Jette Nietzard
Jette Nietzard (* 1999 in Leverkusen)[1] ist eine deutsche Politikerin (Bündnis 90/Die Grünen). Seit Oktober 2024 ist sie in einer Doppelspitze mit Jakob Blasel Bundessprecherin der Grünen Jugend.
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Leben
BearbeitenNietzard, die Schülersprecherin am Nicolaus-Cusanus-Gymnasium Bergisch Gladbach war,[2] studierte Erziehung und Bildung in der Kindheit[3] an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin. Im Frühjahr 2022 schloss sie den Bachelor-of-Arts-Studiengang[4] mit einer Arbeit zur Wechselwirkung von Ökonomisierung und Professionalisierung in der frühkindlichen Bildung aus einer kapitalismuskritischen Perspektive ab.[5] Ab März 2022 arbeitete sie mit Flüchtlingen, unter anderem als Projektleiterin für das Berliner jugendFORUM 2022 sowie als Leiterin des Projektes UMGeben für 20 Erstaufnahmeeinrichtungen.[6][7] Von Januar bis November 2024 war sie in der Fachstelle Kinder- und Jugendbeteiligung beim Deutschen Kinderhilfswerk in Berlin tätig.[8][6]
Nach eigenen Angaben ist sie seit 2019 in der Partei Bündnis 90/Die Grünen aktiv.[8] Sie ist Mitglied im Kreisverband Berlin-Lichtenberg. Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin 2021 trat sie im Wahlkreis Lichtenberg 3 an[9] und erzielte 11,1 % der Erststimmen.[10] 2023 kandidierte sie bei der nächsten Wahl zum Abgeordnetenhaus erneut in diesem Wahlkreis[1] und erzielte 8,9 % der Erststimmen.[11]
Nachdem im September 2024 der gesamte Bundesvorstand der Grünen Jugend geschlossen seinen Rücktritt sowie Austritt aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen angekündigt hatte,[12] kandidierte Nietzard gemeinsam mit Jakob Blasel im Oktober 2024 auf dem Bundeskongress der Jugendorganisation in Leipzig für das Amt der Bundessprecher. Beide wurden gewählt, Nietzard erhielt hierbei 84,47 % der gültigen Stimmen.[3]
Engagement und Mitgliedschaften
BearbeitenSeit 2016 engagierte sie sich in der Landeschüler*innenvertretung Nordrhein-Westfalen, wo sie Mitglied des Vorstands war. Sie arbeitete beim SV-Bildungswerk und für die National Coalition, wo sie Teil des erweiterten Vorstands ist. Seit 2022 ist sie im Vorstand der Jugend- und Familienstiftung des Landes Berlin.[13]
Politische Positionen und Kontroversen
BearbeitenKommentar zu Böllerverletzungen und zu Männlichkeitsidealen
BearbeitenAm 31. Dezember 2024 postete Nietzard auf der Plattform X einen Tweet, welcher sowohl mediale als auch innerparteiliche Kritik auslöste. Sie schrieb hierbei „Männer die ihre Hand beim Böllern verlieren können zumindest keine Frauen mehr schlagen.“ Im Zusammenhang mit unterschiedlichen Beiträgen auf ihrem Instagram-Benutzerkonto bezüglich Dating und allgemeinem Verhalten von Männern wurde ihr in den sozialen Medien Anfang Januar 2025 verallgemeinerndes, radikales Verhalten oder auch Männerfeindlichkeit vorgeworfen.[14] Am nächsten Tag entschuldigte sie sich für ihre Aussage und löschte ihren Post, betonte jedoch gleichzeitig die Notwendigkeit, über häusliche Gewalt zu diskutieren, anstatt über „gekränkte Männeregos“.[15] Mit ihrem Post habe sie bewusst polarisieren wollen.[16]
Umgang mit der Unschuldsvermutung im Fall Stefan Gelbhaar
BearbeitenIm Skandal um die mutmaßlich zumindest teilweise erfundenen Vorwürfe sexueller Belästigung gegen ihren Parteikollegen Stefan Gelbhaar äußerte Nietzard, ohne sich auf Einzelheiten in dem Fall zu beziehen, dass die Grünen als feministische Partei den Aussagen von Frauen zu sexueller Belästigung auch weiterhin grundsätzlich glauben sollten und die Unschuldsvermutung nicht anwendbar sei,[17] weil diese nur vor Gericht gelte. Sie sagte: „Aber wir sind eine Organisation, und wir sind kein Gericht“.[18][19] Des Weiteren äußerte sie: „Stefan Gelbhaar ist nicht der einzige Mann, der in dieser Partei und in anderen Parteien Fehler begangen hat.“[18]
Nietzards Position definiert damit laut taz einen Pol innerhalb der Partei, der die schon in früheren Verfahren angewendeten Verfahrensregeln beibehalten möchte, wonach Betroffene sich „im Vertrauen darauf, dass ihnen geglaubt wird“, bei einer Ombudsstelle melden können und „im Zweifel für die Betroffenen“ entschieden werde. Ein anderer Pol in der Partei möchten hingegen die Unschuldsvermutung stärken.[20]
Von verschiedenen Seiten gab es Kritik an Nietzards Aussagen, etwa, sie vernachlässige rechtsstaatliche Prinzipien oder schade feministischen Anliegen.[21] Ex-Justizminister Marco Buschmann (FDP) kritisierte, dass sie die Unschuldsvermutung lediglich für Gerichte gelten lasse und für die Grünen andere moralische Maßstäbe anlege, was ihn erschrecke, da die Karriere von Gelbhaar durch falsche Anschuldigungen zerstört worden sei. Aber auch innerparteilich gab es Kritik an ihren Aussagen, so etwa von Volker Beck.[22] Auf die Kritik entgegnete Nietzard, dass sie den Rechtsstaat natürlich achte, aber dass zwischen moralischen und juristischen Urteilen unterschieden werden müsse und Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden sollten, bevor Gerichtsurteile gefällt werden. Falsche Vorwürfe würden der MeToo-Bewegung zwar schaden, aber „gesamtgesellschaftlich gesehen sind die allermeisten Vorwürfe nicht falsch.“[16]
Gemeinnützige Arbeit für Privatiers
BearbeitenAls Reaktion auf die Debatte um eine Arbeitspflicht für Bürgergeldempfänger schlug Nietzard 2025 stattdessen vor, die „größte Gruppe der Arbeitslosen“, die „800.000 Privatiers in Deutschland“, zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten und kritisierte diese als die „größte Gruppe Steuerhinterzieher“. Damit löste sie kontroverse Reaktionen in den sozialen Medien aus.[23]
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Wahlkreisvorschläge, Bezirks- und Landeslisten für die Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin sowie Bezirkswahlvorschläge für die Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 26. September 2021. In: Amtsblatt für Berlin, 27. August 2021. ( vom 28. August 2021 im Internet Archive)
- ↑ Die NCGler: Rauschendes Fest am NCGeburtstag. 29. September 2013, abgerufen am 25. Januar 2025.
