Aschenauer, Dr. Rudolf - Um Recht Und Wahrheit Im Malmedy-Fall

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Um Recht und Wahrheit

im Malmedy-Fall

Eine Stellungnahme zum Bericht


Eines Untersuchungsausschusses des amerikanischen Senats
in Sachen Malmedy-Prozeß

von
Dr. Rudolf Aschenauer
Rechtsanwalt

„Es ist beruhigend zu wissen, daß Sie und


einige andere Männer in Washington sich
daran erinnern, daß so viele amerikani-
sche Soldaten ihr Leben für die Idee hin-
gaben, in der Demokratie gelte ein Mensch
als unschuldig, bis seine Schuld erwiesen
ist. Ja, sogar ein deutscher SS-Mann!“
(Aus dem Brief eines jungen amerika-
nischen Kriegsteilnehmers an Senator
McCarthy).

Nürnberg im Februar 1950


Druck : Val. Höfling, München, Potsdamer Str. 5
Vorbemerkung.

Die vorgelegte Stellungnahme zum Bericht des Advocate for War Crimes vom 20. Oktober
Unterausschusses des US-Senats-Ausschusses 1947 und des War Crimes Board of Review
für die bewaffneten Streitkräfte (im Text als vom 4. Februar 1948 vor. Auf ihnen beruhen
Baldwin-Ausschuß oder Untersuchungsausschuß die Empfehlungen, die der Judge Advocate
bezeichnet) über das Ergebnis seiner Unter- wegen der Bestätigung oder Abänderung der
suchungen, die sich vor allem auf das Ver- Urteile General Clay unterbreitete. General
halten der Anklagevertretung im Malmedy- Clay traf seine Entscheidung über diese
Prozeß erstreckten, stützt sich auf die deutsche Empfehlungen am 20. März 1948. Soweit im
Übersetzung des Untersuchungsberichts, her- Text auf Vorschläge des War Crimes Board of
ausgegeben von der Information Services Review verwiesen ist, beziehen sich diese Ver-
Division, HICOG. Im Text ohne Quellen- weisungen auf dessen Überprüfungsbericht
angabe angeführte Seitenzahlen beziehen sich vom 4. Februar 1948.
auf diesen Bericht. Es wurden die in zwei Bän- Die nach der Entscheidung General Clays vom
den veröffentlichten Verhandlungsprotokolle 20. März 1948 verbleibenden 12 Todesurteile
des Baldwin-Ausschusses herangezogen, deren sind in der darauffolgenden Zeit noch einmal
Titel lautet : „Hearings before a Subcommittee besonders überprüft worden. Im März 1949
of the Committee on Armed Services United legte Oberst Harbaugh als Judge Advocate
States Senate, Eighty-First Congress, First das Ergebnis dieser Überprüfungen General
Session, pursuant to S. Res. 42“. Sie sind im Clay vor, der an verschiedenen Tagen der
Text als „Hearings“ zitiert. Monate März und April 1949 seine Entschei-
Die Urteile, die gegen die einzelnen Ange- dung über die ihm von Oberst Harbaugh ge-
klagten des Malmedy-Prozesses gefällt wor- machten Empfehlungen traf. Die Überprüfungs-
den sind, wurden mehrfach überprüft. Es lie- berichte von Oberst Harbaugh sind im Text
gen Überprüfungsberichte des Deputy Judge als „Harbaugh-Gutachten“ zitiert.

I. Das Beweisthema.
Am 14. Oktober 1949 hat der Baldwin-Aus- Aussagen und Geständnisse von ihnen zu
schuß das Ergebnis seiner Untersuchungen in erlangen. Unsere einzige Aufgabe ist es,
einem zusammenfassenden Bericht dem ameri- diese Anschuldigungen zu untersuchen.“
kanischen Senat unterbreitet. Der wesentlich-
ste Zweck dieser Untersuchungen war es, die Es ist daher in gewisser Weise irreführend,
wahren Tatsachen hinsichtlich der von der wenn die Information Services Division,
Verteidigung erhobenen Behauptung festzu- HICOG das Titelblatt der deutschen Über-
stellen, die Angeklagten des Malmedy-Pro- setzung des Untersuchungsberichts ausschließ-
zesses seien auf Grund von Geständnissen und lich mit der Aufschrift „Bericht des Senats-
Zeugenaussagen verurteilt worden, die durch Unterausschusses in Sachen Untersu-
die Anwendung moralischer und physischer chung der Malmedy-Morde“ ver-
Druckmittel seitens der amerikanischen Unter- sieht. Um eine Untersuchung des Sachverhalts,
suchungsbeamten erlangt worden seien. der den Malmedy-Prozeß ausgelöst hat, ging
es hierbei nicht. Das bringt auch der auf dem
Als der Untersuchungsausschuß den nach Titelblatt abgedruckte Untertitel im amtlichen
Deutschland verlegten zweiten Abschnitt sei- Druck des Berichts in englischer Sprache zum
ner Verhandlungen begann, stellte Senator Ausdruck. Er lautet : „I n v e s t i g a t i o n o f
Baldwin als Vorsitzender diesen Unter- action of army with respect to
suchungszweck noch einmal eindeutig heraus. t r i a l of persons responsible for the mas-
Er erklärte (Hearings, p. 1239) : sacre of American soldiers, battle of the
„In einer Eingabe an den Obersten Bun- Bulge, near Malmedy, Belgium, December
desgerichtshof der Vereinigten Staaten 1944“ (U n t e r s u c h u n g der Maßnah-
behauptete Oberst Everett, der Chefver- men der Armee während des Ver-
teidiger dieser deutschen SS-Männer, ame- f a h r e n s gegen die für die Ermordung ame-
rikanische militärische und zivile Beamte rikanischer Soldaten in der Ardennen-Offen-
hätten diese SS-Männer mißhandelt, um sive nahe Malmedy, Belgien, im Dezember

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1944 verantwortlichen Personen.) Dieser Unter- hauptet. Wer für sie verantwortlich ist, soll
titel erscheint in der deutschen Übersetzung bestraft werden, jedoch nicht ohne daß ihm
des Berichts erst auf der ersten Textseite, und seine individuelle strafrechtliche Schuld unter
zwar im K l e i n d r u c k . Anwendung rechtlich zulässiger Mittel e i n -
Den Hinweis auf diesen Umstand mag man- w a n d f r e i nachgewiesen ist.
cher für spitzfindig halten. Er deutet aber auf Diesen Standpunkt hat beispielsweise auch der
das Gegeneinander von zwei ganz verschie- frühere amerikanische Heeresminister Royall
denen Betrachtungsweisen hin, über die kurz ge- bei seiner Vernehmung durch den Baldwin-
sprochen werden muß, wenn diese Stellung- Ausschuß eingenommen, als er sagte (Hearings,
nahme, wie es beabsichtigt ist, mit zu einer p. 13) :
weiteren objektiven Aufklärung der
äußerst verwickelten Zusammenhänge des „Ich wünsche, daß die schuldigen Perso-
Malmedy-Prozesses beitragen soll. nen bestraft werden, wenn ihre Schuld
Man kann diesen Fall aus der zwangsläufig durch einwandfreie Beweise festgestellt
einseitigen Schau der Anklage heraus betrach- worden ist. Aber ich möchte keine Urteile
ten und etwa argumentieren : Hier sind furcht- gegen die Deutschen bestätigen, die auf
bare Verbrechen verübt worden, die u n t e r Geständnisse gestützt sind, die man durch
a l l e n U m s t ä n d e n Sühne fordern. Man kann das Versprechen der Straffreiheit oder
aber auch den anderen Standpunkt ver- durch andere ungesetzliche oder unanstän-
treten und sagen : Hier werden Verbrechen be- dige Mittel erlangt hat.“

II. Verwirrende Zahlenangaben.


Es hat den Anschein, als habe sich der Bald- Malmedy-Blutbad bekannten Serie von Mord-
win-Ausschuß nicht in jeder Weise unzwei- taten umgebracht.“ Der frühere Heeresmini-
deutig für diesen Standpunkt entschieden. Er ster Royall dagegen antwortete, als Sena-
stellt an den Anfang seines Berichts eine zah- tor Baldwin vom Malmedy-Blutbad sprach
lenmäßige Übersicht über die einzelnen Mord- Hearings, p. 5), „wo gegen 250 unserer Jun-
taten, die die Malmedy-Gefangenen begangen gens in Linie aufgestellt und niedergeschossen
haben sollen. Das kann unter den Umständen, worden sind“ : „Ich glaube nicht, daß die Zahl
die sich aus den folgenden Erörterungen er- von 250 jetzt richtig ist“. Und kurz darauf
geben werden, nur den Sinn haben, den Leser sagte er (Hearings, p. 6) : „Es liegt die unbe-
des Berichts, der die Zusammenhänge nicht strittene Tatsache vor, daß in diesen Fällen
näher kennt, vor vorneherein gegen die Ver- etwa 80 amerikanische Soldaten ebenso wie
urteilten einzunehmen, um demgegenüber das, eine Anzahl von unschuldigen Zivilisten kalt-
was ihnen im Laufe ihres Verfahrens wider- blütig getötet wurden, in völliger Verletzung
fahren sein soll, als verhältnismäßig unerheb- aller anerkannten Regeln der zivilisierten
lich erscheinen zu lassen, selbst wenn es wirk- Kriegführung“.
lich zuträfe. Menschen, die offenbar kaltblütig Auch die Zahlenangaben im Bericht des Bald-
und ohne Grund Hunderte von Kriegsgefange- win-Ausschusses können daher nur auf groben
nen und Zivilisten getötet haben, „abgebrühte Schätzungen beruhen. Tatorte und annähernde
Veteranen“, wie sich der Bericht (S. 5) aus- Zahl der an diesen verschiedenen Orten er-
drückt, kann man natürlich nicht mit Samthand- mordeten Personen sollen sich aus der folgen-
schuhen anfassen, wenn man von ihnen Ge- den Tabelle (S. 5) ergeben :
ständnisse bekommen will.
Kriegs- Zivilisten
Der Bericht beziffert die Gesamtzahl der völ- gefangene
kerrechtswidrig getöteten amerikanischen
Kriegsgefangenen auf 3 5 0 und der belgischen Honsfeld, 17. Dez. 1944 19 —
Zivilisten auf 100. Es wäre vermessen, wollte Bullingen, 17. Dez. 1944 50 1
man diese Zahlen ihrer Größenordnung nach Straßenkreuzung, 17. Dez. 1944 86 —
zu widerlegen versuchen. Sie sind in völliges Ligneuville, 17. Dez. 1944 58 —
Dunkel gehüllt. Sie schwanken auch nach ame- Stavelot, 18.—21. Dez. 1944 8 93
rikanischen Verlautbarungen sehr. Das zeigt Cheneux, 17.—18. Dez. 1944 31 —
allein schon die Tatsache, daß der frühere La Gleize, 18. Dez. 1944 45 —
Hauptermittler im Malmedy-Fall, Mr. Perl, in Stoumont, 19. Dez. 1944 44 1
einem Artikel „Die Verbrechen von Malmedy Wanne, 20.—21. Dez. 1944 — 5
wurden begangen“ („Neue Zeitung“, München Lutrebois, 31. Dez. 1944 — 1
vom 27. Okt. 1949) schrieb : „In Wahrheit wur- Trois Ponts, 18.—20. Dez. 1944 11 10
den mindestens 6 0 0 , und w a h r s c h e i n - Petit Thier, 10.—13. Jan. 1945 1 —
l i c h s o g a r 7 0 0 amerikanische Offiziere
und Soldaten in dieser unter der Bezeichnung In Wirklichkeit liegen die Dinge anders.

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III. Die Tatsachen
Beispiele : Motzheim hatte in Schwäbisch Hall ein
1. H o n s f e l d Geständnis abgelegt, einen amerikani-
schen Kriegsgefangenen, der sich habe
(angebliche Tötung von 19 Kriegsgefangenen). ergeben wollen, niedergeschossen zu
Verurteilt allein oder u. a. wegen angeblicher haben. Während der Hauptverhandlung
Tötungen von Kriegsgefangenen in Honsfeld schilderte er im Zeugenstuhl unter
wurden : Goldschmidt, Hammerer, Motzheim, Widerruf seines in Schwäbisch Hall be-
Rumpf. schworenen Geständnisses die Tötung
a) G o l d s c h m i d t (Todesstrafe am 31. März des amerikanischen Soldaten als Folge
1949 in lebenslängliche Freiheitsstrafe um- einer reinen Kampfhandlung und mach-
gewandelt) : te geltend, er sei von den Vernehmern
Perl und Thon schwer mißhandelt, mit
Goldschmidt soll an der Erschießung von
Auslieferung und Erhängen bedroht
15 amerikanischen Kriegsgefangenen be-
und so schließlich zur Abgabe seines
teiligt gewesen sein.
Geständnisses gepreßt worden. Daß
Aus General Clays Verfügung über die sich der amerikanische Soldat habe er-
Umwandlung der Todesstrafe : geben wollen, sei ohne seinen Willen
„Die Schuld von Goldschmidt ist er- von dem Vernehmer Kirschbaum sei-
wiesen worden durch eidesstattliche ner Erklärung hinzugefügt worden. Die
Erklärungen der Mitangeklagten Hof- beschuldigten Vernehmer bestritten un-
mann, Neve, Jäkel, Sprenger, Boltz und ter Eid diese Behauptungen Motzheims.
Schäfer. Goldschmidt ging in den Zeu- Nach der Überprüfung wurde das Ur-
genstuhl in eigener Sache und bestritt teil gegen Motzheim nicht bestätigt.
unter Eid, daß er an den Verbrechen Er wurde freigelassen.
teilgenommen habe und daß es als d) R u m p f (Todesstrafe am 29. März 1949 in
Fahrer seine Pflicht gewesen sei, bei lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewan-
seinem Fahrzeug zu bleiben. delt) :
Alle Mitangeklagten zogen Rumpf soll 3—4 deutschen Soldaten be-
in Erklärungen, die nach dem fohlen haben, eine Gruppe von 10—12
Prozeß abgegeben wurden, amerikanischen Kriegsgefangenen zu er-
ihre ursprünglichen Aus- schießen mit den Worten : „Los, legt sie
sagen zurück und behaupte- um!“ Einziges Beweismittel : Schwäbisch
ten, diese seien unter Druck Haller Erklärung des Mitangeklagten
und Zwang abgegeben wor- Neve; später widerrufen.
den.
Das Harbaugh-Gutachten stellt in Bezug
Wenn auch die amerikanischen Unter- auf diesen Vorfall fest :
suchungsführer in der mündlichen Ver-
„Was den Fall in Honsfeld anbelangt,
handlung bekundeten, die Aussagen
so zeigt die Beweisführung
seien freiwillig gemacht worden, so ga-
n i c h t a u s r e i c h e n d , daß Rumpf
ben sie doch zu, es seien bestimmte
den Befehl gab, irgendwelche Kriegs-
Methoden zur Erlangung von Geständ-
gefangenen zu erschießen. Das einzige
nissen angewandt worden, die als un-
Beweismittel ist Neves unbestätigte
zulässig anzusehen sind . . .
Aussage.“
A u ß e r d e m hat Goldschmidt nicht,
wie so viele der Angeklagten, seine 2. B ü l l i n g e n
Teilnahme an den Verbrechen zugege-
ben, und es liegt etwas Sinn in seiner (angebliche Tötung von 50 Kriegsgefangenen
Aussage, er habe als Fahrer normaler- und 1 belgischen Zivilisten).
weise nicht am Schießen teilnehmen Verurteilt allein oder u. a. wegen angeblicher
können.“ Tötungen von Kriegsgefangenen in Büllingen :
b) H a m m e r e r (Todesstrafe am 20. März Bode, Goldschmidt, Jäkel, Preuß, Rieder.
1948 in lebenslängliche Freiheitsstrafe um- a) B o d e (Todesstrafe am 29. März 1949 er-
gewandelt) : neut bestätigt) :
Der Fall Hammerer liegt nach Sachver- Bode sollte nach der Schwäbisch Haller
halt und Beweisen wie der Fall Gold- Aussage des Mitangeklagten Joachim
schmidt. Hofmann, die wegen behaupteter Miß-
c) M o t z h e i m (Todesstrafe; am 10. April handlungen widerrufen wurde, an der
1948 freigelassen) : Erschießung einer Gruppe von 12—14

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amerikanischen Kriegsgefangenen etwa schilderte Rieder in allen Einzelheiten
1 km von Büllingen entfernt beteiligt ge- die kaltblütige und besonders grausame
wesen sein. Ermordung einer belgischen Zivilistin.
Das Harbaugh-Gutachten kommt zu dem Amerikanische Ermittlungen am Tatort
Ergebnis : ergaben auf Grund von Zeugenaussagen
des Bürgermeisters und Standesbeamten
„Wenn in der Nähe von Büllingen ir- von Büllingen sowie des Ehemannes der
gendwelche unrechtmäßigen Tötungen angeblich ermordeten Frau, daß diese
vorkamen, so ist zu berücksichtigen, durch ein amerikanisches Artilleriege-
daß das B e w e i s m a t e r i a l hinsicht- schoß ums Leben gekommen war. Rieder
lich einer Teilnahme Bodes u n z u - behauptet, er habe sein „Geständnis“
r e i c h e n d ist.“ nach schwersten Mißhandlungen durch
b) G o l d s c h m i d t (siehe oben Ziff. la) : Vernehmungsbeamte (u. a. operative Ein-
Nach einer Schwäbisch Haller, später wi- griffe an den Geschlechtsteilen not-
derrufenen Aussage des Mitangeklagten wendig) abgelegt.
Sprenger, soll Goldschmidt diesem er-
zählt haben, er habe zusammen mit an- 3. Ligneuville
deren eine Gruppe von amerikanischen (angebliche Tötung von 58 Kriegsgefangenen).
Kriegsgefangenen in Büllingen erschos-
sen. Einziger Verurteilter :
Feststellung des Harbaugh-Gutachtens : O c h m a n n (Todesstrafe am 25. März 1949 in
„Das B e w e i s m a t e r i a l ist n i c h t lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewandelt).
a u s r e i c h e n d , um Goldschmidt der Ochmann hatte in eigener Schwäbisch Hal-
Teilnahme an den gesetzwidrigen Er- ler Erklärung die Erschießung von 8 ameri-
schießungen in . . . Büllingen zu über- kanischen Kriegsgefangenen eingestanden.
führen, und diese Erschießungen wur- Er hat seine Aussage später widerrufen,
den nicht als erwiesen angesehen, als da er sie nach schwersten Mißhandlungen
seinerzeit (20. März 1948) das Todes- durch Mr. Perl abgegeben habe.
urteil gegen Goldschmidt bestätigt Als weitere Beweismittel lagen dem Ge-
wurde.“ richt vor :
c) J ä k e l (Todesstrafe am 20. März 1948 in 1. die Aussagen zweier belgischer Zeugen,
20jährige Freiheitsstrafe umgewandelt) : wonach in Ligneuville 8 amerikanische
In eigenem Schwäbisch Haller Geständnis Kriegsgefangene getötet worden seien;
hatte Jäkel ausgesagt, am 17. Dezember den Täter konnten sie nicht identifi-
1944 in und bei Büllingen an jeweils ver- zieren;
schiedenen Stellen zusammen mit ande- 2. die Aussage des deutschen Anklagezeu-
ren auf insgesamt 5 Gruppen amerikani- gen Fransée, der einen ihm zur Zeit der
scher Kriegsgefangener in der Stärke von Tat unbekannten Unterführer in Schwä-
je 5—8 Mann geschossen zu haben. Einen bisch Hall als Ochmann wieder erkannt
dieser 5 Vorfälle bestätigte der Mitange- haben will. Dieser Unterführer sei da-
klagte Joachim Hofmann in einer Schwä- mals zu Leutnant Hering gekommen und
bisch Haller Erklärung. Jäkel sowohl als habe um Abstellung eines Mannes zur
auch Joachim Hofmann haben ihre Schwä- Erschießung von 8 Kriegsgefangenen ge-
bisch Haller Erklärungen widerrufen, da beten. Hering habe den Schützen Süß da-
sie unter Einwirkung von physischem zu eingeteilt, der später über die er-
und psychischem Druck der Verneh- folgte Erschießung berichtet habe.
mungsbeamten zustande gekommen seien.
(Beweiswert der Aussage Joachim Hof- F. hat diese Aussage später als unter
mann siehe auch Zitat aus Harbaugh- Zwang zustande gekommen widerrufen.
Gutachten im Falle Bode). Mit der Erschießung der übrigen 50 angeb-
d) P r e u ß (Todesstrafe am 8. April 1949 in lich in Ligneuville getöteten Kriegsgefange-
lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewan- nen ist keiner der Verurteilten belastet.
delt) : Nach der Darstellung der Anklage handelt
es sich dabei um folgenden Sachverhalt :
Preuß wurde für schuldig befunden, die
Erschießung eines gefangenen amerika- „Nachdem die deutsche Marschkolonne
nischen Fliegers befohlen zu haben. We- die Straßenkreuzung verlassen hatte,
gen unsicherer Beweisgrundlage in die- nahm sie ihren Vormarsch in Richtung
sem und anderen Punkten wurde Preuß Ligneuville wieder auf. Nahe der Stadt
zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe be- sah man eine weitere Gruppe von 50 to-
gnadigt. ten amerikanischen Kriegsgefangenen ne-
ben der Straße liegen. Sie waren unbe-
e) R i e d e r (Todesstrafe am 20. März 1948 in waffnet und lagen zu nahe nebeneinan-
15jährige Freiheitsstrafe umgewandelt) : der, um im Kampf getötet worden zu
In einem Schwäbisch Haller Geständnis sein.“

