Carden-Loyd Tankette

britischer Kleinpanzer der 1920er und 1930er Jahre

Die Carden-Loyd Tankette war ein britischer Kleinpanzer (Tankette) der 1920er und 1930er Jahre. Am erfolgreichsten war die Ausführung Mark VI, die als einzige in bedeutenden Stückzahlen gefertigt wurde. Die Grundkonstruktion wurde in zahlreichen Ländern in Lizenz gefertigt, weiterentwickelt und bildete die Basis für eine Vielzahl leicht gepanzerter Kampffahrzeuge.

Carden-Loyd Mk.VI

Carden-Loyd Tankette Mk IV

Allgemeine Eigenschaften
Besatzung 2
Länge 2,47 m
Breite 1,70 m
Höhe 1,22 m
Masse 1,6 t
Panzerung und Bewaffnung
Panzerung maximal 9 mm
Hauptbewaffnung Vickers-Maschinengewehr
Beweglichkeit
Antrieb Ford Modell A (1928–1931) Vierzylinder-Benzinmotor
30 kW (40 PS)
Geschwindigkeit 45 km/h
Leistung/Gewicht
Reichweite 160 km[1]
Frühe Version für einköpfige Besatzung
Carden-Loyd Mk I
Frühe Version für zweiköpfige Besatzung
Carden-Loyd Mk.V*
Carden-Loyd Tankette Mk. VI als Zugmaschine

Entwicklung und Produktion

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Anfang der 1920er-Jahre entstand die Idee des Einmannpanzers als kleinen Spähpanzer für die eigentlichen Kampfpanzer. Der britische Militärhistoriker Basil Liddell Hart propagierte diese Fahrzeuge als gepanzerte Infanterie. Der englische Pionier-Offizier und Panzerstratege Major Giffard LeQuesne Martel baute 1925 in seiner Garage einen Einmann-Panzer aus verschiedenen Einzelteilen und führte ihn dem War Office vor. Das Konzept sah vor, ein möglichst leichtes Fahrzeug zu verwenden, um einen schwachen aber günstigen Automobilmotor verwenden zu können.[2] Das Fahrzeug sollte günstig sein, um es in Masse herstellen zu können. Das Ergebnis war ein Halbkettenfahrzeug, welches über hintere Räder gesteuert wurde. Der Fahrer/Schütze saß mittig im Fahrzeug hinter dem Motor. Die gepanzerte Kabine war nach oben offen.[3]

Martel kam mit der Morris Motor Company zusammen und entwickelte dort seinen Prototyp zur Martel-Morris Tankette weiter. Konkurrenz kam von Carden-Loyd Tractors Ltd, gegründet von John Carden und Vivian Loyd.[2] Die 1925 Carden-Loyd Tankette Mk. I war ebenfalls ein Einmannpazer[1] mit Halbkettenantrieb.[4] Es stellte sich schnell heraus, dass der Fahrer nicht auch noch das Maschinengewehr bedienen kann; die Martel-Morris Tankette wurde deswegen auf zweiköpfige Besatzung umgestaltet.[5] Das Gleiche passierte bei der Carden-Loyd Tankette, zusätzlich wurde auf Vollkettenantrieb umgestellt.[4]

Die British Army beschaffte 1926 je acht Exemplare von Martel-Morris und Carden-Loyd für die Experimental Mechanized Force. Die Fahrzeuge von Carden-Loyd waren zunächst technisch nicht ausgereift und durchliefen mehrere Entwicklungszyklen. Ein großes Problem war die kurze Lebensdauer der Gleiskette. Bei der Carden-Loyd Tankette Mk. VI erreichten die gusseisernen Ketten 1000 km, was für damalige Zeit einen guten Wert darstellte.[2] Das Fahrwerk wurde ebenfalls im Laufe der Zeit verbessert.[1] Die Federung blieb ungenügend und die sehr straffe Abstimmung ermüdete die Besatzung.[6] Carden-Loyd setzte sich durch: die British Army beschaffte in den Jahren 1929-1930 250 Fahrzeuge in der Variante Mk. VI. Das Einsatzkonzept verschob sich von der Tankette zum Maschinengewehrträger.[2] Auf Grundlage der Carden-Loyd Tankette Mk. VI entstand der britische Universal Carrier. Auch war die Tankette der Startpunkt der Entwicklung von verschiedenen Artilleriezugmaschinen.[7][8]

Die Firma Vickers-Armstrongs, welche die CLT Ltd. 1928 übernommen hatte,[9] produzierte und vermarktete die Carden-Loyd Tankette in der Variante Mk. VI weltweit.[2] Bis 1935 wurden etwa 450 Stück in der Variante Mk. VI hergestellt.[5]

Die letzte Ausführung, der Carden-Loyd Mk. VII (Testbezeichnung A4E1), besaß dann schon einen Drehturm und bildete den Übergang zu den Vickers Light Tanks.[10]

Das Fahrwerk der Kleinpanzer basierte mit Abwandlungen auf dem Fahrwerk von Carden und Loyd, das eigentlich für leichte Traktoren entwickelt worden war. Die Fahrzeuge waren turmlos, Waffenstand und Fahrzeugführer waren vorn in der Wanne untergebracht. Der Größe und Leistungsfähigkeit der Motoren angepasst, war die Panzerung mit maximal 9 mm im Frontbereich recht dünn und schützte lediglich vor Beschuss durch Handwaffen und gegen Splitterwirkung.

