Aktenordner

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Aufgestellter Aktenordner (45 mm Rückenbreite) mit Wolkenmarmordecke und Raumsparschlitzen

Ein Aktenordner ist ein mit einem mechanischen Abheftsystem ausgestatteter Ordner zur dauerhaften Aufbewahrung von entsprechend mit einer Standard-Lochung vorbereitetem Schriftgut (ISO 838). In dem Standardordner haben ca. 500 Blatt Papier im Format DIN A4 Raum. Es gibt diverse Einsätze zur Verwahrung von Disketten und CDs. Vorteil gegenüber einer ebenfalls weit verbreiteten, traditionellen Schnürung von Akten ist hier die nachträgliche leichte Entnahme oder präzise platzierten Hinzufügung einzelner Seiten in den Konvolut, ohne die Bindung der Akte insgesamt auflösen zu müssen.

Geschichte

Erfunden wurde der heute gebräuchliche Ordner im Jahr 1886 von Friedrich Soennecken aus Bonn, der auch den zugehörigen Locher erfand. Zur heutigen Form wurde der Ordner durch Louis Leitz in seiner gleichnamigen Firma in Stuttgart-Feuerbach weiterentwickelt. Der Göttinger Unternehmer Emil Mehle schuf einen ähnlichen Aktenordner der in Details verschieden war und erhielt darauf 1905 ein Patent. „MEHLE“-Ordner waren deutschlandweit verbreitet. Neben ihnen war auch Erich Kraut mit der Firma ELBA in Wuppertal an der Entwicklung der Ordner beteiligt. In der Schweiz wurden Aktenordner erstmals 1908 von der 1900 gegründeten Schreibbücher- und Papierwarenfabrik Biel (später Biella) hergestellt. Die Herlitz AG in Berlin produzierte 2007 über 90 Millionen Briefordner und ist damit weltweit Marktführer in der Ordnerproduktion.

  • Leitz-Ordner wird in Deutschland auch als Gattungsname verwendet. Auch „Briefordner“ ist im Vertriebswesen gebräuchlich.
  • Bundesordner ist in der Schweiz seit 1908 auch für die Aktenordner üblich. Biella ließ erst 1989 den Begriff als Marke schützen.
  • In Österreich ist anstelle des Leitz-Ordners der Bene-Ordner von der Markenbezeichnung zum umgangssprachlichen Gattungsnamen geworden.

Aufbau und Funktion

Exzentermechanik mit Klemmbügel (Tippklemmer)

Ein Aktenordner dient der Sammlung von ursprünglich losen Blättern, die einzeln, auch nachträglich, eingefügt und entnommen werden können und sich daher nach frei bestimmbaren Gesichtspunkten (z. B. chronologisch, alphabetisch, thematisch) sortieren lassen. Der Ordner besteht aus dem Ordnerrücken, einem vorderen und einem hinteren Deckel; diese drei Teile sind beweglich miteinander verbunden, so dass der Ordner sich zur Benutzung bis zu 180° aufschlagen und flach hinlegen lässt. An der Innenseite des Ordnerrückens ist mittig die metallene Abheftmechanik angebracht.

Um ein Blatt Papier abzuheften, werden mittels eines Lochers zwei oder mehr Löcher in den linken Blattrand gestanzt, durch die das Blatt über die Abheftbügel gefädelt wird. Die Bügel lassen sich zum Einfügen oder Entnehmen von Blättern öffnen und wieder verschließen. Bei den gängigen Zweilochsystemen erfolgt das Öffnen und Schließen über eine hebelbetätigte Exzentermechanik, bei Mehrlochsystemen über eine Federmechanik zum Aufreißen und Zudrücken.

Der zusätzlichen Fixierung der Blätter dient ein Tippklemmer aus Metall oder Kunststoff, an dessen Unterseite zwei parallele Drähte aus starkem Federstahl verlaufen. Durch Druck auf eine Wippe auf der Oberseite werden die Drähte in der Mitte auseinander- und dadurch an den Enden zusammengedrückt und fest gegen die Bügel geklemmt. So wird ein Verrutschen der Blätter verhindert.

Der Ordnerrücken trägt in der Regel ein Rückenschild zur Beschriftung, entweder aufgeklebt oder auswechselbar zum Einstecken in eine transparente Tasche. Ein darunter befindliches Griffloch erleichtert die Entnahme des Ordner aus einem Regal oder Schrank.

Die Vorderdeckel der meisten Ordner sind circa seit 1970 mit Raumsparschlitzen im Abstand der Lochung versehen. Im geschlossenen Zustand ragen die Köpfe der Abheftbügel etwas aus den Schlitzen heraus und werden durch kleine Blechnasen im Raumsparschlitz arretiert. Dadurch werden Vorder- und Rückdeckel in der Breite des Ordnerrückens fixiert und am Aufklappen gehindert, was eine höhere Standfestigkeit und eine optimale Ausnutzung der Fachbreite in Standard-Büromöbeln zur Folge hat.