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Diese Darstellung stützt sich auf die wider- heit entsprach. Ich weigerte mich, in die-
rufene Schwäbisch Haller Erklärung von sem falschen Spiel als Belastungszeuge
Jäkel als e i n z i g e s Beweismittel. aufzutreten. Um mich wie die anderen
Soldaten einzuschüchtern, drohte man
4. S t a v e l o t uns mit Wiederauslieferung an Belgien.
Ferner wurde ich als Entlastungszeuge
(angebliche Tötung von 8 Kriegsgefangenen
für Obersturmbannführer Knittel und
und 93 belgischen Zivilisten).
Obersturmführer Coblenz nicht vorge-
Verurteilt allein oder u. a. wegen Vorfällen lassen. Dies wurde auch den anderen
in und bei Stavelot wurden : Briesemeister, Soldaten verweigert. Nach Beendigung
Coblenz, Hennecke, Knittel, Tonk. des Prozesses lieferte man uns wieder
a) B r i e s e m e i s t e r (Todesstrafe am 17. nach Belgien aus und stellte uns vor
März 1949 in lebenslängliche Freiheitsstrafe ein belgisches Kriegsgericht. Dies war
umgewandelt) : nur möglich auf Grund von falschen
Briesemeister hatte in Schwäbisch Hall Angaben belgischer Zivilisten. In die-
gestanden, in Stavelot einen amerikani- sem Prozeß wurde ich am 31. Juli 1948
schen Kriegsgefangenen getötet zu ha- freigesprochen, durch das der Anklage
ben. Weitere Beweise lagen nicht vor. widersprechende Urteil des Kriegsge-
Feststellung des Harbaugh-Gutachtens : richts von Lüttich.“
„Das B e w e i s m a t e r i a l , dieses be- c) H e n n e c k e (Todesstrafe am 20. März 1948
sondere Verbrechen betreffend, wurde in lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewan-
als u n g e n ü g e n d angesehen, als delt) :
dieser Fall früher überprüft wurde, und Der Funker Henneckes soll nach dessen
dieses behauptete Verbrechen bildete Schwäbisch Haller Geständnis bei der
nicht die Grundlage für die damals be- Fahrt durch Stavelot 4 oder 5 belgische
stätigte Todesstrafe. Es wird auch wie- Zivilisten mit einem Maschinengewehr
terhin außer Betracht gelassen.“ aus eigener Initiative getötet haben, ohne
b) C o b l e n z (lebenslängliche Freiheitsstrafe daß ihm Hennecke befohlen habe, das
am 20. März 1948 in 15jährige umgewan- Feuer einzustellen. Hennecke widerrief
delt) : später dieses Geständnis. Zwei Zeugen
Coblenz soll zustimmend an der Er- sagten in der mündlichen Verhandlung
schießung amerikanischer Kriegsgefange- über die Tötung belgischer Zivilisten aus,
ner und belgischer Zivilisten teilgenom- ohne Hennecke selbst zu belasten. Der
men haben. In der mündlichen Verhand- Mitangeklagte Eckmann bestätigte in
lung sagten die beiden Anklagezeugen einer Schwäbisch Haller Erklärung zu-
Mahl und Gärtner gegen ihn aus. nächst das Geständnis Henneckes, wider-
rief aber später diese Erklärung. Sie
Als dabei M a h l den Angeklagten Cob- wurde in seinem eigenen Falle, in dem
lenz identifizieren sollte, bezeichnete er er sich mit der Beteiligung an der Er-
einen anderen Angeklagten. Von der schießung von Kriegsgefangenen an zwei
Verteidigung in den Zeugenstand geru- verschiedenen Orten belastet hatte, nicht
fen, erklärte er, er habe entgegen seinen als ausreichende Beweismittel angesehen.
früheren Angaben Coblenz nicht am Orte Eckmann wurde auf Vorschlag der Über-
der Taten gesehen, über die er, Mahl, prüfungsbehörden freigelassen (siehe auch
ausgesagt habe. Auf die Aufforderung Ziff. 6b).
hin, diesen Widerspruch in seinen Aus-
sagen zu erklären, sagte er : „Als ich d) K n i t t e l (lebenslängliche Freiheitsstrafe
das erste Mal nach Dachau kam, liefen am 20. März 1948 in 15jährige umgewan-
die Dinge so schnell ab, daß ich nicht delt) :
folgen und es mir nicht richtig durch- Knittel hatte sich in einer Schwäbisch
denken konnte.“ Haller Erklärung, die, wie er behauptet,
Zur Aussage G ä r t n e r liegt eine eides- unter Einwirkung schwerer Drohungen
stattliche Erklärung von Heinz Tremmel zustande gekommen war und deshalb
vor, der von der Anklage ebenfalls als später widerrufen wurde, zu einem Be-
Belastungszeuge gewonnen werden soll- fehl bekannt, 8 amerikanische Kriegsge-
te. Er habe sich geweigert, diese Rolle zu fangene zu erschießen. Andere Beweis-
spielen, da nach seiner Meinung die An- mittel lagen nicht vor.
klage ihn zu falschen Aussagen habe ver- Die Überprüfungsbehörde hat diesen
leiten wollen. Er erklärte weiter : Sachverhalt als nicht ausreichend bewie-
„Ich weiß mit Bestimmtheit, daß durch sen angesehen. Die Strafe wurde daher
die gleichen Umstände ein Angehöriger herabgesetzt.
meiner Kompanie, der Rottenführer c) T o n k (Todesstrafe am 20. März 1948 in
Reinhard Gärtner, eine Belastungsaus- lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewan-
sage vorbrachte, die nicht der Wahr- delt) :

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Tonk ist für die Erschießung von 2 belgi- Nach dem vom Gericht als erwiesen an-
schen Zivilisten verantwortlich gemacht gesehenen Sachverhalt soll Zwigart in
worden. Direkte Beweise liegen nicht vor. Gegenwart von Peiper und Diefenthal
Ein Ortseinwohner von Stavelot bekun- einen Insassen eines amerikanischen
dete während der mündlichen Verhand- Jeeps, der mit Minen beladen zwischen
lung, in dem Haus, in dem Tonk seine die deutsche Panzerkolonne geraten war,
Tat verübt haben soll, zwei tote Belgie- ohne Grund getötet haben. Der Schuld-
rinnen gesehen zu haben. Zimmer, der in beweis ist ausschließlich auf Aussagen
der mündlichen Verhandlung als Zeuge Zwigarts und mehrerer Zeugen gestützt,
der Anklage Tonk mit diesem Vorfall be- die sämtlich mit der Behauptung wider-
lastete, verwickelte sich, als er von der rufen worden sind, sie seien unter Ein-
Verteidigung in den Zeugenstand geru- wirkung von körperlichen und morali-
fen wurde, in erhebliche Widersprüche, schen Druckmitteln durch die Verneh-
die seine früheren Belastungen hinfällig mungsbeamten zustande gekommen.
machten und die er damit erklärte, daß
er diese Belastungen in der mündlichen 6. L a G l e i z e
Verhandlung wiederholt hätte, weil er (angebliche Tötung von 45 Kriegsgefangenen).
sie bei einer Vernehmung in Schwäbisch
Verurteilt allein oder u. a. wegen Tötung von
Hall angegeben habe. Damals sei er auf-
Kriegsgefangenen in und bei La Gleize wur-
geregt gewesen, weil polnische Wachen
den : Christ, Eckmann, Gebauer, Gödicke, Ham-
zu ihm in die Zellen gekommen seien
merer, Hecht, Hennecke, Heinz Hofmann,
und ihn hätten schlagen oder aufhängen
Mauthe, Peiper, Preuß, Fritz Rau, Theo Rau,
wollen.
Reiser, Richter, Rodenburg, Rumpf, Schäfer,
Der War Crimes Board of Review schlug Schwambach, Siegmund, Sievers, Stock, Weiß,
die Aufhebung des Urteils wegen unzu- Werner.
reichender Beweise vor. Mr. Koessler,
Die hauptsächlichsten Mordfälle in La Gleize
ein amerikanischer Beamter, der mit der
spielten sich nach der Anklage und den Fest-
Überprüfung der Malmedy-Urteile be-
stellungen des Gerichts wie folgt ab :
auftragt war, erklärte bei seiner Ver-
nehmung vor dem Baldwin-Ausschuß Am 18. Dezember 1944 rückten Angehörige
(Hearings, p. 1362) : „Yes, there are three der 11. SS-Panzer-Grenadier-Kompanie so-
cases, all of three cases in which I had wie der 3. und 9. SS-Panzer-Pionier-Kompa-
already written up my r e c o m m e n - nie in den Ort ein. Etwa 15 amerikanische
d a t i o n f o r a c q u i t t a l , merely on Kriegsgefangene standen mit hinter dem
the basis of i n s u f f i c i e n c y o f t h e Kopf verschränkten Händen vor einer Stein-
e v i d e n c e . . . They are the cases of mauer, die Kirche und Friedhof umgab. Ein
T o n k . . .“ deutsches Fahrzeug hielt an und schoß mit
Maschinengewehren, Maschinenpistolen, Ka-
rabinern und Pistolen auf die Amerikaner,
5. C h e n e u x die zu Boden fielen und bewegungslos liegen
(angebliche Tötung von 31 Kriegsgefangenen). blieben.
Verurteilt allein oder u. a. wegen Tötung von Unmittelbar gegenüber der Kirche innerhalb
riegsgefangenen in Cheneux waren : Diefen- der Mauer stand eine andere Gruppe von an-
thal, Gebauer, Peiper, Fritz Rau, Zwigart. nähernd 20—30 unbewaffneten amerikani-
schen Kriegsgefangenen, die sich ergeben
a) G e b a u e r und F r i t z R a u (beide lebens- hatten und dort gesammelt worden waren.
längliche Freiheitsstrafe; am 10. April 1948 Sie wurden von Angehörigen der Kampf-
freigelassen) : gruppe Peiper erschossen.
Nach eigenen Schwäbisch Haller Aus- Eine weitere Gruppe von 10—15 amerika-
sagen hatten Gebauer und Fritz Rau die nischen Kriegsgefangenen wurde vor einem
Teilnahme an der Erschießung von 30—40 Haus in der Nähe der Kirche erschossen. Als
amerikanischen Kriegsgefangenen am 18. einzige Beweismittel für diese drei Vor-
Dezember 1944 in Cheneux gestanden. gänge legte die Anklagebehörde in Schwä-
Der amerikanische Oberstleutnant Mc- bisch Hall beschworene schriftliche Aussagen
Gown sagte in der mündlichen Verhand- der angeblich dafür Verantwortlichen vor,
lung als Zeuge aus, am 18. Dezember die sich gegenseitig belasteten : Gebauer,
1944 hätten sich keine amerikanischen Gödicke, Hecht, Fritz Rau, Richter, Stock.
Truppen in Cheneux befunden.
Die Verteidigung konnte demgegenüber ihre
Die Überprüfungsbehörde hat die beiden Beweisführung außer auf die Aussagen meh-
Urteile nicht bestätigt. Gebauer und Fritz rerer in dem Prozeß selbst nicht verwickel-
Rau wurden freigelassen. ter deutscher Zeugen auf eidesstattliche Ver-
b) D i e f e n t h a l , P e i p e r , Z w i g a r t (sämt- sicherungen von 4 Einwohnern, darunter des
lich Todesstrafe; am 29. März, 8. April, Ortspfarrers, von La Gleize stützen. Sie be-
28. März 1949 erneut bestätigt) : stätigten übereinstimmend, daß sie zwischen

8
dem 18. und 24. Dezember 1944 keine toten 1. Eckmanns eigenes, später widerrufenes
amerikanischen Kriegsgefangenen in La Schwäbisch Haller Geständnis, in dem
Gleize gesehen hätten. Der amerikanische er schildert, daß ein Mann der Besat-
Oberstleutnant McGown, der ein Gefange- zung seines Panzers auf Befehl des
ner Peipers in La Gleize war, bezeugte Kommandanten dieses Panzers die
in der mündlichen Verhandlung, daß er von Kriegsgefangenen mit dem MG „umge-
keiner ernstlichen Verletzung der Genfer legt“ habe.
Konvention durch Angehörige der Kampf- 2. Aussage des Anklagezeugen Plohmann
gruppe Peiper erfuhr; daß er keine erschos- in der mündlichen Verhandlung, wo-
senen oder verstümmelten Kriegsgefangenen nach Eckmann ihm gegenüber am näch-
auf seinem Marsch von Stoumont nach La sten Tag geäußert habe : „Ja, wir leg-
Gleize sah; daß er keine toten amerikani- ten diese Burschen um und einige von
schen Soldaten in La Gleize feststellte; daß ihnen sind nicht tot gewesen, sondern
er eine Umfrage an die amerikanischen stöhnten und schrien.“
Kriegsgefangenen richtete, die irgendwelche
Verletzungen der Genfer Konvention betra- Die Überprüfungsbehörde kam zu dem Er-
fen, und daß keine gemeldet wurden; daß gebnis, daß diese Beweise nicht ausreichten,
es sich hierbei um die Zeit vom 21. bis zum um das Urteil aufrecht erhalten zu können.
25. Dezember 1944 handelte; daß sich am Eckmann wurde freigelassen.
18. Dezember 1944 keine amerikanischen c) H a m m e r e r (Todesstrafe am 20. März
Truppen in La Gleize befanden und daß auch 1948 in lebenslängliche Freiheitsstrafe um-
bis zum 25. Dezember 1944 keine dort an- gewandelt),
kamen.
S c h ä f e r (wie Hammerer),
Verurteilt wurden wegen der geschilderten
Vorgänge zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe : S i e v e r s (wie Hammerer) :
Gebauer, Gödicke, Hecht, Fritz Rau, Richter, Schuldig gesprochen wegen angeblicher
Stock. Erschießung von Kriegsgefangenen in La
Alle 6 Verurteilten wurden am 10. April 1948 Gleize.
freigelassen, nachdem die Bestätigung ihrer Einziges Beweismittel : Schwäbisch
Urteile abgelehnt worden war. Haller Erklärung des Mitangeklagten
Übrige Fälle : Sprenger, dem Goldschmidt, sein Kompa-
niekamerad, am 22. Dez. 1944 erzählt ha-
a) C h r i s t (Todesstrafe am 28. März 1949 ben soll, die 3 Verurteilten hätten an der
in lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewan- Erschießung von 15 amerikanischen
delt) : Kriegsgefangenen teilgenommen. Gold-
Er soll die Erschießung von etwa 30 ame- schmidt, der selbst in Schwäbisch Hall
rikanischen Kriegsgefangenen in La Gleize war, wurde von der Anklagebehörde
befohlen haben. Beweismittel : Aussage nicht als Zeuge benannt. Sprenger hat
des Angeklagten Hübler und die in seine Erklärung als unwahr widerrufen;
Schwäbisch Hall abgegebene schriftliche sie sei unter Einwirkung körperlichen und
Erklärung des Mitangeklagten Ritzer. moralischen Zwanges zustande gekommen.
Beide Zeugen wollen Christ, in dessen d) H e n n e c k e (Todesstrafe am 20. März 1948
Nähe sie sich aufgehalten haben wollen, in lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewandelt),
ohne ihn gesehen zu haben, an der
Stimme erkannt haben, als er den be- M a u t h e (Todesstrafe; am 10. April 1948
haupteten Befehl gab. freigelassen),
Hübler stellte in einer nach dem Prozeß R e i s e r (10jährige Freiheitsstrafe; am 10.
abgegebenen eidesstattlichen Erklärung April 1948 freigelassen),
fest, er habe unter dem Druck der An- R u m p f (Todesstrafe am 29. März 1949 in
klagebehörde vor dem Gericht in Dachau lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewan-
einen Meineid geleistet. Ritzer widerrief delt) :
seine Schwäbisch Haller Erklärung. Das Bei dem Vorfall, in den diese Verurteil-
ist dieselbe Erklärung, in der er sich ten verwickelt sein sollten, handelt es
selbst mit der Teilnahme an der Er- sich um die angeblich auf einen Befehl
schießung von amerikanischen Kriegsge- Peipers zurückgehende Bildung von Kom-
fangenen in Stoumont belastet hatte. Er mandos zur Tötung von Kriegsgefange-
ist zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe ver- nen. Peiper habe durch Hennecke Rumpf
urteilt, am 10. April 1948 nach Nicht- den Befehl überbringen lassen, ein sol-
bestätigung seines Urteils aber freige- ches Kommando zu bilden und in Tätig-
lassen worden. keit treten zu lassen. Rumpf habe diesen
b) E c k m a n n (Todesstrafe; am 10. April 1948 Befehl an Mauthe weitergegeben, der ihn
freigelassen); ausgeführt habe.
Verurteilt wegen angeblicher Beteiligung Als sich Hennecke nach der Rückkehr
an der Erschießung von 7 Kriegsgefange- von Rumpf auf dem Gefechtsstand Pei-
nen in La Gleize. Beweismittel : pers zurückgemeldet habe, habe Reiser

9
ihm den Befehl gegeben, aus Männern 3. Befehl zur Bildung eines Exekutions-
seiner eigenen Kompanie ein Kommando kommandos (siehe oben Ziff. 6d, Hen-
zu bilden. Der mit der Führung dieses necke u. a.).
Kommandos beauftragte Unteroffizier ha- g) P r e u ß (Todesstrafe am 8. April 1949 in
be Hennecke gemeldet, das Kommando lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewan-
habe eine Menge Kriegsgefangene er- delt) :
schossen. Die Verteidigung trug vor, das
durch Rumpf zu bildende Erschießungs- Nach Schwäbisch Haller Aussagen von
kommando habe den Auftrag gehabt, Siegmund, Stock und Theo Rau sollen in
einen Fahnenflüchtigen aus der Kompa- La Gleize mehrere Erschießungen von
nie Rumpfs zu erschießen. Kriegsgefangenen stattgefunden haben,
die auf den Befehl Preuß’ zurückgegan-
Die Überprüfungsbehörde sah den von gen seien.
der Anklage behaupteten Vorgang nicht
als erwiesen an. Reiser und Mauthe, die Wegen des Beweiswertes dieser Zeugen-
allein wegen der Verwicklung in diesen aussagen vgl. oben S. 9 (Fall Stock) so-
Vorgang verurteilt waren, wurden frei- wie unten Ziff. 6 i (Fall Theo Rau) und
gelassen. Ziff. 6k (Fall Siegmund).
e) H e i n z H o f m a n n (lebenslängliche Frei- h) R o d e n b u r g (Todesstrafe am 20. März
heitsstrafe am 20. März 1948 in 15jährige 1948 umgewandelt in 25jährige Frei-
umgewandelt), heitsstrafe),
W e r n e r (wie Hofmann) : S c h w a m b a c h (Todesstrafe am 20. März
1948 umgewandelt in lebenslängliche Frei-
Beide wurden auf Grund inzwischen wi- heitsstrafe),
derrufener Schwäbisch Haller Aussagen
für schuldig befunden, auf Befehl eines W e i ß (Todesstrafe am 20. März 1948 um-
Unteroffiziers an der Erschießung von gewandelt in 25jährige Freiheitsstrafe) :
10—15 Kriegsgefangenen teilgenommen Der Verurteilung dieser drei Angeklag-
zu haben. Der War Crimes Board of ten liegen als einzige Beweismittel deren
Review hatte die Aufhebung der Urteile Schwäbisch Haller Geständnisse zugrunde,
wegen unzureichender Beweise vorge- die jeweils als bestätigende Zeugenaus-
schlagen. sagen gegen die übrigen Mitangeklagten
f) P e i p e r (Todesstrafe; am 8. April 1949 verwertet worden sind. In diesen Erklä-
erneut bestätigt) : rungen schildern die drei Angeklagten,
wie Schwambach und Weiß vor einem
1. Nach seiner eigenen widerrufenen Schwä- Haus gestanden und Rodenburg sich im
bisch Haller Aussage habe er eine Un- Haus an einem Fenster befunden habe.
terhaltung mit Diefenthal, Pötschke und Unter Bewachung durch einen deutschen
von Westernhagen gehabt, bei der be- Posten seien in einem Abstand von 5—8
raten worden sei, was mit Kriegsgefange- Meter von diesem drei amerikanische
nen geschehen solle, falls man bis zum Kriegsgefangene mit erhobenen Händen
letzten kämpfen müsse. Es sei die Mög- die Straße an jenem Haus vorbeigeführt
lichkeit erwogen worden, die Kriegsge- worden. „Irgend jemand“ habe plötzlich
fangenen zu erschießen. Ein ausdrück- gerufen : „Da kommen sie; legt sie um.“
licher Befehl dieser Art wurde nicht ge- Rodenburg, Schwambach, Weiß hätten
geben. Auch ist nicht behauptet, daß die darauf jeder nach einem der drei Kriegs-
Eventualität, über die beraten worden gefangenen gezielt und geschossen. Die
war, jemals praktisch geworden wäre. Amerikaner seien getötet worden.
2. Nach einer widerrufenen eidesstattlichen Alle drei Verurteilten behaupten, sie hät-
Erklärung Motzheims will dieser Zeuge ten diese Aussagen unter der Einwirkung
einer Meldung Pötschkes an Peiper über von Mißhandlungen durch Vernehmungs-
die Gefangennahme zweier amerikani- beamte gemacht. Sie haben ihre Aus-
scher Kriegsgefangener gewesen sein. sagen widerrufen, da sie nicht wahr seien.
Auf die Frage Pötschkes, was mit ihnen Der War Crimes Board of Review hatte
geschehen solle, habe Peiper in unbe- die Aufhebung der Urteile vorgeschlagen.
stimmtem, aber wegwerfendem Ton ge-
antwortet : „Wie üblich“. i) T h e o R a u (Todesstrafe am 20. März 1948
Diese Angaben Motzheims sind in der- in lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewan-
selben Erklärung enthalten, die zu Motz- delt) :
heims Verurteilung wegen der angeb- Rau wird zur Last gelegt, an der Er-
lichen Erschießung eines Kriegsgefange- schießung von 6—8 amerikanischen
nen in Honsfeld geführt hatte, die als Kriegsgefangenen auf Befehl eines Un-
unter schwerem Druck zustande gekom- teroffiziers beteiligt gewesen zu sein. Als
men widerrufen und von der Überprü- Beweismittel wurden eingeführt : das
fungsbehörde nicht als ausreichendes Be- Schwäbisch Haller Geständnis Raus, die
weismittel anerkannt wurde. Motzheim Schwäbisch Haller Aussagen von Sieg-
wurde freigelassen (siehe oben Ziff. 1c). mund, Stock und Freimuth, letztere un-

10
unterschrieben und unbeeidigt, da sich 6 oder 7 amerikanische Kriegsgefan-
Freimuth in Schwäbisch Hall das Leben gene gezeigt und gesagt, sie sollten
genommen hatte. „umgelegt“ werden. Die Kriegsgefange-
Rau, Siegmund und Stock widerriefen nen seien daraufhin in Linie aufgestellt
ihre Aussagen und behaupteten, sie seien worden, und er, Siegmund, habe zu-
durch Mißhandlungen seitens der Ver- sammen mit 5 oder 6 Kameraden ein
nehmer erpreßt worden. Stock, der in Zielschießen nach ihnen veranstaltet.
derselben Erklärung ihn selbst belasten- Er habe auf einen der Kriegsgefange-
de Angaben gemacht hatte, die zu seiner nen geschossen, dessen Körper unter-
Verurteilung zu lebenslänglicher Frei- sucht und festgestellt, daß er leblos
heitsstrafe geführt hatten, wurde inzwi- war.
schen freigelassen (siehe oben S. 14). 4. Auf Befehl eines Leutnants, der aus
Wegen des Beweiswertes der Aussage dem Befehlsstand von Peiper gekom-
Siegmunds vgl. unten Ziff. 6 k. men sei, habe er mit 2 anderen deut-
schen Soldaten 3 amerikanische Kriegs-
Der War Crimes Board of Review hatte gefangene abgeführt und 1 davon er-
die Aufhebung des Urteils gegen Rau schossen. Die übrigen 2 Kriegsgefange-
vorgeschlagen, weil die Beweise unzu- nen seien von den anderen beiden Sol-
reichend seien. daten getötet worden.
k) S i e g m u n d (Todesstrafe am 20. März 1948 Mit Ausnahme des Vorfalls zu 3 liegt
in lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewan- als einziges Beweismittel das wider-
delt) : rufene Schwäbisch Haller „Geständnis“
In einem Schwäbisch Haller Geständnis Siegmunds vor. Der Vorfall zu 3 wird
hat sich Siegmund mit der Teilnahme an in Schwäbisch Haller Aussagen von Theo
insgesamt 4 verschiedenen Gefangenen- Rau und Freimuth bestätigt. Freimuths
erschießungen belastet : Aussage ist ununterschrieben und unbe-
1. Aus einer Gruppe von 10—12 ameri- eidigt. Raus Aussage ist widerrufen
kanischen Kriegsgefangenen habe er (siehe auch oben Ziff. 6 i — Fall Theo
einen erschossen. Rau).
2. Auf Befehl Preuß’ habe er aus einer Der War Crimes Board of Review hatte
anderen Gruppe von 5 Kriegsgefange- die Aufhebung des Urteils wegen unzu-
nen ebenfalls einen erschossen. reichender Beweise vorgeschlagen.
3. Ein Unteroffizier habe am Rande eines
Waldes in der Nähe von La Gleize auf

