lassen, kann man auch dem Stab in der Dechnationsebene, nördhch oder südlich vom Magnet, darüber oder darunter oder in gleicher Höhe, mit horizontaler oder geneigter Ase jede Stellung geben, bei welcher er auf den Magnet umgekehrt wie die Erde wirkt. So entsteht das zweite, viel mannigfaltigere System für den Stab zulässiger Lagen. Bis das Elektro-Galvanometer mich verleitete, den Mttelpunkt des Stabes in eine Senkrechte mit dem des Magnetes 366 XIV. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. ni. — ZU' bringen, arbeitete ich niit einem so aufgestellten Stabe, und neuerlich hat Hr. Viktor von Lang bei dem von ihm gebauten „Spiegelgahano- meter mit reguMrbarer Dämpfung" diese Anordnung vorgezogen.^ Einen entscheidenden Grund für Aufstellung des Stabes mit seinem [763] Mittel- punkt in der Declinations- oder der Aequatorialebene giebt es nicht, und man wird sich bei der Wahl zwischen beiden Ebenen durch Kücksichten der Bequemüchkeit leiten lassen, wie die Oertlichkeit sie vorschreibt. Aber auch bei Wahl der Dechnationsebene empfiehlt es sich, den Stab von der Bussole getrennt am Consol zu befestigen, natürhch so, dass jetzt der Stab der Leiste parallel liegt. Die Befestigung des Stabes am Consol hat den Vortheil, dass der Zug des Schnurlaufes unschädhch wird, da er nur noch das Consol trifft. Die Einzelheiten des Mechanismus, durch den vom Sitzplatz aus der Stab im Azimuthe gedreht wd, lassen sich ohne Abbildungen nicht verdeut- hchen. Es genüge zu sagen, dass neben dem Beobachter eine Scheibe am Arbeitstisch sich befindet, deren Drehung mit der Hand durch den Schnurlauf auf den Kopf der Mikrometerschraube mittelbar sich über- trägt. Die Bewegung wird dabei so verkleinert, dass auch für e an- sehrüich > n Nullstrich und Faden leicht zur Deckung gebracht werden. §. IV. Sir William Thomson's aperiodische Magnete ohne Dämpfung. Zu den in der ersten Abhandlung aufgezählten Versuchen, Schwin- gimgslosigkeit der Magnete mechanisch herbeizuführen, ^ ist noch der des Hm. Neumann in Königsberg zu zählen, welcher an der verlängerten Axe der Bussolnadel eine in Oel schwimmende Korkscheibe befestigte.^ Unter allen denen aber, die mit solchen Versuchen sich befassten, hat wohl den glückhchsten Griff" Sir William Thomson mit seinen nouen aperiodischen Bussolspiegeln gethan.* Dies sind äusserst leichte Glas- spiegel, an deren Eückseite ein Stück Uhrfeder klebt. Sie hängen an einem ganz kurzen Faden in einer äusserst engen flachcyhndrischen -Kammer, [764] in der sie nur zu ganz geringen Ausschlägen Kaum 1 Sitzungsberichte der Kais. Alvademie der Wissenschaften zu AVien. II. Abth. Jahig. 1873. Bd. LXMI. S. 101. 2 S. oben S. 321. 3 S. Wild, Die NEUMANN'sche Methode zur Bestimmung der Polarisation n. s. w. In der Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. 2. Jahrg. Zürich 1857. S. 236. 287. * Vergl. WiEDEMÄNN, Die Lehre vom Galvanismus und Elektromagnetismus. 2. Aufl. Braunschweig 1872. Bd. I. S. 262. §, 4, Sir William Thomson's aperiodische Magnete ohne Dämpfung. 367 haben. Eire Bewegung wird aperiodisch durch den verhältnissmässig sehr grossen Luftwiderstand, den sie vermöge der Enge der Kammer und ihrer eigenen geringen Masse erfahren. Iln-e Beruhigungszeit ist nur ein Brach einer Secunde. Sie sind nicht für Beol)achtung mit dem Fernrohre bestimmt, sondern zum Zurückwerfen eines Lichtstrahles auf die von mir l)eschriebene Art. Es muss also auch dahingestellt bleiben, ob ihre Bewegung streng aperiodisch ist, oder nur dem unbewafiiieten Auge so erschemt. Da die Gesetze dieser Bewegung unbekannt sind, wird man für genaue galvanometrische Versuche wohl die durch Dämpfung erzeugte Schwingungslosigkeit vorziehen. Doch zweifle ich nicht, dass Sir William Thomson's Spiegel durch die ungemeine Geschwindigkeit ilu-er Anzeigen, wie bei der Telegraphie, auch in gewissen Gebieten thierisch-elektrischer Versuche vortreffliche, ja kaum anders zu erlangende Dienste leisten würden. XV. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. Vierte Abhandlung. (Gelesen in der Sitzung der physikalisch-mathematischen Klasse der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin am 14. December 1874.) i §. I. Warum es an gewissen Bussolen misslaug, den Magnet in brauchbarer Weise aperiodisch zu machen. Verschiedene Beobachter Wagten mir, dass es ihnen nicht gelungen sei, den aperiodischen Zustand der Bussolmagnete, wie ich ihn schildere, herzustellen. Bei fortgesetzter Annäherung des Stabes sei der Magnet ^ umgeschlagen, ohne dass Schwingungslosigkeit erreicht wurde, oder wenigstens diese sei erst bei einem Abstand des Stabes eingetreten, der sich kaum von dem unterscliied , wo der Magnet umschlug; eine Lage, wobei, wenn überhaupt, doch nicht mit Vortheil zu arbeiten war, während ich die Verschiebung des Stabes von dem Punkt, wo Schwingungslosigkeit eintrat, bis zu dem Punkt, wo der Magnet umschlug, bei meinem leichten Spiegel auf 25™"', bei meinem schweren noch auf 5*"™ angebe.