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== Definition ==
Im Kern besteht ein Spiegeltanz aus spiegelgleichen Bewegungen eines Paars oder einer Gruppe, die sich gegenüberstehen. Mit dem Spiegeltanz wird die Kunst der [[synchronSynchronität|synchronen]]en Bewegung gezeigt, als wäre ein Tänzer ein Spiegelbild des anderen. Oft sind Spiegeltänze mit einer Handlung verbunden, in der eine Figur meint, ihr Spiegelbild zu sehen. Als komischer Effekt (oder auch als Horroreffekt) wirkt ein Bruch mit dieser Synchronität, weil dann das Spiegelbild „lebendig“ wird.
 
Seltener sind Spiegeltänze mit wirklichen Spiegeln, die dem Schattenboxen ähneln. Im [[Volkstanz]] gibt es Tanzspiele mit Spiegeln. Im übertragenen Sinn kann der Spiegeltanz ein Symbol für Abhängigkeit, Ausweglosigkeit (so wie die [[Spiegelfechterei]]), Eitelkeit oder Naivität sein.
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== Beispiele ==
 
Spiegeltänze sind bereits auf altägyptischen bildlichen Darstellungen dokumentiert.<ref>Wolfgang Decker, Michael Herb: ''Bildatlas zum Sport im Alten Ägypten,'' Leiden: Brill 1994, S. 839f.</ref> In Sonetten der [[Renaissance]] wird der Spiegel häufig im Zusammenhang mit dem Topos der [[Vanitas]] gegenüber der höfischen Repräsentativität thematisiert. Im ''Spieglersonett'' [[Georg Rodolf Weckherlin]]s erscheint in diesem Zusammenhang auch ein Spiegeltanz.<ref>Thomas Borgstedt: ''Topik des Sonetts. Gattungstheorie und Gattungsgeschichte,'' Tübingen: Niemeyer 2009, S. 313f.</ref> In der Theatergeschichte gehört der Spiegeltanz zu den [[Lazzi]] der [[Commedia dell’arte]] und erscheint häufig in Pantomime und Ballett des 18. und 19. Jahrhunderts. Die Hauptfigur aus der Oper ''[[Silvana (Oper)|Silvana]]'' (1810) von [[Carl Maria von Weber]] vollführt einen auf den Bühnen des 19. Jahrhunderts beliebten Spiegeltanz.
 
== Varieté ==
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Das Prinzip des Spiegeltanzes wurde Ende des 19. Jahrhunderts auch von Varieté-Komikern für die berühmt gewordene Gag-Routine übernommen, in der ein Darsteller einen anderen imitiert, während dieser meint, sein Spiegelbild zu sehen. Für diesen Trugschluss verantwortlich ist oft ein zerbrochener Spiegel, vor bzw. hinter dem die beiden Akteure ihren „Tanz“ ausüben.
 
Diese Routine war z. B. Bestandteil eines französischen Theaterstücks von H. A. du Souchet, das 1894 veröffentlicht wurde. Unter dem Titel ''My Friend from India'' gab es davon 1896 auch eine amerikanische Fassung, die im selben Jahr am Broadway ihre Uraufführung erlebte. 1897 wurde die Farce von Justin Huntley McCarthy für die Londoner Bühnen überarbeitet, wo sie unter dem Titel ''My Friend the Prince'' lief.
 
Ab 1899 tourten die amerikanischen Lyman Twins mit ihrer Komödie ''A Merry Chase'', die ebenfalls eine Spiegel-Routine beinhaltete. In Deutschland traten Anfang der 1910er Jahre die Gebrüder Schwartz mit ihrem gleichgearteten 15-minütigen Sketch ''Der zerbrochene Spiegel'' auf (der im Dezember 1912 von [[Max Linder]] im Berliner [[Wintergarten (Varieté) |Wintergarten]] gesehen wurde).
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== Film ==
 
Bald darauf kam der Gag auch in Filmkomödien zum Einsatz; die berühmteste von zahlreichen Versionen findet sich in ''[[Die Marx Brothers im Krieg]]'' (1933). Weitere Beispiele gab es u.&nbsp;a. in folgenden Filmen:
 
*1912: His Double (Kurzfilm von [[Alice Guy-Blaché]])
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*1914: My Friend from India (Kurzfilm nach dem Bühnenstück)
*1916: [[Der Ladenaufseher|The Floorwalker]] (Kurzfilm mit [[Charlie Chaplin]] – die betreffende Szene mit [[Lloyd Bacon]] als Double kommt ohne Spiegel aus)
*1919: Rolling Stone (Kurzfilm von [[Charley Chase (Regisseur)|Charley Chase]] mit Chaplin-Imitator Billy West und [[Leo White (Schauspieler)|Leo White]] – auch hier kein Spiegel)
*1919: The Marathon (Kurzfilm mit [[Harold Lloyd]])
*1921: Seven Years Bad Luck (Langfilm mit Max Linder)
*1924: Sittin'Sittin’ Pretty (Kurzfilm mit den Brüdern Charley Chase und [[James ParrotParrott]])
*1927: My Friend from India (Langfilm-Remake des Kurzfilms gleichen Titels, mit [[Franklin Pangborn]])
*1933: [[Die Marx Brothers im Krieg|Duck Soup]] (Groucho und Harpo Marx; Regisseur [[Leo McCarey]] hatte zuvor auch Chases ''Sittin’ Pretty'' inszeniert)
*1937: Lodge Night (Kurzfilm mit [[Andy Clyde]])
*1940: Sieben Jahre Pech ([[Wolf Albach-Retty]] und [[Theo Lingen]])
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*2010: [[Otto’s Eleven]] ([[Otto Waalkes]] und [[Olli Dittrich]])
 
Der Gag fand zudem Eingang in Zeichentrickfilme und ins Fernsehen, bekannte Beispiele sind [[Goofy]] in ''Lonesome[[Einsame GhostsGeister]]'' (1937) sowie [[Lucille Ball]] und [[Harpo Marx]] in einer Folge der Fernsehserie ''[[I Love Lucy]]''.
 
== Sonstiges ==
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== Weblinks ==
*[httphttps://ukwww.youtube.com/watch?v=rdQ9jh5GvQ8&gl=GB Spiegeltanz aus ''Duck Soup'' auf Youtube]
*[https://www.youtube.com/watch?v=6vDQGyaLjBo Spiegeltanz aus ''Seven Years Bad Luck'' auf Youtube]