FORM- UND LAGETOLERIERUNG DER ANSCHLUSSKONSTRUKTION VON

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10.

SYMPOSIUM ”FERTIGUNGSGERECHTES KONSTRUIEREN”


SCHNAITTACH, 14. UND 15. OKTOBER 1999

FORM- UND LAGETOLERIERUNG DER ANSCHLUSSKONSTRUKTION VON


WÄLZLAGERN

Eine Zusammenfassung von Toleranzempfehlungen und Richtlinien durch Normen


und Herstellerangaben

Vera Denzer, Walter Jorden

1 Einleitung
Eine Werkstückbeschreibung muss hinreichend eindeutig und vollständig sein, damit sie für
Fertigung und Qualitätsmanagement brauchbar ist. Die Angabe von Maßen und Maßtoleran-
zen allein genügt diesen Anforderungen nicht. Um die notwendige Form- und Lagetolerierung
korrekt und unter Beachtung der Funktions-, Fertigungs- und Prüfgerechtheit anzuwenden,
reicht das Fachwissen des Ingenieurs auf diesem Gebiet oft nicht aus; dies belegen Studien
von Susanto und Schütte [Sus91; Sut95]. In der Praxis ist es deshalb üblich, die Toleranzan-
gaben ähnlicher Konstruktionen zu übernehmen und/oder den Toleranzwert sehr eng zu wäh-
len. Der Fertigungsaufwand dieser „Angsttoleranzen“, d. h. der geschätzten oder gar willkür-
lich festgelegten Toleranzwerte, wird meist erst in der Arbeitsvorbereitung erkannt und bean-
standet. Die Schwierigkeit liegt somit nicht nur darin, die richtige Toleranzart festzulegen,
sondern auch einen geeigneten Toleranzwert anzugeben. Praktisch brauchbare Zahlenwerte
über Toleranzangaben erhält man am günstigsten dadurch, dass man eine Reihe von als funk-
tionsfähig bekannten Teilen nachmisst und daraus Toleranzwerte ableitet. Die Literatur, u. a.
Normen und Kataloge, bietet dazu nur wenige Werte [Jor98; Sro98].
Gerade bei der Toleranzfestlegung der Anschlusskonstruktion typischer Maschinenelemente
wie Lagersitze, Anschlußflächen von Dichtringen u. a., besteht oft keine andere Möglichkeit,
als die Toleranzangaben aus Katalogen der Hersteller und/oder die entsprechenden Normen
zu nutzen. Diese werden meist als ausreichend zur Funktionsfestlegung und Qualitätssiche-
rung angesehen.

Sind die Toleranzangaben in Herstellerkatalogen und Normen für typische Maschinenelemen-


te aber ausreichend, um die Forderungen an eine Zeichnung auf Eindeutigkeit und Vollstän-
digkeit erfüllen zu können?
Wie sinnvoll sind diese Toleranzangaben hinsichtlich ihrer Funktions-, Fertigungs- und Prüf-
gerechtheit?

Diese Fragen sollten durch die Auswertung einer Zusammenstellung von Toleranzempfehlun-
gen an die Anschlusskonstruktion von Wälzlagern aus Literatur, Herstellerinformationen, den
entsprechenden Normen und der Betrachtung der Funktionsanforderungen für die typischen
Maschinenelemente beantwortet werden.
Hersteller verwiesen bei Anfragen nach Toleranzempfehlungen an die Anschlusskonstruktion
ihrer Produkte lediglich auf die Angaben in ihren Katalogen bzw. auf die entsprechenden
Normblätter. Die dabei zugesandten Produktkataloge der verschiedensten Hersteller (hier
SKF, GMN, SNR, FAG, INA) mussten daher als Toleranzempfehlungen neben den entspre-
chenden Normen genügen [Sro98].
64 Form- und Lagetolerierung der Anschlusskonstruktion von Wälzlagern

