Blanker Hans

Bezeichnung für die Nordsee bei Sturmflut

Blanker Hans ist eine bildhafte Bezeichnung für die tobende Nordsee bei Sturmfluten. Davon abgeleitet werden auch orkanartige Stürme über der Nordsee und anderen Seegebieten so bezeichnet.

Die erschreckliche Wasser-Fluth, zeitgenössischer Kupferstich der Burchardiflut 1634

Begriffsherkunft und Verwendung

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„Trutz Blanker Hans“ – Deicharbeiterdenkmal in Meldorf, Schleswig-Holstein
 
Relief am Pegelturm der Hamburger Landungsbrücken: „Wohr Di, wenn de Blanke Hans kummt“ (= Hüte dich, wenn der Blanke Hans kommt)

Die sprachliche Herkunft des Namens ist ungeklärt; eine Vermutung leitet ihn von der Bezeichnung der Gischt als blank („weiß“) her. Auch der Linguist Gerhard Bauer sieht (ohne Spezifizierung) im Ausdruck ein Phänonym, also einen von der Erscheinung abgeleiteten Namen.[1] Der Germanist Henning von Gadow schließt eine Personifizierung nicht aus, deren Bezug er nicht näher bestimmt[2], während der Duden-Redakteur Rudolf Köster allgemein den Vornamen „Hans“ als Herkunft angibt.[3] Der Ethnologe Bernd Rieken hat eine weitere Deutung aufgestellt, nach der blank hier „entblößt“ oder „nackt“ bedeutet und Hans als Allerweltsname zu verstehen ist, „blanker Hans“ demnach pejorativ „etwas Nacktes und gänzlich Durchschnittliches“ bezeichne.[4]

Der Chronist Anton Heimreich führte den Ausdruck in seiner Nordfriesischen Chronik 1666 auf den Deichgrafen von Risum zurück, der nach Fertigstellung eines neuen Deiches der Nordsee herausfordernd „Trotz nun blanke Hans“ entgegengerufen haben soll. Kurze Zeit später brach der Deich bei der Burchardiflut im Oktober 1634.[5]

Der in Kiel geborene Lyriker Detlev von Liliencron machte den Namen in seiner Ballade Trutz, blanke Hans allgemein bekannt. Der „Blanke Hans“ wurde künstlerisch vielfach verarbeitet, darunter in gleichnamigen Gemälden von Hans Peter Feddersen (1902) und Hans Hartig (1912).[6]

Namensentlehnung

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Nach der Sturmflut 1962 wurde im Bremer Stadtteil Huchting eine Grünanlage sowie eine dort befindliche Straße in der Siedlung für die Flutgeschädigten „Blanker Hans“ genannt.[7] An der Straße liegt ein gleichnamiges Kinder- und Jugendzentrum.[8] In Büsum an der Westküste Schleswig-Holsteins gab es von April 2006 bis zum 31. Dezember 2015 die Veranstaltung Sturmflutenwelt „Blanker Hans“. Es handelte sich um eine Dauerausstellung mit multimedialen Elementen in einem eigenen Gebäude mit begleitenden Veranstaltungen zu verschiedenen Themen, die mit der Nordsee zusammenhängen.[9]

Literatur

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  • Manfred Jakubowski-Tiessen: „Trutz, Blanker Hans“. Der Kampf gegen die Nordsee. In: Bea Lundt (Hrsg.): Nordlichter. Geschichtsbewußtsein und Geschichtsmythen nördlich der Elbe (= Beiträge zur Geschichtskultur. Bd. 27). Böhlau, Köln 2004, ISBN 3-412-10303-9, S. 67–84.
  • Otto S. Knottnerus: Eine gefahrvolle Existenz. Ambivalenz der frühneuzeitlichen Küstengesellschaft. In: Norbert Fischer, Susan Müller-Wusterwitz, Brigitta Schmidt-Lauber (Hrsg.): Inszenierungen der Küste (= Schriftenreihe der Isa-Lohmann-Siems-Stiftung. Bd. 1). Reimer, Berlin 2007, ISBN 978-3-496-02800-0, S. 107–149.
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Wiktionary: Blanker Hans – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  • Nina Hinrichs: Tod und Sturmflut in der Kunst. In: Ohlsdorf – Zeitschrift für Trauerkultur Nr. 123, IV, 2013. November 2013;.

Einzelnachweise

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  1. Als Phänonyme versteht Bauer „Namen, die Phänomene der Umwelt bezeichnen, welche sich dem Zugriff des Menschen entziehen“. Gerhard Bauer: Deutsche Namenkunde. 2., überarbeitete Auflage. Weidler, Berlin 1998, S. 59.
  2. Henning von Gadow: Rezension zu Gerhard Bauer: Namenkunde des Deutschen. In: Beiträge zur Namenforschung. Bd. 24, 1989, S. 380–385, hier S. 383 (Auszug).
  3. Rudolf Köster: Eigennamen im deutschen Wortschatz. Ein Lexikon. De Gruyter, Berlin 2003, S. 65. So auch Lutz Mackensen: 3876 Vornamen. Herkunft, Ableitungen und Koseformen, Verbreitung, berühmte Namenträger, Gedenk- und Namenstage. Südwest, München 1969, S. 77.
  4. Bernd Rieken: Nordsee ist Mordsee. Sturmfluten und ihre Bedeutung für die Mentalitätsgeschichte der Friesen. Waxmann, Münster 2005 (Habilitationsschrift, Universität Wien), S. 196.
  5. Anton Heimreich: Nordfriesische Chronik. Hrsg. von Niels Nikolaus Falck. Bd. 2. Perthes und Besser, Hamburg [Tondern] 1819, S. 134 f.: „Daß Gott der Herr durch Auslassung der Wasser das Land könne umkehren, solches haben diese Nordfresischen Landschaften … am Tage Burchardi … des 1634sten Jahres besonders müssen erfahren, und zwar dazumal, wie man am sichersten gewesen, und die Deiche so wohl gestanden, daß … der Deichgraf von Risummohr, nach verfertigtem Deiche den Spaten auf den Deich gesetzet, und vermessentlich gesaget: Trotz nun blanke Hans!“
  6. Nina Hinrichs: Tod und Sturmflut in der Kunst. In: Ohlsdorf. Zeitschrift für Trauerkultur. Nr. 123, November 2013.
  7. Blanker Hans. In: Umweltbetrieb Bremen, abgerufen am 7. September 2015.
  8. Siehe Reiner Haase: Sanierungsstau im Kinder- und Familienzentrum / Konzept zur Lösung wird im Juni vorgelegt. Blanker Hans steht vor ungewisser Zukunft. In: Weser-Kurier, 18. Mai 2015.
  9. Bericht Bericht auf der Website des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags vom 26. Oktober 2015