Über dieses E-Book
Eisig weht der Wind über das Meer, als Emmeline in den Hafen kommt. Den Mantel fest um den Leib geschlungen, beobachtet sie einen geheimnisvollen Fremden - der sie in letzter Sekunde vor einem herabstürzenden Weinfass rettet. Trotzdem verspürt die schöne Normannin keine Erleichterung, sondern helle Wut. Untersteht sich dieser verstörend attraktive Ritter schließlich, sie für eine Hure zu halten! Empört denkt sie an Flucht. Vergeblich! Denn das Schicksal will es, dass sie beide in die Wirren um die englische Thronfolge geraten. Und in diesem Sog entflammt eine Leidenschaft, die so wild ist wie das Wintermeer und doch unendlich zärtlicher ...
Meriel Fuller
<p>Meriel Fuller verbrachte ihre frühe Kindheit als echte Leseratte. Nach der Schule ging sie stets in die Stadtbücherei, wo ihre Mutter als Bibliothekarin arbeitete und las sich fröhlich durch die historischen Liebesromane. Ihre Liebe zur Vergangenheit hat sie von ihrem Vater, ein eifriger Hobby-Historiker, der Meriel und ihre Schwester auf lange Ausflüge zu Schlossruinen und alten Dörfern mitnahm. Meriel Fuller studierte nach der Schule englische Literatur an der Universität Edinburgh. Dort lernte sie auch ihren Mann kennen: Als sie sich auf einer Party den Knöchel brach, trug er sie ritterlich auf seinen Armen zum Krankenhaus und wich nicht von ihrer Seite, während der Gips gelegt wurde. Acht Jahre später heirateten sie im ländlichen Dorset. Obwohl Meriel Fuller immer schon als Hobby geschrieben hatte, entschied sie erstmals als ihr jüngstes Kind noch ganz klein war, einen historischen Liebesroman zu schreiben. Ein Traum ging für sie in Erfüllung, als Harlequin ihr mitteilte, das ihr Manuskript veröffentlicht werden würde.</p>
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Buchvorschau
Zwei Herzen im Winter - Meriel Fuller
IMPRESSUM
Zwei Herzen im Winter erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2007 by Meriel Fuller
Originaltitel: „The Damsel’s Defiance"
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL
Band 266 - 2009 by CORA Verlag GmbH, Hamburg
Übersetzung: Traudi Perlinger
Umschlagsmotive: Period Images/VJ Dunraven
Veröffentlicht im ePub Format in 11/2016 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733769451
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY
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1. KAPITEL
Barfleur, Normandie – im Jahr 1135
Fröstelnd zog Emmeline den Wollumhang enger um ihre Schultern und die weite Kapuze tief in die Stirn. Sie war aus dem Haus zum Hafen gelaufen, ohne sich die Zeit zu nehmen, ihre blonde Haarmähne zu flechten – und hatte sich damit ein missbilligendes Zungenschnalzen und eine tadelnde Bemerkung ihrer Mutter eingehandelt. Emmeline legte keinen Wert auf ihre äußere Erscheinung, wünschte aber, sie hätte sich ein zusätzliches warmes Untergewand angezogen. Wichtig war ihr nur zu wissen, ob die Belle Saumur endlich von der Fahrt durch den Ärmelkanal heimgekehrt war.
Ein scharfer Wind wehte die Flussmündung herauf über die Mole, fuhr ihr unter die Röcke bis in die Knochen. Die Kälte verschlimmerte den Schmerz in ihrem verletzten Fuß, dem sie allerdings keine Beachtung schenkte, da ihre ganze Aufmerksamkeit dem Schiff ihres Vaters galt. Ihrem Schiff. Tatsächlich lag die Belle Saumur in einiger Entfernung im offenen Meer, knapp hinter dem Leuchtturm, der die Flussmündung markierte. Dieu merci! Gott hatte ihre Gebete erhört. Eine Welle der Erleichterung durchströmte sie: Das Schiff war ihr einziger Besitz, sicherte ihrer Mutter und ihr einen bescheidenen Lebensunterhalt und gestattete ihr ein freies Leben. Sie war keinem Herrn und Gebieter Rechenschaft schuldig – auch keinem Ehemann. Sie wünschte nur, ihre Mutter würde das ebenso sehen wie sie, statt sie ständig zu bedrängen, wieder zu heiraten. Eine Vorstellung, die ihr gründlich zuwider war, vor der ihr graute.