2 Gestaltung der Wälzlager-Anschlussteile


In internationalen Normen sind die Toleranzen für die Hauptabmessungen und die Laufge-
nauigkeit von Wälzlagern festgelegt (ISO 199-1997, ISO 492-1986, ISO 578-1973, AFBMA
Standart 19-1974, DIN 620). Eine Lagerung umfasst aber nicht nur das Lager selbst, sondern
auch die unmittelbar anschließenden Bauteile wie Welle und Gehäuse. Hier werden vor allem
die Kontaktflächen des Lagers zur Umgebungskonstruktion betrachtet, d. h. die Lagersitze an
Welle und Gehäuse (s. Bild 1). Da die Genauigkeit der Umgebungskonstruktion der Genauig-
keit der verwendeten Lager entsprechen sollte, findet man in Herstellerkatalogen Richtwerte
für Maß-, Form- und Lagetoleranzen, die bei der Bearbeitung der Kontaktflächen einzuhalten
sind; dieses gilt auch für die Norm DIN 5425-1 - Wälzlager; Toleranzen für den Einbau; All-
gemeine Richtlinien.

Kontaktflächen

Bild 1: Kontaktflächen eines Radial-Wälz-


lagers zur Anschlusskonstruktion

2.1 Form- und Lagetolerierung der Kontaktflächen

Die in der Norm DIN 5425-1 enthaltenen Regeln gelten für den Einbau von Wälzlagern mit
Bohrungs-Nenndurchmessern bis d = 500 mm und behandeln allgemein übliche Einbaufälle
für Wellen und Gehäuse aus Stahl, Stahlguss oder Gusseisen. Abschnitt 3 der Norm enthält
dabei die folgenden Empfehlungen für Form- und Lagetoleranzen für Pass- und Anlageflä-
chen der Umgebungskonstruktion.

• Zylinderformtoleranz für die Passflächen


Die Zylinderformtoleranz für Passflächen auf Wellen und in Gehäusen soll je nach An-
forderung um mindestens einen Grundtoleranzgrad besser sein als die vorgeschriebene
Maßtoleranz des Lagersitzdurchmessers. Der Toleranzwert tZ entspricht dann der halben
Durchmessertoleranz des Toleranzgrades. Es gilt:
tZ = IT(n-1) / 2 (n = Grundtoleranzgrad des Lagersitzdurchmessers) (1)

• Rechtwinkligkeitstoleranz für Anlageflächen


Für die Anlageflächen der Wälzlagerringe empfiehlt die Norm eine Rechtwinkligkeitsto-
leranz, die mindestens um einen Toleranzgrad enger ist als die zugehörige Maßtoleranz
des Lagersitzdurchmessers. Es gilt in diesem Fall:
tR = IT(n-1) (2)

Betrachtet man die Toleranzempfehlungen der einzelnen Hersteller von Wälzlagern für die
Kontaktflächen der Anschlusskonstruktion (Bild 1) und vergleicht diese mit den Angaben der
Form- und Lagetolerierung der Anschlusskonstruktion von Wälzlagern 65

DIN 5425-1, so zeigt sich, dass diese meist übereinstimmen. Den Toleranzwert um einen IT-
Grundtoleranzgrad besser zu wählen als die Grundtoleranz des jeweiligen Durchmessers, gilt
auch hier als Faustregel.

Gelegentlich wird die Zylinderformtoleranz von Herstellern mit tZ = IT3 angegeben. Da Wel-
lenabsätze üblicherweise mit dem Grundtoleranzwert IT6 gefertigt werden, liegt man mit IT3
etwa in derselben Größenordnung wie mit den in der Norm angegebenen Toleranzwerten für
(IT5) / 2 (siehe Kap. 2.3). Ein anderer Hersteller gibt die Form- und Lagesitzflächen mit einer
Rundheits- und Parallelitätstoleranz an. Die angegebenen Toleranzwerte sind aber auch hier
mit denen der Norm zu vergleichen. Man kann in der Praxis davon ausgehen, dass die Zylin-
derformtoleranz tZ etwa ein Halbes bis ein Drittel der Maßtoleranz T beträgt [Jor98].