Internationaler Einsatz und Einfluss

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Die Carden-Loyd-Tanketten waren Anfang der 1930er-Jahre weltweit verbreitet und wurden in verschiedenen Konflikten dieser Zeit eingesetzt. Sie bildeten auch die Grundlage für die verschiedensten Weiterentwicklungen, welche in größter Zahl produziert wurden.

Insgesamt gesehen, haben die Tanketten die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllt. Sie waren zu verwundbar und der fehlende Drehturm für die Bewaffnung machte sich negativ bemerkbar. Daher wurden sie Mitte der 1930er-Jahre durch die leichten Panzer ersetzt.

  • Polen kaufte 1929 neun Mark-VI-Tanketten sowie die Produktionslizenz, baute zwei nach und entwickelte daraus seine eigenen TK-Tanketten (TK-1, TK-2, TK-3) woraus dann die TKS-Tankette hervorging.[6]
  • Tschechoslowakei kaufte 1930 drei Mark-VI-Tanketten sowie die Produktionslizenz, verbesserte die Konstruktion und produzierte 74 Praga Tančík vz.33 Tanketten bei ČKD.
  • Sowjetunion erwarb 20 Mark-VI-Tanketten,[11] die dort als K-25 bezeichnet wurden, sowie die Produktionslizenz. Das sowjetische Projekt wurde dann jedoch deutlich weiterentwickelt. Statt die Lizenzfertigung aufzunehmen, produzierten die Obuchow-Werke in Leningrad mit der T-27-Tankette eine deutlich modernisierte und vergrößerte Version. Zwischen 1931 und 1933 entstanden davon insgesamt 3.228 Einheiten.
  • Bolivien kaufte 1931 zwei Carden Loyd Mark VIB. Sie wurden im Chacokrieg eingesetzt, wo sie sich als ungeeignet für das mit Unterholz bewachsene Gelände erwiesen.[12]
  • Japan beschaffte sechs Mark-VIb-Tanketten. Die Armee entwickelte daraus später eine Tankette mit der Bezeichnung Typ 94 TK. Carden-Loyd Tanketten im Dienst der Landstreitkräfte der japanischen Marine wurden mit einer leicht abgewandelten Panzerung versehen[13]. Sie trugen die Bezeichnung "Typ Ka Leichter Panzer".[14][13]
  • Italien erwarb im Jahre 1929 vier Carden Loyd Mark VI, fertigte eine 29 Kopien namens "CV-29" und entwickelte diese Konstruktion dann zur L3/35 weiter.[2]
  • Kanada beschaffte zwischen 1930 und 1931 zwei Lose zu je sechs Stück. Nachdem einer Auswertung durch das Regiment Princess Patricia's Canadian Light Infantry sowie das Royal Canadian Regiment verwendete die kanadische Armee die Cardeen Loyd Tankette zu Ausbildungszwecken an der Canadian Armoured Fighting Vehicle School, bis modernere größere Panzer verfügbar wurden. Bis zur Ablösung der Tanketten 1938 durch leichte Panzer vom Typ Light Tank Mk VI bildeten sie zusammen mit einigen Panzerwagen die einzigen gepanzerten Fahrzeuge der kanadischen Armee. Als Kampffahrzeuge wurden die Tanketten in Kanada zu keinem Zeitpunkt eingesetzt.
  • Die Niederlande beschaffte fünf Tanketten. Die Fahrzeuge kamen im Kampf gegen deutsche Fallschirmjäger bei der Invasion der Niederlande im Mai 1940 zum Einsatz.
  • Frankreich beschaffte eine kleinere Stückzahl. Der unbewaffnete französische Transportpanzer Renault UE Chenillette basierte auf der Carden-Loyd-Konstruktion.[2]
  • Belgien beschaffte ab 1934 verschiedene Varianten. Ein Teil wurde mit den schweren 13,2-mm Maschinengewehr Hotchkiss M1929 sMG ausgerüstet was zum T13 (Panzer) führte. Ein anderer Teils wurde mit dem Panzerabwehrgeschütz Canon antichar de 47 mm modèle 1931 ausgestattet woraus sich der Jagdpanzer T13 (Panzer) entwickelte.[15][16]
  • Griechenland beschaffte vor 1935 eine geringe Anzahl.
  • Thailand (damals Siam) erwarb 60 Fahrzeuge und setzte sie im Krieg gegen Frankreich ein
  • Darüber hinaus setzten Chile, die chinesischen Nationalisten,[17] Finnland, Indien, Schweden sowie Portugal die Carden-Loyd Tankette ein.
  • Die Konstruktion des leichten deutschen Panzerkampfwagen I war über den Umweg der deutsch-sowjetischen Militär-Kooperation zwischen 1927 und 1933 durch die Carden Loyd Tankette beeinflusst.