^ Um den Fehler aufzudecken, der diesem Verhalten zu Grunde lag, muss man auf die ursprüngüche Bedingung der Schwingungslosigkeit zurückgehen. Bezeichnet man nach Gauss mit 2 s die verzögernde Kraft der Dämpfung für die Einheit der Geschmndigkeit , mit n^ die magnetische Richtki-aft für die Einheit der Ablenkung, beide dividirt durch das Träg- heitsmoment M, so ist die Bedingung der Schwingungslosigkeit, dass 1 Monatsberichte der Akademie u. s. w. 1874. S. 767. 2 Unter Magnet schlechthin verstehe ich kürzehalber hier stets den beweglichen Magnetspiegel, oder Magnetring mit Glasspiegel, unter Stab schlechthin den festen, der Erdkraft entgegenwirkenden HAUY'schen Magnetstab. 3 S. oben S. 311. XV. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. IV. 369 6 y w sei. EntAnckelt man die Werthe von e und n, so Ivomnit diese Bedingimg darauf zurück, dass x'-m' {i + J, {H— S)} 3 > 4m' {H — S) M (1) sei.^ Hier bedeuten [768] X eine Constante, welche unter anderen die Inductionsconstante und das Leitvermögen des Dämpfers zu Factoren hat; m das Drehungsmomeut, welches für die magnetische Intensität Eins auf den Magnet ausgeübt wh-d durch eine Strömung im Dämpfer, wie sie der Magnet bei seiner Winkelbewegung erzeugt; i die permanente, ?/ die durch die Einheit einer horizontalen Kraft inducirte Intensität des Magnetes; 11 die horizontale Componente des Erdmagnetismus; S die horizontale Componente des Magnetismus des Stabes; m das Moment des Magnetes für parallele Kräfte bei der Inten- sität Eins. Jene vergebhchen Bemühungen, Schwmgungslosigkeit herbeizuführen, fanden an SAUEEWALD'schen Bussolen statt, x, m', m, M hatten also merküch denselben Werth, wie an memen Bussolen. H war in den in Betracht kommenden Grrenzen auch dasselbe. ?/ ist überhaupt kleiner, als dass Schwaukmigen seines Werthes so grossen Einfluss üben könnten, wie er hier stattfand. Der Fehler, den mr suchen, kann also nur an /, oder *S^, oder beiden haften. Für S = 0, d. h. ohne Stab, ist an gewöhnlichen Bussolen die Unke Seite der Bedingungsgleichung (1) wolü stets die kleinere. Nur mit SiEMENs'schen Glockenmagneten \\nirde sie bisher grösser gefunden, als die rechte.^ Durch Wachsen von S nimmt die rechte Seite, wegen Kleinheit von >/, viel schneller ab als die linke, daher beim Annähern eines hinreichend kräftigen Stabes die rechte Seite erst gleich der linken, dann kleiner wh-d. Sind beide Seiten eniander gleich, oder ist t — ??, so tritt Schwingungslosigkeit ein. AVir woUen den Werth S, der e = n macht, mit S^ bezeichnen, den Abstand der Mitte des Stabes von der Mitte des Magnetes, wobei S = S-^, mit r^. S > H bedingt Um- schlagen des Magnetes; der Werth S = H heisse S\, der entsprechende Abstand des Stabes r^. Wird der Stab noch weiter genähert, so besteht auf, wenn die rechte Seite der Bedingungsgieichung ihrem abso- [769] 1 S. oben S. 306. 2 S. oben S, 354. E. du Bois-Eeymond, Ges. Abh. I. 24 370 XV, lieber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. IV. — luten Werthe nach ^^eder die grössere wd. Dies \\ird verhältnissmässig früh geschehen, weil jetzt die negativ gewordene inducirte Intensität t/ [H — 'S) von der permanenten Intensität c sich abzieht. Der ganze Spielraum schwingungsloser Astasie hegt also eigenthch z\\ischen den Werthen S^, S^, oder den Abständen r^, r^. In der Ausübimg hätte es aber keinen Sinn, den Stab dem Magnet über r^ liinaus zu nähern, und vär können uns mit der Betrachtung dessen begnügen, was bis zu diesem Punkt, oder bis zu S = S^ = H, geschieht. Unter Spielraum schAvingungs- loser Astasie ist daher im Folgenden nur der z^Aischen den Wertheu S^, S^ oder r^, r^ eingeschlossene Spielraum verstanden. Der Fehler, den wir zu ergründen streben, bestand nun sichthch darin, dass der Unterschied Ö = r^ — r^ zu klein war: denn da beim Annähern des Stabes der Magnet imischlug, lag dieser Fehler kehienfalls darin, dass S nicht gross genug gemacht werden konnte. Zunächst ist zu bemerken, dass einem gleichen Unterschiede >Sj — S.^ ein verschiedener Unterschied S = r^ — r^ entsprechen kann. Stehen wir uns, der Einfachheit halber, vor, die Dhnensionen unserer Magnete verschwänden gegen r^, r^, so dass die GAUss'schen Formeln für Fernwirkung von Magneten anwendbar wären. Dann lässt sich S gleichsetzen einer Constanten 9}Z (dem Momente des Stabes multiphcirt mit einer trigonometrischen Function), diddirt durch r^. Wächst 30^, während beständig bleiben, so wachsen auch 7\, r^. Mit anderen Worten, em stärkerer Stab bewirkt Schwingungslosigkeit und Umschlagen des Magnetes aus grösserer Feme als ein schwächerer. Wir bezeichnen nun ferner mit r\, r\ die Abstände, in denen be- ziehhch Schwingungslosigkeit und Umschlagen des Magnetes dm-ch emen anderen längs derselben Geraden genäherten stärkeren Stab bewh'kt werden, für den die Constante W an Stelle von 9}J tritt. Sind S\, S\ die zu- gehörigen 5, und ist 8' = r\ — r\, so hat man [770] o _ 30^ _ S' - ^' ^2 = ZS 2 und Für W > SOi ist d' > S; der stärkere Stab gewährt den grösseren Spiekaum schwingungsloser Astasie. (2) §. 