Hermann Glöckner
Hermann Glöckner (* 21. Januar 1889 in Cotta bei Dresden; † 10. Mai 1987 in Berlin (West)[2]) war ein deutscher konstruktivistischer Maler und Bildhauer.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Glöckner absolvierte von 1904 bis 1907 eine Ausbildung zum Musterzeichner. Daneben besuchte er von 1904 bis 1911 mit Edmund Schuchardt und Kurt Fiedler Abendkurse an der Kunstgewerbeschule Dresden. Von 1914 bis 1918 war er Soldat im Ersten Weltkrieg. 1923/24 studierte er an der Kunstakademie Dresden bei Otto Gussmann. Er war Mitglied der Dresdner Sezession Gruppe 1919 und ab 1927 des Deutschen Künstlerbunds.
In der Zeit des Nationalsozialismus war Glöckner Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste. Es ist für diese Zeit die Teilnahme an zehn Ausstellungen nachgewiesen.[3] 1945 wurde bei den Luftangriffen auf Dresden ein großer Teil seiner Arbeiten mit seiner Wohnung in der Strehlener Straße 21[4] zerstört.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte und arbeitete er wieder in Dresden, ab 1979 mit einem Dauervisum auch in West-Berlin, wo er dann 1986 seinen Wohnsitz nahm.
Von 1945 bis 1948 war Glöckner Mitglied der Künstlergruppe „Der Ruf“. Als Mitbegründer des Konstruktivismus blieb ihm bis in die 1950er Jahre eine Anerkennung versagt. Nichtsdestoweniger schuf er unbeirrt, vom Kunstbetrieb zurückgezogen, in seinem Spätwerk eine Vielzahl von baugebundenen Aufträgen, Plastiken und Collagen, die durch Freunde einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich wurden. 1969 hatte Glöckner im Kupferstichkabinett Dresden seine erste Einzelausstellung. Er hatte in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR und im Ausland eine bedeutende Zahl weiterer Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen, u. a. 1946, 1949, 1958/1959, 1977/1978, 1982/1983 und 1987/1988 an den Deutschen Kunstausstellungen bzw. Kunstausstellung der DDR in Dresden.
1984 drehte der Dokumentarfilmer Jürgen Böttcher im DEFA-Studio für Dokumentarfilme einen biografischen Film über ihn mit dem Titel „Kurzer Besuch bei Hermann Glöckner“ (35 mm, Farbe, 32 Minuten).
Glöckners Grab befindet sich auf dem Loschwitzer Friedhof. Im gleichen Stadtteil Dresdens wurde 2006 eine neu angelegte Straße nach Hermann Glöckner benannt.[5] In der Tageszeitung Dresdner Neueste Nachrichten wurde er im Jahr 2000 zu einem der „100 Dresdner des 20. Jahrhunderts“ gewählt.[6]
Eine bedeutende Zahl von Arbeiten Glöckners befindet sich u. a. in der Galerie Neue Meister und im Kupferstichkabinett Dresden[7] sowie in der Nationalgalerie Berlin[8].
Werke (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Baubezogene „Brot“-Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Infolge der NS-Aktion Entartete Kunst von der Möglichkeit abgeschnitten, mit seiner Kunst direkt den Lebensunterhalt zu verdienen, wandte sich Glöckner in den Jahren 1937 bis 1944 sogenannten „baubezogenen ‚Brot‘-Werken“[9] zu. Nachdem er in den Jahren 1945 bis 1951 wieder ungestört künstlerisch arbeiten und ausstellen konnte, grenzte ihn diesmal der SED-geführte Formalismusstreit 1951 vom DDR-Kunstbetrieb aus. Auch dieses Mal sicherte sich Glöckner bis Mitte der 1950er-Jahre seinen Lebensunterhalt durch zahlreiche kunsthandwerkliche Arbeiten am Bau.[10]
- 1937: einfarbige Sgraffiti (Schriften „Zum Bürgergarten“ und „Sportkegelbahn“) am Gasthaus Bürgergarten, Radebeul
- 1937: Sgraffiti (Rauchutensilien sowie Schrift „Tabakwaren“) am Bauernhaus Meißner Straße 443, Radebeul
- 1938: Sgraffito (Wandsonnenuhr) am Zweifamilienhaus Heinrich Wentzel in Radebeul, Bodelschwinghstraße 10
- 1938: Sgraffiti mit Weinbaumotiven am Doppelwohnhaus Wichernstraße 21/21a in Radebeul
- 1947: Putzbild am Gasthof Reichenberg[11]
- 1955: Sgraffito Turnerweg 1[12] in Alt-Radebeul
- 1950er Jahre: Sgraffito am Gasthaus „Großes Weinstuben“ in Radebeul, Altkötzschenbroda 64
- ?: Sgraffito (Schriftzug Ullmann) am Haus Ullmann in Naundorf, Kötitzer Straße 113
