„Mechanische Geduldspiele“ – Versionsunterschied
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Unmögliche Objekte sind Gegenstände, die auf den ersten Blick so aussehen, als ob sie eigentlich nicht möglich sind. Der bekannteste Vertreter ist das Schiff in der Flasche. Die Aufgabe ist, herauszufinden, wie man diese Gegenstände baut. |
Unmögliche Objekte sind Gegenstände, die auf den ersten Blick so aussehen, als ob sie eigentlich nicht möglich sind. Der bekannteste Vertreter ist das Schiff in der Flasche. Die Aufgabe ist, herauszufinden, wie man diese Gegenstände baut. Bekannt ist auch der Würfel, der aus 2 Teilen zusammengesetzt ist und an den Nahtstellen 4 mal verzahnt ist ([http://www.mechanicalpuzzles.org/mypuzzles/html/doubledovetail.html Beispiel]). Die Lösung dafür sind an verschiedenen Stellen zu finden. Es gibt aber auch Flaschen, in denen viel zu große Objekte sind, die von Holzpfeilen durchbohrt sind. Japanische Lochmünzen mit Holzpfeilen und Ringen durch das Loch. Holzkugeln in einem Holzrahmen mit viel zu kleine Öffnungen und vieles mehr. |
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Der Apfel auf dem Bild ist aus einem Stück Holz, der Pfeil auch. Das Loch ist eigentlich zu klein, um den Pfeil hindurch zu schieben. Es sind keine Klebespuren zu sehen. Wie wurde es gemacht? |
Der Apfel auf dem Bild ist aus einem Stück Holz, der Pfeil auch. Das Loch ist eigentlich zu klein, um den Pfeil hindurch zu schieben. Es sind keine Klebespuren zu sehen. Wie wurde es gemacht? |
Version vom 13. November 2004, 11:09 Uhr
Mechanische Geduldspiele oder Knobelspiele sind Spiele, in denen die Lösung des Problems durch Manipulation der Teile des Spiels erfolgt. Das Spiel muss also physikalisch existieren.
Der englische Begriff für Knobeleien aller Art ist Puzzle. Deshalb wird dieser Begriff innerhalb dieses Artikels als Synonym für Knobelspiel verwendet.
Kategorien
Bei den mechanischen Knobelspielen hat sich folgende Kategorisierung eingebürgert. Die Überschriften enthalten immer auch das dazugehörende englische Wort.
Zusammensetz-Puzzles (Assembly)
In dieser Kategorie liegt das Spiel in Einzelteilen vor und es muss eine Zielform erzeugt werden. Zu diesen Spielen gehören der Somawürfel von Piet Hein und die Pentominos von Solomon Golomb, außerdem Probleme, bei denen eine Anzahl Teile in eine (meist viel zu klein erscheinende) Kiste geräumt werden müssen, schließlich auch die Gruppe der Legepuzzles mit Tangram und die Legespielen von Anker Spiele.
Das Bild zeigt eine Variante des Pack-Problems von Dean Hoffman. Packe 27 Quader mit den Seitenlängen A, B und C in eine Box mit der Seitenlänge A+B+C, wobei folgende zwei Bedingungen gelten müssen: A, B und C müssen unterschiedlich sein und die kleinste Dimension muss größer als sein. Eine mögliche Variante für A, B und C sind 18, 20, 22. Die Box muss dann Innenmaße von 60x60x60 haben.
Auseinandernehm-Puzzles (Disassembly)
Puzzles in dieser Kategorie sollen normalerweise geöffnet oder in mehrere Teile zerlegt werden. Zu dieser Sorte gehören die Kästchen mit geheimen Verschlussmechanismen, die der Knobelnde durch Probieren öffnen muss. Außerdem gehören in diese Kategorie auch Metallspiele, bei denen mehrere Teile ineinander verhakelt sind.
Die zwei im Bild gezeigten Spiele sind besonders gut für den Kaffeetisch geeignet, da sie dem Spieler vorgaukeln, dass es doch ganz einfach sein müsse sie zu zerlegen. Viele Menschen bekommen sie aber gar nicht auseinander. Das Problem liegt in der Form der Verzahnungen: diese sind konisch und erlauben somit das entfernen nur in eine Richtung. Diese Richtung ist bei allen Teilen gleich, sodass man die Teile immer nur ein wenig bewegen kann. Die eine Richtung wird durch den eigenen Zahn blockiert, da dieser dann durch seine konische Form in der Öse des vorherigen Teils steckt. In der anderen Richtung bleibt die eigene Öse im Zahn des nächsten Teile hängen.
