Schloss Hoppenrade
Schloss Hoppenrade ist ein Herrenhaus im Norden des Landes Brandenburg. Die Anlage befindet sich im Ortsteil Hoppenrade der Gemeinde Löwenberger Land.
Geschichte
BearbeitenBesitzgeschichte bis 1945
BearbeitenUm 1230 wurde der Ort Hoppenrade als Siedlungsgebiet im Löwenberger Land gegründet und fand seine urkundliche Ersterwähnung 1269 als markgräflicher Besitz.[1] Von 1270 bis 1460 traten die Bischöfe von Brandenburg die Besitzfolge an, bevor die Familie von Bredow die Herrschaft bis 1788 übernahm. Das 1541 unter Hans von Bredow errichtete Vorwerk wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts zu einer Wasserburg umgebaut, an die noch Reste einer Wallanlage erinnern. Johann Heinrich von Bredow (1676–1739) ließ eine eingeschossige Dreiflügelanlage errichten. Aus seiner Ehe mit Constantia Amalia Sophie von Kraut (1699–1745) gingen zwei Söhne hervor, die aber wegen ihrer Geisteskrankheit nicht rechtsfähig waren. Als Vormund der beiden erbte nach dem Tode Constantias 1754 ihr Bruder, der preußische Oberhofmarschall Carl Friedrich von Kraut (1703–1767) das Löwenberger Land.
Als bekannteste Bewohnerin des Schlosses ging durch Theodor Fontanes Bericht über Hoppenrade besonders Luise Charlotte Henriette von Kraut in die Geschichte ein. Das wechselvolle Schicksal des Schlosses während der Zeit der Krautentochter schilderte Fontane ausführlich in seinem Buch Fünf Schlösser. Mit ihrer dritten Eheschließung 1790 mit dem Rittmeister Karl Heinrich von Arnstedt (1766–1847) ging das Gut in den Besitz seiner Familie über. Zu dieser Zeit stellte Hoppenrade einen Ort der Muse und Festlichkeiten dar. Trotz französischer Besatzung wurde unter Aufwendung hoher Mittel stets aufwendige Feste, Bälle und Empfänge gefeiert, deren Kosten durch die Abholzung der Gutswälder und den Verkauf des Holzes finanziert wurden. Im Grundbesitz folgte der Offizier Adolph von Arnstedt (1793–1850), der seine militärische Karriere als Zögling auf der Ritterakademie am Dom zu Brandenburg begann und zuletzt Major wurde, er blieb unvermählt.[2] Um 1857 galten offiziell die Geschwister von Arnstedt nach alten Matrikeln als Besitzer, wobei unklar blieb, ob es ein besonders seltenes Fideikommiss mit weiblicher Erbregelung war.[3] In anderen Quellen wird das Faktum dann doch bestätigt. Denn bei der Hochzeit 1856 des Hauptmanns Gebhard von Blücher mit Hedwig Cölestine von Wül(c)knitz wird sie als Tochter des Kammergerichtsrat Otto von Wül(c)knitz und dessen Gemahlin Rosalie, geborene von Arnstedt (1792–1861), bezeichnet, beide besaßen die so genannten Arnstaedtischen Fideikommissgüter Hoppenrade.[4] Mit dem Erwerb, konkreter der Teilhaberschaft, durch Otto von Wülcknitz[5] erfolgte von 1856 bis 1860 die Wiederaufforstung und Wiederbelebung des Gutes. Viele Jahre später, 1889, wurde die Gemäldegalerie des Heinrich Freiherr von Wülknitz auf Hoppenrade auf einer Kunstauktion in den Münchener Centralsäle versteigert.[6]