1. Warum es misslingen kann, den Magnet aperiodisch zu machen, 371 Unter den vorausgesetzten Beclingimgen wird also Schwäche des Stabes einen Einfluss der Art üben, wie wir ihn zur Erklärung des frag- lichen A^erhaltens brauchen. In Wirküchkeit freihch ist r kleiner, als dass obige Formeln genau zuträfen. Doch ist Grund anzimehmen, dass auch die verwickelte Function der Entfernung, nach welcher die Wirkung des Stabes in grösserer Mhe wächst, noch die Eigenschaft habe, dass ^' > ^ sei. Andererseits scheint es kaum, als ob dieser Umstand der Grösse nach zur gesuchten Erklärung reiche. Ausdruck (2) lehrt, dass wenigstens bei grösserem Abstand ein 8 mal, 27 mal . . . schwächerer Stab nur einen beziehüch 2 mal, 3 mal .... kleineren Spielraum schwingungsloser Astasie gewähren Avürde. Solche Schwäche des Stabes kommt nicht vor, während jener Spiekaum an den Vorrichtungen, deren Fehler uns beschäftigt, viel kleiner war, als nur zwei oder dreimal so klein, -wie an der meinigen. Es ist nicht wahrscheinlich, dass in grösserer Nähe dies Yerhältniss sich um so Aiel günstiger für unseren Erklärungs- versuch gestalte. Doch mrd man wohl daran thuu, auf möglichst starke Magnetisirung des HAur'schen Stabes zu achten, schon deshalb, weil bei der grösseren Entfernung, aus der ein stärkerer Stab noch kräftig genug wirkt, die Proportionaütät der Tangenten der Ablenkungen mit den Stromstärken besser gewahrt bleibt. Ein anderer Grund, weshalb § = r^ — )\ zu klein ausfällt, kann nun aber zweitens darin liegen , dass die Werthe S^ , 8^ zu nahe zu- sammenfallen. Für S — S^ = H verschwindet die rechte Seite der Bedingungsgleichung; die Unke behält den Werth y? m'* i^, der dem ur- sprünghchen nur um die kleine Grösse // H^ nachsteht. Für S = S^ = H ist die linke Seite also die grössere , einen wie kleinen endüchen Werth man auch m' und i zuschreibe. Dies [771] heisst so viel, wie dass bei Gegenwait auch des schwächsten Dämpfers auch der schwächste Magnet dm'ch Annähern des Stabes nicht zum Umschlagen gebracht werden kann, ohne wenigstens in der Theorie durch den schwingungs- losen Zustand zu gehen. Gleichheit beider Seiten der Bedingungsgleichung wird aber durch Wachsen von S schon bei um so grösserem H — stellt sich der Magnet östhch von der Ebene N^. Die Intensitätsschwankungen dagegen wirken stets nur im entgegen- gesetzten Sinne von den durch Mhem oder Entfernen des, Stabes hervor- gerufenen Veränderungen von S. Hr. Prof. V. Hensen in Kiel hat mir brieflich den sinnreichen Vor- schlag gemacht, den HAtry'schen Stab in einem starken Dämpfer, der ihn zugleich vor Luftströmungen schützte, aufzuhängen, damit er die Dechnationsschwankungen mitmache. Die Aufhängung müsste so sein, dass trotz der Inchnationsschwaukungen der Stab horizontal bhebe. Befände sich der Stab über oder unter dem Magnet, so könnte man, um seinen Abstand zu ändern, ihn am Faden oder Draht auf- und ab- winden. Der Dämpfer müsste durch andere IMittel entsprechend bewegt werden. Die durch Variation der Dechnation bedingten Schwankungen des Magnetes wüi-den so freihch auf das Maass der Variation selber, d. h. auf (f, eingeschränkt. Nennt man die entsprechende Schwankung des Stabes \p, so würde [779] tg u = jfZT^ (y ~ ^) ^^^ ^'• Für yj — (f ist tg cc = 0, und also auch (üe Intensitätsschwaukungen hören auf, Einfluss zu üben. Ausgenommen ist nur der Fall H = *9; dann wird a für rp = cp unbestimmt, und eine Intensitätsschwankung kann wieder den Magnet bewegen, mdem sie die Unbestimmtheit aufhebt. Leider ist zu bemerken, dass die Torsion eines Fadens oder Drahtes, der stark genug wäre, den Stab zu tragen, da man sie nur für eine besthnmte Dechnation Null machen könnte, (f — if doch wohl schon einen Werth ertheilen würde, der bei höherer Astasie die alten Stömngen mit sich brächte. Davon abgesehen kann ich für meinen Theil nicht §. 3. Von den Variationsschwankuugen astatischer Magnete. 379 nöthig finden, so imifängliche Anstalten zur Bekämpfung der Variations- sehwankungeu zu treffen. Ich begnüge micli überhaupt geni mit dem geringsten Maasse schwingungsloser Astasie, da kürzeste Beruhigungszeit (s. oben S. 372) mir wichtiger scheint als gTÖsste Empfindlichkeit. Bei diesem Zustande, wo e = n, sind die Variationsschwankimgen noch recht gut zu ertragen. Bei höherer Astasie, wo ich dieser nicht entbehren konnte, habe ich jene Schwankimgen bisher durch Verschiebung der Scale, neuerhch durch Drehung des Stabes im Azimuth von meinem Platz am Fernrohr aus, erfolgreich bekämpft. Zuletzt kommt freilich ein Punkt, wo das Arbeiten mit anderen als km-z dauernden Strömen unmöglich wird. §. IV. Von der Gleichgewichtslage des Magnetes bei höherer Astasie. Fonnel (3) hat noch weiteres Interesse. Setzt man darin (f = 0, H = S, so \vird c: unbestimmt, der Magnet ist wahrhaft astatisch; er muss in jedem Azimuth stehen l3leiben, in welches äussere lü'aft ihn führte. Versucht man aber, cües zu beobachten, so misslingt es. Mcht bloss in dem Siim, in welchem ich (S. oben S. 308. — Vergl. S. 290. 