Krisztina Morvai

ungarische Politikerin, MdEP und Anwältin für Menschenrechte

Krisztina Morvai (* 22. Juni 1963 in Budapest) ist eine von der Partei Jobbik gestützte ungarische Politikerin und Anwältin für Menschenrechte. Sie war Spitzenkandidatin der Jobbik bei den Europawahlen 2009 und 2014 und war vom 7. Juni 2009 bis zum 1. Juli 2019 Abgeordnete im Europäischen Parlament.

Krisztina Morvai (2009)

Morvai arbeitete für das europäische Menschenrechtskomitee und war von 2003 bis 2006 bei den Vereinten Nationen Mitglied im Sachverständigenausschuss zur Beseitigung von Diskriminierung gegenüber Frauen. Sie veröffentlichte unter dem Titel Terror in der Familie eine Studie über häusliche Gewalt in Ungarn. Sie war für eine MSZP-SZDSZ-Regierung als Expertin für Völkerrecht tätig.[1]

Derzeit arbeitet sie als Dozentin für Strafrecht an der Loránd-Eötvös-Universität in Budapest.[2]

Morvai war mit dem Fernsehjournalisten György Baló verheiratet und hat drei Kinder[3]. Die Ehe wurde 2011 geschieden.[4]

Politische Positionen

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Morvai ist nicht Mitglied der Jobbik, trat aber für diese bei der Europawahl 2009 an. Mit ihr als Spitzenkandidatin erreichte die Jobbik in Ungarn 14,77 % und damit drei Mandate im Europäischen Parlament.

Morvai gilt als Antisemitin[5] und Populistin.[6] Sie fordert eine Emanzipation Ungarns von der Europäischen Union („Ungarn soll nicht mehr der Diener der EU sein!“) und behauptet, die ungarische Wirtschaft durch Protektionismus stärken zu können. Sie äußert Globalisierungskritik und positioniert sich als Gegnerin des Euro. Daneben tritt sie für mehr Transparenz in Brüssel ein und wirft der Europäischen Union vor, mit Chaos und Undurchsichtigkeit dem ungarischen Volk den Einblick zu erschweren. Sie bezeichnete die Europäische Union als korrupt und als zu bürokratisch. Im Falle eines Einzugs ins Europäische Parlament wollte sie sich einer europaskeptischen Fraktion anschließen.[7]

2008 empfahl sie den „liberal-bolschewistischen Zionisten“, sich schon einmal zu überlegen, „wohin sie fliehen und wo sie sich verstecken“.[8] 2009 empfahl sie ihren jüdischen Kritikern, „mit ihren kleinen, beschnittenen Schwänzen zu spielen“, statt sich mit ihr zu befassen,[9] und nannte die Israelis „verlauste, dreckige Mörder.“[10] 2010 behauptete sie, Belege für eine angebliche Erklärung des Staatspräsidenten Israels, Shimon Peres, zu haben, dass Israel Ungarn aufkaufen wolle.[11] Bereits 2006 hatte sie im Rahmen eines Gerangels um einen Posten bei einer UN-Kommission ihrer Rivalin nachgesagt, diese sei eine „bekannte zionistische Aktivistin“.[12]

Bei ihren öffentlichen Auftritten tritt mitunter die paramilitärische Magyar Gárda in Erscheinung.[13]

Bemerkenswert ist ihr Umgang mit der Presse: Interviews werden nur gegen eine Kaution von tausend Euro gegeben. Im Falle einer als unfair empfundenen Berichterstattung soll das Geld verwendet werden, um rechtliche Schritte einzuleiten.[14]

Veröffentlichungen (Auswahl)

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  • Terror a családban. A feleségbántalmazás és a jog. [Terror in der Familie. Ehefrauenmissbrauch und das Gesetz]. 1. Auflage. Kossuth Kiadó, Budapest 1998, ISBN 963-09-4019-1 (ungarisch, 307 S., 2. Auflage. Ebenda 2003, ISBN 963-09-4470-7).