Zu dieser Kategorie gehören auch die in Japan extrem beliebten Schachteln mit geheimen Öffnungsmechanismen. Diese Kästen enthalten mehr oder minder komplizierte, meist nicht sichtbare, Verschlussmechanismen, die schließlich einen kleinen Hohlraum frei geben. Die Mechanismen reichen dabei von kaum sichtbaren Paneel, die verschoben werden müssen, über Kippmechanismen, Magnetverschlüssen, beweglichen Pins, die mit Rotationen in ein bestimmte Position gebracht werden müssen bis hin zu Zeitverschlüssen, in denen das Objekt in einer Position eine bestimmte Zeit festgehalten werden muss, bis eine Flüssigkeit ein Gefäß gefüllt hat.
Verzahnende Puzzles (Interlocking)
Diese Kategorie umfasst die bekannten chinesichen Holzknoten. Die Aufgabe besteht darin, das Spiel zu zerlegen und dann wieder zusammenzusetzen.
Beide Aktionen können kompliziert sein. Im Gegensatz zu den Zusammensetz-Puzzles haben verzahnende Puzzles die Eigenschaft, nicht einfach auseinanderzufallen.
Der Schwierigkeitsgrad dieser Puzzles wird angegeben als Anzahl von Zügen, die notwendig sind, um beim Auseinandernehmen das erste Teil aus dem Puzzle zu entfernen.
Das Bild zeigt den bekanntesten Vertreter dieser Kategorie, den chinesischen Holzknoten. Diese Version, von Bill Cuttler entworfen, benötigt 5 Bewegungen, bevor das erste Teil entfernt werden kann.
Die bekannte Geschichte dieser Spiele reicht bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts zurück. 1803 enthielt der Katalog von 'Bastelmeier' 2 Puzzles dieser Kategorie. Das Buch von Professor Hoffman enthielt auch 2 verzahnende Puzzles.
Anfang des 19. Jahrhunderts haben die Japaner den Markt für diese Spiele übernommen. Sie entwickelten eine Vielzahl von Spielen in Form von Tieren, Häusern und anderen Objekten, wogegen die Entwicklung im westlichen Raum bei geometrischen Formen blieb.
In letzter Zeit ist es möglich geworden mit Hilfe des Computers Analysen über komplette Sätze dieser Spiele durchzuführen. Den Anfang diese Prozesses hat Bill Cuttler mit seiner Analyse sämtlicher chinesischer Holzknoten gemacht. Vom Oktober 1987 bis August 1990 wurden 35,657,131,235 verschiedene Varianten analysiert. Die Berechnungen wurden auf mehreren Rechnern durchgeführt und summieren sich zu einer Gesamtrechenzeit von 62,5 Jahren auf. Bei anderen Analysen kommen regelmäßig neue erstaunliche Entwicklungen zu Tage. Das Level stieg in für Menschen unmöglich zu erfassende Größen von bis zu 100 Zügen. Der Endpunkt in dieser Entwicklung ist ein Spiel, bei dem man durch das Hinzufügen einiger Teile die Anzahl der Züge verdoppeln kann.
Allerdings hat die Computeranalyse auch eine andere Entwicklung gefördert. Rotationen von Teilen sind mit den augenblicklich zur Verfügung stehenden Programmen noch nicht analysierbar. Es wurden also verschiedene Puzzles entwickelt, die für die Lösung mindestens eine Rotation erfordern. Diese müssen wieder von Hand gelöst werden.
Entwirr-Puzzles (Disentanglement)
Die Aufgabe hier ist, eine Metallschlaufe oder eine Fadenschlinge von einem Gegenstand zu lösen. Topologie spielt eine große Rolle bei diesen Spielen.
Das Bild zeigt einen einfachen Vertreter dieser Kategorie, der noch durch Zufall gelöst werden kann. Die chinesischen Ringe gehören auch zu den Entwirr-Puzzles. Zu den chinesischen Ringen gibt es die Geschichte, dass im Mittelalter Ritter ihren Frauen dieses Spiel geschenkt haben, damit denen die Zeit nicht lang wurde, während ihr Mann unterwegs war.
Faltpuzzles (Folding)
Bei diesen Puzzles muss ein Stück Papier mit Aufdrucken so gefaltet werden, dass ein bestimmtes Zielbild erreicht wird. Prinzipiell könnte man Rubiks Magic zu dieser Kategorie zählen. Ein anderes, besseres, Beispiel ist im Bild dargestellt. Falte das quadratische Stück Papier so, dass die vier Quadrate mit den Nummern ohne Lücke nebeneinander liegen, ein Quadrat bilden. Dieses Puzzle ist schon ziemlich kompliziert.