IV. Folgerungen.
Die gegebene Übersicht begründet folgende lichen Höhe aufrecht erhalten geblieben. 62
Feststellungen : Urteile sind revidiert worden, mit ihnen in
sehr vielen Fällen der vom Gericht festge-
1. Der Baldwin-Ausschuß ist bei seinen Zah- stellte strafbare Sachverhalt.
lenangaben über den Umfang der Verbre-
chen weitgehend von dem Beweisvorbrin- 2. Die Zahlenangaben in der Tabelle des Un-
gen der Anklage im Laufe der mündlichen tersuchungsberichts halten einer Prüfung
Verhandlung ausgegangen, ohne jeweils nach diesen Maßstäben nicht stand.
die Ergebnisse späterer Urteilsüberprüfun- Die einzelnen Zahlen sind nur noch in wenigen
gen zu berücksichtigen. Fällen durch Beweismittel belegt, die von den
Das Beweisvorbringen der Anklage ist zwar amerikanischen Überprüfungsoffizieren unbe-
vom Gericht als ausreichend erachtet worden. anstandet blieben. Fälle wie Cheneux, wo
In sehr vielen Fällen haben aber die ameri- durch die Freilassung von Gebauer und Fritz
kanischen Überprüfungsbehörden die mangeln- Rau, oder wie La Gleize, wo durch die Frei-
de Stichhaltigkeit der Beweisunterlagen fest- lassung weiterer 7 Verurteilter mangels aus-
gestellt und daraus auch entsprechende Fol- reichender Beweise den Zahlenangaben in der
gerungen gezogen. In nicht weniger als 13 Tabelle die Beweisgrundlage entzogen worden
Fällen sind Verurteilte freigelassen worden, ist, sprechen für sich selbst.
weil die Prüfung ihrer Urteile das Fehlen Mit diesen Freilassungen ist nicht etwa nur die
einer ausreichenden Beweisgrundlage ergab. strafbare Verwicklung der Freigelassenen in
In zahlreichen anderen Fällen sind e i n z e l n e diese vom Gericht festgestellten verbrecheri-
Belastungspunkte aus demselben Grunde fal- schen Vorfälle verneint worden. Nach der Be-
lengelassen worden (vgl. z. B. oben Abschnitt weislage ist vielmehr auch ausgeschlossen, daß
III : 1 d) Rumpf, 2 a) Bode, 2 b) Goldschmidt, überhaupt ein strafbarer Sachverhalt vorlag.
4 a) Briesemeister). Insgesamt sind von den In allen diesen Fällen sagten ausschließlich
73 Urteilen bisher nur 11 in ihrer ursprüng- die in Schwäbisch Hall abgegebenen schrift-

11
lichen Erklärungen der Angeklagten selbst ergeben, mit einer einzigen scheinbaren Aus-
etwas über jenen Sachverhalt und ihre Mit- nahme höchstens, nämlich hinsichtlich des Vor-
verantwortlichkeit an dessen Herbeiführung falles an der Straßenkreuzung bei Malmedy.
aus, während überzeugende Aussagen unver- Im Gegensatz zu vielen anderen Fällen, in
dächtiger Entlastungszeugen wie des amerika- denen selbst nach Ansicht der amerikanischen
nischen Oberstleutnants McGown (Cheneux, Überprüfungsbehörden nicht einmal der dem
La Gleize), belgischer Staatsangehöriger (La Verurteilten zur Last gelegte Sachverhalt hin-
Gleize) usw. schon während der mündlichen reichend bewiesen ist, geschweige denn dessen
Verhandlung gegen die Stichhaltigkeit der strafbare Teilnahme, liegt bei dem Vorfall an
Schwäbisch Haller Geständnisse sprachen, je- der Straßenkreuzung zumindest ein Sachver-
doch unberücksichtigt blieben. halt zweifelsfrei vor. Die Frage freilich nach
Selbst in den Fällen aber, in denen die Über- den einzelnen Umständen, die diesen Sachver-
prüfungsbehörden an der Glaubwürdigkeit der halt herbeigeführt haben, vor allem aber die
Beweismittel festgehalten oder zumindest weitere Frage, ob die wegen der behaupteten
keine ihren Beweiswert ausschließenden Fol- Verwicklung in ihn Verurteilten die wirklich
gerungen gezogen haben, können die in der Beteiligten sind, diese Fragen sind ebenfalls
Tabelle angegebenen Zahlen als nicht wirklich weitgehend unaufgeklärt.
zweifelsfrei festgestellt angesehen werden. Auch im Punkte Straßenkreuzung würde,
Beispiel : was das Beweismaterial anbelangt, eine
Die Zahl von 50 ermordeten amerikanischen nähere Betrachtung der etwa 27 damit zusam-
Kriegsgefangenen in Ligneuville (Abschnitt menhängenden Einzelfälle zu keinem anderen
III/3 am Ende) findet ihre einzige Stütze in Ergebnis wie in den oben geschilderten Fall-
einer Schwäbisch Haller Erklärung des An- komplexen führen. Auch hier bestehen in der
geklagten Jäkel. Weiteres Beweismaterial überwiegenden Zahl der Fälle die Beweise, die
liegt nicht vor. Jäkel hat in derselben Er- die Verurteilung begründen sollen, aus Schwä-
klärung sich selbst (z. B. Abschnitt III/2 c) bisch Haller Geständnissen der Verurteilten
und andere mit der Teilnahme an zum Teil selbst und aus gleichfalls in Schwäbisch Hall
ausgesprochenen kaltblütigen und grau- gemachten Aussagen ihrer Mitangeklagten. Auch
samen Verbrechen belastet. Er war z. Zt. hier ist der Beweiswert dieser Aussagen mit
der Ardennen-Offensive knapp 18 Jahre alt. der Behauptung angefochten, sie seien unter
Auf seine Aussagen haben, wie er behaup- physischem und psychischem Druck zustande ge-
tet, Haftverschärfungen, Verleitung zum kommen und unwahr. Auch hier haben die
Meineid, körperliche Mißhandlungen und Überprüfungsbehörden vielfach Folgerungen
Scheinverfahren eingewirkt. Er hat sie spä- aus dieser unsicheren Beweislage gezogen und
ter als unwahr widerrufen. in nicht weniger als 20 Fällen die ursprüng-
lich verhängte Todesstrafe in Freiheitsstrafe
Nach der Praxis der Überprüfungsbehörden,
umgewandelt, und zwar auch bei ursprünglich
die von General Clay gebilligt worden ist,
„gestandenen“ und „bestätigenden“ Angaben,
sind in dieser Weise angefochtene Beweis-
deren Inhalt, wenn er tatsächlich bewiesen
mittel regelmäßig nicht als ausreichend be-
wäre, die Todesstrafe ohne weiteres rechtfer-
trachtet worden, wenn nicht zusätzliche Be-
tigen würde.
weise den widerrufenen Sachverhalt bestä-
tigten. Es wird hierbei nicht übersehen, daß in meh-
Die Zahl von 50 ermordeten amerikanischen reren Fällen Urteile gnadenweise gemildert
Kriegsgefangenen in Ligneuville entbehrt worden sind, weil dem einzelnen Verurteilten
danach einer gesicherten Beweisgrundlage. z. B. ein Befehlsnotstand, seine Jugend oder
So oder ähnlich liegen viele andere Fälle auch ähnliche Gesichtspunkte zugute gehalten wur-
(vgl. z. B. Abschnitt III/6 : c) Hammerer/Schäfer/ den. Es soll daher mit den vorstehenden Aus-
Sievers; e) Heinz Hofmann/Werner; h) Roden- führungen nicht der Eindruck erweckt werden,
burg/Schwambach/Weiß; i) Theo Rau; k) Sieg- j e d e Strafherabsetzung lasse den Schluß zu,
mund). daß bei der Überprüfung der Urteile die Be-
weise als ungenügend angesehen wurden. Es
Eine gewisse Schwäche der gegebenen Über- ist hier auch n i c h t von der S c h u l d f r a g e
sicht bedeutet ihre aus Raumgründen gebotene in den einzelnen Fällen die Rede. Das sei aus-
Beschränkung auf Beispiele. Sie ist daher dem drücklich betont. Zweck dieser Darlegungen
Einwand ausgesetzt, die Zusammenhänge ein- war es nur, die unbestreitbare Tatsache zu ver-
seitig und unvollständig dargestellt, vielleicht deutlichen, daß in weitem Umfange die Zahlen-
sogar absichtlich die Tatorte übergangen zu angaben des Untersuchungsberichts nicht tat-
haben, bei denen an den Zahlenangaben in sächlich erwiesen, sondern nach wie vor noch
der Tabelle des Untersuchungsberichts nicht auf solches Beweismaterial gestützt sind, daß
zu rütteln sei. auch bei der Prüfung durch die amerikanischen
Es würde sich jedoch auch bei einer erschöpfen- Überprüfungsbehörden als nicht stichhaltig be-
den Behandlung kein wesentlich anderes Bild funden worden ist.

12
V. Die Kernfrage.
Alle diese Zusammenhänge wurden nicht Scheingerichten, falschen Zeugen und Verspre-
allein deshalb in dieser Ausführlichkeit behan- chungen bis zu Drohungen und Mißhandlungen.
delt, um die Zahlenangaben in der Tabelle des „Wenn wir weiterkommen wollten, mußten wir
Untersuchungsberichts kritisch würdigen zu zuerst die Kameradschaft beseitigen“, sagte
können. Sie müssen auch klar sein, wenn man Captain Shumacker als Vertreter der Anklage
eine wirklich vorurteilsfreie Einstellung zu bei der Eröffnung des Malmedy-Prozesses und
den weiteren Feststellungen des Baldwin-Aus- gab damit wohl eine der wichtigsten Erklärun-
schusses gewinnen will. Viele dieser Feststel- gen dafür, daß der einzelne Beschuldigte den
lungen fordern zu einer Widerlegung heraus, Methoden der Untersuchungsführung dann auch
und es wäre nicht schwierig, den Bericht- wirklich erlag und sich zu eigenen Taten be-
erstattern in nicht wenigen Punkten Irrtümer kannte, die er nicht begangen hatte, oder Mit-
und Voreingenommenheit nachzuweisen. Es ist beschuldigte mit Handlungen belastete, die
jedoch nicht der Zweck dieser Darstellung, um nicht den Tatsachen entsprachen.
Einzelheiten zu rechten. Sie soll der Fortfüh-
rung einer fruchtbaren, streng sachlichen Dis- Sollte der einzelne sich z. B. bis zum letzten
kussion dienen. Deshalb wird sie sich auf das dem Druck der Untersuchungsführer zu wider-
Wesentliche beschränken und Einzelheiten nur setzen versuchen, wenn er von der Sinnlosig-
da erörtern, wo sie in Beziehung zu diesem keit eines solchen inneren Widerstandes etwa
Wesentlichen stehen. dadurch überzeugt wurde, daß ihm von den
Vernehmern Geständnisse seiner Vorgesetzten
Die vorausgegangenen Darlegungen dürften oder Untergebenen vorgetäuscht wurden, die
hinreichend deutlich gezeigt haben, daß das das weitere Festhalten an der Wahrheit aus-
von der Anklagebehörde in den Prozeß ein- sichtslos erscheinen ließen? Würde er nicht
geführte Beweismaterial zwar vor Gericht, je- schließlich Gelegenheit bekommen, vor Gericht
doch bei weitem nicht immer vor den Über- dann alles wahrheitsgemäß zu schildern? Wozu
prüfungsbehörden die Probe auf seine Stich- sich weiterhin diesem unerträglichen Druck
haltigkeit bestanden hat. Es haben sich in aussetzen, wenn doch alles zwecklos ist?
Schwäbisch Hall abgegebene Erklärungen der
Angeklagten als den wahren Tatsachen zu- Eine amtliche Untersuchung wie die des Bald-
widerlaufend herausgestellt. Die Frage nach win-Ausschusses wird in solche psychologische
den Gründen konnte nicht ausbleiben, und Zusammenhänge nicht eindringen können und
diese Frage ist es vor allem, die das Für und daher immer Stückwerk bleiben müssen. Im
Wider um den Malmedy-Prozeß beherrscht : Sprachgebrauch einer solchen Untersuchung er-
Wie kommt es, daß sich die Angeklagten in scheint allenfalls als „zulässige List“, was in
ihren Geständnissen mit zum Teil grausamsten Wirklichkeit dem einzelnen Untersuchungsge-
Mordtaten belastet haben, für deren tatsäch- fangenen den letzten Anstoß gab, dem auf ihn
liche Verübung in dem vorhandenen Beweis- ausgeübten Druck schließlich nachzugeben und
material später keine ausreichende Stütze ge- falsche Aussagen zu machen. Deshalb muß
funden wurde? Haben sie absichtlich und frei- es hier bei diesen wenigen Andeutungen blei-
willig die Unwahrheit gesagt und aus welchen ben und bei der Argumentation notgedrungen
Gründen, oder lag die Ursache hierfür in den der Weg beschritten werden, auf dem der
Untersuchungsmethoden, die ihnen unwahre Baldwin-Ausschuß bei der Auswertung seiner
Aussagen abzwangen? Untersuchungen vorgegangen ist.
Um dieser Kernfrage wirklich auf den Grund Es lassen sich dabei zwei leitende Gesichts-
zu kommen, wäre es notwendig, den gesamten punkte feststellen, die den Zweck verfolgen,
Komplex Schwäbisch Hall eingehend zu er- ein von vornherein gestecktes Ziel zu erreichen.
örtern. Man kann sie nicht allein mit der Be- Erstens wird der unbefangene Leser des Be-
hauptung befriedigend beantworten, daß dort richts gegen die Malmedy-Gefangenen als Ver-
im Schwäbisch Haller Gefängnis vorwiegend treter einer besonders grausamen und blut-
mit körperlichen Mißhandlungen gearbeitet rünstigen Gattung von Menschen eingenom-
worden wäre, um die Beschuldigten zu Ge- men. Zweitens wird von ihm der Eindruck her-
ständnissen zu bringen. Das System der Unter- vorgerufen, als handle es sich bei den Behaup-
suchungsführung läßt sich auf einen so ein- tungen über fragwürdige Untersuchungsmetho-
fachen Nenner nicht bringen. Es war viel- den im wesentlichen um n a c h dem Prozeß
schichtiger angelegt und reichte vom wechsel- aufgebrachte Greuelmärchen dieser Gefange-
seitigen Ausspielen von Vorgesetzten und Un- nen, dazu bestimmt, ihre an sich vollauf ge-
tergebenen über die Anwendung von Tricks, rechtfertigten Urteile umzustoßen.

13
1. „Hartgesottene, grausame Fanatiker“. daß Peiper sich n a c h w e i s b a r von Anfang
an bereit erklärt hat, die Gesamtverantwortung
Diese den Malmedy-Gefangenen von General f ü r a l l e s zu tragen, was seinen Untergebe-
Clay zugedachte Charakterisierung (vgl. „Ent- nen zur Last gelegt würde. Diese Tatsache
scheidung in Deutschland“ — VI. Die Kriegs- spricht für sich allein genommen bereits so
verbrecherprozesse —; abgedruckt in „Neue überzeugend gegen die Behauptung des Unter-
Zeitung“, München vom 24. Januar 1950) ver- suchungsberichts, daß das e i n z i g e bekannte
sucht auch der Untersuchungsbericht des Bald- Beweismittel, das diese Behauptung stützen
win-Ausschusses an verschiedenen Stellen zu könnte, nämlich eine Schwäbisch Haller Er-
erhärten : Man konnte ihnen nicht mit den üb- klärung des Mitangeklagten Wichmann, nicht
lichen Vernehmungsmethoden beikommen. Es besonders erörtert zu werden braucht. Sie wur-
handelte sich um zum „g r ö ß t e n T e i l ab- de von Wichmann mit der Behauptung wider-
gebrühte Veteranen“ (S. 5), um „hartgesottene rufen, sie sei ihm von dem Untersuchungs-
und erfahrene SS-Leute, die viele Feldzüge führer Perl unter Zwangsanwendung diktiert
hinter sich hatten und an Schlimmeres gewöhnt worden, eine Behauptung, der man die Wahr-
waren“ (S. 24) als an die Anwendung von Un- scheinlichkeit schon deshalb nicht absprechen
tersuchungslisten und die Ausübung psychi- kann, weil Wichmann in seiner Aussage u. a.
schen Zwangs. Auch bleibt es nach der Ansicht erklärt hatte : „Die ganze Truppe wußte auch,
des Ausschusses offen, welche Wirkung bei- daß Peiper als Nachfolger Adolf Hitlers vor-
spielsweise die Bedrohung einzelner Gefange- gesehen war . . .“.
ner mit der Mitteilung, ihren Familienangehö-
rigen würden die Lebensmittelkarten entzogen Soweit in dem Untersuchungsbericht kollek-
und noch andere Strafmaßnahmen würden ge- tive Werturteile über die Malmedy-Gefange-
gen sie eingeleitet, „auf den Menschentyp ha- nen enthalten sind, können sie nur in rein
ben konnte, der dem Verhör unterzogen wur- subjektiven Vorstellungen der Bericht-
de“ (S. 22). Die Unzahl der von ihnen began- erstatter wurzeln. Sachlich fundiert sind sie
genen Morde und die Tatsache, daß sie einen nicht. Dagegen spricht einmal, daß mit Aus-
„Schweigeeid“ geleistet hatten, mit dem sie nahme e i n e s Ausschußmitgliedes, das sich
„zum Schweigen über jeglichen ihnen über- 8 der Gefangenen in Landsberg zu einer kur-
mittelten Befehl verpflichtet worden waren, zen Befragung vorführen ließ (Hearings,
wenn er sich auf die Tötung von Kriegsgefan- p. 1630 ff), der Ausschuß darauf verzichtete,
genen bezog“, und ferner, daß „Peiper Anwei- sich einen persönlichen Eindruck von ihnen zu
sung erteilt hatte, einen Major Pötschke für verschaffen. Dagegen spricht weiter, daß der
die Malmedy-Morde verantwortlich zu machen, Behauptung, es handle sich bei ihnen vorwie-
der während der letzten Kriegstage in Öster- gend um „hartgesottene und erfahrene SS-
reich gefallen war“ (S. 6), das alles wird offen- Leute“ ganz andere Tatsachen gegenüber-
sichtlich in der Absicht angeführt, dem Leser stehen; denn von den 73 Angeklagten waren
des Berichts die Schlußfolgerung nahezulegen, im Dezember 1944, als sich die Vorgänge ab-
die General Clay wie folgt formuliert (a. a. O.) : spielten, um die es sich in diesem Prozeß han-
delte, 24 jünger als 20 Jahre, 32 zwischen 20
„Ich konnte die Behandlung, die ihnen wi- und 25 Jahre, 9 zwischen 25 und 30 Jahre und
derfahren war, zwar nicht billigen, aber 8 über 30 Jahre alt, und viele von ihnen wa-
doch verstehen.“ ren damals weniger als 1 Jahr Soldat. Dagegen
Der Untersuchungsbericht erwähnt allerdings spricht schließlich die Beurteilung der Ange-
nicht, auf welches B e w e i s m a t e r i a l er klagten durch das Gericht selbst, das wäh-
seine Behauptungen über angebliche Tatsachen rend der 2monatigen Verhandlungsdauer si-
wie den Schweigeeid, die Abschiebung der Ver- cherlich Gelegenheit hatte, sich ein lebens-
antwortung auf Pötschke usw. stützt. volleres Bild von dem Charakter und der Men-
Da nicht einmal die Existenz sog. Tötungs- talität der Angeklagten zu machen, als dies
befehle einwandfrei nachgewiesen wurde, zahl- dem Untersuchungsausschuß allein auf Grund
lose Aussagen von Zeugen, die nicht in den eines Aktenstudiums möglich gewesen sein
Prozeß verwickelt waren, sie vielmehr wider- wird. Der von dem Ausschuß vernommene Mr.
legten, läßt sich auch kein überzeugender Be- Koessler, einer der amerikanischen Beamten,
weis für die behauptete Schweigeverpflichtung die die einzelnen Urteile des Malmedy-Pro-
führen. Ebensowenig kann auf Grund des vor- zesses zu überprüfen hatten, berichtete über
handenen Beweismaterials als Tatsache hin- ein nach Abschluß des Prozesses eingereichtes
gestellt werden, Peiper, der während des Auf- Gesuch der zum Tode verurteilten Angeklag-
enthalts im Lager Zuffenhausen 5 Wochen ten, die Todesstrafe statt durch Erhängen durch
lang in einem dunklen Keller unter sicherer Erschießen zu vollziehen, und führte über die
Bewachung von seinen Offizieren und Männern Stellungnahme des Gerichts dazu aus (Hearings,
isoliert worden war, habe Weisung gegeben, p. 1363) :
die Verantwortung auf Pötschke abzuschieben. „Das Gericht sagte — ich war ganz er-
Abgesehen von der rein technischen Unmög- schrocken über den Wortlaut der Empfeh-
lichkeit, einen solchen Befehl zu übermitteln, lung —, daß alle Angeklagten einen sehr
steht dieser Behauptung vor allem entgegen, guten Eindruck auf das Gericht gemacht