- ?: Sgraffitos im Gasthof Serkowitz in Serkowitz, Kötzschenbrodaer Straße 39
Plastiken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Durchbruch, Metallplastik vor dem Bundeshaus in Bonn
- Gebrochenes Band, Metallplastik im Garten des Hotel Bellevue in Dresden
- Mast mit zwei Faltungszonen, Stahlstele von 1984 vor der Neuen Mensa in Dresden
- Zwei einander durchdringende Scheiben aus dem Jahr 1985 im Skulpturenpark Quadrat Bottrop
- Faltung eines Rechtecks im Garten des Leonhardimuseums in Dresden
Ausstellungen (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- zu Lebzeiten
- 1974: Malerei, Grafik, Collage, zum 85. Geburtstag, Zentralinstitut für Kernforschung Rossendorf bei Dresden
- 1979: Grafik, zum 90. Geburtstag, Zentralinstitut für Kernforschung Rossendorf bei Dresden
- 1979 Dächer, Giebel und Dreiecke, Altes Museum, Berlin (Ost)
- 1984 und 1989: Jubiläumsausstellungen Hermann Glöckner, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
- Postum
- 1989: Malerei und Grafik, zum 100. Geburtstag, Zentralinstitut für Kernforschung Rossendorf bei Dresden
- 2003: Hermann Glöckner, für Dresden: Ausstellung zur Wiedereröffnung des Leonhardi-Museums
- 2010: Glöckner. Werke bis 1945: Ausstellung im Kupferstichkabinett Dresden
- 2011/12: Neue Sachlichkeit in Dresden. Malerei der Zwanziger Jahre von Dix bis Querner, 1. Oktober 2011 – 8. Januar 2012, Kunsthalle im Lipsius-Bau, Dresden
- 2014: Hermann Glöckner: Der Patriarch der Moderne. Zum 125. Geburtstag, Villa Grisebach, Berlin.[13]
- 2017: Hermann Glöckner – Werke im Rahmen des documenta-14-Projektes von Olaf Holzapfel.
Öffentliche Sammlungen mit Werken Glöckners (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Altenburg/Thür.: Lindenau-Museum
- Berlin: Nationalgalerie
- Berlin: Kunstsammlung im Willy-Brandt-Haus
- Chemnitz: Kunstsammlungen am Theaterplatz[14]
- Dippoldiswalde: Lohgerber Museum & Galerie[15]
- Dresden: Kupferstichkabinett[16]
- Dresden: Galerie Neue Meister[16]
- Frankfurt am Main: Städelmuseum[17]
- New York: MoMA[18]
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1978: Goldmedaille der Grafikbiennale Fredrikstad
- 1979: Martin-Andersen-Nexö-Kunstpreis
- 1983: Hans-Grundig-Medaille
- 1984: Nationalpreis der DDR III. Klasse für Kunst und Literatur
- 1986: Ehrenmitgliedschaft des Deutschen Künstlerbunds
Werke über Glöckner
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Darstellung in der bildenden Kunst
- Horst Leifer: Bildnis Hermann Glöckner, Holzschnitt, 93,7 × 51,8 cm; Kupferstichkabinett Dresden.[19]
- Hans Theo Richter: Porträt Hermann Glöckner (1969, Kreide, 50 × 38 cm)[20]
- Fritz Tröger: Der Maler Hermann Glöckner (1933, Graphit-Zeichnung)
- Fotografische Darstellung
- Christian Borchert: Hermann Glöckner (1975)[21]
- Film über Glöckner
- Jürgen Böttcher: Kurzer Besuch bei Hermann Glöckner, Dokumentarfilm des , 1985.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Werner Schmidt. Hermann Glöckner. Maler und Werk. Verlag der Kunst. 1982
- John Erpenbeck (Hrsg.): Hermann Glöckner: Ein Patriarch der Moderne. 1. Auflage. Buchverlag Der Morgen, Berlin 1983 (162 S.).
- Werner Schmidt: Glöckners Stahlplastik für die TU Dresden. In. Bildende Kunst, Berlin, 1/84, S. 31–33
- Dirk Welich: Hermann Glöckner – Ein Beitrag zum Konstruktivismus in Sachsen. (PDF, 12,81 MB) Dissertation TU Dresden, 2005, online veröffentlicht am 20. Juli 2006. Kurzfassung: Hermann Glöckner – Ein Beitrag zum Konstruktivismus in Sachsen. Abgerufen am 6. September 2010
- Werner Lieberknecht (Fotografien): Die Werkstatt Hermann Glöckners. Leonhardi-Museum, Dresden 2005.
- Glöckner, Hermann. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin 2010, ISBN 978-3-355-01761-9, S. 257/258
- Christian Dittrich, Werner Schmidt: Glöckner Gemälde und Zeichnungen. 1904 bis 1945. Sandstein Verlag, Dresden 2010, ISBN 978-3-942422-12-3.
- Villa Grisebach Auktionen (Hrsg.): Hermann Glöckner: Der Patriarch der Moderne. Zum 125. Geburtstag. Wolff Verlag, Schmalkalden 2014, ISBN 978-3-941461-18-5.