Bereits 1860 erfolgte der Verkauf von Hoppenrade an Hellmut von Heyden-Linden, bevor es 1872 im Erbgang[7] an die Enkel aus der Familie von Werthern ging, die es vorwiegend als Sommersitz nutzten. Hauptwohnsitz blieb Schloss Großneuhausen bei Kölleda. Um 1880 betrug die Größe des Gutes Hoppenrade etwa 1028 ha.[8] 1888 war der Leutnant Georg Freiherr von Werthern (1859–1939), Neffe des Georg Graf und Herr von Werthern-Beichlingen, Besitzer der Hoppenrader-Löwenberger Güter.[9] Vor der großen Wirtschaftskrise 1929/30 beinhaltete das Rittergut Hoppenrade 1033 ha und wurde durch Güterdirektor Oskar Koenig geleitet.[10] Mitte der 1930er Jahre bewohnte Georg Freiherr von Werthern weiterhin Schloss Hoppenrade,[11] er war vormals Mitglied des Preußischen Herrenhauses. 1939 investierte zuletzt die Gutsbesitzerfamilie mit Darlehen in den Bau von zwei Werkwohnungen.[12] Die Familie von Werthern verblieb im Besitz von Hoppenrade bis zur Enteignung 1945. Letzter Grundbesitzer war nach dem Genealogischen Handbuch des Adels Thilo Graf und Herr von Werthern-Beichlingen (1914–1986), Hr. d. Grafschaft Beichlingen mit Schloss Beichlingen und Hoppenrade. Er heiratete 1943 auf dem Brocken Walpurgis Gräfin Stolberg-Wernigerode (1921–1992). Das Ehepaar lebte nach der Flucht mit den vier Töchtern in Bayern und in Hessen. Ihr gemeinsames Grab ist aber in Beichlingen.[13]
Nach 1945
BearbeitenDas Schloss stand nach 1946 leer, es erfolgten nur Sicherungen des Daches um weitere Schäden vom Gebäude abzuwenden. Eine Nutzung erfolgte als Gaststätte, Klubraum, Konsum-Markt und Bühne. Das Fotografenpaar Sibylle Bergemann und Arno Fischer mietete es 1977 an, um dort Feste und Modeschauen zu veranstalten.[14] Aufgrund fortwährenden Verfalls musste das Schloss 1984 wegen Einsturzgefahr baupolizeilich gesperrt werden. Nach dem Verkauf an einen privaten Investor fanden 1992–2000 die dringend nötigen Sanierungsmaßnahmen statt. 2012 kauften Julian und Donata von Hardenberg das Schloss, welches fortan als Familiensitz genutzt wird.
Baugeschichte und Architektur
BearbeitenDer von Hans von Bredow angelegte Rittersitz, eine Wasserburg mit Kapelle und Wallgraben, wurde 1724 durch den Bau einer eingeschossigen Dreiflügelanlage ersetzt. Ermöglicht wurde der Neubau durch das reiche Erbe der Constantia von Kraut, welche das Vermögen ihres Onkels Johann Andreas von Kraut (1661–1723) mit in die Ehe einbrachte. 1800 erfolgte dann die Erweiterung des Baus im spätbarocken Klassizismus. Hierbei erhielt das Schloss sein heutiges Erscheinungsbild. Als Auftraggeberin trat die „Krautentochter“, Luise Charlotte Henriette von Kraut, auf, die das Schloss ihren Ansprüchen anpassen ließ. Hierbei blieben die Seitenflügel nahezu unverändert erhalten, der Mittelbau hingegen wurde umfassend verändert. Heute zeigt sich der zweigeschossige Hauptbau mit Walmdach, hofseitig in neun Achsen gegliedert, zur Gartenseite 13-achsig. Im südöstlichen Flügel befindet sich die ehemalige Dorf- und Patronatskirche, der andere Flügel diente Wirtschaftszwecken. Betont wird der Mittelbau durch einen einachsigen Portalrisalit mit Balkon und abschließender Attika. Die Gartenseite präsentiert sich klassizistisch überformt, gegliedert durch den Risalit flankierende ionische Pilaster und bekrönt von einem Giebeldreieck mit eingelassenem Rundfenster.[15]
Im Inneren verbindet das 1800 angelegte Treppenhaus hinter einer Doppelarkade die beiden Geschosse. Die Räume erstrecken sich im sowohl im Erd- als auch im Obergeschoss, ausgehend von Vestibül und Gartensaal in einer Enfilade. Zum erhaltenen Dekor zählen Kamine u. a. mit floralem Dekor und Mamorumrahmungen, wandfeste Holzvertäfelungen, Wand- und Deckenprofile sowie historische Türen.