Einige Hersteller (GMN, SNR, FAG, INA) schlagen anstelle der Rechtwinkligkeitstoleranz
eine einfache Planlauftoleranz für die Anlagefläche vor. Hierdurch wird z. B. eine höhere
Balligkeit der Anlagefläche zugelassen und die Ebenheit, sonst in der Rechtwinkligkeit mit
einbeschlossen, nicht weiter eingeschränkt als durch die Allgemeintoleranzen. Da beide Tole-
ranzangaben die Funktion der Anlagefläche gleichermaßen erfüllen und bei der Rechtwink-
ligkeitstoleranz eine unnötige Zusatzeinschränkung der Ebenheit gegeben wäre, ist die Anga-
be einer Planlauftoleranz bei genauerer Betrachtung sinnvoller. Die Faustregel zur Ermittlung
des Toleranzwertes, mindestens einen IT-Grundtoleranzgrad besser zu wählen als die des je-
weiligen Lagersitzdurchmessers, kann auch an dieser Stelle übertragen werden.

2.2 Fluchtung der Bezugs-Lagersitze

Im Idealfall liegen die Achsen der Lagersitze auf einer Raumgeraden, d. h. sie müssen fluch-
ten bzw. koaxial zueinander sitzen. DIN 5425-1 sowie einige Hersteller geben keine Hinweise
und Empfehlungen zur Tolerierung der Lagegenauigkeit der Lagersitze.
Vielfach ist in Herstellerangaben (SNR, GMN, FAG) eine Einschränkung der Koaxialität, wie
sie in Bild 2 dargestellt ist, zu finden. Diese Tolerierung sieht auf den ersten Blick zweckmä-
ßig aus, ist aber weder funktions- noch prüfgerecht.
A
A

dA dB DA DB

∅ t KO A

∅ t KO A
Bild 2: Ungünstige Koaxialitätstolerierung zweier Lagersitze

Sie ist nicht funktionsgerecht, da die Koaxialitätstolerierung dem tolerierten Sitz bei näherer
Betrachtung der Toleranzauswirkung eine größere Abweichung einräumt als dem Sitz, der als
Bezugselement dient. Sie verursacht damit eine Ungleichbehandlung der beiden Lagersitze.
Diese sind aber in funktionaler Hinsicht gleichwertig.
66 Form- und Lagetolerierung der Anschlusskonstruktion von Wälzlagern

Auch bei Betrachtung der Prüfbarkeit ist die „ungleichmäßige Koaxialitätstolerierung“ un-
brauchbar. Die Messmaschine ermittelt zunächst die Bezugsachse A und verlängert sie um
das N-fache bis zum tolerierten Lagersitz. Dadurch vergrößert sich die Messunsicherheit e-
benfalls auf das N-fache. Eine 8-fache Verlängerung der Bezugsachse A würde z. B. zu einer
8-fachen Vergrößerung der Messunsicherheit führen. Schon geringe Abweichungen bei der
Berechnung der Achse oder in der Lage des Bezugselements führen dazu, dass das tolerierte
Element außerhalb der Toleranzzone liegt (Bild 3). Das liegt am Bezugselement, das sehr
genau in Richtung des tolerierten Elements fluchten muss, damit die Toleranz eingehalten
wird; dagegen darf das tolerierte Element seine Toleranzzone voll ausschöpfen. Seine Achse
darf, verglichen mit der Bezugsachse, eine viel größere Winkelabweichung haben. Eine Ein-
schränkung der Koaxialitätstoleranz, z. B. um die Hälfte, wäre aufgrund der Messunsicherheit
ebenfalls indiskutabel.
tolerierte Achse
im Extremfall ∅ t KO

Bezugsachse

Bild 3: Koaxialitätstoleranz mit der Achse des linken Lagersitzes als Bezug
Ziel einer Tolerierung muss es sein, bei funktionaler Gleichwertigkeit der beteiligten Elemen-
te die Abweichung von der tatsächlichen Drehachse derart einzuschränken, dass für beide
Lagersitze die gleichen Abweichungen zulässig sind. Hier stehen die im folgenden genannten
Möglichkeiten der Tolerierung zur Verfügung [Jor98; Sro98]:
a) Geradheitstoleranz mit gemeinsamer Toleranzzone (Bild 4a).
b) Koaxialitätstoleranz mit derselben Bezugsachse A-B, mit abgeleitetem Bezug aus beiden
Lagersitzen A und B (Bild 4b).
a b
GTZ
∅ tG ∅ tKo A-B