311.) sagte, die Beobachtung vermöchte ausgründen, welche keiner Aus- führung bedürften, den Zustand vöUiger Astasie nicht zu erfassen. Ich dachte mir dabei, dass es unthunlich sei, den Magnet durch alle mög- lichen Stellungen innerhalb des Kreisumfanges zu führen, und sich zu überzeugen, dass er in allen stehen [780] bleibe; unthunlich zu prüfen, ob er im Dämpfer wh'klich gleich einem Köii^er sich bewege, dem das umgebende ]\Iittel ehien seiner Geschwindigkeit propoi-tionalen Widerstand entgegensetzt. Allein der Zustand völliger Astasie entzieht sich der Beobachtung auch noch, weü es in Wh-klichkeit nicht dazu kommt. Man kann viel- leicht S so nahe gleich H machen , dass die übrig bleibende Eichtkraft Luftwiderstand und Torsion nicht mehr zu überwinden vemiag. Was man aber nicht kann, ist, die magnetische Axe des HAur'schen Stabes der Declinationsebene durch mechanische Mittel parallel stellen. Wenn man auch den Stand des Magnetes ohne Stab abüest, so schnell wie mögüch den Stab hinzubringt, und mittels der Schnurläufe Faden mid Nullstrich wieder zur Deckung bringt, so hat sich, abgesehen von Fehlern der Ablesung und Einstellung, in der Zwischenzeit die Dechnation doch verändert, und cp einen endhchen Werth erlangt. Nur mittels des von Hrn. Hensen angegebenen Kunstgriffes, und selbst dann nur bei absolut verschwindender Torsion, wäre und bliebe cp = 0. 380 XV. lieber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — ALh, IV. — In der That, obige Betrachtungen über Gleichgewichtslage eines Magnetes, auf den ein der Declinationseliene nicht paralleler Stal) \\1rkt, passen, wie auch Fig. 29 und Formel (3), völlig auf den Fall, den väv uns jetzt denken wollen, dass Winkel (p nicht mehr ))loss durch Yariatiijn der Dechnation, sondern zugleich durch mechanische Unvollkommeuheit unserer Vorrichtungen entstand. Um Ausdruck (3) in fielen Fällen leichter zu discutiren, wie auch aus später einleuchtenden Gründen, empfiehlt sich folgende Umformung. Statt des von der zeitigen Dechnationsebene \\B aus gerechneten Winkels a betrachten wir den Winkel ß zwischen der cfj hälftenden Geraden und der in Fig. 29 gleichsam als Zeiger nach Xordost weisenden Senkrechten OZ auf die IMitte des Magnetes. Man hat 90^ (/^ + f),« + ^ = 900-(,5-f) , ^ B — S , (p (4) oder am bequemsten für die Discussion '« ^ = (Ä - >) - t [781] H = S, oder so vollkommene Astasie, wie sie durch a])solute Abgleichung der auf den Magnet wh'kenden entgegengesetzten Kichtkräfte zu erreichen ist, macht ß nicht unbestimmt, sondern = 0. Der Magnet stellt sich also dann so ein, dass OZ den Winkel (f, seine Axe aber den supplementären Winkel zu cf, {\0^, zwischen den unbezeichneten Polen der Erde und des Stabes hälftet. Setzt man H cos rp = S, so wird /? = -^ , der Magnet steht senkrecht auf dem Stabe. Setzt man H = S cos Cf, so wird ß = — -^, der Magnet steht senkrecht auf der zeitigen Dechnationsebene, wahrhaft aequatorial. Wächst S weiter, so nähert sich tg ß der Grenze — cot ^, für S = co steht der Magnet mit nach Süd gerichtetem bezeichneten Pole dem Stabe parallel. In der Ausübung wii'd es sich immer nur um kleine Werthe von (f handeln. Doch gelten unsere Formeln natürhch für jeden Werth von oder < S, übernimmt im astatischen Systeme von Erde und Stab jene oder dieser die Eolle der Nadel vom gTÖsseren Moment M. Anstatt S durch Aenderung des Abstandes zu ändern, könnte man auch, wie bei astati- schen Nadelpaaren, das Moment des Stabes ändern, z. B., wie Hr. Hensen mir vorschlug, den Stahlstab durch einen Elektromagnet ersetzen, in dessen Windungen man den Strom abstufte. Dagegen nimmt die Inten- sität des Erdmagnetismus mit Entfernung von der Erdoberfläche zu langsam ab, um anders als in der Idee em. beweghches astatisches System [785] durch Ortsveränderung abzugleichen, wie dies für das System von Erde und Stab durch Ortsveränderung des Stabes geschieht. Nichts ver- liindert sonst sich zu denken, dass man an eine lange senkrechte Axe unten, wo die horizontale Intensität = H, eine Nadel vom Moment M', M' und darüber eine Nadel von dem um ein — grösseren Moment M in n * solcher Entfernung von der Erdoberfläche befestigt habe, dass dort die 1 Vergl. Reüleaux, Theoretische Kinematik. Braunschweig 1875. 384 XV. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. IV. — TT Intensität nm . kleiner sei. Das System wäre dann su Tollkommen n + \ astatisch, wie Winkel (f und die temporären Momente es gestatten. Bei den astatisclien Nadelpaaren kunimen nämlicli, nach Hrn. Sauer- wald's Beobachtung, die durch die Erde inducirten temporären Momente der Nadeln in Betracht.