Ein anderes Faltproblem hat wahrscheinlich jeder zu Hause: Faltprospekte. Trotz der sichtbaren Richtung an den Faltstellen ist es manchmal erstaunlich kompliziert das Papier wieder so zusammen zu legen, wie es geliefert wurde.
Puzzle-Schlösser (Puzzle Lock)
Hierbei handelt es sich um Schlösser (oft in Form eines Vorhängeschlosses), die einen außergewöhnlichen Verschlussmechanismus haben. Aufgabe ist das Öffnen des Schlosses. Bei manchen Schlössern ist es dann aber schwieriger, den Ursprungszustand wieder herzustellen.
Verwirrende Gefäße (Puzzle Vessels)
Hierbei handelt es sich um Gefäße mit Tücken. Die Aufgabe besteht darin, aus dem Gefäß zu trinken oder einzuschenken, ohne die Flüssigkeit zu verschütten.
Eine mögliche Konstruktion für ein Puzzle-Gefäß ist auf dem Bild zu sehen. Der Hals des Behälters enthält viele Löcher, die ein normales Einschenken nicht behindern, aber das Ausschenken unmöglich machen. Für den Puzzler unsichtbar ist eine Leitung durch den Griff entlang des oberen Randes des Gefäßes bis zur Tülle eingebaut. Wird jetzt mit einem Finger die Öffnung am oberen Ende des Griffes zugehalten, kann man durch Saugen an der Tülle Flüssigkeit trinken.
Puzzelgefäße sind eine sehr alte Form von Spielen. Schon die Griechen und VisierPhönizier stellten Gefäße her, die über eine Öffnung im Boden befüllt werden mussten. Im 9. Jahrhundert gab es in der Türkei eine Vielzahl verschiedener Gefäße, die in einem Buch ausführlich beschrieben wurden.
Im 18. Jahrhundert stellten auch die Chinesen Trickgefäße her.
Unmögliche Objekte (Impossible Objects)
Unmögliche Objekte sind Gegenstände, die auf den ersten Blick so aussehen, als ob sie eigentlich nicht möglich sind. Der bekannteste Vertreter ist das Schiff in der Flasche. Die Aufgabe ist, herauszufinden, wie man diese Gegenstände baut. Bekannt ist auch der Würfel, der aus 2 Teilen zusammengesetzt ist und an den Nahtstellen 4 mal verzahnt ist (Beispiel). Die Lösung dafür sind an verschiedenen Stellen zu finden. Es gibt aber auch Flaschen, in denen viel zu große Objekte sind, die von Holzpfeilen durchbohrt sind. Japanische Lochmünzen mit Holzpfeilen und Ringen durch das Loch. Holzkugeln in einem Holzrahmen mit viel zu kleine Öffnungen und vieles mehr.
Der Apfel auf dem Bild ist aus einem Stück Holz, der Pfeil auch. Das Loch ist eigentlich zu klein, um den Pfeil hindurch zu schieben. Es sind keine Klebespuren zu sehen. Wie wurde es gemacht?
Spiele mit Bewegungsfolgen (Sequential Movement)
Spiele dieser Kategorie erfordern die wiederholte Manipulation des Puzzles, um das Spiel in einen ganz bestimmten Zustand zu bringen. Bekannte Vertreter sind der Zauberwürfel und die Türme von Hanoi.
Zu dieser Kategorie gehören auch alle Schiebepuzzles, bei denen ein oder mehrere Steine an eine bestimmte Stelle geschoben werden sollen. Der bekannteste Vertreter ist das 14/15-Puzzle von Samuel Loyd. Spiele wie Rushhour oder Sokoban gehören auch zu den Schiebespielen.
Das Bild zeigt einen anderen, weniger bekannten Vertreter dieser Gattung von Knobelspielen. Das Spiel ist auch noch so einfach, dass man es mit ein wenig Probieren und ein paar Notizen lösen kann. Im Gegensatz zum Rubikwürfel, der eigentlich schon zu schwer ist, um mit Probieren eine Lösung zu finden.
Geschicklichkeitsspiele (Dexterity)
Diese Kategorie umfasst eigentlich keine Knobelspiele, da hier mehr die Geschicklichkeit und Ausdauer gefragt sind. Ziel ist es oft, kleine Kugeln durch vorsichtiges Kippen einer Schachtel mit transparentem Deckel in ein Loch zu manövrieren.