A B

Bild 4: Tolerierung für zwei Lagersitze A und B als Bezugselemente

Bei der Vergabe der Toleranzwerte für die maximal zulässige Koaxialitätsabweichung gibt
nur ein Hersteller den Wert für Kugellager der Toleranzklassen P6 sowie P5 und mit der ISO-
Grundtoleranz IT4 an. Alle anderen Hersteller machen keine direkten Angaben zum Tole-
ranzwert für die Fluchtung der Lagersitze, sondern orientieren sich an der Winkeleinstellbar-
keit des jeweiligen Lagers. Aus dem Zusammenhang zwischen der Winkeleinstellbarkeit ei-
nes Lagers und der Geradheitstoleranz des Bezugs lässt sich dann ein Anhaltswert ermitteln
(Bild 5). Es gilt
tG = B ⋅ sin α . (3)
Form- und Lagetolerierung der Anschlusskonstruktion von Wälzlagern 67

B
Legende:

∅tG
α = max. Winkeleinstell-
α barkeit
tG = Toleranzwert
B = Breite des Lagers

Bild 5: Zusammenhang zwischen Winkeleinstellbarkeit eines Lagers und der Geradheits-


toleranz

Alternativ zu den oben genannten Toleranzarten empfiehlt ein Hersteller die Verwendung der
Toleranzarten Gesamtrundlauf für die Lagersitze und Gesamtplanlauf für die Anlageflächen
der Anschlusskonstruktion. Der Toleranzwert bezieht sich bei ihm wieder auf die Faustregel,
den Toleranzwert um einen IT-Grundtoleranzgrad besser zu wählen als die Grundtoleranz des
jeweiligen Durchmessers.
Die Gesamtlauftoleranz enthält Koaxialität und Zylindrizität. Eine Differenzierung der ein-
zelnen Toleranzen ist jedoch nicht möglich und es kann im Grenzfall jede Einzeltoleranz die
Gesamtlauftoleranz tLG erreichen. [Jor98]

2.2.1 Zusammenfassung der Toleranzempfehlungen für die Fluchtung der Lagersitze

Für die Tolerierung der zulässigen Fluchtungsabweichung der Lagersitze aus gibt es im Ge-
gensatz zur Form- und Lagetolerierung der Anschlussflächen keine Vorgaben durch Normen,
an die sich der Konstrukteur halten könnte. Die Palette der Toleranzempfehlungen von Her-
stellern für die Angabe zur Tolerierung der Fluchung der Lagersizte ist daher sehr vielfältig
und teilweise nicht funktions- und prüfgerecht (Bild 2) oder sinnvoll.

GTZ GTZ
∅ tG ∅ tKo A ∅ tG ∅ tKo A
oder oder
∅ tKo A-B ∅ tKo A-B
oder oder
tLG A-B tLG A-B

A B
tZ A B
tR A-B
tZ
oder oder
oder
tR A-B
tLG A-B tL A-B
tLG A-B oder
oder tL A-B
tLG A-B
oder
tLG A-B

Bild 6: Form- und Lagetolerierung von Lagersitzen an Wellen und Gehäusen


68 Form- und Lagetolerierung der Anschlusskonstruktion von Wälzlagern

Je nach Hersteller werden die zulässigen Fluchtungsabweichungen der Lagersitze über Koa-
xialitäts-, Geradheit- und Gesamtrundlauftoleranz festgelegt (Bild 6).

Bei der Toleranzwertangabe, die die Fluchtungsabweichung zweier Lagersitze eingrenzen


soll, sind die Empfehlungen des Herstellers vergleichbar. In den meisten Fällen ist der Tole-
ranzwert über die Winkeleinstellbarkeit des Wälzlagers zu berechnen und wird bei Anwen-
dung der Koaxialitätstoleranz oder der Geradheitstoleranz mit gemeinsamer Toleranzzone
angegeben. Entschließt sich der Konstrukteur für die Angabe der Lauftoleranz, so richtet sich
der Toleranzwert wieder nach der o. g. Faustformel.