^ Hier sind die temporären Momente, die der Magnet in Stab und Erde erzeugt, zu vernachlässigen. Das bei höherer Astasie an sich verschwindende temporäre Moment aber, welches Erde und Stab im Magnet erzeugen, fällt aus dem Ausdruck für seine Gleich- ge-ttichtslage ebenso heraus, wie nach Gauss' Bemerkung^ sein perma- nentes Moment. Dasselbe gilt von dem durch das astatische Nadelpaar in der Erde erzeugten temporären Moment, abgesehen davon, dass dies vollends zu vernachlässigen ist. Ich rede nicht weiter von den tempo- rären Momenten, welche Erde und Stab, und welche die beiden Nadeln in einander heiTorrufen. ^ Das Wegfallen der temporären Momente ver- einfacht sehr die Gleichgewichtsbedingungen des astatischen Magnetes, wie wir zu sagen doch fortfahren woUen, gegenüber denen des astatischen Nadelpaares. Man kommt daher hier ohne die graphische Darstellung der auf den entwickelten Kreisumfang aufgetragenen Kräfte aus, die beim astatischen Nadelpaare so gute Dienste leistet.^ Wie bei diesem, wenn die temporären Momente als verschwindend betrachtet werden, entspricht der einen stabilen [786] Gleichgewichtslage des astatischen Magnetes eine um 180'^ davon entfernte labile Gleichgemchtslage. ^ Ein zweiter Punkt, in welchem das astatische Nadelpaar und das hier betrachtete System von einander abweichen, ist der, dass dort if ein für allemal gegeben, hier mit der Dechnation veränderüch ist. In Folge dessen ist die Gleichgewichtslage des astatischen Nadelpaares auch im Zustand höchster Astasie von den Variationen des Erdmagnetismus- minder abhängig als die des astatischen Magnetes. Das astatische Nadel- paar empfindet die Variation der Intensität gar nicht, die der Dechnation nur deren wii-klichem Betrage gemäss. Es sei denn, dass die Gleich- gewichtslage des Nadelpaares noch durch andere Kräfte bedingt werde,, wie z. B. durch Anziehung der Drahtmassen. Dann kann Vergrösserung 1 S. oben S. 137 ff". 2 Schuhmacher's astronouiiscbes Jalirbucli. 1836. S. 25; — Eesiütate aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins im Jahre 1836. Göttingen 1837, S. 75; — C. F. Gauss Werke u. s. w. Göttingen 1867. 4. Bd. V. S. 330. 3 S. oben S. 144. 4 S. Taf. IV. Fig. 2. 5 S. oben S. 143; — Taf. IV. Fig. 3. V. §. 4. Von der Gleichgewichtslage des Magnetes bei höherer Astasie. 385 der durch Yariation der Declination bedingten .Schwankung stattfinden, wie auch Variation der Intensität wieder Einfiuss gewinnt. Im Uebrigen kehren die Besonderheiten, welche die freimlligen Ab- lenkungen astatischer Nadelpaare bieten, bei den astatischen Magneten wieder. Wie dort ist es auch hier, und aus denselben Gründen, um so leichter, den Magnet sich scheinbar aequatorial stellen zu sehen, je grösser (p innerhalb gewisser Grenzen ist. Je kleiner j^ , um so grössere Veränderungen von tg ß entsprechen gleichen Fortschritten der Astasie, so dass der geringsten weiteren Annäherung des Stabes, wie sie ohne hesondere Hülfsmittel möglich ist, schon ein Sprung des Magnetes über den Aequator folgt. ^ "Wird aber (p absichtlich über Gebühr gross, = 90 ^, gemacht, so erreicht, wie wir oben S. 380. 381 sahen, der Magnet für H = S nur noch die 45 ^-Stellung, und nur ein unendliches S kann ihn bis zum Aequator drängen. Die Schwierigkeit, welche es jetzt hat, den Magnet aequatorial zu stellen, liegt jedoch in etwas Anderem, als die bei versch-uindendem (f. Ein astatisches Xadelpaar dreht sich bei wachsender Astasie so, dass der stets vorhandene kleine Winkel oc zwischen Meridian und stärkerer Nadel wächst. Dem entsprechend dreht sich bei wachsender Astasie der Magnet so, dass er sich weiter von der [787] Declinations- ebene entfernt. In Fig. 29 dreht sich daher heim Nahem des Stabes der Nordpol des Magnetes im Sinne des Pfeiles durch West nach Süd. Die Drehung ändert ihren Sinn, und der Nordpol geht liei Nähern des Stabes din'ch Ost nach Süd, wenn das Nordende des Stabes w^sthch von der Declinationsebene hegt. Durch den Sinn, in welchem der Magnet sich dreht, wird man belelu't, auf welcher Seite der DecMnationsebene die Wirkungsebene des Stabes Hegt, was sonst schwer zu ermitteln wäre. So erfahrt man erst durch den Sinn, in welchem ein astatisches Nadel- paar sich dreht, auf welcher Seite der stärkeren Nadel Winkel cp liegt. Befindet sich der Stab in solcher Nähe des Magnetes, dass dieser schon merklich aus dem Meridian abweicht, und dreht man den Stab im Azimuth, ohne seinen Abstand zu ändern, so dreht sich der Magnet umgekehrt wie der Stab, wie die Pfeile in Fig. 29 zeigen, während er bei Drehung der Declinationsebene gleichsinnig mit dieser sich dreht (s. oben S. 378). Beim Drehen des Stabes durch die DecMnationsebene kommt freihch ein Punkt , wo (f — ist und der Magnet für H > S im Meridian bleiben, für // = S überall im Gleichgewicht sein sollte. Allein es braucht kaum wiederholt zu werden, dass menschüche Werk- 1 S. oben S. 136. E. du Bois-Reymond, Ges. Abh. I. 25 386 XV. