Christian Adolph Overbeck

deutscher Bürgermeister und Dichter

Christian Adolph Overbeck (* 21. August 1755 in Lübeck; † 9. März 1821 ebenda) war ein deutscher Diplomat, Dichter, Aufklärer und Bürgermeister der Hansestadt Lübeck.

Christian Adolph Overbeck. Porträt von R. Suhrlandt, 1818
Christian Adolph Overbeck (Zeichnung von Johann Friedrich Overbeck)

Herkunft und Familie

Bearbeiten

Overbeck war Sohn des Advokaten und Konsulenten des Schonenfahrerkollegiums zu Lübeck Georg Christian Overbeck (1713–1786) und der Eleonora Maria Jauch (1732–1797) sowie Enkel des Superintendenten Caspar Nikolaus Overbeck (1670–1752). Er war Neffe des Rektors des Katharineums Johann Daniel Overbeck (1715–1802). Overbeck heiratete 1781 die vermögende Lübeckerin Elisabeth, verwitwete Kretschmer, geb. Lang (1753–1820), deren Familie ursprünglich aus Nürtingen stammte und dort gemeinsame Vorfahren mit Friedrich Hölderlin und Ludwig Uhland aufweist.[1] Zu den Söhnen des Paares gehörten der Oberappellationsgerichtsrat Christian Gerhard Overbeck und der Maler Friedrich Overbeck (1789–1869); die älteste Tochter Elisabeth (Betty) heiratete den Pädagogen Johann Heinrich Meier, die Tochter Charlotte heiratete den Orthopäden Matthias Ludwig Leithoff. Einer seiner Enkel war der Archäologe Johannes Adolph Overbeck (1826–1895). Eine Urenkelin war die Schriftstellerin Cilla Fechner.

Ausbildung

Bearbeiten

Dem Besuch des Katharineums zu Lübeck, dessen Rektor sein Onkel Johann Daniel Overbeck (1715–1802) war, folgte 1773–1776 das Studium der Rechte an der Universität Göttingen, begleitet von dem Besuch philosophischer, mathematischer, naturgeschichtlicher und historischer Vorlesungen. Overbeck war in seiner Göttinger Zeit dem Hainbund eng verbunden, ohne Mitglied zu sein. 1788 erlangte Overbeck seine Promotion zum Dr. iur. utr.

 
Festbankett zur Hochzeit Napoleons I. mit Marie-Louise 1810 im Salle de spectacle im Palais des Tuileries: Christian Adolph Overbeck nahm als Gesandter Lübecks an der Hochzeit im Louvre und dem anschließenden Bankett teil. Er merkte ironisch an: „Quaeque et pulcherrima vidi, et quorum pars parva fui.“[2]
 
Schattenriss Overbecks aus der Sammlung seines Freundes Johann Heinrich Voß

Beruflicher Werdegang

Bearbeiten

1776 scheiterte Overbecks Gründung einer „Erziehungsanstalt für Knaben“ in Bremen nach dem Vorbild Joachim Heinrich Campes. 1776 begann er seine juristische Laufbahn als Advokat in Lübeck und wurde 1779 zum Obergerichtsprokurator in Lübeck berufen. 1792 wurde er zweiter Syndikus des Domkapitels Lübeck und 1799 Konsulent des Schonenfahrer-Compagnie, des sog. „Schüttings“, eine Funktion, die schon sein Vater Georg Christian Overbeck (1713–1786) ausgeübt hatte. 1800 folgte seine Berufung zum Senator. 1804 war er Vertreter Lübecks in St. Petersburg, 1808/1809, 1810 und 1811 Vertreter Lübecks in Paris, wobei er an der Hochzeit Napoléons mit Marie-Louise von Österreich teilnahm. Er merkte mit hanseatischer Distanz an: „'Einem größeren Fest, sagte Baron Lützow zu mir auf der Tribüne, werden Sie in Ihrem Leben nicht beiwohnen.'; und ich gab ihm vollkommenes Recht; doch nicht ohne einige Mentalreservation.“[3]

Während der Zugehörigkeit Lübecks zu Frankreich in der Lübecker Franzosenzeit nahm er das Amt eines Receveur de la caisse communale wahr. 1814 folgte schließlich seine Berufung zum Bürgermeister von Lübeck.

Außerberufliches Engagement

Bearbeiten

Am 16. Oktober 1776 wurde Overbeck Mitglied der Freimaurerloge Zum goldenen Zirkel in Göttingen und trat am 31. März 1777 in die Lübecker Loge Zum Füllhorn über. 1779 war er Mitstifter der Lübecker Loge Zur Weltkugel. Er war Illuminat unter dem Namen Anacreon. 1789 war er Mitbegründer und 1791 wie 1794–1797 Direktor der „Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit“. Zudem wirkte er als Präses der Bibelgesellschaft.

Bedeutung

Bearbeiten

Overbeck charakterisieren sein diplomatisches Geschick in der Lübecker Franzosenzeit und sein juristisches Können bei der Reorganisation der Lübecker Verfassung und Finanzen nach den Kriegsjahren. Er zeichnete sich aus durch seine aufgeklärte Geisteshaltung bei den Reformen auf dem Gebiet von Schule, Kirche und Armenwesen. Daneben zeigte er künstlerisches Talent als Komponist und Liederdichter u. a. 'Komm lieber Mai, und mache...'. Bemerkenswert ist seine Sprachbegabung in Übersetzungen griechischer und lateinischer Oden, französischer Dramen und englischer Reiseliteratur.