Mit zusammengekniffenen Augen gegen die grelle Morgensonne, deren Strahlen durch den Nebel drangen, beobachtete sie zwei Männer an Bord, die den Anker geworfen hatten und nun an der Leine zogen, um zu prüfen, ob er Grund gefasst hatte. Offenbar war die Belle Saumur gerade erst eingelaufen. Das riesige Rahsegel flatterte schlaff im Wind, nachdem die Mannschaft die Taue gelöst, die Fock aber noch nicht aufgerollt hatten. Der bauchige Rumpf lag tief im Wasser, ein Zeichen dafür, dass der Frachtraum voll beladen war. Mittlerweile hatten drei Lastkähne das Schiff erreicht, um die Fracht zu löschen. Um diese Tageszeit herrschte Ebbe, und der Wasserstand war zu niedrig, um das Schiff direkt an der Mole zu entladen. Monsieur Lecherche, ihr Schiffsführer, musste noch einige Zeit warten, bevor die Belle Saumur im sicheren Hafen vertäut werden konnte.
„Madame de Lonnieres, Madame de Lonnieres!" Geoffrey Beaufort, ein wohlhabender Kaufmann aus Barfleur, winkte ihr aus einem Frachtkahn zu. Der flache Kiel des Ruderboots knirschte über den groben Kies an Land. Geoffrey sprang über den Bootsrand, watete mit seinen schweren Lederstiefeln durchs seichte Wasser und rannte ihr auf den Bohlen des Landestegs zur Begrüßung entgegen.
Emmeline umarmte ihn herzlich und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter seines feuchten, vom Salzwasser klebrigen Mantels. „Dem Herrn sei Dank, dass du wohlbehalten wieder daheim bist. In den letzten Tagen gab es Schreckensmeldungen über Stürme im Kanal …"
Geoffrey registrierte mit Besorgnis die dunklen Ringe der Erschöpfung unter ihren leuchtend grünen Augen. „Du sollst dir nicht so viele Gedanken machen, Emmeline. Du siehst müde aus."
„Die Belle Saumur ist mein einziger Besitz", antwortete sie ausweichend und zog die Kapuze tiefer über das blonde Haar.
„Dein Bootsführer und seine Mannschaft sind die erfahrensten Seefahrer weit und breit."
Sie nickte. „Das ist ja auch der Grund, warum ich keine andere Mannschaft anheure. Sie biss sich auf die Unterlippe. „Ich war wirklich besorgt, Geoffrey. Ihr hattet euch um mehr als eine Woche verspätet.
Der Kaufmann legte seine fleischige gerötete Hand ans Herz. „Das ist allein meine Schuld, Emmeline. Bitte verzeih, aber ich wollte unbedingt den großen Markt in Winchester abwarten, der nur einmal im Jahr stattfindet. Es wäre eine Schande gewesen, ihn zu verpassen. Dort werden die besten flandrischen Tuche angeboten, die ich hier mit großem Gewinn verkaufen kann. Er bemerkte ihr Stirnrunzeln. „Sei unbesorgt, ich bezahle selbstverständlich für die zusätzliche Zeit. Diese Zusage habe ich Monsieur Lecherche bereits gegeben.
Er verzog seine rissig aufgesprungenen Lippen zu einem schuldbewussten Lächeln. „Sieh nur, wie viel Ware ich mitgebracht habe. Und ich habe alle Weinbestände verkauft." Emmeline blickte zum flachen Uferstreifen hinüber, wo ein Kahn entladen wurde. Drei Männer waren nötig, um die Jutesäcke, in denen die Stoffballen verpackt waren, einen nach dem anderen aus dem Kahn zu hieven und auf einen wartenden Ochsenkarren zu laden.
„Und deshalb hast du die leeren Weinfässer auseinandernehmen lassen, Geoffrey, sonst hätte der Frachtraum nicht ausgereicht."
„Auch für diese Kosten komme ich auf."
Emmeline nickte zustimmend. In ihrer augenblicklichen Situation konnte sie es sich nicht leisten, die Fässer auf ihre Kosten wieder zusammensetzen zu lassen; eine mühselige Arbeit für einen Fassbauer, für die normalerweise der Schiffseigner aufkommen musste.
