Martinskapelle (Braubach)

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Die Martinskapelle von Süden, im Hintergrund die Marksburg

Die evangelische Martinskapelle in Braubach im Rhein-Lahn-Kreis, Rheinland-Pfalz, ist ein romanischer Bau, der bis Ende des 13. Jahrhunderts als Pfarrkirche diente und danach mit einem gotischen Polygonalchor erweitert wurde. In der Kapelle sind Wandmalereien aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts erhalten. An der Kapelle, die zum Weltkulturerbe oberes Mittelrheintal gehört, führt der Rheinsteig vorbei.

Man vermutet, dass ihr Ursprung auf die alte fränkische Straßenburg zurückreicht, die ebenfalls auf diesem Bergsattel stand. Im Jahre 1242 wurde sie anlässlich einer Gerichtsverhandlung auf dem angrenzenden Friedhof erstmals urkundlich erwähnt. Zu dieser Zeit dürfte sie Hofkirche der auf der Marksburg ansässigen Herren von Eppstein und Pfarrkirche der Braubacher Gemeinde gewesen sein. Nachdem Braubach 1276 Stadtrecht erhalten hatte, wurde als neue Pfarrkirche die Barbarakirche unmittelbar an der schon 1284 bezeugten Stadtmauer errichtet. Die in den Jahren danach erfolgte gotische Umgestaltung der Martinskapelle weist Gemeinsamkeiten mit der zeitgleich erfolgten Gotisierung der Spayer Peterskapelle auf – aus welchem Anlass genau die Arbeiten erfolgten, ist bislang nicht sicher geklärt. Nach dem Bau der Barbarakirche fanden Gottesdienste in der Martinskapelle nur am Fest Christi Himmelfahrt statt und an Sonntagen, an den denen die Barbarakirche vom Hochwasser eingeschlossen war, dazu noch für Trauerfeiern. Ihre Blütezeit erlebte die Martinskapelle, als die Witwe des Landgrafen Philipp II. von Hessen, Anna-Elisabeth von der Pfalz, sie im 16. Jahrhundert zu ihrer Hofkirche ausbauen und erweitern ließ. Heute dient die Kapelle in der Regel als Friedhofskapelle für beide Konfessionen, wird aber auch für besondere Gottesdienste und Hochzeiten verwendet.[1][2]

Die Martinskapelle ist aus Bruchstein errichtet und als Saalkirche angelegt. Ihr etwa 12 Meter langes Schiff wurde 1587 nach Süden hin auf etwa 11 Meter Breite asymmetrisch erweitert. Die Nordseite der Kapelle weist neben einem großen romanischen Portal zwei kleine romanische Rundbodenfenster, ein gotisches Fenster sowie ein Rechteckfenster auf. Letzteres dürfte im Zuge der Erweiterung Ende des 16. Jahrhunderts eingebrochen worden sein. Über dem Chorjoch sitzt auf dem schiefergedeckten Satteldach ein quadratischer, vollständig verschieferter Dachreiter, den ein Pyramidendach krönt. Über dem westlichen Langhausjoch sitzt auf dem schiefergedeckten Satteldach ein sechsseitiger, vollständig verschieferter Dachreiter, den eine welsche Haube krönt. Die Außenmauern des Chors gliedern sechs Strebepfeiler mit Kaffgesimsen, die in Wimpergzonen auslaufen. Die Wandflächen der Chorsegmente sind von Spitzbogenfenstern durchbrochen.[1]

Der frühgotische sechseckige Chor ist mit zwei Kreuzrippengewölben überdeckt, das Langhaus mit einer farbig gefassten Holzdecke, die in der Mitte des Raumes von einem einzigen Holzpfeiler gestützt wird.

Aus dem 16. Jahrhundert stammt die Empore mit ihren reich geschnitzten Pfosten, deren Muster wir in der Deckenbemalung, aber auch an den 1580 geschaffenen Emporen in der Barbarakirche wiederfinden. Die Emporen der Martinskapelle und der Barbarakirche dürften von dem gleichen Meister stammen. Die Brüstung des Fürstenstuhles der Empore zeigt das kurpfälzische Geburtswappen der Landgräfin zwischen zwei hessischen Wappen, darunter den Spruch: "WER GOT VERTRAUT, HAT WOL GEBAUT. ANNO 1587".

Die bunten Fenster wurden erst nach dem letzten Krieg gestiftet. Sie zeigen Szenen aus dem Jüngsten Gericht und aus der Auferstehungsgeschichte. Seit dem späten Mittelalter und bis 1768 wurde die Kirche auch als Grablege benutzt. Die wenigen erhaltenen Grabplatten zu diesen Gräbern wurden erst 1956 gehoben und an den Wänden aufgestellt. Die spätgotische Figur des heiligen Martin wurde über die Jahrhunderte immer wieder erwähnt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde sie gestohlen und sehr wahrscheinlich nach Amerika verkauft. Seit dieser Zeit ist auch das Kruzifix aus dem Barockaltar verschwunden, der von 1875 bis 1946 in der Martinskapelle stand. Die neue Holzplastik des heiligen Martin, ein Werk des Münchener Bildhauers Weber-Hartl, wurde 1957 von Annemay Schlusnus, der Ehefrau des Opernsängers Heinrich Schlusnus gestiftet, der auf dem Friedhof an der Martinskapelle bestattet ist.[3]

Die heute in großen Teilen sichtbare figürliche und dekorative Raumfassung datiert wohl aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die 1955/56 freigelegten Ausmalungen im Chorgewölbe zeigen den richtenden Christus zwischen Maria und Johannes dem Täufer, posaunenblasende Engel und das himmlische Jerusalem.

Die Martinskapelle ist ein geschütztes Kulturdenkmal nach dem Denkmalschutzgesetz (DSchG) und in der Denkmalliste des Landes Rheinland-Pfalz eingetragen. Seit 2002 ist sie Teil des UNESCO-Welterbes Oberes Mittelrheintal.

  • Hellmuth Gensicke: Geschichte der Stadt Braubach. Stadt Braubach im Selbstverlag. Braubach 1976.
  • Braubach, Kreis St. Goarshausen, Martinskirche. In: Denkmalpflege in Rheinland-Pfalz. Hrsg. vom Landeskonservator von Rheinland Pfalz, Jahrgang X-XI (1955/56), Jahrbuch für Geschichte und Kunst des Mittelrheins und seiner Nachbargebiete 8./9. Jahrgang 1956/1957, S. 264–267.
Commons: Martinskapelle – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Hellmuth Gensicke: Geschichte der Stadt Braubach. Stadtverwaltung Braubach im Selbstverlag, Braubach 1976, S. 138–142.
  2. Alexander Ritter: Spay im Spiegel der Zeit. Ortsgemeinde Spay im Selbstverlag, Spay 2023, ISBN 978-3-00-077073-9, S. 271.
  3. Martinskapelle - Evangelische Kirchengemeinde Braubach -. Abgerufen am 30. Oktober 2024.

Koordinaten: 50° 16′ 2,5″ N, 7° 39′ 9,2″ O