- Hermann Glöckner. Ein Meister der Moderne. Hermann Glöckner. A Master of Modernism. Ausst. Kat. Staatliche Graphische Sammlung München/Pinakothek der Moderne 2019/2020. Köln 2019, ISBN 978-3-96098-692-8.
- Dietrich Lohse: Glöckner in Coswig? Ideen, ausgeführte und verschwundene Sgraffito-Arbeiten. In: Vorschau & Rückblick; Monatsheft für Radebeul und Umgebung. Radebeuler Monatshefte e. V., Juni 2012, abgerufen am 3. September 2012.
- Dietrich Lohse: „Ein Glöckner“ kam zurück. In: Vorschau & Rückblick; Monatsheft für Radebeul und Umgebung. Radebeuler Monatshefte e. V., Dezember 2018, abgerufen am 1. Dezember 2018.
- Glöckner, Hermann. In: Dietmar Eisold (Hrsg.): Lexikon Künstler in der DDR. Verlag Neues Leben, Berlin 2010, ISBN 978-3-355-01761-9, S. 257/258
- Kurzbiografie zu: Glöckner, Hermann. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Hermann Glöckner. In: Birgit Dalbajewa (Hrsg.): Neue Sachlichkeit in Dresden. Sandstein Verlag, Dresden 2011, ISBN 978-3-942422-57-4, S. 210–211.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- https://www.bildindex.de/ete?action=queryupdate&desc=%22gl%C3%B6ckner%2C%20hermann%22%20&index=obj-all Bildindex
- Literatur von und über Hermann Glöckner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Website des Hermann-Glöckner-Nachlasses
- Kurzer Besuch bei Hermann Glöckner. Defa Doku 1984 auf YouTube
- Institut für Auslandsbeziehungen (ifa)
- Fotodokumentation der Ausstellung von 1989 der Deutschen Fotothek
- Foto des Sgraffitos am ehemaligen Gasthof „Goldene Krone“ (Turnerweg 1) in Radebeul. In: Deutsche Fotothek.
- Rekonstruierter Glöckner vom Gasthof Reichenberg.
- Ausstellungen
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Yvonne Fiedler: Kunst im Korridor: Private Galerien in der DDR zwischen Autonomie und Illegalität. Zugl.: Leipzig, Universität, Dissertation, 2012. 1. Auflage. Ch. Links, Berlin 2013, ISBN 978-3-86153-726-7, S. 81–82, 159–160, 340 (400 S., eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche [abgerufen am 5. November 2024]).
- ↑ Kunsthalle Rostock | Hermann Glöckner. Abgerufen am 26. September 2023.
- ↑ Martin Papenbrock, Gabriele Saure (Hrsg.): Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in deutschen Ausstellungen. Teil 1. Ausstellungen deutsche Gegenwartskunst in der NS-Zeit. VDG, Weimar, 2000
- ↑ Adressbuch 1943/1944
- ↑ dresdner-stadtteile.de ( vom 7. Dezember 2022 im Internet Archive)
- ↑ 100 Dresdner des 20. Jahrhunderts. In: Dresdner Neueste Nachrichten. Dresdner Nachrichten, Dresden 31. Dezember 1999, S. 22.
- ↑ SKD | Online Collection. Abgerufen am 11. Mai 2023.
- ↑ Recherche | Staatliche Museen zu Berlin. Abgerufen am 11. Mai 2023.
- ↑ Volker Helas (Bearb.): Stadt Radebeul. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Große Kreisstadt Radebeul (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen). Sax-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3.
- ↑ Hermann Glöckner Nachlass: Der Künstler ( des vom 6. Oktober 2010 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Ein ungewöhnlicher Vorgang: Vom Versuch, in Reichenberg ein Putzbild zu retten.
- ↑ Eintrag in der Denkmaldatenbank des Landes Sachsen zur Denkmal-ID 08950986 (PDF, inklusive Kartenausschnitt). Abgerufen am 16. April 2021.
- ↑ Patriarch der Moderne in Welt am Sonntag vom 12. Oktober 2010, S. 49.
- ↑ Digitale Sammlung der Kunstsammlungen Chemnitz. Abgerufen am 2. Februar 2024.
- ↑ https://nat.museum-digital.de/search?q=Gl%C3%B6ckner%2C+Hermann
- ↑ a b SKD | Online Collection. Abgerufen am 2. Februar 2024.
- ↑ Hermann Glöckner. Abgerufen am 2. Februar 2024.
- ↑ https://www.moma.org/collection/works/60093?artist_id=2195&page=1&sov_referrer=artist
- ↑ SKD | Online Collection. Abgerufen am 19. Februar 2022.
- ↑ Bildende Kunst, Berlin, 4/1975, S. 190 (Abbildung)
- ↑ SKD | Online Collection. Abgerufen am 11. Mai 2023.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Glöckner, Hermann |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Maler und Bildhauer |
GEBURTSDATUM | 21. Januar 1889 |
GEBURTSORT | Cotta (Dresden) |
STERBEDATUM | 10. Mai 1987 |
STERBEORT | Berlin |