Salvatorkirche (Duisburg)

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Salvatorkirche am Alten Markt (2005)

Die Salvatorkirche ist die alte Stadtkirche in Duisburg und gehört der Evangelischen Kirchengemeinde Alt-Duisburg. Sie wurde an Stelle einer älteren Pfalzkirche seit dem 14. Jahrhundert auf dem Duisburger Burgplatz errichtet. Zusammen mit dem Willibrordi-Dom in Wesel stellt das Gotteshaus eines der bedeutendsten spätgotischen Kirchenbauwerke am rechten Niederrhein dar.

Baugeschichte

Langhaus nach Osten

Die Grundsteinlegung der jetzigen Kirche erfolgte vermutlich im Jahr 1316. Bauherr war der Deutsche Orden, was aus einigen Stadtrechnungen und aus den Notizen späterer Chronisten hervorgeht. Die Kommende Welheim des Ordens hatte seit 1254 die Patronatsrechte über die Kirche. Wahrscheinlich wurde mit dem Neubau des Kirchturms begonnen, der vor allem von den städtischen Bürgern finanziert wurde. Er diente nach seiner Fertigstellung auch als Wachturm für die Stadt. Nach Anlage des Chors und der Nebenchore nehmen erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts das Langhaus und die Seitenschiffe Gestalt an. Der Abschluss des Kirchenbaus wird in das Jahr 1415 datiert.

Der erste gotische Turmbau war 1367 vollendet. Der Turmhelm der Kirche wurde viermal erneuert. Mit seinem zweiten achtseitigen, spitz zulaufenden Helm und abgewalmten Füßen, der 106 Meter hoch in den Himmel ragte, war die Kirche die damals höchste Kirche in Nordwestdeutschland. 1467 brannte der Turm vollständig ab und wurde, etwas niedriger als zuvor, 1479 bis 1513 unter Leitung von Johannes Haller wiederhergestellt. Der Turmhelm brannte erneut im Jahre 1613 nach dem Einschlag eines Blitzes ab. 1692 wurde eine barocke Turmhaube von Meister Grevenbroek aufgesetzt.

Nach Entwürfen des Düsseldorfer Architekten Rudolf Wiegmann wurde die Salvatorkirche in den Jahren 1847–1852 in spätgotischem Stil renoviert und umgestaltet. Bei der großen Restaurierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts erhielt die Kirche einen achteckigen neugotischen Turmhelm, der auf den quadratischen Turm gesetzt wurde, so dass die Kirche eine Höhe von 90 Metern annahm. Außen wurde Strebewerk als rein gestalterisches Element an den Bau angefügt.

In der unmittelbaren Nähe der Kirche befand sich die Liebfrauenkirche, deren Türme zusammen mit den Türmen der Salvatorkirche und dem Rathausturm die typische Silhouette der Stadt Duisburg bildeten. Der neugotische Turmhelm der Salvatorkirche wurde kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges im Luftkrieg durch Bomben zerstört und stürzte auf das Langhaus. Die Liebfrauenkirche wurde dem Erdboden gleichgemacht und durch einen Neubau in Innenstadtlage ersetzt. Die Salvatorkirche wurde in 15-jähriger Bauzeit wiederaufgebaut, und seit dem Jahre 1960 kann die alte Kirche wieder benutzt werden. Bis heute fehlt der Kirche der Turmhelm.

Die heute evangelische Kirche wurde Christus, dem Salvator mundi („Erlöser der Welt“), geweiht, dem Schutzpatron der Stadt Duisburg. In der Kirche liegen der berühmte Kartograph Gerhard Mercator und der Gründungsrektor der Alten Universität Duisburg, Johannes Clauberg begraben.

Vorgängerkirchen

Die Salvatorkirche geht zurück auf eine Kapelle aus Holz des Königshofes zu Duisburg, 893 erstmals erwähnt. Bei Grabungen im Inneren der Salvatorkirche konnte der hölzerne Bau archäologisch nachgewiesen werden. Bereits Anfang des 9. Jahrhunderts soll Kaiser Karl das Patronatsrecht an das Kloster St. Salvator in Herrieden an der Altmühl verliehen haben. Ein Zusammenhang mit der Wahl des Patroziniums der Salvatorkirche ist dann wahrscheinlich. Aber bald darauf gelangten die Patronatsrechte in den Besitz der Abtei Prüm in der Eifel.