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. IV. — zeuge und Geduld nicht vermögen, diesen Punkt zu treffen und festzuhalten. Alles dies lässt sich an jeder Sauer WAiiD'schen Bussole mit ver- schiehharem Stabe beobachten, an welcher, we es fmher der Fall war, der Stab senki-echt unter dem Magnete sich befindet. Bei der neuen in Fig. 29 abgebildeten Aufstellung des Stabes dagegen dreht sich beim Drehen des Stabes im Azimuth der Magnet im entgegengesetzten Sinne von dem durch die Theorie verlang-teu, d. h. im gleichen Sinne, wie der Stab. Der Grund dieser Abweichung ist folgender. Obige Schlüsse setzen solche Entfernung des Stabes voraus, dass dessen Wirkung durch ein dem Stabe paralleles Kräftepaar ersetzt werden könne. Soll dies auch bei grösserer Nähe des Stabes gelten, so muss dessen Drehimg so stattfinden, dass die Entfernung seiner Pole von den Polen des Magnetes, und die Richtung der Wirkung ersterer auf letztere für den einen Pol dieselbe bleibe, wie für den anderen. Damit dies zutreffe, muss der verlängerte Aufhängefaden des Magnetes durch die Mitte der Axen des Magnetes und des Stabes gehen, und des letzteren Drehung um die Verlängerung des Fadens geschehen. Schon bei der älteren [788] Art, den Stab aufzustellen, ist diese Bedingung insofern unvollständig erfüllt, als der Stab nicht um die Mitte seiner Axe, sondern um einen seinem einen Pole nahen Punkt der Axe sich dreht. Doch wird hier der Fehler nicht gross genug, um das gesetzmässige Verhalten zu verdecken. Bei seitlicher Stellung des Stabes aber verändert man bei dessen Drehung um Axe a S (Fig. 28) die Entfernung des einen Poles {N) vom Magnete, während der andere {S) nahe unverrückt bleibt. Geschähe die Drehung um die Mitte des Stabes, so wür-de sich der eine Pol sogar vom Magnet entfernen, während der andere ihm sich näherte. Die abstossende Wir- kung des beispielsweise genäherten Poles des Stabes auf den ihm nähereu Pol des Magnetes überwiegt aber die des stehenbleibenden, vollends des noch weiter fort bewegten Poles, daher der Magnet in demselben Sinne wie der Stab sich dreht. Die Drehung in diesem Falle ist sonüt anderen Ursprunges, als die ol)en aus den Formeln abgeleitete, welche unter richtigen Bedingungen richtig erfolgt. Da beide Drehungen einander entgegengesetzt sind, so muss es eine mittlere Stellung des bis zur Entfernung r^ genäherten Stabes geben, wo bei einer gewissen Drehung des Stabes im Azimuth keine Ablenkung stattfindet. Liesse man die Mitte des sich selber parallelen Stabes in aequatorialer Ebene einen Viertelkreis um die Mitte des Magnetes beschreiben, so müsste man diese mittlere Stellung irgendwo treffen zwischen der Stellung des Stabes senkrecht unter dem Magnete, wo der Nordpol des Magnetes, bei Drehung des Nordendes des §. 4. Von der Gleichgewichtslage des Magnetes bei höherer Astasie. 387 ■Stabes beispielsweise nach Ost, sich westüch stellt, und der Stellung- 2ur Seite des Magnetes, wo bei derselben Drehung des Stabes der Nord- pol des Magnetes sich östhch stellt. Doch habe ich noch nicht versucht, jene mittlere Stellung des Stabes in Wirküchkeit zu beobachten, wozu besondere Vorkehrungen erforderlich wären. Bei den astatischen Nadelpaaren der Multiphcatoren ist es längst Regel, sie durch Abgleichung ihrer Momente so senkrecht wie mögüch auf den Meridian zu stellen, und ihnen mit den Windungen in diese Lage zu folgen.^ So ist man sicher, die höchste Astasie zu haben, die das System in Anbetracht des unvollkomme- [789] neu Parallelismus der Nadeln zulässt. Offenbar erreichte man auch an unserer jetzigen Einrichtung die höchste Astasie, welche der jedesmaüge Winkel cp zulässt, wenn man bei aequatorialer Stellung des Magnetes arbeitete. Die Gleichgewichtsgleichung des Magnetes ist erfüllt, wenn er in ■der Diagonale des Parallelogrammes einsteht, dessen Seiten man erhält, indem man auf den Projectionen der Wirkungsebenen von Erde und Stab, vom Schneidepunkti dieser Projectionen aus, H und S proportionale Stücke abmisst (s. Fig. 29). Wird der Magnet aus dieser Lage um einen Winkel + q abgelenkt, so zieht ihn darin zurück eine Kraft + k . sin p, wo k der Länge jener Diagonale proportional ist. Man hat cos [ß - I) Sind die Pole des Stabes denen des Magnetes gleich gerichtet, und •durchläuft *S' die Werthe von bis oo, so durchläuft ß die Werthe von ß = + (90*'— ^) durch bis ß = — (90'^— -|). Die ent- sprechenden Werthe von k gehen von A = i/ bis ä = 00, da bei end- üchem H nur ein unendhches S den Magnet dem Stabe parallel stellen kann. Dazwischen hat ä, wie man sogleich sieht, bei /? = + ^ ein Mnimum. Der Magnet ist also am beweglichsten, wenn senkrecht zum Stabe, k ist hier = // sin (f. mithin die Astasie um so vollkommener, je kleiner 7-. Für ^i = 0; /i = — -J- wird beziehlich k = H.2 sin ^; k = H . tg (f u. s. w. Füi- ß = -{- ^ folgt aus {A) S = H cos (f. Dieser Werth von S, und nicht, wie man meinen sollte, S = //, giebt grösste Enipfind- 1 Untersuchungen u. s. w. Bd. I. S. 169. — Yergl. oben S. 14ß. 147. 