2.3 Beispiel zur Ermittlung der Toleranzwertempfehlungen

Neben der sinnvollen Angabe der Toleranzart bei der Form- und Lagetolerierung der An-
schlusskonstruktion ist die Ermittlung des Toleranzwertes durch die Vorgaben von Normen
und Herstellerangaben von entscheidender Bedeutung. Das folgende Beispiel der Lagersitzto-
lerierung einer Welle soll deshalb zur Unterstützung und Verdeutlichung der Toleranzwert-
ermittlung beitragen.

Die Lagersitze einer Welle (Bild 7) haben die Passmaße ∅140 m6. Die Toleranzwerte der
Kontaktflächen sollen je nach Anforderung an das Wälzlager um mindestens einen Grundtole-
ranzgrad besser sein als die vorgeschriebene Maßtoleranz des Lagersitzdurchmessers.

33
140 m6 E

140 m6 E

Bild 7: Beispiel zur Tolerierung von Lagersitzen

Für die Anschlussflächen der Wälzlager nach Bild 1 ergeben sich die folgenden Toleranzwer-
te für

• die Zylinderformtoleranz (Bild 8a) der Lagersitze ∅140 m6 (T = 25 μm)


- nach der Faustregel mit Gl. 1: => tZ = IT5 / 2 = 18 μm / 2 = 9 μm
- mit => tZ = IT3 = 8 μm
- tZ = (1/2 ...1/3) T; mit Maßtoleranz T = IT6 = 25 μm => tZ = 12,5 ... 8,3 μm

• die Rechtwinkligkeits-/Planlauftoleranz (Bild 8b) der Anlageflächen


- nach der Faustregel mit Gl. 2: => tZ = IT5 = 18 μm
Form- und Lagetolerierung der Anschlusskonstruktion von Wälzlagern 69

a b
0,009 0,018 A-B

A B

Bild 8: Beispiel. a) Zylinderformtoleranz; b) Rechtwinkligkeits-/Planlauftoleranz

Der Toleranzwert für den zulässigen Fluchtungsfehler der beiden Lagersitze orientiert sich an
der Winkeleinstellbarkeit der Wälzlager. Dieser beträgt im Beispiel (Rillenkugellager 6028)
5...12 Winkelminuten [Brä95]. Nach Gl. 3 mit tG = B ⋅ sin α (Bild 5) ergibt sich daraus ein
Toleranzwert von
tG = 0,0015 ... 0,0035 B (B = Breite des Lagers)
Bei der Breite eines Lagersitzes von 33 mm ergibt sich ein Toleranzwert, der zwischen
tG = 48 μm ... 115 μm
liegen wird.
Geht man für höhere Ansprüche eher von dem kleineren Wert für α aus, so liegt der Zahlen-
wert der Fluchtungstoleranz in der Größenordnung noch über der Maßtoleranz T. Bei Zylin-
derrollenlagern und Nadellagern ist die Winkeleinstellbarkeit wesentlich geringer (α =
4‘...1‘), d. h. damit rückt der Fluchtungstoleranzwert in die Größenordnung 40...10 μm, also
etwa bis herab zur Zylinderformtoleranz.
Die Ergebnisse der Ermittlung der Toleranzwerte des Beispiel zur Tolerierung der Lagersitze,
mit dem Passmaß ∅140 m6 und einer Breite von B = 33 mm, sind in der folgenden Tabelle
(Tab. 1) für die einzelnen Form- und Lagetoleranzen zusammengestellt.