„Augenblick, ich habe etwas für dich, Emmeline. Geoffrey strahlte übers ganze wettergegerbte Gesicht. „Einen Brief von deiner Schwester.
Emmeline nagte an ihrer Unterlippe, während Geoffrey im Lederbeutel an seinem Gürtel kramte. Sie konnte kaum glauben, dass ihre ältere Schwester sich meldete. Nachdem Sylvie an der Seite eines Edelmannes ein neues Leben in England begonnen hatte, wollte sie offenbar jede Verbindung zu ihrer Vergangenheit abbrechen. Die spärlichen Nachrichten, die Emmeline anfänglich noch von ihr erhalten hatte, berichteten von Reichtum, riesigen Ländereien und Burgen sowie der fürsorglichen Zuneigung ihres Gemahls Lord Edgar. Nachdem die kleine Rose gestorben war, hatte Emmeline sich für das kaltherzige Verhalten ihrer Schwester geschämt, doch mittlerweile waren ihre Gefühle zu gleichgültiger Resignation abgeflaut.
Geoffrey reichte ihr ein zusammengerolltes Pergament, das Emmeline mit zitternden Fingern an sich nahm. Danach löste sie das rote Band und entrollte das Papier. Sie hielt das im Wind flatternde Blatt oben und unten fest und überflog den Inhalt. Beim Lesen der hingekritzelten Worte wurde ihr kalt ums Herz: Ich lebe in ständiger Angst. Bitte komm und hilf mir. Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht. Verzeih.
Emmeline schloss die Augen.
Die krakeligen und hastig hingeworfenen Buchstaben tanzten vor ihrem inneren Auge: Es war ein in großer Eile und Verzweiflung verfasster Hilferuf. Was für ein Unterschied zu ihrer letzten Begegnung mit Sylvie, die in einem kostbar bestickten Gewand auf der Schwelle des bescheidenen strohgedeckten Hauses in Barfleur gestanden hatte. Eine stolze und schöne Frau, die sich nicht darum kümmerte, was ihre Familie von ihr hielt, in deren Obhut sie ihr Töchterchen Rose gab, ohne eine Gefühlsregung zu zeigen. Sie hatte sich so sehr nach einem sorglosen Leben in Luxus und Wohlstand gesehnt und duldete nicht, dass ihr jemand dabei im Wege stand.
„Da stimmt etwas nicht", sagte Emmeline gedehnt und wandte sich verstört an Geoffrey.
„Keine schlechten Nachrichten, will ich hoffen?" Geoffrey musterte Emmelines bekümmerte Miene.
„Meine Schwester ist in Nöten, antwortete sie beklommen. „Wann hast du sie gesehen?
„Mir wurde die Ehre zuteil, eine Nacht auf Waldeath zu verbringen, als Gast deiner Schwester und ihres Gemahls Lord Edgar."
„Wie geht es ihr? Ist sie wohlauf?"
Geoffrey breitete die Hände aus, ohne recht zu wissen, was er antworten sollte. „Sie wirkte ein wenig flatterig, aber …"
„So war sie schon immer,beendete Emmeline seinen Satz mit einem dünnen Lächeln. Sylvies reizbares launisches Wesen war natürlich auch Geoffrey nicht fremd. „Vielen Dank für den Brief.
Sie verstaute das knisternde Pergament in dem bestickten Beutel an ihrem Gürtel. Ein merkwürdiges Gefühl drohenden Unheils beschlich sie, während sie Überlegungen anstellte, wie sie Sylvie erreichen konnte.
„Ich würde mir keine allzu großen Sorgen machen, Emmeline. Geoffrey tätschelte ihr beschwichtigend den Arm.„Ihr Gemahl scheint ihr sehr zugetan zu sein, hatte ich jedenfalls den Eindruck.
„Falls die Belle Saumur vor Einsetzen der Winterstürme eine letzte Überfahrt schafft, besuche ich sie in England", sagte Emmeline entschlossen. Aber Geoffrey hörte ihr nicht mehr zu. Sein Blick war über ihre Schulter gerichtet, und seine Miene hellte sich wieder auf. Auf dem Steg näherte sich eine junge Frau mit drei bunt gekleideten kleinen Kindern, deren helle Stimmen sich mit dem Kreischen der tief kreisenden Seemöwen mischten.