Die Schlosskirche im Ostflügel wird im Inneren durch Doppelpilaster mit stuckierten Kapitellen gegliedert und an der Westseite durch die ehemalige Patronatsloge abgeschlossen, die ursprünglich vom Schloss aus begehbar waren. Aus der Erbauungszeit hat sich nur der barocke Kanzelaltar erhalten. Dieser präsentiert sich als hölzerner Aufbau mit korinthischen Säulen, Pilastern und einem mehrfach profilierten kräftigen Gebälkabschluss. In seiner Mitte befindet sich der elegant geschwungene Kanzelkorb.[16]
Trivia
Bearbeiten2007 dienten die Innenräume als Kulisse für die Verfilmung von Theodor Fontanes Effi Briest.[17]
Literatur
Bearbeiten- Theodor Fontane: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Band 5 (Fünf Schlösser) / (Eher „Fünf Herrensitze“, laut Fontanes Vorwort), 1. Auflage J. G. Cotta’sche Buchhandlung, Stuttgart 1889, S. 81 ff.: „Hoppenrade“ Digitalisat
- Hoppenrade. In: Hans Friedrich von Ehrenkrook, Friedrich Wilhelm Euler et al.: Genealogisches Handbuch der Gräflichen Häuser A (Uradel) 1958, Band III, Band 18 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. Deutsches Adelsarchiv, C. A. Starke, Glücksburg (Ostsee) 1958, S. 485 ff. (Werthern-Beichlingen). ISSN 0435-2408
- Rüdiger von Voss, Sibylle Badstübner-Gröger, Donata von Hardenberg: Schloss Hoppenrade. In: Schriftenreihe des Freundeskreis Schlösser und Gärten der Mark in der Deutschen Gesellschaft e. V., Nicolai Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-941675-86-5.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Lieselott Enders: Historisches Ortslexikon für Brandenburg. Teil II. Ruppin. Veröffentlichungen des Staatsarchivs Potsdam, Band 7. Weimar 1970, S. 103 f.
- ↑ Walter von Leers: Die Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. 1705–1913. In: Verein der ehemaligen Zöglinge der Ritterakademie zu Brandenburg a. H. (Hrsg.): Schüler-und Alumnatsverzeichnis. I von IV, von Arnstedt, Heinrich Friedrich Adolph-Zögling-RA-No. 836. Selbstverlag. Gedruckt in der Buchdruckerei P. Riemann, Belzig / Ludwigslust 1913, DNB 361143532, S. 167 (staatsbibliothek-berlin.de).
- ↑ Hand-Matrikel der in sämmtlichen Kreisen des Preussischen Staats auf Kreis- und Landtagen vertretenen Rittergüter. 1857. In: Karl Friedrich Rauer (Hrsg.): GAB-Vorgänger auf Matrikel-Basis. Provinz Brandenburg, I. Ruppin. Matrikel v. 19. April 1828. Nachträge v. 7. Juni 1843 und v. 25. Juli 1853. Selbstverlag, Berlin 1857, S. 71 (uni-duesseldorf.de).
- ↑ Friedrich Wigger: Geschichte der Familie von Blücher. Zweiter Band. Erste Abtheilung, § 71. Major Gebhard von Blücher. Stillersche Hofbuchhandlung, Schwerin 1878, S. 172–173 (google.de).
- ↑ Polytechnisches Centralblatt. 1844. In: J. A. Hülsse, A. Weinlig (Hrsg.): Berliner Gewerbe-, Industrie- u. Handelsblatt 1844. 12. No. 13. Neue Folge. Vierter Band, A. Krakau, über die Wollwäsche des Hrn. von Wülknitz auf Hoppenrade. Weidmann’sche Buchhandlung, Leipzig 1844, S. 273–274 (google.de).
