„Miguel Primo de Rivera“ – Versionsunterschied

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'''Miguel Primo de Rivera y Orbaneja, Marqués de Estella''' (* [[8. Januar]] [[1870]] in [[Jerez de la Frontera]]; † [[16. März]] [[1930]] in [[Paris]]) war ein [[Spanien|spanischer General]] und von 1923 bis 1930 [[Diktatur|Diktator]]. Primo de Rivera war im kolonialen [[Rifkrieg (1921–1926)|Rifkrieg]] für die flächendeckende Vergasung der aufständischen Rif-Kabylen und Zivilbevölkerung um [[Al Hoceïma]] verantwortlich.
'''Miguel Primo de Rivera y Orbaneja, Marqués de Estella''' (* [[8. Januar]] [[1870]] in [[Jerez de la Frontera]]; † [[16. März]] [[1930]] in [[Paris]]) war ein [[Spanien|spanischer]] [[General]]. Mit Billigung von König [[Alfonso XIII.]] errichtete er von 1923 bis 1930 eine [[Politische Rechte (Politik)|rechtsgerichtete]] [[Diktatur]] in [[Spanien]]. Primo de Rivera war im kolonialen [[Rifkrieg (1921–1926)|Rifkrieg]] für den [[Chemiewaffeneinsatz im Rifkrieg|Einsatz chemischer Waffen]] gegen die Zivilbevölkerung um [[Al Hoceïma]] verantwortlich.


== Leben ==
== Leben ==
Miguel Primo de Rivera wurde an der [[Militärakademie]] in Madrid ausgebildet. Das Ansehen seiner Vorgesetzten erwarb er sich vor allem von 1895 bis 1913 in den Kämpfen in den damaligen spanischen Kolonien [[Kuba]], [[Philippinen]] und [[Spanisch-Marokko]]. Während seiner Zeit in Marokko kritisierte er die Regierungspolitik in der Kolonie, was zu seiner mehrfachen Entlassung und Wiedereinstellung führte. 1922 und 1923 war er [[Generalkapitän (Spanien)#Leiter der Militärbezirke in Spanien|Generalkapitän]] von [[Katalonien]], wo sein Vorgehen gegen die Aufständischen ihm die Abneigung der Bevölkerung einbrachte.
Miguel Primo de Rivera entstammte einer [[Andalusien|andalusischen]] Adelsfamilie.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Bartolomé Bennassar, Jean-Pierre Amalric, Jacques Beyrie, Lucienne Domergue |Titel=Histoire des Espagnols – XVIII<sup>e</sup>–XX<sup>e</sup> siècle |Auflage=2 |Verlag=Éditions Perrin |Ort=Paris |Datum=2011 |Reihe=Collection Tempus |BandReihe=2 |NummerReihe=378 |HrsgReihe=Marguerite de Marcillac |ISBN=978-2-262-03441-2 |Seiten=368 f., 375, 391}}</ref> Er wurde bis 1884 an der [[Infanterieakademie von Toledo]] ausgebildet. Als [[Offizier]] kämpfte Primo de Rivera für Spanien zunächst im [[Rifkrieg (1893)|Rifkrieg]] (1893) unter [[Juan García Margallo]], im [[Kubanischer Unabhängigkeitskrieg|Kubanischen Unabhängigkeitskrieg]] (1895–1898) und gegen die [[Philippinische Revolution]]. Der anschließende [[Spanisch-Amerikanischer Krieg|Spanisch-Amerikanische Krieg]] (1898) auf den [[Philippinen]] endete mit einer vernichtenden Niederlage der [[Ejército de Tierra|spanischen Armee]] und führte zum Verlust eines großen Teils der [[Spanisches Kolonialreich#Niedergang des Kolonialreichs|Kolonien]]. Durch seine militärischen Leistungen hatte sich Primo de Rivera das Ansehen seiner Vorgesetzten erworben und wurde in das Kriegsministerium unter seinem Onkel versetzt. Primo de Rivera wurde auch in [[Spanisch-Marokko]] eingesetzt. Während seiner Zeit in Marokko kritisierte er die Regierungspolitik in der Kolonie, was zu seiner mehrfachen Entlassung und Wiedereinstellung führte. 1922 und 1923 war er [[Generalkapitän (Spanien)#Leiter der Militärbezirke in Spanien|Generalkapitän]] von [[Katalonien]], wo sein Vorgehen gegen die Aufständischen ihm die Abneigung der Bevölkerung einbrachte.