14
hätten. Das bleibt mir im Gedächtnis. Der 2. Der Streit um die Echtheit der Schwäbisch
gesamte Gerichtshof setzte sich dafür ein, Haller Geständnisse und die Glaubwürdig-
daß die Todesstrafe besser durch Er- keit ihrer Widerrufe.
schießen als durch Erhängen vollstreckt Es kann nicht als besonders überzeugendes
werden solle, weil sämtliche Angeklagten Zeichen für die Stärke der Position, die der
einen sehr guten Eindruck auf das Gericht Baldwin-Ausschuß zu verteidigen sucht, emp-
gemacht und deshalb den Soldatentod ver- funden werden, daß er durch die Feststellung
dient hätten.“ so vieler nicht erweisbarer Tatsachen in Bezug
auf das Persönlichkeitsbild der Gefangenen den
Es spricht nicht für den Willen des Unter- Eindruck hervorzurufen bemüht ist, es habe,
suchungsausschusses, den Stoff der Untersu- wenn es in Schwäbisch Hall ein wenig „hart“
chung wirklich unvoreingenommen zu durch- hergegangen sein sollte, nicht gerade bemit-
dringen und das Ergebnis der Untersuchung leidenswerte Leute betroffen. Es liegt vielmehr
von den auf s o l c h e Weise gewonnenen Tat- allein schon hierin ein gewisses Eingeständnis,
sachenfeststellungen abhängig zu machen, wenn daß das, was während der Untersuchungen in
schon in dem hier erörterten Zusammenhang Schwäbisch Hall vor sich gegangen war, sich
Behauptungen aufgestellt werden, die den beim besten Willen nicht mit dem Anspruch
wirklichen Tatsachen widersprechen, und wenn auf Aussagefreiheit und Fairness vereinbaren
außerdem noch alle jene Gesichtspunkte unter- ließ, der in den offiziellen Verlautbarungen
drückt werden, die selbst eine vorgefaßte Mei- der amerikanischen Behörden auch verdächti-
nung zu revidieren geeignet sein müßten. Es ist gen Kriegsverbrechern ausdrücklich garantiert
auch nicht fair, in dem Untersuchungsbericht worden war.
gleichsam als notorisch Tatsachen festzustellen,
die während des Prozesses zwar von der An- Infolgedessen konnte es bei der Erörterung
klage vorgetragen, vom Gericht aber als nicht dessen, was sich tatsächlich in Schwäbisch Hall
zur Sache gehörig zurückgewiesen worden zutrug, auch gar nicht mehr um die Frage des
sind. Ob, sondern nur noch um die Frage des Wie
gehen. Es lagen schon vorher genügend amt-
Wenn sich daher der Bericht einleitend bemüht, liche Verlautbarungen amerikanischen Ur-
den Hauptangeklagten Peiper mit Hinweisen sprungs vor, daß in Schwäbisch Hall Methoden
darauf abzuqualifizieren, er habe im Ostfeld- angewandt worden sind, die sich mit recht-
zug ein Bataillon mit dem Spitznamen „Brand- lichen Erfordernissen nicht vereinbaren lassen.
stifterbataillon“ geführt und sei früher ein- Der im Sommer 1948 vom amerikanischen
mal Adjutant von Himmler gewesen, so hätte Heeresminister eingesetzte Simpson-Ausschuß,
er aus Gründen der Fairness zumindest an- der den Auftrag hatte, 139 damals noch nicht
führen müssen, daß das Gericht diese Behaup- vollstreckte Todesurteile aus Dachauer Kriegs-
tungen der Anklage zwar zur Kenntnis genom- verbrecherprozessen zu überprüfen, stellte in
men, es aber ausdrücklich abgelehnt hat, dar- seinem Abschlußbericht vom 14. September
aus Rückschlüsse auf den Gegenstand des Pro- 1948 hinsichtlich der Urteile aus dem Malmedy-
zesses zu ziehen. Der Untersuchungsausschuß Prozeß u. a. fest :
hat aber auch hier die bloße Tatsache eines
Spitznamens und der einseitigen unerwiesenen „Die Angeklagten wurden hauptsächlich
Behauptung der Anklage, es seien von dieser auf Grund ihrer eigenen außergerichtlich
Einheit zwei russische Dörfer niedergebrannt beschworenen Erklärungen und derjenigen
und deren Einwohner niedergemacht worden, ihrer Mitangeklagten überführt. Einige
als ausreichend erachtet, um von einer „be- dieser Erklärungen wurden als Ergebnis
rüchtigten“ Geschichte der von Peiper geführ- von ‚Scheinverfahren‘ und anderen unstatt-
ten Einheiten zu sprechen und die ihnen zu- haften Schlichen erlangt.
gehörigen Männer insgesamt als verhärtete Die Zulässigkeit vieler dieser Methoden,
und grausame Menschentypen zu charakteri- die zur Sicherstellung der Erklärungen an-
sieren. gewandt wurden, ist höchst fraglich. In
Sich dieser Einstellung gegenüber mit einer welchem Ausmaß diese unstatthaften Me-
Erklärung des wahren Zustandekommens jenes thoden wirksam wurden, kann nicht genau
Bataillons-Spitznamens durchsetzen zu wollen, geschätzt werden. Wegen des gesamten
erscheint wenig aussichtsreich. Sie sei aber hier Verfahrens tauchten jedoch hinreichende
wenigstens der Vollständigkeit halber gegeben Zweifel auf, die eine Fortsetzung der Hin-
und ihre Glaubhaftigkeit oder Bedenklichkeit richtungen unklug erscheinen lassen.“
der Würdigung eines objektiven Betrachters Der in der Zuständigkeit des damaligen Mili-
überlassen. Der Spitzname hieß nicht „Brand- tärgouverneurs General Clay errichtete Admi-
stifter“, sondern „Lötlampen-Bataillon“ (Blow nistration of Justice Review Board in the Mal-
Torch = Lötlampe), so genannt nach einer Löt- medy Case, der ebenfalls die Schwäbisch Hal-
lampe, die diese Einheit als Erkennungszeichen ler Untersuchungsmethoden zu untersuchen
für ihre Fahrzeuge gewählt hatte, um damit hatte, gelangte zu dem Ergebnis, daß zumin-
die im Truppenjargon gebräuchliche Redens- dest in folgenden Punkten die in dieser Be-
art bildlich auszudrücken : „Wir werden das ziehung erhobenen Beschuldigungen den Tat-
Ding schon löten“. sachen entsprächen :

15
„Nur in beschränktem Umfange, w a h r - Der Baldwin-Ausschuß ist in seinem Untersu-
scheinlich in 8 oder 10 Fällen, chungsbericht trotzdem den Aussagen der be-
wurden Scheinverfahren durch- lasteten Vernehmer weitgehend gefolgt, und
g e f ü h r t , um die Beschuldigten ‚weich zu es bleibt nach seiner Darstellung im wesent-
machen‘. Es wurden aber keine Urteile lichen nur e i n „schwerer Mißgriff“ der Ver-
ausgesprochen. nehmer übrig. Das ist die Durchführung der
Es bestand wohl eine allgemeine Anwen- Scheinverfahren. Auch in diesem Punkte findet
dung von Schlichen, um Untergebene zum er aber weitgehende Milderungsgründe für das
Sprechen zu bewegen, indem man ihnen beanstandete Verhalten der Vernehmer. Mr.
sagte, die Anklage habe nur Interesse an ihren Perl — als ehemaliger Österreicher Kenner des
Vorgesetzten, aber nicht an ihnen kontinental-europäischen Strafprozeßrechts —
selbst. behauptete nämlich, die Scheinprozesse seien
auf seinen Vorschlag hin nach dem Muster der
In gewissen Fällen drohten Verhörbeamte richterlichen Voruntersuchung, die das deut-
den Gefangenen mit der Entziehung der sche Strafprozeßrecht vorsieht, aufgezogen und
Lebensmittelkarten ihrer Angehörigen, für ordnungsmäßig gehalten worden, zumal
wenn sie nicht sprechen würden. den Verdachtspersonen das deutsche Strafver-
Körperlicher Zwang wurde nicht systema- fahrensrecht vertraut gewesen sei (S. 11). Es
tisch ausgeübt, um Aussagen zu erlangen. bleibt dann zwar unerörtert, woher diese völ-
Aber zweifellos haben Verhörbeamte im lig unerfahrenen jungen Burschen, die noch
Eifer des Gefechts gelegentlich doch mit nie in ihrem Leben mit dem Gericht in Berüh-
physischer Gewalt auf widerspenstige Ge- rung gekommen waren, die ihnen unterstellten
fangene eingewirkt. „Rechtskenntnisse“ bezogen haben sollen.
Es bestand eine allgemeine Anwendung Nichtsdestoweniger erklärt sich der Untersu-
von anderen Kunstgriffen, Listen, Lock- chungsausschuß für restlos überzeugt, daß das
spitzeln und ähnlichen Tricks, die jedoch von Mr. Perl behauptete Motiv über die Ein-
durch die Schwierigkeit gerechtfertigt wa- führung der Scheinverfahren zutreffend sei.
ren, einen Fall zu ‚knacken‘.“ Die Mitglieder seien lediglich über die Zu-
lässigkeit der Zimmerverdunklung und der
General Clay selbst führt in seinem Bericht
von dem Untersuchungsstab für seine Zwecke
über die Kriegsverbrecherprozesse (a. a. O.)
verwendeten Theatereffekte geteilter Meinung
aus :
gewesen (S. 12).
„Dieser (der Simpson-Ausschuß) und mein
eigener Rechtsüberprüfungsausschuß (Ad- Zu dem schwersten Vorwurf, der gegen die
ministration of Justice Review Board) kam Untersuchungsführung in Schwäbisch Hall er-
zu der Überzeugung, daß man in der Tat hoben worden ist, daß nämlich die Untersu-
auf unstatthafte Weise Zeugenaussagen chungsgefangenen durch körperlichen Zwang
erlangt hatte. Mitglieder der Anklagever- zur Abgabe von Geständnissen gefügig ge-
tretung bekannten sich schuldig, die Ange- macht worden seien, wird festgestellt : S. 21)
klagten getäuscht, Festgenommene gegen
Auskünfte freigelassen und sich ähnlicher „Es ist kein ausreichender Beweis dafür
Verfahren bedient zu haben, um Beweis- vorhanden, der die Annahme rechtfertigen
material in die Hand zu bekommen.“ könnte, daß körperliche Mißhandlungen
Wirklich umstritten war nach diesen verschie- der angegebenen Art, auch wenn solche
denen Verlautbarungen offizieller amerikani- in Einzelfällen vorgekommen sein sollten,
scher Stellen bei Lichte besehen eigentlich nur irgendwelche Personen so beeindruckte,
noch die systematische Anwendung körperli- daß dies den Ausgang der Untersuchung
cher Gewalt, und General Clay stellt zu die- beeinflußt haben könnte. Der Unteraus-
sem Punkt fest : schuß ist überzeugt, daß die Geständnisse
der Gefangenen und das Beweismaterial,
„Schwerste Grausamkeiten, von denen die das im Hauptverfahren vorgelegt wurde,
Angeklagten ganz offenbar nur aus Selbst- nicht durch körperliche Mißhandlung der
interesse sprachen, wurden von den An- Angeklagten beigebracht wurde.“
klagevertretern bestritten, sie konnten
auch nicht durch irgendwelche Beweise Damit ist also die Kernfrage, die in diesem
glaubhaft gemacht werden.“ Abschnitt erörtert wird, erneut gestellt, und
Die eidlichen Aussagen der angeschuldigten es bleibt nichts anderes übrig als sie noch ein-
Schwäbisch Haller Untersuchungsführer vor mal in großen Zügen zu untersuchen, wobei
dem Baldwin-Ausschuß ließen nun freilich nicht vor allem auf einige Tatsachen hinzuweisen
nur alle Behauptungen über körperliche Miß- sein wird, die vom Untersuchungsausschuß
handlungen in ein Nichts zerrinnen. Sie liefer- nicht hinreichend gewürdigt zu sein scheinen.
ten auch den Gegenbeweis dafür, daß kaum an- Für den Ausschuß steht fest, daß, mögen auch
dere bedenkliche Methoden angewandt wor- vereinzelt Mißgriffe, vielleicht sogar Über-
den sein können, obwohl sie nach den oben griffe bei den Vernehmungen in Schwäbisch
zitierten Prüfungsergebnissen anderer Stellen Hall vorgekommen sein, n i c h t s d a r a u f
bereits als unzweifelhaft feststehend angesehen hindeutet, was Zweifel an der
werden mußten. Echtheit des Beweismaterials be-

16
g r ü n d e n w ü r d e . Es wurde nach Ansicht seien, ihre Aussagen dennoch überzeugend
des Ausschusses und im Einklang mit den Aus- und eindringlich abgefaßt; „Sie alle sagten
sagen der beschuldigten Vernehmer unabhän- übereinstimmend unter Eid aus, daß keine
gig von irgendwelchen möglichen Zwangsein- dieser körperlichen Mißhandlungen und
wirkungen völlig freiwillig von den Untersu- Brutalitätsakte stattgefunden haben.“
chungsgefangenen erlangt. Die wichtigsten Ar- Zu a) Die Carpenter-Untersuchung.
gumente für diese Feststellungen des Unter-
suchungsausschusses sind die folgenden (ins- Nach den eidlichen Aussagen Oberst Everetts
besondere Seite 19/20) : (Hearings, p. 1555 ff) veranlaßte er die Ent-
sendung eines Offiziers durch eine vorgesetzte
a) Schon vor Beginn der mündlichen Verhand- Dienststelle, nachdem er von seinen Mitarbei-
lung im Malmedy-Prozeß seien von den An- tern davon unterrichtet worden war, daß bei
geklagten behauptete Mißhandlungen in deren erster Fühlungnahme mit ihren Klien-
Schwäbisch Hall auf Betreiben des amerika- ten sehr viele von diesen behaupteten, in
nischen Hauptverteidigers Oberst Everett Schwäbisch Hall geschlagen, gestoßen, Schein-
durch einen amerikanischen Offizier, Oberst gerichtsverfahren und anderen Formen von
Carpenter, mit dem Ergebnis untersucht Zwangsanwendung ausgesetzt worden zu sein.
worden, daß sich die Beanstandungen der Er ließ daraufhin an die Angeklagten Frage-
Angeklagten im wesentlichen als haltlos bogen verteilen, deren Auswertung die münd-
herausgestellt hätten. Nur 4 der Angeklag- lichen Angaben der Angeklagten bestätigte,
ten, nämlich Sprenger, Joachim Hofmann, und sprach mit einer tabellenartigen Übersicht
Neve, Jäkel, hätten bei dieser Nachfor- bei der vorgesetzten Dienststelle vor. Oberst
schung an der Behauptung festgehalten, Carpenter wurde nach Dachau entsandt. Das
mißhandelt worden zu sein, ohne aber Ergebnis seiner Vernehmungen wurde bereits
gleichzeitig hinreichend glaubhaft machen erwähnt. Er hat darüber auch vor dem Aus-
zu können, die angebliche Zwangsausübung schuß ausführlich ausgesagt.
habe sie zur Abgabe von Geständnissen
Nach Oberst Carpenters Vernehmung schrieb
veranlaßt. Diese 4 Angeklagten hätten
Oberst Ellis, seinerzeit Chef der Schwäbisch
außerdem Oberst Carpenter und Oberst
Haller Vernehmergruppe, an Mr. Thon,
Everett gegenüber zugegeben, daß sie ihre
einen seiner damaligen Vernehmungsbeamten
Angaben nur gemacht hätten, um aus ihren
(Hearings, p. 1294) :
Geständnissen herauszukommen.
„Oberst Carpenter ließ uns eine Menge
b) Die Versäumnis der Angeklagten, vor Ge- Gutes widerfahren. Er bagatellisierte (be-
richt über die ihnen angeblich widerfahrene littled) die Behauptungen über Brutalitä-
Behandlung in Schwäbisch Hall auszusagen, ten und sagte, es habe nur 4 gegeben, die
lasse sich schwer in Einklang mit der Tat- erklärt hätten, sie seien geschlagen wor-
sache bringen, daß sie 16 Monate nach der den, und dann wären sie aber so unbe-
Verurteilung ihre ursprünglichen Geständ- stimmt in ihren Aussagen gewesen, daß
nisse und Erklärungen widerriefen, weil sie er sie als unbedeutend angesehen hätte.
durch Zwangseinwirkungen erlangt worden Er half wirklich.“
seien. Der Unterausschuß vertritt die Auf-
Der Ausschuß hat das von Oberst Carpenter
fassung, daß die Verteidigung in diesem
berichtete Ergebnis als ausreichende Wider-
Falle entweder die Erzählungen der Ange-
legung des hier erstmalig aufgetauchten Ver-
klagten über körperliche Mißhandlungen
dachts angesehen, daß in Schwäbisch Hall un-
nicht glaubte, von denen sie Kenntnis hatte,
statthafte Vernehmungsmethoden angewandt
oder daß sie einen schmerzlichen Fehler be-
worden seien, dabei jedoch mindestens drei
ging, als sie diese Aussagen nicht in das
wesentliche Tatsachen nicht berücksichtigt :
Gerichtsprotokoll aufnahm.
1. Nach den übereinstimmenden Aussagen
c) Die Aussagen von deutschen Zeugen, die Oberst Everetts und zweier weiterer Angehö-
angaben, bei verschiedenen Vorgängen in riger seines Verteidigungsstabes war es bei
Schwäbisch Hall Augenzeugen gewesen zu ihren ersten Begegnungen mit den Angeklag-
sein, hätten sich als widerspruchsvoll und ten überhaupt unmöglich gewesen, sie zum
unglaubwürdig erwiesen. Reden zu bewegen. Es bedurfte erst der nach-
d) Die durch den Untersuchungsausschuß ver- haltigen Einwirkung einiger ihrer Mitange-
anlaßte ärztliche Untersuchung einzelner klagten, vor allem Krämers und Peipers, sie
Angeklagter, die bleibende körperliche davon zu überzeugen, daß sie es jetzt mit ihren
Schäden durch Mißhandlungen in Schwä- wirklichen Verteidigern zu tun hätten, zu de-
bisch Hall erlitten haben wollen, habe die nen sie Vertrauen haben dürften und die ihre
Unvereinbarkeit dieser Behauptungen mit Aufgabe darin sähen, eine ordentliche Ver-
dem ärztlichen Untersuchungsbefund er- teidigung für sie vorzubereiten. Dieses zu-
geben. nächst unverständliche Verhalten der Ange-
klagten klärte sich für die amerikanischen Ver-
e) Die Angehörigen der Schwäbisch Haller Ver- teidiger auf, als sie die Berichte der Angeklag-
nehmergruppe hätten, obwohl sie zugegebe- ten über Schwäbisch Hall hörten und u. a. auch
nermaßen unmittelbar interessierte Zeugen erfuhren, daß dort Vernehmer einzelne Ange-

17
klagte, unter der Vorgabe, sie seien ihre Ver- Sie haben als einzelne oder zusammen auch in
teidiger, zur Abgabe von Geständnissen ver- einer nicht unerheblichen Anzahl von Fällen
leitet haben sollten. den Beweis für ihre eigene oder für die Schuld
Der Untersuchungsausschuß hat diesen Um- einzelner ihrer Mitangeklagten geliefert. Die
ständen keine Bedeutung beigemessen, obwohl oben in Abschnitt III geschilderten Fälle unter
hierin die plausibelste Erklärung für die Zurück- 1 a/b (Goldschmidt/Hammerer), 1 d (Rumpf),
haltung der Angeklagten bei der Befragung 2 a (Bode), 2b (Goldschmidt), 2 c (Jäkel),
durch Oberst Carpenter liegt, ihre in Schwä- 3 (50 Tote bei Ligneuville), 6 c (Hammerer/
bisch Hall gesammelten Erfahrungen luden Schäfer/Sievers) sind aus dieser Kette nur ein-
nicht dazu ein, sich einem amerikanischen Offi- zelne Glieder. An der Beweisführung der An-
zier gegenüber freimütig über ihre Behandlung klage im Punkte Straßenkreuzung bei Malme-
in Schwäbisch Hall auszusprechen. Das hätte in dy ließe sich die hier aufgestellte Behauptung
ihrer damaligen Vorstellung nach den Erleb- noch eindringlicher erhärten.
nissen, die sie dort gehabt zu haben behaup- Nicht zufällig dürfte auch ihr Alter und damit
ten, zu sehr unangenehmen Folgen für sie füh- ihre völlige Unerfahrenheit mitbestimmend für
ren können. die Rolle gewesen sein, die ihnen von der An-
2. So sicher, wie es dem Untersuchungsaus- klage zugedacht worden war. So waren z. Zt.
schuß erschienen ist, daß sich keinerlei des Prozeßbeginns Hofmann und Jäkel 19,
nennenswerte Anhaltspunkte für die Richtig- Neve und Sprenger 20 Jahre alt, während der
keit der Beschwerden ergeben hätten, die die Ardennen-Offensive Hofmann, Sprenger und
Angeklagten vorgebracht hatten, ist es im üb- Jäkel 18 Jahre, Neve 19 Jahre alt. Der Inhalt
rigen auch gar nicht. Gerade die 4 Männer, auf ihrer in Schwäbisch Hall niedergelegten eid-
die in den Aussagen vor dem Ausschuß das lichen Erklärungen hat Anlaß zu eingehenden
Schwergewicht gelegt wird, nämlich Sprenger, Erörterungen während der Untersuchungen
Joachim Hofmann, Neve, Jäkel, bestreiten nach durch den Baldwin-Ausschuß gegeben.
wie vor unter Eid, jemals auch nur andeutungs- Es sei hier nur e i n Beispiel herausgegriffen.
weise erklärt zu haben, sie widerriefen ihre Oberstleutnant Dwinell, ein Mitarbeiter Oberst
Behauptungen über die Behandlung in Schwä- Everetts, berichtete dem Ausschuß (Hearings,
bisch Hall und hätten die Behauptungen nur p. 448 ff), die Verteidiger hätten hinsichtlich
erhoben, um damit aus ihren Geständnissen der Erklärung von Joachim Hofmann nur von
erauszukommen. „Hoffmanns Erzählungen“ gesprochen. Diese
Während seiner Aussage vor dem Baldwin- Erklärung habe in der englischen Übersetzung
Ausschuß verlas Oberst Ellis einen Tagebuch- nicht weniger als 12 einzeilig geschriebene
Eintrag vom 30. April 1946 (Hearings, p. 37) : Schreibmaschinenseiten umfaßt. Wörtlich sagte
Dwinell :
„Oberst Everett sagte heute, daß Spren-
„Man liest diese Erklärung, und sie berich-
ger, Neve, Hofmann J. und Jäkel zugeben,
tet in allen Einzelheiten die Ereignisse,
ihre Geschichte wegen des Schlagens er-
die dieser junge Mann im Dezember 1944
funden zu haben.“
mitgemacht hat. Er beginnt mit der Auf-
Vernehmung Oberst Everetts durch Oberst zeichnung seiner Ortsveränderungen genau
Chambers, den juristischen Berater des Bald- von dem Zeitpunkt an, wo er im Blanken-
win-Ausschusses (Hearings, p. 1568) : heimer Forst der Befehlsausgabe durch
seine vorgesetzten Offiziere beiwohnte.
„O b e r s t C h a m b e r s : Erinnern Sie sich,
Oberst Ellis gegenüber eine Feststellung Er bricht auf und gibt das genaue Datum
gemacht zu haben, die im wesentlichen fol- und die genaue Ortsbezeichnung, genau
gendes beinhaltet : Daß am oder gegen den auch die Worte an, die die Leute gebrauch-
30. April 1946, der vor Beginn der münd- ten, die mit ihm sprachen und er fährt
lichen Verhandlung liegen würde, Spren- dann fort, seine Fortbewegung nach Da-
ger, Neve, Hofmann, Jäkel zugegeben tum, Ort, Straße, Haus, Busch, Wiese auf-
haben, sie hätten ihre Geschichte wegen zuzeichnen. Er berichtet das in allen Einzel-
des Schlagens erdichtet? heiten, Seite auf Seite, wobei er den Ver-
lauf des Marschweges für mehrere Kilo-
O b e r s t E v e r e t t : Das ist nicht wahr.“ meter verfolgt.“
Liegen die Gründe für den Widerspruch in den Frage und Antwort (Hearings, p. 449) :
Aussagen der beiden Zeugen vielleicht tiefer? „M r . F l a n a g a n (beisitzendes Mitglied
Es spricht sehr viel dafür. Die 4 Angeklagten, eines anderen Senatsausschusses) : Wenn
um deren Aussagen hier aus scheinbar neben- ich Sie an diesem Punkte unterbrechen
sächlichen Gründen gestritten wird, spielen im darf, diese ins einzelne gehende Be-
gesamten Prozeß eine tragende Rolle. Auf ihre schreibung, die er von den Vorgängen
Aussagen stützt sich zu einem sehr großen gab, bezog sich auf den Dezember 1944,
Teil das Beweisgebäude der Anklage. Eine auf die Ardennen-Offensive?
Analyse des Beweismaterials ergibt, daß die
Aussagen dieser 4 Angeklagten vielfach nicht O b e r s t D w i n e l l : Das ist richtig.
nur das einzige Beweismittel für einen von der Mr. F l a n a g a n : Eine sehr heftige
Anklage behaupteten „Mordfall“ darstellen. Schlacht? :