Toleranz Festlegung des Toleranzwertes Toleranzwert [μm]


tZ tZ = (1/2 ...1/3) IT6 12 ... 9
oder IT5 / 2 9
oder IT 3 bzgl. des Lagersitzdurchmessers 8
tR IT5 18

tG Winkeleinstellbarkeit α (5‘...12‘)
48 ... 115
tG = sin α ⋅ B

tKo Winkeleinstellbarkeit α (5‘...12‘)


48 ... 115
tKo = sin α ⋅ B
oder IT 4 (Kugellager d. Toleranzkl. P5/P6) 1
tL IT 6 bis IT 3 25 ... 8

Tab. 1: Zusammenfassung möglicher Toleranzwerte zur Tolerierung der Anschlusskonstruk-


tion für Rillenkugellager mit d = ∅ 140 mm und B = 33 mm
70 Form- und Lagetolerierung der Anschlusskonstruktion von Wälzlagern

3. Schlußbemerkung
Die Hersteller von Wälzlagern liefern fast lückenlos Angaben zur Form- und Lagetolerierung
einschließlich entsprechender Toleranzwertempfehlungen. Dabei halten sie sich bei der Tole-
rierung der Kontaktflächen mehrheitlich an die Toleranzempfehlungen der DIN 5424-1, aber
Alternativvorschläge, wie einfache Planlauf- oder Gesamtplanlauftoleranz, sind ebenfalls zu
finden. Ihre Toleranzempfehlungen, die sicherstellen sollen, dass die Achsen der Lagersitze
miteinander fluchten, sind jedoch teilweise unbrauchbar, da die funktions- bzw. prüfgerechten
Anforderungen nicht gewährleistet sind.
Trotz ausführlicher Angaben zur Form- und Lagetolerierung von Wälzlagern kann sich ein
Konstrukteur selten sicher sein, dass seine direkt aus einem Herstellerkatalog entnommenen
Daten zur Form- und Lagetolerierung sinnvoll sind. Falsche Angaben wie die der Koaxiali-
tätsempfehlung (Bild 2) und Berechnungen, die notwendig sind, den Toleranzwert zu erlan-
gen, wie z. B. die Fluchtungsabweichung über die Winkeleinstellung der Wälzlager, stellen
neben der Vielzahl von Alternativen, die die verschiedenen Hersteller zur Tolerierung vor-
schlagen, ein erhebliches Fehlerpotential dar.
Eine einheitliche Festlegung zur Form- und Lagetolerierung sowie direkte Angaben der Tole-
ranzwerte bei der Tolerierung der Anschlusskonstruktion von Wälzlagern würden eine große
Erleichterung darstellen und einen weiteren Schritt in Richtung Qualitätssicherung bringen.
Bei einer rechnerintegrierten Unterstützung könnte zudem von herstellerspezifischen Lösun-
gen abgesehen werden, wenn eine geschlossene Form- und Lagetolerierung der Anschluss-
konstruktionen typischer Maschinenelemente gegeben wäre.

4 Literatur
[Jor98] Jorden, W.: Form- und Lagetoleranzen. Hanser Verlag, München 1998.
[Brä95] Brändlein, J., u. a.: Die Wälzlagerpraxis. Vereinigte Fachverlage, Mainz 1995.
[Sro98] Schröder, M.: Zusammenstellung typischer Maschinenelemente mit den zugehörigen Anforde-
rungen für eine Maß-, Form- und Lagetolerierung der Anschlusskonstruktion. Studienarbeit an
der Uni-GH Paderborn, Paderborn 1998.
[Sus85] Susanto, A.: Industriebefragung zur Anwendungssituation der Normen DIN 7184 Teil 1, DIN
2300, DIN 7150 Teil 2 und DIN 7168 Teil 2. DIN Mitteilungen und Elektronorm 64 (1985),
Nr. 7, S. 350-356.
[Sut95] Schütte, W.: Methodische Form- und Lagetolerierung. Dissertation an der Uni-GH Paderborn,
Paderborn 1995.
[DIN 5425-1] DIN 5425 T1: Wälzlager; Toleranzen für den Einbau; Allgemeine Richtlinien. Berlin, Beuth,
November 1984.
[ISO 1101] DIN ISO 1101: Form- und Lagetolerierung – Form, Richtungs-, Orts- und Lagetoleranzen –
Allgemeines, Definitionen, Symbole, Zeichnungseintragungen. Berlin, Beuth, März 1985.
[ISO 286-1] DIN ISO 286 T1: ISO-System für Grenzmaße und Passungen – Grundlagen für Toleranzen,
Abmaße und Passungen. Berlin, Beuth, November 1990.

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