1924 förderte er persönlich und nicht ohne Eigennutz die Inkraftsetzung eines Gesetzes, das [[Sephardim|sephardischen Juden]] weltweit den Zugang zur spanischen Staatsbürgerschaft ermöglichte und das [[Alhambra-Edikt|Vertreibungsedikt von 1492]] offiziell aufhob.<ref>{{Literatur |Autor=Enrico Deaglio |Titel=La banalità del bene – Storia di [[Giorgio Perlasca]] |Auflage=6 |Verlag=Giangiacomo Feltrinelli Editore |Ort=Milano |Datum=2018 |Reihe=Collana Universale Economica Feltrinelli |NummerReihe=8307 |ISBN=978-88-07-88307-1 |Seiten=125 f.}}</ref> Auch andere rechtsgerichtete und [[Positivismus|positivistische]] Diktatoren, etwa [[Porfirio Díaz]] in [[Mexiko]], förderten die Ansiedlung der angeblich im Umgang mit Geld versierten Juden, von denen wirtschaftliche Impulse erwartet wurden. Dem [[Frauenwahlrecht]] und der Wählbarkeit von Frauen auf Gemeindeebene<ref name=":0" /> war Primo de Rivera nicht grundsätzlich abgeneigt. Den häufig frauenfeindlichen [[Piropo]]<ref name=":0" /> der Männer wollte er gar verbieten, dennoch unternahm er politisch kaum etwas. Erst die [[Zweite Spanische Republik]] gab den Frauen das Wahlrecht.
In Absprache mit dem [[Bourbonen]]<nowiki/>könig [[Alfons XIII.|Alfons]] errichtete er am 13. September 1923 eine mehr als sechs Jahre währende [[Militärdiktatur]], mit der die wiederholten Staatskrisen beendet werden sollten. Zunächst setzte er als Regierung ein rein militärisch besetztes Direktorium ein, in das ab 1925 auch Zivilisten aufgenommen wurden, während er seit dieser Umstrukturierung den Titel Ministerpräsident annahm. De Rivera betonte von Anfang an, dass die Diktatur befristet sein sollte. Nach anfänglichen Erfolgen wie dem entscheidenden Sieg über die Aufständischen in Marokko bei [[Al-Hoceima|Alhucemas]] und einem gewissen wirtschaftlichen Aufschwung musste Primo de Rivera am 28. Januar 1930 zurücktreten, um Unruhen und Aufstände zu vermeiden.

In Absprache mit dem [[Bourbonen]]<nowiki/>könig [[Alfons XIII.|Alfonso XIII.]] errichtete er am 13. September 1923 nach einem [[Putsch]] im Stile eines [[Pronunciamiento]]s eine mehr als sechs Jahre währende [[Militärdiktatur]], um die sich wiederholenden Staatskrisen zu beenden. Zunächst setzte er als Regierung ein rein militärisch besetztes Direktorium ein, in das ab 1925 auch Zivilisten aufgenommen wurden, während er seit dieser Umstrukturierung den Titel Ministerpräsident annahm. De Rivera betonte von Anfang an, dass die Diktatur befristet sein sollte. Opposition gegen Primo de Rivera kam zunächst vor allem von den Studenten der [[Federación Universitaria Escolar]] (FUE).<ref name=":0" /> Nach anfänglichen Erfolgen wie dem entscheidenden Sieg über die Aufständischen in Marokko bei [[Al Hoceïma]] und einem gewissen wirtschaftlichen Aufschwung musste Primo de Rivera am 28. Januar 1930 zurücktreten, um Unruhen und Aufstände zu vermeiden.


Jahrelang schon an [[Diabetes mellitus|Diabetes]] leidend, starb er daran kurz darauf in Paris. Am 14. April 1931 wurde nach einem Sieg der Republikaner bei den Kommunalwahlen die [[Zweite Spanische Republik]] ausgerufen. Seine Grabstätte ist in der [[Basilika La Merced (Jerez de la Frontera)|Basilika La Merced]] in Jerez de la Frontera.
Jahrelang schon an [[Diabetes mellitus|Diabetes]] leidend, starb er daran kurz darauf in Paris. Am 14. April 1931 wurde nach einem Sieg der Republikaner bei den Kommunalwahlen die [[Zweite Spanische Republik]] ausgerufen. Seine Grabstätte ist in der [[Basilika La Merced (Jerez de la Frontera)|Basilika La Merced]] in Jerez de la Frontera.


== Kinder ==
== Kinder ==
Miguel Primo de Riveras Kinder [[José Antonio Primo de Rivera|José Antonio]] (1903–1936) und Pilar (1907–1991) gründeten 1933 die spanische faschistische Bewegung [[Falange]], die 1937 mit dem [[Francisco Franco|Diktator Franco]], einem Weggefährten ihres Vaters, ein politisches Bündnis einging.
Miguel Primo de Riveras Kinder [[José Antonio Primo de Rivera|José Antonio]] (1903–1936) und [[Pilar Primo de Rivera|Pilar]] (1907–1991) gründeten 1933 die spanische faschistische Bewegung [[Falange]], die 1937 mit dem [[Francisco Franco|Diktator Franco]], einem Weggefährten ihres Vaters, ein politisches Bündnis einging.


== Literatur ==
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== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 18. November 2024, 23:30 Uhr

Miguel Primo de Rivera
Primo de Rivera (rechts) und König Alfons XIII. im März 1930

Miguel Primo de Rivera y Orbaneja, Marqués de Estella (* 8. Januar 1870 in Jerez de la Frontera; † 16. März 1930 in Paris) war ein spanischer General. Mit Billigung von König Alfonso XIII. errichtete er von 1923 bis 1930 eine rechtsgerichtete Diktatur in Spanien. Primo de Rivera war im kolonialen Rifkrieg für den Einsatz chemischer Waffen gegen die Zivilbevölkerung um Al Hoceïma verantwortlich.