„Ah, sieh an! Marie und die Kleinen!" Geoffrey strahlte beim Anblick seiner Familie. Auch Emmeline lächelte ihrer Freundin entgegen. Marie war annähernd so groß wie ihr Ehemann und bewegte sich in anmutiger Grazie, obwohl drei Kinder an ihren Röcken hingen. Emmeline, einen halben Kopf kleiner, bildete mit ihrem hellen Teint und dem blonden Haar einen lebhaften Kontrast zu Maries schwarzen Locken und gebräunter Haut. Emmeline verwünschte häufig ihre weiblichen Rundungen, da es schwierig war, in einer Männerwelt Geschäfte zu machen, wenn die Männer ständig auf ihren Busen starrten, statt ihr zuzuhören. Zum Glück handelte es sich meist um Kaufleute, die aus alter Freundschaft und Treue zu ihrem verstorbenen Vater ihre Waren auf der Belle Saumur verschifften, nicht zuletzt auch in der Gewissheit einer sicheren Überfahrt und einer erfahrenen Mannschaft. Jüngere Kaufleute bevorzugten neue und wendigere Schiffe, die in den Werften entlang der Küste in Caen und Dieppe gebaut wurden.
„Ich könnte schwören, die Kleinen sind in den paar Wochen meiner Abwesenheit wieder gewachsen, rief Geoffrey, hob jedes der Kinder der Reihe nach hoch und wirbelte es unter lautem Freudengeschrei durch die Luft. „Womit fütterst sie nur, Weib?
Er drückte seiner Frau einen zärtlichen Kuss auf die Wange. Emmeline fühlte sich ein wenig unbehaglich bei der herzlichen Begrüßungsszene. Vielleicht verspürte sie auch einen Stich des Bedauerns? Sie seufzte. An ihre unglückliche Ehe mit Giffard de Lonnieres hatte sie lediglich bittere Erinnerungen und wusste, dass ihr dieses Familienglück niemals beschieden sein würde.
Nach dem plötzlichen Tod ihres Vaters Anselm hatte Emmeline hilflos zusehen müssen, wie Giffard, auf den die Schiffswerft ihres Vaters bei der Eheschließung übergegangen war, folgenschwere Fehler machte und viel Geld durch Fehlspekulationen verlor. Sie hatte lernen müssen, ihm keine Vorhaltungen zu machen, obwohl er das Geschäft beinahe in den Ruin getrieben hätte. Als er bei einem Jagdunfall ums Leben kam, hatte Emmeline nichts als Erleichterung verspürt. Mit seinem Tod ging das Recht, den Handel weiterzuführen, auf seine Witwe über, und Emmeline hatte sich fest vorgenommen, das Geschäft zu neuer Blüte zu bringen. Es war ihr Lebensinhalt geworden, ungeachtet der unablässigen Ermahnungen ihrer Mutter, mehr auf ihr Äußeres zu achten, um wieder einen Ehemann zu finden. Ihre Mutter durfte nie erfahren, was Giffard ihr hinter verschlossenen Türen angetan hatte. Nichts von den Demütigungen und Beschimpfungen, den Fußtritten und Schlägen, bis er sie eines Tages die Treppe hinuntergestoßen hatte. Emmeline schüttelte den Kopf, um die quälenden Erinnerungen zu bannen.
„Wir haben uns also unnötig Sorgen gemacht, wie, petite amie? Marie schlang den Arm um Emmeline.„Die See stellt uns Frauen oft auf eine harte Probe.
Ihr Tonfall klang heiter, doch ihre Augen glänzten feucht, als sie die raue Hand ihres Mannes dankbar drückte.
Geoffreys Aufmerksamkeit galt wieder dem Entladen des Schiffes. „Ich werde im Lagerhaus gebraucht, verkündete er. „Ich will die Säcke und Kisten zählen und prüfen, ob nichts beschädigt ist.
Er fing Emmelines Blick auf, deren Wangen und Nase vom kalten Wind gerötet waren. „Aber es ist gewiss alles in Ordnung. Ich werde dir genau berichten. Willst du mit uns essen, Emmeline? Marie hat uns gewiss ein kräftiges Morgenmahl bereitet." Er zwinkerte seiner Frau liebevoll zu.