Geschichte
Das älteste bekannte mechanische Knobelspiel stammt aus Griechenland. Es erschien im 3. Jahrhundert v. Chr. Bei dem Spiel handelt es sich um eine Zerlegung eines Quadrates in 14 Teile. Die Aufgabe bestand darin, aus diesen Teilen verschiedene Formen zu legen.
Im Iran wurden Puzzle Schlösser bereits im 17. Jahrhundert hergestellt.
Die nächsten bekannten Spiele stammen aus Japan. Ein Buch aus dem Jahr 1742 erwähnt ein Spiel namens "Sei Shona-gon Chie No-Ita". Um 1800 schließlich wurde das Tangram Puzzle in China populär. 20 Jahre später hatte es sich in Europa und Amerika ausgebreitet.
Die Firma Richter aus Rudolstadt produzierte ab 1882 große Mengen an Tangram-ähnlichen Spielen verschiedenster Form, die Anker Puzzles.
1893 wurde von Professor Hoffman ein Buch unter dem Namen "Puzzles Old and New" veröffentlicht. Es enthielt, unter anderem, mehr als 40 Beschreibungen für Puzzles mit geheimen Öffnungsmechanismen. Dieses Buch entwickelte sich zu einer Art Standardwerk für Knobelspiele. Moderne Auflagen existieren für diejenigen, die sich dafür interessieren.
Auch sonst war die Wende zum 20. Jahrhundert eine Zeit, in der Knobelspiele groß in Mode waren. Erste Patente auf Puzzle-Designs wurden angemeldet. So zum Beispiel im Jahr 1890 ein Spiel von W. Altekruse, das aus 12 identischen Teilen (siehe Bild).
Mit der Erfindung von billig formbaren Materialien, wie Plastik, wurde die Tür zu weiteren Möglichkeiten geöffnet. Das weltweit wohl bekannteste und erfolgreichste Knobelspiel der Zauberwürfel ist ohne moderne Kunststoffe nicht realisierbar.
Sammlung
Die größte bekannte Sammlung mechanischer Puzzles befindes sich in privater Hand in England und umfasst ca. 50.000 Spiele. Sie ist das Ergebnis von über 100 Jahren Sammelei von 7 Personen. Sie enthält neben modernen Entwürfen eine Vielzahl von Spielen vom Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts.
Literatur
- Jerry Slocum und Jack Botermans: Puzzles Old And New - How to make and solve them ISBN 1-85336-018-X (englisch)
- Stewart Coffin: The Puzzling World of Polyhedral Dissections
- Stewart Coffin: Puzzle Craft 1985 Edition
- Stewart Coffin: Puzzle Craft 1992 Edition (diese Bücher sind online erhältlich auf John Rauschs Web-Seite)
- Edward Hordern: Sliding Piece Puzzles (Recreations in Mathematics, No 4), Clarendon Press 1987 - ISBN 0-19853-204-0 (dieses Buch ist die Referenz für Schiebepuzzles, leider ist es ausverkauft und nur extrem schlecht zu erhalten).
- Sophus Tromholt: Streichholzspiele, Hugendubel Verlag, ISBN 3-88034-298-9
- Rüdiger Thiele und Konrad Haase: Teufelsspiele, Urania Verlag, ISBN 3-332-00116-7
- Pieter van Delft und Jack Botermans: Denkspiele der Welt, Hugendubel Verlag, ISBN 3-88034-087-0
- Christoph Bandelow: Inside Rubik's Cube and Beyond, Birkhäuser Verlag, ISBN 3-76433078-3
- Tom Werneck: Zauberpyamide (teufelstonne - Tower - Trikki 4), Heyne Verlag, ISBN 3-453-41473-X
- Tom Werneck: Die Zauberkugel, Heyne Verlag, ISBN 3-453-41505-1
- Angus Lavery: Rubik's CLOCK, Heyne Verlag, ISBN 3-453-03216-0
Weblinks
Diese Seite enthält die gut bebilderte Vorstellung der Sammlung, Java-Applets zu verschiedenen Puzzles, Lösungen für verzweifelte Puzzlebesitzer und eine sehr umfangreiche Linkliste zu dem Thema Logikpuzzle und Vexiere.
Diese Seite enthält neben eine gut bebilderten Vorstellung der Sammlung auch eine Seite mit Java-Applets von Schiebepuzzles. Außerdem sind auch die Bücher von Stewart Coffin, einem der wichtigsten Puzzle-Designer erhältlich.
Diese Seite enthält eine riesige Sammlung von genauen Beschreibungen für Zusammensetz und Verzahnende Puzzles. Wer ein geschicktes Händchen besitzt kann sich mit den hier vorgestellten Entwürfen eine eigene Sammlung erstellen.