Patenbrief
Als Patenbrief, im Elsass Göttelbrief, in der Schweiz Taufzettel, wird ein handbeschriebenes, bemaltes oder gedrucktes Blatt Papier bezeichnet, in das der Pate das Geldgeschenk für den Täufling einwickelte. Der Brauch war im deutschen Sprachraum bei beiden Konfessionen verbreitet.
Der älteste erhaltene deutsche Patenbrief ist auf das Jahr 1593 datiert. Im 17. Jahrhundert verbreitete sich der Brauch der Patenbriefe im Bürgertum und erreichte um 1750 seine größte Beliebtheit in allen Schichten der Bevölkerung. Ab 1850 ließ das Interesse nach, um 1900 galten Patenbriefe als veraltet.
Auf den Patenbriefen standen Sinnsprüche oder Bibelverse. Gedruckte Exemplare zeigen oft die Szene einer Kindstaufe, die Taufe Jesu oder andere biblische Motive. Praktischerweise waren manche Patenbriefe in drei horizontale Felder geteilt, so dass man sie leicht zusammenfalten konnte. Später waren es geklebte Couverts mit Einlegekarte. Nicht nur die Patenbriefe wurden aufbewahrt (ein Täufling bekam mehrere, von jedem Paten einen), sondern auch ihr Inhalt. Als „Glücksgroschen“ sollte er nicht ausgegeben werden. Außer Geld wurden regional auch Brotkrumen und Salz eingewickelt, was Wohlstand bringen sollte.
Da der Patenbrief vom Taufpaten unterschrieben und datiert war, galt er als Dokument und diente dem Täufling später als Taufbescheinigung und Geburtsurkunde. Patenbriefe können deshalb gelegentlich in den Beiakten zum Heiratsregister der Standesämter aufbewahrt worden sein. Auswanderer brachten den Brauch der Patenbriefe nach Pennsylvania mit, wo sich das Kalligraphieren und Illuminieren von Geburts- und Taufscheinen zu einem eigenen Zweig der Alltagskultur (“Fraktur”) weiterentwickelte.[1]
Vom Patenbrief zu unterscheiden ist der Patenbittbrief (Gevatterbrief), mit dem jemand eingeladen wurde, das Patenamt zu übernehmen.
Die Familie Brossmann stellte im 19. Jahrhundert Göttelbriefe in Wissembourg her und wurde dafür bekannt.[2] Im nahen Reichshoffen kalligrafiert und malt Marc Meissner seit 1976 Göttelbriefe, Konfirmationssprüche (Denksprüche) und Hochzeitstexte nach historischen Vorlagen oder eigenen Entwürfen.[3]
Weblinks
Bearbeiten- Stiftung Berner Taufzettel: Taufzettelgalerie
Literatur
Bearbeiten- Antje Helling-Grewolls: Patenbriefe. In: Bettina Seyderhelm (Hrsg.): Tausend Jahre Taufen in Mitteldeutschland. Schnell & Steiner, Regensburg 2006, ISBN 978-3-7954-1893-9. S. 231–234.
- Christa Pieske: Der Patenbrief. Berlin 1942, Wachsmann, Münster 2017, Print ISBN 978-3-8309-3640-4.
- Christa Pieske: Über den Patenbrief. In: Beiträge zur deutschen Volks- und Altertumskunde (1958) 2/3, S. 85–122.
- Juliane Schröter: Taufzettel. Zur Geschichte einer fast vergessenen Textsorte im 18. und 19. Jahrhundert in der Schweiz. In: Britt-Marie Schuster, Susan Holtfreter (Hrsg.): Textsortenwandel vom 9. bis zum 19. Jahrhundert. Akten zur internationalen Fachtagung an der Universität Paderborn vom 9.–13. 6. 2015 (= Berliner Sprachwissenschaftliche Studien. Band 32). Weidler, Berlin 2017. ISBN 978-3-89693-662-2. S. 135–168.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Simon J. Bronner, Joshua R. Brown: Pennsylvania Germans: An Interpretive Encyclopedia. Johns Hopkins University Press, Baltimore 2017, S. 270 (englisch).
- ↑ Dominique Lerch: BROSSMANN famille d’artistes. Fédération des Sociétés d’Histoire et d’Archéologie d’Alsace, 1984, abgerufen am 7. Dezember 2023 (französisch).
- ↑ Marc MEISSNER. In: Alsace Culture. 2023, abgerufen am 7. Dezember 2023 (französisch).