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== Kontroversen ==
=== Seelische Störung versus sexuelle Orientierung ===
Um die sexualmedizinische Einordnung der Pädophilie gibt es seit jeher Kontroversen. Sie finden einerseits unter Fachleuten, Pädophilen und Laien statt und andererseits zwischen diesen Gruppen. Fachleute sind sich relativ einig darüber, dass es sich bei der Pädophilie um eine krankheitswertige Störung handelt. Die weltweit recht gut vernetzte [[Pädophilenbewegung]] ist sich ebenso einig, dass dem nicht so wäresei. Dazwischen stehen Laien, die ihre Positionen im Wesentlichen aus den Medien beziehen und auf dieser Basis Partei ergreifen. Hinzu kommt eine ausschließlich von [[Profit]]interessen getragene [[Kinderpornografie#Kommerzielle Kinderpornografie|Pornoindustrie]], die die Diskussion zusätzlich und im Sinn ihrer Profitinteressen befeuert.
 
Uneinig sind sich die Fachleute über einige fachspezifische Fragen, an denen Laien kaum interessiert sind. Ihre theoretische Ausrichtung ist verschieden und damit auch erklärende Ansätze. Daneben finden sich Unterschiede über die Frage, welche der zur Verfügung stehenden diagnostischen Klassifikationssysteme sie bevorzugen, ob sie also lieber nach der von der [[Weltgesundheitsorganisation|WHO]] herausgegebenen [[Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme|ICD]] oder dem von der [[American Psychiatric Association|Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung]] entwickelten [[Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders|DSM]] klassifizieren oder gar an dem als veraltet geltenden Begriff der [[Perversion]] festhalten, der unter anderem von Sigusch verteidigt wird:
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|Quelle=Sexuelle Welten
|ref=<ref>{{Literatur |Autor=[[Volkmar Sigusch]] |Titel=Sexuelle Welten. Zwischenrufe eines Sexualwissenschaftlers |Verlag=Psychosozial |Ort=Gießen |Datum=2005 |ISBN=3-89806-482-4 |Seiten=100}}</ref>}}
Der Begriff der Perversion hatte sich eingebürgert, bald nachdem Freud 1905 seine ''Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie''<ref>{{Literatur |Autor=Sigmund Freud |Titel=Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie |Datum= |Online=[http://www.psychanalyse.lu/Freud/FreudDreiAbhandlungen.pdf psychanalyse.lu] |Format=PDF |KBytes=528 |Abruf=2018-03-07}}</ref> geschrieben hatte. und das war, wieWie [[Reimut Reiche]] schrieb, war das „der Auftakt einer Umbenennungs-Odyssee, die bis heute andauert“.<ref name="Reiche">{{Literatur |Autor=Reimut Reiche |Hrsg=Ilka Quindeau, Volkmar Sigusch |Titel=Das Rätsel der Sexualisierung |Sammelwerk=Freud und das Sexuelle. Neue psychoanalytische und sexualwissenschaftliche Perspektiven |Verlag=Campus Verlag |Ort=Frankfurt/Main, New York |Datum=2005 |ISBN=3-593-37848-5 |Seiten=136 |Online={{Google Buch| BuchID=um9HVWY6TUsC | Seite=136}} |Abruf=2018-03-06}}</ref> Dabei mahnte er an, „die normative Kraft von Sprachregelungen“ nicht zu unterschätzen. Im Bemühen um begriffliche Klarheit schlugen die Sexualwissenschaftler der Berliner Charité im Jahr 2005 vor, zwischen ''sexueller Orientierung'' für das bevorzugte Geschlecht der Sexualpartner, ''sexueller Ausrichtung'' für das bevorzugte Alter der Sexualpartner und ''sexueller Neigung'' für die bevorzugten sexuellen Praktiken zu unterscheiden.<ref name="Ahlers/Beier/Schaefer" />
 
Drei Jahre zuvor war in der amerikanischen Zeitschrift ''[[Archives of Sexual Behavior]]'' eine breite Kontroverse über den Begriff der Pädophilie und seine Einordnung in die einschlägigen diagnostischen Klassifikationssystemene von ''ICD'' und ''DSM'' veröffentlicht worden.<ref>''Special Section on Pedophilia.'' In: ''Archives of Sexual Behavior.'' Vol. 31, No.&nbsp;6 (Dec. 2002), S.&nbsp;465–510. {{ISSN|0004-0002}}</ref> Beide sehen für die Pädophilie die Kodierung einer psychischen Störung vor, die ICD unter dem Oberbegriff der ''Sexualpräferenzstörungen'', das DSM unter ''[[Paraphilie]]''. Diese Kontroverse handelte zugleich eine ganze Reihe von Streitgegenständen ab. Einige Autoren schlugen vor, alle Paraphilien, zu denen auch die Pädophilie zählt, aus dem DSM zu streichen, weil sie überzeugt waren, derlei Störungen würden lediglich aufgrund gesellschaftlicher Konflikte den Paraphilen zugewiesen. Darüber hinaus gab es den Vorschlag, die Pädophilie als ''[[Störung der Impulskontrolle|Impulskontrollstörung]]'' (ICD: F63) zu kategorisieren mit der Konsequenz, dass dabei die sexuelle Ausrichtung auf Kinder verschleiert wird. Auch wurde empfohlen, ''sexuelle Präferenz'' und ''sexuelles Verhalten'' zu unterscheiden. FürDamit würde die ''Pädophilie'' würde damit zwischen einerals reinenreine Präferenzstörung undvon ''Pädosexualität'' als sexueller Verhaltensstörung unterschieden, in deren Rahmen Sexualität mit Kindern stattfindet. DamitAuf diese Weise solle der Tatsache Rechnung getragen werden, dass es Pädophile gibt, die ihr sexuelles Begehren zwar auf Kinder richten, aber darauf verzichten, dem nachzugeben. Verzichten sie nicht, solle in der Diagnose eine ''sexuelle Verhaltensstörung'' zugewiesen werden, wie beispielsweise Ahlers, Beier und andere vorschlugen.<ref name="Ahlers/Beier/Schaefer" /> Damit bemisstbemäße sich der Krankheitswert einer Paraphilie jedoch an ihren Folgen, womit andere Sexualwissenschaftler nicht einverstanden sind.
 