Emmeline schüttelte den Kopf. „Danke für die Einladung, mein Freund, aber ich warte auf den Bootsführer und muss die Mannschaft auszahlen."
„Aber Emmeline, gab Marie zu bedenken, „die Männer haben noch Stunden zu tun. Du holst dir den Tod hier auf dem windigen Landesteg. Komm, ich habe dich ewig nicht gesehen.
Die Wollröcke schlugen Emmeline um die Beine, ihre Füße waren eiskalt geworden, und sie geriet in Versuchung, die Einladung anzunehmen.
„Ich sage Monsieur Lecherche Bescheid, wo er dich findet, wenn die Männer fertig sind", fügte Geoffrey aufmunternd hinzu. Mit vor Kälte wässrigen Augen blickte Emmeline zu den Lagerschuppen hinüber, die den Hafen an der Flussmündung säumten. Geoffreys Haus mit einem hohen Schindeldach, das auch als Warenlager diente, war das stattlichste Gebäude.
„Geht schon voraus, es dauert nicht mehr lang, willigte Emmeline schließlich lachend ein. „Ich sehe Monsieur Lecherche bereits an Deck. Er wird bald übersetzen. Wenn ich mit ihm gesprochen habe, komme ich nach. Versprochen.
Mit gespreizten Beinen, um das sanfte Schaukeln auszugleichen, stand Lord Talvas of Boulogne im Bug der Belle Saumur und blickte missmutig zum kleinen Hafen hinüber. Barfleur anzulaufen bedeutete für ihn, zwei weitere Tage nach Norden zu reiten, um seine Eltern zu besuchen. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er den größeren Hafen von Boulogne gewählt. Unglücklicherweise war das Großsegel seines Schiffes bei der letzten Überfahrt nach England der Länge nach gerissen und erforderte umfangreiche Ausbesserungsarbeiten, wodurch er gezwungen war, das nächste Schiff zu nehmen, bevor die Winterstürme einsetzten. Er wollte Weihnachten mit seinen Eltern verbringen und auf seinen Ländereien in der Normandie nach dem Rechten sehen, ehe er wieder nach England zurückkehrte. Er hielt sich nicht gern lange in der Normandie auf, da ihn mit diesem Land zu viele schmerzliche Erinnerungen verbanden. Als sein Schwager Stephen von seiner bevorstehenden Reise nach Boulogne erfuhr, hatte er Talvas gebeten, der Kaiserin Maud einen Besuch auf ihrer Burgfeste in Torigny abzustatten, um etwas über die Pläne der einzigen legitimen Tochter von König Henry I. in Erfahrung zu bringen, die als Unruhestifterin berüchtigt war. Maud, eine Enkelin von Wilhelm dem Eroberer, nannte sich nach dem Tod ihres deutschen Gemahls Kaiser Heinrich V. fortan imperatrix und führte das Siegel einer Kaiserin. König Henry, der ohne männliche Erben war, hatte seine Barone verpflichtet, Prinzessin Maud als Thronerbin anzuerkennen. Also musste Talvas damit rechnen, einige Wochen in diesem verhassten Land zu verbringen. Er schwang die sehnigen Beine über die hohe Bootswand, kletterte die Strickleiter nach unten und sprang in den Kahn.
Die Sonne begann die Dunstschwaden aufzusaugen, als der kleine Hafen erwachte. Einige Fischerboote, die kurz vor Morgengrauen ausgelaufen waren, kehrten bereits mit reichem Fang zurück. Die zuckenden Fischleiber in den Holzkisten glänzten silbrig. Die Fischer entluden ihren Fang weiter flussaufwärts direkt neben dem Markt von Barfleur, wo ihre Boote sich drängten und gegeneinander stießen, da jeder sich den besten Platz am Ufer sichern wollte.
