Hyalophan
Hyalophan, auch als Bariumfeldspat bekannt, ist ein selten vorkommendes Mineral und ein Zwischenglied der Serie Orthoklas – Celsian aus der Gruppe der Feldspate innerhalb der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im monoklinen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung (K,Ba)(Al,Si)4O8[1] und ist damit chemisch gesehen ein Kalium-Barium-Silikat, wobei die in den runden Klammern angegebenen Elemente Kalium, Barium, Aluminium und Silicium sich in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie) können, jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals stehen.
Hyalophan | |
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Hyalophankristall auf Muttergestein aus Busovaca, Bosnien | |
Allgemeines und Klassifikation | |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate |
System-Nummer nach Strunz (8. Aufl.) Lapis-Systematik (nach Strunz und Weiß) Strunz (9. Aufl.) Dana |
VIII/F.03b VIII/J.06-050 9.FA.30 76.01.01.03 |
Ähnliche Minerale | Adular |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m[3] |
Raumgruppe | C2/m (Nr. 12)[4] |
Gitterparameter | a = 8,56 Å; b = 13,04 Å; c = 7,20 Å β = 115,7°[4] |
Formeleinheiten | Z = 4[4] |
Zwillingsbildung | nach dem Carlsbader-, Manebacher- oder Baveno-Gesetz |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 6 bis 6,5[5] |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 2,58 bis 2,82; berechnet: 2,88[5] |
Spaltbarkeit | vollkommen nach {001}, gut nach {010}[5] |
Bruch; Tenazität | uneben, muschelig |
Farbe | farblos, weiß, gelblich, rötlich |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = 1,542[6] nβ = 1,545[6] nγ = 1,547[6] |
Doppelbrechung | δ = 0,005[6] |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Hyalophan entwickelt meist durchsichtige bis durchscheinende, rhomboedrische oder prismatische Kristalle bis etwa 20 cm Größe, aber auch körnige bis massige Mineral-Aggregate. Reiner Hyalophan ist farblos. Er kann allerdings durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterbaufehlern bzw. Verzwillingung weiß erscheinen und durch Fremdbeimengungen von Eisen eine gelbliche oder rötliche Farbe annehmen.
Etymologie und Geschichte
BearbeitenErstmals gefunden wurde Hyalophan 1855 in der „Grube Lengenbach“ im Binntal im Schweizer Kanton Wallis und beschrieben durch Wolfgang Sartorius von Waltershausen, der das Mineral aufgrund seiner durchsichtigen, glasglänzenden Kristalle nach den griechischen Worten ὕαλος hyalos „Glas“ und φαίνειν phainein „scheinen, erscheinen“ benannte.
Klassifikation
BearbeitenIn der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Hyalophan zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate)“, wo er zusammen mit Celsian die Gruppe der „Bariumfeldspate“ mit der System-Nr. VIII/F.03b bildete.
Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/J.06-50. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Gerüstsilikate“, wo Hyalophan zusammen mit Buddingtonit, Celsian, Hexacelsian, Kokchetavit, Mikroklin, Orthoklas, Paracelsian, Rubiklin, Sanidin und Slawsonit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[2]
Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[1] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Hyalophan in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Gerüstsilikate (Tektosilikate) ohne zeolithisches H2O“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach möglichen Anwesenheit zusätzlicher Anionen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Gerüstsilikate (Tektosilikate) ohne zusätzliche Anionen“ zu finden ist, wo es zusammen mit Adular, Anorthoklas, Buddingtonit, Celsian, Mikroklin, Orthoklas, Rubiklin und Sanidin sowie dem bisher nicht anerkannten Monalbit die Gruppe der „Alkalifeldspate “ mit der System-Nr. 9.FA.30 innerhalb der Feldspatfamilie bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Hyalophan in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Gerüstsilikate: Al-Si-Gitter“ ein. Hier ist er zusammen mit Anorthoklas, Celsian, Filatovit, Mikroklin, Orthoklas, Rubiklin und Sanidin in der „K(Na,Ba)-Feldspate“ mit der System-Nr. 76.01.01 innerhalb der Unterabteilung „Mit Al-Si-Gitter“ zu finden.
Kristallstruktur
BearbeitenHyalophan kristallisiert monoklin in der Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12) mit den Gitterparametern a = 8,56 Å; b = 13,04 Å; c = 7,20 Å und β = 115,7° sowie vier Formeleinheiten pro Elementarzelle.[4]
Bildung und Fundorte
BearbeitenHyalophan bildet sich entweder magmatisch in Phonolith oder metamorph in Gneis, Marmor und verschiedenen manganhaltigen Gesteinen, aber auch hydrothermal in Erzgängen. Begleitminerale sind unter anderem Analcim, Epidot, Plagioklas, Rhodochrosit, Rhodonit, Spessartin und Tremolit; in Busovača auch Apatit, Quarz, Sagenit und Siderit.
Weltweit konnte Hyalophan bisher (Stand: 2010) an 70 Fundorten nachgewiesen werden, so unter anderem in Australien, Aserbaidschan, Bosnien und Herzegowina, China, Deutschland, Frankreich, Irland, Israel, Italien, Japan, Kanada, Kirgisistan, Namibia, Neuseeland, Norwegen, Polen, Schweden, Schweiz, Spanien, Südkorea, Tschechien, im Vereinigten Königreich (Großbritannien) und in den Vereinigten Staaten (USA). Auch im Mondmeteorit NWA 773 aus Dchira (Westsahara) wurde Hyalophan gefunden.[7]
Bekannt für ihre gut ausgebildeten, großen Kristallstufen von bis zu 15 cm Durchmesser ist vor allem die „Grube Zagradski Potok“ bei Busovača (Bosnien und Herzegowina).
Verwendung
BearbeitenAufgrund seiner Seltenheit hat Hyalophan nur unter Sammlern als Mineralprobe einen gewissen Wert, vor allem wenn er von Hobbyschleifern zu Schmucksteinen verarbeitet wurde.[8]
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Ljudevit Barić: Hyalophan aus Zagrlski Potok bei Busovača (Zentralbosnien). In: Geologija. Band 15, Nr. 18, 1972, S. 281–285, urn:nbn:si:DOC-6V7HHLSO.
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 778 (Erstausgabe: 1891).
- Petr Korbel, Milan Novák: Mineralien-Enzyklopädie (= Dörfler Natur). Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2002, ISBN 978-3-89555-076-8, S. 264.
Weblinks
Bearbeiten- Hyalophan und Mineralienportrait/Feldspat/Hyalophan. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 20. November 2022.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
- ↑ a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
- ↑ David Barthelmy: Hyalophane Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 20. November 2022 (englisch).
- ↑ a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 694 (englisch).
- ↑ a b c Hyalophane. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 83 kB; abgerufen am 20. November 2022]).
- ↑ a b c d Hyalophane. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 20. November 2022 (englisch).
- ↑ Fundortliste für Hyalophan beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 20. November 2022.
- ↑ Walter Schumann: Edelsteine und Schmucksteine. Alle Arten und Varietäten. 1900 Einzelstücke. 16., überarbeitete Auflage. BLV Verlag, München 2014, ISBN 978-3-8354-1171-5, S. 242.