Großaltenstädten

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Großaltenstädten
Gemeinde Hohenahr
Koordinaten: 50° 40′ N, 8° 29′ OKoordinaten: 50° 39′ 40″ N, 8° 29′ 19″ O
Höhe: 289 (279–352) m
Fläche: 8,33 km²[1]
Einwohner: 551 (30. Juni 2018)[1]
Bevölkerungsdichte: 66 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Juli 1972
Postleitzahl: 35644
Vorwahl: 06446
Kirche zu Großaltenstädten
Kirche zu Großaltenstädten

Großaltenstädten ist ein Ortsteil der Gemeinde Hohenahr im mittelhessischen Lahn-Dill-Kreis.

Großaltenstädten liegt im Gladenbacher Bergland. Durch den Ort fließt der Stadterbach, der jedoch überwiegend als Krausebach – benannt nach einem zwischen Großaltenstädten und Mudersbach gelegenen Waldstück namens Kräus – bezeichnet wird.

Historisches Rat- und Backhaus mit Dorfladen, Café und Heimatmuseum

Die Landschaft des oberen Aartals um die sehr alten Orte Ahrdt, Erda und Altenkirchen war in fränkischer Zeit altes Reichsgut. Die Zehnten gehörten hier im Hochmittelalter dem Bistum Speyer. Von den genannten Orten aus erfolgte die weitere Besiedlung der Gegend. Großaltenstädten dürfte der nächsten Phase des Landesausbaus angehören. Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Großaltenstädten erfolgte im Jahr 1279 unter dem Namen Aldynstedin,[2] die der Kirche im Jahr 1310.

Im Mittelalter wurden die Speyrer Lehen nach und nach durch das Haus Solms erworben, wodurch es diesem gelang, in dem genannten Gebiet die Landesherrschaft zu erringen, die sie sich jedoch ab 1351 mit den Landgrafen von Hessen teilen mussten. Großaltenstädten lag damit für die nächsten Jahrhunderte im gemeinsamen Einflussbereich von Hessen und Solms. Als das gemeinschaftlich verwaltete Gebiet 1629 aufgeteilt wurde, wurde Großaltenstädten ganz dem Haus Solms-Hohensolms (ab 1718 Solms-Hohensolms-Lich) zugeschlagen und dem Amt Hohensolms zugeordnet. Es stand unter der Leibeigenschaft und war zunächst den hessischen Landgrafen sowie den Grafen von Solms, ab 1629 dann nur noch den Grafen von Solms frondienst- und abgabenpflichtig, bis es 1806 an Nassau und 1815 an Preußen kam.[3]

Folgenreich für die Entwicklung des Ortes war der Dreißigjährige Krieg. In den Kriegen des französischen Königs Ludwig XIV. durchzog der Große Kurfürst mit einer Armee von 40.000 Mann das Solmser Land. Am 9. Dezember 1672 logierte er persönlich in Großaltenstädten.[4] Im Siebenjährigen Krieg plünderten 1761 die Franzosen das Dorf. Einquartierungen brachten auch die Revolutionskriege, die napoleonischen Kriege und die Befreiungskriege. So lagen 1806 Franzosen und von 1813 bis 1815 Russen im Dorf.

Der Stadterbach in Großaltenstädten

Das Dorf war bis ins 20. Jahrhundert hinein überwiegend landwirtschaftlich geprägt. Mehrere Mühlen, die zumeist vom Wasser des Stadterbaches angetrieben wurden, verarbeiteten das von den Bauern angebaute Getreide zu Mehl. Von diesen existiert heute nur noch die schon 1721 erwähnte Pfeffermühle. Eine weitere Mühle hat früher einmal auf dem Gelände des Hauses Weiherweg 4 gestanden, wo noch nach dem Zweiten Weltkrieg der Mühlgraben zu erkennen war. Daneben hat es im heutigen Haus Heidestraße 16 im 19. Jahrhundert eine von Hand getriebene Mühle für Grütze (Hafer, Gerste) gegeben. Diese Grützmühle wurde bei einem Neubau im Jahre 1873 nochmals erneuert. 1912 wurde das mittlerweile über zwei Stockwerke reichende Mühlengebäude dann abgerissen und die Fläche zu Wohnraum umgenutzt.