Jenseits dieser Diskussion grenzen sich einige wenige Fachleute von ihrer Kollegenschaft ab, indem sie propädophile Positionen vertreten. So gab es unter dem Titel ''Paidika – Journal of Paedophilia'' eine wissenschaftliche Zeitschrift, in der propädophile Autoren wie Brongersma<ref>{{Literatur |Autor=Edward Brongersma |Titel=Die Rechtsposition des Pädophilen |Sammelwerk=[[Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform|MschrKrim.]] |Nummer=2 |Datum=1980 |Seiten=97–108}}</ref> und Graupner<ref>{{Literatur |Autor=Helmut Graupner |Titel=Love versus Abuse: Cross-generational Sexual Relations of Minors. A Gay Rights Issue? |Sammelwerk=Journal of Homosexuality |Band=47 |Nummer=4 |Datum=1999 |Seiten=23-56 |Sprache=en}}</ref> veröffentlichten. Sie „verstand sich als wissenschaftliche Zeitschrift für ‚einvernehmliche generationsübergreifende sexuelle Beziehungen‘“, auch mit Kindern.<ref name="Mascher">{{Internetquelle |autor=Konstantin Mascher |url=http://www.dijg.de/paedophilie-kindesmissbrauch/normalisierung-allianzen-lobby/ |titel=Pädophile Allianzen. Die Pädophilenbewegung in Deutschland und ihre Interessensvertreter |abruf=2018-03-05}}</ref> 1995 wurde sie eingestellt. Konstantin Mascher beschrieb in seiner Schrift ''Die Pädophilenbewegung in Deutschland und ihre Interessensvertreter'' ausführlich, wie aus propädophiler Position agiert wirdwerde und wie viel Einfluss sie, insbesondere „im Windschatten der Homosexuellenbewegung“, habe gewinnen konntekönnen.<ref name="Mascher" /> Graupner beispielsweise war als Sachverständiger vor den [[Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages]] geladen und konnte dort seinen Vorschlag platzieren, [[Artikel 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland|Artikel&nbsp;3]] des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetzes]] so zu ergänzen und zwar so, dass Menschen nicht nur nicht wegen ihrer [[Geschlechtsidentität]], sondern zukünftig auch niemandnicht wegen seiner „[[Sexuelle Identität|sexuellen Identität]] […] benachteiligt oder bevorzugt werden“ dürfedürften.<ref name="Mascher" /> Wäre,Sein wasVorschlag wurde nicht geschah, sein Vorschlag angenommen worden, wäre aber ein erster Schritt hin zurzu einer möglichen Legalisierung der Pädophilie getangewesen. Die ''Pädophilenbewegung'' hat Interesse daran, sowohl den Krankheitsbegriff der Pädophilie als auch die Strafbarkeit ihrer Ausübung zu tilgen und sie stattdessen als Ausdruck der [[Persönlichkeit]] und als eine eigenständige [[sexuelle Orientierung]] neben Hetero-, Homo- und Bisexualität anerkennen zu lassen. Ihre Kritiker beklagen die damit verbundene Verleugnung und Verharmlosung der Implikationen.
 
[[Jeffrey Satinover]], ein amerikanischer Psychoanalytiker und Physiker, hat sich unter dem bezeichnenden Titel ''The Trojan Couch'' zwar nur am Rande mit dem Thema Pädophilie befasst, aberdabei diejedoch Machtstrukturen im Wissenschaftsbetrieb aufgedeckt, die über Wohl und Wehe wissenschaftlicher Positionen entscheiden.<ref>{{Internetquelle |autor=[[Jeffrey Satinover]] |url=http://factsaboutyouth.com/wp-content/uploads/TheTrojanCouchSatinover.pdf |titel=The Trojan Couch. How the Mental Health Associations Misrepresent Science |hrsg=[[National Association for Research and Therapy of Homosexuality|NARTH]] |datum=2005 |abruf=2018-03-05 |format=PDF; 166 kB |sprache=en}}</ref>
 
=== Zur Frage der Strafwürdigkeit gewaltfreier sexueller Handlungen ===