Literatur

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  • Alexander Lüdeke: Panzer weltweit. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-613-03973-5, S. 56, 196, 208.
  • Didrik von Porat: Svenska armens Pansar. Armeemuseum Stockholm, 1985.
  • Gerhard Förster, Nikolaus Paulus: Abriss der Geschichte der Panzerwaffe. Berlin 1977.
  • Christofer F. Foss: Panzer und andere Kampffahrzeuge von 1916 bis heute, Buch&Zeit Verlagsges. mbH, Köln 1978, S. 20
  • R. J. Icks: Armour in Profile No. 16 Carden Loyd Mark VI Profile Publishing (1967)
  • Walter J. Spielberger: Beute-Kraftfahrzeuge und -Panzer der deutschen Wehrmacht. In: Militärfahrzeuge. 2. Auflage. Band 12. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1992, ISBN 3-613-01255-3.
  • TM–E 30–480 Handbook on japanese military Forces. Section IV. Tanks and armoured Cars. In: US-Department of War (Hrsg.): War Department technical Manual. TM–E 30–480. Washington D.C. 15. September 1944, OCLC 5039485, S. 238 bis 256 (Textarchiv – Internet Archive).
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Commons: Carden-Loyd Tankette – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Robert Jackson (Hrsg.): 101 Great Tanks, Verlag The Rosen Publishing Group, 2010, ISBN 978-1-4358-3595-5, S. 15 [1]
  2. a b c d e f g Steven Zaloga: Armored Champion: The Top Tanks of World War II, Verlag Stackpole Books, 2015, ISBN 978-0-8117-1437-2, S. 43–45 [2]
  3. Roger Ford: The World's Great Tanks: From 1916 to the Present Day, Verlag Amber Books Ltd, 2012, ISBN 978-1-908696-01-4, S. 31 [3]
  4. a b Richard Ogorkiewicz: 100 years of evolution, Verlag Osprey Publishing, 2015, ISBN 978-1-4728-1305-3, S. 80 [4]
  5. a b The Tank Book: The Definitive Visual History of Armoured Vehicles, Verlag Dorling Kindersley, 2017, ISBN 978-0-241-31129-5, S. 40, 46 [5]
  6. a b Jamie Prenatt: Polish Armor of the Blitzkrieg, Verlag Osprey Publishing, 2015, ISBN 978-1-4728-0825-7, S. 20 [6]
  7. David Fletcher: Universal Carrier 1936–48: The ‘Bren Gun Carrier’ Story, Verlag Osprey Publishing, 2012, ISBN 978-1-78096-800-1, S. 3-4 [7]
  8. Ralph E Jones, George H Rarey, Robert J. Icks: The fighting Tanks since 1916. Juni 1933, S. 122, abgerufen am 17. April 2023 (englisch).
  9. David Edgerton: Britain's War Machine: Weapons, Resources, and Experts in the Second World War, Verlag Oxford University Press, 2011, ISBN 978-0-19-983268-2, S. 242 [8]
  10. David Fletcher: British Light Tanks 1927–45: Marks I–VI, Verlag Osprey Publishing, 2014, ISBN 978-1-78200-378-6, S. 4-5 [9]
  11. Jonathan A. Grant: Between Depression and Disarmament: The International Armaments Business, 1919–1939, Verlag Cambridge University Press, 2018, ISBN 978-1-108-63649-0, S. 150 [10]
  12. Alejandro de Quesada: The Chaco War 1932–35: South America’s greatest modern conflict, Verlag Osprey Publishing, 2011, ISBN 978-1-84908-417-8, S. 34 [11]
  13. a b Akira Takizawa: Carden Loyd Mk.VI. Abgerufen am 22. November 2022 (englisch).
  14. Harald Pöcher: Kriege und Schlachten in Japan, die Geschichte schrieben: von 1853 bis 1922, Lit Verlag, 2011, ISBN 978-3-643-50267-4, S. 28 [12]
  15. Jonathan A. Epstein: Belgium's Dilemma: The Formation of the Belgian Defense Policy, 1932-1940, Verlag BRILL, 2014, ISBN 978-90-04-26973-6, S. 77 [13]
  16. Leland Ness: Janes World War II Tanks and Fighting Vehicles, Verlag HarperCollins, 2002, ISBN 0-00-711228-9. S. 214-215 [14]
  17. Chinese Nationalist Armour in World War II. In: Forgotten Campaign: The Dutch East Indies Campaign 1941–1942. 2000, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. März 2011; abgerufen am 1. Juli 2013.