Gewerbeschule
Gewerbeschule bezeichnete vom ausgehenden 18. bis zum frühen 20. Jahrhundert einen Typ von Fachschule, das heißt eine Schulart, in der die Schüler im Gegensatz zu allgemeinbildenden Schulen berufsbezogene Kenntnisse erlernten. Die Gewerbeschulen waren auf die Bedürfnisse des verarbeitenden Gewerbes zugeschnitten und bildeten u. a. Maschinenbautechniker aus, die Baugewerkschulen dagegen bildeten Baumeister / Architekten / Bautechniker aus. Der Fächerkanon legte den Schwerpunkt vor allem auf Zeichnen, Mathematik, Physik und Chemie. Die Gewerbeschulen zählten meist zu den mittleren Schulen, ihre Absolventen hatten also ein Ausbildungsniveau, das zwischen demjenigen von Facharbeitern und Gesellen einerseits und dem der polytechnischen Schulen bzw. Technischen Hochschulen andererseits lag.
Im 20. und 21. Jahrhundert existieren in den Vereinigten Staaten, wo das Konzept der dualen Ausbildung keine Bedeutung erlangt hat, zweijährige Schulen (Vocational Schools, Trade Schools, Technical Schools), an denen High-School-Absolventen praktisches Können für individuelle Berufe vermittelt wird.[1] Ausgebildet werden an den Vocational Schools unter anderem Elektro- und Wasserinstallateure, Schweißer, Krankenpfleger, Dentalhygieniker, Pharmazeutisch-technische Assistenten, Masseure, Kosmetiker, Köche, Rechtsanwaltsfachangestellte, Grafikdesigner, Computertechniker, Fluggerät- und Schiffsmechaniker sowie Baumanager.[1] Neben dem Hochschulstudium, dem Training-on-the-Job, der Belegung von Online-Kursen und dem Beitritt zu den US-Streitkräften ist der Besuch einer Vocational School der von jungen US-Amerikanern am häufigsten eingeschlagene Weg der Berufsausbildung.[2][3]
Gewerbeschulen in einzelnen Ländern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Bezeichnung Gewerbeschule steht in verschiedenen Ländern für unterschiedliche Schularten:
- In Hamburg hießen die Berufsschulen für den technisch-gewerblichen Bereich bis Anfang des 21. Jahrhunderts Gewerbeschulen.
- In Preußen wurden im 19. Jahrhundert die Vorläufer der Oberrealschulen oft auch als Gewerbeschule bzw. sechsklassige Realschule bezeichnet.
- Ein 1821 von Christian Peter Wilhelm Beuth gegründetes Gewerbeinstitut zur Industrieförderung bezeichnete seine Unterstufe als „Gewerbeschule“. Hier wurden in drei Unterrichtsjahren 12- bis 16-jährige Schüler in Geometrie, Rechnen, Physik, Chemie, Linear- und Freihandzeichnen, Trigonometrie, Statik, Mechanik und Maschinenlehre unterrichtet. Die Absolventen konnten dann entweder direkt im Maschinen-, Textil- oder Chemiegewerbe arbeiten oder das Gewerbeinstitut besuchen und sich weiterbilden.
- die in Altösterreich eingeführte Staatsgewerbeschule
- In Österreich war die Gewerbschule Vorläufer der Höheren Technischen Lehranstalt (HTL).
- 1833 nahm im Königreich Bayern die Gewerbs-Schule Bamberg den Unterricht auf. Der Stadtmagistrat fügte einer entsprechenden Bekanntmachung die Verordnung König Ludwigs I. vom 16. Februar 1833 bei, die Zweck, Lehrinhalt und Finanzierung der Gewerbsschulen erläuterte.[4] Die Unterrichtsfächer der Gewerbs-Schulen, Namen der Lehrer und Schüler, bemerkenswerte Ereignisse und dergleichen wurden in regelmäßig herausgegebenen Jahresberichten erfasst.[5]
- 1834 gründete das Großherzogtum Baden Gewerbe-Schulen als Teilzeitschulen. Unterrichtet wurde geometrisches und Ornamental-Zeichnen, Arithmetik, Geometrie, industrielle Wirtschaftslehre und Buchführung.
- 1836 wurde im Königreich Sachsen die Königliche Gewerbeschule Chemnitz mit den Schwerpunkten Maschinenbau und Textilherstellung gegründet, die Keimzelle der heutigen Technische Universität Chemnitz war. Eine spezielle Gewerbeschule zur Weiterbildung in der Strumpfherstellung wurde 1869 in Limbach (heute Limbach-Oberfrohna) errichtet, eine sogenannte Wirkschule.[6]
- 1837 wurde die erste Gewerbeschule im Großherzogtum Hessen-Darmstadt in Darmstadt gegründet, eine Vorläuferin der heutigen Technischen Universität Darmstadt.
- 1838 kam eine zweite Gewerbeschule in Gießen dazu, eine Vorläuferin der Technischen Hochschule Mittelhessen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Gustav Grüner: Entwicklung der technischen Fachschulen. In: Laetitia Boehm, Charlotte Schönbeck (Hrsg.): Technik und Bildung. (= Technik und Kultur, Band 5.) VDI-Verlag, Düsseldorf 1989, ISBN 3-18-400865-7.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b What Is a Trade School? How Can You Apply? Abgerufen am 16. Oktober 2019.
- ↑ 15 Alternatives To College That Make Complete Sense. Abgerufen am 16. Oktober 2019.
- ↑ What Is A Trade School? Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 16. Oktober 2019; abgerufen am 16. Oktober 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Bekanntmachung die Errichtung einer vollständigen Gewerbsschule betreffend durch den Stadtmagistrat, 27. September 1833 online
- ↑ beispielsweise im Jahres-Bericht über die königliche Gewerbs-Schule in Bamberg, 35. Schuljahr 1867/68. Humann’sche Buchhandlung, Bamberg 1868. (eingeschränkte Vorschau auf Google Bücher)
- ↑ Blickdicht, S. 55, Kunstsammlungen Chemnitz, Henschel-Seemann-Verlag, Leipzig, 2004