Die Ordnerdeckel bestehen aus kräftiger Pappe, die mit Papier (Dessign oft im dunkelgrauen Wolkenmarmor) oder Kunststoff (Polypropylen) kaschiert ist. Ordner oder Ordnerrücken sind in verschiedenen Farben erhältlich oder können individuell bedruckt werden. Der Deckel kann an der Innen- oder Außenseite zusätzlich mit einer Tasche versehen sein, in die Visitenkarten, CDs oder (noch) nicht abgeheftete Seiten eingelegt werden können.

Varianten

In Deutschland und den meisten anderen Ländern mit Papier im DIN A4-Format ist eine Zweifachlochung im Abstand von 8 cm üblich. Daneben gibt es Vierlochsysteme, zum Beispiel für Ringbücher im Format DIN A5 oder für mobile Aktenmappen. Organizer verwenden meist proprietäre Sechs- oder Siebenlochsysteme. In den USA und Kanada, wo andere Papierformate wie Letter und Legal die Norm sind, wird ein Dreilochsystem verwendet.[1] Auch innerhalb Europas sind die Systeme nicht immer kompatibel; beispielsweise wird in Schweden ein Vierlochsystem mit anderen Lochabständen als in Deutschland verwendet.

Die meisten Systeme arbeiten mit linksseitigen Löchern, es gibt aber auch Systeme, bei denen die Blattoberseite im Ordner befestigt wird.

Aktenordner werden in verschiedenen standardisierten Größen angeboten. Am verbreitetsten sind Ordner für das Papierformat DIN A4 mit einer Rückenbreite von 80 mm und den Abmessungen (B×T×H) 280×80×320 mm. Daneben gibt es schmalere Ordner mit einer Rückenbreite von 40, 45 oder 50 mm, Aktenordner für das Format A5 und für ⅓A4L oder A6L (Kontoauszüge).

Verwendung

Aktenregal mit Aktenordnern
Aktenordner, Klarsichthüllen und Locher nach US-Standard
  • Der Gruppierung, der Sortierung und dem Überblick über abgeheftete Akten dienen gelochte Trennstreifen oder Registerblätter bzw. -karten mit gestaffelt angeordneten überstehenden Abschnitten („Registerreitern“). Im Handel erhältlich sind auch eigens für den Einsatz als Registerreiter vorgesehene Klebezettel. Registerkarten aus festem Material mit rechts angeordneten Registerreitern dienen meist der Grobunterteilung, weitere rechts oder oben hervorstehende Registerreiter dem Zugriff auf einzelne Akten oder Aktengruppen. Innerhalb der Unterteilungen werden die jeweiligen Dokumente im Aktenordner eingeheftet, gegebenenfalls in einer Klarsichthülle mit Lochrand. Zur herausnehmbaren Gruppierung von Akten im Aktenordnern werden ggf. Einhänge-Heftstreifen und gelochte Schnellhefter eingesetzt.
  • Ordner von sogenannten Loseblattsammlungen dienen nicht der Sammlung von Akten. Aktenauszüge werden in behördeninternen Vorgängen auch in Schnellheftern weitergereicht.
  • Eine stilistisch hervorstechende Aufbewahrung ist das Aktenkarussell, vor allem für Büros mit Kundenkontakt.
  • Im Privathaushalt werden aktuelle Unterlagen ggf. in einem oder wenigen leicht zugänglichen Aktenordnern vorgehalten, archivierte Unterlagen nach Themen und/oder Jahren geordnet in weniger zugänglichen Räumen, z. B. in Kellerräumen. Laut einer Umfrage von BITKOM lagern Bundesbürger zuhause durchschnittlich sieben Aktenordner mit Verträgen und Rechnungen.[2] Umfangreiche Sammlungen jahresbezogener Unterlagen (wie Kontoauszüge, Gehaltsabrechnungen und -jahresübersichten, Steuererklärungen mit dazugehörigen Nachweisen, Arbeitszeugnisse, Urkunden, Bildungsnachweise und Zeugnisse, medizinische Unterlagen) sind oft in Aktenordnern oder in Hängeregistratur-Aktenschränken untergebracht. Wichtige dauerhafte Dokumente (etwa Reisepässe, Patientenausweise, Familienstammbuch, Wertpapiere wie z. B. Sparbücher und Versicherungspolicen, Patientenverfügung, Testament, Übersichtslisten) werden oft in abschließbaren Dokumentenkassetten oder auch in Bankschließfächern aufbewahrt; das BKK empfiehlt, für die wichtigsten Dokumente eine griffbereite Dokumentenmappe anzulegen.

Siehe auch

Commons: Aktenordner und Ringbücher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Aktenordner – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. 3-Ring-binder specs. ehow (englisch), abgerufen am 11. September 2014.
  2. Frühahrsputz: Diese Unterlagen dürfen niemals in den Schredder. Welt online, 10. März 2014, abgerufen am 5. April 2014.