1721 wird auch bereits eine Ziegelhütte erwähnt, die etwa zwischen der Pfeffermühle und dem Dorf gestanden haben muss.[5] Das Bergwerk Carlsgrube lieferte schon 1736 Kupfererze.[6] Großaltenstädten galt in der Vergangenheit als ein im Vergleich zu den Nachbarorten wohlhabendes Dorf. Seinen Niederschlag fand dies in einer bemerkenswerten Anzahl qualitativ hochwertiger Fachwerkbauten aus dem 16. bis 19. Jahrhundert.[7] Bedeutendstes Gebäude ist das ehemalige Rathaus von 1579, das 1925 um einen Anbau in gleicher Bauweise erweitert wurde. Es diente zeitweise auch als Schule. 1763 erhielt es einen Gemeindebackofen.[8]

Über den Krausebach führte einst eine Brücke. Sie war aus starken Eichenholzbalken gefertigt und hatte ein weit überragendes Strohdach. Auf beiden Seiten mit Sitzgelegenheiten ausgestattet, diente sie oft als auch als Versammlungsort, etwa für den Gemeinderat. Auf dem Bodenbalkenwerk lagerten die Feuerleitern und Feuerhaken, unter dem Dach die Hürden des Schafspferchs. Den Kindern bot sie einen schönen Spielplatz. Die im Gebälk befindliche Jahreszahl 1601 wies wohl auf die Erbauung dieses kunsthistorisch interessanten Bauwerks hin, von dem es in der ganzen preußischen Rheinprovinz nur noch ein vergleichbares gab. 1899 wurde sie abgerissen, weil die Tragbalken an der Unterseite morsch geworden waren und durch eine unscheinbare neue Brücke ersetzt.[9] Am Abend des 23. August 1798 löste ein Blitzschlag einen Großbrand in dem damals noch weit überwiegend mit Strohdächern gedeckten Ort aus, bei dem 12 Gehöfte abbrannten.[10] Hiervon war insbesondere der südliche Bereich der heutigen Heide- und Bachstraße betroffen.[11] Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde aus diesem Anlass alljährlich ein Gedenktag mit Gottesdienst gehalten.[12] Während des Zweiten Weltkrieges wurde bei einem Luftangriff im Frühjahr 1944 der Bereich um das Rathaus beschossen. 1946 führte die Einquartierung von 95 Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland zu einem starken Bevölkerungswachstum.

1950/51 erfolgte die Regulierung des Krausebachs im Ortskern durch den Bau von Einfassungen aus Bruchsteinmauern mit mehreren Brücken. 1951/52 wurden die Dorfstraßen erstmals mit einer Teerdecke versehen.

1958 errichtete die Gemeinde eine neue Schule. 1961 wurde südöstlich des Ortes ein Freibad in Betrieb genommen. 1966 wurde die Schule aufgelöst und 1971 wurde in dem Gebäude ein Dorfgemeinschaftshaus eingerichtet. 1972 wurde Großaltenstädten Teil der neu gebildeten Großgemeinde Hohenahr. 1966 wurde ein evangelisches Gemeindehaus gebaut. Bis 1995 besaß der Ort eine eigenständige Spar- und Darlehenskasse. Im Rahmen des von 2001 bis 2011 durchgeführten Dorferneuerungsprogramms wurden zahlreiche Gebäude saniert. Dabei wurde im ehemaligen Rathaus von 1579 neben einem Dorfladen und einem Dorfcafé auch das Museum des Heimat- und Kulturvereins Hohenahr eingerichtet.[13]

Hessische Gebietsreform (1970–1977)

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde die bis dahin selbstständige Gemeinde Großaltenstädten zum 1. Juli 1972 auf freiwilliger Basis in die Gemeinde Hohenahr eingegliedert.[14][15] Für Großaltenstädten wurde wie für die übrigen Ortsteile ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Gemeindevorsteher errichtet.[16] Sitz der Gemeindeverwaltung blieb der Ortsteil Erda.

Verwaltungsgeschichte im Überblick

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Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Großaltenstädten angehört(e):[2][17][18]

Einwohnerentwicklung

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Großaltenstädten: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2018
Jahr  Einwohner
1834
  
460
1840
  
418
1846
  
436
1852
  
425
1858
  
399
1864
  
411
1871
  
393
1875
  
390
1885
  
389
1895
  
380
1905
  
370
1910
  
359
1925
  
375
1939
  
376
1946
  
532
1950
  
514
1956
  
403
1961
  
408
1967
  
424
1970
  
451
1980
  
?
1990
  
?
2004
  
646
2011
  
606
2013
  
573
2018
  
551
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [2]; nach 1970: Gemeinde Hohenahr:[21][1]; Zensus 2011[22]

Religionszugehörigkeit

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 Quelle: Historisches Ortslexikon[2]

• 1834: 458 evangelische Einwohner
• 1961: 387 evangelische (= 94,85 %), 16 katholische (= 3,92 %) Einwohner

Kulturdenkmäler

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Durch die Gemarkung verlaufen die Landesstraßen L 3053 und L 3376. Zur dörflichen Infrastruktur gehört die 1949 errichtete ehemalige Dreschhalle, die heute zum Abstellen landwirtschaftlicher Geräte sowie als Austragungsort der Kirmes dient. Weiter gibt es ein Feuerwehrhaus, ein Vereinsheim mit Tennisplätzen, eine Grillhütte und einen Reitplatz. Außerhalb des Ortes liegen das Wander- und Erholungsgebiet „Großaltenstädter Heide“, das Naturdenkmal „Hindenburgeiche“ sowie ein Ensemble historischer Grenzsteine namens „Dreiherrensteine“. Ebenfalls zur Gemarkung gehört die ehemalige Wassermühle Pfeffermühle.