25* 888 XV. Ueber aperiodische Bewegung gedämpfter Magnete. — Abh. IV. — lichkeit. Die Verschiebung der kürzesten Diagonale nach Nord beruht darauf, dass der Magnet zum Einstehen in den Meridian, weil dann keine Seitenkraft vorhanden ist [S = 0), durch eine endhche Kraft {H) ge- bracht wird, während zum Einstehen in die Ebene des Stabes, weil dann die Seitenkraft H vorhanden ist, ein unendliches S gehört. [790] Alles dies gilt auch für astatische Nadelpaare, wenn man das Moment M der stärkeren Nadel, welches an Stelle von H in (5) tritt^ beständig nimmt. Ein astatisches Paar ist am bewegüchsten , wenn di& schwächere Nadel im Aequator steht. In der Ausübung sind diese ÜMterschiede bedeutungslos, da man bei astatischen Nadelpaaren wegen Kleinheit von (f, bei astatischen Magneten auch noch wegen dessen Veränderlichkeit und Unbestimm- barkeit, kein Mittel hat, ß gerade = + -^ zu machen. Auch ohnedies wh'd aequatoriale Stellung des Magnetes ungleich grössere Empfiudüchkeit gewähren, als axiale. Erfahrung muss zeigen^ ob diese Empfindhchkeit nicht zu theuer erkauft wäre durch verlängeiie Beruhigungszeit und vergrösserte Variationsschwankungen, denen völlig vorzubeugen, wie zu fürchten ist (s. oben S. 378), sogar der HENSEN'scha Kunstgriff nicht vermag. Um bei aequatorialer Stellung des Magnetes zu arbeiten, muss selbst- verständlich die Bussole so aufgestellt werden, dass die Axe ihrer Bollen iixial steht. Zusatz. [Hr. Prof. Victor von Lang in Wien hatte die Güte, mich darauf aufmerksam zu machen, dass die Besorgniss wegen zu grosser Variations- schwankungen des aequatorial gestellten Magnetes grundlos sei. Differenzirt man a nach cp, so erhält man (Gleichung (3)) cos"(« + w) sin a , da = ^^ -. — ^-^ . dw. sm cp ^ Tür a = 90" wird da = — dcp, d [u + rp) — (). So wenig also würde der streng aequatorial, d. h. senkrecht auf die zeitige Declinations- ebene gestellte Magnet durch zu grosse Variationsschwankuugen unbrauch- bar, dass er diesen Schwankungen vielmehr ganz entzogen ist. Die Bemerkung hätte mir nicht entgehen sollen, da man sie Formel (3) schon ohne Entwickelung von - — entnehmen kann. H = S cos cp macht a = 90", welchen endüchen Werth auch rp habe; a bleibt also unverändert = 90", ob auch (p schwanke. Bei weiterer Discussion von -^ = f[a) nach a findet man (mit Wiederholung des schon für « = 90" Gesagten): bei a = 90", oder »Scos rp = H: da = — d(p, d{u + y,) = « = 90«-|, „ ,S=//: rf«=-f,rf(«+y) = f « = 90" — (p, „ S = Hcos cp: da = 0, d{a + cp) = dcp « = 0, „ 6 = 0: 58. 59. 60. PoRRET'sches Phänomen am Muskel,, angebliches nach Kühne, 127. PouiLLET'sche Methode der Messung kleiner Zeiträume, 322. 328. Quecksilber, polarisirbar in verdünnter Schwefelsäure, 483. QuecksilberscMüssel , 262. 266. 267 (Abb. XL §. ]). Quincke, G., kataphorische Stro ni Wirkung,. 111. Ranke, Joh., Widerstand der unpolari- sirbaren Zuleitungsröhren mit Thon- spitzen, 167; — des Rheochords, 194. Regnauld, Jules, angebliche Unpolari- sirbarkeit von Elektroden aus reinem Zink in Zinksulphatlösung, 42. 43. — 396 Register. Thermoelektrisches Compeusatioiisver- fahren, 179. 185. 186. Reizungsröhre, feuchte, 211. 213 (Abh. Via §. IT). jRheochord zu elektropliysiologischen Ver- suchen, 187—196 (Abh. VIII. §. 12). — Bei dessen Gebrauch in Eeizver- suchen zu beachtender Umstand, 196— 198 (Abh. VIII. §. 13). Mheostat von Siemens und Halske, 50. 190. — Feuchter Rheostat von E. Harless, 188. EiJKE, die Schliessungsinductiou über- trifft die Oeffnungsinduction, 230. 313, PiiTTER, J. W., Entdecker der Polari- sation, 1. Rohrzucker, ki-ystallisirter, innerlich un- polarisirbar, 18. EosENTHAL, L, Ersatz der Eiweisshäutchen, 162. — Vorschlag zur Bestimmung des Einflusses, den die Steilheit der Curve, in der die Stromdichte ansteigt, auf die Erregung übt, 207. — Grössere Erregbarkeit des Nerven im Vergleich zum Muskel, 210. — Vorrichtung zur chemischen Reizung der Muskeln, 211. — Trog mit mehreren Elektrodenpaaren zur Eeizung (Rosenthal'scher Trog), 213. 268. — Messung der Muskelkraft und Wiederholung des Hermann'schen Versuches am Froschunterbrecher, 227. — Die Nebenströme in ihrer reizenden Wirkung der Schliessung beständiger Ströme vergleichbar, 251. — Verfahren um Anelektrotonus und Katelektrotonus zu demonstriren, 268. Rotati onsmafinetismus Arago's, dessen höchste Stufe, 290. Rousseau, Verfahren um Verfälschung des Olivenöls zu erkennen, 19. Sand, innerlich unpolarisirbar , 18. — Dessen secundärer Widerstand, 85. | Sandsfein, innerlich polarisirbar, 21. j Sauerwald, Neue Eigenschaft astatischer 1 Nadelpaare, 137, — Rheochord, 191. Savart s. Biot, i Schilling von Canstadt, mechanische Dämpfung, 321, Schlitten- Inductorium, 168. 169.-- Dessen Abänderung durch Heimholt z, 169. 229-233 (Abh. IX, §, 1). Schlitten- Ifagnetelektromotor s.Sch.\itt>in- inductorium. Schlüssel, Vorreiberschlüssel, 171—174 (Abh. Vm. §. 9). — Dessen Gebrauch beim Tetanisiren durch Inductions- ströme, 174—176 (Abh, VIII, §. 