Ehrungen

Bearbeiten

An ihn erinnert die Overbeckstraße in Lübeck, nördlich des St.-Jürgen-Rings.

  • „Auch dieser große Hanseat, der während der französischen Besatzung die Lübecker Interessen in Paris vertrat und sich überhaupt um das Wohl und Wehe seiner Vaterstadt ausserordentlich verdient machte, ist ein Beispiel für den verantwortungsbewussten Musterbürger am Ausgang des 18. Jahrhunderts, dem der „hanseatische“ Mythos so vieles verdankt.“[4]
  • „the model of a gentleman[5]
 
Frizchens Lieder
Digitalisat eines Partiturmanuskripts, Stadtbibliothek Lübeck
  • 1794 Vermischte Gedichte
  • 1800 Anakreon und Sappho (Digitalisat)
  • 1800 Danket dem Herrn [für Chor und Orchester]. Digitalisat des Autographs, Mus A 15, Stadtbibliothek Lübeck
  • 1803 (anonym) Leben Herrn Johann Daniel Overbecks, weyland Doctors der Theologie und Rectors des Lübeckischen Gymnasiums. Von einem nahen Verwandten, und vormaligen Schüler des Verewigten.
  • unveröffentlichte Übersetzungen der Dramen „Cid“ und „Cinna“ von Pierre Corneille
  • unveröffentlichte Übersetzungen von „Athalie“, „Bajazet“, „Berenice“ und „Britannicus“ von Jean Racine

Porträts

Bearbeiten
  • Overbeck, Friedrich: Bleistiftzeichnung 1806, Berlin, Kupferstichkabinett und Sammlung der Zeichnungen
  • Overbeck, Friedrich: Kohle und schwarze Kreide vor 1806, Lübeck, Museen für Kunst und Kulturgeschichte
  • Suhrland, R.: Ölgemälde, Abbildung bei Luchmann in: Biographisches Lexikon Schleswig Holstein X, 1994, S. 281ff

Literatur

Bearbeiten
  • Paul HasseOverbeck, Christian Adolph. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 25, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 5 f.
  • Uwe Meier: Overbeck, Christian Adolph. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 720 f. (Digitalisat).
  • Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Band X, Wachholtz, Neumünster 1994, ISBN 3-529-02650-6, S. 281.
  • Emil Ferdinand Fehling: Zur Lübeckischen Ratslinie 1814–1914. Lübeck 1915, Nr. 9.
  • Emil Ferdinand Fehling: Lübeckische Ratslinie. Lübeck 1925, Nr. 949.
  • Christian Gerhard Overbeck: Zur Erinnerung an Christian Adolph Overbeck, beider Rechte Doctor und Bürgermeister zu Lübeck. Lübeck 1830.
  • H. Jansen: Aus dem Göttinger Hainbund, Overbeck und Sprickmann, Ungedruckte Briefe Overbecks. 1933.
  • Karl Theodor Gaedertz: Was ich am Wege fand. Neue Folge. Die beiden Overbeck. Leipzig 1905.
  • Fritz Luchmann (Hrsg.): Beieinanderseyn ist das tägliche Brot. Briefe C.A. Overbecks an seine Familie aus St.Petersburg 1804 und aus Paris 1807–1811. Lübeck 1992, ISBN 3-7950-0459-4.
  • Isabel Sellheim: Die Familie des Malers Friedrich Overbeck (1789–1869) in genealogischen Übersichten. (= Deutsches Familienarchiv. Band 104). Neustadt an der Aisch 1989, ISBN 3-7686-5091-X.

Siehe auch

Bearbeiten
Bearbeiten
Commons: Christian Adolph Overbeck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Christian Adolph Overbeck – Quellen und Volltexte
  1. Sellheim (siehe Literatur), S. 262, Anm. 63
  2. Übersetzt etwa: „Ich habe zwar großen Pomp geschaut, indes mit geringer Anteilnahme.“ Wörtlich eigentlich: „Ich sah die schönsten Dinge, in denen ich eine geringe Rolle spielte.“ In der damit angesprochenen Aeneis von Vergil heißt es demgegenüber: „quaeque ipsa miserrima vidi, et quorum pars magna fui“ (Ich selbst sah schreckliche Dinge, in denen ich eine bedeutende Rolle spielte.) Der Formulierung zu entnehmen kannte Overbeck Jonathan Swifts ganz anders gerichtete ironische Umformung derselben Zeilen Vergils, in der es bereits heißt: „et quorum pars parva fui“, in The works of the Rev. Dr. Jonathan Swift .... Volume 13, edited by Thomas Sheridan, 1784, S. 370; Zitat Overbecks nach Fritz Luchmann: Beienanderseyn ist das tägliche Brot der Liebe. Briefe C. A. Overbecks an seine Familie aus St. Petersburg 1804 und aus Paris 1807–1811. S. 295
  3. Luchmann, S. 299
  4. Matthias Wegner: Hanseaten, Berlin 1999, S. 100
  5. J. Beavington Atkinson: Overbeck, London 1882, S. 5