Miguel Primo de Rivera entstammte einer andalusischen Adelsfamilie.[1] Er wurde bis 1884 an der Infanterieakademie von Toledo ausgebildet. Als Offizier kämpfte Primo de Rivera für Spanien zunächst im Rifkrieg (1893) unter Juan García Margallo, im Kubanischen Unabhängigkeitskrieg (1895–1898) und gegen die Philippinische Revolution. Der anschließende Spanisch-Amerikanische Krieg (1898) auf den Philippinen endete mit einer vernichtenden Niederlage der spanischen Armee und führte zum Verlust eines großen Teils der Kolonien. Durch seine militärischen Leistungen hatte sich Primo de Rivera das Ansehen seiner Vorgesetzten erworben und wurde in das Kriegsministerium unter seinem Onkel versetzt. Primo de Rivera wurde auch in Spanisch-Marokko eingesetzt. Während seiner Zeit in Marokko kritisierte er die Regierungspolitik in der Kolonie, was zu seiner mehrfachen Entlassung und Wiedereinstellung führte. 1922 und 1923 war er Generalkapitän von Katalonien, wo sein Vorgehen gegen die Aufständischen ihm die Abneigung der Bevölkerung einbrachte.

1924 förderte er persönlich und nicht ohne Eigennutz die Inkraftsetzung eines Gesetzes, das sephardischen Juden weltweit den Zugang zur spanischen Staatsbürgerschaft ermöglichte und das Vertreibungsedikt von 1492 offiziell aufhob.[2] Auch andere rechtsgerichtete und positivistische Diktatoren, etwa Porfirio Díaz in Mexiko, förderten die Ansiedlung der angeblich im Umgang mit Geld versierten Juden, von denen wirtschaftliche Impulse erwartet wurden. Dem Frauenwahlrecht und der Wählbarkeit von Frauen auf Gemeindeebene[1] war Primo de Rivera nicht grundsätzlich abgeneigt. Den häufig frauenfeindlichen Piropo[1] der Männer wollte er gar verbieten, dennoch unternahm er politisch kaum etwas. Erst die Zweite Spanische Republik gab den Frauen das Wahlrecht.

In Absprache mit dem Bourbonenkönig Alfonso XIII. errichtete er am 13. September 1923 nach einem Putsch im Stile eines Pronunciamientos eine mehr als sechs Jahre währende Militärdiktatur, um die sich wiederholenden Staatskrisen zu beenden. Zunächst setzte er als Regierung ein rein militärisch besetztes Direktorium ein, in das ab 1925 auch Zivilisten aufgenommen wurden, während er seit dieser Umstrukturierung den Titel Ministerpräsident annahm. De Rivera betonte von Anfang an, dass die Diktatur befristet sein sollte. Opposition gegen Primo de Rivera kam zunächst vor allem von den Studenten der Federación Universitaria Escolar (FUE).[1] Nach anfänglichen Erfolgen wie dem entscheidenden Sieg über die Aufständischen in Marokko bei Al Hoceïma und einem gewissen wirtschaftlichen Aufschwung musste Primo de Rivera am 28. Januar 1930 zurücktreten, um Unruhen und Aufstände zu vermeiden.

Jahrelang schon an Diabetes leidend, starb er daran kurz darauf in Paris. Am 14. April 1931 wurde nach einem Sieg der Republikaner bei den Kommunalwahlen die Zweite Spanische Republik ausgerufen. Seine Grabstätte ist in der Basilika La Merced in Jerez de la Frontera.

Miguel Primo de Riveras Kinder José Antonio (1903–1936) und Pilar (1907–1991) gründeten 1933 die spanische faschistische Bewegung Falange, die 1937 mit dem Diktator Franco, einem Weggefährten ihres Vaters, ein politisches Bündnis einging.

  • Frank Peter Geinitz: Die Falange Española und ihr Gründer José Antonio Primo de Rivera (1903–1936) – im Rahmen der Bewältigung der Vergangenheit der Zweiten Spanischen Republik (1931–1939). Dissertation, Universität München, 2007.
Commons: Miguel Primo de Rivera – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d Bartolomé Bennassar, Jean-Pierre Amalric, Jacques Beyrie, Lucienne Domergue: Histoire des Espagnols – XVIIIe–XXe siècle (= Marguerite de Marcillac [Hrsg.]: Collection Tempus. Band 2, Nr. 378). 2. Auflage. Éditions Perrin, Paris 2011, ISBN 978-2-262-03441-2, S. 368 f., 375, 391.
  2. Enrico Deaglio: La banalità del bene – Storia di Giorgio Perlasca (= Collana Universale Economica Feltrinelli. Nr. 8307). 6. Auflage. Giangiacomo Feltrinelli Editore, Milano 2018, ISBN 978-88-07-88307-1, S. 125 f.
VorgängerAmtNachfolger
Manuel García PrietoMinisterpräsident Spaniens
19231930
Dámaso Berenguer Fusté