10). Schulze, Fr., Wirkung des Chlorziuks auf Cellulose, 77. Schüttelversuch mit polarisirten Elek- troden, 109. 110. Schwanlcungsrheochord , 198 — 207 (Abh. VIII. §. 14). Schioefelblumen, innerlich unpolarisirbar, 18, — Deren secundärer Widerstand, 85. Secundär-elektromotorische Wirkungen, deren Begriff, 2. Seide, innerlich unpolarisirbar, 18. Seife, innerlich polarisirbar, 18. 21. — Deren secundärer Widerstand, 86. 89. Siemens, W., Automatische Wippe, 33. 48. — Widerstand zwischen Eisen und Quecksilber, 205. — Aperiodische Mag- nete (Glockenmagnete) ohne Astasiruug, 353—355 (Abh. XIV. §. 1). Siemens und Halske, Rheostat, 50, 190, 194. — Vertical-Galvanoskop, 80, Silber in Silbernitrat auf Polarisation untersucht, 56. Spiegelablesung, objective mittels eines zurückgeworfenen Lichtstrahles, 131 — 133 (Abh. VI). 152. 153. — Von Sir William Thomson beim atlantischen Kabel angewandt, 324. Spiegelbussole, Wiedemann's, zu thierisch-elektrischen Versuchen einge- richtet, 152—156 (Abh. VIII. §. 3). — Vergleich ihrer Empfindlichkeit mit dem Nervenmultiplicator, 153. — Be- queme Gestalt der Scale, 156. -• Deren Dämpfer, 307. Spielraum schwingungsloser Astasie, Be- dingungen seiner Grösse, 370. 371. Register. 397 Sfromtcender zum Gebrauch am Multi- plieator, 150. 151. Tanz, elektrischer Froschschenkel-, 223. Teleskopisches imd makroskopisches Ver- halten aperiodischer Magnete, 355—362 (Ahh. XIV. §. 2). Temperafursfröme am menschlichen Körper und an Fliesspapierbäuschen, 20. 27. 28. Temporäres Moment der Magnete, 137. 306. 369. 384. Tefanisiren , Vorrichtungen dazu, 168— 170 (Abh. Vm. §. 8). — Plan zu einer wissenschaftlich brauchbaren Vorrich- tung zum elektrischen Tetanisiren, 255. Thierische Getcehe, innerlich polarisir- bar, 19. — Secundärer Widerstand, 87. 89. 95. 118. Thiry, Sirenen-Myographion, 271. 274. Thomson, Sir William, Bedienung des atlantischen Kabels mittels du Bois- R e y m n d's objectiver Spiegelablesung, 324. — Aperiodische Magnete mit Luft- dämpfimg, 866. TJwn, gebrannter, innerlich polarisirbar, 17. Thon, plastischer, s. Modellirthon. Thonschiefer, innerlich polarisirbar, 20. Thonstiefelelehtroden, s. Zuleitungs- röhren. Thonthermoströme Nobili's, 10. 20. 28. Trachyt, innerlich polarisirbar, 17. Trägheitsmoment des Magnetes, dessen Rolle bei der aperiodischen Bewegung, 309. 353. 354. Tyndall, Magnetismus grüner Seide, 147. — Diamagnetismus des Kupfers, 148. JJebo'gangswiderstand, 69. 70. 73. 121, Unipolare Zuckungen, 233. V ALENTiN , Kreisscheiben - Myographien, 271. Variationsschtcankungen astasirter Mag- nete, 376-379 (Abh. XV. §. 3); — 389. 390. VoLTA, Erklärung der Polarisation, 1. Vorreiherschlüssel, s. Schlüssel. t»EBER, W., Astasirung eines Magnetes durch einen verkehi't genäherten Stab, 157. 363. — Formel für den Aus- schlag eines gedämpften, dm-ch einen kurz dauernden Strom abgelenkten Magnetes, 303. Wheatstone, dessen Stromnetz oder Brücke, 50, dient zum Abstimmen des Rheochords, 193. — Aperiodischer Magnet vortheilhaft bei Widerstands- messungeh mittels der Wheatstone'- schen Brücke, 322. Widerstand, secundärer, 81—126 (Abh. V). — Feuchte poröse Körper, die ihn zeigen, 84. — Aeusserer sec, 87. — Innerer sec, 90. — Dieser bisher nur an Pflanzengewebe beobachtet, 95. — Näher untersucht, 96. — Abhängigkeit des äusseren von Stromstärke und Quer- schnitt, 101. — Flüssigkeiten die mit geronnenem Eiweiss äusseren secundären Widerstand geben, 107. — Aeusserer secundärer Widerstand^ mit metallischen Elektroden, 108. — Theorie des äusseren, 111—116. — Natur des inneren, 120. — Praktische Bedeutung in der Elek- trophysiologie, 122. WiEDEMANN, sciuc Bussole von Sauer- wald verfertigt, 49. 81. — Unter- suchungen über die kataphorische Wirkung des Stromes, 111. Wild, Doppelwippe, 52. 268. — Hydro- thcrmoströme, 10. — Neumann's Methode zur Bestimmung der Polari- sation und des Uebergangswiderstands, 52. 69. 70. Wippe, zur Beobachtung der Polari- sation, 3. — W. Siemens' auto- matische, 48. 49. — Doppelwippe nach Wild, 52;— 267—269. — Poggen- dorffsche Wippe, 67. 73. WüNDT, Congruenzbedingungen der An- fangs- und End-Induction, 233. 234. 247. Würgung zwischen Salzlösungen durch-^ strömter Eiweisscylinder, 104. .398 Register. Zink, rein und käuflich, un verquickt und verquickt in verschiedenen Flüssig- keiten auf Polarisation untersucht, 57-67. — In Zinksulphat- oder Chlor- zinklösung gleichartig und unpolarisir- bar, 60-64. 65. 66. 70-72. Zinksulphatkrystalle, innerlich unpolari- sirbar, 18. -ZitterwelsscUag, Plan zur Messung seiner Dauer, 226. Zuckungsfelegraph, 207 — 210 (Abh. VIU. §. 15). Zuleitungsdrähte bei thierisch-elektrischen Versuchen, deren Dicke, 174. Zuleitungsgefässe, 157 — 160 (Abh. VIII. §. 3). Zuleitungsröhren , unpolarisirbare mit Thonspitzen (Thonstiefelelektroden), 163-166 (Abh. VIK. §. 6). — Deren Gleichartigkeit, 166. 167. — Ihr Wider- stand, 167. Druck von Metzger & Wittig in Lei \^ I r KX ./ ^^^ . ^ ^^kJ *^^; '^^ jS-5;' *^^-%. ^>, ^ ij'^ .-^^