18
O b e r s t D w i n e l l : Das ist richtig. M r . B a i l e y : Ja. Ich gewann den Ein-
M r . F l a n a g a n : Und ich nehme an, und druck, daß es keine wörtlichen Aufzeich-
Sie können mich berichtigen, wenn ich nungen dessen waren, was sie von den
nicht recht habe, daß dieser deutsche Gefangenen in den Zellen hörten.“
Soldat, der einer Panzerdivision, einer Sprenger, J. Hofmann, Neve, Jäkel, sie alle 4
schnell vorrückenden Panzerdivision an- behaupten, zu ihren Geständnissen durch alle
gehörte, zum ersten Male in dieser Ge- möglichen Arten von körperlichem und mora-
gend war. Er fuhr durch eine Gegend, lischem Zwang seitens der Vernehmer be-
die er vorher nie gesehen hatte, oder stimmt worden zu sein. Ihre, wenn auch viel-
zumindest teilweise durch eine Gegend, leicht nur zögernden Angaben bei der Befra-
die er nie zuvor gesehen hatte? gung durch Oberst Carpenter, mit denen sie
O b e r s t D w i n e l l : Das weiß ich nicht . . . bereits vor Beginn der Hauptverhandlung
Zwangseinwirkungen in Schwäbisch Hall gel-
M r . F l a n a g a n : Trotz allem lag kein tend machten, spricht sicher nicht gegen die
Beweis vor, daß er mit der Gegend in Richtigkeit ihrer Behauptungen. Möglicher-
anderer Weise vertraut gewesen wäre weise haben allerdings auch noch andere Ein-
als im Rahmen dieser sich schnell fort- flüsse auf ihre umfangreichen Geständnisse
bewegenden militärischen Operation auf eingewirkt. Auffällig ist z. B., daß der C h e f
ihrem Wege durch das Land? der Anklagebehörde, Oberst Ellis,
O b e r s t D w i n e l l : Nein. kurz nach der Urteilsfällung ein G n a d e n -
M r . F l a n a g a n : Und es war Belgien, g e s u c h für Sprenger einreichte; ein immer-
ein fremdes Land im Vergleich zu dem, hin nicht ganz gewöhnlicher Vorgang. Die
wo er lebte? Dienste, die Sprenger der Anklagebehörde lei-
stete, sind unschwer zu erkennen, wenn man
Oberst D w i n e l l : Das ist richtig.
z. B. den unter III 6 c (Hammerer/Schäfer/Sie-
Diese Erklärung Hofmanns wurde im
vers) geschilderten Fall vergleicht, der keines-
März 1946, ungefähr 15 Monate nach
wegs vereinzelt dasteht, sondern manche Pa-
diesen Vorfällen aufgenommen, von de-
rallelen im Beweismaterial für die Vorfälle an
nen er behauptete, sie hätten sich er-
der Straßenkreuzung und in Stoumont besitzt.
eignet. Er verfährt sehr sorgfältig und
Die Behauptung, die 4 Angeklagten hätten die
nimmt für alle Plätze auf Koordinaten
ihnen angeblich zugefügte unstatthafte Be-
Bezug. Er gibt alle Koordinaten für die
handlung in Schwäbisch Hall erfunden und dies
Punkte auf der Karte an, was natürlich
auch Oberst Everett gegenüber zugegeben, ist
möglich war, weil irgendein Vernehmer
zumindest in ihrem zweiten Teil durch die ein-
ihm die Karte gab und ihm alles
deutige Aussage Oberst Everetts widerlegt,
zeigte . . .“
in ihrem ersten Teil aber mit dem Anschein
Ein anderes aufschlußreiches Beispiel zum We- einer rein zweckbedingten Abwehr der An-
sen der Geständnisse der einzelnen Angeklag- klagebehörde behaftet, deren Beweisgebäude
ten ist der Vernehmung eines zeitweiligen Mit- in sich zusammengebrochen wäre, wenn sich
arbeiters der Vernehmungsbeamten Perl und die Angaben jener 4 Angeklagten schon vor
Thon, eines Mr. Bailey, durch Senator McCarthy Gericht als wahr und damit ihre „Geständnisse“
entnommen (Hearings, p. 177) : als unglaubwürdig erwiesen hätten.
„S e n a t o r M c C a r t h y : Was hielten 3. Es ergeben sich bereits hieraus eine Reihe
Sie von diesen Geständnissen, die Ihnen von Anhaltspunkten, die bei einer objektiven
durch Perl oder Thon diktiert wurden? Würdigung des Untersuchungsergebnisses An-
Machten sie den Eindruck eines Geständ- laß geboten hätten, dieses nicht n u r auf die
nisses, das ein 17- oder 18jähriger Junge Aussagen der Vernehmer stützen. Sicher ist
abgeben würde, oder waren sie sehr ge- der auffällige Inhalt der Geständnisse, von
lehrt abgefaßt? dem vorstehend die Rede war, für sich allein
M r . B a i l e y : Sie machten auf mich den noch kein vollgültiger Beweis für die Anwen-
Eindruck einer Farce. 50 Prozent von dung von Zwang zur Herbeiführung der Ge-
ihnen waren entweder von Perl oder ständnisse. Sie könnten, so unwahrscheinlich
Thon zurecht gemacht, und sie waren ge- das auch wegen der darin enthaltenen e i g e -
ändert, umgearbeitet und mit Durch- n e n schweren Belastungen der Angeklagten
streichungen versehen. sein mag, immerhin doch völlig freiwillig ab-
gelegt worden sein. Bedauerlicherweise hat es
S e n a t o r M c C a r t h y : Ich habe diese nun aber der Untersuchungsausschuß auch un-
Geständnisse durchgelesen und einige terlassen, sich mit einem weiteren starken In-
von ihnen, abgegeben von 17 oder 18 diz auseinanderzusetzen, das gegen die Frei-
Jahre alten Jungen mit überhaupt kei- willigkeit jener Geständnisse spricht und die
ner Vorbildung, erschienen mir wie lite- Zweifel an der Wahrheit der Angaben, die die
rarische Meisterstücke, und ich würde Angeklagten über ihre Behandlung in Schwä-
gern wissen, ob Sie denselben Eindruck bisch Hall gemacht haben, erheblich erschüttert,
gewannen? wenn nicht überhaupt hinfällig macht. Dieses

19
Indiz ergibt sich aus der Vernehmung des These sprechen, die Beschuldigungen wegen
Oberst Everetts. ihrer Behandlung in Schwäbisch Hall seien von
den Angeklagten aus reinem Selbstinteresse
Oberst Everett sagte eingehend über die stren-
im wesentlichen erst n a c h ihrer Verurteilung
ge Isolierung aus, in der die Angeklagten nach
erhoben worden. Wie sich zeigen wird, ist
seiner eigenen Kenntnis sowohl in Schwäbisch
auch das weitere Argument, das in diesem Zu-
Hall als auch in Dachau gehalten worden wa-
sammenhang gegen die Glaubwürdigkeit je-
ren. Die Angeklagten wurden nach ihrer Über-
ner Beschuldigungen angeführt wird, nämlich
führung nach Dachau auch dort in getrennten
das angebliche Schweigen der Angeklagten
Zellen untergebracht. „Jede mögliche Vorkeh-
vor Gericht, bei näherer Betrachtung nicht
rung wurde getroffen“, so erklärte Major Fan-
stichhaltig.
ton, der zeitweilige Chef der Schwäbisch Haller
Vernehmergruppe, bei seiner Vernehmung Zunächst ist es keineswegs so, als seien die
durch den Baldwin-Ausschuß, „um eine Ver- Schwäbisch Haller Untersuchungsmethoden
bindung zwischen den Gefangenen zu verhin- während der mündlichen Verhandlung über-
dern und sie davon abzuhalten, die Identität haupt nicht zur Sprache gekommen. Vielmehr
anderer Gefängnisinsassen zu erfahren“ haben darüber nicht nur einzelne Angeklagte
(Hearings, p. 273). Oberst Ellis als Chef der An- ausgesagt. Auch mindestens zwei Zeugen, näm-
klagebehörde bestand nachdrücklich darauf, lich Agathe und Tratt, erklärten vor Gericht,
daß die einzelnen Verteidiger die Angehörigen sie seien von Mr. Perl und Mr. Thon mißhan-
in Gruppen oder zu zweit nur in Gegenwart delt worden.
eines Amerikaners sprechen dürften, um sie Am Beispiel des Angeklagten Motzheim, der
jeder Möglichkeit zu berauben, sich unterein- 1948 freigelassen wurde, sei erläutert, in wel-
ander über ihren Fall zu unterhalten. chem Umfange die Untersuchungsmethoden in
Als Oberst Everett von dem vernehmenden Schwäbisch Hall vor Gericht erörtert worden
Oberst Chambers gefragt wird, ob ihm beim sind. Motzheim widerrief sein früheres Ge-
Lesen der eidesstattlichen Erklärungen, die die ständnis in der mündlichen Verhandlung und
Angeklagten viele Monate nach Beendigung erklärte, daß Mr. Thon, der ihn verschiedener
des Prozesses über ihre Behandlung abgegeben Verbrechen beschuldigte, die er zuzugeben sich
hätten, der teilweise Widerspruch dieser weigerte, ihn geschlagen habe. Bei einer spä-
schriftlichen Erklärungen zu ihren mündlichen teren Vernehmung seien Mr. Perl und Mr.
Erklärungen im Zeugenstand aufgefallen sei, Thon als belgische Verbindungsoffiziere ver-
antwortet er (Hearings, p. 1565) : kleidet in seine Zelle gekommen. Mr. Thon
habe dabei gesagt : „Ich werde Ihnen die Kno-
„O b e r s t E v e r e t t : Ich habe nur einige chen ausbrennen (fire the bones). Ich werde
dieser Erklärungen gelesen. Aber ich Sie der Folter und einem langsamen, aber si-
stütze meine feste Meinung hinsichtlich cheren Tod zuführen, und Sie werden den Tag
des auf die Angeklagten ausgeübten verfluchen, an dem Sie mich kennengelernt ha-
Zwanges, der Scheinverfahren usw. nicht ben.“ Anschließend hätten Mr. Perl und Mr.
auf diese nachträglichen Erklärungen, die Thon ihn, Motzheim, eine halbe Stunde lang
geschrieben wurden, nachdem die Ange- geschlagen. Perl habe ihm viermal in die Ge-
klagten Gelegenheit gehabt hatten, jede schlechtsteile getreten. Am nächsten Tage sei
nach dem Muster des andern zu formen. er in die Vernehmungszelle zurückgebracht
O b e r s t C h a m b e r s : Mit anderen Wor- worden. Mr. Thon habe gesagt, die einzige
ten, Sie stützen Ihre Überzeugung hin- Chance, sein Leben zu retten, sei ein Geständ-
sichtlich der Frage der Zwangsanwen- nis; sonst würde er gehenkt. Dann sei er einem
dung auf das Beweismaterial, das durch Kameraden gegenübergestellt worden, der er-
Ihre Befragung der Angeklagten vor der klärt habe : „Ich habe gestanden.“ Daraufhin
Hauptverhandlung und durch die Frage- habe auch er sich bereit erklärt, eine Aussage
bogen erlangt wurde, die sie Ihnen vor- zu machen, die ihm von einem der Vernehmer
legten? diktiert worden sei (vgl. zum Inhalt dieses Ge-
ständnisses III/1 c) Motzheim; 6 f) Peiper).
O b e r s t E v e r e t t : Und darauf, daß Bei der Vernehmung Oberst Rosenfelds, des
sie nicht die geringste Mög- juristischen Mitglieds des Malmedy-Gerichts-
lichkeit hatten, ihre Darstel- hofes vor dem Baldwin-Ausschuß, wurde ein
lungen zu erfinden und unter- anderer Fall (Tomhardt) behandelt (Hearings,
einander abzusprechen, be- p. 1394/95).
vor ich diese Berichte von
meinen verschiedenen Offi- „O b e r s t C h a m b e r s : Nun, Herr Oberst,
zieren erhielt, die sie in Da- ich habe jetzt Auszüge aus dem Zeugen-
c h a u b e f r a g t e n .“ verhör Tomhardt . . . Als er in seinem
direkten Verhör befragt wurde :
Zu b) V e r s ä u m n i s d e r A n g e k l a g t e n ,
‚Wollen Sie uns erklären, warum Sie
in eigener Sache auszusagen.
diese Aussage unterzeichneten, die,
Schon die vorstehenden Darlegungen zeigen wie Sie gerade sagten, Unrichtigkeiten
eine Reihe von Tatsachen auf, die gegen die enthält?‘

20
antwortete er : ten. Vielleicht sollten wir die Ver-
‚Vor meiner Vernehmung in Schwä- handlung vertagen, bis wir diese An-
bisch Hall, die die erste Vernehmung gelegenheit untersucht haben und
in meinem Leben war, bin ich ein sehen, wie die Sache steht.“
Vierteljahr lang in Einzelhaft gehalten Oberst Rosenfeld verneinte diese Frage mit
worden. In diesem Vierteljahr sah ich der Begründung, daß die Aussage Tomhardts
nichts anderes als die vier Wände mei- — die Aussagen Henneckes und Sievers, die
ner Zelle und verließ diese nur ein- früher lagen, und andere Fälle wie Peiper,
mal für 10 Minuten. Ich konnte mit Motzheim, Christ bleiben von Rosenfeld un-
niemandem sprechen, auch nicht erörtert — ziemlich am Ende der mündlichen
ein einziges Wort. Ich hatte keine irgend- Verhandlung gemacht worden sei. Er, Rosen-
wie geartete geistige Beschäftigung. feld, habe im Laufe der Vernehmungen so oft
Ich war ziemlich niedergedrückt durch erlebt, daß das, was die Angeklagten bei ihrer
die Tatsache, so lange warten zu müs- Vernehmung als wahr bezeichneten, sich beim
sen. Am 2. März wurde ich zur Ver- Kreuzverhör als unwahr herausgestellt hätte.
nehmung gerufen. Vor meiner Ver- Daher hätte er, so jedenfalls muß der Sinn sei-
nehmung, während ich mit der Kapuze ner ausweichenden und unklaren Antworten
über dem Kopf im Gang stand, wurde verstanden werden, gar nicht mehr darauf ge-
ich ins Gesicht und in den Magen ge- achtet. Es sei überdies zu bedenken, daß im
schlagen.‘ Mauthausen-Prozeß, der dem Malmedy-Prozeß
Frage : vorausgegangen sei, in 20—25 Fällen ähnliche
Behauptungen über Mißhandlungen von den
‚Wer schlug Sie?‘ Angeklagten vorgebracht worden seien. „Ver-
Antwort : gessen Sie nicht, daß der Mauthausen-Prozeß
‚Ich weiß es nicht. Dieses Schlagen be- vor dem Malmedy-Prozeß lag und daß Oberst
trachtete ich zu diesem Zeitpunkt als Everett und seine Mitarbeiter während der
Einschüchterungsversuch. Als ich spä- letzten Verhandlungstage den Sitzungen bei-
ter die roten Gesichter meiner Män- wohnten, um sich mit dem Verfahren vertraut
ner sah, die mir gegenübergestellt zu machen und zu sehen, was vor sich ging.
wurden, sah ich, daß es der Zweck der Sie könnten diese Dinge gehört haben . . .“.
Vernehmung war, der nicht nur bei Welche Gründe führten nun dazu, daß nicht
mir verfolgt worden war. Diese Schlä- auch die anderen Angeklagten vor Gericht ent-
ge ins Gesicht beeindruckten mich um sprechende Aussagen machten?
so mehr, als ich am selben Morgen Zunächst steht fest, daß k e i n e i g e n e r
eine Kapuze sah, deren Innenseite E n t s c h l u ß die übrigen Angeklagten davon
voller Blut war.‘“ abhielt, in den Zeugenstand zu gehen und
Auf die Frage von Oberst Chambers, ob er, dort das Zustandekommen ihrer Schwäbisch
Oberst Rosenfeld, bei diesen und weiteren Haller Aussagen aufzuklären. Davon hat sich
Aussagen von Tomhardt, Sievers und Hen- offenbar auch der Baldwin-Ausschuß überzeu-
necke nicht genügend Anlaß gesehen hätte, gen lassen. In der Niederschrift über die Be-
einzugreifen und den Tatsachen auf den Grund fragung von 8 Malmedy-Gefangenen in Lands-
zu gehen, antwortete Oberst Rosenfeld : berg durch das Ausschußmitglied Senator Hunt
ist der Vermerk enthalten (Hearings, p. 1632) :
„O b e r s t R o s e n f e l d : Nun, zu diesem
Zeitpunkt verfolgte ich als Beisitzer „Nach den Fragen, die ich diesem Gefan-
des Gerichts die Beweisaufnahme. Ver- genen (Diefenthal) vorgelegt habe, und
gessen Sie nicht, daß ich auf jedes nach seinen Antworten, bin ich der festen
bißchen Beweis hörte, der vor das Ge- Überzeugung, daß er sowohl als auch an-
richt gebracht wurde, daß es zehnmal dere Malmedy-Gefangene gern in eigener
mehr Gegenbeweise gab. Wir saßen Sache ausgesagt hätten, daß aber die Ver-
damals, um die Tatsachen abzuwägen. teidiger sie davon abhielten.“
Ich wußte natürlich zu dieser Zeit Es steht auch nach dem sonstigen Verhand-
nicht und richtete auch nicht einen Ge- lungsergebnis fest, daß die Verteidigung unter
danken darauf, daß wir eine Zeugen- Führung Oberst Everetts — zum Teil gegen
aussage hörten. den Widerspruch einzelner ihrer deutschen
O b e r s t C h a m b e r s : Sie waren, das Mitarbeiter und gegen den Wunsch der Ange-
Protokoll weist das, glaube ich, aus, klagten — beschloß, weitere Aussagen der An-
juristischer Berater, der einzige über- geklagten in eigener Sache zu unterbinden,
haupt, der viel Rechtskenntnisse hatte? nachdem 9 der Angeklagten im Zeugenstand
gewesen waren. Oberst Everett sagte bei sei-
O b e r s t R o s e n f e l d : Das ist richtig. ner Vernehmung aus (Hearings, p. 1565), daß
O b e r s t C h a m b e r s : Und würde es er vor Gericht bekanntgegeben habe, e r über-
aus Ihrer Erfahrung heraus nicht ver- nehme die Verantwortung dafür, daß die übri-
nünftig gewesen sein, hier zu sagen : gen Angeklagten den Zeugenstuhl nicht betre-
wir haben drei Leute, die dies behaup- ten.

21
Das Zustandekommen dieses Beschlusses wird hat, ist in dem hier behandelten Zusammen-
verschieden erklärt. hang im übrigen auch nicht von entscheiden-
Nach den Aussagen der amerikanischen Ver- der Bedeutung. Es steht fest und wird vom Un-
teidiger Oberst Everett und Oberst Dwinell tersuchungsausschuß selbst zugestanden, daß
war ausschlaggebend dabei vor allem die die Versäumnis der meisten Angeklagten, in
schwierige Lage, in die die Verteidigung da- eigener Sache auszusagen, nicht auf ihr Betrei-
durch geraten sei, daß sich bereits bei den ben, sondern auf einen ausdrücklichen und dem
ersten Zeugenaussagen der Angeklagten eine Gericht eröffneten Beschluß der Verteidigung
Verschlechterung der Beweislage zuungunsten zurückging, deren Autorität sich die Angeklag-
aller ergeben habe, weil einzelne Angeklagte ten verständlicherweise beugten. Die Alter-
im Zeugenstand versucht hätten, die Schuld native, die der Untersuchungsbericht aufzeigt
von sich auf andere abzuwälzen. Der Unter- (S. 34), nämlich daß die Verteidigung entweder
suchungsausschuß macht sich im wesentlichen den Schilderungen, die die Angeklagten von
diese Version zueigen. Er führt die Aussage der Behandlung in Schwäbisch Hall gaben, kei-
Oberst Dwinells an (S. 33) : nen Glauben schenkte, oder aber einen
schmerzlichen Fehler beging, als sie den um-
„Sie beschuldigten sich gegenseitig und strittenen Beschluß faßte, kann hier auf Grund
waren verängstigt. Wie Ertrinkende, die der Verhandlungsberichte nur in ihrem ersten
sich an Strohhalme klammern, sagten sie : Teil beantwortet werden. Danach haben sich
’Nein — ich war nicht an der Straßen- die amerikanischen Verteidiger, soweit sie ver-
kreuzung, ich bin dessen ganz sicher, aber nommen wurden, bei Befragung übereinstim-
der und der war da‘, und sie versuchten, mend n i c h t gegen die Glaubwürdigkeit der
diesem die Schuld zuzuschieben. Deshalb von den Angeklagten vorgebrachten Behaup-
geboten wir Einhalt. Denn wie sollten wir tungen über Schwäbisch Hall ausgesprochen.
74 Angeklagte wirksam verteidigen, die Wohl aber haben sie sich mehrfach darüber
sich in solcher Panikstimmung befanden, beklagt, daß das Gericht sich gegen jeden Ver-
daß sie bereitwillig Dinge aussagten, mit such gewehrt habe, die Tatsachen in vollem
denen sie sich selbst der falschen Aussage Umfange aufzuklären. Auch aus diesem Grun-
beschuldigten?“ de sei es zwecklos gewesen, weitere Angeklag-
Es wird aber auch die Aussage Oberst Everetts te in den Zeugenstand gehen zu lassen; eine
gewürdigt, der diese Erklärung Dwinells nicht Begründung, die nach der oben mitgeteilten
bestätigen konnte, da er nicht wisse, ob sie Haltung Oberst Rosenfelds nicht ganz der Be-
gelogen hätten. Everett sei der Auffassung ge- rechtigung zu entbehren scheint.
wesen, daß sich die Aussichten für alle Ange-
klagten durch ihre gegenseitigen Beschuldigun- Hier kommt es vor allem darauf an, daß die
gen verschlechterten. Schwäbisch Haller Untersuchungsmethoden
auch vor Gericht erörtert worden sind. Das ist
Zu beachten ist hierbei immer, daß durch die eine nicht zu bestreitende Tatsache. Schon da-
Struktur des gesamten Prozesses, in dem ge- bei zeigte es sich jedoch, daß die damit be-
gen 74 Männer der verschiedensten Dienst- lasteten Vernehmer jeden schwerwiegenden
grade und damit auch der verschiedensten Ver- Eingriff in die Aussagefreiheit der Untersu-
teidigungsinteressen verhandelt wurde, sich chungsgefangenen bestritten und lediglich die
von vornherein eine außerordentlich schwieri- Durchführung von Scheinverfahren und die An-
ge Verteidigungslage schon auf Grund der wendung verschiedener Untersuchungslisten
vielen möglichen Interessenkonflikte zwischen zugaben.
den einzelnen Angeklagten ergab. Insbeson-
dere aber wurde diese schwierige Lage durch Zu c) D e u t s c h e Z e u g e n .
den fragwürdigen Wahrheitsgehalt der Schwä-
bisch Haller Erklärungen hervorgerufen, der Bei dieser Beweislage, bei der Aussage gegen
es der Anklage leicht machte, die Angeklagten Aussage steht, war es nun besonders wichtig,
in Widersprüche zu verwickeln, wenn sie vor daß eine Reihe von deutschen Zeugen zur Ver-
Gericht das Zustandekommen ihrer früheren fügung stand, die, ohne in den Prozeß selbst
Aussagen wahrheitsgemäß zu schildern ver- verwickelt zu sein, als Augenzeugen Kenntnis
suchten und sie widerriefen. Der Konflikt von Vorgängen in Schwäbisch Hall erlangt ha-
schließlich, der sich für die amerikanischen ben wollen. Obwohl der Untersuchungsaus-
Verteidiger als Offiziere der amerikanischen schuß auf Seite 4 des Berichts feststellt, j e d e r
Armee daraus ergab, daß hierbei Mißstände dem Ausschuß vorgeschlagene Zeuge sei ver-
innerhalb einer Dienststelle dieser Armee in hört worden, wurden von 13 unabhängigen
aller Öffentlichkeit und Breite erörtert zu wer- Zeugen, um deren Vernehmung die deutsche
den drohten, sei hier nur angedeutet. Es muß Verteidigung gebeten hatte, nur 3 verhört,
offengelassen werden, inwieweit etwa auch nämlich Dietrich Schnell, Marie-Luise Geiger
dieser Konflikt auf den erörterten Entschluß und Friedrich Eble.
der Verteidigung eingewirkt hat, weitere Aus- Das Zeugnis Ebles bleibt hier unerörtert. Seine
sagen der Angeklagten zu verhindern. Unglaubwürdigkeit wurde vom Ausschuß mit
Die Erörterung der Gründe des Beschlusses, überzeugenden Gründen festgestellt. Es muß
den die Verteidigung gefaßt und durchgeführt jedoch berichtigend festgestellt werden, daß