- ↑ Kunstchronik. Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe. 1888. In: Carl v. Lützow, Arthur Pabst (Hrsg.): Ankündigungsblatt des Verbandes der deutschen Kunstgewerbevereine. 24. Auflage. Nr. 1. E. A. Seemann, W. H. Kühl, Leipzig, Berlin 11. Oktober 1889, S. 13–14 (google.de).
- ↑ Stephan Kekulé von Stradonitz: Festschrift zur Thronbesteigung Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs Carl Eduard zu Sachsen-Coburg und Gotha. In: Ausgewählte Aufsätze aus dem Gebiete des Staatsrechts und der Genealogie. 16. Theodor Fontane als Genealoge. Carl Heymanns Verlag, Berlin 1905, S. 210–211 (uni-duesseldorf.de).
- ↑ P. Ellerholz, H. Lodemann, H. von Wedell: General-Adressbuch der Ritterguts- und Gutsbesitzer im Deutschen Reiche. 1. Band: Das Königreich Preussen, Lfg. 1: Die Provinz Brandenburg. Kreis Ruppin. Nicolaische Verlags-Buchhandlung R. Stricker, Berlin 1879, S. 154–155, doi:10.18452/377 (hu-berlin.de).
- ↑ Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser. 1889. In: „Der Gotha“. 62. Auflage. Werthern-Beichlingen. Justus Perthes, Gotha November 1888, S. 1112–1113 (google.de).
- ↑ Ernst Seyfert, Hans Wehner, Alexander Haußknecht, GF Hofgrefe: Niekammer`Landwirtschaftliche Güter-Adreßbücher, VII, Provinz Brandenburg. 1929. Verzeichnis der Rittergüter, Güter und Höfe über 20 ha, nach amtlichen Angaben. In: Letzte Ausgabe der Reihe Paul Niekammer. 4. Auflage. Reg.-Bezirk Potsdam, Kreis Ruppin. Niekammer Adressbuch, Leipzig 1929, S. 100 (martin-opitz-bibliothek.de).
- ↑ Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Gräflichen Häuser. A. 1938. In: „Der Gotha“. Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft. Teil A. Gräfliche Häuser des spätestens um 1400 nachgewiesenen ritterbürtigen deutschen Landadels und ihm gleichartiger Geschlechter (Deutscher Uradel). 111. Auflage. Werthern-Beichlingen. Justus Perthes, Gotha November 1937, S. 620–622 (google.de [abgerufen am 13. August 2022]).
- ↑ Antrag des Thilo Freiherr von Werthern auf ein Darlehen zum Bau von zwei Werkwohnungen in Hoppenrade, Grundbuch der Rittergüter Band 2 Bl. 9, Band 2 Bl. 10 und Band 2 Bl. 12. 1939 (Akte). In: Brandenburgisches Landeshauptarchiv (Hrsg.): BLHA. Rep., 2A I SW 3097. Eigenverlag, Hoppenrade, Potsdam 1939, S. 1 f. (brandenburg.de [abgerufen am 13. August 2022]).
- ↑ Thilo Eduard Friedrich-Franz Graf von Werthern-Beichlingen, Walpurgis Gräfin von Werthern-Beichlingen Prinzessin zu Stolberg-Wernigerode
- ↑ Jutta Voigt: Stierblutjahre: die Boheme des Ostens. 1. Auflage. Aufbau Taschenbuch, Berlin 2018, ISBN 978-3-7466-3396-1, S. 147–149.
- ↑ Sybille Badstübner-Gröger: Schloss Hoppenrade. In: Schlösser und Gärten der Mark, Heft 151, S. 10 f., Berlin 2017
- ↑ Sybille Badstübner-Gröger: Schloss Hoppenrade. In: Schlösser und Gärten der Mark, Heft 151, S. 16, Berlin 2017
- ↑ Hella Kaiser: Brandenburger Geschichte: Das falsche Duell. In: Der Tagesspiegel. 30. September 2007, abgerufen am 6. Dezember 2020.