Emmeline wippte auf und ab, krümmte die Zehen, um ihre Füße zu wärmen, während sich hinter ihr der wuchtige Querbalken des einzigen Lastkrans von Barfleur langsam in Bewegung setzte und Weinfässer aus einem Kahn hievte, der am Steg festgemacht hatte. Von den bauchigen Fässern fanden nur drei Stück in einem Boot Platz. Die zwei Männer, die den Kran bedienten, ächzten vor Anstrengung, während sie an dem faustdicken Seil zogen, das am Ende des Querbalkens befestigt war, um die Last aus dem flachen Kahn zu heben. Sobald das Fass in dem verschnürten Netz über den Holzplanken schwebte, setzte das knirschende Geräusch ein, mit dem der senkrechte Pfosten in der Höhlung des Steins gedreht wurde, um das Fass zu dem am Ufer wartenden Ochsenkarren zu schwenken.
Emmeline beobachtete, wie das Ruderboot, in dem ihr Schiffsführer stand, sich dem Ufer näherte. Sie kniff die Augen zusammen. Die grelle Spiegelung der tief stehenden Wintersonne auf den tanzenden Wellen blendete sie. Irgendwie erschien ihr Monsieur Lecherche größer und breiter als sonst. Vermutlich hatte auch er sich mit mehreren Schichten wollener Kleidung gegen die Kälte geschützt. Normalerweise blieb er an Bord, bis die Fracht vollständig entladen war, und wachte darüber, dass keiner der Seeleute sich heimlich etwas in die Tasche steckte. Da auf seine Besatzung absoluter Verlass war, fürchtete Emmeline, er sei vorzeitig von Bord gegangen, um ihr einen Schaden zu melden.
Als das Boot mit beängstigender Geschwindigkeit über den Kies knirschte, blieb ihr der Mund offen stehen. Der Hüne, der über den Bootsrand ins seichte Wasser sprang, war nicht ihr Bootsführer! Es war aber kein anderes Segelschiff am Horizont zu sehen! Was in Gottes Namen hatte dieser Fremde auf ihrem Schiff zu suchen? Es war ihr strikter Grundsatz, keine Passagiere zu befördern. Das wusste Lecherche genau.
Verdutzt sah sie, wie der Mann in langen Sätzen über die Mole direkt in ihre Richtung stürmte. Gleich bleibt er stehen, dachte Emmeline, ohne zurückzuweichen. Sie hatte einen flüchtigen Eindruck von ihm gewonnen, funkelnd blaue Augen unter buschig schwarzen Brauen und scharf geschnittene Gesichtszüge, bevor sein mächtiger Körper gegen sie prallte, sie nach hinten schleuderte und unter seinem schweren Gewicht begrub. Hinter ihnen krachte ein Weinfass mit ohrenbetäubendem Lärm auf den Steg, ein Schwall gaskonischen Weins ergoss sich sprudelnd auf die Planken und sickerte durch die Ritzen.
Das Gesicht an den Wollumhang des Berserkers gepresst, der nach Meer und Tang roch, versuchte Emmeline wütend und halb erstickt zu protestieren. Sein mächtiger Körper presste ihr die Luft aus den Lungen und drückte sie schmerzhaft auf die harten Holzplanken. Arme und Beine unter seinem Gewicht gefangen, konnte sie sich nicht zur Wehr setzen.
„Runter von mir! Lasst mich los!", stieß sie gepresst hervor. Das bleierne Gewicht rollte von ihr. Sie hatte das Gefühl, der Hüne habe ihr sämtliche Knochen gebrochen und die Rippen eingedrückt. Benommen und nach Atem ringend, setzte sie sich auf und fasste mit zitternden Händen an ihren schmerzenden Hinterkopf. Ihre blonde Haarfülle wallte ihr über Schultern und Rücken. Wo war ihre Kapuze? Fahrig tastete sie danach. Im vergeblichen Versuch, ihre Würde zu wahren, zog sie die Kapuze tief in die Stirn, um die widerspenstige Mähne darunter zu verbergen. Dann hob sie den Blick und begegnete dem spöttischen Funkeln blauer Augen.
„Ist es nicht noch ein wenig früh am Tag, um Eurem Gewerbe nachzugehen, Madame?, fragte er trocken. „Oder ist für Euch die Nacht noch nicht zu Ende?
Emmeline kniff beschämt und empört zugleich die Augen zu.
