St. Nikolaus (Reichling)
Die katholische Pfarrkirche[1] St. Nikolaus in Reichling, einer Gemeinde im oberbayerischen Landkreis Landsberg am Lech, ist ein frühklassizistischer Kirchenbau, der im 18. Jahrhundert an der Stelle einer Chorturmanlage aus dem 14. Jahrhundert errichtet wurde. Die erhöht über dem Ort liegende Kirche ist dem heiligen Nikolaus von Myra geweiht. Sie ist ein geschütztes Baudenkmal.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 1173 ist ein erster Pfarrer in Reichling belegt. Zu dieser Zeit hatten die bayerischen Herzöge das Patronatsrecht inne. 1551 schenkte Herzog Albrecht V. die Pfarrei dem Augustiner-Chorherrenstift Bernried am Starnberger See. Die heutige Kirche wurde 1779/80 nach Plänen des Münchner Maurermeisters Franz Anton Kirchgrabner errichtet. Der frühere Chorturm wurde in den Neubau einbezogen und um das Glockengeschoss erhöht.
Architektur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Außenbau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Langhaus wird von einem nach Westen abgewalmten Satteldach, der Chor von einem Mansarddach gedeckt. Unter dem Dachansatz verläuft ein profiliertes Gesims. Das dritte und das vierte Joch sind querhausartig erweitert. Die Außenwände gliedern doppelte Fensterreihen mit Rundbogenfenstern und darüberliegenden Rundfenstern. Die Ecklisenen sind aufgemalt. Die Eingänge befinden sich an der Nord- und Südseite und sind in Vorzeichen integriert.
Der noch aus gotischer Zeit stammende rechteckige Turmunterbau wird durch Blendfelder gegliedert, in die rundbogige, runde und ovale Fenster eingeschnitten sind und die oben ein Spitzbogenfries abschließt. Der quadratische, an den Ecken abgeschrägte Aufbau wird von einer Welschen Haube bekrönt.
Innenraum
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das vierjochige Langhaus wird von einer querovalen Flachkuppel gedeckt. Zum eingezogenen, halbrund geschlossenen Chor leitet ein runder Chorbogen über. Die Decke des Chors täuscht eine Kuppel vor. Den westlichen Abschluss des Langhauses bildet eine auf Stützpfeilern aufliegende Doppelempore mit vorschwingender Brüstung. Die Wände werden durch Pilaster mit korinthisierenden Kapitellen gegliedert. Ein umlaufendes Gebälk verbindet Langhaus und Chor.
Stuck
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Wessobrunner Stuck im Stil des späten Rokoko ist farbig gefasst und teilweise vergoldet. Am Chorbogen prangt das Wappen des Bernrieder Propstes Benno Proske, des Bauherrn der Kirche, mit der Jahreszahl 1780. Die Apostelleuchter sind mit den Attributen der Apostel versehen.
Deckenmalerei
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Deckenmalereien sind signiert und wurden 1803 von Sebastian Jaud ausgeführt. Sie wurden 1882 übermalt und 1924/25 wieder freigelegt. Im Langhaus ist der heilige Leonhard mit der Ansicht von Reichling und den Porträts der Stifter der um 1800 ergänzten Kirchenausstattung dargestellt. Im Chor sieht man den Schutzpatron der Kirche, den heiligen Nikolaus, der die drei armen Schwestern mit drei goldenen Kugeln beschenkt. Bei der Restaurierung wurde der Heilige mit der Figur am Fenster vertauscht und fälschlicherweise im Zimmer mit den jungen Frauen dargestellt.
Das Deckengemälde über der Empore mit der Darstellung König Davids, der die Harfe spielt, und die Kirchenväter in den seitlichen Kartuschen wurden 1924/25 durch Jakob Huwyler (Sohn) ausgeführt. Die Gurtbögen und die Gewölbefelder über der Empore und vor dem Chor sind mit Brokatmalerei verziert.