22
Eble kein A n g e k l a g t e r des Malmedy-Pro- den Aussagen der beiden weiteren unabhängi-
zesses war. Als solchen bezeichnet ihn der Un- gen Zeugen Schnell und Geiger.
tersuchungsbericht mehrfach auf S. 25. Irgend-
welche Rückschlüsse auf den Wahrheitsgehalt 1. Aussage Dietrich Schnell.
der von den wirklichen Angeklagten erhobe- Von Schnell lag dem Baldwin-Ausschuß eine
nen Behauptungen können daher nicht gezogen eidesstattliche Versicherung vom 10. Januar
werden. Auch dürfte es abwegig sein, wenn 1948 (n i c h t 1. Okt. 1948, wie im Bericht auf
der Untersuchungsausschuß die unglaubwürdi- S. 16 angegeben) vor. Aus dem Zeitpunkt, zu
gen Aussagen Ebles verallgemeinernd dazu be- dem die Versicherung niedergeschrieben wur-
nutzt, die Behauptung aufzustellen, insbeson- de, darf nicht darauf geschlossen werden,
dere s e i n e falschen Aussagen seien dazu be- Schnell habe sich erst im Zuge einer nachträg-
nutzt worden, in Amerika und in anderen Län- lichen „Aktion“ dazu bereit gefunden, über die
dern das Kriegsverbrecherprogramm zu diskre- Zustände in Schwäbisch Hall auszusagen.
ditieren und damit dem Ansehen der Vereinig-
ten Staaten zu schaden (vgl. darüber und über Nach dem Zeugnis eines Verteidigers aus dem
weitere angebliche Auswirkungen dieser Art Malmedy-Prozeß war schon während der münd-
S. 19/39). lichen Verhandlung bekannt, daß sich im Ho-
spital des Lagers Dachau ein unbeteiligter
Zwar hat Eble über eine besonders grausame Zeuge namens Schnell befinde, der als früherer
Folterungsart, das Abbrennen von unter die Internierter des Schwäbisch Haller Gefängnis-
Fingernägel gesteckten Streichhölzern und über ses von dortigen Vorgängen Kenntnis habe
das Auftreten eines falschen Geistlichen aus- und darüber auch auszusagen bereit sei. Der
gesagt, der ihm ein Geständnis abverlangen Verteidiger beantragte, ihm den Zeugen vor-
sollte. Seine Aussagen sind dann auch in ame- zuführen, erhielt aber die Antwort, der Zeuge
rikanischen Veröffentlichungen über die ame- sei nicht auffindbar. Er vergewisserte sich noch-
rikanische Gerichtsbarkeit gegen deutsche mals, daß sich der Zeuge im Lagerhospital be-
Kriegsverbrecher mit verwertet worden, deren fände und wiederholte sein Vorführungs-
Urheber der Richter Edward L. Van Roden, gesuch. Die Auskunft lautete wieder, der Zeu-
ein Mitglied des oben unter V Ziff. 2 am An- ge sei nicht im Lager. Vorstellungen, die dar-
fang erwähnten Simpson-Ausschusses gewesen aufhin erhoben wurden, verliefen im Sande.
sein soll. Es wäre aber falsch, daraus zu
schließen, es hätten sich jene Veröffentlichun- Schnell hatte in seiner eidesstattlichen Versi-
gen allein auf die Angaben Ebles gestützt. cherung insbesondere erklärt, er habe als da-
Richter Van Roden hat als Mitglied des Simp- maliger Internierter Hilfsdienste im Gefängnis-
son-Ausschusses insgesamt 139 schwebende hospital von Schwäbisch Hall versehen und
Todesurteile aus Dachauer Kriegsverbrecher- dabei selbst mehrfach getrennt untergebrachte
Prozessen überprüft, darunter nur 12 aus dem Untersuchungsgefangene aus dem Malmedy-
Malmedy-Prozeß. Soweit Richter Van Roden Fall betreut, die wegen Prellungen, Platzwun-
über das Ergebnis dieser Überprüfung Mittei- den und Kieferverletzungen in das Hospital
lungen in die amerikanische Öffentlichkeit ge- eingeliefert worden seien. In mehreren Fällen
langen ließ, beruhen sie daher sicherlich auf hätten ihm diese Kranken erklärt, sie seien
den ihm dabei bekanntgewordenen Unterlagen mißhandelt worden.
über das Verfahren, das diesen insgesamt 1 3 9 Er habe diese Behauptungen für wahr halten
Todesurteilen vorausging. müssen, da er selbst Zeuge von Mißhandlun-
Nicht nur hinsichtlich des Malmedy-Prozesses gen in Schwäbisch Hall gewesen sei. Er sei
werden aber unstatthafte Verfahrensmethoden u. a. bei der Abnahme des Leichnams des
behauptet. Derselbe Vorwurf wird auch noch Untersuchungsgefangenen Freimuth zugegen
in den weit zahlreicheren übrigen Dachauer gewesen, der sich an seinem Zellenfenster er-
Verfahren erhoben. Soweit daher der Baldwin- hängt hatte. Bei der ärztlichen Untersuchung
Ausschuß festgestellt hat, daß beispielsweise der Leiche, an der er ebenfalls teilgenommen
falsche Geistliche im Untersuchungsverfahren habe, seien zahlreiche Spuren schwerer Ver-
gegen die Malmedy-Gefangenen nicht aufge- letzungen festgestellt worden. Die Unter-
treten seien, bedeutet das noch nicht, daß auch wäsche Freimuths sei blutverkrustet am Kör-
für einzelne der anderen Dachauer Prozesse per angeklebt, die Geschlechtsteile seien ver-
diese Behauptung nicht zutreffe. dickt, ein Jochbogen zertrümmert, der ganze
Insoweit ist also die verallgemeinernde Fest- Körper mit Schlagmahlen übersät gewesen.
stellung, bei der Überprüfung des Malmedy- Eines Nachts sei er, Schnell, darüber hinaus
Prozesses hätten sich einzelne der Angaben Augenzeuge eines Vorgangs gewesen, den er
Van Rodens als nicht zutreffend herausgestellt, von seinem Fenster aus habe beobachten kön-
noch kein Beweis dafür, daß sie überhaupt un- nen und bei dem Mr. Perl während einer Ver-
wahr seien. Darüber könnte erst eine Unter- nehmung, die bei offenem Fenster stattgefun-
suchung dieser übrigen Dachauer Prozesse den habe, einen Gefangenen geschlagen, ge-
Klarheit schaffen. treten und beschimpft habe.
Das Schwergewicht der Beweiswürdigung lag Der Ausschuß kennzeichnete die eidesstattli-
nach der Ausschaltung des Zeugen Eble auf che Versicherung Schnells (S. 16) :

23
„Diese zeigte ein peinlich genaues und er (Freimuth) aus dem Fenster herausge-
exaktes Wissen über alle Vorgänge, die hangen haben kann. Ist das nicht richtig?
sich in der Zeit, in der die Malmedy-Ge-
S c h n e l l : Ich habe nicht festgestellt, es sei
fangenen in Schwäbisch Hall waren, im
unmöglich, aus dem Fenster herauszuhän-
Lager abspielten. Wenn diese Erklärungen
gen. Aber ich bemerkte, daß ich mich in
der Wahrheit entsprächen, so dürften sie
der Nummer der Zelle geirrt hatte. Ich
die Vermutung sehr nahe legen, daß alle
schrieb diese Erklärung zwei Jahre nach
in den verschiedenen Beschwerden aufge-
meinem Aufenthalt in Schwäbisch Hall,
stellten Beschuldigungen zutreffen.“
und ich schrieb sie nicht in Schwäbisch
Unter diesen Voraussetzungen hat es sich der Hall. Ich wußte zu jener Zeit nicht genau
Ausschuß einige Mühe kosten lassen und alles die Zellennummer und deshalb habe ich
versucht, auch Schnell unglaubwürdig zu ma- in meiner Erklärung geschrieben, ‚so weit
chen. Die dabei erkennbaren Mittel und Ergeb- ich mich erinnern kann : 63 oder 64‘.“
nisse sind freilich wenig überzeugend.
In der eidesstattlichen Versicherung Schnells
Im Untersuchungsbericht (S. 16 ff) wird zu- heißt es wörtlich : „Es handelte sich n a c h
nächst der Nachweis geführt, daß Schnell schon m e i n e r E r i n n e r u n g um die Zelle 63
“wegen seiner Nazi-Bindungen ein äußerst be- oder 64“. In Wirklichkeit hatte Freimuths Zelle
fangener Zeuge gewesen sei“. Er wird als ehe- die Nummer 44. Diese N u m m e r hat Schnell
maliger „Nazi-Kreisleiter in der Nähe von bei seiner Vernehmung berichtigt, n i c h t die
Göppingen“ aus der Zeit vor dem Kriege be- L a g e der Zelle.
zeichnet. Als solcher sei er ein „Bollwerk der
Partei“ gewesen, der „innerhalb seines Kreises Der Mr. Perl betreffende Vorfall könne sich,
buchstäblich Gewalt über Leben und Tod von wie im Untersuchungsbericht festgestellt wird,
50 000 Menschen“ gehabt habe. ebenfalls nicht so abgespielt haben, wie Schnell
Schnell war jedoch zu keinem Zeitpunkt Kreis- ihn geschildert habe. Der Raum, in dem die
leiter. Da er am 1. Juli 1921 geboren ist, vor Vernehmung durch Perl stattgefunden haben
Ausbruch des Krieges also erst 18 Jahre alt soll, sei nach den Aussagen der Vernehmungs-
war, wird diese Feststellung des Untersu- beamten zu keinem Zeitpunkt zu Verneh-
chungsausschusses schon dadurch widerlegt und mungszwecken benutzt worden. Mit Ausnahme
die aus seiner angeblichen Stellung auf seine e i n e s Falles hätten die Vernehmer nie nachts
Glaubwürdigkeit gezogene Schlußfolgerung gearbeitet. Die Öffnung des Fensters lasse
gleichfalls hinfällig. nicht zu, daß Schnell beobachtet haben könne,
wie Perl mit dem Fuße getreten habe. Er habe
Auch die weitere Feststellung des Berichts, er seine frühere Aussage eingeschränkt, derzu-
habe in wesentlichen Punkten von seiner eides- folge er gesehen haben wollte, wie Perl den
stattlichen Versicherung abweichende Antwor- Mann getreten hat, und sagte, er habe nur
ten gegeben, hält einer objektiven Prüfung eine Bewegung seines Körpers gesehen, die
nicht stand. darauf schließen ließ, daß er einen Menschen
Schnell hat sich nach Ansicht des Ausschusses trat, wonach die Verdachtsperson in den Raum
wegen der L a g e der Zelle, in der Freimuth zurückgestolpert sei.
Selbstmord begangen hat, in Widersprüche
verwickelt und eine Zellennummer angegeben, Aus dem Vernehmungsprotokoll ergibt sich
die einer nach innen gelegenen Zelle zuge- über die Aussage Schnells in diesem Punkte
hörte, in der Freimuth von Schnell im Gegen- folgendes (Hearings, p. 1537) :
satz zu dessen Versicherung nicht habe ge- „S c h n e l l : Es dauerte ungefähr 2 oder 3
sehen oder gehört werden können. Minuten als Mr. Perl in Sichtweite am offe-
Aus dem Vernehmungsprotokoll vom 13. Sept. nen Fenster erschien. Er ging auf den Ge-
1949 ergibt sich hinsichtlich dieser Streitfrage fangenen zu und schlug ihm mit der rech-
folgendes (Hearings, p. 1542) : ten Hand ins Gesicht. Er wollte den Ge-
fangenen mit dem linken Arm weiter
„O b e r s t C h a m b e r s : . . . Ich gebe mir
schlagen, aber der Gefangene duckte sich
Mühe wegen des Raumes oder der Zelle,
und wich so dem Schlag aus.
in der sich Freimuth befunden hat. Sie ha-
ben mir nun praktisch jede Zelle im Ver- C h a m b e r s : Das ist ein nebensächlicher
nehmungsflügel genau bezeichnet. Sie ha- Punkt. Aber als Sie das letzte Mal die Ge-
ben mir viele andere Punkte in der Nähe schichte erzählten sagten Sie :
des Gefängnisses ausgewiesen. Aber nun
‚Der Gefangene saß am Tisch. Perl kam
sagen Sie mir jetzt, Sie hätten sich wegen
um den Tisch herum in mein Blickfeld.
der Örtlichkeit geirrt, wo der einzige
Der Gefangene lehnte sich an die Lehne
Mann, der da unten Selbstmord beging, tot
des Stuhles zurück und Perl gab ihm
aufgefunden wurde. Erst als Sie vorige
mit der linken Hand einen Schlag ins
Woche oder vorvorige Woche mit mir da
Gesicht.‘
hinuntergingen, begann Ihnen die Tatsache
klar zu werden, daß es nach Ihrer eides- Sie sagten gerade ‚rechte Hand‘. Nun, mit
stattlichen Erklärung unmöglich sei, daß welcher schlug er ihn?

24
S c h n e l l : Ich habe meine ursprüngliche Perl folgte ihm sogleich und konnte eben-
Aussage verbessert, die wahrscheinlich falls nicht mehr länger durch das Fenster
schon mehrere Male in Göppingen entge- gesehen werden.
gengenommen worden ist, weil ich ver- C h a m b e r s : Sahen Sie noch irgendetwas
schiedene Male danach gefragt worden bin. anderes in jener Nacht?
Ich habe mich verbessert und festgestellt,
daß er ihn das erste Mal mit der rechten S c h n e l l : Nein, kurz danach wurde das
Hand schlug. Licht ausgeschaltet.“
C h a m b e r s : Mit der rechten Hand. Fah- Einen weiteren Angriffspunkt der Aussage
ren Sie fort. Schnells sieht der Ausschuß darin, daß Schnell
S c h n e l l : Danach kehrte mir der Gefan- ausgesagt habe, es hätten sich in Schwäbisch
gene, der etwa 30 cm größer als Mr. Perl Hall im Gefängnishof „ein paar Galgen“ befun-
war, sein Gesicht zu. Mr. Perl hatte seinen den. Andere Zeugen hätten diese Aussage
Rücken dem Fenster zugewandt. Dann sah widerlegt, worauf Schnell seine frühere Erklä-
ich Mr. Perl eine Bewegung machen, als rung eingeschränkt und erklärt habe, die Gal-
ob er mit dem Fuße stieße. gen seien nicht aufgestellt gewesen, sondern
hätten mit Segeltuchplanen bedeckt auf dem
C h a m b e r s : Das ist ein sehr wichtiger Boden gelegen.
Punkt, weil hierin Schnell seine Darstel-
lung völlig geändert hat. Schnell, ich weiß, Aus dem Protokoll (Hearings, p. 1535) ergibt
Sie werden das meiste davon einsehen. sich zunächst, daß Schnell immer nur von
Ist es nicht eine Tatsache, daß Sie das e i n e m Galgen, nicht von „ein paar Galgen“
allererste Mal, als Sie uns in Göppingen gesprochen hat. Aus den Protokollen ergibt
den Vorgang schilderten, sehr bestimmt sich auch nichts darüber, daß er sich bei seiner
sagten, daß Perl ihn stieß. Als Sie dann Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuß
gefragt wurden, ob und wie er stieß — in Widerspruch zu früheren Aussagen gesetzt
‚Trat oder stieß er ihn mit seinem Fuß‘ — habe. Er war etwa 14 Tage vor dieser Verneh-
zeigten Sie uns, wie. Sie traten und brach- mung in Göppingen und Schwäbisch Hall durch
ten das Bein da herauf. Ist das nicht rich- Oberst Chambers, den juristischen Berater der
tig? Kommission, vorbereitend vernommen worden.
Von der Göppinger Vernehmung wurde ein
S c h n e l l : Ich habe die Bewegung des Tre-
Protokoll aufgenommen (Hearings, p. 1588 ff).
tens gesehen. Ich konnte selbst nicht den
Von der Ortsbesichtigung in Schwäbisch Hall
Fuß sehen, aber es war recht klar die Be-
ist nur eine Niederschrift Oberst Chambers’
wegung des Tretens.
vorhanden, die im wesentlichen die Darstellung
C h a m b e r s : Nun, sagten Sie mir nicht, des Untersuchungsberichts vorbereitet (Hearings,
daß Perl den Mann mit dem Fuße trat : p. 1594 ff). Danach wird die Existenz eines sol-
‚Perl hat ihm noch zwei weitere Schläge chen Galgens in Schwäbisch Hall bestritten und
gegeben und ihn dann mit dem Fuß in dafür auf Aussagen eines Gefängnisbeamten
den Raum zurückgestoßen.‘ und Mr. Thons Bezug genommen.
Sagten Sie mir nicht das in Göppingen? Schnell wies bei seiner Vernehmung vor dem
S c h n e l l : Ja, so habe ich in Göppingen Ausschuß darauf hin (Hearings, p. 1535), daß er
ausgesagt. Oberst Chambers bereits bei der vorausgegan-
genen Ortsbesichtigung erklärt habe, er selbst
C h a m b e r s : Führten Sie mich nicht auch
habe beim Ausladen dieses Galgens mitgehol-
zu dem Fenster, von dem aus Sie sich dies
fen. An eine solche Erklärung entsann sich
ereignen sahen?
Oberst Chambers jedoch nicht mehr. Da die
S c h n e l l : Ja. Aussagen Schnells bei der Ortsbesichtigung in
C h a m b e r s : Und als ich Sie dann darauf Schwäbisch Hall nicht protokolliert wurden, ist
hinwies, daß Sie ihn von der Hüfte abwärts der behauptete Widerspruch in seinen Aus-
nicht sehen konnten, fingen Sie an, mir zu sagen nicht voll aufzuklären. Es muß daher
erzählen, daß Sie ihn nicht treten gesehen auch eine Frage offengelassen werden, ob es
hätten. Aber Sie hätten eine Bewegung des sich hier etwa nur um eine absichtliche Ver-
Fußes gesehen, worauf der Gefangene zu- schleierung des wahren Sachverhalts durch den
rückgefallen sei, so daß Sie gedacht hätten, Ausschuß selbst handelt. Die sehr deutlichen
er sei getreten worden. Ist das richtig? Bemühungen, Schnells Aussagen mit allen Mit-
S c h n e l l : Ja. teln zu entwerten, deuten allerdings in diese
Richtung. Wenn im Rahmen dieser Bemühun-
C h a m b e r s : Sehr gut. Nun, nachdem Perl gen so „starkes Geschütz“ wie die unzutref-
eine Bewegung mit dem Körper gemacht fende Feststellung der Kreisleiterfunktion
hatte und der Gefangene in den Raum zu- Schnells aufgefahren wurde, wird daraus ein
rückgefallen war, was geschah dann? unbefangener Betrachter schwerlich etwas an-
S c h n e l l : Der Gefangene fiel so zurück, deres schließen können, als daß in Wirklichkeit
daß er nicht mehr länger durch die Fen- die Aussagen Schnells nicht zu erschüttern
steröffnung beobachtet werden konnte. Lt. waren.

25
2. A u s s a g e M a r i e - L u i s e G e i g e r u n d ten“. Es sei daher unter der Bevölkerung große
eidesstattliche Versicherung Aufregung und Empörung gewesen.
Dr. Knorr. Die Verhandlungsberichte enthalten eine
Fräulein Geiger war während der entscheiden- Aktennotiz zu diesem Punkte. Sie lautet aus-
den Zeit in Schwäbisch Hall die Assistentin zugsweise (Hearings, p. 1596 f) :
Dr. Knorrs, eines privaten deutschen Zahnarz- „Es wurde in Schwäbisch Hall geprüft, ob
tes, der die Gefängnisinsassen in Schwäbisch Schreie und Stöhnen von einer zur anderen
Hall zu behandeln hatte. Dr. Knorr hatte am Zelle gehört werden könnten. Es war dabei
29. Mai 1948 eine eidesstattliche Versicherung klar, daß dies möglich sei. Des weiteren
abgegeben, in der er erklärt hatte, mehrere wurde nachgeprüft, ob die in der Nähe der
Malmedy-Gefangene mit ausgeschlagenen Zäh- Gefängnismauern wohnenden Personen
nen und Kieferverletzungen behandelt zu laute Rufe und Schreie aus dem Inneren
haben. Dr. Knorr ist im Jahre 1949 einige Zeit des Gefängnisses hören konnten. Das be-
vor der Anwesenheit des Untersuchungsaus- stätigte sich, vor allem nachts. Ein örtlicher
schusses in Deutschland gestorben. An seiner Gewährsmann der CIC, der sehr zuverläs-
Stelle wurde Fräulein Geiger vom Ausschuß sig ist, erklärte, er sei in dem unmittelbar
vernommen, vor dem sie in den wesentlichen an das Gefängnis angrenzenden Bereich
Punkten die Erklärungen Dr. Knorrs bestätigte. gewesen, sogleich nachdem die Malmedy-
Sie schätzte die Zahl der vorgestellten Mal- Gefangenen es verlassen hätten. Bei zwei
medy-Gefangenen, die wegen offensichtlicher verschiedenen Gelegenheiten habe er per-
Verletzungen behandelt worden waren, auf sönlich laute Rufe aus dem Gefängnis-
etwa 10. Darunter habe sich ein Fall mit einem inneren heraus gehört. Er erklärte ferner,
Kieferbruch befunden. daß seine Nachbarn, die dort während der
Nennenswerte Angriffspunkte hat der Aus- Malmedy-Untersuchung wohnten, bekundet
schuß in der Aussage Fräulein Geigers nicht hätten, die Schreie seien gewöhnlich viel
gefunden, in einer besonderen Stellungnahme schlimmer und viel häufiger gewesen. Er
hebt Oberst Chambers den außergewöhnlich stellte jedoch klar, daß es sich hierbei für
guten Eindruck der Zeugin hervor und kommt ihn um Aussagen vom Hörensagen han-
bei der Würdigung ihrer Aussage zu dem Er- dele. Er wisse nicht, ob diese Personen die
gebnis, daß der eidesstattlichen Versicherung Schreie tatsächlich gehört hätten oder
von Dr. Knorr, soweit sie von Fräulein Geiger lediglich die Tatsache weitererzählten, daß
unterstützt worden sei, beträchtliches Gewicht irgend jemand behauptete, die Schreie ge-
beigelegt werden sollte (Hearings, p. 1596). hört zu haben.“
An einer Stelle des Untersuchungsberichts Der Zusammenhang dieser Feststellungen mit
(S. 22) werden Zweifel wegen der Korrektheit den Behauptungen Dr. Knorrs über die angeb-
des Dr. Knorr’schen Affidavits geäußert, weil liche Erregung der Anwohner des Gefängnisses
er darin behauptet habe, 15—20 Fälle mit aus- wegen der Schreie, die des öfteren aus dem
geschlagenen Zähnen und einen Fall mit Unter- Innern des Gefängnisses zu hören gewesen
kieferbruch behandelt zu haben, während bei seien, wird im Bericht nicht erörtert. Es bleibt
der Untersuchung der Gefangenen in Lands- daher auch offen, ob der Untersuchungsaus-
berg durch den Zahnarzt beim Stabe des Aus- schuß in diesem Punkte die eidesstattliche Ver-
schusses nur ein einziger behauptet habe, von sicherung Dr. Knorrs ebenfalls als nicht korrekt
einem deutschen Zivilzahnarzt, die übrigen angesehen hat.
aber erklärt hätten, von amerikanischem zahn- Zu d) Das Ergebnis der ärztlichen
ärztlichen Personal behandelt worden zu sein. Untersuchung der Malmedy- Ge-
Hierbei wird jedoch übersehen, daß sich nicht fangenen in Landsberg.
nur die 59 Verurteilten aus dem Malmedy-Pro- Am 26. Juli 1949 erklärte Senator McCarthy in
zeß, die sich zur Zeit noch in Landsberg befin- einer Rede über Vorgeschichte und Stand der
den, sondern auch die bereits Entlassenen und Untersuchungstätigkeit des Baldwin-Ausschus-
zahlreiche Zeugen auf Mißhandlungen berufen. ses vor dem amerikanischen Senat (Congres-
Insgesamt waren mindestens 800—900 Unter- sional Record-Senate Nr. 134, S. 10397 ff) :
suchungsgefangene im Zusammenhang mit dem
„Kürzlich gab der Baldwin-Ausschuß be-
Malmedy-Prozeß im Laufe der fraglichen Zeit
kannt, er habe beschlossen, seine Ermitt-
im Schwäbisch Haller Gefängnis inhaftiert. Die
lungstätigkeit nach Deutschland zu ver-
Zweifel des Ausschusses an der Korrektheit
legen und drei Ärzte des öffentlichen Ge-
des Dr. Knorr’schen Affidavits in dem bezeich-
sundheitsdienstes mitzunehmen. Diese soll-
neten Punkte beruhen deshalb auf falschen
ten alle Angeklagten untersuchen, um fest-
Voraussetzungen.
zustellen, ob die Beschuldigungen, es seien
Bemerkenswert ist im Zusammenhang mit der psychische und physische Folterungen zur
eidesstattlichen Versicherung Dr. Knorrs des- Erlangung von Geständnissen angewandt
sen Behauptung, „daß die in der Nähe des Ge- worden, der Wahrheit entsprächen. Mit
fängnisses wohnenden Privatpersonen die anderen Worten will man jetzt nach Beu-
Schmerzensschreie der Gequälten deutlich hör- len und Zeichen von Schlägen und Tritten