Im 11. Jahrhundert wurde die Kapelle durch eine steinerne Pfalzkirche ersetzt, auch dieser Bau wurde archäologisch nachgewiesen. Aber schon hundert Jahre später musste auch diese Kirche durch einen Neubau ersetzt werden. Es entstand eine dreischiffige romanische Basilika mit einem Westturm. Grundmauern dieses romanischen Baus der Stauferzeit konnten ebenfalls durch Grabungen belegt werden, er war im Grundriss nahezu deckungsgleich mit dem romanischen Vorgängerbau der früheren Stifts- und heutigen Propsteikirche St. Gangolf in Heinsberg. Im 13. Jahrhundert ließ sich in Duisburg der Deutsche Orden nieder. Er erwarb von der Abtei Prüm die Duisburger Pfalzgebäude mitsamt der Basilika und richtete dort eine Niederlassung ein. Der Orden behielt die Patronatsrechte bis 1533.

Im Jahre 1283 kam es zu einem verheerenden Brand, bei dem die Duisburger Königspfalz und die Kirche zerstört wurden. 1316 schließlich war der Bau der heutigen Salvatorkirche im Gange.

Baubeschreibung

Chor

Die Salvatorkirche ist eine gotische Basilika mit einem dreischiffigen, fünfjochigen Langhaus. An die quadratische Vierung schließen sich einjochige Querschiffe an. Der zweijochige Chor hat einen polygonalen 5/8-Schluss. Der Abschluss der südliche Seitenkapelle entspricht in seiner spätgotischen Form der des Hauptchores. Das Maßwerk zeigt reichen Fischblasenschmuck. Das Mauerwerk ist aus hellgrauem Tuffstein gefertigt. Das Kirchendach ist mit dunklem Schiefer gedeckt.

Das Strebewerk am Langhaus ist ein Schmuck der historisierenden Gestaltung zu Beginn des 20. Jahrhunderts; statisch wäre es nicht erforderlich. Ebenso stammen die gemauerten Giebel der Querschiffe aus dieser Zeit.

Der Turm hatte im 14. und 15. Jahrhundert zeitweilig eine Höhe von 112 Metern. Er wurde erstmals 1367 fertiggestellt und ruht auf vier mächtigen Pfeilern im Westteil der Kirche. Die Westwand des Turmuntergeschosses präsentiert ein beachtliches Fenster zum Alten Markt hin. Den heutigen Abschluss des Turmes bildet ein oktogonales Glockengeschoss von 1903. Der zugehörige neogotische Turmhelm wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.

Ausstattung

Westwerk mit Orgel

Zur Kirchenausstattung zählen ein Taufstein aus dem 15. Jahrhundert, aufgestellt auf einem modernen Sockel, ein spätgotisches Sakramentshaus und eine Renaissancekanzel aus dem Jahre 1664. Beachtenswert sind auch insgesamt 18 Epitaphe, darunter dasjenige von Gerhard Mercator in der südlichen Chorkapelle, und neun Wappenschilde. Würdigung verdienen ebenfalls die Malereien der Kirchenfenster, insbesondere das dem Novemberpogrom 1938 in Duisburg gewidmete „Gedenkfenster“ des aus Essen gebürtigen israelischen Künstlers Naftali Bezem.[1][2]

Salvator-Statuette

Bis in das 16. Jahrhundert zählte eine hölzerne Salvatorstatuette zur Kirchenausstattung. Der Figur schrieb man Wunderkraft zu und sie wurde im Spätmittelalter jährlich bei der Fronleichnamsprozession durch die Stadt getragen. Ab 1543 wurde auf Beschluss des Rates der Stadt im evangelischen Sinne gepredigt und in den Folgejahren auch das Abendmahl in beiderlei Gestalt („Brot und Wein“) gefeiert, so dass bis 1555 die Reformation endgültig Fuß fassen konnte. Den Überzeugungen des reformierten Bekenntnisses folgend wurde die Statue nun als „Ölgötz“ empfunden. Konsequenterweise wurde sie aus dem Altarraum entfernt und schließlich an die katholische Kirche St. Pankratius in Nievenheim verkauft, wo sie seitdem aufgestellt ist. Auch andere Teile der mittelalterlichen Ausstattung wurden wegen des Bekenntniswechsels aus der Kirche entfernt oder aus wirtschaftlicher Not verkauft, um eingeforderte Kriegssteuern aufbringen zu können.[3]

Orgel

Die Orgel stammt aus dem Jahr 2002.[4] Sie wurde von der Orgelbaufirma Kuhn (Männedorf, Schweiz) erbaut. Das Instrument hat 41 Register auf drei Manualen und Pedal und ist im deutsch-barocken bzw. französisch-romantischen Stil disponiert. Die Spiel- und Registertrakturen sind mechanisch. Die Register können, da als Doppeltraktur ausgeführt, zusätzlich von Elektromagneten bewegt werden.[5]