- ↑ a b Neue Vorsitzende: Grüne Jugend will links außen bleiben, 19. Oktober 2024, Frankfurter Allgemeine Zeitung
- ↑ Bachelorstudiengang Erziehung und Bildung in der Kindheit. Abgerufen am 2. Januar 2025 (deutsch).
- ↑ Nachbarschaft, 19. April 2022, Tagesspiegel Bezirke – Lichtenberg
- ↑ a b Jette Nietzard. In: linkedin.com. Abgerufen am 5. Januar 2025.
- ↑ Privat. In: jettenietzard.com. Abgerufen am 5. Januar 2025.
- ↑ a b Tobias Schulze: Nachfolge für Spitze der Grünen Jugend: Gefunden: Junge Leute mit Hoffnung. In: Die Tageszeitung: taz. 13. Oktober 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 20. Oktober 2024]).
- ↑ Wahlkreisvorschläge, Bezirks- und Landeslisten für die Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin sowie Bezirkswahlvorschläge für die Wahlen zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 26. September 2021. In: Amtsblatt für Berlin, 27. August 2021. ( vom 28. August 2021 im Internet Archive)
- ↑ Abgeordnetenhauswahl 2021 Lichtenberg 3. In: www.wahlen-berlin.de. Abgerufen am 27. Oktober 2024.
- ↑ Abgeordnetenhauswahl 2023 Lichtenberg 3. In: www.wahlen-berlin.de. Abgerufen am 20. Oktober 2024.
- ↑ Christoph Schult: Bündnis 90/Die Grünen: Vorstand der Grünen Jugend tritt zurück – und verlässt die Partei. In: spiegel.de. 25. September 2024, abgerufen am 25. September 2024.
- ↑ Privat. In: Jette Nietzard. 19. Januar 2022, abgerufen am 19. November 2024 (deutsch).
- ↑ Männerfeindlichkeit und Verallgemeinerungen: Die ganz eigene Welt der Grüne-Jugend-Chefin. Chefin der Grünen Jugend klagt über ihr Dating-Leben. In: berliner-zeitung.de. 2. Januar 2025, abgerufen am 15. Januar 2025 (Bezahlschranke).
- ↑ Jette Nietzard: Chefin der Grünen Jugend entschuldigt sich für kontroversen Kommentar. In: Der Spiegel. 2. Januar 2025, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 2. Januar 2025]).
- ↑ a b Anne Eberhard: (S+) Grüne: Wenn Jette Nietzard sich zu Wort meldet, bekommen sie in der Partei Nervenflattern. In: Der Spiegel. 24. Januar 2025, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 31. Januar 2025]).
- ↑ „Wir glauben Betroffenen“: Grüne Jugend sieht im Fall Gelbhaar keinen Grund für Unschuldsvermutung. In: Der Tagesspiegel Online. ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 31. Januar 2025]).
- ↑ a b Skandal um erfundene Vorwürfe: Grüne Jugend hat kein Mitleid mit Stefan Gelbhaar. spiegel.de, 22. Januar 2025, abgerufen am 24. Januar 2025.
- ↑ „Wo Macht existiert, wird Macht missbraucht“: Jette Nietzard gegen Unschuldsvermutung im Fall Gelbhaar. BLZ 22. Januar 2025.
- ↑ Tobias Schulze: Grünes Desaster: Der Fall Gelbhaar und die Partei. In: Die Tageszeitung: taz. 24. Januar 2025, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 31. Januar 2025]).
- ↑ Mareen Linnartz: Jette Nietzard: Die Unschuldsvermutung infrage zu stellen, ist perfide. In: SZ. 24. Januar 2025, abgerufen am 1. Februar 2025.
- ↑ Paul Hoffmann: Gilt Unschuldsvermutung nicht für Parteien? Grüne-Jugend-Chefin Nietzard nach Gelbhaar-Aussage unter Beschuss. 23. Januar 2025, abgerufen am 23. Januar 2025.
- ↑ Paul Hoffmann: User von Musk-Plattform X kritisieren Grüne Jette Nietzard: Privatiers zu Arbeit verpflichten? 13. Januar 2025, abgerufen am 1. Februar 2025.
Personendaten | |
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NAME | Nietzard, Jette |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Politikerin (Bündnis 90/Die Grünen), Bundessprecherin der Grünen Jugend |
GEBURTSDATUM | 1999 |
GEBURTSORT | Leverkusen |