26
suchen, die mehr als drei Jahre zuvor aus- tersuchung der 59 Gefangenen gefunden
geteilt worden sind. worden sind, verhältnismäßig geringfügig
Dagegen läßt sich natürlich nichts in den sind. Wenn diese Feststellungen mit den
wenigen Fällen sagen, in denen die Affi- Behauptungen über körperliche Mißhand-
davits bleibende Schäden geltend machen. lungen in den Darstellungen der Ange-
Jedoch sollen alle Angeklagten einer kör- klagten verglichen werden, so besteht im
perlichen Untersuchung unterzogen werden Verhältnis zum Beweisergebnis ein auffäl-
auf Grund der Theorie, daß die Behaup- liger Widerspruch.
tung über Folterungen unwahr sei, wenn Die ärztlichen Mitglieder des Stabes kön-
nach dem Verlauf von 3 Jahren keine Beu- nen die Vorwürfe einiger körperlicher Miß-
len zurückgeblieben sind. handlungen nicht ausschließen. Es ist aber
Recht zu seiner Bequemlichkeit hat der unsere Meinung, daß die Schwere der Miß-
Unterausschuß dabei die Tatsache über- handlungen in den Anschuldigungen völlig
sehen, daß ein Scheinverfahren und auch außerhalb des Verhältnisses zu den kör-
Scheinerhängungen keine Schrammen und perlichen Befunden steht, die ihre Behaup-
Beulen zurücklassen. Ebensowenig wie die tungen unterstützen könnten.“
Tatsache, daß einem Mann damit gedroht Drei Untersuchungsbefunde von Gefangenen,
worden ist, seiner Familie werde Schaden die bleibende Schäden geltend gemacht hatten,
zugefügt werden, die Art von Narben und als Beispiele (Hearings, p. 1619 ff) :
Beulen hinterläßt, die etwa das fachkun-
dige Auge eines Arztes noch feststellen 1. B e r s i n , Valentin :
könne. Aber selbst Tritte und Schläge las- Der Gefangene erklärte, es sei ihm ein
sen nach Ablauf von 3 Jahren keine Spu- Bein gestellt worden, er sei gefallen, ge-
ren zurück. stoßen und mit Fäusten bearbeitet worden,
Der ärztliche Bericht, der keine blutigen während er am Boden lag. Im Laufe dieser
Narben aufweist, wird natürlich von Nutzen Mißhandlungen, behauptet er, habe er
bei dem Bestreben sein, diesen Untersuchun- einen Schlag auf die rechte Seite des Ge-
gen zu dem glorreichen Ende einer Moh- sichts bekommen, wobei ihm 4 rechte obere
renwäsche zu verhelfen. Der ärztliche Be- Zähne ausgeschlagen worden seien (Nr. 2,
richt wird einen Teil des vom Ausschuß 4, 5 und 6). Die Zähne Nr. 1 und 3 sind
benötigten Beweises zu seinem Bericht lie- bereits früher verloren gegangen.
fern, wonach das Vorgehen der Ermittler Der Gefangene erklärte, er sei nicht von
über jeden Tadel erhaben war.“ einem Gefängnisarzt, sondern von einem
Die ärztliche Untersuchung der 59 Malmedy- Zahnarzt der amerikanischen Armee, einem
Gefangenen in Landsberg hatte folgendes Ge- Hauptmann, etwa 40 km von Schwäbisch
samtergebnis (Hearings, p. 1618) : Hall entfernt, behandelt worden. Er er-
„Offensichtlich ist eine Gruppe, bestehend klärte ferner, daß der Kiefer unmittelbar
aus 11 Gefangenen, keinen körperlichen nach der Verletzung angeschwollen sei und
Mißhandlungen ausgesetzt worden. Diese daß er Blut gespuckt habe. Er habe aber
Tatsache wird durch ihre eigenen Erklä- zunächst nicht gewußt, daß irgendwelche
rungen unterstützt sowie durch einen ent- Zähne gefehlt hätten, weil sein Kiefer ge-
sprechenden körperlichen Befund. fühllos gewesen sei.
Eine zweite Gruppe, bestehend aus 35 Ge- Am folgenden Morgen habe er zu kauen
fangenen, machte körperliche Mißhandlun- versucht und dabei das Fehlen seiner
gen geltend. Sie behaupteten nicht, daß 4 rechten oberen Zähne bemerkt. Er sei am
physische Beweismöglichkeiten vorhanden selben Tage in einen anderen Raum ge-
wären. Die untersuchenden Ärzte fanden bracht, und auf sein Gesicht seien kalte
keine sichtbaren Beweise, die die Behaup- Umschläge gelegt worden. Er erklärt aber,
tungen gestützt hätten. daß niemand in seinen Mund gesehen
habe. Einen Monat später sei er zu einem
Die dritte Gruppe, bestehend aus 13 Ge-
Zahnarzt der amerikanischen Armee ge-
fangenen, berief sich auf körperliche Miß-
rufen, und die Prothese sei angefertigt
handlungen und stellte körperliche Merk-
worden.
male vor, die nach ihrer Behauptung die
Folge jener Mißhandlungen seien . . . Drei Die Untersuchung ergab das Fehlen jener
von diesen Männern zeigten bei der Unter- Zähne sowie das Fehlen von 6 weiteren.
suchung Befunde, die bestimmt nicht durch 3 Zähne im linken unteren Kinnbacken-
körperliche Mißhandlungen verursacht knochen waren verlorengegangen. Eine
waren. Die übrigen 10 zeigten Befunde, die Verletzung des Kieferknochens oder der
möglicherweise auf Gewalteinwirkung zu- Wange ließ sich nicht feststellen. Wurzel-
rückgehen, jedoch wies keiner dieser 10 Ge- reste der fehlenden Zähne waren nicht vor-
fangenen Beweise für Akte schwerer kör- handen. Diese Feststellungen wurden durch
perlicher Gewalt auf. eine Röntgenaufnahme bestätigt.
Aus den obigen Feststellungen ist zu Es wird daraus geschlossen, daß einige
schließen, daß die Beweise, die bei der Un- Zähne ausgeschlagen worden sein können,

27
ohne sichtbaren Beweis einer Verletzung digkeit. Es sollte auch beachtet werden,
der angegebenen Partien. Es ist jedoch daß Narben an den angrenzenden weichen
schwer zu glauben, daß die 4 bezeichneten Partien fehlten, die Verletzungen der Lip-
Zähne ausgeschlagen worden sein könnten, pen angezeigt hätten.
ohne daß sie irgendwelche Wurzeln zu- Zusammenfassend ist festzustellen, daß der
rückließen oder einen Bruch des Backen- Befund nicht unvereinbar ist mit dem Ver-
knochens und schwere Verletzungen der lust von Zähnen auf Grund von Gewalt-
Wange hervorriefen. Es war durch Rönt- einwirkung. Aber es ist unmöglich, genau
genaufnahmen nicht möglich, einen alten festzustellen, wie und wann diese Zähne
Bruch des Backenknochens oder Zahnrück- verlorengegangen sind. Er ist jetzt frei von
stände zu erkennen. Des weiteren ist die Symptomen, und der körperliche Befund ist
Tatsache, daß eine Prothese angefertigt hinsichtlich der behaupteten Rückenverlet-
wurde, die diese Zähne innerhalb eines zung normal.
Monats nach der behaupteten Verletzung
ersetzte, ein starker zusätzlicher Beweis 3. R i e d e r , Max :
gegen einen Kieferbruch. Es waren außer- Dieser Gefangene erklärte, daß er am 12.
dem keine sichtbaren Narben von Ver- Januar 1946 mit Fäusten ins Gesicht und
letzungen der Wange erkennbar. in den Magen geschlagen, und daß ihm in
die Geschlechtsteile getreten worden sei.
Schlußfolgerung : Es gibt kein Mittel, genau
Die Geschlechtsteile seien mehrere Tage
festzustellen, wie die Zähne verloren-
lang entzündet und schmerzhaft gewesen.
gegangen sind. Aber die Krankengeschichte
Einige Tage später sei der Penis geschwol-
ist nicht völlig mit dem derzeitigen Unter-
lener geworden, und ein eitriger Ausfluß
suchungsbefund vereinbar.“
habe sich entwickelt. Etwa 2 Tage lang sei
2. F r i e d r i c h s , Heinz : er von einem Sanitäter in Schwäbisch Hall
Dieser Gefangene erklärte, ihm seien wäh- behandelt worden. Aber Schwellung und
rend seines Aufenthalts in Schwäbisch Hall Ausfluß hätten nicht nachgelassen. Er sei
verschiedene Schläge mit behandschuhten dann in ein amerikanisches Hospital bei
Fäusten ins Gesicht und in die Nieren zu- Stuttgart überführt worden (hier liegt ein
gefügt worden. Er habe mehrere Tage hef- Widerspruch hinsichtlich der Daten vor, die
tige Rückenschmerzen gehabt. Er erklärte, er dem Vernehmer angab, als dieser die
daß er um einen Arzt gebeten habe, der Geschichte aus ihm herausfragte, und
Arzt aber nicht gekommen sei. Es sei ein denen, die er den Ärzten angab, die ihn
amerikanischer Sergeant, ein Sanitäter, ge- später hinsichtlich des Zeitpunkts der Ver-
kommen und habe ihm einige Pillen ge- letzung und der Behandlung befragten).
geben. Er erklärte, daß er 3 oder 4 Tage Später, bei seiner Rückkehr nach Schwä-
lang besucht worden und in etwa 10 Tagen bisch Hall, sei er mit Fäusten geschlagen
wieder hergestellt gewesen sei. Zu einem und in den Magen getreten worden.
späteren Zeitpunkt wurde er, wie er be- Die Untersuchung ergab eine Vernarbung
hauptet, mit Fäusten auf den Mund ge- über der Schleimhautverbindung auf der
schlagen, wodurch die Krone eines Zahnes dorsalen Oberfläche des Penis. Die Ver-
losgeschlagen und ein anderer Zahn locker narbung war oberflächlich und beeinträch-
geschlagen worden seien. Er verneinte, tigte die normale Funktion der Vorhaut
Verletzungen der Lippen oder der Wangen nicht.
erlitten zu haben. Am gleichen Tage, an Es ist daraus zu schließen, daß dieser Mann
dem ihm die Verletzung zugefügt worden an Vorhautverengung und Ballanitis litt,
sei, sei er in ein ungefähr 20 Minuten ent- die einen dorsalen Einschnitt und Beschnei-
ferntes amerikanisches Hospital gefahren dung erforderten. In den meisten Fällen
und der lockere Zahn gezogen worden. tritt diese Beschaffenheit nicht als Begleit-
Die Untersuchung ergab das Fehlen des erscheinung von Gewalteinwirkung auf,
unteren seitlichen linken Schneide- und sondern ist das Ergebnis mangelnder
Eckzahnes (Nr. 10 und 11) mit leichter hygienischer Vorkehrungen und darauf-
Schrägstellung der benachbarten Zähne. folgender Infektion. Gewalteinwirkung
Beweise für weitere Verletzungen wurden kann als eine solche Bedingungen mit her-
nicht gefunden. beiführende Ursache nicht ausgeschlossen
werden. Es dürfte aber nicht davon auszu-
Es läßt sich unmöglich feststellen, in wel- gehen sein, daß sie eine entscheidende
cher Weise die obenerwähnten Zähne ver- Rolle in der Herbeiführung dieser Bedin-
lorengegangen sind. Jedoch stimmt das gungen spielt.
Ausmaß der Schrägstellung der restlichen
Zähne mit einem Verlust solcher Zähne Feststellung des Untersuchungsberichts (S. 20 :)
2 bis 8 Jahre zuvor überein. Die übrigen „Bei den 13 Personen, die körperliche Miß-
Zähne sind in guter Verfassung, und diese handlungen mit dauernden Folgen an-
Tatsache verleiht der Behauptung, die zwei gaben, kann die medizinische Beweisauf-
Zähne seien als Folge von Gewalteinwir- nahme in keiner Weise die Angaben der
kung verlorengegangen, einige Glaubwür- Gefangenen stützen.“

28
Zu e) Die Aussagen Schwäbisch Lebensmittelkarten weggenommen
Haller Untersuchungsführer. würden?
„Sie alle sagten übereinstim- M r . P e r l : Nein.
mend unter Eid aus, daß keine M r . C h a m b e r s : Oder daß ihre Fa-
dieser körperlichen Mißhand- milien anderer Vergünstigungen be-
lungen oder Brutalitätsakte raubt würden?
stattgefunden habe.“ (Unter-
M r . P e r l : Nein.
suchungsbericht S. 20.)
...
Beispiele :
M r . C h a m b e r s : Nun, es muß An-
1. O b e r s t E l l i s , Chef der Vernehmungs- lässe gegeben haben, Mr. Perl, bei
abteilung und später der Anklagevertre- denen Sie ziemlich ungeduldig wurden,
tung im Malmedy-Prozeß : bei dem Versuch, von jemandem eine
Eigene Aussage (Hearings, p. 36) : Antwort zu bekommen, der offensicht-
„Nach meinem besten Wissen und Ge- lich log. Der durchschnittliche Mensch
wissen wurde keiner dieser Angeklagten würde ein wenig ungeduldig geworden
oder anderen Gefangenen jemals in sein und sie angeschrien, vielleicht auf
irgendeiner Form beschimpft oder miß- sie geflucht haben. Fanden Sie — über
handelt.“ Achtungsrufe hinaus, — jemals Gele-
genheit, sie anzuschreien?
Erklärung Oberst Everetts (Hearings,
p. 1571) : M r . P e r l : Sehen Sie, in dem Augen-
blick, wo ich mich in den Bereich des
„In Wirklichkeit erzählte er (Ellis) mir Drohens oder der körperlichen Gewalt
persönlich in Dachau, wie er einen Ge- begeben haben würde, würde ich den
fangenen gesehen habe, dem das Blut Bereich verlassen haben, in dem ich
unter der Kapuze hervor und die Uni- mich für eigentlich zuständig hielt.
form herunter getropft sei, als er in . . . Ich wünschte, daß jene Leute, die
Schwäbisch Hall die Gänge entlang- ein Verbrechen begangen hatten, be-
geführt wurde. Wie er, Ellis, die Kapuze straft werden sollten, und wenn ich
hochgerückt habe, habe er gesehen, daß die das wünschte, konnte ich sie nicht
Nase des Jungen heftig geblutet habe. schlagen, weil man, wenn man aus
Das sei durch einen Schlag irgendeines einem Mann, wie jene es waren, ein
Postens oder irgendeiner anderen Per- Geständnis durch Schlagen herausholen
son verursacht worden.“ will, ihn in Wirklichkeit mehr schla-
2. W i l l i a m R . P e r l , Vernehmungsbeamter : gen müßte, als Richter Van Roden oder
(Senator McCarthy unter Hinweis auf sei- der Artikel in dem einen oder ande-
nen außergewöhnlich großen Postein- ren Falle sagten, daß sie geschlagen
gang — Hearings, p. 153 — : „Die beiden worden wären. Man konnte einen Ge-
Männer, die am meisten erwähnt wur- fangenen nicht, wie der Fachausdruck
den und die man als sadistisch bezeich- ist, „aufbrechen“ (break) und ein Ge-
nete, die beschuldigt wurden, am mei- ständnis und die Wahrheit aus ihm
sten geschlagen zu haben, sind ein Mann herausbekommen, indem man ihn
namens Perl und Thon“.) schlug. Das ist vollkommen unmög-
lich. . .“
Eigene Aussage (Hearings, p. 1128 ff) :
Aussage Mr. Thons (Hearings, p. 1260) :
„M r . C h a m b e r s : Ich erinnere daran,
daß Sie bei einer Gelegenheit gefragt „M r . C h a m b e r s : Nahmen Sie an Ver-
wurden, ob Sie geschrien, ob Sie Ihre nehmungen von Mr. Perl teil?
Stimme erhoben hätten usw. und Sie M r . T h o n : Bisweilen ja.
erwiderten : ‚Nein, ich sprach leise zu M r . C h a m b e r s : Und sahen und hör-
ihnen, so, wie ich jetzt zu Ihnen ten Sie während dieser Zeit Perl einen
spreche.‘ Damals wurde dazu keine Mann anschreien oder nach ihm schla-
weitere Frage gestellt. gen?
Ich möchte Sie jetzt wieder fragen, ob M r . T h o n : Ich hörte ihn schreien. Aber
Sie es für notwendig befanden, kör- nie hörte oder sah ich ihn jemanden
perliche Gewalt anzuwenden? schlagen.
M r . P e r l : Nein. M r . C h a m b e r s : Perl bezeugte, daß
M r . C h a m b e r s : . . . Oder drohten Sie er nicht schrie, wenn ich mich recht er-
jemals jemandem, körperliche Gewalt innere. Wir befragten ihn ziemlich ein-
anzuwenden? gehend darüber.
M r . P e r l : Nein. M r . T h o n : Es ist kaum zu vermeiden,
M r . C h a m b e r s : Richteten Sie jemals daß jemand seine Stimme erhebt.“
Drohungen an die Gefangenen, etwa Zeugenaussage Mr. Baileys (Hearings,
dahingehend, daß Ihren Familien die p. 161) :

29
„S e n a t o r B a l d w i n : Wollen Sie einige gab, denen wir Vergünstigun-
fortfahren und uns, so gut Sie sich er- gen zukommen ließen. Sie wurden ord-
innern, sagen, ob Sie irgendeinen Fall nungsmäßig behandelt. Das ist alles.
von Beschimpfung oder Einschüchte- M r . C h a m b e r s : Sie sagen, Sie hät-
rung, von Drohung oder Gewalt wahr- ten Weisungen bekommen, dieselben
genommen haben. Wenn Sie das kön- wie alle in der Armee, Kriegsgefan-
nen, rufen Sie sich den Namen des Ge- gene betreffend?
fangenen oder des Amerikaners ins Ge-
dächtnis zurück, der daran beteiligt ge- M r . T h o n : Das ist richtig.“
wesen sein kann. Aussage O b e r s t E l l i s ’ (Hearings, p. 28) :
M r . B a i l e y : Ich habe gesehen, wie „Ich möchte sagen, daß es eine Regel
Leutnant Perl sie schlug, und ich habe hinsichtlich ehrenhafter Kriegsgefan-
ihn beobachtet, wie er einer Reihe von gener gab. Sie haben einen bestimm-
ihnen das Knie in die Leistengegend ten Status und bestimmte Rechte. Aber
stieß. diese Leute, die wir in unserem Ge-
S e n a t o r B a l d w i n : Sie haben Leut- wahrsam hatten, waren in eine andere
nant Perl beobachtet, wie er sie mit Kategorie übergegangen. Sie wurden
der offenen Hand oder mit der Faust wegen Kriegsverbrechen beschuldigt
oder wie schlug? und wurden wie Kriegsverbrecher be-
handelt, nicht wie Kriegsgefangene. Sie
M r . B a i l e y : Nun, ich würde sagen, es wurden nicht als Kriegsgefangene be-
war mit der offenen Hand, aber es war handelt.“
ein ziemlich heftiger Schlag.
Eigene Aussage (Hearings, p. 1252) :
(Hearings, p. 167) : „M r . C h a m b e r s : Haben Sie jemals
S e n a t o r B a l d w i n : Sie sahen ihn gesehen, wie jemand von einem Posten
einen Gefangenen schlagen? oder einem Angehörigen des Verneh-
M r . B a i l e y : Ich sah ihn einen Gefan- merstabes geschlagen oder getreten
genen ziemlich heftig mit den Händen oder herumgestoßen wurde?
schlagen. M r . T h o n : Nein, das habe ich nicht ge-
S e n a t o r B a l d w i n : Was sahen Sie sehen.
sonst? M r . C h a m b e r s : Niemals legte je-
M r . B a i l e y : Und ihn ein- oder zwei- mand Hand an irgend jemanden?
mal mit dem Knie stoßen. M r . T h o n : Niemals wurde Hand an
(Hearings, p. 162) : irgend jemanden gelegt; dessen bin
ich sicher.
M r . B a i l e y : . . . Leutnant Perl war
nach meiner Auffassung der einzige M r . C h a m b e r s : Faßten Sie persönlich
Mann, der, ich möchte sagen, einen jemals einen Mann an?
wirklich sadistischen, brutalen Zug an M r . T h o n : Das tat ich nicht.“
sich hatte . . . Zeugenaussage Mr. Sloanes, eines ameri-
(Hearings, p. 163) : kanischen Offiziers in Kriegsverbrecher-
angelegenheiten, der über einen Vorfall
M r . B a i l e y : . . . Leutnant Perl erlangte
berichtete, den er bei einer von ihm durch-
während meines Aufenthaltes dort
geführten Einlieferung einiger Malmedy-
wahrscheinlich 75 Prozent der Geständ-
Gefangener in Schwäbisch Hall erlebte
nisse . . .“
(Hearings, p. 899) :
3. H a r r y T h o n , Vernehmungsbeamter : „M r . S l o a n e : Ich weiß, daß wir in die
Eigene Aussage (Hearings, p. 1277) : Zelle gingen, dieser Angehörige der
„M r . C h a m b e r s : Sie sagten aus, es Vernehmergruppe und ich — wir gin-
war schwer, diese Leute zu „knacken“. gen in die Zelle, und der Gefangene
stand darin. Der Vernehmer schritt
M r . T h o n : Das ist richtig. direkt auf den Gefangenen zu und
M r . C h a m b e r s : Und doch tat wäh- sagte irgendetwas, dem Sinne nach
rend dieser ganzen Zeit niemand etwas etwa folgendes : ‚Ziehen Sie Ihr Hemd
anderes, als diese Jungens mit einem aus und heben Sie den linken oder
großen Maß von Freundlichkeit und rechten Arm hoch.‘ Ich bin mir des
Rücksichtnahme zu behandeln? Wortlauts nicht mehr ganz sicher . . .
M r . T h o n : Ich sagte nie, sie seien mit Ich kann nicht mit Bestimmtheit sagen,
einem großen Maß von Freundlichkeit ob es daran lag, weil der Gefangene
behandelt worden. Sie wurden behan- sich nicht schnell genug bewegte oder
delt, wie Gefangene, wie Kriegsgefan- weil der Gefangene flüsterte, etwas
gene behandelt werden sollen. Wir vor sich hinbrummte, oder was es war,
gingen nicht darauf aus, ihnen Vergün- jedenfalls wurde ihm eins versetzt (‚he
stigungen zu gewähren, obwohl es got socked‘).