I Hauptwerk C–a3
01. Principal 16′
02. Octave 08′
03. Coppel 08′
04. Viola da Gamba0 08′
05. Octave 04′
06. Hohlflöte 04′
07. Quinte 02230
08. Octave 02′
09. Mixtur V 02′
10. Fagott 08′
II Solowerk C–a3
11. Offenflöte 08′
12. Salicional 08′
13. Principal 04′
14. Rohrflöte 04′
15. Kornet III 02230
16. Oktave 02′
17. Scharf III 01′
18. Trompete 08′
19. Clairon 04′
Tremulant0
III Schwellwerk C–a3
20. Bourdon 16′
21. Doppelflöte 08′
22. Viola 08′
23. Vox coelestis 08′
24. Principal 04′
25. Traversflöte 04′
26. Nasard 02230
27. Flageolet 02′
28. Terz 0135
29. Mixtur III-IV 0223
30. Basson 16′
31. Trompette harm.0 08′
32. Oboe 08′
33. Vox humana 08′
Tremulant
Pedal C–f1
34. Principalbass0 16′
35. Subbass 16′
36. Grossquinte 10230
37. Octavbass 08′
38. Spitzflöte 08′
39. Choralbass 04′
40. Posaune 16′
41. Trompete 08′

Glocken

Im Turm hängen 3 Stahlglocken gegossen vom Bochumer Verein im Jahre 1920: Glocke 1: a°, Glocke 2: c', Glocke 3: d

Vermessungsarbeiten durch Corputius

Als Johannes Corputius um 1563 die Vermessungsarbeiten für seinen Plan der Stadt Duisburg ausführte, benötigte er einen geeigneten Punkt für seine Peilungen, der ihm eine ausreichende Übersicht bot. In seinen Zeichnungen hat er festgehalten, die Messungen Van den grooten tooren te Duysburg, dem Turm der Salvatorkirche ausgeführt zu haben. Um Zutritt zum Turm zu erlangen, zahlte er dem Türmer einen Albus.[6]

Erste Reformierte Generalsynode

Vom 7. bis 11. September 1610[7] fand in der Salvatorkirche die Erste Reformierte Generalsynode statt. Bei dieser Versammlung kamen 35 Delegierte der damaligen Herzogtümer Jülich, Kleve und Berg zusammen. Sie fassten Beschlüsse, die bis heute das Selbstverständnis der Evangelischen Kirche im Rheinland prägen, wonach die Leitung der Gemeinde gleichberechtigt in der Hand von Laien und Theologen liegen soll. Die Erste Reformierte Generalsynode gilt als Geburtsstunde der presbyterial-synodalen Kirchenstruktur der evangelischen Kirchen am Niederrhein.[8]

Kirchengemeinde

Das Gotteshaus wird von der Evangelischen Kirchengemeinde Alt-Duisburg genutzt. Pfarrer der Salvatorkirche war von 2005 bis September 2012 Peter Krogull.[9] Die Stelle wurde nicht neu besetzt. Die Aufgaben übernehmen die Gemeindepfarrer Stephan Blank (Schwerpunkt: Kirchenmusik, Familie und Jugend) und Martin Winterberg (Schwerpunkt: Kunst, Kultur und Öffentliche Verantwortung).[10]

Ein Schwerpunkt der Kirchengemeinde ist die Kirchenmusik, herausragende Konzerte führt dort vor allem die Salvatorkantorei auf. Der dort seit 1991 tätige Kantor Uwe Maibaum wurde ab April 2007 zum Landeskirchenmusikdirektor der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck berufen. Sein Nachfolger ist Marcus Strümpe, der 1994–2007 Leiter der Pauluskantorei Duisburg-Hochfeld war und seit 2003 auch den Philharmonischen Chor Duisburg leitet.

Die Gemeinde Alt-Duisburg wird von engagierten ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (EMAs) unterstützt, die unter anderem an bestimmten Tagen Rundführungen durch die fast 700 Jahre alte Kirche durchführen.[11]

Von 1970 bis 2002 war Lorenz Grimoni einer der Pfarrer an der Salvatorkirche.[12]

Am 31. Juli 2010 fand in der Salvatorkirche der Gedenkgottesdienst für die im Tunnel der Karl-Lehr-Straße verunglückten Opfer des Unglücks bei der Loveparade 2010 statt.[13]

Am 30. Mai 2019 fand in der Salvatorkirche ein Fernsehgottesdienst der ARD zu Ehren des 60. Jubiläums der Kindernothilfe statt.