2. KAPITEL
„Was fällt Euch ein, Monsieur, in diesem Ton mit mir zu sprechen!" Entrüstet versuchte Emmeline, auf die Füße zu kommen, wobei ihr erneut ein paar widerspenstige blonde Locken ins Gesicht fielen. Und dann wäre sie vor Schreck beinahe wieder umgefallen beim Anblick des Fremden, der sich wie ein bedrohlicher Bär über ihr auftürmte. Seine untere Gesichtshälfte war von Bartstoppeln verdunkelt, eine Locke seines kurz geschnittenen schwarzen Haares hing ihm in die Stirn, der Wind blähte seinen Umhang, verdeckte die Sonne und warf einen unheilvollen Schatten über sie.
Ein seltsamer Schauer durchrieselte sie. War es Angst oder eine andere Empfindung, die sie nicht zu deuten wusste? Dieser unverschämte Fremdling hatte kein Recht, sie einzuschüchtern, mochte er von ihr denken, was er wollte. Er ist nur ein Mann, beschwor sie sich. Nach allem, was Giffard ihr angetan hatte, wusste sie nun wenigstens, mit Männern umzugehen. Nur Mut! Ihr Blick wanderte argwöhnisch von schweren Lederstiefeln, die er an seinen kraftvollen Beinen trug, nach oben zum braunen Lederwams, das seinen breiten Brustkorb umspannte. Der flatternde dunkelblaue Umhang wies ihn als Edelmann aus. Nur Adelige trugen dieses kostbare Indigoblau, ein Blau, das zur Farbe seiner Augen passte, deren Strahlkraft ihren Herzschlag ins Stolpern brachte.
„Wie, wenn ich bitten darf, soll ich eine Dirne sonst ansprechen?" Sein hochmütiger Tonfall machte sie nur noch wütender.
Mit fahrigen Händen begann Emmeline ihre Haarfülle wieder unter der Kapuze zu bändigen. Ihr Kopf schmerzte unter der Berührung ihrer Finger. „Ich bin keine Dirne, Monsieur. Nur ein Dummkopf würde mich mit einer Hure verwechseln."
Der Fremde lachte tief und kehlig. „Dann bin ich wohl ein Dummkopf. Soweit ich weiß, wagt sich nur eine Dirne oder eine ausgesprochen törichte Frau mit offenem Haar in eine Hafengegend, ohne auf ein frivoles Abenteuer aus zu sein. Zu welcher Sorte zählt Ihr?"
„Das geht Euch nichts an!"
„Es geht mich sehr wohl etwas an, seit ich Euch vor dem herabstürzenden Weinfass gerettet habe. Ihr könnt Euch glücklich schätzen, denn vermutlich hätte kein anderer einer wie Euch das Leben gerettet."
Gütiger Himmel, er hält mich tatsächlich für eine Hure, dachte sie erschrocken. „Und wieso habt Ihr es getan?", fragte sie spitz.
Er zog die breiten Schultern hoch. „Keine Ahnung. Aber wer will schon zusehen, wenn ein Leben unnötig vergeudet wird. Das Fass hätte Euch zerquetscht. Er blickte anmaßend über seine kühn geschwungene Nase auf sie herab. „Im Übrigen hätte jede andere sich mittlerweile bei mir bedankt.
„Danke schön", säuselte sie spöttisch. Die Kälte drang ihr bis in die Knochen. Sie raffte Umhang und Röcke um sich und überlegte, wie sie möglichst würdevoll auf die Beine kommen könnte, ohne dass dieser hochfahrende Fremdling ihre Behinderung bemerkte. Wenn sie sich nur an etwas hochziehen könnte! Je schneller sie diesen grässlichen Kerl loswurde, umso besser.
„Ich helfe Euch, bot er ihr an. Sie starrte auf seinen vornehmen Lederhandschuh, als er sich zu ihr herunterbeugte und sie wie ein Häufchen Elend in ihren abgetragenen Schuhen und heruntergerutschten Beinlingen vor ihm kauerte. „Ich schaffe es alleine
, murmelte sie zähneknirschend.
„Wie Ihr wünscht." Er zog die Hand zurück und richtete sich auf.
Mittlerweile lungerten ein paar Hafenarbeiter in der Nähe herum, einige mit besorgter Miene, andere registrierten ihre Demütigung mit einem leichten Grinsen. Zornig schob sie die Röcke nach unten und bedeckte ihre Füße, als ein Kaufmann sich einen Weg durch die Gaffenden bahnte.
„Madame de Lonnieres,