30
S e n a t o r B a l d w i n : Was verstehen sagen, 30 Sekunden lang, und er be-
Sie unter ‚wurde ihm eins versetzt‘? wegte sich nicht . . .
M r . S l o a n e : Es wurde ihm ein Schlag Nachdem ich dort hineingesehen hatte,
versetzt. wandte ich mich an Mr. Thon, der
Senator B a l d w i n : Auf welche noch neben mir stand, und sagte :
Weise? ‚Harry, was ist mit diesem Mann los?‘
M r . S l o a n e : Mit der Faust. (Macht es Er sagte : ‚Er kam gerade von der Ver-
vor.) nehmung und wurde wahrscheinlich
etwas unsanft angefaßt.‘“
S e n a t o r B a l d w i n : Er wurde mit
der Faust geschlagen? Eigene Aussage (Hearings, p. 1252) :
M r . S l o a n e : Ja . . . „M r . C h a m b e r s : Nun, um jetzt auf
S e n a t o r B a l d w i n : Ins Gesicht oder diese Sache zurückzukommen, Sie
auf den Körper? sagen also, daß Sie Teil niemals mit
auf einen Gang durch das Gefängnis
M r . S l o a n e : Ungefähr hier, würde ich nahmen?
sagen. (Zeigt es) . . .
S e n a t o r B a l d w i n : Wer war der M r . T h o n : Nein, niemals; ich bin
Mann, der dies tat? sicher, daß ich es nicht tat.
M r . S l o a n e : Mr. Thon.“ Zeugenaussage Mr. Teils (Hearings, p. 545) :
Eigene Aussage (Hearings p. 1247) : „M r . F l a n a g a n : Brachte einer der
„M r . T h o n : Ich habe Captain Sloane Vernehmer, die für den Malmedy-Fall
nie in Schwäbisch Hall gesehen.“ eingesetzt waren, jemals seine Über-
zeugung zum Ausdruck, daß es eine
Zeugenaussage Mr. Teils, eines amerika- gute Sache wäre, körperlichen Zwang
nischen Ermittlungsbeamten in Kriegsver- zur Erlangung dieser Art von Geständ-
brecherangelegenheiten (Hearings, p. 546 ff) : nissen anzuwenden?
„M r . T e i l : Ich lieferte einen Gefan-
genen ab, den ich, wie ich glaube, aus M r . T e i l : Es gab einzelne wenige, die
einem Hospital oder Lager abgeholt natürlich die Meinung vertraten daß
hatte und übergab ihn an Oberst Ellis. es wirksamer wäre, ihn anzuwenden.
Thon stand im Zimmer herum und Sie sagten nicht, sie würden es tun. Sie
fragte, ob ich mir gern das Gefängnis äußerten, sie hielten es für wirkungs-
ansehen möchte . . . voller, schneller, so zu verfahren . . .
Als wir in das Gefängnis gingen, d. h. M r . F l a n a g a n : Wen würden Sie in
dorthin, wo die Zellen sich befanden . . . jene Gruppe einbeziehen, die es für
war dort ein langer, ziemlich breiter wirksamer hielt, körperlichen Zwang
Gang. Mr. Thon sagte : ‚Dies sind‘ — er anzuwenden?
wies hin, auf was er die Todeszelle M r . T e i l : In einem speziellen Fall
nannte. Er sagte : ‚Dies sind Leute, würde ich sagen : Mr. Thon. . . .
die wahrscheinlich hängen werden. Du
kannst in einige dieser Zellen hinein- ...
schauen.‘ Ich sah also in eine Anzahl M r . F l a n a g a n : Stand Leutnant Perl
von ihnen hinein, in drei oder vier. in dem Ruf, einer derjenigen zu sein,
Ich bemerkte nichts Ungewöhnliches. die der Meinung waren, die Anwen-
Ich sah den Gefangenen, aber ich sah dung körperlichen Zwanges würde
nichts Ungewöhnliches. wirksam sein bei der Untersuchung
Dann lief Mr. Thon von mir weg . . . von Kriegsverbrecherfällen?
Ich sah immer noch in die Zelle hinein,
M r . T e i l : Ich würde ihn in diese
als er sagte : ‚Kurt, komm hierher und
Gruppe miteinschließen, ja.“
sieh hier.‘
. . . Ich ging hinüber . . . „Vor dem Senatsausschuß sag-
Dort lag ein Gefangener auf dem Fuß- ten auch Angehörige des Un-
boden, auf der Seite. D. h. er lag auf tersuchungsstabes für Kriegs-
der Seite, in einer zusammengekrümm- verbrechen als Zeugen aus, die
ten Haltung. Er hatte seine Beine zwar zugegebenermaßen un-
hochgezogen, auf der Seite liegend, mittelbar interessierte Zeugen
und hatte eine schwarze Kapuze über sind, deren Aussagen aber ein-
dem Gesicht. Ich schaute nach dem Ge- dringlich und überzeugend
fangenen. Er bewegte sich nicht . . . waren.“
Ich sah nach dem Mann, ich würde (Untersuchungsbericht, S. 20)

31
VI. Zusammenfassung und Schluß.

Der verhältnismäßig breite Raum, der in der den nicht festgestellt. Der Verdacht solcher
vorliegenden Stellungnahme den Untersu- Verstöße wird ausgeschlossen durch :
chungsergebnissen des Baldwin-Ausschusses ge- a) die überzeugenden eidlichen Aussagen
widmet ist, sofern sie sich auf die umstrittenen der Vernehmungsbeamten selbst,
Untersuchungsmethoden der Schwäbisch Haller
Vernehmergruppe beziehen, sollte nicht den b) das Ergebnis der ärztlichen Unter-
Eindruck erwecken, als läge hierin das Haupt- suchung der Malmedy-Gefangenen in
problem des Malmedy-Prozesses beschlossen. Landsberg,
So wie die Dinge nach dem Abschluß der Un- c) die Unglaubwürdigkeit unbeteiligter
tersuchung durch den Baldwin-Ausschuß lie- deutscher Augenzeugen.
gen, müßte sich die Diskussion über diesen 2. Soweit der Verdacht vereinzelter Über-
Rechtsfall endgültig an dieser Streitfrage tot- oder Mißgriffe nicht ausgeschlossen wer-
laufen, wenn sie für sich allein genommen als den kann, hält er sich in einem Rahmen,
das Wesentliche betrachtet würde. der es schon allein mit Rücksicht auf die
Es geht nicht in erster Linie darum, ob und in Abgebrühtheit der Untersuchungsgefange-
welchem Umfange einzelne Untersuchungsbe- nen als unwahrscheinlich erscheinen läßt,
amte wie Perl, Thon usw. körperlichen und daß davon ihre Geständnisse und Aus-
moralischen Zwang auf die Untersuchungsge- sagen beeinflußt wurden.
fangenen ausgeübt haben und inwieweit sie 3. Gegen die Glaubwürdigkeit der Behaup-
für die damit verbundenen Methoden verant- tungen, die die Malmedy-Gefangenen ge-
wortlich sind. Das ist eine inneramerikanische gen die Echtheit ihrer in Schwäbisch Hall
Angelegenheit, die die deutsche Seite unmit- abgegebenen Erklärungen vorgebracht ha-
telbar nichts angeht. Es soll daher auch gar ben, spricht darüber hinaus, daß es sich
nicht entschieden werden, ob sich die Ergeb- dabei offensichtlich um einen n a c h t r ä g -
nisse, zu denen der Baldwin-Ausschuß in die- l i c h e n Versuch handelt, ihren Urteilen
sem Punkte gekommen ist, noch halten lassen, die Grundlage zu entziehen; denn sie haben
wenn man sie an den wirklichen Tatsachen sich in der Mehrzahl weder vor noch im
mißt. In dieser Hinsicht wurde mit den voraus- noch unmittelbar nach dem Prozeß darauf
gegangenen Darlegungen lediglich beabsichtigt, berufen, in Schwäbisch Hall seien unstatt-
einmal eine Reihe von Tatsachen aufzuzeigen, hafte Vernehmungsmethoden in dem später
die es nicht von vornherein ausgeschlossen geltend gemachten weitem Umfange ange-
hätten, bei einer nicht nur einseitigen Wer- wandt worden und hätten auf ihre Aus-
tung des Verhandlungsergebnisses ebenso gut sagen eingewirkt.
auch zu umgekehrten Feststellungen wie zu
4. Es deutet somit alles darauf hin, daß es
denjenigen des Baldwin-Ausschusses zu kom-
sich bei den Vorwürfen, die gegen die
men.
Schwäbisch Haller Methoden nachträglich
Entscheidend wird der mit der vorliegenden erhoben worden sind, um einen planmäßi-
Arbeit verfolgte Zweck allein dort berührt, wo gen Versuch der Verteidigung handelt, das
aus der Verneinung wirklich nachhaltiger Ein- Kriegsverbrecherprogramm insgesamt zu
griffe in die Aussagefreiheit der damaligen diskreditieren. Auch liegen Anhaltspunkte
Untersuchungsgefangenen gleichzeitig auch auf dafür vor, daß nationalistische Kreise in
die Echtheit ihrer Geständnisse und Zeugenaus- Deutschland diesem Versuch Vorschub ge-
sagen geschlossen und damit das ihren späteren leistet haben, um damit gleichzeitig ihrem
Urteilen zugrunde liegende Beweismaterial als Bestreben zu dienen, Deutschland in en-
unangreifbar bezeichnet wird. Für diese Kern- gere Beziehungen zur Sowjet-Union zu
frage des ganzen Malmedy-Prozesses vornehm- bringen.
lich sollten die notwendigen Beurteilungsmaß-
stäbe gewonnen werden. Die Verteidigung :
Mag eine kurze Zusammenfassung noch einmal 1. Bereits bei der ersten Fühlungnahme be-
die beiden einander widerstreitenden Positio- richteten die Malmedy-Gefangenen ihren
nen gemessen an den Argumenten und Tat- Verteidigern übereinstimmend über un-
sachen verdeutlichen, auf die sie sich jeweils statthafte Vernehmungsmethoden, die von
stützen. den Vernehmern in Schwäbisch Hall ange-
Der Baldwin-Ausschuß : wandt worden seien, um Geständnisse zu
1. Nennenswerte Verstöße der Vernehmungs- erlangen.
beamten gegen die durch Recht und Fair- 2. Sie berichteten darüber spontan und erst
ness gebotenen Grundsätze eines straf- nach Überwindung eines anfänglich auffäl-
prozessualen Ermittlungsverfahrens wur- lig großen Mißtrauens gegenüber den ame-

32
rikanischen Offizieren, die ihnen als ihre 8. Die Tatsache, daß die Angeklagten erst ge-
Verteidiger bezeichnet wurden. raume Zeit nach der Verurteilung ihre
Schwäbisch Haller Aussagen geschlossen
3. Sie hatten nachweislich nicht die geringste widerrufen haben, läßt sich für sich allein
Möglichkeit, sich untereinander abzuspre- nicht gegen die Glaubwürdigkeit dieser
chen und auf diese Weise eine gemein- Widerrufe ins Feld führen. Die Behauptung
same Linie ihrer Verteidigung insoweit der Verurteilten, auf Grund unwahrer er-
festzulegen, als sie einen Widerruf ihrer preßter Aussagen verurteilt worden zu
Schwäbisch Haller Aussagen unter Beru- sein, blieb wegen der bereits geschilder-
fung auf angebliche Aussageerpressungen ten Umstände unaufgeklärt, ohne daß die
verabredet haben könnten. Alter und Ge- Verurteilten selbst diese Umstände herbei-
richtsunerfahrenheit der meisten der An- geführt hätten. Vor allem aber schlossen
geklagten schließen aus, jeder einzelne die Verfahrensregeln die Anfechtung der
habe von sich aus entsprechende „stories“ Urteile in einem förmlichen Berufungsver-
erfunden. fahren aus. Die Verurteilten wurden daher
notwendig auf den von ihnen beschritte-
4. In der mündlichen Verhandlung haben nicht nen Weg gewiesen, wenn sie sich Gehör für
nur Angeklagte selbst ausführlich über die die von ihnen behaupteten Rechtsbrüche
Behandlung in Schwäbisch Hall ausgesagt, verschaffen wollten. Von einem früheren
von der sie behaupten, sie habe sie zu un- Widerruf wurden die Verurteilten nach Be-
wahren Aussagen bestimmt. Auch einzelne endigung des Prozesses lediglich dadurch
Zeugen der Anklage haben diesen Sachver- abgehalten, daß sie für diesen Fall von
halt dem Gericht vorgetragen. Vertretern der Anklagebehörde mit der
Einleitung von Meineidsverfahren bedroht
5. Die nicht erschöpfende Erörterung der
wurden.
Schwäbisch Haller Vorgänge in der münd-
lichen Verhandlung entsprach nicht dem 9. Ganz unabhängig von diesen Widerrufen
freien Willen der Angeklagten. Die ameri- hat die Überprüfung der Urteile durch ame-
kanische Verteidigung übernahm dafür die rikanische Dienststellen in vielen Fällen
Verantwortung und rief somit in den von selbst den mangelnden Beweiswert der
rechtskundigen Angeklagten die Vorstel- Schwäbisch Haller Erklärungen ergeben, auf
lung hervor, vor nachteiligen Auswirkun- die allein die nicht bestätigten oder herab-
gen dieses Beschlusses der Verteidigung ge- gesetzten Urteile sich gestützt hatten (s. o.
schützt zu sein. Abschnitt III).
10. Der Behauptung verschiedener amerikani-
6. Form und Inhalt vieler der in Schwäbisch scher Stellen, die sich mit den Schwäbisch
Hall niedergelegten schriftlichen Erklärun- Haller Untersuchungsmethoden bereits vor
gen der Angeklagten sprechen gegen ein dem Baldwin-Ausschuß beschäftigt haben
freiwilliges Zustandekommen. Bis ins (Simpson-Ausschuß, Administration of Ju-
kleinste Detail gehende Schilderungen stice Review Board, General Clay), daß
von zeitlich weit zurückliegenden Vorgän- nämlich f e s t g e s t e l l t e Unregelmäßig-
gen, die sich im Laufe einer der schwer- keiten trotz allem die Echtheit der Ge-
sten Schlachten des letzten Krieges abge- ständnisse usw. unberührt ließen, steht die
spielt haben sollen, in einer Situation also, Tatsache entgegen, daß diese Geständnisse
die — noch dazu bei Angehörigen einer nicht wirklich auf ihren Wahrheitsgehalt
sich schnell fortbewegenden Panzertruppe hin überprüft worden sind. Diese Behaup-
— das Wahrnehmungs- und Erinnerungs- tung drückt daher nicht mehr als die sub-
vermögen bei Augenblickseindrücken er- jektive Meinung der überprüfenden Stel-
heblich beeinträchtigt, verstärken die Zwei- len aus. Alle vorstehend angeführten Ge-
fel an der Echtheit jener Erklärungen. sichtspunkte blieben dabei unberücksich-
tigt.
7. Diese Zweifel verdichten sich noch dadurch,
daß vom ersten Augenblick an die An- 11. Die unwiderlegten Aussagen der deutschen
klagebehörde die schriftlichen Erklärungen Zeugen Schnell und Geiger, der alle Mög-
der Angeklagten nur außerordentlich zö- lichkeiten offenlassende Bericht über die
gernd der Verteidigung zugänglich gemacht ärztliche Untersuchung der Verurteilten in
hat und daß sie dieser nach Abschluß des Landsberg sowie die aufschlußreichen Aus-
Prozesses so gut wie unzugänglich waren. sagen der amerikanischen Zeugen Bailey,
Oberst Everett berichtete bei seiner Aus- Teil und Sloane unterstützen die Glaub-
sage vor einem Beauftragten des Baldwin- würdigkeit der von den Verurteilten er-
Ausschusses, ihm sei trotz laufender Ge- hobenen Behauptungen in hohem Maße.
suche erst Anfang 1949 Einsicht in das 12. Allen diesen Tatsachen und Argumenten
Protokoll der mündlichen Verhandlung ge- steht als einziges Faktum auf der anderen
stattet worden, aus dem allein noch der Seite gegenüber, daß die angeschuldigten
Wortlaut der einzelnen Erklärungen er- Vernehmungsbeamten j e d e Form von
sichtlich ist (Hearings, p. 1569). Zwangsausübung bestreiten.

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Der deutscherseits gegenüber der Besatzungs- haßte, als ich meinen Beruf und die Hei-
macht gebotene Takt verbietet es, abschlie- mat liebte. Wenn jetzt die Senatskom-
ßend auch noch in eine Auseinandersetzung mission, an deren Spitze eine so eigen-
mit den Behauptungen des Baldwin-Ausschus- artige Person wie Senator Baldwin von
ses einzutreten, es stünden rein p o l i t i - Connecticut steht, daherkommt und alle
s c h e Bestrebungen hinter den Versuchen, die für Nationalisten erklärt, die für eine
eine r e c h t l i c h e Lösung für die Verurteil- Nachprüfung der Fälle eingetreten sind, so
ten des Malmedy-Falles zu erreichen. So nahe wird er mit dieser plumpen Ablenkungs-
es an sich läge, die Vermutung auszusprechen, methode weniger Glück bei dem amerika-
der Baldwin-Ausschuß habe durch diese Wen- nischen Volke haben als er denkt.
dung versucht, seine nicht gerade sehr starke Nationalisten sind nach Baldwin alle die
Position zu festigen, so wenig eindrucksvoll deutschen katholischen Kirchenfürsten und
würden andererseits bei der Lage, die durch evangelischen Bischöfe, die amerikanischen
den Ausgang der Untersuchung geschaffen wor- Richter und Rechtsanwälte, die antifaschi-
den ist, bloße Beteuerungen auf der deutschen stischen Rechtslehrer, denen nichts weiter
Seite sein. Die Besatzungsmacht ist allein im am Herzen liegt, als daß Recht geschehe
Besitze der Unterlagen, die die Feststellungen und die Kluft zwischen zwei stammver-
des Baldwin-Ausschusses in diesem Punkte wandten Völkern nicht noch mehr erwei-
zu bestätigen vermögen. Daher erübrigt sich tert werde. Baldwin meint, daß Kritik das
ein Eingehen auf die politischen Kombinatio- amerikanische Prestige gefährden würde.
nen des Baldwin-Ausschusses von selbst, zumal Ich meine, daß nur eines das Ansehen
im Zuge dieser Stellungnahme hinreichend dieses großen Volkes wirklich in Frage
deutlich geworden sein dürfte, daß der Stand- stellen kann : wenn die Aussagen der
punkt der Verteidigung tatsächlich allein im Opfer immer unglaubwürdig sind, wenn die
Recht begründet liegt. Nach einem Artikel, den Versicherungen der angegriffenen Unter-
der amerikanische Professor Hans von Hentig in suchungsführer immer, auch gegen den
der „Cincinnatier Freien Presse“ veröffentlicht klarsten Augenschein, gedeckt werden, und
hat (vgl. auszugsweisen Abdruck in „Frank- die Methoden der Gewalt und des Betruges
furter Allgemeine Zeitung“ vom 7. Nov. 1949), mit dem milden Etikett des ‚Unethischen‘
wird das offenbar auch in der amerikanischen bezettelt werden. Wenn die Baldwin-Kom-
Öffentlichkeit nicht anders gesehen : mission den Justizmord an dem Stifter der
„Immer ist es der feinste Zug des amerika- christlichen Religion zu untersuchen hätte,
nischen Wesens gewesen, für den ‚underdog‘ so würde sie zu folgendem Ergebnis kom-
einzutreten, und wer ist hilfloser übermäch- men : Die körperliche Mißhandlung durch
tigen Gewalten ausgeliefert als der An- die Kriegsknechte ist keine ‚credible
geklagte? Jetzt kommt eine Untersuchungs- evidence‘, da die brutalen Kerle die Hand-
kommission des Senats aus Deutschland lung bestreiten und nur der unglaubwür-
zurück. Sie erklärt, daß sie keinen ‚glaub- dige Gemißhandelte daran festhält. Unethi-
haften‘ Beweis physischer Brutalitäten in sche Dinge mögen vorgekommen sein, als
den Kriegsverbrecherprozessen gefunden da sind künstlich gestellte Fallen, falsche
habe. Festgestellt seien unethische Unter- Zeugen und dergleichen; aber nur ‚Nationa-
suchungsmethoden wie Scheinverhandlun- listen‘ könnten an dem Urteil herum-
gen, um Geständnisse zu erpressen. Sie mäkeln. . . .
müßten scharf kritisiert werden. Wie vor- Man hatte erwarten können, daß bei wie-
auszusehen, brachten die Radio-Kommenta- ser Behandlung die ganze bittere Episode
toren nur das Dementi körperlicher Grau- hinter uns läge. Das Prestige der Vereinig-
samkeiten, ließen den einschränkenden ten Staaten hätte gewaltig zugenommen,
Rest weg. die Welt würde mit tiefem Respekt auf
Gerechtigkeit ist, für mich wenigstens, eine uns blicken, auf das ganze amerikanische
ebenso heilige und unantastbare Sache wie Volk, wenn auch nicht auf die Handvoll
für andere ihr religiöser Glaube. Ich habe ‚unethischer‘ Untersuchungsbeamter. Die
gesehen, daß Niedergang der Völker immer Kommission hat den anderen Weg ge-
mit Ungerechtigkeit beginnt. Ich habe mein wählt. Jetzt sind wir schuld, die Schuldi-
Land verlassen, weil ich als Lehrer des gen aber weißgewaschen. Jetzt wird die
Rechts die Sünde der Ungerechtigkeit mehr böse Wunde weiterschwären.“

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Für diese elektronische Auflage wurden die folgenden Verbesserungen vorgenommen :

(Seite, Spalte, Zeile)

10, 2, 2 v. u. : Ausagen — Aussagen


12, 1, 7 v. u. : unvollständg — unvollständig
12, 2, 33 : Überprüfungbehörden — Überprüfungsbehörden
13, 1, 46 : wirchlich — wirklich
18, 2, 11 v. u. : Artwort — Antwort
21, 1, 1 : anwortete — antwortete
22, 2, 12 : Vereidigung — Verteidigung
22, 2, 17 v. u. : Ausage — Aussage
24, 1, 28 : Untersusungsausschusses — Untersuchungsausschusses
25, 2, 30 : Protokell — Protokoll
28, 2, 6 v. u. : Untersuchunsberichts — Untersuchungsberichts

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