Kirchenmusiker

Ansichten

Literatur

  • Carl Dieter Hinnenberg: Die Salvatorkirche in Duisburg. 2. Auflage. Neuss 1990. ISBN 3-88094-651-5.
  • Joachim Müller: Die Salvatorkirche, in: Duisburg und der untere Niederrhein zwischen Krefeld, Essen, Bottrop und Xanten (Führer zu archäologischen Denkmälern in Deutschland, 21), Stuttgart: Theiss, 1990, S. 180–184, ISBN 3-8062-0847-6.
  • Barbara Fischer: Salvatorkirche in Duisburg, Baugeschichte in Bildern, in: Denkmalpflege im Rheinland, 17, Pulheim (2000), 4, S. 174–175, ISSN 0177-2619.
  • Reinhard Karrenbrock: Zur Apostelreihe der Salvatorkirche in Duisburg, oder: Ein Apostel kehrt zurück, in: Kultur- und Stadthistorisches Museum Duisburg / hrsg. von Susanne Sommer, Duisburg, 2002. (Duisburger Forschungen 48), S. 321–324, ISBN 3-87463-335-7.
  • Hans-Peter Schletter: Zum neuen Befundplan der Salvatorkirche, in: Archäologie im Rheinland, Stuttgart, 2001 (2002), S. 87–89, ISSN 0935-9141.
  • Joseph Milz: Die Entfernung der Salvatorstatue aus Duisburg im Jahre 1555, in: Thörner, Ilka [Hrsg.]: Die Macht der Schrift: 5000 Jahre Medien und ihre Wirkung; Begleitband zur Ausstellung, Duisburg 2001, ISBN 3-89279-574-6.
Commons: Salvatorkirche (Duisburg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lokalgeschichtlichen Rundgang der Klasse 10a durch die Duisburger Innenstadt. Realschule Hamborn II, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 10. Juni 2015; abgerufen am 1. Januar 2015 (Beschreibung des „Gedenkfensters“ nach dem Entwurf von Bezem, das dem Novemberpogrom 1938 in Duisburg gewidmet ist).
  2. Flyer – Die Salvatorkirche Duisburg. (PDF) In: Salvatorkirche – Stadtkirche für Duisburg. Ev. Kirchengemeinde Alt-Duisburg, abgerufen am 22. November 2015.
  3. Die wundersame Geschichte der Salvator-Statue aus Duisburg, von Ingo Plaschke, NRZ vom 31. Mai 2018
  4. Vorgängerorgel bis 1753: Duisburger Intelligenz-Zettel Nr. VIII.
  5. Die Orgeln der Salvatorkirche Duisburg. In: Das Portal der Königin – Informationen rund um die Pfeifenorgel. Daniel Kunert – Dienstleistungen, abgerufen am 21. November 2015.
  6. Joseph Milz: Der Duisburger Stadtplan von 1566 des Johannes Corputius und seine Vermessungsgrundlagen. In: Cartographica Helvetica Heft 11 (1995) S. 2–10, ISSN 1015-8480, Volltext, Wiederabdruck in: Kraume, Hans Georg [Hrsg.]: Duisburger Forschungen Band 45. Duisburg: Mercator-Verl., 2000. S. 1–23. ISBN 3-87463-295-4.
  7. Programmheft zum Kongress Die 1. Reformierte Generalsynode 1610 – aus der Sicht der Wissenschaft
  8. Kirchenstruktur seit vier Jahrhunderten unverändert
  9. Peter Klucken: Salvatorpfarrer Krogull bald in Kopenhagen. In: RP Online, 18. Februar 2012 (online).
  10. Kein Nachfolger für Salvator-Pfarrer Krogull. In: RP Online, 30. Mai 2012 (online).
  11. Historische Führungen rund um die Duisburger Salvatorkirche. Pressemitteilung. Evangelischer Kirchenkreis Duisburg, 24. September 2010, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 24. Dezember 2015; abgerufen am 21. November 2015.
  12. Lorenz Grimoni: 700 Jahre Salvatorkirche Duisburg – Kirche des Deutschen Ordens. Königsberger Bürgerbrief 88 (2016, S. 46–47.)
  13. Alles bricht zusammen. In: www1.wdr.de. 2010, abgerufen am 1. Dezember 2018.

Koordinaten: 51° 26′ 9″ N, 6° 45′ 39″ O