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Deckengemälde im Chor, heiliger Nikolaus
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Deckengemälde im Langhaus, heiliger Leonhard
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Deckengemälde über der Empore, König David
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Brokatmalerei
Ausstattung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Der viersäulige Hochaltar aus Stuckmarmor, eine Arbeit von 1793, wird dem Wessobrunner Stuckateur Thomas Schaidhauf zugeschrieben. Das Altarblatt mit der Signatur von Sebastian Jaud stellt den heiligen Nikolaus dar, der vor einer Madonna mit Kind kniet. Auf den seitlichen Durchgängen stehen die Pestheiligen, der heilige Sebastian und der heilige Rochus von Montpellier.
- In den Rundbogennischen der marmorierten Seitenaltäre stehen die in Gold und Silber gefassten Figuren der Muttergottes und des Guten Hirten. In den Rundmedaillons der Auszüge sind auf der linken Seite Maria Magdalena dargestellt und auf der rechten Seite der heilige Antonius von Padua mit dem Jesuskind.
- Die beiden Altäre der querhausähnlichen Ausbuchtungen sind ebenso prächtig wie der Hochaltar gestaltet. Die spätgotischen Holzskulpturen, das Kruzifix im nördlichen Altar und die Figur des heiligen Leonhard am südlichen Altar, stammen aus dem frühen 16. Jahrhundert.
- Von 1793 stammt das in Weiß und Gold gefasste Chorgestühl.
- Zur Ausstattung aus der Bauzeit der Kirche gehört auch die weiß gefasste Kanzel im Stil des späten Rokoko. Der Kanzelkorb ist mit vergoldeten Puttenreliefs verziert, den Schalldeckel bekrönen die Gesetzestafeln.
- Die 14 Gemälde der Kreuzwegstationen wurden vermutlich von Sebastian Jaud gemalt und sind in Rokokorahmen gefasst.
- Die Bilder an den Emporenbrüstungen und die Wundersame Brotvermehrung über der Tür zur Sakristei wurden von Jakob Huwyler (Sohn) gemalt.
- Die Orgel mit 20 Registern auf zwei Manualen und Pedal wurde 2019 durch die Werkstatt Heiß Orgelbau aus Vöhringen errichtet und ersetzt ein Vorgängerinstrument der Firma Carl Schuster aus dem Jahr 1938.[2][3]
Sandsteingrabstein
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neben dem südlichen Vorzeichen ist ein mit einem Relief verzierter Grabstein aus Sandstein in die Außenmauer eingelassen. Auftraggeber war Leonhard II. Hirschauer, der von 1562 bis 1571 Abt des Benediktinerklosters Wessobrunn war und der den Grabstein zum Gedenken an seine verstorbenen Eltern anfertigen ließ.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Bayern IV – München und Oberbayern. 2. Auflage, Deutscher Kunstverlag, München 2002, ISBN 3-422-03010-7, S. 1013.
- Karl Gattinger, Grietje Suhr: Landsberg am Lech, Stadt und Landkreis (= Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]: Denkmäler in Bayern. Band I.14). Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2014, ISBN 978-3-7917-2449-2, S. 692–694.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Bistum Augsburg
- ↑ Orgelweihe in Reichling: Neues Instrument erklingt zum ersten Mal. 30. September 2019, abgerufen am 17. Mai 2023.
- ↑ Informationen zur Orgel auf Organ index. Abgerufen am 8. Juni 2023.
Koordinaten: 47° 55′ 23,1″ N, 10° 55′ 30,5″ O
- Bauwerk in Reichling
- Baudenkmal in Reichling
- Kirchengebäude im Landkreis Landsberg am Lech
- Pfarrkirche des Bistums Augsburg
- Kirchengebäude im Pfaffenwinkel
- Klassizistisches Bauwerk in Bayern
- Klassizistische Kirche
- Erbaut in den 1770er Jahren
- Saalkirche in Bayern
- Nikolaikirche
- Kirchengebäude in Europa
- Chorturmkirche