  • Hans Hermann Hagmann: Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinden Hohensolms (1964–1985), Großaltenstädten (1964–1971) und Blasbach (1971–1985), Hohenahr 2010.
  • Karsten Porezag: „…edle Gänge an Kupffer Ertz sich reichlich zeigen…“ Kupfererzbergbau und Kupfererzverhüttung um Wetzlar 1607–1897. Wetzlar 2017.
  • Maria Wenzel: Kulturdenkmäler in Hessen. Lahn-Dill-Kreis II, herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege, Wiesbaden 2003.
  • Timo Zimmermann: Hohensolms. Tal, Stadt, Gemeinde und Ortsteil. Zimmermann, Hohenahr 2000.
  • Chronik der Pfarrei Hohensolms-Großaltenstädten, Band 2, 1920–1949.
  • 700 Jahre Groß-Altenstädten, herausgegeben vom Heimat- und Kulturverein Hohenahr, Hohenahr 2011.
  • Literatur über Großaltenstädten nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
Commons: Großaltenstädten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen und Einzelnachweise

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Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Mediatisierung infolge der Rheinbundakte.
  3. 1815: Abtrennung der Justiz (standesherrliches Justizamt Hohensolms).
  4. Infolge der Beschlüsse des Wiener Kongresses.
  5. 1849: Endgültige Trennung zwischen Justiz (Kreisgericht Wetzlar) und Verwaltung.
  6. Der Norddeutsche Bund war der erste deutsche Bundesstaat unter der Führung Preußens. Er war die geschichtliche Vorstufe des Deutschen Reichs.
  7. Infolge des Zweiten Weltkriegs.
  8. Am 1. Juni 1972 wurde Großaltenstädten als Ortsteil der neu gebildeten Gemeinde Hohenahr eingegliedert.

Einzelnachweise

  1. a b c Zahlen-Daten-Fakten der Gemeinde Hohenahr. In: Webauftritt. Gemeinde Hohenahr, archiviert vom Original; abgerufen im Februar 2019.
  2. a b c d Großaltenstädten, Lahn-Dill-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 8. Juni 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  3. Timo Zimmermann: Hohensolms. Tal, Stadt, Gemeinde und Ortsteil. Zimmermann, Hohenahr 2000.
  4. Timo Zimmermann: Hohensolms. Tal, Stadt, Gemeinde und Ortsteil. Zimmermann, Hohenahr 2000, S. 81.
  5. Pfarrarchiv Hohensolms, Archivalie Nr. 209.
  6. Karsten Porezag: „…edle Gänge an Kupffer Ertz sich reichlich zeigen…“ Kupfererzbergbau und Kupfererzverhüttung um Wetzlar 1607–1897, Wetzlar 2017.
  7. Maria Wenzel: Kulturdenkmäler in Hessen. Lahn-Dill-Kreis II, herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege, Wiesbaden 2003, S. 296.
  8. Chronik der Pfarrei Hohensolms-Großaltenstädten, Band 2, 1920–1949.
  9. Chronik der Pfarrei Hohensolms-Großaltenstädten, Band 2, 1920–1949.
  10. Chronik der Pfarrei Hohensolms-Großaltenstädten, Band 2, 1920–1949.
  11. Maria Wenzel: Kulturdenkmäler in Hessen. Lahn-Dill-Kreis II, herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege, Wiesbaden 2003, S. 297.
  12. Hans Hermann Hagmann: Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinden Hohensolms (1964–1985), Großaltenstädten (1964–1971) und Blasbach (1971–1985), Hohenahr 2010.
  13. 700 Jahre Groß-Altenstädten, herausgegeben vom Heimat- und Kulturverein Hohenahr, Hohenahr 2011.
  14. Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen von Gemeinden vom 21. Juni 1972. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr. 28, S. 1197, Punkt 851; 2. Abs. 6. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,4 MB]).
  15. Gerstenmeier, K.-H. (1977): Hessen. Gemeinden und Landkreise nach der Gebietsreform. Eine Dokumentation. Melsungen. S. 297. DNB 770396321
  16. Hauptsatzung. (PDF; 38 kB) §; 8. In: Webauftritt. Gemeinde Hohenahr, abgerufen im Februar 2019.
  17. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  18. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 12 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  19. Die Zugehörigkeit des Amtes Königsberg anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
  20. Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band 13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC 162730471, S. 27 ff., § 40 Punkt 1) (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  21. Einwohnerzahlen. In: Webauftritt. Gemeinde Hohenahr, archiviert vom Original; abgerufen im Februar 2019.
  22. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.