Aufsätze

  • Continuity and Discontinuity in the Legal System: What It Means for Women: A Female Lawyer's Perspective on Women and the Law in Hungary. In: University of California, Los Angeles (Hrsg.): UCLA Journal of Gender and Law. Band 5, Nr. 1. Routledge, Los Angeles 1994, S. 63–70, doi:10.5070/L351017611 (englisch).
  • What Is Missing from the Rhetoric of Choice? A Feminist Analysis of the Abortion Dilemma in the Context of Sexuality. In: University of California, Los Angeles (Hrsg.): UCLA Journal of Gender and Law. Band 5, Nr. 2. Los Angeles 1995, S. 445–471, doi:10.5070/L352017626 (englisch).
  • The construction of the other in the European human rights enterprise. A narrative about democracy, human rights, the rule of law and my neighbour uncle blaze. In: Peter Fitzpatrick, James Henry Bergeron (Hrsg.): Europe’s other: European law between modernity and postmodernity. Ashgate/Dartmouth, Aldershot 1998, ISBN 1-85521-887-9, Kap.-Nr. 12 (englisch, eingeschränkte Vorschau auf das E-Book, 2019 in der Google-Buchsuche).
  • Work and Work-related Rights of Women and Girls. In: Vereinte Nationen Division for the Advancement of Women (Hrsg.): Bringing international human rights law home. Judicial colloquium on the domestic application of the Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women and the Convention on the Rights of the Child. Vereinte Nationen, New York, N. Y. 2000, ISBN 92-1130204-8, S. 79–93 (englisch, eingeschränkte Vorschau – Internet Archive).
  • Hungarian Criminal Court Cases Concerning the (Retribution of the) 1956 Revolution. In: András Sajó (Hrsg.): Out of and Into Authoritarian Law. Brill | Nijhoff, The Hague / London / New York 2002, ISBN 90-411-1957-4, S. 15–29, doi:10.1163/9789047403210_005.
  • Women and the Rule of Law in Hungary. In: Feminist Review. Nr. 76. SAGE Publications, April 2004, ISSN 0141-7789, S. 100–109, JSTOR:1395931 (englisch).
  • Kitti. Rettegés és erőszak – otthon. [Kitti. Terror und Gewalt – zu Hause]. Rejtjel, Budapest 2005, ISBN 963-7255-09-5 (ungarisch, 87 S., Vergewaltigung im Familienleben; sexueller Missbrauch von Kindern).
  • Personal Reflection. Rethinking of Prostitution and Trafficking. In: Hanna Beate Schöpp-Schilling mit Cees Flinterman (Hrsg.): The circle of empowerment. Twenty-five years of the UN Committee on the Elimination of Discrimination against Women (= Mariam K. Chamberlain series on social and economic justice. s. n.). Feminist Press at the City University of New York, New York, N. Y. 2007, ISBN 978-1-55861-564-9, S. 141–144 (englisch, eingeschränkte Vorschau – Internet Archive – Kurzbiografie S. 374).
  • mit Jacek Pawlicki: Wojna węgierskiego Jobbiku. [Der Krieg der ungarischen Jobbik]. In: Gazeta Wyborcza. 9. April 2010, ISSN 0860-908X, OCLC 1007939950 (polnisch).
  • Ein Umdenken bei Prostitution und Menschenhandel. In: Hanna Beate Schöpp-Schilling, Beate Rudolf, Antje Gothe (Hrsg.): Mit Recht zur Gleichheit. Die Bedeutung des CEDAW-Ausschusses für die Verwirklichung der Menschenrechte von Frauen weltweit. 1. Auflage. Nomos, Baden-Baden 2015, ISBN 978-3-8329-5216-7, S. 228–232, doi:10.5771/9783845236452.
  • Tíz év az Európai Parlamentben. [Zehn Jahre im Europäischen Parlament]. Kairosz Kiadó, Budapest 2018, ISBN 978-963-662-979-3 (ungarisch, 212 S., Interviewer: Zsolt Kovács).
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Commons: Krisztina Morvai – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Krisztina Morvai in der Abgeordneten-Datenbank des Europäischen Parlaments
  • Porträt Krisztina Morvai. Kandidatin der ungarischen Jobbik. In: funkhauseuropa.de. COSMO, 26. Mai 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. Juni 2009;.
  • Sugárka Sielaff: Ungarn: Schatten über Budapest. In: tagesspiegel.de. 2. November 2008, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. November 2013;.
  • Christian Schmidt-Häuer: Ungarn: Unter der Fahne der Faschisten. Wie tief kann ein Land stürzen? Ungarn ist so gut wie bankrott, Rechtsradikale überfallen „Zigeuner, Juden und Fremdherzige“, kaum jemand stellt sich ihnen entgegen. In: Zeit Online. 7. Mai 2009; (Artikelanfang frei abrufbar).

Einzelnachweise

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  1. Rainer Girndt: Wandelbare Geister. Die seltsame Wandlung des László Nyikos vom Gulaschkommunisten zum „Minister“ der Rechtsextremisten in Ungarn. In: Pester Lloyd. FIGURA-PRESS BT., 6. April 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Juli 2010; abgerufen am 6. April 2010.
  2. Sugárka Sielaff: Ungarn: Schatten über Budapest. In: tagesspiegel.de. 2. November 2008, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. November 2013; abgerufen am 9. April 2015.
  3. Morvai Krisztina: Életrajz. In: morvaikrisztina.hu. Abgerufen am 18. August 2015 (ungarisch, Biografie).
  4. Elvált Morvai Krisztina és Baló György. In: origo.hu. 1. Juli 2011, abgerufen am 18. August 2015 (ungarisch).
  5. Anna-Maria Hollain: La derecha más ‘ultra’ de Europa. El partido húngaro Jobbik cuenta con tres europarlamentarios y un brazo paramilitar con más de 1.300 miembros. In: El País. 27. August 2009, abgerufen am 18. Februar 2024 (spanisch).
  6. Colin Freeman: Feminine face of Hungary's far-Right Jobbik movement seeks MEP’s seat. A blonde mother has become the cheerleader for a party backed a militia and linked to anti-Semitism and anti-Roma violence, reports Colin Freeman in Budapest. In: telegraph.co.uk. 24. Mai 2009, abgerufen am 6. Februar 2024 (englisch).
  7. EP Elections – Interview with Jobbik candidate Krisztina Morvai. In: jobbik.com. 28. Mai 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 8. Juni 2009; abgerufen am 31. Mai 2009 (englisch, veröffentlicht in Budapest Times. 27. Mai 2009).
  8. Andre Aden: Der Marsch auf Budapest. Nicht nur bei den bevorstehenden Europawahlen erhoffen sich die rechten und rechtsextremen Parteien in Ungarn große Erfolge. Der Rücktritt des Premierministers Ferenc Gyurcsány verschafft ihnen die Aussicht auf Neuwahlen und eine Mehrheit im Parlament. In: Jungle World. Nr. 13. Jungle World Verlags GmbH, Berlin 26. März 2009 (englisch, jungle-world.com [Memento vom 3. April 2009 im Internet Archive] [abgerufen am 31. Mai 2009]).
  9. Yehuda Lahav: Outrage over obscene anti-Semitic Internet post by Morvai. In: politics.hu. 5. Juni 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Juli 2011; abgerufen am 18. Februar 2024 (englisch).
  10. Yehuda Lahav: Hungary far-rightist: I rejoiced at news of IDF deaths in Gaza. In an open letter, Krisztina Morvai calls Israelis ‘dirty murderers’ over Gaza offensive. In: Haaretz. 5. Februar 2009, abgerufen am 18. Februar 2024 (englisch).
  11. Thomas Roser: Jobbik-Politikerin Morvai: „Ungarn muss notfalls aus der EU austreten“. Die rechtsextreme Jobbik hat es erstmals ins ungarische Parlament geschafft. Auf WELT ONLINE erklärt deren Europa-Abgeordnete Krisztina Morvai, inwiefern sie die EU für undemokratisch hält, wie sie über Juden und Roma denkt und was ihre Partei mit der neu gewonnenen Macht in Ungarn anfangen will. In: Welt Online. 12. April 2010, abgerufen am 18. Februar 2024.
  12. Morvai v Peto. In: hvg.hu. 7. August 2006, abgerufen am 18. Februar 2024 (englisch).
  13. Adam Holland: The anti-Israel neo-fascists of Hungary. In: hurryupharry.org. 2. Februar 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. Februar 2009; abgerufen am 8. Juni 2009 (englisch).
  14. Porträt Krisztina Morvai. Kandidatin der ungarischen Jobbik. In: funkhauseuropa.de. COSMO, 26. Mai 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. Juni 2009; abgerufen am 31. Mai 2009.